Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. November 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (Antrag Italiens – EGF/2017/004 IT/Almaviva) (COM(2017)0496 – C8-0322/2017 – 2017/2200(BUD))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2017)0496 – C8‑0322/2017),
– gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1309/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014–2020) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1927/2006(1) (EGF-Verordnung),
– gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020(2), insbesondere auf Artikel 12,
– gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung(3) (IIV vom 2. Dezember 2013), insbesondere auf Nummer 13,
– unter Hinweis auf das in Nummer 13 der IIV vom 2. Dezember 2013 vorgesehene Trilogverfahren,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für regionale Entwicklung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0346/2017),
A. in der Erwägung, dass die Union Legislativ- und Haushaltsinstrumente geschaffen hat, um Arbeitnehmer, die unter den Folgen weitreichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge oder den Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu leiden haben, zusätzlich zu unterstützen und ihnen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt behilflich zu sein;
B. in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung der Union für entlassene Arbeitnehmer dynamischen Charakter haben und so zügig und effizient wie möglich bereitgestellt werden sollte;
C. in der Erwägung, dass Italien den Antrag EGF/2017/004 IT/Almaviva auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF nach den Interventionskriterien von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der EGF-Verordnung wegen 1 646 Entlassungen bei Almaviva Contact SpA, einem im Wirtschaftszweig NACE Rev. 2, Abteilung 82 (Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen, Bürodienstleistungen und sonstigen Dienstleistungen für Unternehmen) in der NUTS-2-Region Latium (ITI4) in Italien tätigen Unternehmen, gestellt hat; in der Erwägung, dass davon auszugehen ist, dass 1 610 entlassene Arbeitnehmer an den Maßnahmen teilnehmen werden;
1. teilt die Auffassung der Kommission, dass die Bedingungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der EGF-Verordnung erfüllt sind und Italien Anspruch auf einen Finanzbeitrag in Höhe von 3 347 370 EUR gemäß dieser Verordnung hat, was 60 % der sich auf 5 578 950 EUR belaufenden Gesamtkosten entspricht;
2. stellt fest, dass die italienischen Behörden den Antrag am 9. Mai 2017 gestellt haben und dass die Bewertung des Antrags nach Vorlage zusätzlicher Informationen durch Italien von der Kommission am 26. September 2017 abgeschlossen und das Parlament am selben Tag davon in Kenntnis gesetzt wurde;
3. weist darauf hin, dass durch die Wirtschaftskrise erheblicher Druck auf den Preis für Marketingdienstleistungen und die Unterstützung von Käufern von Waren und Dienstleistungen entstanden ist, was zu einem Rückgang des Umsatzes und der Rentabilität der Dienstleister geführt hat; stellt angesichts dessen, dass die Arbeitskosten bei weitem den größten Anteil an den Produktionskosten im Call-Center-Sektor ausmachen, fest, dass Unternehmen auf diese widrigen Bedingungen reagiert haben, indem sie ihre Standorte verlagert, bei den Arbeitskosten eingegriffen oder ihre Betriebe geschlossen haben; bedauert, dass zwischen 2009 und dem ersten Quartal 2014 ein Drittel aller italienischen Unternehmen des Sektors ihre Tätigkeit eingestellt haben;
4. stellt fest, dass die gegenwärtigen Entlassungen in direktem Zusammenhang damit stehen, dass der Umsatz des Zentrums von Almaviva in Rom zwischen 2011 und 2016 um 45 % zurückgegangen ist; bedauert, dass es nicht möglich war, sich mit der einheitlichen Gewerkschaftsvertretung (RSU) auf einen Plan zur Angleichung der Arbeitskosten bei Almaviva Rom an andere Almaviva-Arbeitszentren in Italien zu einigen – was tatsächlich zu einer Lohnkürzung geführt hätte –, was zur Schließung des Zentrums in Rom führte;
5. stellt fest, dass die Beschäftigten des Call-Center-Sektors besser geschützt werden sollten, was insbesondere bedeutet, dass Personalverlagerungen von einem Zentrum in ein anderes vermieden werden sollten, was als eine besondere Strategie genutzt wird, um Massenentlassungen zu erzwingen;
6. erkennt an, dass die regionale und die lokale Wirtschaft nach den großen Schwierigkeiten infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise erst langsam wieder an Vitalität gewinnen und dass Massenentlassungen diese Erholung zu stoppen oder zu unterbrechen drohen; betont die entscheidende Bedeutung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, wie etwa der aus dem EGF kofinanzierten Maßnahmen, um dies zu vermeiden;
7. stellt fest, dass 79 % der als Begünstigte in Frage kommenden Personen Frauen sind und dass die überwiegende Mehrheit von ihnen zwischen 30 und 55 Jahre alt ist; bedauert, dass es nicht möglich war, eine gangbare Lösung zur Vermeidung der Entlassungen zu finden, insbesondere angesichts der Tatsache, dass es ohnehin weniger wahrscheinlich ist, dass Frauen in dieser Altersgruppe angesichts der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben aufgrund ihrer Verantwortung als informelle Betreuerinnen sowie der mangelnden Chancengleichheit am Arbeitsplatz auf dem Arbeitsmarkt bleiben und vorankommen;
8. betont, dass bei der Fortbildung und anderen personalisierten Diensten den Merkmalen dieser Arbeitnehmergruppe, insbesondere dem hohen Frauenanteil, in vollem Umfang Rechnung getragen werden sollte; begrüßt, dass auch ein geschätzter Betrag von 680 000 EUR für die Erstattung der Kosten für die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger vorgesehen ist;
9. begrüßt, dass die italienischen Behörden am 6. April 2017, also vor der Einreichung des Antrags auf Gewährung einer EGF-Unterstützung für das vorgeschlagene koordinierte Paket, mit den personalisierten Dienstleistungen für die als Begünstigte in Frage kommenden Personen begonnen haben;
10. stellt fest, dass Italien acht Arten von Maßnahmen für die unter den vorliegenden Antrag fallenden entlassenen Arbeitnehmer plant: i) individuelle Berufsberatung, ii) Unterstützung bei der Arbeitssuche, iii) Ausbildung, Umschulung und berufliche Weiterbildung, iv) Wiederbeschäftigungsgutscheine, v) Unterstützung bei der Entscheidung zur Unternehmensneugründung, vi) Beihilfe zur Existenzgründung, viii) Erstattung der Kosten für die Pflege abhängiger Personen und viii) Erstattung von Mobilitätskosten; stellt fest, dass die einkommensunterstützenden Maßnahmen 17,4 % des Gesamtpakets personalisierter Maßnahmen ausmachen und damit weit unter dem in der EGF-Verordnung festgelegten Höchstwert von 35 % liegen und dass diese Maßnahmen an die aktive Teilnahme der Begünstigten an den Aktivitäten zur Arbeitssuche bzw. Weiterbildung geknüpft sind;
11. begrüßt die Einrichtung eines aus dem Ministerium für Wirtschaftsentwicklung (MiSE(4)), der ANPAL(5), der Region Latium und den Gewerkschaften bestehenden Ausschusses, der die Strategie und die Maßnahmen zur Unterstützung ehemaliger Almaviva-Beschäftigter festlegen und ein koordiniertes Paket personalisierter Dienste ausarbeiten soll;
12. stellt fest, dass der Einsatz von Wiederbeschäftigungsgutscheinen neu ist, da sie nur in einem vorherigen Fall verwendet wurden; betont, wie wichtig es ist, die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen umfassend zu bewerten, sobald genügend Zeit verstrichen ist, damit Daten verfügbar sind;
13. betont, dass die italienischen Behörden bestätigt haben, dass die förderfähigen Maßnahmen keine Unterstützung aus anderen Finanzierungsinstrumenten der Union erhalten, sondern dass sie durch Maßnahmen ergänzt werden, die entweder aus dem ESF oder nur aus nationalen Mitteln finanziert werden sollen;
14. weist darauf hin, dass bei der Ausarbeitung des im Rahmen des EGF unterstützten koordinierten Pakets personalisierter Dienstleistungen sowohl den künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als auch den in Zukunft nachgefragten Kompetenzen Rechnung getragen werden sollte und dass dieses Paket mit dem Umstieg auf eine ressourcenschonende und nachhaltige Wirtschaft vereinbar sein sollte;
15. begrüßt die Zusage der italienischen Regierung, einen neuen Rechtsrahmen für die Beschäftigten im Telekommunikationssektor zu schaffen, um weitere Fälle wie die, die Gegenstand des Antrags EGF/2017/004 IT/Almaviva sind, zu vermeiden;
16. weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung aus dem EGF nicht an die Stelle von Maßnahmen treten darf, die aufgrund des nationalen Rechts oder aufgrund von Tarifvereinbarungen in die Verantwortung der Unternehmen fallen, und auch kein Ersatz für Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Sektoren sein darf;
17. fordert die Kommission auf, von den nationalen Behörden zu verlangen, in künftigen Vorschlägen detailliertere Angaben zu den Branchen vorzulegen, die Wachstumspotenzial aufweisen und in denen daher wahrscheinlich Arbeitsplätze geschaffen werden können, und ferner aussagekräftige Daten über die Auswirkungen der EGF-Finanzierung, einschließlich der Auswirkungen auf die Qualität der Arbeitsplätze und die mit dem EGF erzielte Wiedereingliederungsquote, zusammenzutragen;
18. erinnert an seine an die Kommission gerichtete Forderung, sämtliche Dokumente im Zusammenhang mit den EGF-Fällen offenzulegen;
19. billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;
20. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;
21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Agenzia Nazionale per le Politiche Attive del Lavoro (ANPAL).
ANLAGE
BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung im Anschluss an einen Antrag Italiens – EGF/2017/004 IT/Almaviva
(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2017/2192.)