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Verfahren : 2016/2251(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A8-0297/2017

Eingereichte Texte :

A8-0297/2017

Aussprachen :

PV 26/10/2017 - 7
CRE 26/10/2017 - 7

Abstimmungen :

PV 26/10/2017 - 10.2

Angenommene Texte :

P8_TA(2017)0414

Angenommene Texte
PDF 298kWORD 55k
Donnerstag, 26. Oktober 2017 - Straßburg
Durchführung der Umwelthaftungsrichtlinie
P8_TA(2017)0414A8-0297/2017

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. Oktober 2017 zu der Anwendung der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden („Umwelthaftungsrichtlinie“) (2016/2251(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden(1) (im Folgenden „Umwelthaftungsrichtlinie“),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (COM(2016)0204),

–  gestützt auf die Artikel 4 und 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf Artikel 37 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates(2),

–  unter Hinweis auf die Änderung der Umwelthaftungsrichtlinie durch die Richtlinie 2006/21/EG(3) über die Bewirtschaftung von Abfällen aus der mineralgewinnenden Industrie, die Richtlinie 2009/31/EG(4) über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und die Richtlinie 2013/30/EU(5) über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und ‑Erdgasaktivitäten,

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die REFIT-Bewertung der Umwelthaftungsrichtlinie (SWD(2016)0121), die dem Bericht der Kommission (COM(2016)0204) beigefügt ist,

–  unter Hinweis auf das Briefing des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments vom 6. Juni 2016 mit dem Titel „The implementation of the Environmental Liability Directive: a survey of the assessment process carried out by the Commission“ (Die Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie: eine Untersuchung des von der Kommission durchgeführten Beurteilungsverfahrens)(6),

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 zum Verfahren für die Genehmigung von Initiativberichten,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses sowie die Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A8-0297/2017),

A.  in der Erwägung, dass die Umweltpolitik der Union gemäß Artikel 191 Absatz 1 AEUV zur Verfolgung bestimmter Ziele beitragen muss, nämlich zum Schutz der Gesundheit ihrer Bürger, zum Schutz und zur Verbesserung der Qualität der Umwelt, zur Förderung der umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen und zur Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung globaler oder regionaler Umweltprobleme;

B.  in der Erwägung, dass Artikel 191 Absatz 2 AEUV besagt, dass die Umweltpolitik der Union auf ein hohes Schutzniveau abzielen und auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip beruhen muss;

C.  in der Erwägung, dass in Artikel 11 AEUV Folgendes verfügt wird: „Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“;

D.  in der Erwägung, dass dem Europäischen Parlament und dem Rat durch Artikel 192 AEUV die Aufgabe übertragen wird, die Maßnahmen zu ermitteln, die einzuleiten sind, um die allgemeinen Ziele der Union in Bezug auf Umwelt zu verwirklichen(7);

E.  in der Erwägung, dass Artikel 37 der Charta der Grundrechte besagt, dass ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden müssen;

F.  in der Erwägung, dass durch eine auf Unionsebene koordinierte Umweltstrategie Synergien geschaffen werden und die Kohärenz der Unionsmaßnahmen sichergestellt wird;

G.  in der Erwägung, dass sich der derzeitige Anwendungsbereich der Umwelthaftungsrichtlinie ausschließlich auf Umweltschäden bezieht, die von den Betreibern an biologischer Vielfalt (geschützte Arten und natürliche Lebensräume), Gewässern und Böden verursacht wurden;

H.  in der Erwägung, dass zur Deckung der Haftung für Umweltschäden spontan ein Markt für Deckungsvorsorge entstanden ist, der jedoch für die Deckung bestimmter Fälle unzureichend sein könnte, z. B. bei kleinen und mittleren Unternehmen oder bei bestimmten Arten von Tätigkeiten (Offshore-Plattformen, Kernenergie usw.);

I.  in der Erwägung, dass zu den Hauptursachen für die uneinheitliche Anwendung der Umwelthaftungsrichtlinie die Schwierigkeit zählt, festzustellen, wann der Schaden an einer natürlichen Ressource die festgelegte Schwelle überschreitet, und das Fehlen eines Mechanismus in vielen Mitgliedstaaten, um Kommentare oder Kritik von nichtstaatliche Umweltorganisationen und anderen einschlägigen Verbänden zu prüfen;

J.  in der Erwägung, dass die Umwelthaftungsrichtlinie in vielen Mitgliedstaaten zahlreichen Interessenträgern (nichtstaatlichen Umweltorganisationen, Versicherungsunternehmen, Betreibern und insbesondere zuständigen Behörden) nicht gut genug oder sogar gar nicht bekannt ist, auch weil es keine Leitlinien gibt, die die legislative Umsetzung erleichtern könnten;

K.  in der Erwägung, dass viele Mitgliedstaaten Fortschritte dabei erzielt haben, die wichtigsten Ziele hinsichtlich der Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden wirksam umzusetzen; in der Erwägung, dass die Umwelthaftungsrichtlinie jedoch in einigen Mitgliedstaaten immer noch unzureichend durchgesetzt wird;

L.  in der Erwägung, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die durch industrielle Tätigkeiten verursachte Verschmutzung auf bislang nicht vermutete Weise sowohl auf die Umwelt als auch auf den Menschen einwirken kann und dass dadurch die Gesundheit des Menschen, die Nachhaltigkeit und das Gleichgewicht aus biologischen und bio-evolutionären Prozessen gefährdet werden;

1.  würdigt die Bedeutung der Studien und Berichte der Kommission bezüglich der Beurteilung der Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie und ihrer Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten sowie ihrer Empfehlungen für die effektive und schlüssige Umsetzung der Richtlinie, indem der Förderung der Vereinheitlichung von nationalen Lösungen und Verfahren in einem umfassenderen Rahmen für die gesetzliche Haftung Vorrang eingeräumt wird; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ausarbeitung des Mehrjahres-Arbeitsprogramms für die Umwelthaftungsrichtlinie für den Zeitraum 2017 bis 2020;

2.  stellt mit Besorgnis fest, dass die Ergebnisse dieser Berichte ein alarmierendes Bild bezüglich der tatsächlichen Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie abgeben, und betont, dass diese Richtlinie in vielen Mitgliedstaaten uneinheitlich und oberflächlich umgesetzt wurde;

Stand der Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie

3.  stellt fest, dass mehrere Mitgliedstaaten die Frist für die Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie nicht eingehalten haben und dass sie erst Mitte 2010 von allen 27 Mitgliedstaaten umgesetzt wurde;

4.  ist der Ansicht, dass die Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie in einzelstaatliche Haftungsregelungen aufgrund der darin vorgesehenen Ermessensspielräume, eines erheblichen Mangels an Klarheit und der uneinheitlichen Anwendung der grundlegenden Konzepte sowie unterentwickelter Kapazitäten und Fachkenntnisse keine gleichen Wettbewerbsbedingungen geschaffen hat und dass sie – wie im Bericht der Kommission bestätigt wird – derzeit sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht völlig uneinheitlich ist und es bei der Zahl der Fälle große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt; ist daher der Ansicht, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, damit die Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene angeglichen werden können;

5.  stellt fest, dass diese mangelnde Einheitlichkeit unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass die Umwelthaftungsrichtlinie, die nach dem Modell der Rahmenrichtlinie erarbeitet wurde, zu allgemein gehalten ist;

6.  bedauert, dass trotz der Maßnahmen, die die Kommission hinsichtlich der verspäteten Umsetzung und der mit der Nichteinhaltung verbundenen Probleme ergriffen hat, und trotz der im Rahmen der Umwelthaftungsrichtlinie zugestandenen beträchtlichen Flexibilität sieben Mitgliedstaaten immer noch Probleme mit der Nichteinhaltung lösen müssen;

7.  weist darauf hin, dass Unterschiede bei der Meldung von Umweltschäden durch die Mitgliedstaaten, bei denen die Umwelthaftungsrichtlinie(8) zur Anwendung kam, dadurch erklärt werden können, dass die nationalen Rechtsvorschriften anstelle der Umwelthaftungsrichtlinie angewendet werden;

Grenzen der Wirksamkeit der Umwelthaftungsrichtlinie

8.  stellt fest, dass sich die Wirksamkeit der Umwelthaftungsrichtlinie zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten deutlich unterscheidet;

9.  betont, dass die unterschiedliche Auslegung und Anwendung der „Wesentlichkeitsschwelle“ für Umweltschäden eines der Haupthindernisse für eine wirksame und einheitliche Anwendung der Umwelthaftungsrichtlinie darstellt und dass genaue Daten über die Verwaltungskosten der öffentlichen Behörden, einschließlich Daten über die Anwendung der ergänzenden Sanierung und der Ausgleichssanierung, nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, stark voneinander abweichen und im Falle von Unternehmen überhaupt nicht verfügbar sind;

10.  bedauert, dass Vorfälle gemäß der Umwelthaftungsrichtlinie nur dann als schwerwiegend gelten, wenn sie Todesfälle oder schwere Verletzungen nach sich ziehen, ohne dass dabei auch die Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigt würden; betont daher, dass ein Vorfall auch dann, wenn er keine Todesfälle oder schweren Verletzungen nach sich zieht, aufgrund seines Ausmaßes oder weil er beispielsweise geschützte Gebiete, geschützte Arten oder besonders empfindliche Lebensräume in Mitleidenschaft zieht, schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt haben kann;

11.  bedauert, dass manche Aktivitäten mit potenziellen negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Umwelt wie zum Beispiel die Beförderung gefährlicher Stoffe in Pipelines, der Bergbau und die Einschleppung invasiver gebietsfremder Arten derzeit nicht unter das Erfordernis einer verschuldensunabhängigen Haftung fallen; stellt fest, dass die in Anhang III aufgeführten Tätigkeiten die Bereiche, in denen potenziell Schaden verursacht werden kann, insbesondere bei einer Schädigung der biologischen Vielfalt nicht ausreichend abdecken;

12.  ist der Ansicht, dass der in Artikel 1 der Umwelthaftungsrichtlinie genannte Rahmen für die Umwelthaftung erweitert werden sollte, sodass er die Wiederherstellung der Umwelt und die ökologische Sanierung bis zur Wiederherstellung des Ausgangszustands im Anschluss an die Beendigung der beruflichen Tätigkeiten umfasst, was auch dann gelten sollte, wenn der Umweltschaden von Tätigkeiten oder Emissionen verursacht wurde, die von den zuständigen Behörden ausdrücklich genehmigt wurden;

13.  hebt hervor, dass alle Interessenträger darauf hingewiesen haben, dass die Durchsetzung der verschuldensunabhängigen Haftung für gefährliche Tätigkeiten gemäß Anhang III der Umwelthaftungsrichtlinie in Bezug auf die Rechtsnachfolger haftbarer Parteien Probleme bereitet(9);

14.  weist auf die Erfahrungen bei der Umsetzung der derzeit vorgesehenen Instrumente der Deckungsvorsorge hin, bei der Mängel in Bezug auf die Absicherung der Betreiberhaftung für Umweltschäden zutage getreten sind, und ist besorgt über die Fälle, in denen Betreiber nicht in der Lage waren, die Kosten einer Umweltsanierung zu tragen;

15.  hebt hervor, dass es weiterhin Probleme im Zusammenhang mit der Anwendung der Richtlinie auf schwere Vorfälle gibt, insbesondere in den Fällen, in denen der haftbare Verursacher nicht ermittelt werden kann und/oder der Verursacher Insolvenz oder Konkurs anmeldet;

16.  stellt fest, dass die Kosten von Umweltschäden für die verantwortlichen Betreiber mittel Instrumenten der Deckungsvorsorge gesenkt werden können (was Versicherungen und alternative Instrumente wie Bankgarantien, Anleihen, Fonds oder Wertpapiere umfasst); ist der Ansicht, dass im Bereich des Markts für Deckungsvorsorge für die Umwelthaftungsrichtlinie die Nachfrage gering ist, weil die Anzahl der Fälle in vielen Mitgliedstaaten gering ist, bezüglich einiger Konzepte der Richtlinie keine Klarheit herrscht und sich die Versicherungsmodelle in zahlreichen Mitgliedstaaten – abhängig vom Reifegrad des Marktes für solche Instrumente – schleppend entwickeln;

17.  stellt fest, dass die Möglichkeit, das Angebot an Deckungsvorsorge zu verbessern, dadurch behindert wird, dass die EU über unzureichende und widersprüchliche Daten bezüglich der unter die Umwelthaftungsrichtlinie fallenden Umweltschäden verfügt;

18.  hält die Mitgliedstaaten dazu an, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Schaffung von Instrumenten und Märkten der Deckungsvorsorge durch die entsprechenden wirtschaftlichen und finanziellen Akteure beschleunigt wird, was auch finanzielle Mechanismen im Falle von Insolvenz einschließt, damit die Betreiber Instrumente der Deckungsvorsorge in Anspruch nehmen können, um ihre Haftung zu decken;

19.  verweist auf die Machbarkeitsstudie der Kommission zum Konzept einer EU-weiten Fazilität auf Risikoteilungsbasis für Industriekatastrophen(10) und hält es für geboten, dass die wichtigsten rechtlichen und finanziellen Aspekte weiteren Analysen und einer ausführlicheren Machbarkeitsstudie unterzogen werden;

20.  begrüßt es, dass die Hälfte der Mitgliedstaaten (Belgien, Zypern, Tschechische Republik, Estland, Griechenland, Ungarn, Lettland, Litauen, Luxemburg, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich) bezüglich der Anwendung der Umwelthaftungsrichtlinie auf geschützte Arten und natürliche Lebensräume einen größeren Anwendungsbereich gewählt hat;

21.  ist der Ansicht, dass eine der Ursachen für die unzureichende Vereinheitlichung der Umwelthaftungsrichtlinie darin besteht, dass kein standardmäßiges Verwaltungsverfahren für die Meldung von unmittelbar drohender Gefahr von Umweltschäden oder tatsächlichen Umweltschäden an die zuständigen Behörden vorgesehen ist; bedauert daher, dass keine Verpflichtung besteht, diese Meldungen oder Informationen darüber, wie mit diesen Fällen umgegangen wurde, zu veröffentlichen; weist darauf hin, dass einige Mitgliedstaaten diese Lücke in ihren nationalen Rechtsvorschriften erkannt und Datenbanken eingerichtet haben, in die diese Meldungen/Vorfälle/Fälle eingetragen werden; weist jedoch darauf hin, dass derartige Maßnahmen von den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlichem und in eher begrenztem Umfang eingesetzt werden;

22.  betont, dass es im Rahmen von Schadensersatzregelungen möglich sein muss, wirksam und schnell, innerhalb einer angemessenen Frist und ohne, dass es dabei zu einer Diskriminierung der Geschädigten aus verschiedenen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums kommt, auf grenzübergreifende Forderungen zu reagieren; spricht sich dafür aus, dass von diesen Schadensersatzregelungen sowohl Primär- als auch Sekundärschäden in allen betroffenen Regionen abgedeckt werden, da derartige Vorfälle größere Flächen in Mitleidenschaft ziehen und langfristige Folgen haben können; betont, dass es wichtig ist, dass insbesondere die Nachbarländer, die nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören, die internationalen Rechtsvorschriften im Bereich des Umweltschutzes und der Umwelthaftung einhalten;

23.  bekräftigt, das gemäß Artikel 4 Absatz 5 der Umwelthaftungsrichtlinie diese Richtlinie nur dann für Umweltschäden sowie die unmittelbare Gefahr solcher Schäden gilt, die durch eine nicht klar abgegrenzte Verschmutzung verursacht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und den Tätigkeiten einzelner Betreiber festgestellt werden kann; bekräftigt weiterhin, dass der Weltklimarat (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen – IPCC) bereits in seinem Bericht von 2013 einen eindeutigen ursächlichen Zusammenhang zwischen Gasemissionen und Schäden in Bezug auf den Klimawandel und die Umwelt festgestellt hat(11);

Vorschläge für eine stärkere Vereinheitlichung der Umwelthaftungsrichtlinie

24.  fordert, die Umwelthaftungsrichtlinie baldmöglichst zu überarbeiten und den Begriff „Umweltschaden“ in Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie neu zu definieren, und zwar insbesondere mit Blick auf die Kriterien für die Bestimmung von nachteiligen Auswirkungen auf geschützte Arten und Lebensräume (Anhang I) und auf das Risiko einer Schädigung von Gewässern und Böden, sodass dieser Begriff wirksam, einheitlich und den schnellen Änderungen der bei der industriellen Tätigkeit entstehenden Schadstoffe angemessen ist;

25.  fordert die Kommission auf, das Konzept der „Wesentlichkeitsschwelle“ klarer zu formulieren, zu definieren und im Einzelnen darzulegen und unterschiedliche Haftungshöchstgrenzen für verschiedene Aktivitäten zu prüfen, damit die Umwelthaftungsrichtlinie in allen Mitgliedstaaten standardisiert und einheitlich angewandt wird;

26.  fordert die Kommission auf, für eine klare und kohärente Auslegung des in der Umwelthaftungsrichtlinie festgelegten geografischen Anwendungsbereich zu sorgen, was den Begriff des „günstigen Erhaltungszustands“ betrifft (EU-Gebiet, nationales Gebiet, natürliches Verbreitungsgebiet); vertritt die Auffassung, dass in diesem Sinn ein ortsspezifischer Ansatz notwendig wäre, damit eine ordnungsgemäße und wirksame Umsetzung sichergestellt wird;

27.  fordert die Kommission auf, die notwendigen Standards festzulegen, damit klar und unzweideutig festgestellt werden kann, in welchen Fällen die Umwelthaftungsrichtlinie Anwendung findet und in welchen Fällen dagegen die nationalen Bestimmungen zur Anwendung kommen, falls diese strikter sind;

28.  stellt fest, dass die Luftverschmutzung die Gesundheit des Menschen und die Umwelt schädigt und dass Stickstoffdioxid und die Feinstaubbelastung Eurostat zufolge ernsthafte Gesundheitsrisiken darstellen; fordert in diesem Zusammenhang, dass in die Bestimmungen der Begriffe „Umweltschaden“ und „natürliche Ressource“ in Artikel 2 der Begriff „Ökosysteme“ genommen wird; fordert die Kommission weiterhin auf, die Möglichkeit zu prüfen, den Geltungsbereich der Umwelthaftungsrichtlinie auszuweiten und eine Haftung für eine Schädigung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt einzuführen, einschließlich der Verschmutzung der Luft(12);

29.  fordert die Kommission auf, eine obligatorische Deckungsvorsorge, beispielsweise eine verbindliche Umwelthaftpflichtversicherung für Betreiber, einzuführen und eine EU-weit harmonisierte Methode für die Berechnung der Haftungshöchstgrenzen auszuarbeiten, die den Eigenschaften jeder Tätigkeit und deren Umfeld Rechnung trägt; fordert die Kommission außerdem auf, die Möglichkeit der Einrichtung eines europäischen Fonds zum Schutz der Umwelt vor Schäden, die durch unter die Umwelthaftungsrichtlinie fallende industrielle Tätigkeiten verursacht werden(13), zu untersuchen, wobei durch diesen Fonds jedoch nicht das Verursacherprinzip untergraben werden darf, sodass er für das Insolvenzrisiko und nur in Fällen, in denen die Märkte für Deckungsvorsorge versagen, greifen sollte; ist der Auffassung, dass dasselbe auch für schwere Unfälle gelten sollte, in denen der für die Schäden verantwortliche Betreiber nicht ermittelt werden kann;

30.  fordert, dass Betreiber, die aus der Durchführung von Tätigkeiten Nutzen ziehen, auch für durch diese Tätigkeiten verursachte Umweltschäden oder -verschmutzungen haften;

31.  ist der Ansicht, dass in Anbetracht der Schwere und der potenziellen Auswirkungen von Industrieunfällen und der Gefahren für die menschliche Gesundheit, die Natur und das Eigentum zusätzliche Schutzmechanismen erforderlich sind, damit den Bürgern Europas ein sicheres und solides System zur Vorsorge und Bewältigung von Katastrophen zur Verfügung steht, das auf der Aufteilung der Risiken, einer verstärkten Haftung der industriellen Betreiber und dem Verursacherprinzip beruht; fordert, dass bewertet wird, ob in die Umwelthaftungsrichtlinie eine Haftpflichtregelung für Schädigungen der menschlichen Gesundheit und der Umwelt eingeführt beruht(14);

32.  fordert die Schaffung einer Sekundärhaftungsregelung für die Rechtsnachfolger des Verursachers;

33.  empfiehlt, die Option, subsidiäre Staatshaftung einzufordern, verbindlich zu machen, damit die Rechtsvorschrift wirksam und vorausschauend umgesetzt wird;

34.  fordert außerdem, dass die Optionen, aufgrund eines genehmigten Normalbetriebs bzw. aufgrund des Entwicklungsrisikos Haftungsausschluss zu gewähren, aufgehoben werden, damit gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, das Verursacherprinzip gefördert und die Wirksamkeit der Rechtsvorschriften verbessert wird;

35.  fordert die Kommission auf, unverzüglich einen Vorschlag für Umweltinspektionen auf EU-Ebene vorzulegen;

36.  ist der Ansicht, dass die verschuldensunabhängige Haftung für sämtliche Umweltschäden mit nachteiligen Auswirkungen bei einer Überarbeitung der Umwelthaftungsrichtlinie vorrangig auf nicht in Anhang III genannte Tätigkeiten ausgeweitet werden sollte, damit die Rechtsvorschriften bezüglich der Umsetzung des Verursacherprinzips größere Wirkung erzielen und ein Anreiz für die Betreiber gesetzt wird, das mit ihren Tätigkeiten verbundene Risiko ordnungsgemäß zu steuern; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ein Register der Betreiber, die gefährliche Tätigkeiten ausüben, sowie ein System zur finanziellen Kontrolle, durch das die Solvenz dieser Betreiber sichergestellt wird, einzurichten;

37.  fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Umwelthaftungsrichtlinie auf von jeglicher beruflichen Tätigkeit verursachte Umweltschäden angewendet und die verschuldensunabhängige Erzeugerhaftung gesichert wird;

38.  fordert die Schaffung einer öffentlich zugänglichen europäischen Datenbank der Umweltschäden, die unter die Umwelthaftungsrichtlinie fallen, beispielsweise auf der Grundlage des irischen Systems, das ein Online-Meldesystem für die Meldung von Fällen von Umweltschäden vorsieht, damit ein größeres Vertrauen in das durch die Umwelthaftungsrichtlinie geschaffene System geschaffen und für eine bessere Umsetzung gesorgt werden kann; vertritt die Ansicht, dass eine solche öffentliche Datenbank dazu beitragen könnte, dass die Interessenträger, die Betreiber und die Bürger verstärkt über das Bestehen der Umwelthaftungsrichtlinie und deren Durchsetzung informiert werden, sowie dazu, dass Umweltschäden besser vermieden und beseitigt werden können;

39.  empfiehlt, dass öffentliche Datenbanken zu Fällen, die unter die Umwelthaftungsrichtlinie fallen, im Einklang mit folgenden Kriterien eingerichtet werden, damit sie leicht zugänglich und wirksam sind:

   sie sollten online zugänglich sein, und zusätzliche Informationen in Bezug auf die Fälle sollten auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden;
   jedes Land sollte eine zentrale Datenbank statt gesonderter Datenbanken für jede Region haben;
   Meldungen zu neuen Vorfällen sollten unverzüglich online veröffentlicht werden;
   zu jedem in der Datenbank registrierten Fall sollten Angaben zum Namen des Verschmutzers, der Art und dem Ausmaß des verursachten Schadens, zu ergriffenen Vorsichts-/Abhilfemaßnahmen und zu Verfahren, die von den Behörden bzw. gemeinsam mit den Behörden durchgeführt werden, enthalten sein;

40.  fordert die Ausweitung der in Anhang III genannten Kategorien gefährlicher Tätigkeiten, damit sie alle für die Umwelt und die menschliche Gesundheit potenziell schädlichen Tätigkeiten umfassen;

41.  betont die Bedeutung einer Kultur der Vermeidung von Umweltschäden mittels einer systematischen Informationskampagne, bei der die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass potenzielle Verschmutzer und potenzielle Opfer über die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, die Verfügbarkeit von Versicherungen oder anderen finanziellen und rechtlichen Mitteln zum Schutz vor diesen Risiken sowie die Vorteile, die ihnen dadurch entstehen können, informiert werden;

42.  vertritt die Auffassung, dass sämtliche Fälle, in denen die Haftung nachgewiesen ist, und alle Einzelheiten zu den verhängten Sanktionen veröffentlicht werden sollten, um für umfassende Transparenz hinsichtlich der wahren Kosten von Umweltschäden zu sorgen;

43.  schlägt vor, einen Mechanismus zu schaffen, durch den nichtstaatliche Umweltorganisationen und andere einschlägige Verbände zur Abgabe von Kommentaren und Kritik angehalten werden können;

44.  schlägt vor, Steuerermäßigungen oder andere Formen von Anreizen für Unternehmen vorzusehen, die sich erfolgreich um die Vermeidung von Umweltschäden bemühen;

45.  empfiehlt die Einrichtung spezieller unabhängiger Behörden, denen die in der Umwelthaftungsrichtlinie vorgesehenen Verwaltungs- und Kontrollbefugnisse sowie Befugnisse zur Verhängung von Sanktionen übertragen werden, einschließlich der Möglichkeit, finanzielle Garantien von potenziell haftbaren Parteien zu verlangen, wobei der besonderen Situation des einzelnen potenziellen Verschmutzers beispielsweise in Bezug auf Umweltgenehmigungen Rechnung getragen wird;

46.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Bemühungen um die Verwirklichung der Ziele der Vogelschutz- und der Habitat-Richtlinie der EU durch die Umwelthaftungsrichtlinie angemessen unterstützt werden; fordert, dass die für die Umweltinspektionen zuständigen Behörden in die Umsetzung und Durchsetzung des Umwelthaftungsrechts eingebunden werden;

47.  fordert die Kommission auf, das Programm zur Schulung über die Anwendung der Umwelthaftungsrichtlinie in den Mitgliedstaaten auszuweiten und Anlaufstellen für Fachleute einzurichten, die Informationen und Hilfe sowie Unterstützung bei der Bewertung von Risiken und Schädigungen bieten; empfiehlt außerdem die Annahme von Leitlinien, die die Mitgliedstaaten bei der ordnungsgemäßen legislativen Umsetzung unterstützen können;

48.  weist erneut darauf hin, dass Personen, die von einem Umweltschaden nachteilig betroffen sind, gemäß der Umwelthaftungsrichtlinie berechtigt sind, die zuständige Behörde zum Tätigwerden aufzufordern; weist außerdem darauf hin, dass den EU-Bürgern gemäß dem EU-Recht (Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus, Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und einschlägige Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte) ein wirksamer und zeitnaher Zugang zur Justiz garantiert werden sollte und dass (gemäß Artikel 191 AEUV) der Verursacher die Kosten für Umweltschäden tragen sollte; fordert die Kommission daher auf, einen Legislativvorschlag zu Mindeststandards für die Umsetzung der Säule des Übereinkommens von Aarhus, die sich auf den Zugang zur Justiz bezieht, vorzulegen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, Mechanismen der kollektiven Rechtsdurchsetzung für Verstöße gegen das Umweltrecht der Union einzuführen;

49.  fordert die Kommission auf, im Zusammenhang mit einer Überprüfung der Umwelthaftungsrichtlinie eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, alle zwei Jahre einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie vorzulegen, in Erwägung zu ziehen;

50.  hält strafrechtliche Sanktionen für ein weiteres wichtiges abschreckendes Instrument gegen Umweltschäden und stellt mit Bedauern fest, dass die Richtlinie 2008/99/EG vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt nicht auf dem neuesten Stand ist; fordert die Kommission auf, unverzüglich dahingehend tätig zu werden, dass sie den Geltungsbereich der genannten Richtlinie prüft, sodass er sämtliche geltenden Umweltrechtsvorschriften der Union umfasst;

o
o   o

51.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56.
(2) ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1.
(3) ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 15.
(4) ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114.
(5) ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 66.
(6)PE 556.943.
(7)Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 2010, ERG und andere, C-378/08, ECLI:EU:C:2010:126, Rn. 45; Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 2010, ERG und andere, C-379/08 und C-380/08, ECLI:EU:C:2010:127, Rn. 38; Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 2010, Buzzi Unicem SpA und andere, C-478/08 und C-479/08, ECLI:EU:C:2010:129, Rn. 35.
(8) Nach Angaben des Berichts der Kommission (COM(2016)0204)haben die Mitgliedstaaten von April 2007 bis April 2013 rund 1245 bestätigte Fälle von Umweltschäden gemeldet, bei denen die Richtlinie zur Anwendung kam. Ferner besagt der Bericht, dass die Anzahl der Fälle von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich ist. Auf zwei Mitgliedstaaten entfallen mehr als 86 % aller gemeldeten Schadensfälle (Ungarn: 563 Fälle, Polen: 506 Fälle), und die meisten der übrigen Fälle wurden aus sechs Mitgliedstaaten gemeldet (Deutschland (60), Griechenland (40), Italien (17), Lettland, Spanien und Vereinigtes Königreich (8)). Elf Mitgliedstaaten haben seit 2007 keine relevanten Schadensfälle gemeldet, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass sie diese Fälle ausschließlich im Rahmen ihrer nationalen Regelungen behandeln.
(9) Urteil des Gerichtshofs vom 4. März 2015, Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare u. a. gegen Fipa Group srl u. a., Rechtssache C-534/13, ECLI:EU:C:2015:140.
(10) Machbarkeitsstudie im Hinblick auf die Einrichtung eines Fonds für die Umwelthaftung und zur Deckung von Umweltschäden infolge von Industrieunfällen. Abschlussbericht der GD ENV der Kommission vom 17. April 2013.
(11) IPCC, 2013: „Climate Change 2013: The Physical Science Basis“ (Klimawandel 2013: Physikalisch-wissenschaftliche Grundlagen). Beitrag der Arbeitsgruppe I zum 5. Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) (Stocker, T.F. et al., Cambridge University Press, Cambridge, Vereinigtes Königreich, und New York, NY, USA, 1535 S., doi:10.1017/CBO9781107415324).
(12) Eine Möglichkeit, die in dem Dokument der Kommission vom 19. Februar 2014 mit dem Titel „Study on ELD Effectiveness: Scope and Exceptions“ (Studie zur Wirksamkeit der Umwelthaftungsrichtlinie: Geltungsbereich und Ausnahmen), S. 84, geprüft wird.
(13) Zu dieser Möglichkeit siehe das von der Kommission am 17. April 2013 veröffentlichte Dokument mit dem Titel „Study to explore the feasibility of creating a fund to cover environmental liability and losses occurring from industrial accidents“ (Machbarkeitsstudie im Hinblick auf die Einrichtung eines Fonds für die Umwelthaftung und zur Deckung von Umweltschäden infolge von Industrieunfällen).
(14) Wie in Portugal bereits vorgesehen und in der Studie der Kommission vom 16. Mai 2013 mit dem Titel „Implementation challenges and obstacles of the Environmental Liability Directive (ELD)“ (Herausforderungen und Hindernisse für die Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie), S. 75, bewertet.

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