Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. Oktober 2016 zu dem Europäischen Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Umsetzung der Prioritäten für 2016 (2016/2101(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 136,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2016 zu den länderspezifischen Empfehlungen 2016 (COM(2016)0321),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 28. und 29. Juni 2016 (EUCO 26/16),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2016 zum Europäischen Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Jahreswachstumsbericht 2016(1),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. April 2016 mit dem Titel „Europäisches Semester 2016: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen und bei der Verhinderung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte sowie Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011“ (COM(2016)0095),
– unter Hinweis auf die Berichte der Kommission mit den Titeln „Jahreswachstumsbericht 2016“ (COM(2015)0690), „Warnmechanismusbericht 2016“ (COM(2015)0691)und „Entwurf des Gemeinsamen Beschäftigungsberichts“ (COM(2015)0700), auf die Empfehlung der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (COM(2015)0692) und auf den Vorschlag der Kommission vom 26. November 2015 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Programm zur Unterstützung von Strukturreformen für den Zeitraum 2017–2020 (COM(2015)0701),
– unter Hinweis auf den Bericht der fünf Präsidenten vom 22. Juni 2015 mit dem Titel „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Juni 2015 zur Überprüfung des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung: Bestandsaufnahme und Herausforderungen(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Dezember 2011 zu dem Europäischen Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung(3),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Januar 2015 mit dem Titel „Optimale Nutzung der im Stabilitäts‑ und Wachstumspakt vorgesehenen Flexibilität“ (COM(2015)0012),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 – der Europäische Fonds für strategische Investitionen(4),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. November 2014 mit dem Titel „Eine Investitionsoffensive für Europa“ (COM(2014)0903),
– unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission vom 18. Februar 2015 mit dem Titel „Schaffung einer Kapitalmarktunion“ (COM(2015)0063),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Juni 2015 mit dem Titel „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte“ (COM(2015)0302),
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 5. Februar 2013(5) und vom 15. September 2016(6) zur Verbesserung des Zugangs von KMU zu Finanzmitteln,
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, des Ausschusses für regionale Entwicklung und des Ausschusses für Kultur und Bildung (A8‑0309/2016),
A. in der Erwägung, dass in der Frühjahrsprognose 2016 der Kommission für 2016 von voraussichtlichen Wachstumsraten von 1,6 % im Euro-Währungsgebiet und 1,8 % in der EU ausgegangen wird;
B. in der Erwägung, dass in Europa nach wie vor ein großes Investitionsdefizit besteht und die Binnennachfrage angekurbelt, makroökonomische Ungleichheiten ausgeglichen und die Investitionen in der EU gleichzeitig weiter erhöht werden müssen;
C. in der Erwägung, dass die Arbeitslosigkeit im Allgemeinen (und die strukturelle Arbeitslosigkeit im Besonderen) in der EU nach wie vor eines der größten Probleme der Mitgliedstaaten darstellt, da die Arbeitslosenzahlen zurzeit sehr hoch sind (10,5 Millionen Langzeitarbeitslose in der EU); in der Erwägung, dass sich die Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren zwar leicht verbessert haben, dass jedoch die Jugendarbeitslosigkeits- und Arbeitslosigkeitsquoten in den Ländern am Rande der Europäischen Union nach wie vor deutlich höher sind als im EU-Durchschnitt;
D. in der Erwägung, dass der fallende Ölpreis und das langsame Wirtschaftswachstum zu Beginn des Jahres 2016 anscheinend weitere Faktoren dafür sind, dass die Inflationsrate unter null sinkt;
E. in der Erwägung, dass Investitionen durch politische Entwicklungen wie das Ergebnis des Referendums im Vereinigten Königreich, die Beziehungen zu Russland und Unwägbarkeiten der globalen Wirtschaftsentwicklung zusätzlich gehemmt wurden;
F. in der Erwägung, dass die Investitionen in den Mitgliedstaaten durch den Zustrom von Flüchtlingen in die Mitgliedstaaten zusätzlich belastet wurden;
G. in der Erwägung, dass die Empfehlungen an die Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters eine ähnliche Reaktionsquote aufweisen wie die unilateralen Empfehlungen der OECD (29 % gegenüber 30 % im Jahr 2014);
H. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung zu dem Jahreswachstumsbericht 2016 betonte, dass besonderes Augenmerk auf das Euro-Währungsgebiet gelegt werden sollte, und gleichzeitig den verbesserten Policy-Mix begrüßte; in der Erwägung, dass es außerdem betonte, wie wichtig verstärkte Investitionen, tragfähige Reformen und eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik sind, mit denen stärkeres Wachstum und der Aufschwung in Europa verstärkt gefördert werden sollen;
Europas Herausforderung im Kontext des weltweiten Konjunkturrückgangs
1. stellt mit Besorgnis fest, dass das Wachstum der EU-Wirtschaft geringer ausfallen wird als erwartet, da gemäß der Frühjahrprognose 2016 für die europäische Wirtschaft das BIP im Euro-Währungsgebiet nur um 1,6 % steigen und im Jahr 2017 1,8 % erreichen wird;
2. betont, dass die Probleme in der EU mit der Verschlechterung des internationalen Umfelds, der fehlenden Umsetzung tragfähiger Reformen und den EU-weiten Unterschieden bei der wirtschaftlichen und sozialen Leistungsfähigkeit zusammenhängen; hebt hervor, dass Wachstum, Zusammenhalt, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden müssen; vertritt die Ansicht, dass das Fehlen nachhaltiger Investitionen und Defizite bei der Vollendung des Binnenmarktes dazu führen, dass das Wachstumspotenzial der EU nicht voll ausgeschöpft werden kann;
3. begrüßt, dass die Kommission in ihren länderspezifischen Empfehlungen 2016 den Schwerpunkt auf die drei folgenden Prioritäten gelegt hat, um das Wirtschaftswachstum weiter anzukurbeln: Förderung von Investitionen in Innovationen, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen, sozial ausgewogene Strukturreformen sowie Förderung einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik; betont jedoch, dass sich die Kommission im Einklang mit ihrer Mitteilung vom 13. Januar 2015 (COM(2015)0012) und gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt stärker dafür einsetzen sollte, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu fördern, und dass sie gleichzeitig die Flexibilitätsklauseln des Stabilitäts- und Wachstumspakts voll ausschöpfen sollte;
4. würdigt die Bedeutung der Kohärenz zwischen den Instrumenten der Kohäsionspolitik und dem Gesamtrahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung, damit die auf wirtschaftliche Erholung abzielenden Bemühungen unterstützt werden, die erforderlich sind, damit die Regeln des Europäischen Semesters eingehalten werden; hebt jedoch hervor, dass sich die Legitimität der Kohäsionspolitik aus den Verträgen ergibt und dass in dieser Politik die europäische Solidarität zum Ausdruck kommt, da ihre wichtigsten Ziele die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in der EU durch die Verringerung des Gefälles beim Entwicklungsstand der Regionen, die Finanzierung von Investitionen in Verbindung mit den Zielen der Strategie Europa 2020 und das Ziel, die Union ihren Bürgern näher zu bringen, sind; vertritt deshalb die Auffassung, dass Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung mit Umsicht, in ausgewogener Weise und nur als letztes Mittel eingesetzt werden sollten und dass über die Wirkung der Maßnahmen Bericht erstattet werden sollte; weist außerdem darauf hin, dass solche Maßnahmen durchweg gerechtfertigt und transparent sein sollten und dass die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat berücksichtigt werden sollten, damit keine Einschränkungen für regionale und lokale Investitionstätigkeiten entstehen, die für die Wirtschaft der Mitgliedstaaten und vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unentbehrlich sind, da durch sie – gerade in Zeiten eines starken Drucks auf die öffentlichen Ausgaben – das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in höchstem Maße gefördert und der Wettbewerb und die Produktivität angeregt werden; weist in Bezug auf die zwei Mitgliedstaaten, die von den Beschlüssen des Rates vom 12. Juli 2016 betroffen waren, durch die Sanktionen im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit nach Artikel 126 Absatz 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) fällig wurden, auf den Vorschlag der Kommission vom 27. Juli 2016 und den anschließenden Beschluss des Rates vom 8. August 2016 hin, durch die die möglichen Geldstrafen nach Berücksichtigung der begründeten Anträge der Mitgliedstaaten, der schwierigen wirtschaftlichen Lage, der Reformbemühungen beider Länder und ihrer Zusage, die Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspaktes einzuhalten, aufgehoben wurden; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass dem Standpunkt des Parlaments, der im Zuge des Strukturierten Dialogs abgegeben wird, in dem Vorschlag Rechnung getragen werden sollte, einen Teil der Mittelbindungen für die ESI-Fonds für 2017 im Rahmen der Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen ihrer Wirksamkeit und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung auszusetzen;
5. begrüßt den von der Kommission verfolgten Ansatz, die Anzahl der Empfehlungen zu begrenzen, und ihre Bemühungen, das Semester zu optimieren, indem bei der Festlegung der politischen Ziele der nächsten 18 Monate hauptsächlich Schwerpunktthemen von makroökonomischer und sozialer Tragweite einbezogen werden; betont erneut, dass dadurch die Umsetzung von Empfehlungen auf der Grundlage der umfassenden und sinnvollen Bandbreite der bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Richtwerte gefördert wird; hebt hervor, dass die Verringerung der Anzahl der Empfehlungen auch zu einem stärkeren thematischen Schwerpunkt führen dürfte; hebt hervor, dass das wirtschaftliche Gefälle unter den Mitgliedstaaten verringert und aufwärts gerichtete Konvergenz erreicht werden muss;
6. unterstützt uneingeschränkt die Bemühungen um die Gewährleistung einer stärkeren nationalen Eigenverantwortung bei der Ausarbeitung und Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen eines kontinuierlichen Reformprozesses; ist der Auffassung, dass die länderspezifischen Empfehlungen auf der Grundlage klar definierter und strukturierter Prioritäten auf europäischer Ebene zu formulieren sind und dass die nationalen Parlamente sowie die regionalen und lokalen Behörden gegebenenfalls einbezogen werden sollten, damit die nationale Eigenverantwortung gestärkt wird und die länderspezifischen Empfehlungen wirksamer umgesetzt werden, da mehr als die Hälfte der länderspezifischen Empfehlungen von regionalen und lokalen Behörden umzusetzen sind; betont nachdrücklich, dass sich die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen angesichts der Verteilung der Befugnisse und Zuständigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten verbessern könnte, wenn sich die lokalen und regionalen Behörden aktiv beteiligen, und unterstützt daher den Vorschlag des Ausschusses der Regionen für einen Verhaltenskodex zur Beteiligung lokaler und regionaler Behörden im Europäischen Semester; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass ihre nationalen Reformprogramme in ihren jeweiligen nationalen Parlamenten einer ordnungsgemäßen demokratischen Kontrolle unterliegen;
7. betont, dass anhand der langanhaltenden Wirtschaftskrise in Europa deutlich geworden ist, dass Investitionen in Bereiche wie Bildung, Innovationen, Forschung und Entwicklung unbedingt erleichtert werden müssen und dass gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der EU gestärkt werden muss, indem tragfähige Strukturreformen umgesetzt werden, damit mehr hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden, und indem eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik verfolgt wird, damit ein besseres Umfeld für Arbeitsplätze, Unternehmen (insbesondere KMU) und Investitionen geschaffen wird; weist darauf hin, wie sich der Europäische Fonds für strategische Innovationen (EFSI) nach einjähriger Laufzeit ausgewirkt hat; betont, dass der EFSI in weniger entwickelten Gebieten und Übergangsregionen stärker in Anspruch genommen werden muss, und weist nachdrücklich darauf hin, dass die in seinem Rahmen getätigten Investitionen tatsächlich zusätzlich sind und dass gleichzeitig die Bemühungen intensiviert werden müssen, unter anderem auf regionaler Ebene Investitionsplattformen einzurichten;
8. betont, dass anhand der nach wie vor zu hohen Arbeitslosenzahlen und insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit deutlich wird, dass die Möglichkeiten, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, in mehreren Mitgliedstaaten nach wie vor begrenzt sind, und hebt hervor, dass in Konsultation mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Vorgaben weitere Maßnahmen durchgeführt werden müssen, um die Investitionen in Kompetenzen anzukurbeln, die Arbeitsmärkte integrativer zu gestalten, soziale Ausgrenzung und wachsende Einkommens- und Vermögensunterschiede zu verringern und gleichzeitig weiterhin für die wirtschaftliche Haushaltsführung zu sorgen; stellt fest, dass insbesondere für KMU Unterstützungsmaßnahmen für den leichteren Zugang zu Finanzmitteln erforderlich sind, um wirksam gegen die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in einer Vielzahl von Mitgliedstaaten vorzugehen;
9. betont, dass es aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage, bei der ein Liquiditätsüberschuss, Zinssätze, die sich der Untergrenze von null Prozent nähern, schwache Aussichten für die Nachfrage sowie eingeschränkte Investitionen und Ausgaben von Haushalten und Unternehmen zusammenkommen, erforderlich ist, den von der Kommission vorgelegten, überarbeiteten Policy-Mix umzusetzen, um für Wachstum zu sorgen; weist darauf hin, dass die Währungspolitik alleine nicht ausreicht, um das Wachstum anzukurbeln, wenn es gleichzeitig weder Investitionen noch tragfähige Strukturreformen gibt;
Schwerpunkte und Ziele der Empfehlungen von 2016
10. hebt die Empfehlung der Kommission hervor, die Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits (VÜD) für drei Mitgliedstaaten einzustellen; unterstützt die Kommission in der Ansicht, dass die hohen und anhaltenden Leistungsbilanzüberschüsse darauf hinweisen, dass Nachfrage und – insbesondere langfristige – Investitionen gefördert werden müssen, damit die künftigen Herausforderungen in den Bereichen Verkehr, Kommunikation, digitale Wirtschaft, Bildung, Innovationen und Forschung, Klimawandel, Energie und Umweltschutz sowie im Hinblick auf die Alterung der Bevölkerung bewältigt werden können; fordert die Kommission auf, weiterhin eine verantwortungsvolle und tragfähige Haushaltspolitik, die für das Wachstum und den wirtschaftlichen Aufschwung in allen Mitgliedstaaten förderlich ist, zu unterstützen, und zwar indem sie verstärkt einen Schwerpunkt auf Investitionen und effiziente öffentliche Ausgaben legt und sich für nachhaltige und sozial ausgewogene Strukturreformen einsetzt;
11. weist darauf hin, dass zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, um Finanzierungsmöglichkeiten insbesondere für KMU auszubauen und notleidende Kredite im Euro-Währungsgebiet unter Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften zu verringern, damit die Bilanzen der Banken auf eine solidere Basis gestellt werden und um auf diese Weise die Fähigkeit der Banken, Kredite an die Realwirtschaft zu vergeben, zu steigern; betont, dass die Bankenunion schrittweise vollendet und umgesetzt werden und eine Kapitalmarktunion entwickelt werden muss, um ein stabiles Umfeld für Investitionen und Wachstum zu schaffen und eine Fragmentierung des Finanzmarktes im Euro-Währungsgebiet zu verhindern;
12. betont, dass Investitionen bisher verzögert getätigt wurden und nicht zu nachhaltigem und inklusivem Wachstum in der EU geführt oder zu einer Verbesserung des Geschäftsumfelds beigetragen haben; ist der Auffassung, dass die Geldpolitik mit einer angemessenen Haushaltspolitik einhergehen muss, die gemäß den Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspakts, einschließlich seiner Flexibilitätsklauseln, auf die Stärkung des Wachstums in der EU abzielt; stellt fest, dass Investitionen unterhalb der Staatsebene in den vergangenen Jahren stark abgenommen haben, jedoch immer noch etwa 60 Prozent der öffentlichen Investitionen in der EU ausmachen; betont, dass investitionspolitische Instrumente wie der EFSI und die ESI-Fonds eine ausgewogene Mischfinanzierung erfordern und zueinander komplementär sein müssen, damit zusätzliche Mittel privater Investoren angezogen werden und dadurch der Mehrwert der Ausgaben der Union erhöht wird; betont daher, dass das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen lokale und regionale Behörden bei der Erstellung des betreffenden Strukturreformprojekts einbeziehen sollte;
Politische Maßnahmen und Schlussfolgerungen
13. betont, dass insgesamt die Fähigkeit der EU verbessert werden muss, zu wachsen und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten und somit gegen die hohen Arbeitslosenquoten vorzugehen, indem ein Regelungsrahmen geschaffen wird, der wachstumsfördernd wirkt; ist der Auffassung, dass die Migration – abhängig von der Fähigkeit der Mitgliedstaaten zu einer verbesserten Nutzung der Kompetenzen von Migranten und zu einer Gestaltung der Systeme zur Steuerung der Arbeitsmigration entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes – beim Ausgleich der negativen Auswirkungen der Bevölkerungsalterung eine Rolle spielen könnte;
14. betont, wie wichtig inklusive Bildungssysteme, insbesondere auch in der beruflichen Ausbildung, sind, die Innovation und Kreativität fördern und in deren Rahmen Kompetenzen vermittelt werden, die für den Arbeitsmarkt relevant sind; weist darauf hin, dass im Einklang mit den EU-Grundsätzen der Solidarität und der Subsidiarität und unter Vermeidung eines Wettlaufs nach den niedrigsten Löhnen und Beschäftigungsnormen ein angemessenes Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen, sozialen und humanen Kosten gewahrt und gleichzeitig ein Schwerpunkt auf Investitionen in Humankapital, Forschung und Entwicklung, die Verbesserung der Bildungssysteme und der beruflichen Ausbildung, einschließlich des lebenslangen Lernens, gelegt werden sollte; ist der Auffassung, dass gut durchdachte politische Strategien erforderlich sind, mit denen Innovation, Forschung und Entwicklung gefördert werden, um die Produktivität zu fördern, ein stetiges, nachhaltiges Wachstum zu schaffen und derzeitige Strukturprobleme zu beseitigen und so die Innovationslücke zu schließen, die im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften besteht;
15. fordert die Kommission auf, jenen Maßnahmen größeres Gewicht beizumessen, mit denen Investitions- und Handelshemmnisse, welche auf EU-Ebene durch einen Mangel an Klarheit bei den zu verfolgenden Strategien verursacht werden, beseitigt werden können, und zwar insbesondere in den Bereichen Energie, Verkehr, Kommunikation und digitale Wirtschaft; weist auf die Folgen für die Kreditvergabe der Banken hin, die durch die Einführung der Bankenunion entstehen sowie – auf der Ebene der Mitgliedstaaten – durch sperrige innerstaatliche Rechtsordnungen, Korruption, mangelnde Transparenz im Finanzsektor, veraltete Verwaltungen, mangelnde Digitalisierung des öffentlichen Dienstes, die Fehlallokation von Ressourcen, die bestehenden Binnenmarkthemmnisse im Banken- und Versicherungssektor und Bildungssysteme, die nicht auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes und die Vollendung des Binnenmarktes zugeschnitten sind;
16. bedauert zutiefst, dass im Hinblick auf die Strategie Europa 2020 – das erste EU-Programm, das die Bekämpfung der Armut umfasste – das Ziel, die Armut in Europa zu verringern, nicht erreicht werden wird; ist der Ansicht, dass das Ziel der Bekämpfung der Armut von Anfang an in die politischen Strategien der EU eingebunden werden sollte;
17. betont, dass die übermäßige steuerliche Belastung des Faktors Arbeit vermieden werden muss, da durch übermäßige Besteuerung Nichterwerbstätigen, Arbeitslosen, Zweitverdienern und Arbeitnehmern mit niedrigem Lohn oder Gehalt weniger Anreize geboten werden, erneut eine Beschäftigung aufzunehmen;
18. nimmt die laufenden Gespräche zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten über das Berechnungsverfahren für die Produktionslücke zur Kenntnis;
19. weist darauf hin, dass Anstrengungen unternommen werden müssen, um die verbleibenden Investitionshemmnisse in den Mitgliedstaaten auszuräumen und eine geeignetere Kombination von Maßnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Wachstums und mit einem wirklichen Ausgabenschwerpunkt auf Forschung und Entwicklung zu ermöglichen; ist der Auffassung, dass die öffentliche und die private Unterstützung von Forschungseinrichtungen und Hochschulen von entscheidender Bedeutung für eine wettbewerbsfähigere Wirtschaft in Europa sind und dass Infrastrukturdefizite bzw. das Fehlen dieser Infrastruktur einen gewaltigen Nachteil für bestimmte Länder darstellen; hebt hervor, dass es kein Patentrezept für die Innovationspolitik in der EU gibt, sondern dass – um die Kluft bei der Innovationsfähigkeit in der EU zu schließen – eine hinreichend differenzierte Innovationspolitik in den Mitgliedstaaten zu empfehlen ist, die auf bereits erzielten Erfolgen aufbaut;
20. begrüßt das Übereinkommen von Paris, das bei der dortigen Klimakonferenz (COP21) im Dezember 2015 abgeschlossen wurde, und fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, dieses umzusetzen;
Sektorale Beiträge zum Europäischen Semester 2016
Beschäftigungs- und Sozialpolitik
21. ist der Ansicht, dass der Rat und die Kommission darauf hinarbeiten sollten, dass die Prozesse der Haushaltskonsolidierung durch Maßnahmen begleitet werden, die zur Verringerung der Ungleichheiten beitragen, und betont, dass der Prozess des Europäischen Semesters dazu verhelfen sollte, Antworten auf die bestehenden und sich abzeichnenden sozialen Herausforderungen zu liefern, sodass für eine effektivere Wirtschaft gesorgt wird; weist darauf hin, dass soziale Investitionen in Humankapital wesentliche ergänzende Maßnahmen darstellen müssen, da Humankapital einer der Faktoren für Wachstum und ein Motor für Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung ist; fordert, dass die in den länderspezifischen Empfehlungen geforderten umfassenden Strukturreformen von einer Abschätzung ihrer kurz-, mittel- und langfristigen sozialen Folgen begleitet werden, um so deren soziale, wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Auswirkungen, insbesondere auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wirtschaftswachstum, besser zu verstehen;
22. betont, dass die Arbeitslosigkeit und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit noch immer ein vordringliches Problem für die europäischen Gesellschaften darstellen und dass der allmähliche Rückgang der Arbeitslosigkeit den Berichten der Kommission zufolge zwar anhält, die Arbeitslosigkeit mit 21,2 Millionen Arbeitslosen im April 2016 jedoch nach wie vor über dem Stand von 2008 liegt, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt; betont, dass die geschaffenen Arbeitsplätze qualitativ und quantitativ bewertet werden müssen, um eine Zunahme der Erwerbstätigenquote zu vermeiden, die lediglich als Folge prekärer Arbeitsverhältnisse oder eines Rückgangs der Zahl der Arbeitskräfte auftritt; merkt an, dass die Bildungs- und Ausbildungssysteme einiger Mitgliedstaaten zwar Ergebnisse in Bezug auf Kompetenzen und Kenntnisse liefern, jedoch auf internationaler Ebene nicht gut abschneiden und ein wachsender Fachkräftemangel herrscht, was dazu beiträgt, dass 39 % der Unternehmen weiterhin Schwierigkeiten haben, Mitarbeiter mit den gewünschten Kompetenzen zu finden; besteht darauf, dass der Überwindung struktureller Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt, einschließlich der Langzeitarbeitslosigkeit und dem Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage, im Rahmen der länderspezifischen Empfehlungen größere Priorität eingeräumt werden sollte, und betont, dass weiterhin in die Bildungs- und Ausbildungssysteme investiert und diese entwickelt werden müssen, damit der Gesellschaft die Mittel und Fähigkeiten zur Verfügung gestellt werden, um sich den sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes anzupassen;
23. weist darauf hin, dass die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen in der EU zwischen 2008 und 2014 um 4,2 Millionen gestiegen ist und sich mittlerweile auf insgesamt mehr als 22 Millionen (22,3 %) beläuft; merkt an, dass sich Erklärungen der Kommission zufolge „die meisten Mitgliedstaaten nach wie vor mit den akuten sozialen Folgen der Krise konfrontiert“ sehen; fordert größere Anstrengungen vonseiten der Kommission und der Mitgliedstaaten, um Armut, soziale Ausgrenzung und wachsende Ungleichheiten zu verringern, damit die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der Gesellschaften abgebaut werden; ist der Auffassung, dass der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie der Verringerung von Ungleichheiten im Rahmen der länderspezifischen Empfehlungen Priorität eingeräumt werden sollte, zumal dies von grundlegender Bedeutung ist, um für dauerhaftes Wirtschaftswachstum und einen sozialverträglichen Umsetzungsrhythmus zu sorgen;
24. betont, dass sozialverträgliche Reformen, wie vom Parlament herausgestellt, auf Solidarität, Integration, sozialer Gerechtigkeit und einer gerechten Verteilung des Wohlstands beruhen müssen – einem Modell, mit dem Gleichberechtigung und Sozialschutz sichergestellt, benachteiligte Gruppen geschützt und die Lebensbedingungen aller Bürger verbessert werden;
25. vertritt die Auffassung, dass durch das Wirtschaftswachstum positive soziale Auswirkungen sichergestellt werden sollten; begrüßt die Einführung von drei neuen Beschäftigungsindikatoren im makroökonomischen Anzeiger; fordert erneut, dass diese den bestehenden Wirtschaftsindikatoren gleichgesetzt werden, sodass eine bessere Bewertung der internen Ungleichgewichte und die Verbesserung der Wirksamkeit der Strukturreformen sichergestellt werden; fordert in diesem Zusammenhang, dass es zwecks Verhinderung einer selektiven Anwendung mithilfe dieser Indikatoren möglich wird, vertiefte Analysen durchzuführen, und dass der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung zwischen den Politikfeldern und Maßnahmen besser verstanden wird; schlägt vor, dass ein Verfahren bei einem sozialen Ungleichgewicht bei der Ausarbeitung der länderspezifischen Empfehlungen eingeführt wird, um einen Wettlauf um die niedrigsten Sozialstandards zu verhindern, und zwar auf der Grundlage einer wirksamen Verwendung von Sozial- und Beschäftigungsindikatoren bei der makroökonomischen Überwachung; ist der Ansicht, dass eine Gleichsetzung von Beschäftigungs- und Wirtschaftsindikatoren mit einer Aufwertung der Rolle des EPSCO-Rates im Europäischen Semester einhergehen sollte;
26. vertritt die Auffassung, dass durch die Einführung der drei Beschäftigungsindikatoren deutlich wird, dass die Europäische Beschäftigungsstrategie, einschließlich der Beschäftigungsleitlinien, eine wichtige Rolle im Prozess der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU spielt, dass jedoch weitere Anstrengungen notwendig sind, insbesondere durch die Einführung von Sozialindikatoren;
27. erkennt an, dass die Kommission die Arbeit an der Schaffung einer europäischen Säule der sozialen Rechte aufgenommen hat, weist allerdings auf die Notwendigkeit hin, die Ergebnisse des Konsultationsverfahrens bereitzustellen und neue wirksame Schritte einzuleiten, mit denen die EU vertieft und gerechter gestaltet werden soll und denen eine wichtige Rolle dabei zukommen sollte, Ungleichheiten zu beheben; hebt in diesem Zusammenhang den Bericht der fünf Präsidenten hervor, in dem eine verstärkte wirtschaftliche und soziale Konvergenz gefordert wird, räumt jedoch ein, dass es keine Patentlösungen gibt; vertritt in diesem Sinne die Auffassung, dass jegliche gemeinsame Politik an die einzelnen Mitgliedstaaten angepasst werden sollte; ist der Ansicht, dass sich europäische Maßnahmen zudem mit den Ungleichheiten und Einkommensunterschieden innerhalb der Mitgliedstaaten befassen sollten und mehr getan werden muss, als sich einfach um die am meisten Bedürftigen zu kümmern;
28. erkennt an, dass beim Europäischen Semester nunmehr ein größerer Schwerpunkt auf Beschäftigung und Soziales gelegt wurde; fordert die Mitgliedstaaten unter Achtung ihrer Zuständigkeiten auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um für menschenwürdige Arbeit mit existenzsichernden Löhnen, den Zugang zu einem angemessenen Mindesteinkommen und sozialen Schutz (wodurch sich die Armutsquote bereits von 26,1 % auf 17,2 % verringert hat) sowie hochwertige öffentliche Dienstleistungen zu sorgen, und plädiert für die Entwicklung und Einführung eines wirklich nachhaltigen Sozialversichersicherungssystems; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu unterstützen und mit ihnen bewährte Verfahren auszutauschen, um die Verwaltungskapazität auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu verbessern, zumal es sich dabei um eine zentrale Herausforderung handelt, wenn langfristige Investitionen wieder angekurbelt und Arbeitsplätze und nachhaltiges Wachstum sichergestellt werden sollen;
29. betont, dass die Bereitstellung und Verwaltung von Systemen der sozialen Sicherheit in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt und dass diese Systeme von der Union koordiniert, aber nicht harmonisiert werden;
30. stellt fest, dass die Festlegung von Löhnen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt und dies im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip zu achten ist;
31. nimmt zur Kenntnis, dass die Jugendarbeitslosigkeit zurückgegangen ist, weist jedoch darauf hin, dass sie mit mehr als 4 Millionen Menschen im Alter von unter 25 Jahren in der EU, die keine Arbeit haben, darunter 2,885 Millionen innerhalb des Euro-Währungsgebietes, noch immer unglaublich hoch ist; bedauert, dass die Ergebnisse der Umsetzung der Jugendgarantie mehr als drei Jahre nach der Einführung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen derart unterschiedlich und bisweilen wirkungslos sind; fordert die Kommission auf, im Oktober 2016 eine gründliche Analyse ihrer Umsetzung vorzulegen, die als Grundlage für die Fortführung des Programms fungieren kann;
32. weist darauf hin, dass die Leistungen bei Arbeitslosigkeit in vielen Mitgliedstaaten – unter anderem infolge von Langzeitarbeitslosigkeit – Jahr für Jahr zurückgehen, wodurch sich die Anzahl der Menschen erhöht, die unterhalb der Schwelle für Armut und soziale Ausgrenzung leben; fordert, dass angemessene Leistungen bei Arbeitslosigkeit garantiert werden, damit die Menschen in Würde leben können, und dass Maßnahmen sichergestellt werden, um die betroffenen Personen reibungslos in den Arbeitsmarkt zu integrieren;
33. betont, dass die Ungleichgewichte bei den Rentensystemen im Grunde eine Folge von Arbeitslosigkeit, Lohnabwertung und Prekarisierung der Arbeit sind; fordert daher Reformen, durch die eine angemessene Finanzierung einer starken ersten Säule der Altersvorsorge gewährleistet wird, in deren Rahmen für menschenwürdige Renten gesorgt wird, die zumindest oberhalb der Armutsschwelle liegen;
34. weist erneut darauf hin, dass der freie Personenverkehr von grundlegender Bedeutung ist, um die Konvergenz und Integration zwischen den europäischen Ländern zu stärken;
35. nimmt die Zunahme der Anzahl der Empfehlungen (an fünf Mitgliedstaaten) zu Mindesteinkommensregelungen zur Kenntnis; fordert jedoch angesichts der Tatsache, dass durch umfassende Einkommensunterschiede nicht nur der soziale Zusammenhalt, sondern auch das nachhaltige Wirtschaftswachstum gefährdet werden (wie sowohl der IWF als auch die OECD unlängst erklärt haben), die Kommission auf, dem Versprechen von Präsident Juncker nachzukommen, der in seiner Antrittsrede angekündigt hatte, dass für alle Europäer mittels eines europäischen Rahmens für ein Mindesteinkommen zur Deckung grundlegender Lebenshaltungskosten ein angemessenes Einkommen bereitgestellt wird, wobei nationale Verfahren und das Subsidiaritätsprinzip berücksichtigt werden;
36. ist besorgt angesichts der zunehmenden Einkommensunterschiede, die zum Teil mit ineffizienten Arbeitsmarktreformen zusammenhängen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Arbeitsplätze umzusetzen, damit der Arbeitsmarkt nicht mehr so stark segmentiert ist, und gleichzeitig Maßnahmen umzusetzen, mit denen das Mindesteinkommen auf ein angemessenes Niveau angehoben, mehr Gewicht auf Tarifverhandlungen gelegt und die Stellung der Arbeitnehmer in den Lohnfestsetzungssystemen gestärkt wird, sodass die Lohnstreuung verringert wird; weist warnend darauf hin, dass die Unternehmensführungen in den vergangenen Jahrzehnten einen immer größeren Gewinnanteil für sich beanspruchen, während die Gehälter der Arbeitnehmer stagnierten oder gekürzt wurden; ist der Auffassung, dass durch diese übermäßige Lohnstreuung die Ungleichheit verstärkt und die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen gefährdet werden;
37. ist besorgt darüber, dass die Langzeitarbeitslosigkeit mit 10,5 Millionen Betroffenen in der EU weiterhin hoch ist, und weist darauf hin, dass die Integration der Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung der Tragfähigkeit der Sozialschutzsysteme und auch für das Selbstwertgefühl der Betroffenen ist; bedauert daher die Untätigkeit der Mitgliedstaaten bezüglich der Umsetzung der Empfehlung des Rates zur Wiedereingliederung der Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt; wiederholt seine Forderung an die Kommission, Bemühungen um die Schaffung inklusiver Angebote des lebenslangen Lernens für Arbeitnehmer und Arbeitssuchende jeden Alters zu unterstützen und schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen, damit der Zugang zu EU-Mitteln verbessert wird und gegebenenfalls zusätzliche Ressourcen mobilisiert werden;
38. ist der Ansicht, dass Sozialschutzsysteme, einschließlich Renten und Leistungen wie Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und Langzeitpflege, unverzichtbar bleiben, wenn es um ein ausgewogenes und integratives Wachstum, einen längeren Verbleib im Erwerbsleben, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verringerung der Ungleichheiten geht; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, Strategien zu fördern, mit denen die Tragfähigkeit, Angemessenheit, Effizienz und Qualität der Sozialschutzsysteme während des gesamten Lebenszyklus eines Menschen gewährleistet werden, ein menschenwürdiges Leben garantiert wird, Ungleichheiten bekämpft werden und die Inklusion mit dem Ziel gefördert wird, die Armut zu beseitigen, und zwar insbesondere für die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossenen Menschen und die am stärksten gefährdeten Gruppen;
39. weist sowohl auf die physischen als auch auf die digitalen Hindernisse und Barrieren hin, die Menschen mit Behinderungen auch heutzutage noch vorfinden; hofft, dass die von der Kommission initiierte Behindertenstrategie zügig umgesetzt und in erster Linie wirksam auf konkrete Maßnahmen zur Förderung der Inklusion und des Zugangs ausgerichtet wird;
Binnenmarkt
40. begrüßt die große Zahl der länderspezifischen Empfehlungen, die einen reibungslos funktionierenden und integrierten Binnenmarkt fördern und unter anderem Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeiten umfassen, mit denen Unternehmen und insbesondere KMU unterstützt werden und ein Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zum E-Government, zum öffentlichen Beschaffungswesen und zur gegenseitigen Anerkennung – unter anderem von Qualifikationen – geleistet wird; betont, dass nur dann Auswirkungen in den genannten Politikbereichen wahrnehmbar sein werden, wenn die Empfehlungen auch umgesetzt werden; hält es in diesem Zusammenhang für unabdingbar, dass die Kommission bei den länderspezifischen Empfehlungen vorrangig auf die Einführung von auf lange Sicht ausgelegten Reformen achtet, die insbesondere im Bereich der sozialen Investitionen, der Beschäftigung und der Ausbildung spürbare Ergebnisse zeitigen;
41. stellt fest, dass der Binnenmarkt ein Eckpfeiler der Wirtschaft der EU ist, und betont, dass ein inklusiver Binnenmarkt mit einer verbesserten Steuerung, die eine bessere Regulierung und den Wettbewerb begünstigt, ein wichtiges Instrument ist, um das Wachstum, den Zusammenhalt, die Beschäftigung und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und das Vertrauen der Wirtschaft und der Verbraucher zu wahren; fordert die Kommission daher auf, die Fortschritte der Mitgliedstaaten zu überwachen, und bekräftigt die große Bedeutung der formellen Aufnahme der Binnenmarktsäule in das Europäische Semester, damit die Binnenmarktindikatoren kontinuierlich überwacht werden können, was die systematische Weiterverfolgung und Bewertung der Fortschritte der Mitgliedstaaten bei den länderspezifischen Empfehlungen ermöglicht;
42. begrüßt die Entschlossenheit der Kommission, die fehlende steuerpolitische Koordinierung in der EU und insbesondere die Schwierigkeiten anzugehen, denen sich KMU aufgrund der Komplexität der unterschiedlichen nationalen Mehrwertsteuerbestimmungen gegenübersehen; fordert die Kommission auf, die Durchführbarkeit einer verstärkten Koordinierung zu prüfen und insbesondere der Frage nachzugehen, ob im digitalen Binnenmarkt ein vereinfachter Mehrwertsteueransatz möglich ist;
43. verurteilt die nach wie vor bestehenden oder neu geschaffenen Hindernisse für einen reibungslos funktionierenden und integrierten Binnenmarkt; weist insbesondere darauf hin, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Dienstleistungsrichtlinie nur teilweise umsetzen und anwenden, und fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die von den Mitgliedstaaten im Bereich des EU-Rechts eingegangenen Verpflichtungen wirksamer umgesetzt werden; erinnert an die Zusage der Kommission, gegebenenfalls auf Vertragsverletzungsverfahren zurückzugreifen, damit die Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt für Waren, Dienstleistungen und im digitalen Umfeld vollständig umgesetzt werden;
44. weist darauf hin, dass dem System zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen die Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens in die Rechtssysteme und der gegenseitigen Prüfung der Qualität der Qualifikationen zugrunde liegen; stellt fest, dass noch mehr für die bessere Umsetzung der gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen getan werden muss; betont, dass ordnungsgemäße Durchsetzung und bessere Rechtsetzung angesichts der Fragmentierung des Binnenmarkts, die die Wirtschaftstätigkeit und die Auswahl der Verbraucher einschränkt, ausschlaggebende Bedeutung haben und sich auf alle Wirtschaftszweige erstrecken und auf gegenwärtige wie auch künftige Rechtsvorschriften angewandt werden sollten; begrüßt, dass die geregelten Abschlüsse und Berufe erfasst und aufgelistet werden, da hierdurch eine interaktive, öffentlich zugängliche Datenbank geschaffen werden wird, die den Mitgliedstaaten bei ihren nationalen Aktionsplänen von Nutzen sein kann;
45. bedauert, dass die länderspezifischen Empfehlungen nach wie vor auf Unzulänglichkeiten im öffentlichen Beschaffungswesen wie zum Beispiel einen Mangel an Wettbewerb und Transparenz hinweisen und dass 21 Mitgliedstaaten die entsprechenden Rechtsvorschriften noch nicht vollständig umgesetzt haben, wodurch es zu Marktverzerrungen kommt; fordert die Kommission auf, durch die Einleitung der erforderlichen Vertragsverletzungsverfahren zügig dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen; fordert die Kommission auf, systematisch, wirksam und transparent darauf zu achten, dass Verwaltungsverfahren keinen übermäßigen Aufwand für die Wirtschaft verursachen oder KMU davon abhalten, an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge teilzunehmen;
46. unterstützt die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um die Modernisierung öffentlicher Verwaltungsdienstleistungen insbesondere im Wege des E-Government und fordert, dass die öffentlichen Verwaltungen zum Wohle aller Unternehmen und Bürger besser grenzübergreifend zusammenarbeiten und die Verwaltungsverfahren vereinfachen und besser aufeinander abstimmen; fordert außerdem die Kommission auf, sich immer dann, wenn die Digitalisierung der öffentlichen Dienstleistungen aus dem EU-Haushalt finanziert wird, um eine wirksamere Kontrolle der angemessenen Verwendung der Mittel zu bemühen;
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47. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung den Präsidenten des Rates, der Kommission, der Eurogruppe und der EZB sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.