Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2017 zur EU-Strategie für Syrien (2017/2654(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik an das Europäische Parlament und den Rat vom 14. März 2017 mit dem Titel „Elemente einer EU-Strategie für Syrien“ JOIN(2017)11 und die Schlussfolgerungen des Rates vom 3. April 2017 zu Syrien, die zusammen die neue EU-Strategie für Syrien ausmachen,
– unter Hinweis auf die Erklärung der beiden Vorsitze vom 5. April 2017 zu der Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 30. Dezember 2016 zur Ankündigung der Einstellung der Feindseligkeiten in Syrien und vom 23. März 2017 zu Syrien und auf die Erklärung der HR/VP im Namen der EU vom 9. Dezember 2016 zur Lage in Aleppo,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der HR/VP vom 6. April 2017 zum mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf das syrische Gouvernement Idlib und vom 7. April 2017 zum Angriff der Vereinigten Staaten auf Syrien,
– unter Hinweis auf die Beschlüsse des Rates zu restriktiven Maßnahmen der EU gegen die Verantwortlichen für die gewaltsame Unterdrückung in Syrien, insbesondere die Beschlüsse vom 14. November 2016 und vom 20. März 2017,
– unter Hinweis auf die Berichte der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zu Syrien, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) eingesetzt wurde, und auf die Resolutionen des UNHRC zur Arabischen Republik Syrien,
– unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zum IS/Da‘esh und zur Al-Nusrah-Front sowie die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zum Konflikt in der Arabischen Republik Syrien, insbesondere die Resolutionen 2218 (2013), 2139 (2014), 2165 (2014), 2191 (2014), 2199 (2015), 2254 (2015), 2258 (2015), 2268 (2016), 2328 (2016), 2332 (2016) und 2336 (2016),
– unter Hinweis auf die Resolution 1325 (2000) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 31. Oktober 2000 zu Frauen und Frieden und Sicherheit,
– unter Hinweis auf die Resolution A/71/L.48 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 2016 zur Einrichtung eines internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Unterstützung der Ermittlung gegen die und strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen für die nach dem Völkerrecht schwersten Verbrechen, die seit März 2011 in der Arabischen Republik Syrien begangen wurden,
– unter Hinweis auf das Genfer Kommuniqué von 2012,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen und alle Übereinkommen der Vereinten Nationen, zu deren Vertragsstaaten Syrien zählt,
– unter Hinweis auf das Römische Statut und die Gründungsdokumente des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH),
– unter Hinweis auf die Ad-hoc-Gerichtshöfe wie den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ), den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (IStGHR) und den Sondergerichtshof für Libanon,
– unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,
– gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Krieg in Syrien zu einer der schwersten humanitären Krisen in der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg geworden ist und weiterhin verheerende und tragische Auswirkungen auf die syrische Bevölkerung hat; in der Erwägung, dass in diesem brutalen Bürgerkrieg unzählige Zivilpersonen, darunter auch Kinder, gezielt angegriffen wurden und weiterhin Leid erfahren und dass seit dem Beginn des Konflikts in Syrien im Jahr 2011 über 400 000 Menschen ums Leben gekommen sind; in der Erwägung, dass über 13,5 Millionen Menschen in Syrien, also beinahe drei Viertel der verbleibenden Bevölkerung, dringend Soforthilfe wie ärztliche Hilfe, Nahrungsmittelhilfe, Wasser und Unterkünfte benötigen; in der Erwägung, dass es in Syrien 6,3 Millionen Binnenvertriebene gibt, 4,7 Millionen Menschen in schwer zu erreichenden und belagerten Gebieten leben und fünf Millionen Menschen in die Nachbarländer und die gesamte Region geflohen sind; in der Erwägung, dass die gesamte Region in zunehmendem Maße durch die Krise in Syrien destabilisiert wird;
B. in der Erwägung, dass die EU seit dem Ausbruch des Kriegs im Jahr 2011 und bis Januar 2017 zusammen mit ihren Mitgliedstaaten insgesamt über 9,4 Mrd. EUR als Reaktion auf die Syrien-Krise innerhalb Syriens und in der Region mobilisiert hat, womit sie zum größten Geber geworden ist; in der Erwägung, dass die EU auch die benachbarten Flüchtlingsaufnahmestaaten in beträchtlichem Ausmaß unterstützt hat;
C. in der Erwägung, dass es während des Syrien-Konflikts unter anderem zu gezielten und willkürlichen Angriffen auf die Zivilbevölkerung, außergerichtlichen Hinrichtungen, Folter und Misshandlung, Verschleppungen, willkürlichen Massenverhaftungen, Kollektivstrafen, Angriffen auf medizinisches Personal und Entzug von Nahrung und Wasser gekommen ist; in der Erwägung, dass das Assad-Regime in seinen Hafteinrichtungen mutmaßlich sehr viele Menschen erhängt, gefoltert und außergerichtlich hingerichtet hat; in der Erwägung, dass die syrische Regierung die Zivilbevölkerung bewusst von wesentlichen Gütern und Dienstleistungen wie der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung und der medizinischen Hilfe abgeschnitten hat; in der Erwägung, dass die Angriffe und das Aushungern der Zivilbevölkerung durch die Belagerung bewohnter Gebiete als Kriegstaktik eindeutig Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen; in der Erwägung, dass diese Verbrechen bisher ungestraft geblieben sind;
D. in der Erwägung, dass der IS/Da‘esh und andere dschihadistische Gruppierungen grausame Gräueltaten begangen haben, darunter brutale Hinrichtungen, entsetzliche sexuelle Gewalt, Entführungen, Folter, Zwangskonvertierungen und die Versklavung von Frauen und Mädchen; in der Erwägung, dass Kinder für Terroranschläge rekrutiert und eingesetzt wurden; in der Erwägung, dass große Sorge über das Wohlbefinden der Menschen besteht, die in derzeit vom IS/Da’esh kontrollierten Gebieten leben und im Rahmen der Befreiungskampagnen möglicherweise als menschliche Schutzschilde eingesetzt werden; in der Erwägung, dass diese Verbrechen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord gleichkommen können;
E. in der Erwägung, dass der Waffenstillstand, der am 30. Dezember 2016 in Kraft trat, nicht eingehalten wird und in ganz Syrien mehrere Verstöße gemeldet werden und größere Vorfälle stattfinden wie der Chemiewaffenangriff in Chan Schaichun, der mutmaßlich vom Regime verübt wurde, und der Bombenangriff auf Busse mit Evakuierten, die auf dem Weg von den belagerten Städten Fu‘a und Kafraja zu den von der Regierung kontrollierten Gebieten waren; in der Erwägung, dass dabei Dutzende Personen, darunter auch Kinder, getötet und zahlreiche mehr verletzt wurden;
F. in der Erwägung, dass zahlreiche Untersuchungen ergaben, dass Assads Streitkräfte unter Missachtung einer Vereinbarung über die Abschaffung von Chemiewaffen aus dem Jahr 2013 chemische Kampfstoffe mit der Absicht eingesetzt haben, der Zivilbevölkerung zu schaden und Zivilpersonen umzubringen; in der Erwägung, dass der aktuellste Fall des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen gegen die Zivilbevölkerung am 4. April 2017 verzeichnet wurde, und zwar in Chan Schaichun im Gouvernement Idlib, wo mindestens 70 Zivilpersonen, darunter viele Kinder, getötet und Hunderte mehr verletzt wurden; in der Erwägung, dass Russland am 12. April 2017 ein Veto gegen eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen einlegte, mit der die mutmaßliche Verwendung verbotener Chemiewaffen in Syrien verurteilt und die Regierung Syriens aufgefordert worden wäre, sich an einer Untersuchung der Vorkommnisse zu beteiligen; in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten der EU mitgeteilt haben, dass sie aufgrund ihrer Einschätzung, dass das syrische Regime Chemiewaffen eingesetzt habe, in der Absicht, die Verbreitung und den Einsatz von Chemiewaffen zu verhindern und davon abzuschrecken, den Luftwaffenstützpunkt Scha‘irat im Gouvernement Homs in Syrien angegriffen hätten;
G. in der Erwägung, dass die EU im März 2017 im Einklang mit ihrer Strategie zur Bekämpfung der Verbreitung und des Einsatzes von Chemiewaffen vier hochrangige syrische Militärangehörige aufgrund ihrer Rolle beim Einsatz von Chemiewaffen gegen die Zivilbevölkerung in die Sanktionsliste aufgenommen hat;
H. in der Erwägung, dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union im September 2016 darauf hingewiesen hat, dass eine EU-Strategie für Syrien benötigt wird; in der Erwägung, dass das Parlament VP/HR Federica Mogherini im Oktober aufgefordert hat, dafür zu sorgen, dass eine neue Strategie für Syrien darauf ausgerichtet ist, eine politische Lösung für Syrien zu ermöglichen, und Instrumente für die Überwachung und Durchsetzung vorsieht, damit den in der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien (ISSG) gemachten Zusagen stärker nachgekommen wird;
I. in der Erwägung, dass das Ziel der EU-Strategie für Syrien darin besteht zu umreißen, wie die EU im Rahmen der bestehenden in den Vereinten Nationen abgestimmten Rahmenvereinbarungen sichtbarer und wirksamer zu einer dauerhaften politischen Lösung in Syrien beitragen und den Wiederaufbau nach einer Einigung unterstützen kann, sobald ein glaubwürdiger Übergang auf den Weg gebracht ist; in der Erwägung, dass in dieser Strategie die folgenden sechs Schlüsselbereiche genannt werden, die im Mittelpunkt stehen sollen: Beendigung des Krieges durch einen echten politischen Übergang, Förderung eines konstruktiven, alle Seiten einbeziehenden Übergangsprozesses, Deckung des humanitären Bedarfs der hilfsbedürftigsten Syrer, Förderung von Demokratie und Menschenrechten, Förderung der Rechenschaftspflicht für Kriegsverbrechen und Stärkung der Resilienz der syrischen Bevölkerung und der syrischen Gesellschaft;
J. in der Erwägung, dass die EU am 5. April 2017 den Ko-Vorsitz einer Konferenz zur Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region innehatte, an der Vertreter aus über 70 Ländern sowie internationaler Organisationen und der internationalen und syrischen Zivilgesellschaft teilnahmen; in der Erwägung, dass sich die Teilnehmer der Konferenz in Brüssel auf einen ganzheitlichen Ansatz für die Bewältigung der Syrien-Krise und auf die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel in Höhe von 3,47 Mrd. EUR für den Zeitraum 2018–2020 zur Deckung des humanitären Bedarfs geeinigt haben, wobei 1,3 Mrd. EUR von der EU, dem größten Geber für die Krise, zur Verfügung gestellt werden; in der Erwägung, dass zusätzlich einige internationale Finanzinstitutionen und Geber etwa 27,9 Mrd. EUR an Darlehen angekündigt haben; in der Erwägung, dass die Kosten für den Wiederaufbau Syriens schätzungsweise 200 Mrd. USD betragen werden;
K. in der Erwägung, dass die EU die Bemühungen der Türkei, Libanons und Jordaniens, also der Nachbarländer Syriens, die die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, zur Kenntnis nimmt und diese Länder unterstützt;
L. in der Erwägung, dass Russland, Iran und die Türkei am 4. Mai 2017 in Astana (Kasachstan) eine Vereinbarung zur Einrichtung von vier Deeskalationszonen getroffen haben; in der Erwägung, dass die drei Unterzeichnerstaaten unter anderem im Zuge des Einsatzes bewaffneter Beobachter vor Ort sicherstellen sollen, dass der sechsmonatige Waffenstillstand, der verlängerbar ist, auch eingehalten wird; in der Erwägung, dass das Assad-Regime in dieser Vereinbarung aufgefordert wird, jedwede Flugaktivität in dem Luftraum über diesen Zonen einzustellen und ungehinderten Zugang in die von Rebellen kontrollierten Gebiete zu gewähren, damit humanitäre Hilfe geleistet werden kann; in der Erwägung, dass in Genf in dieser Woche unter Führung der Vereinten Nationen eine neue Gesprächsrunde eröffnet wird und Mitte Juli in Kasachstan eine weitere Gesprächsrunde unter russischer Führung stattfinden soll;
M. in der Erwägung, dass die EU wiederholt betont hat, dass es keine militärische Lösung für den Syrien-Konflikt geben und das unerträgliche Leiden der syrischen Bevölkerung nur durch einen von Syrien selbst geleiteten, alle Seiten einbeziehenden Übergangsprozess beendet werden kann; in der Erwägung, dass zwar selbstverständlich erst nach einer politischen Einigung mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann, dass die Bemühungen um eine Aussöhnung jedoch möglichst rasch unternommen und von der EU unterstützt werden sollten, damit auf lange Sicht für Stabilität gesorgt wird; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang die Wahrheitsfindung, die Förderung der Rechenschaftspflicht und der Unrechtsaufarbeitung sowie der allgemeine Straferlass von entscheidender Bedeutung sind;
1. begrüßt die EU-Strategie für Syrien, einschließlich der strategischen Ziele der EU für Syrien und der Ziele der EU für Syrien, und die Ergebnisse der Brüsseler Konferenz, in deren Rahmen mehrjährige Zusagen getätigt wurden; fordert alle Teilnehmer und internationalen Geber auf, ihren Verpflichtungen vollumfänglich nachzukommen und ihre Unterstützung auch in Zukunft fortzusetzen;
2. verurteilt erneut auf das Schärfste die Gräueltaten und die weit verbreiteten Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, die alle Konfliktparteien und insbesondere die Streitkräfte des Assad-Regimes mit der Unterstützung seiner Verbündeten Russland und Iran sowie nichtstaatliche bewaffnete Gruppierungen, insbesondere der IS/Da‘esh und die Gruppierung Dschabhat Fatah asch-Scham, begehen; hebt seinen Standpunkt hervor, dass all diejenigen, die für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden müssen; fordert alle Staaten auf, den Grundsatz der universellen Zuständigkeit bei der Bekämpfung der Straflosigkeit anzuwenden, und begrüßt die zu diesem Zweck von einer Reihe von Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen, darunter den jüngsten Beschluss des Obersten Gerichtshofs Spaniens, einem Strafantrag gegen neun Mitarbeiter des syrischen Nachrichtendienstes wegen Folter und weiterer Menschenrechtsverletzungen stattzugeben; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten erneut auf, in enger Abstimmung mit gleichgesinnten Ländern die Einrichtung eines syrischen Kriegsverbrechertribunals – vorbehaltlich einer erfolgreichen Befassung des Internationalen Strafgerichtshofs – zu prüfen; betont, dass Personen, die Verbrechen gegen religiöse oder ethnische Minderheiten oder andere Gruppen begehen, ebenfalls vor Gericht gestellt werden sollten; ist nach wie vor davon überzeugt, dass es keine wirksame Lösung des Konflikts und keinen tragfähigen Frieden in Syrien geben kann, wenn die für die Verbrechen Verantwortlichen nicht zur Verantwortung gezogen werden;
3. verurteilt aufs Schärfste den abscheulichen Luftangriff mit chemischen Waffen vom 4. April 2017 auf die Stadt Chan Schaichun im Gouvernement Idlib, bei dem mindestens 70 Zivilpersonen, darunter auch Kinder und humanitäre Helfer, getötet wurden, wobei viele Opfer Symptome einer Gasvergiftung aufwiesen; merkt an, dass der Vorwurf des Einsatzes von chemischen Waffen laut der vorläufigen Bewertung im Rahmen der Erkundungsmission der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) glaubwürdig ist; hebt die Verpflichtung Syriens hervor, den Empfehlungen im Rahmen der Erkundungsmission der OVCW sowie des Gemeinsamen Untersuchungsmechanismus der OVCW und der Vereinten Nationen nachzukommen, indem es einen umgehenden und ungehinderten Zugang bereitstellt und das Recht, ausnahmslos jede Anlage zu untersuchen, anerkennt; betont, dass die Verantwortlichen für solche Angriffe vor einem Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden; bedauert, dass Russland wiederholt sein Veto im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einlegt, auch gegen eine Resolution des Sicherheitsrats, in der der jüngste Chemiewaffenangriff verurteilt und eine internationale Untersuchung gefordert wird;
4. begrüßt die Einrichtung eines internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Unterstützung der Ermittlung gegen die und strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen für die nach dem Völkerrecht schwersten Verbrechen, die in der Arabischen Republik Syrien seit März 2011 begangen wurden; bedauert, dass dieser Mechanismus noch immer nicht vollständig kapitalgedeckt ist; fordert alle Mitgliedstaaten auf, ihren diesbezüglichen Zusagen nachzukommen;
5. setzt sich weiterhin für die Einheit, Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit Syriens ein und unterstützt einen starken Ansatz „für ganz Syrien“ und eine demokratische Zukunft für das syrische Volk; betont, dass ein von Syrien selbst angeführter politischer Prozess, in dessen Folge freie und faire Wahlen stattfinden, die von den Vereinten Nationen auf der Grundlage einer neuen Verfassung in die Wege geleitet und überwacht werden, der einzige Weg ist, das Land zu befrieden; bekräftigt gegenüber allen Parteien, dass unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und, gemäß dem Genfer Kommuniqué von 2012 und der Resolution 2254 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, mit Unterstützung des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, Staffan de Mistura, und wichtiger internationaler und regionaler Akteure eine landesweite Waffenruhe aller Parteien und eine friedliche und für alle akzeptable Lösung der Krise in Syrien erreicht werden kann;
6. nimmt das jüngste Memorandum zur Einrichtung von Deeskalationszonen in Syrien zur Kenntnis und unterstützt die Absicht, die Waffenruhe zu stärken, die Luftwaffe des Regimes davon abzuhalten, über die Deeskalationszonen zu fliegen, und Voraussetzungen für den humanitären Zugang, die medizinische Unterstützung, die Rückkehr von vertriebenen Zivilisten in ihre Wohnungen und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der beschädigten Infrastruktur zu schaffen; hebt allerdings die von der Opposition ausgesprochenen Bedenken hervor, dass die Vereinbarung zur Schaffung von Einflusszonen und zur Spaltung Syriens führen könnte; fordert alle Parteien auf, die Vereinbarungen von Astana umzusetzen, und fordert die drei Garanten der Vereinbarung auf, dafür zu sorgen, dass die Waffenruhe eingehalten wird; betont, dass es wichtig ist, sämtliche Unklarheiten bezüglich der Gruppen zu beseitigen, die von der Waffenruhe nicht erfasst werden, und fordert alle Parteien, einschließlich der Türkei, auf, dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Vereinbarung nicht gegen Streitkräfte vorgegangen werden kann, die mit der gemäßigten Opposition verbündet sind oder auf Seiten der internationalen Koalition den IS/Da‘esh bekämpfen; unterstreicht, dass die Umsetzung international überwacht werden muss, und unterstützt ein entschlossenes Engagement der Vereinten Nationen;
7. fordert die Russische Föderation und die Islamische Republik Iran nachdrücklich auf, ihren Einfluss auf das syrische Regime geltend zu machen, sodass es einen vernünftigen Kompromiss akzeptiert und aktiv darauf hinarbeitet, durch den der Bürgerkrieg beendet und der Weg für einen inklusiven und wirklichen Übergang geebnet wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die gemäßigte Opposition weiterhin zu unterstützen und dabei radikalisierte Elemente zu identifizieren und zu isolieren und die Aussöhnung auch künftig zu fördern; legt den Mitgliedern des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) nahe, sich weiterhin an den von den Vereinten Nationen vermittelten Gesprächen in Genf zu beteiligen;
8. ist der festen Überzeugung, dass sich die EU aktiver engagieren und ihren wichtigen finanziellen Beitrag für die Zeit nach dem Konflikt aufstocken muss, um eine maßgebliche Rolle bei den Verhandlungsbemühungen auf der Grundlage des geltenden, von den Vereinten Nationen vereinbarten Rahmens zu spielen und den politischen Übergang sicherzustellen, indem sie eine gesonderte Strategie ausarbeitet, damit sich die Parteien näher kommen, und ihre Bemühungen in Bereichen, in denen die Union einen Mehrwert bewirken kann, intensiviert; unterstützt die anhaltenden Bemühungen der HR/VP, auf die Schlüsselakteure in der Region zuzugehen, um auf einen politischen Übergang, eine Aussöhnung nach dem Konflikt und den Wiederaufbau hinzuarbeiten; fordert die HR/VP nachdrücklich auf, mit der Ausarbeitung eines konkreten Plans für die Beteiligung der EU beim Wiederaufbau Syriens zu beginnen und inklusive gemeinsame Anstrengungen mit den wichtigsten internationalen Organisationen und Finanzinstitutionen sowie mit regionalen und lokalen Akteuren anzustreben; betont allerdings, dass die Eigenverantwortung der Syrer selbst beim Prozess des Wiederaufbaus nach dem Konflikt wichtig ist;
9. betont, dass die Arbeit der lokalen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft und nichtstaatlichen Organisationen bei der Dokumentation von Beweisen für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Verbrechen, darunter auch die Zerstörung von Kulturerbe, von entscheidender Bedeutung ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, diesen Akteuren weiter umfassende Hilfe zu gewähren; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Organisationen, die an Ermittlungen unter Nutzung öffentlich zugänglicher Quellen und der digitalen Erfassung von Beweisen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit arbeiten, angemessen zu finanzieren, damit für Rechenschaftspflicht gesorgt wird und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;
10. begrüßt, dass im Rahmen der EU-Strategie für Syrien ein Schwerpunkt darauf gelegt wird, die Resilienz der syrischen Bevölkerung und der syrischen Gesellschaft zu stärken; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen im Hinblick darauf stark zu intensivieren, Kompetenzen in der Bevölkerung und in der Zivilgesellschaft Syriens aufzubauen, auch in Zusammenarbeit mit und mithilfe von Akteuren, die für Menschenrechte, Gleichstellung (einschließlich der Geschlechtergleichstellung und der Rechte der Minderheiten), Demokratie und Teilhabe eintreten, und zwar in Syrien, sofern dies möglich ist, sowie bei syrischen Flüchtlingen, die in der Region oder in Europa im Exil leben; betont, dass die syrische Bevölkerung durch einen solchen Kapazitätsaufbau dabei unterstützt werden sollte, den Übergangsprozess zu steuern (in Bereichen wie Medienregulierung, Dezentralisierung, Kommunalverwaltung und Ausarbeitung einer Verfassung), und dass dabei die Bedürfnisse und die Rolle von Frauen gebührend berücksichtigt werden müssen;
11. bringt seine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass die Rolle der Zivilgesellschaft, darunter von Frauenorganisationen, als grundlegender Bestandteil einer dauerhaften Lösung anerkannt wurde; weist darauf hin, dass die EU eine adäquate Beteiligung oder Konsultation der Zivilgesellschaft und der Frauen beim Friedensprozess fördern und erleichtern muss, was mit dem umfassenden Ansatz zur Umsetzung der Resolutionen 1325 (2000) und 1820 (2008) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit durch die EU im Einklang stünde; fordert mit Nachdruck, dass die Menschenrechte der Frauen in der neuen syrischen Verfassung zum Ausdruck kommen;
12. bekräftigt seine Unterstützung für die Anstrengungen der weltweiten Koalition gegen denIS/ Da‘esh, ist allerdings der Ansicht, dass es angezeigt gewesen wäre, im Rahmen der EU-Strategie auch Aspekte in Bezug auf die Bekämpfung des IS/Da‘esh und anderer von den Vereinten Nationen gelisteter terroristischer Gruppierungen zu überarbeiten und dabei die zugrunde liegenden politischen und sozioökonomischen Ursachen, die die Verbreitung des Terrorismus ermöglicht haben, hervorzuheben und in den Mittelpunkt zu stellen und konkrete Maßnahmen zu deren Bekämpfung zu benennen; ist ferner der Ansicht, dass es angezeigt gewesen wäre, Maßnahmen auszuarbeiten, um zur Erhaltung des multiethnischen, multireligiösen und multikonfessionellen Charakters der syrischen Gesellschaft beizutragen;
13. betont, dass es wichtig ist, ethnische und religiöse Minderheiten in Syrien zu schützen, und ist fest davon überzeugt, dass jeder politische Prozess inklusiv sein und darauf abzielen muss, Syrien in der Form eines multikonfessionellen und toleranten Staates wiederaufzubauen;
14. erinnert daran, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass frühzeitig vertrauensbildende Maßnahmen (VBM) ergriffen werden, darunter ein umfassender, ungehinderter humanitärer Zugang in ganz Syrien, die Erbringung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen (Strom, Wasser, Gesundheitsversorgung), das Ende aller Belagerungen von Städten und die Freilassung von Häftlingen und Geiseln; begrüßt die Vereinbarung zwischen der syrischen Regierung und den Rebellengruppen über die Evakuierung von vier belagerten Städten; fordert alle Parteien nachdrücklich auf, die Annahme eines umfassenden Abkommens über VBM zu unterstützen und zu ermöglichen;
15. stellt mit Bedauern fest, dass der verheerende Bürgerkrieg das Land um Jahrzehnte zurückgeworfen hat, was die soziale und wirtschaftliche Entwicklung angeht, zumal Millionen Menschen unfreiwillig arbeitslos geworden und in Armut geraten sind, das Gesundheits- und Bildungswesen zu großen Teilen zerfallen ist und sehr viele Syrer, darunter auch sehr viele gut qualifizierte Menschen, das Land verlassen mussten; weist daher darauf hin, dass die nichthumanitäre Hilfe zur Stärkung der Resilienz der Menschen in Syrien und zur Wiederankurbelung der Wirtschaft aufgestockt werden muss; fordert die EU-Mitgliedstaaten überdies auf, sich verstärkt an der Aufteilung der Verantwortung zu beteiligen, sodass Flüchtlinge aus den syrischen Kriegsgebieten auch über die unmittelbaren Nachbarstaaten hinaus Schutz finden können, auch im Rahmen von Regelungen für ihre Neuansiedlung oder ihre Aufnahme aus humanitären Gründen; ist allerdings der Ansicht, dass Anreize dafür geschaffen werden müssen, dass qualifizierte syrische Flüchtlinge unmittelbar nach dem Ende des Konflikts in ihr Land zurückkehren und einen Beitrag zu den Wiederaufbauanstrengungen leisten;
16. begrüßt die von der EU mit Jordanien und dem Libanon vereinbarten neuen Prioritäten in der Partnerschaft sowie die Lockerung der Ursprungsbestimmungen der EU für Exporte aus Jordanien; bedauert, dass die sozialen und wirtschaftlichen Lebensumstände von vielen Flüchtlingen in Jordanien, dem Libanon und der Türkei noch immer prekär sind und dass diese Flüchtlinge oftmals keine (legale) Beschäftigung finden können; fordert die HR/VP auf, darauf zu bestehen, dass die staatlichen Stellen Jordaniens und des Libanon sich darum bemühen, die verbleibenden (informellen) Hindernisse zu beseitigen, verstärkt Möglichkeiten für eine selbständige Erwerbstätigkeit zu unterstützen und sich für die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen und junge Menschen einzusetzen;
17. unterstützt das im Rahmen einer Initiative verfolgte Ziel uneingeschränkt, dass es in Syrien und in der Region keine verlorene Generation von Kindern geben darf, und fordert, dass zusätzliche Bemühungen angestrengt werden, damit das Ziel erreicht wird, dass alle Flüchtlingskinder und gefährdeten Kinder in den Aufnahmegesellschaften eine hochwertige Bildung erhalten, wozu auch der gleichberechtigte Zugang von Mädchen und Jungen zählt; betont, dass die Bildung in Flüchtlingslagern, die oftmals informell erfolgt, anerkannt werden muss und auf die psychische Genesung dieser traumatisierten Kinder hingearbeitet werden muss;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten sowie den Vereinten Nationen, den Mitgliedern der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien und allen am Konflikt beteiligten Parteien zu übermitteln und für die Übersetzung dieses Textes ins Arabische zu sorgen.