Entschließung des Europäischen Parlaments vom 1. Juni 2017 mit Empfehlungen an die Kommission zum Schutz schutzbedürftiger Erwachsener (2015/2085(INL))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– gestützt auf Artikel 67 Absatz 4 und Artikel 81 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 3, in dem jedem Menschen das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit garantiert wird, und auf Artikel 21 über die Nichtdiskriminierung,
– unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2008 mit Empfehlungen an die Kommission zu dem Thema „Rechtsschutz von Erwachsenen: grenzübergreifende Auswirkungen“(1),
– unter Hinweis auf die vom Wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments im September 2016 ausgearbeitete Bewertung des europäischen Mehrwerts (PE 581.388),
– unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen („Haager Übereinkommen“),
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen („Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“),
– unter Hinweis auf die Empfehlung Nr. R (99) 4 des Ministerkomitees des Europarats vom 23. Februar 1999 über die Grundsätze betreffend den Rechtsschutz der urteilsunfähigen Mündigen („Empfehlung Nr. R (99) 4 des Ministerkomitees des Europarats“),
– unter Hinweis auf die Empfehlung Nr. CM/Rec(2009)11 des Ministerkomitees des Europarats vom 9. Dezember 2009 über die Grundsätze betreffend Vorsorgevollmachten und geplante Richtlinien zur Geschäftsunfähigkeit („Empfehlung Nr. CM/Rec(2009)11 des Ministerkomitees des Europarats“),
– gestützt auf die Artikel 46 und 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8‑0152/2017),
A. in der Erwägung, dass die EU unbedingt mehr Nähe zu ihren Bürgern an den Tag legen und sich mit Themen beschäftigen muss, die die Bürger unmittelbar betreffen, wobei die Grundrechte ohne jedwede Diskriminierung oder Ausgrenzung zu achten sind;
B. in der Erwägung, dass der Schutz schutzbedürftiger Erwachsener, die von ihrer Freizügigkeit in der Union Gebrauch machen, ein transnationales Thema ist, das folglich alle Mitgliedstaaten betrifft; in der Erwägung, dass an dieser Angelegenheit deutlich wird, dass die EU und ihr Parlament eine wichtige Rolle übernehmen sollten, wenn es gilt, auf die Probleme und Schwierigkeiten, auf die die Unionsbürger bei der Durchsetzung ihrer Rechte stoßen, zu reagieren, insbesondere bei transnationalen Sachverhalten;
C. in der Erwägung, dass der Schutz schutzbedürftiger Erwachsener eng mit der Achtung der Menschenrechte verbunden ist; in der Erwägung, dass alle schutzbedürftigen Erwachsenen nicht nur als passive Empfänger von Pflege und Zuwendung, sondern wie alle Unionsbürger als Inhaber von Rechten und als fähig angesehen werden sollten, im Rahmen ihrer Fähigkeiten freie, selbstbestimmte und bewusste Entscheidungen zu treffen;
D. in der Erwägung, dass das Recht auf Personenfreizügigkeit durch die Schutzbedürftigkeit von Erwachsenen und die unterschiedlichen Regelungen ihres Rechtsschutzes nicht eingeschränkt werden darf;
E. in der Erwägung, dass es im Zuge des demografischen Wandels und der Verlängerung der Lebenserwartung immer mehr ältere Menschen gibt, die aufgrund altersbedingter Krankheiten nicht in der Lage sind, selbst für die Wahrung ihrer Interessen zu sorgen; in der Erwägung, dass es auch andere Umstände gibt, die altersunabhängig sind - beispielsweise geistige oder körperliche Behinderungen - und die zudem auch angeboren sein können, und unter denen die Fähigkeit eines Erwachsenen, seine Interessen zu vertreten, beeinträchtigt sein kann;
F. in der Erwägung, dass Auswanderer und Rentner, darunter schutzbedürftige Personen und solche, die schutzbedürftig werden könnten, immer häufiger in einen anderen Mitgliedstaat ziehen, was zu Problemen geführt hat;
G. in der Erwägung, dass zwischen den jeweiligen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf den Gebieten der gerichtlichen Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen zum Schutz von Erwachsenen Unterschiede bestehen; in der Erwägung, dass durch die Vielfalt der anzuwendenden Gesetze und der zuständigen Gerichte die Rechte schutzbedürftiger Erwachsener, sich in einem Mitgliedstaat ihrer Wahl frei zu bewegen und dort zu wohnen, sowie der angemessene Schutz ihres Vermögens, sollte es auf mehrere Mitgliedstaaten verteilt sein, beeinträchtigt werden können;
H. in der Erwägung, dass auch in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten in Bezug auf Schutzmaßnahmen nach wie vor Unterschiede bestehen, obwohl in diesem Bereich dank der Empfehlung Nr. R (99) 4 des Ministerkomitees des Europarats Fortschritte erzielt worden sind;
I. in der Erwägung, dass die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) gemäß ihrem Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a nicht auf die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit von natürlichen Personen anzuwenden ist;
J. in der Erwägung, dass das Haager Übereinkommen eine Gesamtheit von Vorschriften des internationalen Privatrechts darstellt, mit deren Hilfe auf besonders geeignete Art und Weise auf transnationale Probleme im Zusammenhang mit schutzbedürftigen Erwachsenen reagiert werden kann; in der Erwägung, dass dieses Übereinkommen bisher nur von wenigen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist, obwohl es schon vor längerer Zeit angenommen wurde; in der Erwägung, dass durch diese Verzögerung bei der Ratifikation des Übereinkommens der transnationale Schutz schutzbedürftiger Erwachsener in der Union beeinträchtigt wird; in der Erwägung, dass daher im Interesse der Effizienz unbedingt auf Unionsebene Maßnahmen getroffen werden müssen, damit der Schutz schutzbedürftiger Erwachsener in transnationalen Angelegenheiten wirklich gewahrt wird;
K. in der Erwägung, dass ein schutzbedürftiger Erwachsener eine Person ist, die das 18. Lebensjahr vollendet hat, aber aufgrund einer Beeinträchtigung oder unzureichender persönlicher Fähigkeiten nicht in der Lage ist, ihre Interessen (persönliche Angelegenheiten und/oder persönliches Vermögen) vorübergehend oder dauerhaft zu vertreten;
L. in der Erwägung, dass die Vorschriften des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beachtet werden müssen; in der Erwägung, dass die Union und die Mitgliedstaaten ausnahmslos Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind;
M. in der Erwägung, dass bei der Festsetzung der politischen Ziele der EU die Achtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sichergestellt werden muss;
N. in der Erwägung, dass die Maßnahmen der EU zum Schutz schutzbedürftiger Erwachsener hauptsächlich darauf abzielen sollten, sicherzustellen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten Maßnahmen zum Schutz schutzbedürftiger Erwachsener, die von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats getroffen wurden, weiterleiten, anerkennen und vollstrecken, insbesondere die Verbreitung und Anerkennung von Vorsorgevollmachten, und dass die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich verbessert wird;
O. in der Erwägung, dass unter „Maßnahmen zum Schutz“ insbesondere die in Artikel 3 des Haager Übereinkommens genannten Maßnahmen verstanden werden sollten;
P. in der Erwägung, dass eine „Vorsorgevollmacht“ eine Vertretungsmacht ist, die von einem urteilsfähigen Erwachsenen entweder durch eine Vereinbarung oder ein einseitiges Rechtsgeschäft verliehen wird und die in Kraft tritt, sobald dieser Erwachsene nicht mehr imstande ist, seine Interessen zu vertreten;
Q. in der Erwägung, dass den Bürgern klare und präzise Informationen über die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Geschäftsunfähigkeit und den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener leichter zugänglich gemacht werden sollten, damit die Bürger von sich aus bewusste Entscheidungen treffen können;
R. in der Erwägung, dass den verschiedenen betroffenen Verwaltungs- und Justizbehörden rechtzeitig Zugang zu Informationen gewährt werden sollte, die die rechtliche Lage von Erwachsenen, für die Schutzmaßnahmen erlassen wurden oder für die eine Vorsorgevollmacht vorliegt, betreffen, da so der Schutz dieser Personen verbessert und gestärkt werden könnte;
S. in der Erwägung, dass der rechtzeitige Zugang der betroffenen Verwaltungs- und Justizbehörden zu Informationen, die die rechtliche Lage von schutzbedürftigen Erwachsenen betreffen, erleichtert und außerdem für mehr Rechtssicherheit gesorgt werden kann, indem in allen Mitgliedstaaten Karteien oder Register angelegt werden, in denen behördliche und gerichtliche Entscheidungen erfasst werden, mit denen Maßnahmen zum Schutz schutzbedürftiger Erwachsener angeordnet und, falls im innerstaatlichen Recht vorgesehen, Vorsorgevollmachten erteilt werden; in der Erwägung, dass die Vertraulichkeit dieser Karteien oder Register unbedingt gewahrt werden sollte, und zwar nach Maßgabe der Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten über den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten;
T. in der Erwägung, dass die von den Behörden eines Mitgliedstaats getroffenen Schutzmaßnahmen in anderen Mitgliedstaaten automatisch anerkannt werden sollten; in der Erwägung, dass es sich ungeachtet der vorhergehenden Erwägungen als notwendig erweisen könnte, Gründe für die Ablehnung einer Anerkennung oder Vollstreckung einer Schutzmaßnahme einzuführen; in der Erwägung, dass diese klar umrissenen Gründe, die von den zuständigen nationalen Behörden ersuchter Staaten geltend gemacht werden können, wenn sie eine von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats getroffene Schutzmaßnahme nicht anerkennen oder nicht vollstrecken wollen, auf den Schutz der öffentlichen Ordnung des ersuchten Staates begrenzt sein sollten;
U. in der Erwägung, dass wirksame Mechanismen für die Anerkennung, Registrierung und Handhabung von Vorsorgevollmachten in der gesamten Union eingeführt werden könnten; in der Erwägung, dass ein unionsweit einheitlicher Vordruck für Vorsorgevollmachten erstellt werden sollte, um die Gültigkeit dieser Vollmachten in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen;
V. in der Erwägung, dass unionsweit einheitliche Vordrucke eingeführt werden sollten, um die Bereitstellung von Informationen über Entscheidungen in Bezug auf den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener sowie die Weiterleitung, die Anerkennung und die Vollstreckung dieser Entscheidungen zu fördern; in der Erwägung, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich ist, dass alle Personen, denen der Schutz der Person oder des Vermögens eines schutzbedürftigen Erwachsenen anvertraut worden ist, auf Antrag innerhalb eines angemessenen Zeitraums ein Zertifikat erhalten können, in dem ihre Rechtsstellung, ihr Rechtsstatus und die ihnen übertragenen Befugnisse bescheinigt werden;
W. in der Erwägung, dass eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, die in diesem Mitgliedstaat vollstreckbar ist, auch in anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar sein sollte, ohne dass es einer Vollstreckbarkeitserklärung bedarf;
X. in der Erwägung, dass es nützlich sein könnte, Mechanismen zur Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten einzuführen, um die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden und die Übertragung und den Austausch von Daten bezüglich schutzbedürftiger Erwachsener zu fördern und zu vereinfachen; in der Erwägung, dass die Ernennung einer zentralen Behörde durch jeden Mitgliedstaat, wie im Haager Übereinkommen vorgesehen, diesem Ziel in geeigneter Art und Weise dienlich sein könnte;
Y. in der Erwägung, dass bestimmte Maßnahmen, die von den Behörden eines Mitgliedstaats hinsichtlich eines schutzbedürftigen Erwachsenen in Betracht gezogen werden, vor allem die Unterbringung in einer sich in einem anderen Mitgliedstaat befindlichen Einrichtung, logistische und finanzielle Auswirkungen auf diesen Mitgliedstaat haben könnten; in der Erwägung, dass es in solchen Fällen nützlich sein könnte, Mechanismen zur Zusammenarbeit der Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten zu schaffen, damit sich diese Behörden darüber verständigen können, inwiefern eine Aufteilung der Kosten im Zusammenhang mit der jeweiligen Schutzmaßnahme zweckmäßig ist;
Z. in der Erwägung, dass das Bestehen einer zentralen Behörde die Verwaltungs- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten nicht davon abhalten sollte, sich direkt untereinander auszutauschen, wenn ihnen dies wirksamer erscheint;
AA. in der Erwägung, dass die Kommission seit der Annahme der Entschließung des Parlaments vom 18. Dezember 2008 durchaus die Möglichkeit gehabt haben sollte, ausreichend Informationen über die Durchsetzung des Haager Übereinkommens in den Mitgliedstaaten, die es ratifiziert haben, zu sammeln und den vom Parlament in dieser Entschließung geforderten Bericht zu verfassen;
1. beglückwünscht die Mitgliedstaaten, die das Haager Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert haben, und fordert die anderen Mitgliedstaaten auf, dies umgehend nachzuholen; fordert die Kommission auf, ihr gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen und Druck auf den Rat und die Mitgliedstaaten auszuüben, damit das Übereinkommen bis Ende 2017 von mehr Staaten ratifiziert wird;
2. stellt fest, dass der Vorschlag für eine Verordnung, der in den in der Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen verlangt wird, das Haager Übereinkommen nicht ersetzen, sondern stärken würde, und dass die Mitgliedstaaten durch diesen Vorschlag dazu angehalten würden, es zu ratifizieren und umzusetzen;
3. stellt fest, dass der Schutz schutzbedürftiger Erwachsener – vor allem von Menschen mit Behinderungen – eine umfangreiche Palette konkreter und zielgerichteter Maßnahmen erforderlich macht;
4. fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die in ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Schutzmaßnahmen in ausreichendem Maße an die individuelle Situation des jeweiligen schutzbedürftigen Erwachsenen angepasst werden können, sodass die zuständigen nationalen Behörden angemessene und verhältnismäßige individuelle Schutzmaßnahmen ergreifen können und keinem EU-Bürger ein Rechtsanspruch verwehrt wird, wenn er noch in der Lage ist, ihn geltend zu machen; stellt fest, dass die fehlende Geschäftsfähigkeit bei den meisten Menschen mit Behinderungen der Behinderung und nicht dem Alter geschuldet ist;
5. weist die Kommission und die Mitgliedstaaten darauf hin, dass schutzbedürftige Erwachsene nicht unbedingt aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters schutzbedürftig sind, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Stärkung des Rechtsschutzes und der Rechte schutzbedürftiger Erwachsener nicht nur für schutzbedürftige Erwachsene fortgeschrittenen Alters zu ergreifen, sondern auch für Erwachsene, die wegen einer schweren geistigen und/oder körperlichen Behinderung schutzbedürftig sind bzw. geworden sind und deshalb nicht in der Lage sind, für die Wahrung ihrer eigenen Interessen zu sorgen; hält es zu diesem Zweck für sehr sinnvoll, Möglichkeiten des Austauschs und Vergleichs bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten einzuführen und dabei von den verschiedenen Regelungen des Schutzes auszugehen;
6. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Selbstbestimmung Erwachsener zu fördern, indem sie in ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften ein Gesetz über Vorsorgevollmachten aufnehmen und sich dabei an den Grundsätzen der Empfehlung Nr. CM/Rec(2009)11 des Ministerkomitees des Europarats orientieren;
7. fordert die Mitgliedstaaten auf, speziell auf die Bedürfnisse der am stärksten benachteiligten schutzbedürftigen Erwachsenen zu achten und Maßnahmen zu ergreifen, mit denen sichergestellt wird, dass diese Erwachsenen aufgrund dieser Umstände nicht diskriminiert werden; fordert die Mitgliedstaaten, die Vorsorgevollmachten rechtlich anerkennen oder deren Einführung beschließen, in diesem Zusammenhang auf, in ihren Rechtssystemen keine Gebühren oder Formalitäten vorzusehen, durch die auf unvernünftige Art und Weise verhindert wird, dass benachteiligte Erwachsene ungeachtet ihrer finanziellen Lage in den Genuss einer Vorsorgevollmacht kommen können;
8. fordert die Kommission auf, Projekte einzuleiten, fortzusetzen und zu finanzieren, in denen den Unionsbürgern die Gesetze der Mitgliedstaaten in Bezug auf schutzbedürftige Erwachsene und Schutzmaßnahmen zugunsten dieser Personen nähergebracht werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und durchzuführen, damit sich alle in ihrem Staatsgebiet aufhältigen Personen ohne großen Aufwand und hinreichend darüber informieren können, welche innerstaatlichen Rechtsvorschriften hinsichtlich des Schutzes schutzbedürftiger Erwachsener gelten und welche Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können;
9. bedauert, dass die Kommission der Aufforderung des Parlaments nicht nachgekommen ist, dem Parlament und dem Rat zu gegebener Zeit einen Bericht über Probleme und bewährte Verfahren im Zusammenhang mit der praktischen Anwendung des Haager Übereinkommens vorzulegen und darin außerdem Vorschläge für Maßnahmen der Union zur Ergänzung oder Spezifizierung der Art und Weise, wie das Übereinkommen anzuwenden ist, zu unterbreiten; ist der Ansicht, dass in dem Bericht praktische Probleme hätten behandelt werden können, auf die die Kommission beim Sammeln von Informationen über die Anwendung des Haager Übereinkommens gestoßen ist;
10. fordert die Kommission auf, dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 31. März 2018 auf Grundlage von Artikel 81 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entsprechend den als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen einen Vorschlag für eine Verordnung zu unterbreiten, die darauf abzielt, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu stärken sowie die automatische Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Bezug auf den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener und Vorsorgevollmachten zu verbessern;
11. stellt fest, dass diese Empfehlungen mit den Grundrechten und dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang stehen; betont in diesem Zusammenhang, dass unbedingt nicht nur den auf nationaler Ebene bewährten Verfahren, sondern auch den in den Kommunen und Gebietskörperschaften gesammelten Erfahrungen Rechnung zu tragen ist;
12. vertritt die Auffassung, dass der verlangte Vorschlag keine finanziellen Auswirkungen hat;
13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen der Kommission, dem Rat und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).
ANLAGE ZUR ENTSCHLIESSUNG:
AUSFÜHRLICHE EMPFEHLUNGEN ZUM INHALT DES VERLANGTEN VORSCHLAGS
A. GRUNDSÄTZE UND ZIELE DES VORSCHLAGS
1. Die Verbreitung von Informationen über Entscheidungen von Verwaltungsbehörden oder Gerichten zu schutzbedürftigen Erwachsenen fördern, für die Schutzmaßnahmen gemäß dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen erlassen wurden, sowie die Weiterleitung, die Anerkennung und die Vollstreckung dieser Entscheidungen erleichtern.
2. Karteien oder Register auf nationaler Ebene anlegen, in denen behördliche oder gerichtliche Entscheidungen erfasst werden, mit denen zum einen Maßnahmen zum Schutz schutzbedürftiger Erwachsener angeordnet werden, und zum anderen, falls im innerstaatlichen Recht vorgesehen, Vorsorgevollmachten erteilt werden, um für Rechtssicherheit zu sorgen und dazu beizutragen, dass Informationen über die rechtliche Lage derjenigen Personen, für die Schutzmaßnahmen erlassen wurden, weitergeleitet werden und die Verwaltungen und die zuständigen Gerichte rasch Zugang zu diesen Informationen erhalten.
3. Spezielle und geeignete Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten umsetzen, die sich an den Instrumenten des Haager Übereinkommens orientieren, insbesondere das Einrichten von zentralen Behörden, die die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erleichtern und die Weiterleitung und den Austausch von Informationen über die behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen in Bezug auf Erwachsene, für die Schutzmaßnahmen gelten, koordinieren sollen.
4. Sicherstellen, dass die Weitergabe von Informationen über den Schutzstatus schutzbedürftiger Erwachsener und der Zugang zu den Karteien und Registern, in denen Schutzmaßnahmen und Vorsorgevollmachten erfasst werden, durch die Mitgliedstaaten auf eine Art und Weise erfolgt, bei der die Einhaltung des Grundsatzes der Vertraulichkeit und der Vorschriften für den Schutz der personenbezogenen Daten der betroffenen Erwachsenen uneingeschränkt gewahrt wird.
5. Einheitliche EU-Vordrucke erstellen, um den Informationsaustausch über behördliche oder gerichtliche Entscheidungen in Bezug auf schutzbedürftige Erwachsene sowie die Weiterleitung, die Anerkennung und die Vollstreckung dieser Entscheidungen zu fördern. Die Kommission könnte sich dabei an Modellen für Vordrucke orientieren, die von der diplomatischen Sonderkommission der Haager Konferenz für internationales Privatrecht im Bericht über die Tagung von September und Oktober 1999 zum Schutz von Erwachsenen empfohlen werden.
6. Anerkennen, dass alle Personen, die den Schutz der Person oder des Vermögens eines schutzbedürftigen Erwachsenen übernehmen, ein Anrecht darauf haben, dass ihnen von den zuständigen Behörden innerhalb eines angemessenen Zeitraums ein Zertifikat ausgestellt wird, in dem ihre Rechtsstellung und die ihnen übertragenen Befugnisse bescheinigt werden und das in allen Mitgliedstaaten gültig wäre.
7. Die automatische Anerkennung der von den Behörden eines Mitgliedstaats erlassenen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten fördern, und zwar unbeschadet der Einführung von Rechtsgarantien, die in Ausnahmefällen und im Einklang mit den Artikeln 3 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union von den um Anerkennung solcher Maßnahmen ersuchten Mitgliedstaaten in Anspruch genommen werden können, wenn sie die Anerkennung oder Vollstreckung solcher Maßnahmen aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Ordnung ablehnen.
8. Die Vollstreckung der von den Behörden eines Mitgliedstaats getroffenen Schutzmaßnahmen in den Mitgliedstaaten erleichtern, ohne dass es einer Vollstreckbarkeitserklärung für solche Maßnahmen bedarf.
9. Konsultationen und Beratungen der Mitgliedstaaten in den Fällen fördern, in denen die Vollstreckung einer von den Behörden eines Mitgliedstaats angestrebten Entscheidung logistische und finanzielle Auswirkungen auf einen anderen Mitgliedstaat haben könnte, sodass sich die betroffenen Mitgliedstaaten über eine Aufteilung der Kosten im Zusammenhang mit der jeweiligen Schutzmaßnahme verständigen können. Die Konsultationen und Beratungen sollten immer im Interesse der betroffenen schutzbedürftigen Erwachsenen und unter uneingeschränkter Wahrung ihrer Grundrechte erfolgen. Die betroffenen Behörden könnten der zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörde alternative Maßnahmen vorschlagen, wobei diese Behörde die endgültige Entscheidung trifft.
10. Einheitliche Vordrucke für Vorsorgevollmachten einführen, um den Gebrauch dieser Vollmachten durch die betroffenen Personen – deren in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung von den zuständigen Behörden zu überprüfen wäre – zu erleichtern, sowie sicherstellen, dass solche Vollmachten weitergeleitet, anerkannt und ausgeübt werden können.
B. VORZUSCHLAGENDE MASSNAHMEN
1. Die Kommission wird ersucht, dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 31. März 2018 auf Grundlage von Artikel 81 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einen Vorschlag für eine Verordnung zu unterbreiten, die auf eine Verstärkung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie die automatische Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Bezug auf den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener und Vorsorgevollmachten abzielt.