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Verfahren : 2017/2961(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B8-0634/2017

Aussprachen :

PV 16/11/2017 - 4.1
CRE 16/11/2017 - 4.1

Abstimmungen :

PV 16/11/2017 - 7.1

Angenommene Texte :

P8_TA(2017)0443

Angenommene Texte
PDF 173kWORD 48k
Donnerstag, 16. November 2017 - Straßburg
Meinungsfreiheit im Sudan, insbesondere der Fall von Mohamed Zine al- Abidine
P8_TA(2017)0443RC-B8-0634/2017

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. November 2017 zu dem Recht auf freie Meinungsäußerung im Sudan und insbesondere dem Fall Mohamed Zine al-Abidine (2017/2961(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage im Sudan, insbesondere seine Entschließungen vom 13. Juni 2012(1), 10. Oktober 2013(2), 18. Dezember 2014(3) und 6. Oktober 2016(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. März 2017 zu den Prioritäten der EU für die Tagungen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen im Jahr 2017(5),

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

–  unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

–  unter Hinweis auf das sudanesische Presse- und Publikationsgesetz aus dem Jahr 2009,

–  unter Hinweis auf das sudanesische Gesetz über die Informationsfreiheit aus dem Jahr 2015,

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Kampala der Panafrikanischen Konferenz zum Recht auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen vom 26. März 2017,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der EU, Norwegens, der Vereinigten Staaten und Kanadas vom 7. Dezember 2016 zu Inhaftierungen aus politischen Gründen und der Zensur von Zeitungen im Sudan,

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur freien Meinungsäußerung online und offline,

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Aristide Nononsi, Unabhängiger Experte der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte im Sudan, nach seinem Besuch im Sudan vom 11. bis 21. Mai 2017,

–  unter Hinweis auf den Besuch von Kommissionsmitglied Stylianides im Sudan vom 22./23. Oktober 2017,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) im Namen der EU anlässlich des Internationalen Tages zur Beendigung der Straflosigkeit für Verbrechen an Journalisten (2. November 2017),

–  unter Hinweis auf die Rangliste der Pressefreiheit 2017 der Organisation „Reporter ohne Grenzen“,

–  gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in einem am 23. Februar 2012 in der Zeitung Al-Tayar veröffentlichten Artikel von Mohamed Zine al-Abidine die angebliche Korruption in der Familie des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir kritisiert wurde;

B.  in der Erwägung, dass der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst (NISS) Anzeige gegen Mohamed Zine al-Abidine und den Chefredakteur der Zeitung, Osman Mirgani, erstattet hat;

C.  in der Erwägung, dass am 23. Oktober 2017 ein sudanesisches Gericht Mohamed Zine al-Abidine wegen Verletzung des Verhaltenskodex für Journalisten zu einer auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe mit einer fünfjährigen Bewährungsfrist verurteilt hat;

D.  in der Erwägung, dass der Chefredakteur von Al-Tayar, Osman Mirgani, infolge der gleichen Anklage zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 000 sudanesischen Pfund oder einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt wurde und freigelassen wurde, nachdem die Geldstrafe vom sudanesischen Journalistenverband bezahlt worden war;

E.  in der Erwägung, dass der Rechtsanwalt, der sowohl Mohamed Zine al-Abidine als auch Osman Mirgani vertritt, erklärt hat, dass er beabsichtigt, gegen die beiden Urteile Berufung einzulegen;

F.  in der Erwägung, dass Berichten zufolge der NISS Journalisten verhört und festhält, zahlreiche Klagen gegen sudanesische Journalisten eingereicht hat und komplette Ausgaben von Zeitungen wie Al-Tayar, Al-Jareeda Al-Watan, Al-Youm Al-Tali, Al-Ayam und Akhir Lahza, die regierungskritische Artikel enthielten, willkürlich beschlagnahmt hat;

G.  in der Erwägung, dass es im Jahr 2016 mindestens 44 Fälle beschlagnahmter Veröffentlichungen gab, von denen 12 Zeitungen betroffen waren, darunter fünf Ausgaben von Al-Jareeda in ein und derselben Woche; in der Erwägung, dass der Nationale Rat für Presse und Veröffentlichungen am 14. August 2016 veranlasst hat, die Veröffentlichung der Zeitungen Elaf, Al-Mustagilla, Al-Watan und Awal Al-Nahar auf unbestimmte Zeit auszusetzen;

H.  in der Erwägung, dass freie, unabhängige und unparteiische Medien zu den wichtigsten Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft gehören;

I.  in der Erwägung, dass der Sudan am 8. Januar 2017 als vierte Partei nach Palästina, Tunesien und Jordanien die Erklärung über die Medienfreiheit in der arabischen Welt unterzeichnet hat; in der Erwägung, dass der Staatsminister für Medienangelegenheiten darauf hingewiesen hat, dass sich die Regierung dazu verpflichtet habe, die Pressefreiheit im Sudan zu achten;

J.  in der Erwägung, dass die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ in ihrer Rangliste der Pressefreiheit 2017 den Sudan unter den am wenigsten freien Ländern führt – er belegt Platz 174 von 180 –, und zwar aufgrund von „Schikanierung der Medien, Zensur, Beschlagnahme von Zeitungsausgaben, Schließung von Medien und Internetsperren“;

K.  in der Erwägung, dass aus dem Bericht des Unabhängigen Experten der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte im Sudan vom Juli 2017 hervorgeht, dass die Zensur der Zeitung Al-Jareeda durch den NISS einen Verstoß gegen die Interimsverfassung des Sudan darstellt;

L.  in der Erwägung, dass der Sudan die im Jahr 2005 überarbeitete Fassung des Cotonou-Abkommens zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hat;

M.  in der Erwägung, dass die VP/HR, Federica Mogherini, am 14. November 2017 eine Erklärung zum Besuch des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir in Uganda herausgegeben hat, in der sie alle Vertragsparteien des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs aufgefordert hat, das Völkerrecht zu achten und ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht nachzukommen;

N.  in der Erwägung, dass die Menschenrechte, die Bürgerrechte und die politischen Rechte im Sudan nach wie vor verletzt werden;

1.  ist zutiefst besorgt darüber, dass Mohamed Zine al-Abidine am 23. Oktober 2017 von dem Pressegericht von Khartum zu einer auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe mit einer fünfjährigen Bewährungsfrist verurteilt wurde, und fordert die staatlichen Stellen des Sudan auf, alle Anklagepunkte unverzüglich zu überprüfen;

2.  ist zutiefst beunruhigt angesichts der Lage in Bezug auf das Recht auf freie Meinungsäußerung im Sudan, der anhaltenden Zensur und Beschlagnahme von Zeitungen und der zunehmenden Einschränkungen für Journalisten im Sudan, wenn es darum geht, ihre Meinung frei zu äußern; weist darauf hin, dass nicht die Unterdrückung der freien Presse die Folge sein darf, wenn die Politik der Regierung in der Öffentlichkeit hinterfragt wird und Politiker öffentlich zur Rechenschaft gezogen werden; nimmt des Weiteren mit Sorge zur Kenntnis, dass Zeitungen langfristige finanzielle Einschränkungen in Kauf nehmen müssen, da regelmäßig Zeitungen beschlagnahmt werden und Redaktionen ihre Arbeit zeitweilig nicht fortsetzen dürfen;

3.  bedauert die wiederholten Verstöße gegen die Medienfreiheit und die anhaltende Schikanierung von Journalisten durch den NISS – beides war bereits Gegenstand zahlreicher Berichte – und fordert die staatlichen Stellen des Sudan nachdrücklich auf, die Befugnisse und Methoden des NISS an die internationalen Standards anzupassen;

4.  ist überzeugt, dass freie, unabhängige und unparteiische Medien eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft sind, in der offene Debatten eine entscheidende Rolle spielen; fordert die EU auf, ihre Bemühungen um die Förderung des Rechts auf freie Meinungsäußerung durch ihre außenpolitischen Maßnahmen und Instrumente zu intensivieren;

5.  fordert die staatlichen Stellen des Sudan mit Nachdruck auf, alle Formen von Schikane, Einschüchterung und Angriffen auf Journalisten und Verteidiger des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Online- und Offline-Bereich unverzüglich zu beenden und demokratische Reformen durchzuführen, um den Schutz und die Förderung der Menschenrechte im Land, zu denen auch das Recht auf freie Meinungsäußerung gehört, sicherzustellen, und zwar im Einklang mit den Verpflichtungen aus der nationalen Interimsverfassung des Sudan und den internationalen Verpflichtungen des Landes, die sich unter anderem aus dem Cotonou-Abkommen ergeben;

6.  betont, dass gemäß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in erster Linie der Staat für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte zuständig ist; fordert die staatlichen Stellen des Sudan auf, die im Völkerrecht verankerten Menschenrechte und Grundfreiheiten einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung wiederherzustellen und zu achten;

7.  hebt die Bedeutung des jüngsten Besuchs des Kommissionsmitglieds Stylianides hervor und weist darauf hin, dass es wichtig war, dass er den staatlichen Stellen des Sudan die allgemein bekannten Bedenken der EU, auch hinsichtlich der Grundfreiheiten, dargelegt hat;

8.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Organisationen der Zivilgesellschaft durch technische Unterstützung und Programme zum Kapazitätsaufbau zu unterstützen, um ihre Fähigkeiten in den Bereichen Verteidigung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und sie zu befähigen, wirkungsvoller zur Verbesserung der Menschenrechtslage im Sudan beizutragen;

9.  nimmt den Vorschlag von 2017 für ein Presse- und Druckgesetz mit Sorge zur Kenntnis, zumal er weitere umstrittene Einschränkungen für Online-Veröffentlichungen vorsieht und Bestimmungen enthält, durch die für längere Zeiträume Verbote verhängt werden können, was die Tätigkeit von Journalisten und das Erscheinen von Zeitschriften betrifft; legt der Regierung des Sudan nahe, das Presse- und Publikationsgesetz von 2009 zu ändern, damit Journalisten und Zeitungsverleger besser geschützt werden;

10.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, der Kommission der Afrikanischen Union, dem Panafrikanischen Parlament und der Regierung des Sudan zu übermitteln.

(1) ABl. C 332 E vom 15.11.2013, S. 49.
(2) ABl. C 181 vom 19.5.2016, S. 87.
(3) ABl. C 294 vom 12.8.2016, S. 28.
(4) Angenommene Texte, P8_TA(2016)0379.
(5) Angenommene Texte, P8_TA(2017)0089.

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