Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. März 2017 zu den Optionen der EU, den Zugang zu Arzneimitteln zu verbessern (2016/2057(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 6. Februar 2013 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Humanarzneimitteln und ihrer Aufnahme in die staatlichen Krankenversicherungssysteme(1),
– unter Hinweis auf Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), gemäß dem bei der Festlegung und Durchführung aller Unionspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen ist,
– unter Hinweis auf die durch die Kommission erfolgte REFIT-Evaluierung der Verordnung des Rates (EG) Nr. 953/2003 zur Vermeidung von Handelsumlenkungen bei bestimmten grundlegenden Arzneimitteln in die Europäische Union (SWD(2016)0125),
– unter Hinweis auf die Verpflichtungen gemäß Artikel 81 der Richtlinie 2001/83/EG über die Sicherstellung angemessener und kontinuierlicher Lieferungen von Arzneimitteln,
– unter Hinweis auf das Inception Impact Assessment(2) der Kommission zur Verstärkung der EU-Zusammenarbeit im Bereich der Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA),
– unter Hinweis auf die Strategie des HTA-Netzes für die EU-Zusammenarbeit bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) vom 29. Oktober 20141(3),
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Kommission über ihre Untersuchung der Arzneimittelbranche (SEC(2009)0952),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission von 2013 mit dem Titel „Health inequalities in the EU – Final report of a consortium. Consortium lead: Sir Michael Marmot“(4), in dem darauf hingewiesen wird, dass die Gesundheitssysteme eine wichtige Rolle bei der Verringerung des Armutsrisikos spielen oder dazu beitragen können, Armut einzudämmen;
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 1. Dezember 2014 zum Thema „Innovation zum Nutzen der Patienten“(5),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der informellen Tagung des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ vom 18. April 2016,
– unter Hinweis auf den sechsten Bericht der Kommission über die Überwachung der Beilegung patentrechtlicher Streitfälle in der Arzneimittelbranche,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel: eine neue Vision für die Arzneimittelindustrie“ (COM(2008) 0666),
– unter Hinweis auf die Randnummern 249 und 250 des Urteils des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76 zu überhöhten Preisen,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juni 2016 zur Verstärkung der Ausgewogenheit der Arzneimittelsysteme in der EU und ihren Mitgliedstaaten,
– unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG(6),
– unter Hinweis auf den im September 2016 veröffentlichten Bericht der Hochrangigen Gruppe des Generalsekretärs der Vereinten Nationen über den Zugang zu Arzneimitteln mit dem Titel „Promoting innovation and access to health technologies“ (Innovation und den Zugang zu Gesundheitstechnologien fördern),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Mai 2006 zum Thema „Gemeinsame Werte und Prinzipien in den Gesundheitssystemen der Europäischen Union“ und auf die Schlussfolgerungen des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ vom 6. April 2011 und vom 10. Dezember 2013 zum Reflexionsprozess über moderne, bedarfsorientierte und tragfähige Gesundheitssysteme,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu wirksamen, zugänglichen und belastbaren Gesundheitssystemen (COM(2014)0215),
– unter Hinweis auf ddie Studie mit dem Titel „Towards Harmonised EU Assessment of Added therapeutic Value of Medicines“ (Hin zu einer unionsweit einheitlichen Bewertung des therapeutischen Mehrwerts von Arzneimitteln), veröffentlicht im Jahre 2015 von der Fachabteilung „Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik“(7),
– unter Hinweis auf den Bericht der Weltgesundheitsorganisation mit dem Titel „WHO Expert Committee on the Selection of Essential Drugs, 17-21 October 1977 – WHO Technical Report Series, No. 615“, den Bericht des WHO-Sekretariats vom 7. Dezember 2001 mit dem Titel „WHO medicines strategy: Revised procedure for updating WHO’s Model List of Essential Drugs“ (EB109/8), den WHO-Bericht vom März 2015 mit dem Titel „Access to new medicines in Europe“ und den WHO-Bericht vom 28. Juni 2013 mit dem Titel „Priority Medicines for Europe and the World“,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 141/2000 über Arzneimittel für seltene Leiden,
– unter Hinweis auf Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und auf Artikel 6 Buchstabe a AEUV über das Recht der Unionsbürger auf Gesundheitsschutz,
– unter Hinweis auf Artikel 101 und 102 AEUV über Wettbewerbsregeln,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Doha zum Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums und zur öffentlichen Gesundheit (WTO/MIN(01)/DEC/2) und auf die Anwendung von Absatz 6 der Erklärung von Doha vom 1. September 2003 (WTO/L/540),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 816/2006 über Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen für die Ausfuhr in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit,
– unter Hinweis auf die am 10. April 2014 von der Kommission verabschiedete Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung(8),
– unter Hinweis auf die Nairobi-Konferenz von 1985 zum vernünftigen Umgang mit Arzneimitteln,
– unter Hinweis auf den vom Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und vom Europäischen Parlament gebilligten Bericht über die Änderung der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (A8-0035/2016) und auf die vom Parlament am 10 März 2016(9) angenommenen Abänderungen,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2015 zum Arbeitsprogramm der Kommission für 2016(10),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. September 2012 zur freiwilligen und unbezahlten Spende von Geweben und Zellen(11),
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie die Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses, des Rechtsausschusses und des Petitionsausschusses (A8-0040/2017),
A. in der Erwägung, dass das Grundrecht der Bürger auf Gesundheitsvorsorge und ärztliche Versorgung in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist(12);
B. in der Erwägung, dass der generelle Zugang zur Gesundheitsversorgung, bei dem es sich um ein Grundrecht der Unionsbürger handelt, ohne die öffentlichen Gesundheitssysteme nicht sichergestellt werden kann; in der Erwägung, dass die Gesundheitssysteme vor Herausforderungen wie der Alterung der Bevölkerung, der zunehmenden Belastung durch chronische Krankheiten, den hohen Kosten, die mit der Entwicklung neuer Technologien einhergehen, den hohen und steigenden Arzneimittelkosten und den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Ausgaben im Gesundheitswesen stehen; in der Erwägung, dass im Jahr 2014 17,1 % der Gesamtkosten im Gesundheitswesen und 1,41 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der EU auf die Arzneimittelbranche entfielen; in der Erwägung, dass es aufgrund dieser Herausforderungen der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene und neuer politischer Maßnahmen auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten bedarf;
C. in der Erwägung, dass Arzneimittel nicht nur reines Handelsobjekt, sondern eine der Säulen des Gesundheitswesens sind, und in der Erwägung, dass der unzureichende Zugang zu unentbehrlichen Arzneimitteln und die hohen Preise innovativer Medikamente die Nachhaltigkeit der nationalen Gesundheitssysteme ernsthaft gefährden;
D. in der Erwägung, dass Patienten Zugang zu der Gesundheitsversorgung und den Behandlungsmethoden ihrer Wahl, einschließlich ergänzender und alternativer Therapien und Arzneimittel, haben sollten;
E. in der Erwägung, dass es eines der Kernziele der EU und der WHO sowie eine der wichtigsten Zielvorgaben des Ziels der VN für nachhaltige Entwicklung Nr. 3 ist, dass Patienten Zugang zu unentbehrlichen Arzneimitteln haben; in der Erwägung, dass der uneingeschränkte Zugang zu Arzneimitteln von ihrer zeitlichen Verfügbarkeit und ihrer allgemeinen, ortsunabhängigen Erschwinglichkeit abhängt;
F. in der Erwägung, dass durch Wettbewerb wesentlich zum allgemeinen Gleichgewicht des Arzneimittelmarktes beigetragen wird und dafür gesorgt werden kann, dass die Kosten und Ausgaben für Arzneimittel sinken und der rasche Zugang der Patienten zu erschwinglichen Arzneimitteln verbessert wird, und zwar unter Einhaltung höherer Qualitätsnormen bei Forschung und Entwicklung;
G. in der Erwägung, dass die Markteinführung von Generika ein wichtiges Mittel ist, um den Wettbewerb anzukurbeln, die Preise zu senken und für ein nachhaltige Gesundheitssysteme zu sorgen; in der Erwägung, dass die Markteinführung von Generika nicht verzögert und der Wettbewerb nicht verzerrt werden sollte;
H. in der Erwägung, dass eine eingehende wettbewerbsrechtliche Prüfung einem gesunden und wettbewerbsfähigen Arzneimittelmarkt zugutekommt;
I. in der Erwägung, dass die Preise für neue Arzneimittel in den letzten Jahrzehnten in vielen Fällen in so hohem Maße gestiegen sind, dass sich zahlreiche Bürger Europas diese Mittel nicht mehr leisten können und die Nachhaltigkeit der nationalen Gesundheitsversorgungssysteme bedroht ist;
J. in der Erwägung, dass außer den hohen Preisen und der Unbezahlbarkeit noch andere Hindernisse für den Zugang zu Arzneimitteln bestehen, zu denen beispielsweise Engpässe bei der Versorgung mit unentbehrlichen und anderen Arzneimitteln, der unzureichende Bezug zwischen dem klinischen Bedarf und der Forschung, der unzureichende Zugang zu Gesundheitsversorgung und Gesundheitspersonal, ungerechtfertigte Verwaltungsverfahren, Verzögerungen zwischen dem Zeitpunkt der Marktzulassung und den Preisfestsetzungs- und Kostenerstattungsentscheidungen, die Nichtverfügbarkeit von Produkten, Patentbestimmungen und finanzielle Einschränkungen gehören;
K. in der Erwägung, dass durch Früherkennung und die kombinierte Behandlung mit neuen und älteren Arzneimitteln erfolgreich gegen Krankheiten wie Hepatitis C vorgegangen werden kann, wodurch Millionen Menschen in der gesamten EU gerettet werden;
L. in der Erwägung, dass von Jahr zu Jahr bei immer mehr Menschen Krebs diagnostiziert wird und dass die Kombination aus der Zunahme der Krebserkrankungen in der Bevölkerung und den neuen technologisch hochwertigen Krebsmedikamenten dazu geführt hat, dass die Gesamtkosten für die Behandlung von Krebs steigen, sodass die Gesundheitsetats so stark belastet werden wie niemals zuvor, die Behandlung für viele Krebspatienten unerschwinglich wird und daraus die Gefahr erwächst, dass die Behandlung krebskranker Patienten bald entscheidend von der Bezahlbarkeit bzw. dem Preis der Arzneimittel abhängt;
M. In der Erwägung, dass die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien eingeführt wurde, um Innovationen in diesem Bereich europaweit voranzubringen und gleichzeitig die Sicherheit zu gewährleisten, dass jedoch bisher nur acht neuartige Therapien zugelassen wurden;
N. in der Erwägung, dass die EU Anreize für die Förderung der Forschung in Bereichen wie beispielsweise seltenen Krankheiten und Kinderkrankheiten einführen musste; in der Erwägung, dass mit der Verordnung über Arzneimittel für seltene Leiden ein grundlegender Rahmen für die Förderung der Erforschung von Arzneimitteln für diese Leiden geschaffen wurde, wodurch ihre Behandlung, für die es vormals keine Alternativen gab, erheblich verbessert wurde, dass es jedoch Bedenken hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung gibt;
O. in der Erwägung, dass die Kluft zwischen der steigenden Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe und der Entwicklung neuer antimikrobieller Wirkstoffe wächst, und in der Erwägung, dass arzneimittelresistente Krankheiten bis 2050 weltweit für 10 Millionen Tote im Jahr verantwortlich sein könnten; in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge in der EU jährlich mindestens 25 000 Menschen an Infektionen sterben, die von resistenten Bakterien hervorgerufen werden, und dadurch jährliche Kosten in Höhe von 1,5 Mrd. EUR entstehen, dass jedoch in den vergangenen vierzig Jahren lediglich eine neue Antibiotika-Klasse entwickelt worden ist;
P. in der Erwägung, dass es in den letzten Jahrzehnten deutliche Fortschritte bei der Therapie von früher unheilbaren Erkrankungen gegeben hat, sodass heute beispielsweise kein Patient in der EU mehr an HIV/Aids sterben muss; in der Erwägung, dass es jedoch noch zahlreiche Krankheiten gibt, die nicht optimal therapiert werden können (darunter Krebs, der in der EU jedes Jahr fast 1,3 Millionen Menschenleben fordert);
Q. in der Erwägung, dass der Zugang zu erschwinglichen und geeigneten Diagnoseverfahren und Impfungen von ebenso entscheidender Bedeutung wie der Zugang zu sicheren, wirksamen und erschwinglichen Arzneimitteln ist;
R. in der Erwägung, dass sich die Behandlung einer breiten Palette von Krankheiten, insbesondere in Bereichen, in denen konventionelle Ansätze versagen, durch Arzneimittel für neuartige Therapien verändern könnte und dass bisher nur wenige Arzneimittel für neuartige Therapien zugelassen worden sind;
S. in der Erwägung, dass bestimmte Medikamente in vielen Mitgliedsstaaten nicht verfügbar sind und dies zu Problemen bei der Patientenversorgung führen kann; in der Erwägung, dass es aufgrund unrechtmäßiger Geschäftsstrategien wie „Pay-for-delay“-Vereinbarungen, politischer Fragen, Problemen bei der Herstellung oder dem Vertrieb oder von Parallelhandel zu Engpässen bei der Versorgung mit Arzneimitteln kommen kann; in der Erwägung, dass Artikel 81 der Richtlinie 2001/83/EG in Form der „gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung“ – gemäß der Hersteller und Händler verpflichtet sind, die Versorgung auf dem nationalen Markt sicherzustellen – Maßnahmen zur Vorbeugung von Arzneimittelknappheit vorsieht; in der Erwägung, dass die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung in vielen Fällen nicht auf die Hersteller angewandt wird, die die Händler beliefern, wie eine Studie im Auftrag der Kommission ergeben hat;
T. in der Erwägung, dass ein stabiler und vorhersehbarer Rahmen für den Schutz des geistigen Eigentums und ein ebensolcher Regelungsrahmen sowie deren ordnungsgemäße und rechtzeitige Umsetzung ausschlaggebend dafür sind, ein innovationsfreundliches Umfeld zu schaffen, in dem der Zugang der Patienten zu innovativen und wirksamen Behandlungsmethoden gefördert wird;
U. in der Erwägung, dass mit dem Recht des geistigen Eigentums ein Nutzen für die Gesellschaft erbracht und Innovation gefördert werden soll, und in der Erwägung, dass Bedenken mit Blick auf einen Missbrauch oder eine Zweckentfremdung dieses Rechts bestehen;
V. in der Erwägung, dass seit 1995 im WTO-Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) bei Patentrechten Flexibilitätsbestimmungen wie z. B. Zwangslizenzen vorgesehen sind;
W. in der Erwägung, dass das im Jahr 2014 von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) initiierte Pilotprojekt „Adaptive Pathways“ (adaptive Markteinführung), welches in erster Linie für Bereiche mit hohem ungedecktem medizinischen Bedarf konzipiert worden ist, eine lebhafte Debatte über das Risiko-Nutzen-Verhältnis einer früheren Marktzulassung für innovative Arzneimittel, zu denen es weniger klinische Daten gibt, ausgelöst hat;
X. in der Erwägung, dass der Schutz des geistigen Eigentums im Zusammenhang mit dem Zugang zu Arzneimitteln wesentlich ist, und in der Erwägung, dass Mechanismen ermittelt werden müssen, über die dazu beigetragen wird, gegen Arzneimittelfälschungen vorzugehen;
Y. in der Erwägung, dass vor einigen Jahren im Rahmen eines hochrangigen europäischen Dialogs, in den die Entscheidungsträger und die wichtigsten Akteure der Gesundheitsbranche eingebunden waren (die „G10“ in den Jahren 2001 und 2002 und das „Arzneimittelforum“ von 2005 bis 2008), beschlossen wurde, eine gemeinsame strategische Sichtweise auszuarbeiten und konkrete Maßnahmen zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit der Pharmabranche einzuleiten;
Z. in der Erwägung, dass lediglich 3 % der Mittel im Gesundheitswesen für Maßnahmen zur Vorsorge und zur Förderung der öffentlichen Gesundheit aufgewendet werden;
AA. in der Erwägung, dass die Preisfestsetzung und die Kostenerstattung von Arzneimitteln in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen und auf nationaler Ebene geregelt sind; in der Erwägung, dass die EU-Rechtsvorschriften über die Rechte des geistigen Eigentum, klinische Tests, die Marktzulassung, die Transparenz bei der Festlegung von Preisen, die Pharmakovigilanz und den Wettbewerb vorsehen; in der Erwägung, dass die steigenden Ausgaben in der Arzneimittelbranche sowie die beobachteten Asymmetrien bei Verhandlungskapazitäten und Informationen über die Preisbildung zwischen den Pharmaunternehmen und den Mitgliedstaaten eine stärkere Zusammenarbeit und neue politische Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene erfordern; in der Erwägung, dass die Arzneimittelpreise üblicherweise im Wege von bilateralen und vertraulichen Verhandlungen zwischen der Pharmaindustrie und den Mitgliedstaaten ausgehandelt werden;
AB. in der Erwägung, dass die meisten Mitgliedstaaten über eigene Stellen für die Bewertung von Gesundheitstechnologien mit jeweils eigenen Kriterien verfügen;
AC. in der Erwägung, dass das Parlament und der Rat gemäß Artikel 168 AEUV Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel einführen können, um den gemeinsamen Sicherheitsanliegen Rechnung zu tragen, und in der Erwägung, dass gemäß Artikel 114 Absatz 3 AEUV im Gesundheitsbereich bei Rechtsetzungsvorschlägen von einem hohen Schutzniveau ausgegangen werden soll;
Arzneimittelmarkt
1. teilt die Bedenken, die in den Schlussfolgerungen des Rates zur Verstärkung der Ausgewogenheit der Arzneimittelsysteme in der EU und ihren Mitgliedstaaten geäußert werden;
2. begrüßt die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juni 2016, in denen die Kommission ersucht wird, eine faktengestützte Analyse der gesamten Auswirkungen der Rechte des geistigen Eigentums auf Innovationen sowie auf die Verfügbarkeit – etwa Lieferengpässe und verzögerte oder versäumte Markeinführungen – und den Zugang von Arzneimitteln durchzuführen;
3. weist erneut darauf hin, dass das Recht auf Gesundheit ein Menschenrecht ist, das sowohl in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als auch im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte anerkannt wird, und dass dieses Recht in allen Mitgliedstaaten zum Tragen kommt, da diese internationale Menschenrechtsverträge ratifiziert haben, in denen das Recht auf Gesundheit anerkannt wird; weist darauf hin, dass der Zugang zu Arzneimitteln eine der Voraussetzungen für die Wahrung dieses Rechts ist;
4. würdigt den Wert von Bürgerinitiativen wie der auf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beruhenden Europäischen Charta für Patientenrechte und des Europäischen Tags der Patientenrechte, der jedes Jahr am 18. April auf lokaler und nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten begangen wird; ersucht die Kommission, den Europäischen Tag der Patientenrechte auf Unionsebene zu institutionalisieren;
5. weist auf die Schlussfolgerungen der informellen Tagung des Rates der Gesundheitsminister hin, die am 22. und 23. September 2014 unter dem italienischen Ratsvorsitz in Mailand stattfand und auf der sich viele Mitgliedstaaten darin einig waren, dass gemeinsame Anstrengungen unternommen werden müssen, um den Austausch über bewährte Verfahren zu erleichtern und den Patienten einen schnelleren Zugang zu ermöglichen;
6. betont, dass alle Politikbereiche der EU (allgemeine Gesundheit der Bevölkerung, Entwicklung, Forschung und Handel) aufeinander abgestimmt werden müssen und dass die Frage des Zugangs zu Arzneimitteln in den Entwicklungsländern daher in einem breiteren Kontext gesehen werden muss;
7. hebt hervor, dass es wichtig ist, dass im Bereich FuE öffentliche und private Anstrengungen unternommen werden, um neue Behandlungsformen zu entwickeln; betont, dass in der Forschung vorrangig den medizinischen Bedürfnissen von Patienten Rechnung getragen werden muss, erkennt zugleich an, dass Pharmaunternehmen ein Interesse daran haben, mit ihren Investitionen Rendite zu erwirtschaften; unterstreicht, dass der Regelungsrahmen so gestaltet sein muss, dass sich mit Blick auf die Patienten und das Allgemeinwohl das bestmögliche Ergebnis erzielen lässt;
8. unterstreicht, dass sich der hohe Anteil an öffentlichen Mitteln in der FuE nicht in den Preisen widerspiegelt, was daran liegt, dass sich die öffentlichen Mittel in den Bedingungen für die Patentierung und die Lizenzerteilung nicht nachverfolgen lassen und die öffentlichen Investitionen der Öffentlichkeit somit keine faire Rendite bringen;
9. fordert mehr Transparenz in Bezug auf die Kosten im Bereich FuE, auch was den Anteil der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Forschung und die Vermarktung von Arzneimitteln betrifft;
10. unterstreicht die Rolle europäischer Forschungsprojekte und KMU bei der Verbesserung des Zugangs zu Arzneimitteln auf EU-Ebene; hebt in dieser Hinsicht die Rolle von Horizont 2020 hervor;
11. weist darauf hin, dass die EU-Arzneimittelbranche eine der wettbewerbsfähigsten Industrien in der Union ist; betont, dass die Aufrechterhaltung einer hohen Qualität bei den Innovationen unerlässlich ist, um den Bedürfnissen der Patienten Rechnung zu tragen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern; hebt hervor, dass Ausgaben im Bereich der Gesundheitsversorgung als öffentliche Investitionen erachtet werden sollten und dass hochwertige Arzneimittel zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit beitragen und Patienten ein längeres und gesünderes Leben zu ermöglichen können;
12. unterstreicht, dass die Arzneimittelbranche in einer Europäischen Union, die unter der Deindustrialisierung leidet, auch künftig ein grundlegender Stützpfeiler der Industrie und ein Motor für die Schaffung von Arbeitsplätzen sein wird;
13. ist der Ansicht, dass die Meinungen der europäischen Bürger, die in Form von Petitionen an das Europäische Parlament herangetragen werden, von grundlegender Bedeutung sind und von den europäischen Rechtsetzungsinstanzen vorrangig behandelt werden sollten;
14. betont, dass Patientenorganisationen besser in die Festlegung der Forschungsstrategien für öffentliche klinische Prüfungen eingebunden werden sollten, damit diese den tatsächlichen unerfüllten Bedürfnissen der europäischen Patienten entsprechen;
15. weist darauf hin, dass es bei medizinischen Versorgungslücken im Interesse der Patienten ist, raschen Zugang zu innovativen Arzneimitteln zu erhalten; betont jedoch, dass die Beschleunigung von Markzulassungen nicht zur Regel werden, sondern nur bei wesentlichen medizinischen Versorgungslücken genutzt werden sollte und nicht gewerblich motiviert sein darf; weist darauf hin, dass es zur Bewertung der Qualität, der Wirksamkeit und der Sicherheit neuer Arzneimittel solider klinische Prüfungen und einer sorgfältigen Pharmakovigilanz-Überwachung bedarf;
16. nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass 5 % aller Krankenhauseinweisungen in der EU auf Nebenwirkungen zurückgehen, die überdies die fünfthäufigste Todesursache in Krankenhäusern sind;
17. erinnert an die Erklärung zum TRIPS-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit, die am 14. November 2001 in Doha angenommen wurde und in der darauf hingewiesen wird, dass das TRIPS-Übereinkommen zu Gunsten der öffentlichen Gesundheit umgesetzt und ausgelegt werden sollte – wobei sowohl der Zugang zu bestehenden Arzneimitteln als auch die Entwicklung neuer Arzneimittel gefördert werden sollten; nimmt unter diesem Aspekt den Beschluss des TRIPS-Rates der WTO vom 6. November 2015 zur Kenntnis, die Ausnahmeregelung für Arzneimittelpatente für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) bis Januar 2033 zu verlängern;
18. hebt hervor, dass im Bereich der Arzneimittelforschung in den Entwicklungsländern unbedingt lokale Kapazitäten aufgebaut werden müssen, um die beständige Forschungslücke durch öffentlich-private Partnerschaften zur Produktentwicklung und durch die Einrichtung offener Forschungs- und Produktionszentren zu schließen und so die Herstellung von Arzneimitteln voranzutreiben;
Wettbewerb
19. bedauert die Streitfälle, die auf eine Verzögerung der Markteinführung von Generika abzielen; weist darauf hin, dass sich laut dem Abschlussbericht der Kommission über ihre Untersuchung der Arzneimittelbranche die Zahl dieser Streitfälle zwischen 2000 und 2007 vervierfacht hat, wobei die Fälle zu annähernd 60 % Patente der zweiten Generation betreffen und ihre Schlichtung durchschnittlich zwei Jahre dauert;
20. betont, dass eine bessere Regulierung der Wettbewerbsfähigkeit zuträglich ist; weist außerdem auf die große Bedeutung und die Wirksamkeit kartellrechtlicher Instrumente für die Bekämpfung wettbewerbsverzerrender Verhaltensweisen wie beispielsweise des Missbrauchs oder der Zweckentfremdung von Patentregelungen und der Regelung für die Zulassung von Arzneimitteln hin, was einen Verstoß gegen Artikel 101 und/oder Artikel 102 AEUV darstellt;
21. weist darauf hin, dass Biosimilars den Wettbewerb ankurbeln, Preissenkungen begünstigen und den Gesundheitssystemen Einsparungen ermöglichen und folglich dazu beitragen, den Zugang von Patienten zu Arzneimitteln zu verbessern; betont, dass der Mehrwert von Biosimilars und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme untersucht und ihre Markteinführung nicht verzögert werden sollte und dass, sofern erforderlich, Maßnahmen zur Förderung ihrer Markteinführung geprüft werden sollten;
22. hebt hervor, dass eine wertorientierte Preisgestaltung bei Arzneimitteln als Gewinnmaximierungsstrategie missbraucht werden kann, was wiederum zur Festlegung von Preisen führt, die der Kostenstruktur nicht angemessen sind, und der optimalen Verteilung von Sozialleistungen zuwiderläuft;
23. erkennt an, dass die Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereiches einen Nutzen für die Patienten haben kann, wenn es keine zugelassenen Alternativen gibt; weist jedoch mit Besorgnis darauf hin, dass Patienten hierbei zusätzlichen Risiken ausgesetzt sind, da keine tragfähige faktengesicherte Grundlage vorliegt, die die Sicherheit und Wirksamkeit der zulassungsüberschreitenden Anwendung belegen würde, keine aufgeklärte Einwilligung vorliegt und es schwieriger ist, Nebenwirkungen zu überwachen; betont, dass bestimmte Teilgruppen der Bevölkerung wie Kinder und ältere Menschen dieser Praxis besonders stark ausgesetzt sind;
Preisfestsetzung und Transparenz
24. weist darauf hin, dass die Patienten das schwächste Glied in der Kette beim Zugang zu Arzneimitteln sind und dass sich die mit diesem Zugang verbundenen Schwierigkeiten nicht negativ auf die Patienten auswirken dürfen;
25. betont, dass die meisten nationalen und regionalen Stellen für die Bewertung von Gesundheitstechnologien bereits auf verschiedene Kriterien des klinischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzens zurückgreifen, wenn sie neue Arzneimittel bewerten, um damit die Preisfestsetzungs- und Erstattungsentscheidungen zu unterstützen;
26. hält es für geboten, dass der tatsächliche therapeutische nachgewiesene Zusatznutzen neuer Arzneimittel gemessen an der besten verfügbaren Alternative bewertet wird;
27. ist besorgt darüber, dass häufig nur wenige Daten vorliegen, anhand derer sich der Mehrwert innovativer Arzneimittel bewerten ließe, und dass die vorhandenen Daten es häufig nicht zulassen, sachkundige Preisfestsetzungsentscheidungen zu treffen;
28. betont, dass die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) ein wichtiges und wirksames Instrument zur Verbesserung des Zugangs zu Arzneimitteln sein muss, das zur Nachhaltigkeit der nationalen Gesundheitssysteme beiträgt, Anreize für Innovationen schafft und über einen hohen therapeutischen Mehrwert für Patienten verfügt; hebt außerdem hervor, dass mit der Einführung gemeinsamer HTA auf EU-Ebene einer Fragmentierung der Bewertungssysteme, Doppelarbeit und der Fehlallokation von Ressourcen in der EU vorgebeugt würde;
29. weist darauf hin, dass Technologien multidisziplinär bewertet werden müssen und dass hierbei systematisch, unabhängig, objektiv, hochwertig, nachvollziehbar und transparent den medizinischen, sozialen, wirtschaftlichen und ethischen Aspekten des Einsatzes von Technologien im Gesundheitswesen Rechnung getragen werden muss, damit auf die Patienten ausgerichtete, sichere und wirksame gesundheitspolitische Maßnahmen ausgearbeitet werden können und die größtmögliche Effizienz erzielt werden kann;
30. ist der Ansicht, dass der Preis eines Arzneimittels dessen Entwicklungs- und Herstellungskosten decken, an die jeweilige wirtschaftliche Lage der Länder in denen es vertrieben wird, angepasst werden, im Einklang mit seinem therapeutischen Mehrwert für Patienten stehen sowie den Zugang von Patienten, eine nachhaltige Gesundheitsversorgung und die Belohnung von Innovationen gewährleisten sollte;
31. weist darauf hin, dass der Preis auch dann nicht den dauerhaften Zugang zu Arzneimitteln in der EU verhindern sollte, wenn ein Arzneimittel einen bedeutenden Zusatznutzen aufweist;
32. vertritt die Auffassung, dass der tatsächliche therapeutische Zusatznutzen eines Arzneimittels, die sozialen Auswirkungen, der Kostenvorteil, die Haushaltsauswirkungen und die Wirksamkeit für das öffentliche Gesundheitswesen in Betracht gezogen werden müssen, wenn Preise und Erstattungsverfahren für Arzneimittel festgelegt werden;
33. ist besorgt darüber, dass in den Mitgliedstaaten mit niedrigem Einkommen, die ja in den Verhandlungen schlechter gestellt sind, insbesondere Arzneimittel für onkologische Erkrankungen im Verhältnis weniger erschwinglich sind; bedauert vor dem Hintergrund des internationalen Referenzpreissystems die fehlende Transparenz in Bezug auf das Verhältnis von Listenpreisen für Arzneimittel zu den tatsächlichen Preisen und die Informationsasymmetrie, die dadurch in den Verhandlungen zwischen der Industrie und den nationalen Gesundheitssystemen auftritt;
34. weist darauf hin, dass die Richtlinie 89/105/EWG („Transparenzrichtlinie“) in den letzten 20 Jahren nicht überarbeitet wurde, obwohl die Arzneimittelregelungen in der EU bedeutenden Umwälzungen unterworfen waren;
35. hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass unabhängige Verfahren der Datenerhebung und Datenanalyse zum Einsatz kommen müssen und Transparenz gegeben sein muss;
36. weist darauf hin, dass das EURIPID-Projekt von den Mitgliedstaaten transparenter gestaltet werden muss, damit die tatsächlich von ihnen gezahlten Preise einsehbar sind;
37. ist der Ansicht, dass bei der Prävention von Krankheiten ein strategischer Durchbruch erzielt werden muss, zumal dies wohl ein Schlüssel dafür ist, dass weniger Arzneimittel eingenommen werden und zugleich die Gesundheit in hohem Maße geschützt wird; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Rechtsvorschriften zur Förderung der nachhaltigen Lebensmittelerzeugung zu stärken und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um gesunde und sichere Lebensgewohnheiten wie eine gesunde Ernährung zu fördern;
Zuständigkeiten der EU und Zusammenarbeit
38. weist darauf hin, dass nach Artikel 168 AEUV bei der Festlegung und Durchführung aller Unionspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden muss;
39. betont, dass es wichtig ist, die Transparenz zu verstärken und die freiwillige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Preisfestsetzung und Kostenerstattung für Arzneimittel auszubauen, damit für die Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgungssysteme gesorgt ist und die Rechte der europäischen Bürger auf Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung gewahrt werden;
40. weist darauf hin, dass die Transparenz in sämtlichen Einrichtungen und Agenturen der EU und der Einzelstaaten für das reibungslose Funktionieren der Demokratie von größter Bedeutung ist und dass am Zulassungsverfahren beteiligte Sachverständige keinem Interessenkonflikt unterliegen sollten;
41. begrüßt Initiativen wie die Initiative Innovative Arzneimittel (IMI), durch die die Privatwirtschaft und der öffentliche Sektor zusammenkommen, um die Forschung anzuregen und den Patienten schneller Zugang zu innovativen Behandlungsformen, mit denen medizinische Versorgungslücken geschlossen werden, zu verschaffen; bedauert jedoch, dass die Kapitalrendite öffentlicher Investitionen gering ist, da es keine Bedingungen für den Zugang zu öffentlichen Finanzmitteln der EU gibt; weist außerdem darauf hin, dass die Initiative IMI 2 (die zweite und derzeit laufende Phase der IMI) größtenteils durch die EU-Steuerzahler finanziert wird, und betont, dass die EU eine stärkere Führungsrolle einnehmen muss, wenn es darum geht, bei Forschungsarbeiten im Rahmen der IMI 2 den Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit Vorrang einzuräumen und dafür zu sorgen, dass ein umfassender Informationsaustausch stattfindet, die Belange der öffentlichen Gesundheit im Zusammenhang mit Fragen des geistigen Eigentums berücksichtigt werden, auf Transparenz geachtet wird und Investitionen der Öffentlichkeit faire Rendite bringen;
42. hebt das für die Beschaffung von Impfstoffen gemäß dem Beschluss Nr. 1082/2013/EU genutzte EU-Verfahren für die gemeinsame Beschaffung von Arzneimitteln hervor; fordert die Mitgliedstaaten auf, von diesem Instrument uneingeschränkt Gebrauch zu machen, beispielsweise im Falle von Versorgungsengpässen bei Kinderimpfstoffen;
43. stellt mit Besorgnis fest, dass die EU im Hinblick auf einen standardisierten und transparenten Mechanismus für die Berichterstattung über die Ursachen von Arzneimittelversorgungsengpässen hinter den USA zurückliegt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ein derartiges Instrument für faktengestützte Politikgestaltung vorzuschlagen und einzuführen;
44. bekräftigt, wie wichtig die Agenda für e-Gesundheit ist und dass die Entwicklung und Umsetzung von eHealth- und mHealth-Lösungen vorrangig behandelt werden müssen, damit zugunsten der Patienten, Pflegekräfte, Angehörigen der Gesundheitsberufe und Kostenträger für sichere, verlässliche, zugängliche, moderne und tragfähige neue Gesundheitsversorgungsmodelle gesorgt wird;
45. weist darauf hin, dass die am wenigsten entwickelten Länder am stärksten von armutsbedingten Krankheiten – allen voran HIV/AIDS, Malaria, Tuberkulose, Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane, Infektions- und Hautkrankheiten – betroffen sind;
46. hebt hervor, dass der Zugang von Frauen und Kindern zu Arzneimitteln in Entwicklungsländern eingeschränkter als der erwachsener Männer ist, da eine Behandlung weder verfügbar noch zugänglich oder erschwinglich und angesichts einer Diskriminierung aus kulturellen, religiösen und sozialen Gründen auch nicht hinnehmbar ist und die Qualität der Gesundheitseinrichtungen zu wünschen übrig lässt;
47. hält es für wichtig, die Krise zu bewältigen, die sich infolge der zunehmenden Antibiotikaresistenzen anbahnt – zumal weltweit an keiner Infektionskrankheit mehr Menschen sterben als an Tuberkulose und ihre gefährlichste Form die mehrfach arzneimittelresistente ist – und zur Bewältigung der Krise u. a. die Forschung zu fördern und neue Instrumente zur Verabreichung von Impfstoffen und zur Diagnose und Behandlung von Tuberkulose zu entwickeln und zugleich darauf zu achten, dass diese dauerhaft zugänglich und erschwinglich sind, damit niemand alleingelassen wird;
Geistiges Eigentum sowie Forschung und Entwicklung (FuE)
48. weist darauf hin, dass die Rechte des geistigen Eigentums eine Ausschließlichkeitsfrist vorsehen, die von den zuständigen Behörden sorgfältig und wirksam reguliert, überwacht und umgesetzt werden muss, um einem Konflikt mit dem Grundrecht auf den Schutz der Gesundheit vorzubeugen und hochwertige Innovationen sowie die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern; betont, dass das Europäische Patentamt (EPA) und die Mitgliedstaaten nur dann Patente auf Arzneimittel erteilen sollten, wenn die im Europäischen Patentübereinkommen verankerten Voraussetzungen für die Patentierbarkeit – Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit – genauestens erfüllt werden;
49. betont, dass es sich bei einigen neuen Arzneimitteln zwar um Beispiele bahnbrechender Innovationen handelt, andere hingegen keinen ausreichenden therapeutischen Mehrwert aufweisen, um sie als echte Innovationen einzustufen (Analog-Wirkstoffe); weist darauf hin, dass Anschlussinnovationen ebenfalls von Nutzen für Patienten sein könnten und dass die Umfunktionierung und Neuzusammensetzung bekannter Moleküle einen therapeutischen Mehrwert haben könnten, der sorgfältig geprüft werden sollte; warnt vor einem möglichen Missbrauch der Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums, mit denen sich der Patentschutz künstlich verlängern und Wettbewerb verhindern lässt;
50. erkennt die positive Wirkung der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 über Arzneimittel für seltene Leiden an, dank der viele innovative Medikamente für Patienten, für die es bis dato keine Behandlung gab, auf den Markt gebracht werden konnten; weist auf die Bedenken hin, was eine möglicherweise falsche Anwendung der Kennzeichnungskriterien für Arzneimittel für seltene Leiden und die möglichen Folgen für eine zunehmende Zahl an Zulassungen derartiger Arzneimittel betrifft; erkennt an, dass Arzneimittel für seltene Leiden auch zulassungsüberschreitend angewendet, umgewidmet und für zusätzliche Behandlungszwecke zugelassen werden könnten, um die Verkaufszahlen zu steigern; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass ausgewogene Anreize geschaffen werden, ohne die Innovationsbereitschaft in diesem Bereich zu bremsen; betont, dass die Bestimmungen der Verordnung über Arzneimittel für seltene Leiden nur dann gelten sollten, wenn alle einschlägigen Kriterien erfüllt sind;
51. weist darauf hin, dass im TRIPS-Übereinkommen der WTO bei Patentrechten Flexibilitätsbestimmungen wie z. B. Zwangslizenzen vorgesehen sind, mit denen die Preise tatsächlich gesenkt wurden; weist darauf hin, dass diese Flexibilitätsbestimmungen in Ausnahmefällen, die in jedem Mitgliedstaat der WTO gesetzlich festgelegt sind, als wirksames Instrument zur Bewältigung von Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden können, um in der Lage zu sein, im Rahmen der nationalen Programme im Bereich der öffentlichen Gesundheit unentbehrliche Arzneimittel zu erschwinglichen Preisen anzubieten und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und zu fördern;
Empfehlungen
52. fordert nationale und EU-weite Maßnahmen zum Schutz des Rechts der Patienten auf einen universellen, erschwinglichen, wirksamen, sicheren und raschen Zugang zu grundlegenden und innovativen Behandlungsformen, zur Gewährleistung der Überlebensfähigkeit der Gesundheitssysteme in der EU und zur Sicherung der künftigen Investitionen in pharmazeutische Innovationen; betont, dass der Zugang der Patienten zu Medizinprodukten die gemeinsame Verantwortung aller Akteure des Gesundheitsversorgungssystems ist;
53. fordert den Rat und der Kommission auf, die Verhandlungsposition der Mitgliedstaaten zu stärken, um für einen erschwinglichen Zugang zu Arzneimitteln in der gesamten EU zu sorgen;
54. weist auf den Bericht der vom UN-Generalsekretär eingesetzten hochrangigen Gruppe für den Zugang zu Arzneimitteln hin;
55. weist darauf hin, dass Umwidmungen bestehender Arzneimittel für neue Anwendungsbereiche mit Preiserhöhungen einhergehen können; fordert die Kommission auf, Daten über Preiserhöhungen im Zusammenhang mit der Umwidmung von Arzneimitteln zu sammeln und auszuwerten und dem Parlament sowie dem Rat über die Ausgewogenheit und Verhältnismäßigkeit der Anreize Bericht zu erstatten, mit denen die Industrie darin bestärkt wird, in die Umwidmung von Arzneimitteln zu investieren;
56. fordert die Mitgliedstaaten auf, enger zusammenzuarbeiten, um einer solchen Marktfragmentierung entgegenzuwirken, und zwar indem sie gemeinsame Verfahren und Ergebnisse zur Bewertung von Gesundheitstechnologien entwickeln und gemeinsame Kriterien für Preis- und Kostenerstattungsentscheidungen auf einzelstaatlicher Ebene ausarbeiten;
57. fordert die Kommission auf, die Transparenzrichtlinie zu überarbeiten und dabei vor allem darauf zu achten, dass Generika und Biosimilars zeitnah in Verkehr gebracht werden, Patentverknüpfungen (patent linkage) im Einklang mit den Leitlinien der Kommission ein Ende gesetzt wird, Preisfestsetzungs- und Kostenerstattungsentscheidungen für Generika zügiger getroffen werden und die Mehrfachbewertung der Gründe für eine Marktzulassung unterbunden wird; ist der Ansicht, dass sich dadurch größtmögliche Einsparungen in den einzelstaatlichen Gesundheitsetats erzielen lassen, Arzneimittel erschwinglicher und den Patienten schneller zugänglich gemacht werden und sich der Verwaltungsaufwand für Hersteller von Generika und Biosimilars verringern wird;
58. fordert die Kommission auf, eine neue Richtlinie über die Transparenz bei den Verfahren zur Preisfestsetzung und bei den Erstattungsregelungen vorzuschlagen und hierbei den Herausforderungen des Marktes Rechnung zu tragen;
59. fordert eine neue Transparenzrichtlinie, die die Richtlinie 89/105/EWG ersetzt und mit der für wirksame Kontrollen und uneingeschränkte Transparenz bei den Verfahren zur Bestimmung der Preise und der Kostenerstattung für Arzneimittel in den Mitgliedstaaten gesorgt wird;
60. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung auf gerechte Weise umzusetzen und dafür zu sorgen, dass es keine Einschränkungen bei der Anwendung der Vorschriften über die Kostenerstattung für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, z. B. im Falle von Arzneimitteln, gibt, da dies eine Form der willkürlichen Diskriminierung bzw. ein ungerechtfertigtes Hindernis für die Freizügigkeit darstellen könnte;
61. fordert die Kommission auf, die Durchführung der Richtlinie 2011/24/EU in den Mitgliedstaaten wirksam zu überwachen und zu bewerten und eine formelle Bewertung dieser Richtlinie zu planen und vorzunehmen, bei der auch etwaigen Beschwerden, Verstößen und allen Durchführungsmaßnahmen Rechnung getragen wird;
62. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, an dem nicht gedeckten Bedarf der Patienten orientierte FuE wie zum Beispiel die Erforschung neuer antimikrobieller Wirkstoffe zu fördern, die Verwendung öffentlicher Mittel für die Forschung im Gesundheitswesen wirksam und effizient zu koordinieren und die soziale Verantwortung in der Pharmabranche zu fördern;
63. fordert die Mitgliedstaaten auf, an bestehende Initiativen in der EU anzuknüpfen, mit dem unabhängige Forschung in Bereichen gefördert werden soll, die von Interesse für die nationalen Gesundheitsdienste sind und die in der kommerziellen Forschung nur unzureichend berücksichtigt werden (z. B. Antibiotikaresistenzen), und mit dem Forschung für Patientenpopulationen wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen betrieben werden soll, die in der Regel von klinischen Prüfungen ausgeschlossen sind;
64. hebt hervor, dass die Vereinten Nationen unlängst die Gefahr einer zunehmenden Antibiotikaresistenz und das unmittelbare Risiko einer Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe anerkannt haben; fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe zu verstärken, die FuE auf diesem Gebiet zu fördern und einen neuen und umfassenden EU-Aktionsplan auf der Grundlage des „Eine Gesundheit“-Konzepts vorzulegen;
65. weist darauf hin, dass sich die Anreize in der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 über Kinderarzneimittel nicht als wirksam erwiesen haben, um insbesondere in den Bereichen Onkologie und Neonatologie Innovationen bei Kinderarzneimitteln voranzutreiben; fordert die Kommission auf, die bestehenden Hindernisse zu untersuchen und Maßnahmen vorzuschlagen, mit denen sich in diesem Bereich Fortschritte erzielen lassen;
66. fordert die Kommission auf, richtungsweisende Initiativen für die öffentliche und private Forschung zu fördern, damit innovative Arzneimittel für die Behandlung von Krankheitsbildern, die bei Kindern auftreten, entwickelt werden;
67. fordert die Kommission auf, die Arbeit an dem gemäß Artikel 50 der Verordnung über Kinderarzneimittel erforderlichen Bericht unverzüglich aufzunehmen und die Rechtsvorschriften abzuändern, um gegen den Mangel an Innovationen bei Behandlungsformen in der pädiatrischen Onkologie vorzugehen, indem die Kriterien für die Gewährung von Ausnahmeregelungen für pädiatrische Prüfkonzepte überarbeitet werden und dafür gesorgt wird, dass pädiatrische Prüfkonzepte in der frühen Phase der Arzneimittelentwicklung eingesetzt werden, damit Kinder nicht länger als erforderlich auf den Zugang zu innovativen neuen Behandlungsformen warten müssen;
68. fordert die Kommission auf, die öffentliche und private Erforschung von Arzneimitteln an Patientinnen zu fördern, damit das geschlechtsspezifische Ungleichgewicht bei der Forschung und Entwicklung behoben wird und damit alle Bürger in den Genuss eines gerechteren Zugangs zu Arzneimitteln kommen;
69. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten eindringlich auf, strategische Pläne zur Gewährleistung des Zugangs zu lebensrettenden Arzneimitteln zu verabschieden; spricht sich in diesem Zusammenhang dafür aus, dass in Zusammenarbeit und unter Verwendung von Instrumenten wie einer gemeinsamen europäischen Auftragsvergabe ein Plan zur Ausrottung von Hepatitis C in der EU entwickelt wird;
70. fordert, dass die Rahmenbedingungen im Bereich der Forschung und im Bereich der Arzneimittelpolitik so gesetzt werden, dass Innovationen gefördert werden, insbesondere bei Erkrankungen wie Krebs, die noch nicht oder nicht ausreichend behandelt werden können;
71. fordert die Kommission auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Entwicklung von und den Zugang der Patienten zu Arzneimitteln für neuartige Therapien zu fördern;
72. fordert die Kommission auf, die Gesamtauswirkungen der Rechte des geistigen Eigentums auf Innovationen und auf den Zugang von Patienten zu Arzneimitteln zu analysieren, indem sie eine umfassende und objektive Studie in Auftrag gibt, wie dies in den Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juni 2016 gefordert wurde, und im Rahmen dieser Studie ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen von ergänzenden Schutzzertifikaten für Arzneimittel, des Unterlagenschutzes und der Marktexklusivität auf die Qualität von Innovationen und die Wettbewerbsfähigkeit zu richten;
73. fordert die Kommission auf, die Umsetzung des Regelungsrahmens für Arzneimittel für seltene Leiden (insbesondere in Bezug auf das Konzept medizinischer Versorgungslücken, die Frage, wie dieses Konzept auszulegen ist, und die Frage, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit medizinische Versorgungslücken erkannt werden) zu bewerten, Leitlinien für vorrangige medizinische Versorgungslücken vorzulegen, die bestehenden Anreizprogramme, mit denen die Entwicklung wirksamer, unbedenklicher und erschwinglicher Arzneimittel für seltene Krankheiten erleichtert werden soll, gegenüber der besten verfügbaren Alternative zu prüfen, das europäische Verzeichnis seltener Krankheiten und Referenzzentren zu fördern und sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden;
74. begrüßt die Rechtsvorschriften im Bereich Pharmakovigilanz von 2010 und 2012; fordert die Kommission, die EMA und die Mitgliedstaaten auf, die Umsetzung der Pharmakovigilanz-Vorschriften weiter zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten sowie die Überprüfung der Wirksamkeit und der Nebenwirkungen der Arzneimittel nach ihrer Zulassung zu garantieren;
75. fordert die Kommission auf, mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und mit Interessenträgern zusammenzuarbeiten, um Verhaltensregeln für die verpflichtende Berichterstattung über unerwünschte Ereignisse und die Ergebnisse der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln sowie Patientenregister einzuführen, damit die faktengesicherte Grundlage gestärkt und die Risiken für die Patienten abgeschwächt werden;
76. fordert die Kommission auf, offene Daten zur Forschung an Arzneimitteln, wenn dafür öffentliche Gelder verwendet wurden, zu fördern und Bedingungen wie zum Beispiel erschwingliche Preise und die Nichtausschließlichkeit oder auch das Miteigentum am geistigen Eigentum bei Projekten durchzusetzen, die mit öffentlichen Finanzmitteln der EU wie zum Beispiel aus Horizont 2020 und IMI finanziert wurden;
77. fordert die Kommission auf, bei der Zulassung und der Bewertung von Innovationen ethisches Handeln und Transparenz in der Arzneimittelbranche zu fördern, insbesondere, was klinische Tests und die tatsächlichen Kosten von FuE betrifft;
78. nimmt zur Kenntnis, dass die adaptive Markteinführung genutzt wird, um Patienten einen schnelleren Zugang zu Arzneimitteln zu ermöglichen; weist auf die größere Unsicherheit hinsichtlich der Sicherheit und Wirksamkeit eines neuen Medikaments bei seiner Markteinführung hin; hebt die von Angehörigen der Gesundheitsberufe, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Regulierungsbehörden geäußerten Bedenken hinsichtlich der adaptiven Markteinführung hervor; betont, dass die ordnungsgemäße Umsetzung des Systems zur Überwachung im Anschluss an das Inverkehrbringen unerlässlich ist; ist der Ansicht, dass die adaptive Markteinführung auf besondere Fälle eines hohen ungedeckten medizinischen Bedarfs beschränkt werden sollte, und fordert die Kommission und die EMA auf, Leitlinien zum Schutz der Patientensicherheit vorzulegen;
79. fordert die Kommission auf, zu gewährleisten, dass bei jedem beschleunigten Zulassungsverfahren eine umfassende Bewertung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit vorgenommen wird, sicherzustellen, dass derartige Zulassungen auf dem Konzept der Zulassung mit Auflagen beruhen und nur in Ausnahmefällen, in denen eine eindeutige medizinische Versorgungslücke ermittelt wurde, erteilt werden, und dafür zu sorgen, dass die Überwachung der Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit im Anschluss an die Zulassung auf einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren beruht;
80. ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, einen Rahmen für die Förderung, Sicherstellung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Einsatzes von Generika und Biosimilars zu schaffen, indem sie deren schnellere Markteinführung gewährleistet und unfaire Praktiken im Sinne der Artikel 101 und 102 AEUV überwacht, und alle zwei Jahre einen Bericht hierüber vorzulegen; ersucht die Kommission ferner, Vereinbarungen zur Streitbeilegung in Patentfragen zwischen Originalpräparateherstellern und Generikaherstellern genau zu beobachten, da sie dazu missbraucht werden könnten, die Markteinführung von Generika einzuschränken;
81. fordert die Kommission auf, die Überwachung und Untersuchung möglicher Fälle von Marktmissbrauch gemäß Artikel 101 und 102 AEUV (unter anderem sogenannte „Pay-for-delay“-Vereinbarungen, überhöhte Preise und andere Formen der Marktbeschränkung, die insbesondere auf in der EU tätige Pharmaunternehmen zutreffen) fortzusetzen und sofern möglich zu intensivieren;
82. fordert die Kommission auf, eine SPC-Ausnahmeregelung für die Herstellung in die Verordnung (EG) Nr. 469/2009 aufzunehmen, damit in Europa Generika und Biosimilars hergestellt werden können, die in Länder ausgeführt werden sollen, in denen keine ergänzenden Schutzzertifikate für Arzneimittel vorliegen bzw. diese bereits abgelaufen sind, ohne dass dadurch die Ausschließlichkeit unterlaufen würde, die gemäß SPC-System auf geschützten Märkten gewährleistet wird; ist der Ansicht, dass solche Bestimmungen dem Zugang zu hochwertigen Arzneimitteln in den Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Ländern und der Herstellung und der FuE in der EU zugutekommen könnten, da neue Arbeitsplätze geschaffen würden und das Wirtschaftswachstum angekurbelt würde;
83. fordert die Kommission auf, die wettbewerbsrechtlichen EU-Vorschriften und die Zuständigkeiten der Union im Hinblick auf den Arzneimittelmarkt zu überwachen und zu stärken, um gegen missbräuchliches Verhalten vorzugehen und faire Preise für die Patienten zu fördern;
84. fordert die Kommission auf, den Dialog über medizinische Versorgungslücken zwischen allen beteiligten Interessenträgern, Patienten, Angehörigen der Gesundheitsberufe, Aufsichtsbehörden, HTA-Gremien, Kostenträgern und Entwicklern während des gesamten Lebenszyklus von Arzneimitteln zu verbessern;
85. fordert die Kommission auf, schnellstmöglich Rechtsvorschriften für ein europäisches System für die Bewertung von Medizintechnologie vorzuschlagen; transparente Kriterien für die Bewertung von Medizintechnologie zu harmonisieren, um unter Berücksichtigung des Maßes an Innovation, des Zusatznutzens für Patienten und anderen Faktoren den therapeutischen Mehrwert von Arzneimitteln gegenüber der besten verfügbaren Alternative bewerten zu können, auf EU-Ebene verpflichtende Bewertungen der relativen Wirksamkeit als ersten Schritt für die Zulassung neuer Arzneimittel einzuführen und ein europäisches System zur Einstufung ihres therapeutischen Mehrwerts einzurichten, das auf einem unabhängigen und transparenten Verfahren beruht, sodass Interessenkonflikte vermieden werden; vertritt die Ansicht, dass durch derartige Rechtsvorschriften dafür gesorgt werden muss, dass die bei der Bewertung von Medizintechnologie auf EU-Ebene gemeinsam erzielten Ergebnisse auf nationaler Ebene eingesetzt werden; fordert zudem die Kommission auf, sich einen frühzeitigen Dialog zu fördern und ein auf einem unabhängigen Gremium beruhenden Koordinierungsmechanismus zu prüfen, mit dem die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen HTA-Gremien gefördert und gleichzeitig dafür gesorgt werden könnte, dass das Fachwissen über die Bewertung von Medizintechnologie bei den nationalen (und regionalen) HTA-Gremien verbleibt;
86. fordert den Rat auf, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten mit Blick auf die Verfahren zur Preisfestsetzung auszuweiten, sodass insbesondere Informationen über ausgehandelte Vereinbarungen und bewährte Verfahren ausgetauscht und unnötige Verwaltungsauflagen und Verzögerungen abgewendet werden; fordert die Kommission und den Rat auf, die klinischen wirtschaftlichen und sozialen Kriterien, die von einigen nationalen Agenturen für die Bewertung von Medizintechnologie bereits angelegt werden, zu analysieren und zugleich die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten zu achten;
87. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich unter Einbeziehung von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten auf eine einheitliche Definition des Begriffs „therapeutischer Mehrwert“ von Arzneimitteln zu einigen; weist diesbezüglich auf die Definition des Begriffs „therapeutischer Mehrwert“, im Zusammenhang mit Kinderarzneimitteln hin;
88. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Rahmen, Strukturen und Verfahren zu ermitteln bzw. zu entwickeln, damit in allen Phasen des FuE-Zyklus – vom frühzeitigen Dialog bis hin zu der Zulassung durch die Aufsichtsbehörden, der Bewertung der Medizintechnologie, der Bewertung der relativen Wirksamkeit und der Beschlussfassung im Hinblick auf Preisfestsetzung und Erstattung – unter Mitwirkung der Patienten und ihrer Vertretungsorganisationen nachgewiesene Behandlungserfolge auf sinnvolle Weise berücksichtigt werden;
89. ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, große mit öffentlichen Mitteln finanzierte Investitionen in auf medizinischen Versorgungslücken beruhende Forschung zu fördern, im Bereich Gesundheit für die Kapitalrendite öffentlicher Investitionen zu sorgen und die Finanzierung an Auflagen mit Blick auf nicht exklusive Zulassungen und erschwingliche Arzneimittel zu knüpfen;
90. fordert den Rat auf, einen vernünftigeren Umgang mit Arzneimitteln in der EU und Aufklärungskampagnen und -programme zur Sensibilisierung der Bürger für einen verantwortungsvollen Umgang mit Arzneimitteln zu fördern, um einer übermäßigen Einnahme, insbesondere von Antibiotika, vorzubeugen, und die Angehörigen der Gesundheitsberufe dazu zu ermuntern, Rezepte nach Wirkstoffen zu verschreiben und Generika zu verabreichen;
91. fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Zugang zu Apotheken zu sorgen, wozu auch ihre Ansiedlungsdichte in städtischen und ländlichen Gebieten, die Zahl der Fachkräfte, entsprechende Öffnungszeiten und hochwertige Beratungsleistungen zählen;
92. fordert die Kommission und den Rat auf, Maßnahmen zu entwickeln, mit denen sichergestellt wird, dass sich Patienten Arzneimittel leisten können, und durch die ein Nutzen für die Gesellschaft entsteht, dabei jedoch inakzeptable Auswirkungen auf die Haushaltsmittel für die Gesundheitsversorgung zu verhindern, verschiedene Maßnahmen zu ergreifen, darunter Früherkennung, frühzeitiger Dialog, innovative Preisfestsetzungsmodelle, freiwillige gemeinsame Beschaffungsverfahren und freiwillige Zusammenarbeit bei Preisverhandlungen (siehe die gemeinsame Initiative der Benelux-Staaten und Österreichs), und die zahlreichen Instrumente zu erkunden, die auf Entkopplungsverfahren für vernachlässigte Bereiche wie die Antibiotikaresistenz und armutsbedingte Krankheiten beruhen;
93. fordert die Kommission auf, mit allen beteiligten Interessenträgern zu bestimmen, wie das in der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe beschriebene Kriterium des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“, das sich nicht nur auf die geringsten Kosten stützt, auf einzelstaatlicher Ebene am besten auf die Auftragsvergabe im Bereich Arzneimittel für Krankenhäuser angewandt werden kann, damit eine nachhaltige und verantwortungsvolle Versorgung mit Arzneimitteln möglich wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Kriterium des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ in Bezug auf Arzneimittel in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bestmöglich umzusetzen;
94. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit allen einschlägigen Interessenträgern einen strategischen Dialog auf hoher Ebene über aktuelle und künftige Entwicklungen in der Arzneimittelbranche in der EU aufzunehmen, an dem sich die Kommission, das Parlament, die Mitgliedstaaten, Patientenorganisationen, Zahlstellen, Angehörige der Gesundheitsberufe, Akademiker und Wissenschaftler sowie Wirtschaftsvertreter beteiligen, um umfassende kurz-, mittel- und langfristige Strategien für den Zugang zu Arzneimitteln sowie für die Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme und die Wettbewerbsfähigkeit der Pharmaindustrie auszuarbeiten und so für erschwingliche Preise und einen rascheren Zugang zu Arzneimitteln für die Patienten zu sorgen;
95. fordert die Kommission und den Rat auf, eindeutige Bestimmungen über Unvereinbarkeit, Interessenkonflikte und Transparenz in den Organen der EU und bei den mit Arzneimitteln befassten Sachverständigen festzulegen; fordert die an der Zulassung beteiligten Sachverständigen auf, ihren Lebenslauf zu veröffentlichen und eine Erklärung über das Nichtvorliegen von Interessenkonflikten zu unterzeichnen;
96. fordert die Kommission und die einzelstaatlichen Kartellbehörden auf, auf unlautere Praktiken zu achten, damit die Verbraucher vor künstlich erhöhten Arzneimittelpreisen geschützt werden;
97. fordert die Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union auf, im Einklang mit Artikel 102 AEUV zu verdeutlichen, worin die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch die Festlegung hoher Preise besteht;
98. ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Flexibilitätsmechanismen im TRIPS-Übereinkommen der WTO zu nutzen und den Rückgriff auf diese Mechanismen gegebenenfalls abzustimmen und zu erläutern;
99. fordert die Kommission auf, dem Rat und dem Parlament mindestens alle fünf Jahre einen Bericht über den Zugang zu Arzneimitteln in der EU vorzulegen und in regelmäßigeren Abständen über außergewöhnliche Schwierigkeiten in Bezug auf den Zugang zu Arzneimitteln Bericht zu erstatten;
100. fordert die Kommission auf, Maßnahmen vorzuschlagen, wie die Zulassung von neuartigen Therapien und deren Bereitstellung für die Patienten verbessert werden kann;
101. fordert die Kommission und den Rat auf, die Definition des Konzepts der Engpässe bei der Versorgung mit Arzneimitteln zu überarbeiten und die Ursachen der Engpässe zu analysieren und in diesem Zusammenhang die Auswirkungen von Parallelhandel und Lieferquoten zu untersuchen, auf der Grundlage der entsprechenden WHO-Liste gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, der EMA und einschlägigen Akteuren eine Liste unentbehrlicher Arzneimittel, bei denen Versorgungsengpässe bestehen, zu erstellen und zu pflegen, die Einhaltung von Artikel 81 der Richtlinie 2001/83/EG über Versorgungsengpässe zu überwachen, Mechanismen zu prüfen, mit denen gegen die Auflassung wirksamer Arzneimittel aus rein geschäftlichen Gründen vorgegangen wird, und Maßnahmen zur Beseitigung solcher Engpässe zu ergreifen;
102. fordert die Kommission und den Rat auf, einen Mechanismus einzuführen, mit dem jährlich über Arzneimittelversorgungsengpässe in der gesamten EU Bericht erstattet werden kann;
103. fordert die Kommission und den Rat auf, die gesetzliche Grundlage für die EMA zu überprüfen und zu prüfen, ob ihr Zuständigkeitsbereich auf die Abstimmung europaweiter Maßnahmen ausgeweitet werden sollte, mit denen gegen Arzneimittelversorgungsengpässe in den Mitgliedstaaten vorgegangen wird;
104. betont, dass durch die Entwicklung leistungsfähiger Überwachungs- und Liefersysteme auf allen Ebenen – von der Gemeinde- über die Bezirksebene bis hin zur regionalen und nationalen Ebene –, unterstützt von hochwertigen Labordienstleistungen und leistungsfähigen Logistiksystemen, der Zugang zu Arzneimitteln erleichtert werden könnte, während der Transfer gesundheitsbezogener Technologien in Entwicklungsländer (durch Lizenzvereinbarungen und die Bereitstellung von Informationen, Know-how und Kompetenzen, technischen Materialien und technischer Ausstattung) es den Empfängerländern ermöglichen kann, das Produkt vor Ort zu erzeugen, und einen besseren Zugang zu dem Produkt sowie einen besseren Gesundheitszustand bewirken könnte;
105. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen einheitlichen Fahrplan für eHealth und mHealth auszuarbeiten, in dem insbesondere auf Folgendes eingegangen wird: die Ausarbeitung und Umsetzung von Pilotprojekten auf nationaler Ebene, die Modernisierung der Erstattungsverfahren, durch die Gesundheitsversorgungssysteme vorangetrieben werden, die sich an Behandlungserfolgen orientieren, und die Ausarbeitung von Anreizprogrammen, um die Angehörigen des Gesundheitswesens dazu zu motivieren, an dieser digitalen Revolution mitzuwirken; fordert die Kommission außerdem auf, die Angehörigen von Gesundheitsberufen, die Patienten und alle beteiligten Interessenträger besser zu informieren, damit sie sich stärker einbringen können;
106. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Wege und Strategien für die Gesundheitsversorgung zu bewerten, um die Behandlungserfolge und die finanzielle Tragfähigkeit des Systems zu verbessern, und zwar insbesondere, indem digitale Lösungen für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Patienten gefördert und Fälle von Ressourcenverschwendung ermittelt werden;
107. fordert die EU eindringlich auf, ihre Bemühungen um den Kapazitätsausbau in den Entwicklungsländern zu verstärken und sie dabei zu unterstützen, funktionierende Gesundheitssysteme zu entwickeln, mit denen der Zugang zu Dienstleistungen, insbesondere für gefährdete Gruppen, verbessert werden soll;
108. betont, dass die laufende REFIT-Überprüfung der EU-Verordnung (EG) Nr. 953/2003 über die Preisstaffelung bei Arzneimitteln darauf abzielen sollte, weiterhin niedrigere Preise in den Entwicklungsländern zu fördern, und fordert die EU auf, eine breitere und transparente Diskussion über Preisregelungen und Strategien für die Sicherung des Zugangs zu hochwertigen und erschwinglichen Arzneimitteln anzustoßen; weist darauf hin, dass Preisstaffelung nicht unbedingt erschwingliche Preise bewirkt und der Erfahrung nach vielmehr harter Wettbewerb durch Hersteller von Generika sowie Technologietransfer zu niedrigeren Preisen führen;
109. fordert die EU eindringlich auf, ihre Unterstützung für die weltweiten Programme und Initiativen zur Förderung des Zugangs zu Arzneimitteln in den Entwicklungsländern auszubauen, da diese maßgeblich dazu beigetragen haben, gesundheitspolitische Ziele voranzutreiben, und da sie den Zugang zu Arzneimitteln und Impfungen entschieden verbessert haben;
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110. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Unter dem Recht auf Gesundheitsversorgung ist das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Recht auf einen universellen Mindeststandard der Gesundheitsversorgung zu verstehen, der jedem Menschen zusteht.