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Verfahren : 2017/2692(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : B8-0383/2017

Eingereichte Texte :

B8-0383/2017

Aussprachen :

PV 31/05/2017 - 15
CRE 31/05/2017 - 15

Abstimmungen :

PV 01/06/2017 - 7.12
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P8_TA(2017)0243

Angenommene Texte
PDF 173kWORD 45k
Donnerstag, 1. Juni 2017 - Brüssel
Bekämpfung von Antisemitismus
P8_TA(2017)0243B8-0383/2017

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 1. Juni 2017 zur Bekämpfung von Antisemitismus (2017/2692(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf die Präambel, den zweiten Bezugsvermerk, die Bezugsvermerke 4 bis 7 und Artikel 2, Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 und Artikel 6,

–  gestützt auf Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000,

–  unter Hinweis auf den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit(1),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI(2),

–  unter Hinweis auf die 2015 angenommene Europäische Sicherheitsagenda,

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Europarats 2106 (2016) vom 20. April 2016 mit dem Titel „Das erneute Bekenntnis zur Bekämpfung des Antisemitismus in Europa“,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des ersten jährlichen Kolloquiums der Kommission vom 1./2. Oktober 2015 in Brüssel zum Thema „Toleranz und Respekt: Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in Europa vorbeugen und bekämpfen“,

–  unter Hinweis auf die Ernennung eines Koordinators der Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus im Dezember 2015,

–  unter Hinweis auf die Einrichtung der hochrangigen EU-Gruppe zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und anderen Formen der Intoleranz im Juni 2016,

–  unter Hinweis auf den Verhaltenskodex für die Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet, auf den sich die Kommission und führende IT-Unternehmen sowie weitere Plattformen und Unternehmen im Bereich der sozialen Medien am 31. Mai 2016 verständigt haben,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Dezember 2016 zu der Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2015)(3),

–  unter Hinweis auf die in den letzten Jahren in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union verübten gezielten gewaltsamen Übergriffe und Terroranschläge gegen Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft,

–  unter Hinweis auf die primäre Verantwortung der Regierungen für die Sicherheit all ihrer Bürger und die daraus folgende primäre Verantwortung für die Überwachung und Vorbeugung von Gewalt, einschließlich antisemitischer Gewalt, sowie für die strafrechtliche Verfolgung der Täter,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Zahl der antisemitischen Vorfälle in den EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist, wie unter anderem die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) berichten;

B.  in der Erwägung, dass Berichten zufolge die Einführung gezielter Sicherheitsmaßnahmen zur Vorbeugung und zur Verringerung der Anzahl von gewaltsamen antisemitischen Angriffen beigetragen hat;

C.  in der Erwägung, dass die Bekämpfung von Antisemitismus in der Verantwortung der Gesellschaft insgesamt liegt;

1.  betont, dass Hassreden und jede Form der Gewalt gegen die jüdischen Bürger Europas nicht mit den Werten der Europäischen Union vereinbar sind;

2.  fordert die Mitgliedstaaten und die Organe und Agenturen der Europäischen Union auf, die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA)(4) anzunehmen und umzusetzen, um die Bemühungen der Justiz- und Strafverfolgungsbehörden um eine effizientere und wirksamere Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung antisemitischer Angriffe zu unterstützen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, diesbezüglich dem Beispiel des VK und Österreichs zu folgen;

3.  fordert die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um einen aktiven Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit ihrer jüdischen Bürger und der jüdischen religiösen, Bildungs- und Kultureinrichtungen zu leisten, und zwar in enger Abstimmung und im Dialog mit den jüdischen Gemeinschaften, den Organisationen der Zivilgesellschaft und den nichtstaatlichen Organisationen, die sich im Kampf gegen Diskriminierungen engagieren;

4.  begrüßt die Ernennung des Koordinators der Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle erforderlichen Instrumente sowie die erforderliche Unterstützung bereitzustellen, damit diese Funktion möglichst wirksam ist;

5.  fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Koordinatoren zur Bekämpfung von Antisemitismus zu ernennen;

6.  fordert die Mitglieder der nationalen und regionalen Parlamente und die politischen Führungskräfte auf, antisemitische Äußerungen systematisch und öffentlich zu verurteilen und sich mit Gegenreden und alternativen Diskursen zu engagieren und parteiübergreifende parlamentarische Gruppen gegen Antisemitismus einzurichten, um den Antisemitismus im gesamten politischen Spektrum verstärkt zu bekämpfen;

7.  betont die bedeutende Rolle der Zivilgesellschaft und der Bildung im Hinblick auf die Vorbeugung und Bekämpfung jeder Form von Hass und Intoleranz und fordert eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den Medien nahezulegen, den Respekt für alle Glaubensgemeinschaften und die Wertschätzung der Vielfalt sowie Schulungen für Journalisten über alle Formen des Antisemitismus zu fördern, um mögliche Vorurteile zu bekämpfen;

9.  fordert diejenigen Mitgliedstaaten, in denen die Berufung auf Gründe der Rasse, der Staatsangehörigkeit, der ethnischen Herkunft oder der Religion oder Weltanschauung bisher nicht als erschwerender Faktor bei einer Straftat galt, auf, hier so rasch wie möglich Abhilfe zu schaffen und darauf hinzuwirken, dass der Rahmenbeschluss des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vollständig und gebührend umgesetzt und durchgeführt wird, damit gewährleistet ist, dass die Behörden der Mitgliedstaaten antisemitische Handlungen sowohl online als auch offline verfolgen;

10.  spricht sich mit Nachdruck dafür aus, dass den Durchsetzungsbehörden gezielte Schulungen über die Bekämpfung von Hassverbrechen und Diskriminierung angeboten werden und dass in den Polizeibehörden, die noch nicht über spezielle Einheiten für die Bekämpfung von Hassverbrechen verfügen, solche eingerichtet werden, und fordert die EU-Agenturen und die internationalen Organisationen auf, die Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung solcher Schulungen zu unterstützen;

11.  fordert bei der strafrechtlichen Verfolgung von Hassverbrechen, insbesondere im Fall von schweren Straftaten wie terroristischen Aktivitäten, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf allen Ebenen;

12.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, um ein umfassendes und effizientes System für die systematische Sammlung zuverlässiger, relevanter und vergleichbarer Daten über Hassverbrechen – aufgeschlüsselt nach Motiv – einschließlich Terroranschläge, einzuführen;

13.  fordert die Mitgliedstaaten bezüglich des zwischen der Kommission und führenden IT-Unternehmen vereinbarten Verhaltenskodex auf, Online-Mittler und Plattformen der sozialen Medien nachdrücklich aufzufordern, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um antisemitische Hassreden im Internet zu verhindern und zu bekämpfen;

14.  hebt hervor, dass Schulen eine einzigartige Gelegenheit bieten, die Werte Toleranz und Respekt zu vermitteln, zumal sie alle Kinder von klein auf erreichen;

15.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Aufklärung über den Holocaust (Shoah) an den Schulen zu fördern und dafür zu sorgen, dass die Lehrkräfte angemessen für diese Aufgabe geschult und in der Lage sind, die Frage der Vielfalt im Klassenzimmer anzugehen; fordert die Mitgliedstaaten ebenfalls auf, eine Überarbeitung der Schulbücher in Erwägung zu ziehen, damit gewährleistet ist, dass die jüdische Geschichte und das heutige jüdische Leben umfassend, ausgewogen und frei von jeder Form von Antisemitismus dargestellt werden;

16.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gezielte Aktivitäten und Bildungsprojekte finanziell stärker zu unterstützen, Partnerschaften mit jüdischen Gemeinschaften und Einrichtungen aufzubauen und zu stärken und den Austausch zwischen Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Glaubensrichtungen durch gemeinsame Aktivitäten zu fördern und entsprechende Sensibilisierungskampagen einzuleiten und zu unterstützen;

17.  fordert die Kommission auf, sich eng mit internationalen Akteuren wie der UNESCO, der OSZE und dem Europarat sowie mit anderen internationalen Partnern abzustimmen, um den Antisemitismus auf internationaler Ebene zu bekämpfen;

18.  fordert die Kommission auf, den Beraterstatus in der IHRA zu beantragen;

19.  fordert jeden einzelnen Mitgliedstaat auf, den Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar offiziell zu begehen;

20.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten und der Beitrittskandidaten, dem Europarat, der OSZE sowie den Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 55.
(2) ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.
(3) Angenommene Texte, P8_TA(2016)0485.
(4) http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=50144

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