Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. Oktober 2016 zur Lage im Nordirak und in Mossul (2016/2956(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 27. Februar 2014 zur Lage im Irak(1), vom 18. September 2014 zur Lage im Irak und in Syrien sowie zur IS-Offensive, einschließlich der Verfolgung von Minderheiten(2), vom 12. Februar 2015 zu der humanitären Krise im Irak und in Syrien, insbesondere vor dem Hintergrund der Aktivitäten des IS(3), vom 12. März 2015 zu insbesondere gegen Assyrer gerichteten Angriffen und Entführungen durch ISIS/Da‘ish in jüngster Zeit im Nahen Osten(4) und vom 4. Februar 2016 zu dem vom sogenannten IS verübten systematischen Massenmord an religiösen Minderheiten(5),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 23. Mai 2016 zur EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da‘esh, vom 14. Dezember 2015 zu Irak, vom 16. März 2015 zur EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch ISIL/Da‘esh, vom 20. Oktober 2014 zur ISIL/Da‘esh-Krise in Syrien und Irak, vom 30. August 2014 zu Irak und Syrien, vom 14. April 2014 und vom 12. Oktober 2015 zu Syrien und vom 15. August 2014 zu Irak,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) zum Irak und zu Syrien,
– unter Hinweis auf die von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates am 27. Januar 2016 angenommene Resolution 2091 (2016) zu dem Thema „Auswärtige Kämpfer in Syrien und im Irak“,
– unter Hinweis auf das Ministertreffen für die Stabilisierung von Mossul, an dem 22 Staaten, die Vereinten Nationen, die EU und die Arabische Liga teilnahmen und das am 20. Oktober 2016 in Paris unter dem gemeinsamen Vorsitz Frankreichs und des Iraks mit dem Ziel ausgerichtet wurde, einen Plan aufzustellen, um die Zivilbevölkerung zu schützen, Hilfe zu organisieren und sich mit Fragen zur Verwaltungsordnung in den vom IS zurückeroberten Gebieten zu befassen,
– unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998 und dessen Bestimmungen zur Gerichtsbarkeit für die Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression;
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die irakische Armee mit der Unterstützung der internationalen Allianz gegen den IS, der Peschmerga der kurdischen Regionalregierung und der Volksmobilmachungseinheiten eine Operation eingeleitet hat, um Mossul, die zweitgrößte Stadt des Iraks, und viele weitere Städte und Dörfer im Mossul-Korridor vom IS zu befreien;
B. in der Erwägung, dass der IS ein drakonisches Regime in Mossul errichtet hat; in der Erwägung, dass Bewohner, die vor kurzem entkommen konnten, berichten, dass die Menschen hungern und verzweifelt auf Befreiung warten;
C. in der Erwägung, dass die Ninive-Ebene, Tal Afar und Sindschar und die gesamte Region die angestammte Heimat von Christen (Chaldäern/syrischen Christen/Assyrern), Jesiden, sunnitischen und schiitischen Arabern, Kurden, Schabak, Turkmenen, Kakai, Sabiern/Mandäern und anderen Volksgruppen ist, in der sie jahrhundertelang bis Anfang dieses Jahrhunderts und vor der Besetzung großer Teile der Region durch den IS 2014 im Geiste eines allgemeinen Pluralismus, der Stabilität, und kommunaler Zusammenarbeit lebten, obwohl es auch Zeiten der Gewalt von außen und der Verfolgung gab;
D. in der Erwägung, dass Mossul seit Langem eine multiethnische Stadt ist, in der eine Mehrheit sunnitischer Araber mit Chaldäern/syrischen Christen/Assyrern, Kurden, Jesiden, Schabak, Kakai und Turkmenen (Schiiten und Sunniten) zusammenlebten; in der Erwägung, dass das Umland der Stadt ebenfalls auf eine von ethnischer und religiöser Vielfalt geprägte Geschichte zurückblickt, wobei die Christen hauptsächlich in der Ninive-Ebene, die Jesiden im Sindschar-Gebirge und die muslimischen Turkmenen in Tal Afar leben; in der Erwägung, dass von den über 1,5 Millionen Christen, die 2003 im Irak lebten, heute weniger als etwa 200 000–350 000 übrig geblieben sind, die häufig in Armut leben; in der Erwägung, dass den Christen und anderen Minderheiten im Irak traditionell eine große gesellschaftliche Bedeutung zukam, da sie maßgeblich zur politischen Stabilität beitrugen, und dass die Auslöschung dieser Minderheiten zur weiteren Destabilisierung der Region beitragen wird;
E. in der Erwägung, dass das Parlament am 4. Februar 2016 festgestellt hat, dass der IS Völkermord an Christen und Jesiden und anderen religiösen und ethnischen Minderheiten verübt, und dass sich der Europarat, das US-amerikanische Außenministerium, der US-Kongress, das Parlament des Vereinigten Königreichs, das australische Parlament und andere Nationen und Institutionen der Feststellung des Europäischen Parlaments angeschlossen haben, dass es sich bei den gegen religiöse und ethnische Minderheiten gerichteten Gräueltaten des IS unter anderem um Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord handelt;
F. in der Erwägung, dass nach Angaben des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) seit 2014 etwa 3,3 Millionen Iraker durch den Krieg entwurzelt wurden und über 1,5 Millionen Menschen in Mossul als direkte Folge der Operation zur Rückeroberung des Gebiets unmittelbar von Vertreibung bedroht sind;
G. in der Erwägung, dass das UNHCR fünf Lager eröffnet hat und bereit ist, 45 000 aus Mossul und dem Umland fliehenden Menschen Obdach zu gewähren, wobei geplant ist, in den kommenden Wochen insgesamt 11 Lager mit einer Kapazität von 120 000 Personen zu betreiben, sofern dafür Land in sicheren Gebieten in ausreichender Entfernung von der Front gefunden werden kann; in der Erwägung, dass die Finanzierung der Maßnahmen des UNHCR für Mossul derzeit nur zu etwas mehr als 38 % sichergestellt ist; in der Erwägung, dass nicht nur Finanzmittel für die anfänglichen Vorbereitungsmaßnahmen erforderlich sind, sondern auch zur Bewältigung der weitverbreiteten Vertreibungen, die den ganzen Winter hindurch anhalten könnten;
H. in der Erwägung, dass die notwendigen Sicherheitsbedingungen geschaffen werden sollten, damit all jene, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen, oder vertrieben wurden, ihr Recht auf Rückkehr in ihr Land so bald wie möglich wahrnehmen können;
I. n der Erwägung, dass der Kooperationsrat im Rahmen des PKA zwischen der EU und dem Irak am 18. Oktober 2016 in Brüssel zum zweiten Mal tagte, um über die unmittelbaren Herausforderungen im Zusammenhang mit der humanitären Lage und der Stabilisierung im Irak zu beraten; in der Erwägung, dass die EU bislang 134 Mio. EUR für humanitäre Hilfe im Irak bereitgestellt hat, davon 50 Mio. EUR für Mossul;
J. in der Erwägung, dass für die Sicherheit aller Bevölkerungsgruppen, darunter Chaldäer/syrische Christen/Assyrer und andere gefährdete Gruppen in der Ninive-Ebene, gesorgt werden muss;
K. in der Erwägung, dass Artikel 2 der irakischen Verfassung das uneingeschränkte Recht aller Menschen auf Glaubensfreiheit und auf freie Religionsausübung garantiert;
L. in der Erwägung, dass Artikel 125 der irakischen Verfassung den verschiedenen Nationalitäten wie Turkmenen, Chaldäern, Assyrern und allen anderen Bevölkerungsgruppen administrative, politische, kulturelle Rechte sowie das Recht auf Bildung garantiert; in der Erwägung, dass der irakische Ministerpräsident Haider Al-Abadi am 15. April 2015 erklärt hat, das Land werde auseinanderbrechen, wenn es nicht dezentralisiert werde, und dass er keinen Grund sehe, die Dezentralisierung einzuschränken;
M. in der Erwägung, dass die grundlegenden Menschenrechte einschließlich der Eigentumsrechte der einheimischen Bevölkerung der Ninive-Ebene und der Regionen Tal Afar und Sindschar wiederhergestellt und gewahrt würden, wenn diesen Volksgemeinschaften eine möglichst weitgehende Autonomie und Schutz im Rahmen der Republik Irak gewährt würde;
1. unterstützt nachdrücklich die vom Irak eingeleitete Operation zur Befreiung Mossuls vom IS; hält diese Operation für einen entscheidenden Teil der laufenden weltweiten Bemühungen, den IS dauerhaft zu besiegen; ist zuversichtlich, dass der Irak in diesem Kampf gegen einen gemeinsamen Feind siegen und Mossul sowie weitere Teile des Landes vom IS befreien wird;
2. bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die Unabhängigkeit, territoriale Integrität und Souveränität des Iraks sowie für sein Recht, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um diese zu wahren;
3. nimmt die aktuellen Spannungen zwischen den regionalen Akteuren mit Besorgnis zur Kenntnis; fordert, dass die territoriale Integrität und Souveränität des Iraks uneingeschränkt geachtet und im Irak keine militärischen Maßnahmen ohne das Einverständnis der irakischen Regierung ergriffen werden; betont, dass der Dialog zwischen dem Irak und den anderen Ländern der Region gefördert werden muss, um mehr Sicherheit im Nahen Osten zu erreichen;
4. weist darauf hin, dass die irakischen Behörden konkrete Schritte ergreifen müssen, um die Zivilbevölkerung während der Offensive zu schützen, etwa indem sie die Milizen wirksam unter ihren Befehl stellt und kontrolliert und indem sie alle in ihrer Macht stehenden Vorkehrungen ergreift, um während der Offensive Opfer unter der Zivilbevölkerung und Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden; hebt hervor, dass die Truppen vor Ort während ihrer Einsätze die internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht einhalten müssen;
5. sagt der Republik Irak und ihrer Bevölkerung seine Unterstützung für die Anerkennung einer politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich langfristig lebensfähigen Provinz in der Ninive-Ebene und den Regionen Tal Afar und Sindschar zu, mit der den rechtmäßigen Forderungen der einheimischen Bevölkerung nach regionaler Autonomie entsprochen wird;
6. betont, dass das Recht der vertriebenen einheimischen Völker der Ninive-Ebene und der Regionen Tal Afar und Sindschar – von denen viele als Binnenvertriebene im Irak leben – auf Rückkehr in ihre angestammte Heimat eine politische Priorität der irakischen Regierung sein sollte, die von der EU einschließlich ihrer Mitgliedstaaten und der Völkergemeinschaft unterstützt wird; hebt hervor, dass die grundlegenden Menschenrechte dieser Völker mit der Unterstützung der Regierung der Republik Irak und der kurdischen Regionalregierung uneingeschränkt wiederhergestellt werden sollten, einschließlich ihrer Eigentumsrechte, die Vorrang vor etwaigen vermögensrechtlichen Forderungen Dritter haben sollten;
7. betont, dass die einheimischen Bevölkerungsgruppen der Ninive-Ebene und der Regionen Tal Afar und Sindschar – Christen (Chaldäer/syrische Christen/Assyrer), Jesiden, Turkmenen und andere – ein Recht auf Sicherheit, Schutz und regionale Autonomie innerhalb der föderalen Struktur der Republik Irak haben;
8. verurteilt mit Nachdruck die anhaltenden Gewaltakte und Massenhinrichtungen durch den IS im Irak; bringt seine tiefe Besorgnis über die anhaltenden Berichte zum Ausdruck, wonach der IS Kinder, ältere Menschen, Frauen und schutzbedürftige Personen als Schutzschilde gegen die laufenden militärischen Befreiungsaktionen im Nordirak benutzt;
9. nimmt die dringende Warnung des Koordinators der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen zur Kenntnis, dass die erforderlichen Mittel fehlen, um der aufgrund der Offensive von Mossul zu erwartenden humanitären Notlage nie dagewesenen Ausmaßes zu begegnen; begrüßt das Engagement der EU im Irak, insbesondere ihre bisherigen Anstrengungen im Bereich der humanitären Hilfe und bei der Entfernung von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV), die von großer Bedeutung für eine baldige Rückkehr der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen sind; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten dennoch dringend auf, sich stärker für die Stabilisierung der befreiten Gebiete einzusetzen;
10. fordert die irakische Regierung und deren internationale Partner nachdrücklich auf, sich vorrangig um eine friedliche Lösung der Fragen im Zusammenhang mit den umstrittenen internen Grenzen in der Republik Irak zu bemühen;
11. fordert alle Konfliktparteien auf, bei und nach den Kampfhandlungen das humanitäre Völkerrecht zu achten und sich im Konflikt an die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Unterscheidung und der Vorsorge zu halten; fordert alle Konfliktparteien nachdrücklich auf, humanitäre Korridore zu öffnen – um es der Zivilbevölkerung zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen, vor dem Konflikt zu fliehen –, zu verhindern, dass die Zivilbevölkerung in Mossul eingeschlossen und vom IS als menschliche Schutzschilde missbraucht wird, für Sicherheit und Zugang zu humanitärer Hilfe zu sorgen, der Zivilbevölkerung während der Sicherheitskontrollen gemäß nationalen und internationalen Normen Hilfe und Schutz zu gewähren und insbesondere dafür zu sorgen, dass Familien nicht auseinandergerissen und Kinder nicht gefährdet werden, sowie einen Mechanismus der Vereinten Nationen für eine Überwachung durch Dritte einzurichten; fordert insbesondere, dass alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, damit Kinder und ihre Familien vor Bombenangriffen geschützt werden und die Zahl der Opfer so gering wie möglich gehalten und die zivile Infrastruktur, insbesondere Schulen und Krankenhäuser, geschützt wird;
12. fordert alle Akteure, die den IS in der Republik Irak bekämpfen, auf, eine nachhaltige, langfristige und inklusive politische Zusammenarbeit aufzubauen und einen entsprechenden Dialog zu führen, damit die Grundlage für einen von radikalen und extremistischen Bewegungen freien Irak geschaffen werden kann; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten, die globale Allianz gegen den IS, die Völkergemeinschaft und die internationalen Akteure auf, mit der nationalen Regierung und den regionalen Regierungen der Republik Irak auf eine dauerhafte Sicherheitslösung in der Ninive-Ebene sowie in Tal Afar und Sindschar hinzuarbeiten;
13. fordert die Europäische Union, die Vereinten Nationen und die gesamte Völkergemeinschaft auf, mit der nationalen Regierung und den regionalen Regierungen des Iraks zusammenzuarbeiten, um die Rücksiedlung aller vertriebenen Iraker und ethnischen und religiösen Minderheiten zu überwachen;
14. fordert den EAD, die Mitgliedstaaten und die Völkergemeinschaft auf, sich praktisch und diplomatisch für eine lebensfähige und inklusive Struktur für die Region für die Zeit nach dem Konflikt einzusetzen, und zwar insbesondere auch in Bezug auf die Möglichkeit, eine autonome Provinz zu gründen, zu der die Ninive-Ebene, Sindschar und Tal Afar gehören und die von der einheimischen Bevölkerung der Region politisch vertreten wird; weist erneut darauf hin, dass religiöse Hilfsorganisationen in abgestimmte humanitäre Maßnahmen, vor allem für vertriebene ethnische und religiöse Minderheiten, eingebunden werden sollten;
15. fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die Völkergemeinschaft auf, der irakischen Regierung anzubieten, bei der Umsetzung ihres Kabinettsbeschlusses vom 21. Januar 2014, eine Provinz in der Ninive-Ebene zu gründen, und bei der weiteren Dezentralisierung des Landes, in deren Zuge auch Tal Afar und Sindschar zu eigenen Provinzen werden, technische Hilfe zu leisten und die neuen Provinzregierungen dabei zu unterstützen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen;
16. fordert den EAD auf, bei den Verhandlungen mit der kurdischen Regionalregierung und der irakischen Regierung nach der Befreiung seine Dienste anzubieten, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in der Region, insbesondere der Christen (Chaldäer/syrischen Christen/Assyrer) und der Jesiden, Turkmenen, Schabak und Kakai gewahrt bleiben und dass diese Gruppen in die neue Verwaltungsstruktur einbezogen werden, damit neue Konflikte zwischen diesen Gruppen verhindert werden können;
17. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, in Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung lokale Sicherheitstruppen auf die Liste der Kräfte zu setzen, die Hilfsleistungen beziehen dürfen; vertritt die Überzeugung, dass zu den lokalen Sicherheitstruppen auch lokale Kräfte gehören sollten, die sich verpflichtet haben, die äußerst gefährdeten ethnischen und religiösen Minderheiten in der Ninive-Ebene, in Tal Afar, Sindschar und anderswo vor der Bedrohung durch Dschihadisten und Salafisten zu schützen;
18. weist darauf hin, dass der Schutz des Lebens von Zivilpersonen und die Achtung des humanitären Völkerrechts ein wesentlicher politischer Eckpfeiler von Aussöhnung und Entwicklung und die einzige Möglichkeit ist, Hass und Spaltung zu bewältigen, und dass es von grundlegender Bedeutung ist, die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen nicht weiter anzuheizen und den Weg für einen stabilen und wohlhabenden Irak zu ebnen;
19. fordert die vom Irak geführte Militärkoalition nachdrücklich auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Beweise für die vom IS begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhalten bleiben und die Täter zur Verantwortung gezogen werden können;
20. betont, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, dass in den befreiten Gebieten unverzüglich und wirksam für Sicherheit gesorgt wird, indem wirklich sichere Wege geschaffen werden, auf denen dauerhaft für Schutz gesorgt werden kann, unter anderem durch Minenräumung und die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit, und dass unbedingt grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Stromversorgung und Bildung bereitgestellt werden müssen; warnt davor, dass extremistische Kräfte zurückkehren könnten, wenn nicht für die Grundversorgung, die Sicherheit und eine langfristige Strategie für die Bewältigung der Ursachen und sozialen Zusammenhalt gesorgt wird; fordert daher eine enge Verknüpfung von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, damit ein Hilfskontinuum sichergestellt wird, das von der humanitären Hilfe bis zu Stabilisierung, Widerstandsfähigkeit und Entwicklung des Iraks reicht;
21. hebt die Bedeutung von Mossul für den gesamten Irak hervor und fordert, dass die Minderheiten in einer neuen Stadtregierung von Mossul vertreten sind; betont, dass ethnische und religiöse Minderheiten Anspruch auf politische Teilhabe und die Wiederherstellung ihrer Eigentumsrechte haben; fordert ein friedliches Zusammenleben der ethnischen und religiösen Minderheiten, die traditionell immer stark vertreten waren und friedlich nebeneinander gelebt haben, insbesondere die Jesiden im Sindschar-Gebirge, die Chaldäer/syrischen Christen/Assyrer in der Ninive-Ebene und die Turkmenen in Tal Afar und in Teilen des Gouvernements Kirkuk; fordert, dass ihre Rechte gewahrt und Maßnahmen ergriffen werden, um die sichere Rückkehr von Flüchtlingen sicherzustellen;
22. fordert die irakische Regierung nachdrücklich auf, mit Unterstützung der EU und ihrer Mitgliedstaaten Mittel zur Minenräumung in den zuvor vom IS besetzten Gebieten bereitzustellen und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Räten, die die Minderheiten vertreten, für eine funktionierende Koordinierung zu sorgen und Verzögerungen vorzubeugen, die eine Rückkehr der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen verhindern würden;
23. betont, dass auch nach der Befreiung Mossuls gegen die weitere Verbreitung der islamistisch-dschihadistischen Ideologien in der Region und darüber hinaus vorgegangen werden muss, zu denen auch der salafistische Dschihadismus gehört, der für die Anstiftung zu den Verbrechen des IS als theologische und politische Grundlage dient; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf durchzusetzen, dass der Internationale Strafgerichtshof mit den Verbrechen des Völkermords, den Kriegsverbrechen und den Verbrechen gegen die Menschlichkeit befasst wird, die der IS im Irak, in Syrien, Libyen und anderen Ländern begangen hat;
24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Repräsentantenrat des Iraks, der Regionalregierung von Kurdistan und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.