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Verfahren : 2016/2224(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A8-0295/2017

Eingereichte Texte :

A8-0295/2017

Aussprachen :

PV 23/10/2017 - 19
CRE 23/10/2017 - 19

Abstimmungen :

PV 24/10/2017 - 5.17
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P8_TA(2017)0402

Angenommene Texte
PDF 238kWORD 65k
Dienstag, 24. Oktober 2017 - Straßburg
Legitime Maßnahmen zum Schutz von Hinweisgebern, die aus Gründen des öffentlichen Interesses Informationen offenlegen
P8_TA(2017)0402A8-0295/2017

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2017 zu legitimen Maßnahmen zum Schutz von Hinweisgebern, die aus Gründen des öffentlichen Interesses vertrauliche Informationen über Unternehmen und öffentliche Einrichtungen offenlegen (2016/2224(INI))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 2,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Artikel 11,

–  unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention, insbesondere Artikel 10,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2013/30 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2015 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2016 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAXE 2)(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu organisiertem Verbrechen, Korruption und Geldwäsche: Empfohlene Maßnahmen und Initiativen(3),

–  unter Hinweis auf die Entschließung 1729 (2010) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats mit dem Titel „Protection of Whistle-Blowers“ (Schutz von Hinweisgebern),

–  unter Hinweis auf die Entschließung 2060 (2015) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats mit dem Titel „Improving the Protection of Whistle-Blowers“ (Verbesserung des Schutzes von Hinweisgebern),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2015 mit Empfehlungen an die Kommission zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Harmonisierung der Politik im Bereich der Körperschaftsteuer in der Union(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. Juni 2011 über die Korruptionsbekämpfung in der EU (COM(2011)0308),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Juli 2016 über weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (COM(2016)0451),

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan der G20 zur Korruptionsbekämpfung und insbesondere den Leitfaden für eine gesetzliche Regelung zum Schutz von Hinweisgebern,

–  unter Hinweis auf den Bericht der OECD vom März 2016 mit dem Titel „S’engager pour une protection efficace des lanceurs d’alerte“ (Verpflichtung zum wirksamen Schutz von Hinweisgebern),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten zum Abschluss ihrer Initiativuntersuchung OI/1/2014/PMC über die Meldung von Missständen („Whistleblowing“),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2014)7 des Ministerkomitees des Europarats vom 30. April 2014 zum Schutz von Hinweisgebern („Whistleblowern“) sowie auf dessen entsprechenden Kurzleitfaden vom Januar 2015 über die Umsetzung eines nationalen Rahmens,

–  unter Hinweis auf die Entschließung 2171 (2017) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Juni 2017, mit welcher die nationalen Parlamente ersucht werden, ein Recht auf Meldung anzuerkennen,

–  unter Hinweis auf den Grundsatz 4 der Empfehlung der OECD über die Verbesserung ethischer Verhaltensregeln im öffentlichen Dienst,

–  unter Hinweis auf die Konvention zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Februar 2017 über die Rolle von Informanten beim Schutz der finanziellen Interessen der EU(5),

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses sowie auf die Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Haushaltskontrollausschusses, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, des Ausschusses für Kultur und Bildung, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A8-0295/2017),

A.  in der Erwägung, dass sich die Europäische Union die Achtung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit zum Ziel gesetzt hat und daher ihren Bürgerinnen und Bürgern das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert; in der Erwägung, dass die Meldung von Missständen einen grundlegenden Aspekt des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Rechts auf Information darstellt, die beide in der EU-Charta der Grundrechte verankert sind, deren Einhaltung und Anwendung von der EU garantiert werden; in der Erwägung, dass sich die EU für den Schutz der Arbeitnehmer und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzt;

B.  in der Erwägung, dass die Europäische Union bei uneingeschränkter Achtung der Grundsätze des Völkerrechts, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zur Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen die Korruption beiträgt;

C.  in der Erwägung, dass die Europäische Union gemäß Artikel 67 Ziffer 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) für die gemeinsame europäische Asylpolitik zuständig ist;

D.  in der Erwägung, dass Transparenz und Bürgerbeteiligung Teil der Entwicklungen und Herausforderungen sind, denen sich Demokratien im 21. Jahrhundert gegenübersehen;

E.  in der Erwägung, dass seit der Wirtschafts-, Schulden- und Finanzkrise zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung der weltweiten Steuerumgehung und Steuerhinterziehung ergriffen wurden; in der Erwägung, dass mehr Transparenz im Finanzdienstleistungsbereich erforderlich ist, damit Fehlverhalten entgegengewirkt wird, und dass einige Mitgliedstaaten bereits Erfahrungen mit zentralen Stellen für die Meldung tatsächlicher oder möglicher Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften im Finanzbereich gemacht haben; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen im Jahr 2003 das Übereinkommen gegen Korruption verabschiedet haben(6); in der Erwägung, dass das Parlament auf diese Enthüllungen hin zwei Sonderausschüsse und einen Untersuchungsschuss eingesetzt hat; in der Erwägung, dass es den Schutz von Hinweisgebern bereits in mehreren Entschließungen gefordert hat(7); in der Erwägung, dass die bereits beschlossenen Initiativen zur Stärkung des internationalen Informationsaustauschs in Steuersachen hilfreich waren und dass durch die verschiedenen, Steuern betreffenden Enthüllungen in großem Umfang relevante Informationen über Fehlverhalten ans Licht gekommen sind, die ansonsten nicht aufgedeckt worden wären;

F.  in der Erwägung, dass Hinweisgeber eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, rechts- oder pflichtwidrige Verhaltensweisen zu melden, die dem öffentlichen Interesse und der Funktionsweise unserer Gesellschaften zuwiderlaufen, und dass Hinweisgeber zu diesem Zweck ihrem Arbeitgeber, den Behörden oder unmittelbar der Öffentlichkeit gegenüber Informationen über Verhaltensweisen offenlegen, die dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen;

G.  in der Erwägung, dass sie dadurch die Mitgliedstaaten und die wichtigen Institutionen sowie die Organe der EU dabei unterstützen, vor allem Folgendes zu verhindern und zu bekämpfen: alle Versuche, den Grundsatz der Integrität zu verletzen, und alle Fälle von Amtsmissbrauch, die eine Bedrohung oder Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit, der Integrität des Finanzsystems, der Wirtschaft, der Menschenrechte, der Umwelt oder der Rechtsstaatlichkeit darstellen oder die zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen, den lauteren Wettbewerb beschränken oder verfälschen und das Vertrauen untergraben, das die Bürger demokratischen Institutionen und Verfahren auf nationaler und europäischer Ebene entgegenbringen;

H.  in der Erwägung, dass Korruption heutzutage ein ernstes Problem in der Europäischen Union darstellt, da sie bewirken kann, dass Regierungen ihre Bevölkerung, ihre Arbeitnehmer, die Rechtsstaatlichkeit und die Wirtschaft nicht mehr schützen können, dass die öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen, das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit in vielerlei Hinsicht Schaden nehmen und dass das Vertrauen in die Transparenz und in die demokratische Rechenschaftspflicht öffentlicher und privater Einrichtungen und Unternehmen untergraben wird; in der Erwägung, dass davon ausgegangen wird, dass Korruption der Wirtschaft der EU Kosten in Höhe von 120 Milliarden EUR jährlich bzw. 1 % des BIP der EU verursacht;

I.  in der Erwägung, dass bislang zwar vor allem das Fehlverhalten im öffentlichen Dienst im Fokus der weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung von Korruption stand, jüngsten Enthüllungen zufolge Finanzinstitute, Berater und sonstige private Unternehmen bei der Erleichterung von Korruption jedoch eine wesentliche Rolle spielen;

J.  in der Erwägung, dass sich in einer Reihe von bekannt gewordenen Fällen gezeigt hat, dass durch das Tätigwerden von Hinweisgebern im öffentlichen Interesse liegende Informationen der Öffentlichkeit und politischen Gremien zur Kenntnis gebracht wurden, etwa Informationen über unrechtmäßige oder pflichtwidrige Verhaltensweisen oder sonstige Fälle von schwerwiegendem Fehlverhalten im öffentlichen oder privaten Sektor; in der Erwägung, dass im Anschluss an solche Meldungen Maßnahmen zur Korrektur einiger dieser Verhaltensweisen vorgenommen wurden;

K.  in der Erwägung, dass die Wahrung der Vertraulichkeit dazu beiträgt, dass mehr effiziente Kanäle zur Meldung von Betrugsfällen, Korruption oder sonstigen Verstößen geschaffen werden, sowie in der Erwägung, dass Missbrauch von Vertraulichkeit angesichts der sensiblen Art der Informationen zu unerwünschten Indiskretionen sowie zu einer Verletzung des öffentlichen Interesses der Union führen kann;

L.  in der Erwägung, dass die Einführung öffentlicher Register der wirtschaftlichen Eigentümer von Trusts und ähnlichen Rechtsgebilden sowie andere Maßnahmen zur Förderung der Transparenz im Zusammenhang mit Anlageinstrumenten abschreckend im Hinblick auf die Art von Fehlverhalten wirken können, auf die interne Hinweisgeber üblicherweise abzielen;

M.  in der Erwägung, dass die Wahrung der Vertraulichkeit der Identität von Hinweisgebern und der Informationen, die sie offenlegen, dazu beiträgt, dass effizientere Kanäle zur Meldung von Betrugsfällen, Korruption, Fehlverhalten, Vergehen oder sonstigen schweren Verstößen geschaffen werden, sowie in der Erwägung, dass missbräuchlicher Umgang mit sensiblen Informationen angesichts der Vertraulichkeit dieser Informationen zur unerwünschten Weitergabe von Informationen führen und dem öffentlichen Interesse der Union schaden kann; in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern im öffentlichen Sektor einer Aufdeckung der missbräuchlichen Verwendung öffentlicher Mittel, von Betrug und anderen Formen grenzüberschreitender Korruption, die nationale Interessen oder Interessen der EU betreffen, förderlich sein kann;

N.  in der Erwägung, dass es bedauerlich ist, dass die bestehenden Kanäle für offizielle Beschwerden über das Fehlverhalten multinationaler Unternehmen selten zu konkreten Strafmaßnahmen als Reaktion auf Verfehlungen führen;

O.  in der Erwägung, dass das Einschreiten von Hinweisgebern sich in vielen Bereichen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor, als nützlich erwiesen hat, etwa im Bereich der öffentlichen Gesundheit, der Besteuerung, der Umwelt, des Verbraucherschutzes, der Bekämpfung von Korruption und Diskriminierung und der Wahrung der sozialen Rechte;

P.  in der Erwägung, dass die Fälle angesichts der Art der wahrgenommenen Funktionen, der Schwere der Taten oder der festgestellten Risiken genau eingegrenzt werden müssen.

Q.  in der Erwägung, dass es entscheidend darauf ankommt, die Grenze zwischen Denunziation und der Meldung von Missständen nicht zu überschreiten; in der Erwägung, dass es keineswegs darum geht, alles über jeden zu erfahren, sondern darum zu erkennen, was einer unterlassenen Hilfeleistung gegenüber einer gefährdeten Demokratie gleichkommt;

R.  in der Erwägung, dass Hinweisgeber in zahlreichen Fällen Repressalien, Einschüchterungen und Druckversuchen ausgesetzt sind, durch die sie daran gehindert oder davon abgebracht werden sollen, Meldung zu erstatten, oder die als Vergeltung für bereits erstattete Meldungen eingesetzt werden; in der Erwägung, dass dieser Druck besonders häufig am Arbeitsplatz ausgeübt wird, an dem sich die Hinweisgeber, die Informationen im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Interesse offen legen, unter Umständen in einer schwächeren Position gegenüber den Arbeitgebern befinden können;

S.  in der Erwägung, dass häufig schwerwiegende Bedenken darüber laut geworden sind, dass Hinweisgeber, die im öffentlichen Interesse handeln, Anfeindungen, Mobbing, Einschüchterung und Ausgrenzung an ihrem Arbeitsplatz, Hindernissen mit Blick auf eine künftige Anstellung und dem Verlust ihrer Existenzgrundlage ausgesetzt sind und außerdem ihre Angehörigen und Kollegen oft ernstlich bedroht werden; in der Erwägung, dass die Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen eine abschreckende Wirkung auf Hinweisgeber ausüben kann und folglich das öffentliche Interesse gefährdet;

T.  in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor EU-weit gesetzlich gewährleistet und verstärkt werden sollte, sofern die Aktivitäten der Hinweisgeber hinreichend begründet sind; in der Erwägung, dass solche Schutzmechanismen ausgewogen sein sollten und die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte und der gesetzlichen Rechte der Personen, gegen die sich die Meldungen richten, gewährleisten müssen; in der Erwägung, dass entsprechende Schutzmechanismen auch bei investigativen Journalisten zur Anwendung kommen sollten, die im Zusammenhang mit der Weitergabe sensibler Informationen nach wie vor stark gefährdet sind und Hinweisgebern aus Gründen der Geheimhaltung ihrer Quellen Schutz gewähren;

U.  in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern in mehreren Mitgliedstaaten nicht ausreichend sichergestellt ist, wohingegen andere Mitgliedstaaten zwar fortschrittliche Programme zum Schutz von Hinweisgebern eingeführt haben, diese jedoch häufig nicht kohärent einsetzen und somit ein unzureichendes Maß an Schutz gewährleisten; in der Erwägung, dass dies einen fragmentierten Schutz von Hinweisgebern in Europa zur Folge hat, wodurch diese Schwierigkeiten haben, ihre Rechte und die Modalitäten für die Meldungserstattung in Erfahrung zu bringen, und dass dies zu Rechtsunsicherheit insbesondere in grenzüberschreitenden Situationen führt;

V.  in der Erwägung, dass der Europäische Bürgerbeauftragte eindeutig dafür zuständig ist, Beschwerden von Unionsbürgern über Missstände in der Verwaltungstätigkeit der Organe und Einrichtungen der EU zu untersuchen, er selbst jedoch beim Schutz von Hinweisgebern keine Rolle spielt;

W.  in der Erwägung, dass sich sehr oft die Meldung von Missständen nicht auf wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten beschränkt; in der Erwägung, dass die Tatsache, dass Hinweisgeber keinen angemessenen Schutz genießen, mögliche Hinweisgeber davon abhalten könnte, Fehlverhalten zu melden, um das Risiko von Repressalien und/oder Vergeltungsmaßnahmen zu vermeiden; in der Erwägung, dass im Jahr 2015 der OECD zufolge 86 % der Unternehmen über Mechanismen für die Meldung mutmaßlicher schwerwiegender Fälle unternehmerischen Fehlverhaltens verfügten, doch dass mehr als ein Drittel davon nicht über schriftliche Leitlinien für den Schutz von Hinweisgebern vor Repressalien verfügte oder nicht wusste, ob es solche Leitlinien gab; in der Erwägung, dass mehrere Hinweisgeber, die Verfehlungen, Fehlverhalten oder rechtswidrige Handlungen in der Wirtschaft oder im Finanzbereich aufgedeckt haben, strafrechtlich verfolgt wurden; in der Erwägung, dass Personen, die im öffentlichen Interesse Bericht erstatten oder Informationen offenlegen, und auch ihre Familienangehörigen und ihre Kollegen oft unter Repressalien zu leiden haben, die beispielsweise das Ende ihrer beruflichen Laufbahn bedeuten können; in der Erwägung, dass es eine ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Hinweisgebern gibt, dass der Schutz von Hinweisgebern jedoch gesetzlich gewährleistet sein sollte; in der Erwägung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf eine gute Verwaltung in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschrieben sind;

X.  in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern in der Europäischen Union nicht auf europäische Fälle beschränkt sein, sondern auch bei internationalen Fällen greifen sollte;

Y.  in der Erwägung, dass am Arbeitsplatz ein Arbeitsumfeld gepflegt werden muss, in dem sich die Menschen trauen, Bedenken über potenzielles Fehlverhalten wie Verstöße, schuldhaftes Verhalten, Missmanagement, Betrug oder illegale Handlungen zu äußern; in der Erwägung, dass unter allen Umständen ein Umfeld gefördert werden muss, in dem sich die Menschen befähigt fühlen, Probleme anzusprechen, ohne Angst vor Repressalien haben zu müssen, die ihrer derzeitigen oder künftigen beruflichen Situation schaden könnten;

Z.  in der Erwägung, dass Arbeitnehmer in vielen Ländern und insbesondere im Privatsektor im Hinblick auf bestimmte Informationen zur Vertraulichkeit verpflichtet sind, was bedeuten kann, dass Hinweisgeber möglicherweise mit Disziplinarmaßnahmen rechnen müssen, wenn sie Informationen aus ihrem Arbeitsverhältnis nach außen tragen;

AA.  in der Erwägung, dass einer Studie der OECD zufolge mehr als ein Drittel der Organisationen mit einem Berichterstattungsmechanismus über keine schriftliche Strategie für den Schutz von Hinweisgebern vor Vergeltungsmaßnahmen verfügen bzw. ihnen eine derartige Strategie in schriftlicher Form nicht bekannt ist;

AB.  in der Erwägung, dass das EU-Recht bereits bestimmte Regeln zum Schutz von Hinweisgebern vor bestimmten Formen von Repressalien in verschiedenen Bereichen vorsieht, die Kommission aber noch keinen Vorschlag für geeignete legislative Maßnahmen für einen wirksamen und einheitlichen Schutz von Hinweisgebern und deren Rechten in der EU unterbreitet hat;

AC.  in der Erwägung, dass gemäß den Artikeln 22a, 22b und 22c des Statuts der Beamten alle Organe der EU seit dem 1. Januar 2014 verpflichtet sind, interne Vorschriften für den Schutz von Hinweisgebern einzuführen, bei denen es sich um Beamte der Organe der EU handelt;

AD.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt den horizontalen Schutz von Hinweisgebern in der Union gefordert hat;

AE.  in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu organisiertem Verbrechen, Korruption und Geldwäsche: Empfohlene Maßnahmen und Initiativen, seiner Entschließung vom 25. November 2015 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung, seiner Entschließung vom 16. Dezember 2015 zum Thema „Transparentere Gestaltung, Koordinierung und Harmonisierung der Politik im Bereich der Körperschaftsteuer in der Union“ sowie seiner Entschließung vom 14. Februar 2017 zur Rolle von Informanten beim Schutz der finanziellen Interessen der EU die Kommission aufforderte, einen Legislativvorschlag vorzulegen, der ein wirksames und umfassendes europäisches Schutzprogramm für Hinweisgeber vorsieht, mit dem diejenigen geschützt werden, die mutmaßliche Fälle von Betrug oder mutmaßliche illegale Aktivitäten, die gegen das öffentliche Interesse oder die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtet sind, melden;

AF.  in der Erwägung, dass jede Person eines Drittlandes, die als Hinweisgeber von der Europäischen Union oder einem ihrer Mitgliedstaaten anerkannt ist, alle anwendbaren Schutzmaßnahmen in Anspruch nehmen können muss, wenn sie innerhalb oder außerhalb ihrer Funktionen Kenntnis von Informationen über rechtswidrige Machenschaften oder Spionage erhalten und diese offen gelegt hat, die entweder von einem Drittland oder einem nationalen oder multinationalen Unternehmen begangen wurden und einen Mitgliedstaat, eine Nation oder Bürger der Union schädigen und die Integrität einer Regierung, die nationale Sicherheit oder die Freiheiten des Einzelnen oder der Gemeinschaft ohne ihr Wissen gefährden.

AG.  in der Erwägung, dass seit dem 1. Juli 2014 fast alle Organe und sonstigen Stellen der EU ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, Maßnahmen zum Schutz von Hinweisgebern nach den Artikeln 22b und 22c des Statuts in ihre jeweiligen Geschäftsordnungen aufzunehmen;

AH.  in der Erwägung, dass es durch internationale Organisationen, wie dem Europarat und der OECD, sowie durch die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fest etablierte Grundsätze gibt;

AI.  in der Erwägung, dass die große Bedeutung des Schutzes von Hinweisgebern in allen wichtigen internationalen Instrumenten zur Bekämpfung der Korruption anerkannt wird und dass im Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption, in der Empfehlung CM/Rec(2014)7 des Europarats und in der OECD-Empfehlung von 2009 gegen Bestechung Standards für die Meldung von Missständen festgelegt wurden;

AJ.  in der Erwägung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass umgehend ein horizontaler und umfassender Rahmen eingerichtet wird, der durch die Festlegung von Rechten und Pflichten die Hinweisgeber in den Mitgliedstaaten sowie in den EU-Institutionen, -Behörden und -Organisationen wirksam schützt;

Rolle von Hinweisgebern und Notwendigkeit, sie zu schützen

1.  fordert die Kommission auf, nach Ermittlung einer geeigneten Rechtsgrundlage, die es der EU erlaubt, weitere Maßnahmen zu ergreifen, vor Ende dieses Jahres, einen horizontalen Gesetzgebungsvorschlag zur Schaffung eines umfassenden gemeinsamen Rechtsrahmens vorzulegen, der Hinweisgebern in der EU ein hohes Maß an Schutz im öffentlichen und privaten Sektor sowie in nationalen und europäischen Institutionen, einschließlich der einschlägigen nationalen und europäischen Einrichtungen, Ämter und Agenturen gewährleistet, wobei dem nationalen Kontext Rechnung zu tragen ist und es den Mitgliedstaaten uneingeschränkt möglich sein muss, weitergehende Maßnahmen zu ergreifen; betont, dass es derzeit mehrere Rechtsgrundlagen gibt, die es der Union ermöglichen, in diesem Bereich tätig zu werden; fordert die Kommission auf, diese Möglichkeiten zu prüfen, um ein umfassendes, kohärentes und wirksames Instrument vorzuschlagen; erinnert die Kommission an die vom EuGH in ständiger Rechtsprechung entwickelte Doktrin der Annexkompetenzen der Union („implied powers“), die es der Union ermöglicht, auf mehrere Rechtsgrundlagen zurückzugreifen;

2.  weist auf die dem gesunden Menschenverstand widersprechende und besorgniserregende Tatsache hin, dass Bürger und Journalisten nicht rechtlich geschützt, sondern strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie Informationen im öffentlichen Interesse offen legen, die unter anderem mutmaßliches Fehlverhalten, Verfehlungen, Betrug oder rechtswidrige Handlungen und insbesondere Verhaltensweisen wie Steuerumgehung, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche betreffen, durch die grundlegende Prinzipien der EU verletzt werden;

3.  schlägt vor, dass jedes internationale Abkommen über Finanzdienstleistungen, Besteuerung und Wettbewerb Bestimmungen über den Schutz von Hinweisgebern enthalten sollte;

4.  betont, dass Rechtssicherheit in Bezug auf die Vorschriften über den Schutz für Hinweisgeber geschaffen werden muss, da fortbestehende Unklarheiten und ein fragmentierter Ansatz potenzielle Hinweisgeber von der Kontaktaufnahme abhalten; stellt fest, dass mit den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften ein eindeutiges Verfahren für den korrekten Umgang mit Offenlegungen und den wirksamen Schutz von Hinweisgebern geschaffen werden sollte;

5.  weist darauf hin, dass ein etwaiger künftiger Rechtsrahmen den Vorschriften, Rechten und Pflichten Rechnung tragen sollte, die im Bereich von Beschäftigungsverhältnissen gelten bzw. sich auf diesen auswirken; betont außerdem, dass hierbei die Sozialpartner angehört und Tarifverträge eingehalten werden sollten;

6.  fordert, dass durch derartige Rechtsvorschriften festgelegt wird, dass Unternehmen, bei denen zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass sie Vergeltungsmaßnahmen gegen Hinweisgeber ergreifen, keine Finanzmittel der EU und keine Aufträge öffentlicher Einrichtungen erhalten können;

7.  regt an, dass in den Mitgliedstaaten Referenzwerte und Indikatoren zu den Strategien für die Meldung von Missständen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor ausgearbeitet werden;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Artikel 33 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption Rechnung zu tragen, in dem die Bedeutung von Hinweisgebern im Zusammenhang mit der Verhinderung und Bekämpfung von Korruption betont wird;

9.  bedauert, dass erst wenige Mitgliedstaaten hinreichend fortgeschrittene Programme für den Schutz von Hinweisgebern eingeführt haben; fordert jene Mitgliedstaaten, die diese Systeme oder einschlägigen Grundsätze noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben, auf, dies so schnell wie möglich zu tun;

10.  betont, dass der Unternehmensethik in den Lehrplänen wirtschaftlicher Studiengänge und verwandter Disziplinen ein größerer Stellenwert zukommen muss;

11.  fordert die Mitgliedstaaten und die Organe der EU auf, eine Kultur der Anerkennung der bedeutenden Rolle, die Hinweisgeber in der Gesellschaft spielen, zu fördern, unter anderem mithilfe von Sensibilisierungskampagnen; fordert insbesondere die Kommission auf, zu dieser Frage einen umfassenden Plan vorzulegen; hält es für erforderlich, dass eine ethische Kultur im öffentlichen Sektor und am Arbeitsplatz gefördert wird, damit stärker zur Geltung kommt, dass die Beschäftigten in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften auf bereits geltende Rechtsrahmen für Hinweisgeber aufmerksam gemacht werden müssen;

12.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Bestimmungen der Mitgliedstaaten für Hinweisgeber zu überwachen, um den Austausch bewährter Verfahren zu fördern, der dazu beitragen wird, dass der Schutz von Hinweisgebern auf einzelstaatlicher Ebene wirksamer wird;

13.  fordert die Kommission auf, einen umfassenden Plan vorzulegen, um der Übertragung von Vermögenswerten in Länder außerhalb der EU entgegenzuwirken, in denen korrupte Personen ihre Anonymität wahren können;

14.  versteht unter einem Hinweisgeber eine Person, die im öffentlichen Interesse, auch im öffentlichen europäischen Interesse, Informationen meldet oder offenlegt, etwa Informationen über rechtswidrige oder pflichtwidrige Handlungen oder Handlungen, von denen eine Gefahr oder eine Beeinträchtigung ausgeht, die dem öffentlichen Interesse zuwiderläuft oder dieses gefährdet, wobei dies für gewöhnlich, aber nicht ausschließlich, im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis der betreffenden Person geschieht, sei dies im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft, im Rahmen eines Vertragsverhältnisses oder einer Gewerkschafts- oder Verbandstätigkeit; hebt hervor, dass dies auch Personen umfasst, die nicht im Rahmen eines traditionellen Arbeitsverhältnisses beschäftigt sind, wie etwa Berater, Auftragnehmer, Praktikanten, Freiwilligenkräfte, studentische Arbeitskräfte, Zeitarbeiter, ehemalige Angestellte, die über Belege für solche Verhaltensweisen verfügen, sodass berechtigter Grund zu der Annahme besteht, dass die gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprechen;

15.  vertritt die Auffassung, dass Personen, die nicht im Rahmen eines traditionellen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses handeln, darunter Berater, Auftragnehmer, Praktikanten, Freiwillige, studentische Arbeitskräfte, Zeitarbeiter, ehemalige Angestellte sowie Bürgerinnen und Bürger Zugang zu den Meldekanälen und angemessenem Schutz erhalten sollten, wenn sie Informationen zu rechtswidrigen, unlauteren oder gegen das öffentliche Interesse gerichteten Handlungen offenlegen;

16.  stellt fest, dass es einer eindeutigen Lösung für Hinweisgeber bedarf, die in Unternehmen arbeiten, welche in der EU registriert sind, ihren Sitz jedoch in Drittländern haben;

17.  ist der Auffassung, dass Verstöße gegen das öffentliche Interesse unter anderem Korruptionsfälle, Straftaten, Verstöße gegen rechtliche Pflichten, Justizirrtümer, Machtmissbrauch, Interessenkonflikte, rechtswidrige Verwendung öffentlicher Mittel, Missbrauch von Befugnissen, illegale Geldflüsse, Gefährdungen der Umwelt, der Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit, der nationalen und internationalen Sicherheit, der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Steuervermeidung, Verletzungen von Arbeitnehmer- und anderen sozialen Rechten, Verstöße gegen Menschenrechte, Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit und Handlungen zur Vertuschung dieser Verstöße einschließen;

18.  ist der Ansicht, dass das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit Vorrang vor dem privaten oder wirtschaftlichen Wert der Informationen haben sollte, und dass es möglich sein sollte, Informationen über schwerwiegende Bedrohungen für das öffentliche Interesse offenzulegen, selbst wenn sie rechtlich geschützt sind; vertritt jedoch die Auffassung, dass besondere Verfahren zur Anwendung kommen sollten, wenn es um Informationen geht, die sich auf die Einhaltung von Standesrecht und auf als Verschlusssache eingestufte Angelegenheiten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit und Verteidigung beziehen; ist der Auffassung, dass in solchen Fällen die Meldung gegenüber einer zuständigen Behörde gemacht werden sollte;

19.  betont, dass ein wirksamer Schutz von Hinweisgebern grundsätzlich sichergestellt werden muss, wenn die Enthüllung zur Vermeidung einer möglichen Beeinträchtigung des allgemeinen öffentlichen Interesses erfolgt, und zwar auch in Fällen, in denen sich die Enthüllung nicht auf widerrechtliche Handlungen bezieht;

20.  hebt hervor, dass es notwendig ist, dass die Mitgliedstaaten den Empfehlungen des Europarats zum Schutz von Hinweisgebern nachkommen;

21.  betont, dass sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt hat, wie wichtig Hinweisgeber für die Aufdeckung schwerwiegender Verstöße gegen das öffentliche Interesse sind, dass sie einen Beitrag zur Demokratie, zur Transparenz in Politik und Wirtschaft sowie zur Aufklärung der Öffentlichkeit leisten, und dass anerkannt werden sollte, dass sie zur Verhinderung von rechtswidrigen Handlungen notwendig sind; unterstreicht, dass sich Hinweisgeber als eine unverzichtbare Quelle für den investigativen Journalismus und eine unabhängige Presse erwiesen haben; erinnert daran, dass die Gewährleistung des Quellenschutzes unbedingt notwendig ist, um die Pressefreiheit zu gewährleisten; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass das Recht von Journalisten, die Identität ihrer Quellen nicht preisgeben zu müssen, wirksam geschützt wird; vertritt die Auffassung, dass auch Journalisten gefährdet sind und daher in den Genuss des rechtlichen Schutzes kommen sollten;

22.  nimmt zur Kenntnis, dass einige Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren Maßnahmen ergriffen haben, um die Rechte von Hinweisgebern zu stärken; bedauert jedoch, dass Hinweisgeber in mehreren Mitgliedstaaten weiterhin zivil- und strafrechtlich belangt werden, insbesondere dann, wenn die Mittel für ihre Verteidigung, ihre Betreuung und ihren Schutz fehlen, nicht ausreichen, oder die vorhandenen Mittel unwirksam sind; stellt zudem fest, dass die diesbezüglichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu Rechtsunsicherheit, zur Wahl des günstigsten Gerichtsstands („forum shopping“) und zur Gefahr der Ungleichbehandlung führen;

23.  ist der Ansicht, dass sich die Tatsache, dass Hinweisgeber keinen angemessenen Schutz genießen, nachteilig auf den Schutz der finanziellen Interessen der EU auswirkt;

24.  vertritt die Auffassung, dass die Umsetzung umfassender Rechtsvorschriften zum Schutz von Hinweisgebern eine Kultur der freien Meinungsäußerung fördert und dass die Meldung von Missständen als staatsbürgerliche Handlung gefördert werden sollte; fordert daher die Mitgliedstaaten und EU-Organe nachdrücklich auf, die positive Rolle von Hinweisgebern zu fördern sowie auf die häufig schwache Lage und besorgniserregende Situation von Hinweisgebern aufmerksam zu machen, denen keine Mittel zur Verfügung stehen, um sich zu schützen, insbesondere durch Sensibilisierungs- und Schutzkampagnen, Kommunikation und Schulung; empfiehlt insbesondere der Kommission, zu dieser Frage einen umfassenden Plan vorzulegen; fordert in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Website, die nützliche Informationen zum Schutz von Hinweisgebern enthält und auf der Beschwerden eingelegt werden können; betont, dass diese Website für die Öffentlichkeit leicht zugänglich sein und die Anonymität ihrer Daten schützen sollte;

25.  fordert Maßnahmen, die auf einen Wandel in der öffentlichen – insbesondere bei Politikern, Arbeitgebern und den Medien – Wahrnehmung von Hinweisgebern abzielen, indem ihre positive Rolle als Frühwarnmechanismus, ihre abschreckende Funktion, mit der sie Missbrauch und Korruption aufdecken und verhindern, und ihre Eigenschaft als Rechenschaftsmechanismus, mit der sie die öffentliche Kontrolle von staatlichen Stellen und Unternehmen ermöglichen, hervorgehoben werden;

26.  hält die Mitgliedstaaten dazu an, sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Sektor vorausschauend eine offene Kultur am Arbeitsplatz zu fördern, sodass Organisationen hohe ethische Standards einhalten können, Arbeitnehmer den Mut haben, sich Gehör zu verschaffen, und letztendlich Maßnahmen ergriffen werden können, mit denen Bedrohungen oder Nachteile abgewendet oder ausgeräumt werden;

27.  empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Wirksamkeit der von ihnen umgesetzten Maßnahmen regelmäßig zu bewerten und dabei die öffentliche Meinung zur Haltung gegenüber der Meldung von Missständen und gegenüber Hinweisgebern, bereichsübergreifende Untersuchungen von mit der Entgegennahme und der Bearbeitung von Meldungen befassten Führungspersönlichkeiten und unabhängige Forschungsstudien zur Meldung von Missständen am Arbeitsplatz zu berücksichtigen;

28.  ersucht die Mitgliedstaaten, die noch keine Rechtsvorschriften über die Meldung von Missständen erlassen haben, dies in naher Zukunft nachzuholen, und fordert die Kommission auf, die Einrichtung einer Plattform für den Austausch einschlägiger bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten – aber auch mit Drittstaaten – in Erwägung zu ziehen;

29.  betont, wie wichtig es ist, bewährte Verfahren zur Unterstützung eines besseren Schutzes von Hinweisgebern auf europäischer Ebene zu entwickeln und auszutauschen;

30.  fordert den Europäischen Rechnungshof und das Büro der Europäischen Bürgerbeauftragten nachdrücklich auf, bis Ende 2017 jeweils Folgendes zu veröffentlichen: 1) Sonderberichte mit Statistiken und einer klaren Aufstellung aller Meldungen von Missständen in den EU-Organen sowie in europäischen Unternehmen, Verbänden, Organisationen und anderen in der Union registrierten Einrichtungen; 2) die von den betroffenen Einrichtungen hinsichtlich der aufgedeckten Fälle auf der Grundlage der geltenden Leitlinien und Regeln der Kommission ergriffenen Folgemaßnahmen; 3) die Ergebnisse aller Untersuchungen, die aufgrund von Informationen von Hinweisgebern eingeleitet wurden; 4) die in den einzelnen Fällen vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz der Hinweisgeber;

Meldemechanismus

31.  weist darauf hin, dass das Fehlen von klar definierten Schutzmechanismen und sicheren Meldewegen sowie die möglicherweise ausbleibende Weiterverfolgung ein Hindernis für die Tätigkeit von Hinweisgebern darstellen und diese davor abschrecken können, auf einen Missstand aufmerksam zu machen, und manche von ihnen dazu bringen könnten, von einer Meldung ganz abzusehen; ist besorgt, dass Hinweisgeber Repressalien oder Druck ausgesetzt sein könnten, falls sie sich innerhalb ihrer Organisation an die falsche Person oder Stelle wenden;

32.  ist der Auffassung, dass ein kohärentes, glaubwürdiges und zuverlässiges System eingerichtet werden sollte, das es ermöglicht, sowohl innerhalb einer Organisation, als auch gegenüber den zuständigen Stellen und außerhalb einer Organisation Meldung zu erstatten; ist der Ansicht, dass ein solches System die Bewertung der Glaubwürdigkeit und Gültigkeit einer Meldung erleichtern würde, die mithilfe eines solchen Systems vorgenommen wurde;

33.  fordert die Kommission auf, ein System zu prüfen, das es ermöglichen würde, sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Organisation Meldung zu erstatten; betont, dass hierfür eindeutige, faire und ausgewogene Verfahren festgelegt werden sollten, bei denen die vollständige Einhaltung der Grundrechte und der gesetzlichen Rechte sowohl des Hinweisgebers als auch der für das behauptete Fehlverhalten verantwortlichen Person gewährleistet sind; ist der Auffassung, dass Arbeitgeber dazu angehalten werden sollten, interne Meldeverfahren einzuführen, und dass es in jeder Organisation eine unabhängige und unparteiische Person oder Stelle geben sollte, die für die Entgegennahme von Meldungen zuständig ist; ist der Ansicht, dass die Arbeitnehmervertreter in die Zuweisung dieser Funktion einbezogen werden sollten; weist darauf hin, dass der Empfänger des Warnhinweises zu jeder eingegangenen Meldung geeignete Folgemaßnahmen ergreifen und den Hinweisgeber unter Wahrung einer angemessenen Frist über die ergriffenen Folgemaßnahmen auf dem Laufenden halten sollte;

34.  ist der Auffassung, dass alle Organisationen eindeutige Meldekanäle einrichten sollten, die es Hinweisgebern ermöglichen, innerhalb ihrer Organisation auf Missstände hinzuweisen; unterstreicht, dass alle Arbeitnehmer über diese Meldeverfahren unterrichtet werden sollten und dass bei den Meldeverfahren sichergestellt werden sollte, dass die Hinweise vertraulich und innerhalb einer angemessenen Frist bearbeitet werden; betont, dass Hinweisgeber weiterhin in der Lage sein müssen, sich an einschlägige Behörden, Nichtregierungsorganisationen oder Medien zu wenden, insbesondere wenn von der Organisation keine positive Reaktion kommt, eine interne Meldung oder eine Meldung gegenüber den zuständigen Behörden die Wirksamkeit des Warnhinweises offensichtlich vereiteln würde, der Hinweisgeber gefährdet wäre oder er die Information dringend bekannt machen muss;

35.  verweist auf das Recht der Öffentlichkeit, über Verhalten, das dem öffentlichen Interesse schaden kann, informiert zu werden; betont, dass es diesbezüglich einem Hinweisgeber stets möglich sein sollte, Informationen zu rechtswidrigen und unlauteren Handlungen öffentlich zu machen, die dem öffentlichen Interesse schaden;

36.  weist erneut darauf hin, dass in seiner Entschließung vom 14. Februar 2017 über die Rolle von Informanten beim Schutz der finanziellen Interessen der EU auch die Organe der EU aufgefordert werden, in Zusammenarbeit mit allen zuständigen nationalen Behörden sämtliche Maßnahmen zu erlassen und zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Vertraulichkeit der Informationsquellen zu schützen, und fordert daher die Einrichtung einer kontrollierten Website, über die Beschwerden vollkommen vertraulich übermittelt werden können;

37.  ist der Ansicht, dass die Erstattung einer Meldung außerhalb der Organisation, auch der unmittelbare Gang an die Öffentlichkeit, ohne dass zuvor eine interne Phase durchlaufen wurde, kein Grund dafür sein darf, eine Meldung für ungültig zu erklären, ein Gerichtsverfahren anzustrengen oder den Schutz zu verweigern; ist der Ansicht, dass dieser Schutz unabhängig davon gewährt werden sollte, welcher Weg für die Meldung gewählt wurde, und zwar auf der Grundlage der offengelegten Informationen und der Tatsache, dass der Hinweisgeber hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Informationen zutreffend waren;

Im Falle einer Meldung gewährter Schutz

38.  ist besorgt über die Gefahren, denen Hinweisgeber an ihrem Arbeitsplatz ausgesetzt sind, insbesondere die Gefahr direkter oder indirekter Repressalien durch den Arbeitgeber oder durch Personen, die für oder im Auftrag des Arbeitgebers handeln; betont, dass solche Repressalien in der Regel zu Ausgrenzung, zur Verlangsamung oder zum Stillstand des beruflichen Aufstiegs oder gar zur Entlassung führen und mit Mobbing einhergehen können; betont, dass Hinweisgeber durch derartige Repressalien in ihrem Handeln gehemmt werden; hält es für notwendig, dass Schutzmaßnahmen gegen Repressalien eingeführt werden; ist der Auffassung, dass im Falle von Repressalien Strafen und wirksame Sanktionen verhängt werden sollten; betont, dass, sobald die Stellung einer Person als Hinweisgeber festgestellt wurde, Maßnahmen zum Schutz dieser Person ergriffen und gegen sie gerichtete Vergeltungsmaßnahmen eingestellt werden sollten und dass ein Hinweisgeber für die erlittenen Nachteile und Schäden eine vollständige Kompensation erhalten muss; ist der Ansicht, dass entsprechende Bestimmungen in den Vorschlag der Kommission für eine horizontale Richtlinie für den Schutz von Hinweisgebern aufgenommen werden sollten;

39.  vertritt die Auffassung, dass Hinweisgeber die Möglichkeit haben sollten, einstweilige Verfügungen zu erwirken, um Repressalien wie einer Entlassung zu entgehen, bis das offizielle Ergebnis des administrativen, gerichtlichen oder sonstigen Verfahrens vorliegt;

40.  hebt hervor, dass das Recht einer Person auf freie Meinungsäußerung durch kein Beschäftigungsverhältnis beschnitten werden sollte und dass niemand diskriminiert werden sollte, weil er dieses Recht in Anspruch nimmt;

41.  weist darauf hin, dass ein etwaiger künftiger Rechtsrahmen den Vorschriften, Rechten und Pflichten Rechnung tragen sollte, die im Bereich von Beschäftigungsverhältnissen gelten bzw. sich auf diesen auswirken; betont außerdem, dass hierbei die Sozialpartner einbezogen und Tarifverträge eingehalten werden sollten;

42.  betont, dass Hinweisgebern und ihren Angehörigen sowie den Personen, die ihnen helfen und deren Leben oder Sicherheit gefährdet ist, ein Recht auf einen angemessenen und wirksamen Schutz ihrer körperlichen, seelischen und sozialen Integrität sowie auf Sicherstellung ihres Lebensunterhalts eingeräumt werden muss, indem ihnen das höchstmögliche Maß an Vertraulichkeit gewährt wird;

43.  unterstreicht, dass diese Schutzmaßnahmen auch gelten, wenn der Hinweisgeber Machenschaften meldet, an denen Mitgliedstaaten beteiligt sind;

44.  stellt fest, dass investigative Journalisten und die unabhängige Presse angesichts des vielfältigen Drucks, dem sie ausgesetzt sein können, häufig einen einsamen Beruf ausüben und dass sie deshalb vor jeder Form des Versuchs der Einschüchterung geschützt werden müssen;

45.  schlägt vor, dass Personen, die nach einer Meldung oder einer Offenlegung im öffentlichen Interesse Opfer von Repressalien geworden sind, insbesondere bei Arbeitsplatzverlust, eine einstweilige Verfügung erwirken können sollten, bis das anhängige Zivilverfahren beendet ist;

46.  verurteilt Praktiken, die darin bestehen, Hinweisgebern einen Maulkorb zu verpassen, indem gegen sie Klage erhoben oder damit gedroht wird, jedoch nicht, um einen Rechtsstreit beizulegen, sondern in der Absicht, den Hinweisgeber zur Selbstzensur zu bewegen oder ihn finanziell, seelisch oder psychisch in die Knie zu zwingen; ist der Meinung, dass ein solcher Verfahrensmissbrauch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen sollte;

47.  weist auf die Gefahr einer straf- oder zivilrechtlichen Verfolgung hin, mit der Hinweisgeber rechnen müssen; betont, dass diese in einem Gerichtsverfahren oft die schwächere Partei sind; ist daher der Ansicht, dass im Fall behaupteter Repressalien gegen einen Hinweisgeber der Arbeitgeber nachweisen muss, dass diese Maßnahmen in keinem Zusammenhang mit der vom Hinweisgeber erstatteten Meldung stehen; meint, dass der Schutz des Hinweisgebers auf der Grundlage der offengelegten Informationen und nicht auf der Grundlage der Absicht des Hinweisgebers gewährt werden sollte; betont jedoch, dass der Hinweisgeber Informationen offengelegt haben muss, die er für wahr hielt; ist der Ansicht, dass während des gesamten Verfahrens die Vertraulichkeit gewahrt sein muss und dass die Identität des Hinweisgebers nicht ohne seine Zustimmung preisgegeben werden darf; unterstreicht, dass eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht in Bezug auf die Identität des Hinweisgebers ohne dessen Zustimmung strafrechtlich geahndet und sanktioniert werden sollte;

48.  ist der Auffassung, dass Hinweisgeber aufgrund der Meldungen, die sie erstattet haben, nicht straf- oder zivilrechtlich verfolgt oder mit Verwaltungs- oder Disziplinarstrafen belegt werden sollten;

49.  ist der Auffassung, dass die Möglichkeit, anonym Meldung zu erstatten, einen Hinweisgeber dazu bewegen könnte, Informationen weiterzuleiten, die er andernfalls nicht geteilt hätte; betont in diesem Zusammenhang, dass eindeutig geregelte Verfahren für anonyme Meldungen an eine unabhängige Stelle auf nationaler oder europäischer Ebene eingerichtet werden sollten, deren Aufgabe es wäre, Meldungen entgegenzunehmen, deren Glaubwürdigkeit zu prüfen, je nach erteilter Antwort Folgemaßnahmen zu ergreifen und den Hinweisgebern beratend zur Seite zu stehen, und zwar auch in einem digitalen Umfeld, wobei genau festgelegt sein sollte, in welchen Fällen welches Verfahren der anonymen Meldung zur Anwendung kommen sollte; betont, dass weder die Identität des Hinweisgebers noch Informationen preisgegeben werden dürfen, die es erlauben, die Identität des Hinweisgebers ohne dessen Zustimmung zu ermitteln; ist der Ansicht, dass jede Verletzung der Anonymität Sanktionen nach sich ziehen sollte;

50.  betont, dass einer Person nicht der Schutz entzogen werden darf, weil sie Tatsachen falsch eingeschätzt hat oder die wahrgenommene Bedrohung für das öffentliche Interesse nicht eingetreten ist, sofern diese Person zum Zeitpunkt der Meldung stichhaltige Gründe dafür hatte, an die Richtigkeit der Behauptung zu glauben; erinnert daran, dass im Falle falscher Verdächtigungen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollten und diese sich nicht auf den Schutz berufen können, der Hinweisgebern gewährt wird; betont, dass jeder Person, der durch die Meldung oder Offenlegung von unzutreffenden oder irreführenden Informationen unmittelbar oder mittelbar ein Schaden entsteht, das Recht eingeräumt werden sollte, auf wirksame rechtliche Abhilfemaßnahmen gegen eine böswillige oder missbräuchliche Berichterstattung zurückzugreifen;

51.  hält es für geboten, dass Instrumente konzipiert werden, mit denen Vergeltungsmaßnahmen jeglicher Ausprägung – beispielsweise die passive Kündigung oder passive Maßnahmen – verboten werden; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Handlungen von Hinweisgebern bei der Offenlegung von Informationen über unrechtmäßiges oder falsches Verhalten oder Handlungen, die dem öffentlichen Interesse schaden oder dieses gefährden, nicht unter Strafe zu stellen;

52.  ist der Auffassung, dass in der Zwischenzeit sowohl von den Organen der EU als auch von den Mitgliedstaaten geltendes EU-Recht angewandt werden muss, wobei dieses so auszulegen ist, dass es dem Schutz von Hinweisgebern, die im öffentlichen Interesse handeln, in größtmöglichem Maß zugutekommt; betont, dass der Schutz von Hinweisgebern bereits als wichtiger Mechanismus zur Sicherstellung der wirksamen Anwendung von Unionsrecht anerkannt ist; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, das Verhalten von Hinweisgebern, die Informationen im öffentlichen Interesse offenlegen, für straffrei zu erklären;

Betreuung von Hinweisgebern

53.  unterstreicht die Rolle, die Behörden, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen dabei spielen, wenn es darum geht, Hinweisgeber bei ihren Bemühungen innerhalb ihrer Organisation zu unterstützen und ihnen Hilfe zu gewähren;

54.  betont, dass Hinweisgeber sowie Personen, die sie unterstützen, neben beruflichen Risiken auch persönlichen, psychischen, sozialen und finanziellen Risiken ausgesetzt sind; ist der Auffassung, dass bei Bedarf eine psychologische Unterstützung angeboten werden sollte, dass Hinweisgebern, die dies wünschen, ein spezialisierter rechtlicher Beistand gewährt werden sollte, dass Hinweisgebern, die ordnungsgemäß einen entsprechenden Bedarf begründen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten eine soziale und finanzielle Unterstützung gewährt werden sollte, und zwar auch als Schutzmaßnahme für den Fall, dass gegen den Hinweisgeber ein zivil- oder strafrechtliches Verfahren angestrengt wird; ist ferner der Auffassung, dass unabhängig von der Art des Schadens, den der Hinweisgeber infolge seiner Meldung erlitten hat, eine Entschädigung gewährt werden sollte;

55.  weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Europäische Bürgerbeauftragte im Parlament bereit erklärt hat, die Möglichkeit zu prüfen, innerhalb ihres Büros eine derartige Stelle zu schaffen, und fordert die Kommission nachdrücklich auf zu prüfen, ob die Europäische Bürgerbeauftragte, die bereits für Ermittlungen im Zusammenhang mit Beschwerden über Misstände in den Organen und Einrichtungen der EU zuständig ist, mit diesen Aufgaben betraut werden kann;

56.  fordert die Mitgliedstaaten und die EU-Institutionen auf, in Zusammenarbeit mit allen relevanten Behörden, alle denkbaren erforderlichen Maßnahmen für die Geheimhaltung der Informationsquellen einzuleiten und zu ergreifen, um diskriminierendem Vorgehen oder Bedrohungen vorzubeugen, und transparente Kanäle für die Offenlegung von Informationen einzurichten, um unabhängige einzelstaatliche und europäische Behörden für den Schutz von Hinweisgebern aufzubauen, und in Erwägung zu ziehen, diesen Behörden die entsprechenden Mittel zur Unterstützung zur Verfügung zu stellen; fordert außerdem die Einrichtung einer zentralen europäischen Behörde für den wirksamen Schutz von Hinweisgebern und Personen, die deren Handlungen unterstützen, nach dem Vorbild der nationalen Datenschutzbehörden;

57.  fordert die Kommission auf, zur Gewährleistung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen Instrumente zu entwickeln, die insbesondere dem Schutz der Hinweisgeber vor grundloser Strafverfolgung, wirtschaftlichen Sanktionen und Diskriminierung dienen;

58.  fordert die Mitgliedstaaten auf, mit ausreichenden Haushaltsmitteln, entsprechenden Kompetenzen und geeigneten Spezialisten ausgestattete, unabhängige Stellen einzurichten, deren Aufgabe es ist, Meldungen entgegenzunehmen, deren Glaubwürdigkeit zu prüfen, je nach erteilter Antwort Folgemaßnahmen zu ergreifen und den Hinweisgebern beratend zur Seite zu stehen, insbesondere im Falle des Ausbleibens einer positiven Reaktion vonseiten ihrer Organisation; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, diese Stellen darauf auszurichten, insbesondere in grenzübergreifenden Fällen oder in Fällen, in denen Mitgliedstaaten oder EU-Organe unmittelbar involviert sind, eine angemessene finanzielle Unterstützung anzubieten; schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten einen Jahresbericht zu den eingegangenen Warnhinweisen und ihrer Bearbeitung veröffentlichen, wobei die Vertraulichkeit möglicherweise laufender Ermittlungen gewahrt werden muss;

59.  betont, dass in Erwägung gezogen werden sollte, Personen kostenfreien Zugang zu Informationen und vertraulicher Beratung zu verschaffen, die mit dem Gedanken spielen, eine Meldung oder Offenlegung im öffentlichen Interesse über rechtswidrige oder unlautere Handlungen vorzunehmen, die dem öffentlichen Interesse schaden oder dieses gefährden; weist darauf hin, dass die Strukturen bestimmt werden sollten, die in der Lage sind, diese Informationen und Beratung zur Verfügung zu stellen, und dass ihre Kontaktdaten der allgemeinen Öffentlichkeit bekannt gegeben werden sollten;

60.  betont, dass es unbedingt erforderlich ist, diesen Hinweisgebern neben allen Schutzmaßnahmen, die Hinweisgebern gewährt werden, speziell ihre Aufnahme, ihre Unterbringung und ihre Sicherheit in einem Mitgliedstaat zu garantieren, der kein Auslieferungsabkommen mit dem Land hat, das diese Machenschaften begangen hat; fordert die Kommission gemäß Artikel 67 Ziffer 2 AEUV über die europäische Asylpolitik auf, im Falle von Auslieferungsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem beschuldigten Drittland im Rahmen ihrer Befugnisse zu handeln und alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz dieser Hinweisgeber zu ergreifen, die in den Ländern, deren unrechtmäßige oder betrügerische Praktiken sie aufdecken, schweren Repressalien ausgesetzt sind;

61.  fordert die Kommission auf, Vorschläge für die Einrichtung einer ähnlichen Stelle auf EU-Ebene mit ausreichenden Haushaltsmitteln, einschlägigen Befugnissen und geeigneten Spezialisten zu unterbreiten, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten, insbesondere in grenzüberschreitenden Situationen, zu koordinieren; ist der Auffassung, dass diese europäische Einrichtung ebenfalls in der Lage sein sollte, Meldungen entgegenzunehmen, deren Glaubwürdigkeit zu prüfen, verbindliche Empfehlungen zu erteilen und Hinweisgebern beratend zur Seite zu stehen, wenn die diesen vonseiten des Mitgliedstaats oder der nationalen Behörden entgegengebrachte Reaktion offenkundig nicht zweckdienlich ist; schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten einen Jahresbericht zu den eingegangenen Warnhinweisen und ihrer Bearbeitung veröffentlichen, wobei die Vertraulichkeit möglicherweise laufender Ermittlungen gewahrt werden muss; ist der Ansicht, dass das Mandat der Europäischen Bürgerbeauftragten ausgeweitet werden könnte, damit diese Funktion wahrgenommen wird;

62.  ist der Meinung, dass ein als ernstzunehmend eingestufter Warnhinweis zu einer ordnungsgemäßen Ermittlung führen sollte und dass geeignete Maßnahmen folgen sollten; hebt hervor, dass es den Hinweisgebern im Rahmen der Ermittlung gestattet sein sollte, ihre Rüge zu erläutern und zusätzliche Informationen oder Beweismittel vorzulegen;

63.  regt an, dass in den Mitgliedstaaten Daten, Referenzwerte und Indikatoren zu den Strategien für die Meldung von Missständen im öffentlichen und im privaten Sektor entwickelt werden;

64.  fordert alle Organe der EU auf, dem auf eigene Initiative erstellten Bericht der Bürgerbeauftragten vom 24. Juli 2014 im Hinblick auf die Einhaltung von Artikel 22c des neuen Beamtenstatuts Rechnung zu tragen, und fordert alle Einrichtungen der EU auf, Warnmechanismen für ethisches Fehlverhalten und einen Rechtsrahmen für die Meldung von Missständen zu erlassen, der unmittelbar auf den internen Vorschriften des Amts der Bürgerbeauftragten beruht; bekräftigt seine Entschlossenheit, entsprechend zu handeln;

65.  vertritt die Auffassung, dass Hinweisgeber auch das Recht haben sollten, das Ergebnis der Ermittlung im Zusammenhang mit der Offenlegung zu überprüfen und zu kommentieren;

66.  fordert die Organe und sonstigen Einrichtungen der EU auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und die von der Europäischen Bürgerbeauftragten vorgelegten Leitlinien unverzüglich anzuwenden; fordert die Kommission auf, ihre eigenen Leitlinien zum Schutz von Hinweisgebern im Einklang mit dem Statut der Beamten von 2012 sowohl in der Kommission als auch in den EU-Agenturen vollumfänglich umzusetzen; fordert die Kommission auf, wirksam mit anderen Einrichtungen, darunter der Europäischen Staatsanwaltschaft, zusammenzuarbeiten und ihre Bemühungen mit ihnen zu koordinieren, um für den Schutz von Hinweisgebern zu sorgen;

67.  betont, dass ein besseres System für die Meldung unternehmerischen Fehlverhaltens geschaffen werden muss, das die vorhandenen nationalen Kontaktstellen für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ergänzt und zur Steigerung ihrer Wirksamkeit beiträgt;

68.  betont, dass Ermittlungen in Fragen, die durch Hinweisgeber aufgeworfen wurden, unabhängig und so rasch wie möglich durchgeführt werden sollten, wobei auch die Rechte von Personen, die von einer Offenlegung betroffen sein könnten, zu schützen sind; weist mit Nachdruck darauf hin, dass sowohl der Hinweisgeber als auch alle von einer Offenlegung betroffenen Personen die Möglichkeit haben sollten, während der gesamten Ermittlung zusätzliche Argumente und Beweismittel vorzubringen, und dass sie über das Vorgehen im Zusammenhang mit der Offenlegung informiert werden sollten;

69.  begrüßt die Tatsache, dass die Kommission unlängst einen Informationskanal eingerichtet hat, über den Hinweisgeber Informationen zu Wettbewerbs- und Kartellabsprachen weiterleiten oder offenlegen können, betont jedoch, dass die Verfahren vereinfacht werden müssen und dass es nicht zu viele Informationskanäle geben darf;

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70.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P8_TA(2015)0408.
(2) Angenommene Texte, P8_TA(2016)0310.
(3) ABl. C 208 vom 10.6.2016, S. 89.
(4) Angenommene Texte, P8_TA(2015)0457.
(5) Angenommene Texte, P8_TA(2017)0022.
(6) https://www.unodc.org/documents/treaties/UNCAC/Publications/Convention/08-50027_F.pdf
(7) Siehe z. B. seine Entschließung vom 6. Juli 2016 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung und seine Entschließung vom 16. Dezember 2015 mit Empfehlungen an die Kommission zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Harmonisierung der Politik im Bereich der Körperschaftsteuer in der Union.

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