Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Mai 2017 zur Lage in Ungarn (2017/2656(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf die Artikel 2, 6 und 7,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 4, 12, 13, 14, 16, 18 und 21,
– unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere in den Rechtssachen Szabó und Vissy gegen Ungarn, Karácsony u. a. gegen Ungarn, Magyar Keresztény Mennonita Egyház u. a. gegen Ungarn, Baka gegen Ungarn und Ilias und Ahmed gegen Ungarn,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die zahlreichen Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen, an die alle Mitgliedstaaten gebunden sind,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. März 2014 mit dem Titel „Ein neuer EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips“ (COM(2014)0158),
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 16. Dezember(1) und 10. Juni 2015(2) zur Lage in Ungarn, vom 3. Juli 2013 mit dem Titel „Lage der Grundrechte: Standards und Praktiken in Ungarn“(3), vom 16. Februar 2012 zu den aktuellen politischen Entwicklungen in Ungarn(4) und vom 10. März 2011 zum Mediengesetz in Ungarn(5),
– unter Hinweis auf die vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 27. Februar 2017 veranstaltete Anhörung zur Lage in Ungarn,
– unter Hinweis auf die Plenardebatte vom 26. April 2017 zur Lage in Ungarn,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Rom der Staats- und Regierungschefs von 27 Mitgliedstaaten und des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission vom 25. März 2017,
– unter Hinweis auf das Gesetz CLXVIII von 2007 über die Verkündigung des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, das von der ungarischen Nationalversammlung am 17. Dezember 2007 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Resolution 2162 (2017) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. April 2017 mit dem Titel „Alarmierende Entwicklungen in Ungarn: Entwurf eines NGO-Gesetzes, das die Zivilgesellschaft einschränkt, und mögliche Schließung der Central European University“,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Kommissars für Menschenrechte des Europarats vom 8. März 2017 zu dem neuen ungarischen Gesetz über die Zulässigkeit der automatischen Inhaftierung von Asylbewerbern und sein Schreiben vom 27. April 2017 an den Präsidenten der ungarischen Nationalversammlung, in dem er die Ablehnung des Vorschlags für einen Entwurf eines Gesetzes über nichtstaatliche Organisationen, die aus dem Ausland finanziert werden, forderte,
– unter Hinweis auf die Entscheidung der Kommission, gegen Ungarn aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Hochschulbildung ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, sowie auf andere gegen Ungarn anhängige und anstehende Vertragsverletzungsverfahren,
– unter Hinweis auf die Reaktion der Kommission auf die ungarische Volksbefragung mit dem Slogan „Brüssel stoppen!“,
– unter Hinweis auf den Besuch von Kommissionsmitglied Avramopoulos am 28. März 2017 in Ungarn,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres an Vizepräsident Frans Timmermans, in dem die Kommission ersucht wird, dazu Stellung zu nehmen, ob das Gesetz zur Änderung bestimmter Gesetze im Zusammenhang mit der Verschärfung des in den bewachten Grenzgebieten durchgeführten Verfahrens mit den Bestimmungen des Besitzstandes der Union im Bereich Asylpolitik und in Bezug auf die Umsetzung der in diesem Gesetz genannten Maßnahmen mit der Charta der Grundrechte vereinbar ist,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union auf die Werte Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, gründet, und in der Erwägung, dass diese Werte allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind (Artikel 2 EUV);
B. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union Teil des Primärrechts der EU ist und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, genetischer Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung verbietet;
C. in der Erwägung, dass Ungarn seit 2004 Mitglied der Europäischen Union ist und Meinungsumfragen zufolge eine große Mehrheit der Bürger Ungarns die Mitgliedschaft des Landes in der EU befürwortet;
D. in der Erwägung, dass gemäß der Charta Kunst und Forschung frei sind und die akademische Freiheit geachtet wird; in der Erwägung, dass in der Charta auch die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze garantiert wird;
E. in der Erwägung, dass es gilt, die Vereinigungsfreiheit zu schützen, und in der Erwägung, dass einer dynamischen Zivilgesellschaft eine maßgebliche Bedeutung zukommt, wenn es gilt, die Beteiligung der Öffentlichkeit an demokratischen Prozessen und die Rechenschaftspflicht von Regierungen in Bezug auf deren gesetzliche Verpflichtungen – wozu der Schutz der Grundrechte und der Umwelt sowie die Korruptionsbekämpfung zählen – zu fördern;
F. in der Erwägung, dass das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 und des dazugehörigen Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe des EUV und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gewährleistet ist;
G. in der Erwägung, dass im Jahr 2016 91,54 % der Asylanträge abgelehnt wurden; in der Erwägung, dass alle Asylsuchenden aufgrund der in Ungarn seit 2015 neu angenommenen Gesetze und Verfahren im Bereich Asyl gezwungen sind, das ungarische Hoheitsgebiet über eine Transitzone zu betreten, und dass die Anzahl der Personen, die dort eingelassen werden, begrenzt ist, wobei derzeit beispielsweise eine Obergrenze von zehn Personen pro Tag gilt; in der Erwägung, dass nichtstaatliche Organisation wiederholt berichtet haben, dass Migranten an der ungarischen Grenze im Schnellverfahren ohne Prüfung ihrer Anträge auf Schutz gezwungen werden, nach Serbien zurückzukehren, wobei es in einigen Fällen zu Misshandlungen und Gewalt kam; in der Erwägung, dass die ungarische Regierung ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die Umverteilung von Asylbewerbern, die ihr gemäß dem Unionsrecht obliegen, nicht nachkommt;
H. in der Erwägung, dass der Menschenrechtskommissar des Europarats im Zusammenhang mit seinen schriftlichen Stellungnahmen zu zwei Beschwerden gegen Österreich betreffend die Überstellung von Beschwerdeführern von Österreich nach Ungarn auf der Grundlage der Dublin-III-Verordnung, die er dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 17. Dezember 2016 vorlegte, erklärte, es bestehe ein erhebliches Risiko, dass Asylbewerber, die nach Ungarn überstellt werden, infolge der umfassenden Änderungen, die in Ungarn in den vergangenen Monaten am Asylrecht und an Asylverfahren vorgenommen wurden, in ihren Menschenrechten beschnitten werden;
I. in der Erwägung, dass elf – als „Röszke 11“ bekannte – Flüchtlinge, die sich am 16. September 2016, d. h. am Tag nach der Schließung der Grenze zu Serbien, an der Grenze aufhielten, terroristischer Handlungen angeklagt und zu Haftstrafen verurteilt wurden, darunter auch Ahmed H., ein syrischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Zypern, der im Rahmen eines unfairen Gerichtsverfahrens im November 2016 zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, wobei die Verurteilung einzig und allein darauf beruhte, dass er unter Nutzung eines Megafons versucht hatte, die Spannungen vor Ort abzubauen, und dass er Grenzpolizisten mit drei Gegenständen beworfen hatte;
J. in der Erwägung, dass seit der Annahme seiner Entschließung vom 16. Dezember 2015 Bedenken in Bezug auf verschiedene Bereiche entstanden sind, namentlich in Bezug auf die Verwendung öffentlicher Gelder, Angriffe gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und Menschenrechtsverteidiger, die Rechte von Asylbewerbern, die Massenüberwachung der Bürger, die Vereinigungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Pluralität der Medien und die Einstellung der Zeitung Népszabadság, die Rechte von Roma, darunter die Zwangsräumung von Romasiedlungen in Miskolc und die Segregation von Kindern der Roma im Bereich Bildung, LGBTI-Rechte, Frauenrechte, das Justizwesen, darunter die Möglichkeit der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Entlassung, die Zwangsräumung der Hauptsitze der nichtstaatlichen Organisationen „Roma Parliament“ und „Phralipe Independent Gypsy Organization“ sowie die drohende Schließung des Lukács-Archivs;
K. in der Erwägung, dass der Inhalt und die sprachliche Formulierung der Volksbefragung, die derzeit mit dem Slogan „Brüssel stoppen!“ zu den Themen Zuwanderung und Terrorismus durchgeführt wird, und der parallel laufenden Werbekampagnen der Regierung stark irreführend und einseitig sind;
L. in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Rechtsache Szabó und Vissy gegen Ungarn im Zusammenhang mit der Anwendung der 2011 eingeführten ungarischen Rechtsvorschriften über geheime Überwachungsmaßnahmen zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Korrespondenz feststellte; in der Erwägung, dass der Gerichtshof in der Rechtsache Ilias und Ahmed gegen Ungarn im Zusammenhang mit den Umständen in der Transitzone in Röszke eine Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit und des Rechts auf wirksame Beschwerde sowie im Zusammenhang mit der Ausweisung der Beschwerdeführer nach Serbien eine Verletzung des Rechts auf den Schutz vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung feststellte; in der Erwägung, dass der Gerichtshof in der Rechtsache Baka gegen Ungarn befand, dass Ungarn gegen das Recht von András Baka, dem ehemaligen Präsidenten des ungarischen Verfassungsgerichts, auf ein faires Verfahren und auf freie Meinungsäußerung verstoßen hatte;
M. in der Erwägung, dass die aktuellen Entwicklungen in Ungarn, insbesondere das Gesetz zur Änderung bestimmter Gesetze im Zusammenhang mit der Verschärfung der Verfahren in den Bereichen Grenzmanagement und Asyl, das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Hochschulbildung – das für die Central European University eine unmittelbare Gefahr darstellt und in der Öffentlichkeit starken Widerspruch hervorgerufen hat – und der Vorschlag für ein Gesetz über die Transparenz von Organisationen, die Unterstützung aus dem Ausland erhalten (Gesetzentwurf T/14967 des ungarischen Parlaments), Anlass zur Sorge geben, was die Vereinbarkeit mit den Rechtsvorschriften der EU und der Charta der Grundrechte angeht;
1. weist erneut darauf hin, dass die in Artikel 2 EUV niedergelegten Werte von allen Mitgliedstaaten der EU zu achten sind;
2. bedauert, dass die Entwicklungen in Ungarn in den vergangenen Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte geführt haben, und zwar u. a. in Bezug auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, die akademische Freiheit, die Menschenrechte von Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Einschränkungen und Behinderungen der Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen, das Recht auf Gleichbehandlung, die Rechte von Angehörigen von Minderheiten – einschließlich Roma, Juden und LGBTI-Personen –, soziale Rechte, die Funktionsweise des Verfassungssystems, die Unabhängigkeit der Justiz und anderer Institutionen und zahlreiche besorgniserregende mutmaßliche Fälle von Korruption und Interessenkonflikten, was in der Gesamtheit gesehen möglicherweise eine systemische Bedrohung der Rechtstaatlichkeit in diesem Mitgliedstaat darstellt; erachtet den Fall Ungarns als Bewährungsprobe, bei der die EU unter Beweis stellen muss, dass sie willens und in der Lage ist, darauf zu reagieren, dass ein Mitgliedstaat ihre Grundwerte gefährdet und verletzt; stellt mit Besorgnis fest, dass sich auch in einigen anderen Mitgliedstaaten Entwicklungen vollziehen, die beunruhigende Anzeichen für eine ähnliche Aushöhlung des Rechtsstaatsprinzips wie im Fall Ungarns erkennen lassen;
3. fordert die ungarische Regierung auf, mit der Kommission in einen Dialog zu treten, der sich auf alle in dieser Entschließung genannten Bereiche und insbesondere auf die Menschenrechte von Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen, auf die Vereinigungsfreiheit, die Freiheit der Lehre und die akademische Freiheit, die Segregation der Roma im Bereich Bildung und auf den Arbeitsschutz von Schwangeren erstreckt; bekräftigt, dass beide Seiten diese Gespräche unvoreingenommen und im Geiste der Zusammenarbeit führen und sich dabei auf erwiesene Fakten stützen sollten; fordert die Kommission auf, das Parlament regelmäßig darüber zu informieren, wie sie die Lage beurteilt;
4. ist besorgt angesichts der jüngsten Erklärungen und Initiativen der ungarischen Regierung, insbesondere in Bezug darauf, dass die Kampagne in Bezug auf die Volksbefragung mit dem Slogan „Brüssel stoppen!“ fortgeführt werden soll, sowie auf die investigativen Maßnahmen, die sich gegen ausländische Beschäftigte der Central European Universität richten, sowie angesichts der Erklärungen der führenden Kräfte der Regierungspartei, aus denen hervorgeht, dass Gesetzesänderungen, mit denen den Empfehlungen der Organe der EU und internationaler Organisationen Rechnung getragen würde, abgelehnt werden; bedauert, dass sich daran nicht erkennen lässt, dass sich die ungarische Regierung eindeutig verpflichtet sieht, dafür zu sorgen, dass ihre Maßnahmen umfassend mit dem Primär- und Sekundärrecht der EU im Einklang stehen;
5. fordert die Kommission auf, strikt zu überwachen, wie die ungarische Regierung EU-Mittel verwendet, und zwar insbesondere in den Bereichen Asyl, Migration, öffentliche Kommunikation, Bildung, soziale Inklusion sowie Wirtschaftsentwicklung, damit dafür gesorgt ist, dass alle kofinanzierten Projekte dem Primär- und dem Sekundärrecht der Union vollständig entsprechen;
6. fordert die ungarische Regierung auf, in der Zwischenzeit das Gesetz zur Änderung bestimmter Gesetze im Zusammenhang mit der Verschärfung der Verfahren in den Bereichen Grenzmanagement und Asyl und das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Hochschulbildung aufzuheben und den Vorschlag für ein Gesetz über die Transparenz von Organisationen, die Unterstützung aus dem Ausland erhalten (Gesetzentwurf T/14967 des ungarischen Parlaments), zurückzuziehen;
7. fordert die Regierung Ungarns auf, unverzüglich alle Fristen in Bezug auf das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Hochschulbildung auszusetzen, unverzüglich mit der in den USA für die Central European University zuständigen Behörde in einen Dialog zu treten, damit sichergestellt ist, dass die Central European University, die US-akkreditierte Abschlüsse verleiht, ihre Tätigkeit aufrechterhalten kann, und öffentlich zuzusagen, dass die Universität auch künftig in Budapest und als freie Einrichtung betrieben werden kann;
8. bedauert, dass die Kommission auf die in den Entschließungen vom 10. Juni 2015 und vom 16. Dezember 2015 zur Lage in Ungarn dargelegte Aufforderung, den EU‑Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips zu aktivieren, nicht reagiert hat, um so im Rahmen eines Dialogs mit dem betroffenen Mitgliedstaat zu verhindern, dass die sich abzeichnende systemische Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit weiter eskalieren würde; ist der Ansicht, dass der Schwerpunkt des derzeit von der Kommission verfolgten Ansatzes hauptsächlich auf technischen Randaspekten der Rechtsetzung liegt, während die Tendenzen, die Strukturen und die kombinierten Auswirkungen der Maßnahmen auf die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte vernachlässigt werden; ist der Ansicht, dass gerade mit Vertragsverletzungsverfahren in den meisten Fällen keine echten Veränderungen erzielt wurden und keine Verbesserung der Situation im weiteren Sinne erreicht wurde;
9. vertritt die Auffassung, dass angesichts der aktuellen Situation in Ungarn die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 EUV genannten Werte besteht und daher das Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV eingeleitet werden muss;
10. beauftragt den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres daher, dieses Verfahren einzuleiten und im Einklang mit Artikel 83 der Geschäftsordnung des Parlaments einen Sonderbericht im Hinblick darauf auszuarbeiten, im Plenum über einen begründeten Vorschlag, mit dem der Rat aufgefordert wird, Maßnahmen nach Artikel 7 Absatz 1 EUV zu treffen, abzustimmen;
11. bekräftigt, dass es im Sinne seiner Entschließung vom 25. Oktober 2016 mit Empfehlungen an die Kommission zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte(6) (Pakt für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte) eines geregelten Verfahrens für die Überwachung und den Dialog bedarf, an dem alle Mitgliedstaaten mitwirken und der Rat, die Kommission und das Parlament beteiligt sind, damit die Grundwerte der EU – das heißt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte – gewahrt bleiben und nicht mit zweierlei Maß gemessen wird;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament Ungarns, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Europarat zu übermitteln.