Ernennung eines Mitglieds der Europäischen Kommission
152k
42k
Beschluss des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zur Billigung der Ernennung von Mariya Gabriel zum Mitglied der Kommission (C8-0166/2017 - 2017/0805(NLE))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 246 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,
– gestützt auf Nummer 6 der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission(1),
– unter Hinweis auf den Rücktritt von Kristalina Georgieva als Mitglied der Kommission,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Rates vom 29. Mai 2017, mit dem der Rat das Europäische Parlament hinsichtlich eines im Einvernehmen mit dem Präsidenten der Kommission zu fassenden Beschlusses zur Ernennung von Mariya Gabriel zum Mitglied der Kommission angehört hat (C8-0166/2017),
– unter Hinweis auf die Anhörung von Mariya Gabriel, die vom Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie und vom Ausschuss für Kultur und Bildung, unter Beteiligung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, des Rechtsausschusses sowie des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, am 20. Juni 2017 durchgeführt wurde, sowie auf die Erklärung über die Bewertung im Anschluss an die Anhörung,
– gestützt auf Artikel 118 und Anlage VI seiner Geschäftsordnung,
1. billigt die Ernennung von Mariya Gabriel zum Mitglied der Kommission für die verbleibende Amtszeit der Kommission bis zum 31. Oktober 2019,
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Rat, der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Rahmenabkommen zwischen der EU und dem Kosovo über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme des Kosovos an den Programmen der Union ***
260k
43k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Rahmenabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Kosovo(1) über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme des Kosovos an Programmen der Union (13391/2016 – C8-0491/2016 – 2013/0115(NLE))
– unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (13391/2016),
– unter Hinweis auf den Entwurf eines Rahmenabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Kosovo(2) über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme des Kosovos an den Programmen der Union (13393/2016),
– unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 212 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0491/2016),
– gestützt auf Artikel 99 Absätze 1 und 4 und Artikel 108 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0207/2017),
1. gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;
2. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und des Kosovos zu übermitteln.
*Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status des Kosovos und steht im Einklang mit der Resolution 1244(1999) des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.
* Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status des Kosovos und steht im Einklang mit der Resolution 1244(1999) des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.
Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung – Antrag EGF/2017/001 ES/Castilla y León Bergbau
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung – Antrag Spaniens – EGF/2017/001 ES/Castilla y León Bergbau (COM(2017)0266 – C8-0174/2017 – 2017/2079(BUD))
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2017)0266 – C8‑0174/2017),
– gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1309/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014–2020) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1927/2006(1) (EGF-Verordnung),
– gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020(2), insbesondere auf Artikel 12,
– gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung(3) (IIV vom 2. Dezember 2013), insbesondere auf Nummer 13,
– unter Hinweis auf das in Nummer 13 der IIV vom 2. Dezember 2013 vorgesehene Trilogverfahren,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für regionale Entwicklung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0248/2017),
A. in der Erwägung, dass die Union Legislativ- und Haushaltsinstrumente geschaffen hat, um Arbeitnehmer, die unter den Folgen weitreichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge oder den Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu leiden haben, zusätzlich zu unterstützen und ihnen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt behilflich zu sein;
B. in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung der Union für entlassene Arbeitnehmer gemäß der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die in der Konzertierungssitzung vom 17. Juli 2008 angenommen wurde, dynamischen Charakter haben und so zügig und effizient wie möglich bereitgestellt werden sollte, wobei hinsichtlich der Beschlussfassung über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 gebührend zu beachten ist;
C. in der Erwägung, dass der Erlass der EGF-Verordnung die Einigung widerspiegelt, die das Parlament und der Rat in Bezug auf eine Festsetzung des Kriteriums der krisenbedingten Inanspruchnahme des Fonds, eine Erhöhung des Finanzbeitrags der EU auf 60 % der geschätzten Gesamtkosten der vorgeschlagenen Maßnahmen, eine Verbesserung der Effizienz bei der Bearbeitung der EGF-Anträge in der Kommission und durch das Parlament und den Rat durch Verkürzung der Zeiträume für die Bewertung und Genehmigung, eine Ausweitung der förderfähigen Maßnahmen und Begünstigten durch Einbeziehung von Selbständigen und jungen Menschen und eine Finanzierung von Anreizen zur Unternehmensgründung erzielt haben;
D. in der Erwägung, dass Spanien den Antrag EGF/2017/001 ES/Castilla y León auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF wegen Entlassungen im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 5 (Steinkohlen- und Braunkohlenförderung) in der Region der NUTS-2-Ebene Castilla y León (ES41) gestellt hat und dass voraussichtlich 339 entlassene Arbeitnehmer und 125 junge Menschen unter 30 Jahren, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren (NEET-Jugendliche), an den Maßnahmen teilnehmen werden; in der Erwägung, dass die Entlassungen bei Hullera Vasco Leonesa S.A., Centro de Investigación y Desarrollo S.A., Hijos de Baldomero García S.A., Minas del Bierzo Alto S.L. und Unión Minera del Norte S.A. erfolgten;
E. in der Erwägung, dass eine Intervention gemäß Artikel 4 Absatz 2 der EGF-Verordnung beantragt wird – in Abweichung von den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b festgelegten Förderkriterien, wonach es innerhalb eines Bezugszeitraums von neun Monaten in Unternehmen, die in derselben NACE-Revision-2-Abteilung in einer oder zwei aneinandergrenzenden Regionen auf NUTS-2-Ebene tätig sind, in mindestens 500 Fällen zur Entlassung von Arbeitskräften gekommen sein muss;
1. teilt die Auffassung der Kommission, dass die Bedingungen nach Artikel 4 Absatz 2 der EGF-Verordnung erfüllt sind und Spanien im Rahmen dieser Verordnung somit Anspruch auf einen Finanzbeitrag in Höhe von 1 002 264 EUR hat, was 60 % der sich auf 1 670 440 EUR belaufenden Gesamtkosten entspricht;
2. stellt fest, dass die spanischen Behörden den Antrag auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF am 20. Januar 2017 gestellt haben und dass die Bewertung des Antrags durch die Kommission am 2. Juni 2017 abgeschlossen und dem Europäischen Parlament noch am gleichen Tag übermittelt wurde;
3. erinnert daran, dass der starke Rückgang der Kohlenförderung in der EU und des Weltmarktpreises von Kohle in den letzten zehn Jahren zu einer Zunahme der Einfuhrmengen von Kohle aus Nicht-EU-Ländern und zur Schließung zahlreicher unrentabel gewordener Kohlenbergwerke in der EU geführt hat; weist darauf hin, dass sich diese Trends noch stärker in Spanien abzeichnen, was zu einer Umstrukturierung und Umwandlung des Kohlenbergbaus führte; hebt hervor, dass die Beschäftigungssituation in der Region Castilla y León durch die Auswirkungen der Krise auf den Bergbausektor schwer gelitten hat, und weist darauf hin, dass im Zeitraum 2010 bis 2016 allein in Castilla y León zehn Unternehmen, die im Kohlenbergbau tätig sind, schließen mussten;
4. weist darauf hin, dass Spanien einen Antrag auf Ausnahme von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b mit der Begründung gestellt hat, dass das von den Entlassungen betroffene Gebiet aus kleinen isolierten Städten im abgelegenen und dünn besiedelten Kantabrischen Gebirge besteht, die mehrheitlich in starkem Maße vom Kohlenbergbau abhängig sind und unter eingeschränkter Konnektivität leiden, und dass das betroffene Gebiet folglich als Kleinarbeitsmarkt gemäß Artikel 4 Absatz 2 angesehen werden kann;
5. weist insbesondere auf die sehr geringe Bevölkerungsdichte, die mit der Berglandschaft verbundenen Probleme und die schwierige Beschäftigungssituation im Norden der Provinzen León und Palencia hin; ist besorgt angesichts des deutlichen Bevölkerungsrückgangs, der sich verhältnismäßig am stärksten bei Personen unter 25 Jahren abzeichnet;
6. weist darauf hin, dass der Finanzbeitrag insgesamt 339 entlassenen Arbeitnehmern zugutekommen wird, von denen 97 % Männer sind;
7. begrüßt den Beschluss Spaniens, bis zu 125 NEET-Jugendlichen unter 30 Jahren personalisierte Dienstleistungen, die aus dem EGF kofinanziert werden, bereitzustellen; stellt fest, dass im Rahmen dieser Dienstleistungen auch Personen unterstützt werden, die ihr eigenes Unternehmen gründen wollen;
8. weist darauf hin, dass sich die Maßnahmen an einer Studie zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zu produktiven Tätigkeiten in der Region Castilla y León orientieren werden, damit die Initiativen, auf die im Paket Bezug genommen wird, besser definiert werden können;
9. stellt fest, dass Spanien sechs Arten von Maßnahmen für die unter den vorliegenden Antrag fallenden entlassenen Arbeitnehmer und NEET-Jugendlichen plant: (i) Begrüßungs- und Informationsveranstaltungen, (ii) berufliche Orientierung und Beratung, (iii) intensive Unterstützung bei der Arbeitssuche, (iv) Schulung in Querschnittskompetenzen und ‑qualifikationen und Berufsbildung, (v) Förderung von Unternehmertum und (vi) Unterstützung für Unternehmensgründung sowie Fördermaßnahmen;
10. stellt fest, dass sich die Anreize auf 19,53 % des Gesamtpakets personalisierter Maßnahmen belaufen und damit weit unter dem in der EGF-Verordnung festgelegten Höchstwert von 35 % liegen werden und dass die aktive Teilnahme der Begünstigten an den Aktivitäten zur Arbeitsplatzsuche bzw. Weiterbildung Vorbedingung für diese Maßnahmen ist;
11. weist darauf hin, dass die angebotenen Fortbildungskurse Workshops zur Vorgehensweise bei der Arbeitsplatzsuche und Schulungen in den Bereichen persönliche und soziale Fähigkeiten, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie Fremdsprachen umfassen, während bei der Berufsbildung der Schwerpunkt entweder auf dem Ausbau der vorhandenen Bergbau-Kompetenzen, die für Tätigkeiten in anderen Wirtschaftszweigen relevant sein könnten, oder die Vermittlung von Kompetenzen für Bereiche wie Tourismus und Gastgewerbe in ländlichen Gebieten, die ökologische Sanierung von Bergbaugebieten, Aufforstung und Landschaftsgestaltung liegen wird;
12. begrüßt, dass auf regionaler Ebene Konsultationen von Interessenträgern, unter anderem Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden, der regionalen Agentur für wirtschaftliche Entwicklung, Innovation, Finanzierung und Internationalisierung von Unternehmen und einer öffentlichen Stiftung, die der staatlichen Arbeitsverwaltung angegliedert ist, durchgeführt wurden, um das koordinierte Paket personalisierter Dienstleistungen zusammenzustellen, und dass beim Zugang zu den aus dem EGF finanzierten Maßnahmen und während der Umsetzung dieser Maßnahmen die Grundsätze der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Nichtdiskriminierung angewendet werden;
13. weist erneut darauf hin, dass im Einklang mit Artikel 7 der EGF-Verordnung bei der Ausarbeitung des koordinierten Pakets personalisierter Dienstleistungen sowohl den künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als auch den in Zukunft nachgefragten Kompetenzen Rechnung getragen werden sollte und dass dieses Paket mit dem Umstieg auf eine ressourcenschonende und nachhaltige Wirtschaft vereinbar sein sollte;
14. begrüßt, dass zu den verfügbaren Anreizen Beiträge zu den Ausgaben für die Betreuung von pflegebedürftigen Personen gehören, da sich dies wahrscheinlich positiv auf das Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen auswirken wird; fordert die Kommission auf, detaillierte Informationen darüber vorzulegen, wie diese Möglichkeit genutzt wird;
15. erinnert daran, dass vor dem Hintergrund des Pariser Klimaschutzübereinkommens (COP 21) die Volkswirtschaften der EU rasch umgestaltet und einschlägige Arbeitsplätze gefördert werden müssen;
16. hält es für wichtig, eine Informationskampagne einzuleiten, um die NEET-Jugendlichen zu erreichen, die für diese Maßnahmen infrage kommen könnten, wobei für ein möglichst ausgewogenes Geschlechtergleichgewicht zu sorgen ist;
17. fordert die Kommission auf, in künftigen Vorschlägen genauer auf die Branchen einzugehen, die Wachstumspotenzial aufweisen und in denen daher wahrscheinlich Arbeitsplätze geschaffen werden können, und ferner aussagekräftige Daten über die Auswirkungen der EGF-Finanzierung, einschließlich der Auswirkungen auf die Qualität der Arbeitsplätze und die mit dem EGF erzielte Wiedereingliederungsquote, zusammenzutragen;
18. stellt fest, dass die spanischen Behörden bestätigt haben, dass für die förderfähigen Maßnahmen keine Unterstützung aus anderen Finanzinstrumenten der EU in Anspruch genommen wird, dass Maßnahmen ergriffen werden, um jegliche Doppelfinanzierung auszuschließen, und dass die förderfähigen Maßnahmen komplementär zu Maßnahmen sein werden, die aus den Strukturfonds finanziert werden;
19. weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung aus dem EGF nicht an die Stelle von Maßnahmen treten darf, die aufgrund des nationalen Rechts oder aufgrund von Tarifvereinbarungen in die Verantwortung der Unternehmen fallen, und auch kein Ersatz für Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Sektoren sein darf;
20. begrüßt die Tatsache, dass der Interventionsplan eine Beobachtungsinitiative beinhalten wird, an der sich die Sozialpartner beteiligen können sollten und deren Ziel darin besteht, dafür Sorge zu tragen, dass der Vorschlag im Einklang mit den Empfehlungen einer Studie zum Bedarf an beruflichen Fortbildungsmaßnahmen und zu Einstellungsmöglichkeiten umgesetzt wird, die als Teil der Maßnahmen der Initiative durchgeführt wird, sowie sicherzustellen, dass die vorgesehenen Mittel ordnungsgemäß verwaltet werden;
21. erinnert an seine Forderung an die Kommission, sämtliche Dokumente im Zusammenhang mit den EGF-Fällen offenzulegen;
22. billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;
23. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;
24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
ANLAGE
BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung – Antrag Spaniens – EGF/2017/001 ES/Castilla y León Bergbau
(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2017/1372.)
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung, zur Änderung der Richtlinien 89/686/EWG und 93/15/EWG des Rates sowie der Richtlinien 94/9/EG, 94/25/EG, 95/16/EG, 97/23/EG, 98/34/EG, 2004/22/EG, 2007/23/EG, 2009/23/EG und 2009/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses 87/95/EWG des Rates und des Beschlusses Nr. 1673/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates,
– unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netzen und Informationssystemen in der Union (NIS-Richtlinie),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 1. Juni 2016 mit dem Titel „Die Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 in den Jahren 2013 bis 2015“ (COM(2016)0212),
– unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 1. Juni 2016 mit dem Titel „Analysis of the implementation of the Regulation (EU) No 1025/2012 from 2013 to 2015 and factsheets“ (Analyse der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 in den Jahren 2013 bis 2015 und Informationsblätter) (SWD(2016)0126),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 1. Juni 2016 mit dem Titel „Europäische Normen für das 21. Jahrhundert“ (COM(2016)0358),
– unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 1. Juni 2016 mit dem Titel „Tapping the potential of European service standards to help Europe's consumers and businesses“ (Ausschöpfung des Potenzials europäischer Dienstleistungsnormen zugunsten von Verbrauchern und Unternehmen in Europa) (SWD(2016)0186),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 1. Juni 2016 mit dem Titel „Das jährliche Arbeitsprogramm der Union für europäische Normung 2017“ (COM(2016)0357),
– unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 1. Juni 2016 mit dem Titel „The implementation of the actions foreseen in the 2016 Union work programme for European standardisation, including the implementing acts and mandates sent to the European standardisation organisations“ (Die Durchführung der Maßnahmen, die im jährlichen Arbeitsprogramm der Union für europäische Normung 2016 vorgesehen sind, einschließlich der Durchführungsrechtsakte und der den europäischen Normungsorganisationen übermittelten Aufträge) (SWD(2016)0185),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. April 2016 mit dem Titel „Schwerpunkte der IKT-Normung für den digitalen Binnenmarkt“ (COM(2016)0176),
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Normungsinitiative im Rahmen der Binnenmarktstrategie, auf die sich die Mitteilung der Kommission vom 28. Oktober 2015 mit dem Titel „Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen“ (COM(2015)0550) bezieht,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Oktober 2010 zur Zukunft der europäischen Normung(1),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses mit dem Titel „Europäische Normen für das 21. Jahrhundert“,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses mit dem Titel „Arbeitsprogramm 2016 europäische Normung“,
– unter Hinweis auf die Strategie der Kommission zur quelloffenen Software 2014–2017(2),
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A8‑0213/2017),
A. in der Erwägung, dass das europäische Normungssystem für die Vollendung des Binnenmarkts von zentraler Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die Maßnahmen der Kommission zur Festlegung einer gemeinsamen Vision für die europäische Normung eine direkte Folge der zehn Prioritäten der Juncker-Kommission und insbesondere der Prioritäten im Hinblick auf den vernetzten digitalen Binnenmarkt und die Binnenmarktstrategie sind;
B. in der Erwägung, dass einem offenen, integrativen, transparenten und vorrangig marktorientierten europäischen Normungssystem, das auf Vertrauen und ordnungsgemäßer Einhaltung beruht, eine zentrale Rolle dabei zukommt, den steigenden Bedarf an Normen in industrie-, wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Strategien und Rechtsvorschriften der EU angemessen zu decken, mit denen für Produktsicherheit, Innovationen, Interoperabilität, Nachhaltigkeit und barrierefreien Zugang für Menschen mit Behinderungen ebenso gesorgt werden kann wie dafür, dass die Lebensqualität von Bürgern, Verbrauchern und Arbeitnehmern gehoben wird;
C. in der Erwägung, dass sich ein effizientes europäisches Normungssystem auf eine enge Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Industrie, Behörden, Normungsorganisationen und anderen interessierten Kreisen wie den in Anhang III der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 genannten Organisationen stützen sollte;
D. in der Erwägung, dass europäische Normen im Rahmen eines offenen, integrativen und transparenten Systems, das auf Einvernehmen zwischen allen Interessenträgern beruht, und mit dem Ziel der Festlegung strategischer technischer oder qualitativer Anforderungen, denen bereits bestehende oder künftige Produkte, Produktionsverfahren, Dienstleistungen oder Methoden entsprechen können, ausgearbeitet werden müssen;
E. in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Schwerpunkte der IKT-Normung für den digitalen Binnenmarkt“ der hohe Stellenwert von offenen Normen gewürdigt, der Begriff „offene Norm“ jedoch nicht bestimmt wird; in der Erwägung, dass sich offene Normen für die Einrichtung und Entwicklung des Internets und von Internetdienstleistungen als wesentlich erwiesen haben, durch welche wiederum Innovationen geschaffen sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Perspektiven eröffnet wurden;
F. in der Erwägung, dass Lizenzierungslösungen für quelloffene Soft- und Hardware europäischen Unternehmen und Verwaltungen den Zugang zu digitalen Waren und Dienstleistungen erleichtern sollten und können;
G. in der Erwägung, dass ein modernes und flexibles europäisches Normungssystem sinnvoller Bestandteil einer ehrgeizigen und überarbeiteten europäischen Industriepolitik ist und der Funktionsweise des Binnenmarkts zuträglich ist; in der Erwägung, dass Normen die Wettbewerbsfähigkeit der EU, das Wachstum, den fairen Wettbewerb und Innovationen verbessern und die Qualität, die Unternehmen und insbesondere die Leistungsfähigkeit der KMU und den Schutz von Verbrauchern, Arbeitnehmern und Umwelt fördern können;
H. in der Erwägung, dass in Europa zwei unterschiedliche Systeme für die Ausarbeitung von Normen nebeneinanderbestehen, wobei das eine auf dem Grundsatz der nationalen Delegation beruht, den das Europäische Komitee für Normung (CEN) und das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) anwenden, und das andere auf der kostenpflichtigen Mitgliedschaft der Interessenträger, die das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) ersonnen hat; in der Erwägung, dass diese beiden mit der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 zusammenhängenden Systeme für die Ausarbeitung von Normen bewertet werden müssen, um bestehende Herausforderungen und bewährte Verfahren zu ermitteln;
I. in der Erwägung, dass mit der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 das Normungsverfahren durch die erstmalige Einbeziehung gesellschaftlicher Interessenträger und KMU in die Rechtsgrundlage des europäischen Normungssystems verbessert wurde;
J. in der Erwägung, dass IKT-Normen, die überwiegend auf internationaler Ebene ausgearbeitet werden, interoperable Lösungen für Ergänzungsprodukte und für die unterschiedlichen Bestandteile eines bestimmten Produkts ermöglichen, was für die Weiterentwicklung des „Internets der Dinge“ von besonderer Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die große Vielzahl der Normen und proprietärer oder halbgeschlossener Lösungen dem Wachstum und der Inanspruchnahme des Internets der Dinge im Wege stehen, weshalb ein strategisches Konzept für die europäische IKT-Normung erforderlich ist, damit man den Bedürfnissen des kommenden Jahrzehnts gerecht werden kann und der Europäischen Union auf diese Weise ermöglicht wird, ihre führende Stellung im weltweiten Normungssystem zu wahren;
K. in der Erwägung, dass die Veröffentlichung von Dokumenten und Daten dazu dient, die staatlichen Aufgaben und Ziele im Bereich der Transparenz zu erfüllen, zu denen Rechenschaftspflicht, Vergleichbarkeit, Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit staatlicher Maßnahmen zählen; in der Erwägung, dass die Dokumente oder Daten in offenen, genormten Formaten veröffentlicht werden müssen, damit die Bindung an eine bestimmte, unter Umständen nicht mehr im Handel erhältliche Software oder einen möglicherweise nicht mehr auf dem Markt vertretenen Anbieter verhindert werden kann, sodass unabhängige Einrichtungen und Unternehmen diese Formate im Rahmen verschiedener Entwicklungs- und Geschäftsmodelle – auch quelloffener Modelle – nutzen können, um den Fortbestand staatlicher und administrativer Prozesse sicherzustellen;
L. in der Erwägung, dass das Verkehrswesen bei der Ausarbeitung und Einführung von Normen, die für die Schaffung des einheitlichen europäischen Verkehrsraums notwendig sind, eine Vorreiterrolle eingenommen hat;
Allgemeine Erwägungen
1. begrüßt das übergeordnete Normungspaket der Kommission, das neben der Mitteilung über IKT-Normen und der gemeinsamen Normungsinitiative darauf abzielt, ein kohärentes und einfaches europäisches Normungssystem zu schaffen, damit seine vielen Vorzüge erhalten bleiben, seine Mängel behoben werden und das richtige Gleichgewicht zwischen europäischen, nationalen und internationalen Aspekten gefunden wird; betont, dass bei einer künftigen Überarbeitung des europäischen Normungssystems auf den Stärken des bestehenden Systems, die eine solide Grundlage für Verbesserungen sind, aufgebaut und von radikalen Änderungen, die seine zentralen Errungenschaften beeinträchtigen würden, Abstand genommen werden sollte;
2. würdigt die Besonderheiten und die Bedeutung des europäischen Normungssystems aus der Sicht aller Interessenträger, darunter Industrie, KMU, Verbraucher und Arbeitnehmer, und fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass das europäische System fortbesteht und ausreichende Mittel vorhält, um die Ziele der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 zu erreichen und so unter anderem zur Interoperabilität, zur Rechtssicherheit und zur Anwendung angemessener Vorkehrungen für Unternehmen, Verbraucher und den freien Verkehr von Informationstechnologie beizutragen; fordert die Kommission auf, bei der Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens für einen tragfähigen Haushalt des europäischen Normungssystems zu sorgen;
3. begrüßt, dass der Runde Tisch zur Marktrelevanz von Normen (SMARRT) im Rahmen der gemeinsamen Normungsinitiative eingerichtet wurde, durch den ein Dialog zwischen der Kommission und der Industrie ermöglicht und dafür gesorgt wird, dass die Tagesordnungspunkte des Ausschusses für Normung für die Interessenträger vollkommen transparent sind;
4. stellt fest, dass Normen ein freiwilliges, marktorientiertes Werkzeug sind, das technische Anforderungen und Leitlinien bereitstellt, durch deren Anwendung dafür gesorgt werden kann, dass Waren und Dienstleistungen den Rechtsvorschriften der EU entsprechen, und die Politik der EU erleichtert werden kann, sofern sie auf nachvollziehbare, transparente und alle einbeziehende Weise ausgearbeitet werden; hebt jedoch hervor, dass Normen nicht als Teil des Unionsrechts aufgefasst werden können, da die Rechtsvorschriften und Maßnahmen, die sich auf das Niveau des Verbraucher-, Gesundheits-, Sicherheits-, Umwelt- und Datenschutzes sowie den Grad der sozialen Inklusion beziehen, vom Gesetzgeber festgelegt werden;
5. würdigt den Stellenwert offener, genormter Formate für die Erfüllung der Transparenzpflichten von Regierungen, Verwaltungen und europäischen Organen; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Bereich der digitalen Verwaltung auf die Anwendung gemeinsamer Normen hinzuwirken, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Justizbehörden und den lokalen Gebietskörperschaften liegen muss; betont, dass offene Normen von entscheidender Bedeutung sind, um offene staatliche Datenbestände weiter auszubauen und Strategien für intelligente Städte weiterzuentwickeln, weshalb Dokumente und Daten in offenen, genormten und leicht anwendbaren Formaten veröffentlicht werden müssen, damit die Wiederverwendung von Daten ermöglicht wird; hebt den Stellenwert hervor, den die Vergabe öffentlicher Aufträge und offene Normen dabei haben, die Abhängigkeit von einem bestimmten Anbieter zu verhindern;
6. ist der festen Überzeugung, dass offene Daten vor allem im Verkehrswesen nach wie vor wesentlich dafür sind, dass die Vorteile des digitalen Binnenmarkts, z. B. die Förderung und Entwicklung des multimodalen Verkehrs, in vollem Umfang ausgeschöpft werden können; betont daher, dass mehr Rechtssicherheit, vor allem in Bezug auf die Eigenverantwortung und die Rechenschaftspflicht, erforderlich ist; fordert die Kommission auf, unverzüglich einen Fahrplan für die Ausarbeitung von Normen zur Harmonisierung von Daten zum öffentlich finanzierten Verkehr und Programmierschnittstellen zu veröffentlichen, damit datenintensive Innovationen und die Erbringung neuer Verkehrsdienstleistungen begünstigt werden;
7. betont, dass mit dem derzeitigen System für die Zulassung von Prüfungseinrichtungen nicht immer garantiert werden kann, dass die auf dem Markt angebotenen Produkte und Dienstleistungen, die freiwillig europäischen Normen entsprechen sollen, dies auch tatsächlich tun; bedauert, dass in der gemeinsamen Normungsinitiative und im jährlichen Arbeitsprogramm der Union für europäische Normung weder der Zulassung von Prüfungseinrichtungen noch den Prüfungsnormen Bedeutung beigemessen wird, und fordert die Kommission auf, diesen Aspekt zu berücksichtigen, wenn sie neue Initiativen vorschlägt;
8. ist der Ansicht, dass offene Normen in Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 und den Grundsätzen der WTO auf der Offenheit des Normungsverfahrens und der Ausarbeitung und Verfügbarkeit von Normen für die Umsetzung und Nutzung beruhen müssen; würdigt die von der Kommission im Fahrplan für standardessenzielle Patente zum Ausdruck gebrachte Absicht, Fragen im Zusammenhang mit der Lizenzierung von standardessenziellen Patenten zu FRAND-Bedingungen zu klären; fordert die Kommission, die europäischen Normungsorganisationen und alle an quelloffener Software Arbeitenden auf, nach geeigneten Kooperationsmöglichkeiten zu suchen;
9. betont, dass das neue europäische Normungssystem zur Innovation in Europa beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Union und ihre Position im Welthandel stärken und den Bürgern zugutekommen muss; hält es daher für wichtig, dass Europa seine zentrale Rolle im internationalen Normungssystem aufrechterhält, und betont, dass auf internationaler Ebene bei der Aushandlung von Handelsabkommen mit Drittländern für europäische Normen geworben wird; betont, dass Partnerschaftsvereinbarungen, die die europäischen Normungsorganisationen mit Drittländern aushandeln, auch dem europäischen Normungssystem zum Vorteil gereichen können, und weist darauf hin, dass in den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 bereits die Beteiligung zahlreicher Normungsorganisationen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im IKT-Bereich vorgesehen ist; empfiehlt den europäischen Normungsorganisationen, die engere Zusammenarbeit mit nationalen Normungsorganisationen und auch mit begleitenden Normungsorganisationen in Erwägung zu ziehen, falls dies möglich ist; regt an, dass die Kommission, die Mitgliedstaaten und die europäischen Normungsorganisationen weiter auf die Schaffung weltweit geltender Normen hinarbeiten und bei der Mitwirkung an Normungstätigkeiten auch auf den regionalen Kontext und die Relevanz der Norm achten;
10. betont, dass die internationale Zusammenarbeit im Normungswesen Transparenz, Effizienz und Kohärenz begünstigt und ein wettbewerbsfreundliches Umfeld für die Industrie schafft, wofür das Weltforum für die Harmonisierung der Regelungen für Kraftfahrzeuge (WP.29) der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE), das für die IKT-Branche eingerichtet wurde, ein gutes Beispiel ist;
11. hebt hervor, dass von internationalen Organisationen angenommene Normen gemeinhin außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 ausgearbeitet werden, und empfiehlt den europäischen Normungsorganisationen, diese erst nach einem internen Genehmigungsverfahren unter Einbeziehung von Vertretern der Interessenträger zu bestätigen, was insbesondere für harmonisierte Normen gilt, mit denen die Umsetzung europäischer Rechtsvorschriften unterstützt wird;
12. vertritt die Auffassung, dass die europäischen Normungsorganisationen unter allen Umständen integrative, nachhaltige, sichere und hochwertige Normen mit gerechtem Zugang für alle Interessenträger und gerechter Behandlung aller Interessenträger sowie mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt und angemessenem Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre ausarbeiten sollten;
13. ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit der Kommission und der Mitgliedstaaten mit der Industrie der EU äußerst wichtig ist, damit die Normen, die im Hinblick auf die Gestaltung und Einführung der 5G-Technik auf internationaler Ebene angenommen werden, eine europäische Handschrift tragen;
14. bedauert, dass Unterschiede zwischen einzelstaatlichen Normen, etwa in der Güterverkehrs- und Logistikbranche, nach wie vor ein Hemmnis auf dem Binnenmarkt sind, und fordert die Kommission und die europäischen Normungsorganisationen daher auf, angemessene Normen auszuarbeiten, um die Bedingungen auf einzelstaatlicher Ebene gegebenenfalls zu harmonisieren und so etwaige Hemmnisse für den Binnenmarkt zu beseitigen; hebt hervor, dass diesbezüglich auf eine verkehrsträgerübergreifende Harmonisierung von Normen hingearbeitet werden muss;
15. weist zudem darauf hin, dass mit der Normung nicht nur der Fragmentierung des Marktes vorgebeugt, sondern auch (z. B. durch elektronische Dokumente) wesentlich zur Verringerung des Verwaltungsaufwands und der Transportkosten für alle Unternehmen und insbesondere für KMU beigetragen und die ordnungsgemäße Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften (z. B. durch digitale Fahrtenschreiber oder elektronische Mautsysteme) ermöglicht werden kann;
16. stellt fest, dass das europäische Normungssystem durch die Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 integrativer geworden ist und KMU, Verbrauchern, Arbeitnehmern und Umweltorganisationen die aktive Mitwirkung am Normungsverfahren ermöglicht, und fordert, dass diese Richtung weiterverfolgt wird, damit wirklich alle angemessen vertreten sind, am Normungsverfahren teilnehmen und so die Vorteile der Normung uneingeschränkt nutzen können; fordert die Kommission und die europäischen und nationalen Normungsorganisationen auf, dass sie ermitteln, wie sich dieses Ziel am besten erreichen lässt und wie die der weiteren Einbeziehung im Wege stehenden Probleme, darunter der Mangel an Sensibilisierung, am besten bewältigt werden können;
17. begrüßt die Anstrengungen des ETSI, einfachen Zugang für europäische KMU zu schaffen, und befürwortet die spezifische langfristige Strategie (2016–2021) des Instituts für branchenübergreifende Zusammenarbeit;
18. würdigt, dass Normen schneller bereitgestellt werden, und weist erneut darauf hin, dass das Erfordernis, Normen rechtzeitig auszuarbeiten, in einem ausgewogenen Verhältnis zu dem Erfordernis, hochwertige Normen bereitzustellen, stehen muss;
19. ist der Auffassung, dass das Normungssystem in Bezug auf Transparenz und Rechenschaftspflicht weiter verbessert werden kann, wenn nicht nur die Verfahren, die sich im Normungsbereich bewährt haben, angewandt werden, sondern auch die Öffentlichkeit stärker für die vorgeschlagenen Normen sensibilisiert wird, alle einschlägigen Interessenträger ordnungsgemäß und frühzeitig eingebunden werden und die Qualität der Normungsaufträge verbessert wird;
20. fordert die Kommission ferner auf, den Bemühungen der Bewerberländer um die Harmonisierung ihrer Normen mit den Normen der EU Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen hierbei Unterstützung angedeihen zu lassen, damit die bestehenden Engpässe möglichst weitgehend beseitigt werden;
IKT-Normen
21. begrüßt die Mitteilung über die Schwerpunkte der IKT-Normung, in der ein strategischer Ansatz für die Normung im Bereich der IKT-Technologie festgelegt wird, fordert die Kommission jedoch auf, die Übereinstimmungen zwischen der Mitteilung, dem fortlaufenden Plan für den IKT-Bereich, dem Paket „Normen für das 21. Jahrhundert“ und dem jährlichen Arbeitsprogramm eindeutig zu benennen;
22. stellt fest, dass aufgrund der in letzter Zeit feststellbaren gegenseitigen Annäherung von Technologien und der Digitalisierung der Gesellschaft, der Unternehmen und der öffentlichen Dienste die herkömmliche Abgrenzung der allgemeinen Normung von der IKT-Normung zusehends unschärfer wird; ist der Auffassung, dass die IKT-Normung Teil einer europäischen digitalen Strategie sein sollte, durch die für europäische Unternehmen Skaleneffekte, Kosteneinsparungen sowie eine bessere Wettbewerbsfähigkeit und bessere Innovationen erzielt werden und die branchen- und grenzüberschreitende Interoperabilität von Waren und Dienstleistungen verbessert wird, indem freiwillige Normen, die von KMU leicht umgesetzt werden können, schneller sowie in offener und wettbewerbsorientierter Weise festgelegt werden;
23. betont, dass die Zusammenarbeit der für die IKT-Normung Zuständigen intensiviert werden muss, insbesondere die Zusammenarbeit der europäischen Normungsorganisationen, und fordert diese auf, ein gemeinsames jährliches Arbeitsprogramm auszuarbeiten, in dem Querschnittbereiche benannt werden, die von gemeinsamem Interesse sind;
24. betont, dass offene, freiwillige, integrative und konsensorientierte Normungsverfahren insofern wirksam sind, als sie Innovationen, Verbundfähigkeit und den Einsatz von Technologien fördern, und weist erneut darauf hin, dass es ebenfalls von Bedeutung ist, angemessene Investitionen und Fachkenntnisse im Bereich von Spitzentechnologien und deren Entwicklung sicherzustellen und KMU zu unterstützen;
25. fordert die Kommission nachdrücklich auf, den europäischen Normungsorganisationen nahezulegen, dass sie zu hochwertigen, interoperablen und offenen Normen beitragen, damit gegen die Fragmentierung von Normen vorgegangen und auf ihre allgemeine Annahme hingewirkt wird, und das bestehende Ökosystem sowie die unterschiedlichen Geschäftsmodelle zu würdigen, die als Unterstützung für digitale Technologien dienen, was zur sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit der Wertschöpfungsketten im Bereich der IKT beitragen und die Verpflichtung zur Wahrung des öffentlichen Interesses im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz bekräftigen wird;
26. betont, dass die Strategie für die IKT-Normung unbedingt an die Entwicklungen auf den Märkten und in der Politik angepasst werden muss, da hierdurch wichtige Ziele der EU-Politik wie Barrierefreiheit, Sicherheit, elektronischer Geschäftsverkehr, elektronische Verwaltung, elektronische Gesundheitsdienste und Verkehr, die Interoperabilität voraussetzen, verwirklicht werden können; empfiehlt der Kommission und den europäischen Normungsorganisationen, Normen in den Bereichen 5G, Cloud-Computing, Internet der Dinge sowie Daten- und Cybersicherheit sowie in vertikalen Bereichen wie „vernetztes und automatisiertes Fahren und intelligente Verkehrssysteme“, „intelligente Städte“, „intelligente Energie“, „fortgeschrittene Fertigung“ und „intelligentes Lebensumfeld“ Vorrang einzuräumen;
27. betont, dass ein offenes, interoperables IKT-Ökosystem auf der Grundlage der fünf IKT-Schwerpunktbereiche geschaffen werden muss, damit der Wettbewerb bei der Wertschöpfung gefördert wird, sodass ein innovationsfreundliches Klima entsteht; vertritt die Auffassung, dass
–
durch 5G-Normen ein wirklicher Generationswechsel ermöglicht werden sollte, was die Kapazität, Zuverlässigkeit und Latenzzeiten anbelangt, sodass mit 5G die erwartete Steigerung beim Datenverkehr bewältigt werden kann und die unterschiedlichen Anforderungen der daraus entstehenden Dienstleistungen erfüllt werden können,
–
durch Normen für Computer- und Netzsicherheit der Einbau von Sicherheitsfunktionen ermöglicht werden sollte, wobei der Grundsatz des eingebauten Datenschutzes beachtet und die Netzstabilität und die Risikosteuerung unterstützt werden sollte, sodass die Normen mit den rasant zunehmenden Cyberbedrohungen für alle Weiterentwicklungen von IKT-Technologien Schritt halten können,
–
Normen für das Cloud-Computing zusammengeführt werden sollten, damit für Interoperabilität in allen Aspekten der Cloud gesorgt und Portabilität ermöglicht wird,
–
mit Datennormen ein branchenübergreifender interdisziplinärer Datenfluss begünstigt werden sollte, was bessere Interoperabilität von Daten und Metadaten bewirkt (und auch die Semantifizierung umfasst), und zum Aufbau einer Referenzarchitektur für Massendaten (Big Data) beigetragen werden sollte,
–
mit Normen für das Internet der Dinge das gegenwärtige Problem der Fragmentierung gelöst wird, ohne dass dadurch Innovationen in diesem sich rasant entwickelnden Bereich behindert werden;
28. stellt fest, dass die Effizienz der 5G-Kommunikationsnetze in entscheidendem Maße von gemeinsamen Normen abhängt, mit denen für Interoperabilität und Sicherheit gesorgt wird, weist allerdings auch darauf hin, dass der Aufbau eines Netzes mit sehr hoher Kapazität der Grundstein eines zuverlässigen 5G-Netzes ist;
29. stellt fest, dass eine gut funktionierende datengesteuerte Wirtschaft von einem weiter gefassten IKT-Ökosystem abhängt und dass dafür auch gut ausgebildete Experten und Fachkräfte gebraucht werden, damit die digitale Kluft überwunden und der digitalen Ausgrenzung ein Ende gesetzt werden kann;
30. fordert die Kommission auf, Statistiken anzufertigen, um die Auswirkungen der Digitalisierung und der IKT auf Verkehr und Fremdenverkehr besser beurteilen zu können;
31. ist sich der zunehmenden Zahl der Plattformen, Gruppen, Sitzungen und Kanäle für IKT-Normen bewusst; fordert die Kommission auf, die Zahl der mit Normungsangelegenheiten befassten Plattformen und Koordinierungsmechanismen zu verringern und Normungsorganisationen an neuen Initiativen zu beteiligen, damit die Interessenträger nicht mehrfach belastet werden; betont, dass IKT-Normen und Prioritäten für die Normung von den verschiedenen Organisationen besser koordiniert werden müssen, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, die interessierten Kreise umgehend über den Stand der laufenden Initiativen oder über künftige Initiativen im Bereich der IKT-Normung zu informieren;
32. betont, dass der digitale Wandel rasch voranschreitet und für die Ankurbelung der Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist; betont, dass die vertikale Industrie wirksam digitalisiert werden muss, damit sie den KMU sowie vor allem den Verbrauchern auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene Nutzen bringt, und dass ihre Standpunkte im Rahmen der internationalen IKT-Normung angemessen berücksichtigt werden müssen;
33. unterstützt das Vorhaben der Kommission, Initiativen wie ein Siegel für Vertrauenswürdigkeit im Internet der Dinge und ein entsprechendes Zertifizierungssystem in Erwägung zu ziehen, wodurch dazu beigetragen werden kann, das Vertrauen in das Datenschutzniveau und die durchgängige Sicherheit von Geräten im Internet der Dinge zu stärken, indem mess- und vergleichbare Bewertungen der möglichen Risiken bereitgestellt werden, die mit dem Betrieb und der Nutzung eines Geräts im Internet der Dinge verbunden sind; ist der Ansicht, dass diese Initiativen ergriffen werden sollten, sofern dies erforderlich ist und wenn Geräte im Internet der Dinge Auswirkungen auf die einschlägige Infrastruktur haben könnten, und zwar auf der Grundlage der Anforderungen gemäß der NIS-Richtlinie, anhand deren die Sicherheitsanforderungen festgelegt werden sollten; stellt fest, dass sich ein solches Siegel den künftigen technologischen Veränderungen anpassen lassen und erforderlichenfalls weltweiten Normen Rechnung tragen muss;
34. fordert die Kommission auf, eine Führungsrolle zu übernehmen, wenn es darum geht, bereichs- und sprachübergreifende Normen sowie zuverlässige und sichere Dienstleistungen zu fördern, in deren Rahmen der Schutz der Privatsphäre gewährleistet ist;
35. befürwortet vor diesem Hintergrund, dass spezifische und messbare Mindestanforderungen festgelegt werden und dass dabei die langfristige Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit von Geräten oder Diensten im Internet der Dinge sowie branchenübliche Computersicherheits- und -nachhaltigkeitsnormen berücksichtigt werden; weist darauf hin, dass eine solche Liste zum Beispiel die Verpflichtung, für einen Mindestzeitraum nach dem Erwerb Softwareaktualisierungen zur Verfügung zu stellen, oder die Verpflichtung eines Herstellers oder Anbieters umfassen sollte, für einen bestimmten Zeitraum, nachdem eine Schwachstelle erkannt und gemeldet wurde, eine Softwareaktualisierung zur Verfügung zu stellen; ist der Auffassung, dass die Kommission angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich Normen und Technologien im IKT-Bereich entwickeln, und der Vielfalt an Entwicklungs- und Geschäftsmodellen, darunter quelloffene Modelle, Jungunternehmen und KMU, untersuchen sollte, inwiefern die Selbstregulierung der Branche möglich ist;
36. nimmt Cybersicherheitsbedenken ebenso zur Kenntnis wie die Besonderheiten der Bedrohungen im Verkehrsbereich; fordert die Kommission nachdrücklich auf, diese Besonderheiten bei der Annahme ihrer Empfehlungen zu Cybersicherheitsnormen, die bis Ende 2017 erwartet werden, als ersten Schritt hin zu einer umfassenden Cybersicherheitsstrategie für den Verkehrsbereich zu berücksichtigen;
37. weist darauf hin, dass die IKT-Normung der Entwicklung von Dienstleistungen in den Bereichen Verkehr und Fremdenverkehr sowie von multimodalen Verkehrslösungen förderlich sein wird; fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den europäischen Normungsorganisationen im Rahmen der Umsetzung ihres Plans mit Schwerpunktmaßnahmen für die IKT-Normung stärkeres Gewicht auf die Entwicklung solcher Dienstleistungen zu legen und insbesondere zu ermitteln, ob die Normung bei der Förderung technologischer Veränderungen und neuer, in der Fremdenverkehrsbranche entstehender Geschäftsmodelle eine Rolle spielen könnte; fordert die Kommission auf, rasch Maßnahmen zu ergreifen, um die Entwicklung von Dienstleistungen im Bereich der integrierten intelligenten Fahrschein- und Informationssysteme sowie von neuen Mobilitätskonzepten wie jenem, bei dem Mobilität als Dienstleistung betrachtet wird („Mobility-as-a-Service“), zu fördern;
38. stellt fest, dass die Bevölkerung aufgrund der zunehmenden Nutzung des Internets, automatisierter Bankdienstleistungen, sozialer Netzwerke und der Initiativen für elektronische Gesundheitsdienste immer stärker um Sicherheit und Datenschutz besorgt ist und dass IKT-Normen den Grundsätzen des Schutzes von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und dem freien Verkehr solcher Daten Rechnung tragen müssen;
39. fordert die Kommission auf, die digitale Integration der verarbeitenden Industrie als einen Schwerpunkt der IKT-Normung aufzunehmen, und fordert die Entwicklung offener Normen für das Übertragungsprotokoll und die Datenformate, die bei der digitalen Integration der Fertigungstechnik zum Einsatz kommen, damit vollständige Interoperabilität zwischen Maschinen und Geräten sichergestellt werden kann;
40. räumt insbesondere in Bezug auf IKT und standardessenzielle Patente einige Bedenken ein, und weist darauf hin, dass durch konsequente, gerechte und angemessene Maßnahmen zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums Anreize für die Förderung von Investitionen und Innovationen gesetzt werden und die Einführung des digitalen Binnenmarkts und neuer Technologien erleichtert wird, zumal im Hinblick auf die Einführung von 5G-Geräten und Geräten im Internet der Dinge, die in erheblichem Maße auf die Normung angewiesen sind; hebt hervor, dass ein ausgewogener Rahmen für die Normung und die effiziente Vergabe standardessenzieller Patente auf der Grundlage fairer, zumutbarer und diskriminierungsfreier Lizenzbedingungen (FRAND-Methode) unbedingt beibehalten werden muss, mit dem auf die berechtigten Interessen derjenigen, die standardessenzielle Patente vergeben bzw. deren Inhaber sind, gleichermaßen eingegangen und dafür gesorgt wird, dass die Normungsverfahren unter gleichen Bedingungen erfolgen und Unternehmen jeder Größe, auch KMU, zum gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten können; bestärkt die Kommission in ihren Bemühungen, Interoperabilität zwischen digitalen Komponenten durch verschiedenerlei Lizenzregelungen und Geschäftsmodelle sicherzustellen;
41. fordert die Kommission nachdrücklich auf, unverzüglich die Kernelemente eines gerechten, wirksamen und durchsetzbaren Lizenzerteilungsverfahrens auf der Grundlage der FRAND-Grundsätze zu erläutern und dabei den Interessen der Rechteinhaber und der Anwender von Normen, einschließlich standardessenzieller Patente, ebenso Rechnung zu tragen wie einer fairen Kapitalrendite und der allgemeinen Verfügbarkeit von Technologien, die im Rahmen eines nachhaltigen offenen Normungsverfahrens entwickelt werden; fordert die Kommission auf, das Urteil des EuGH in der Rechtssache C‑170/13 (Huawei gegen ZTE), durch das ein Ausgleich zwischen den Inhabern von standardessenziellen Patenten und den Anwendern der Normen geschaffen wird, zur Kenntnis zu nehmen, damit Patentverletzungen ein Ende bereitet und für wirksame Streitbeilegung gesorgt werden kann; fordert die Kommission ferner auf, die Informationen über den Geltungsbereich eines Patents besser zu definieren und Probleme im Zusammenhang mit Informationsasymmetrien zwischen KMU und großen Unternehmen zu beheben, Anmeldungen standardessenzieller Patente transparenter zu machen sowie die Qualität der Informationen über die Anwendung von standardessenziellen Patenten auf Produkte zu verbessern; ist der Auffassung, dass Entschädigungen für die Entwickler standardessenzieller Patente auf fairen, verhältnismäßigen und diskriminierungsfreien Bedingungen sowie auf transparenten, zumutbaren, berechenbaren und nachhaltigen Lizenzgebühren beruhen müssen, es sei denn, die Entwickler entschließen sich, die entsprechende Norm unentgeltlich zur Verfügung zu stellen; weist jedoch darauf hin, dass verschiedene Geschäftsmodelle bestehen, etwa gebührenfreie Lizenzen oder die Anwendung quelloffener Software, und dass dementsprechend in den Rechtsvorschriften und Debatten die Nutzung all dieser Modelle auf der Grundlage der Rechte aller Marktbereiche und Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums weiterhin anerkannt werden sollte;
42. weist darauf hin, dass sich die Überwachung und Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Lizenzerteilung auf Fakten stützen muss, damit für ein dynamisches Ökosystem gesorgt ist, das Mehrwert und Beschäftigung schafft;
43. fordert die Kommission auf, alle zwei Jahre einen Bericht mit Angaben zu erwiesenen Fällen der Nutzung von standardessenziellen Patenten ohne Lizenz (d. h. Patentverstößen) über einen Zeitraum von 18 Monaten oder länger und zu Problemen beim Zugang zu Normen aufgrund systematischer Verstöße gegen FRAND-Verpflichtungen zu veröffentlichen;
44. fordert die Kommission auf, die Diskussionen um einen „erkennbaren Bedarf“ für eine wissenschaftliche Cloud zu beenden und in enger Absprache mit den Mitgliedstaaten unmittelbar Maßnahmen in Bezug auf die europäische Cloud für offene Wissenschaft zu ergreifen, mit der im Rahmen der gemeinsamen Strategien und IKT-Normen für die nahtlose Integration bestehender Netze, Daten- und Hochleistungsrechensysteme sowie elektronischer Infrastrukturdienste auf sämtlichen wissenschaftlichen Gebieten gesorgt werden sollte;
Europäische Normen für das 21. Jahrhundert
45. begrüßt das Normungspaket der Kommission mit dem Titel „Europäische Normen für das 21. Jahrhundert“ und vertritt die Auffassung, dass das Normungssystem transparenter, offener und integrativer gestaltet werden sollte, damit den Bedenken von Bürgern, Verbrauchern und KMU umfassend Rechnung getragen wird;
46. bedauert, dass es vor der Annahme des Pakets nicht angehört wurde, und fordert die Organe der EU nachdrücklich auf, die unterschiedlichen Initiativen zu einem einzigen, ganzheitlichen Arbeitsprogramm zusammenzuführen, damit sich Maßnahmen und Strategien nicht überschneiden; betont, dass die einschlägigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments bei der Überprüfung der harmonisierten Normen durch die Öffentlichkeit, die von der Kommission vorgeschrieben wird, eine wichtige Rolle spielen können;
47. fordert, dass das jährliche Arbeitsprogramm der Union weiter ausgebaut wird sowie kohärenter und genauer wird;
48. hebt hervor, dass im nächsten Jahresarbeitsprogramm der Union gezielte Maßnahmen erforderlich sind, damit IKT-Normen und Normen ohne IKT-Bezug aufeinander abgestimmt werden, zur Verbesserung der Bestimmungen der unterschiedlichen nationalen Normungsorganisationen beigetragen wird und die europäischen Normungsorganisationen dadurch integrativer gemacht werden, dass die Rolle der in Artikel 5 aufgeführten Interessenträger stärker berücksichtigt wird;
49. hebt den Stellenwert des interinstitutionellen Dialogs für die Vorbereitung des jährlichen Arbeitsprogramms der Union hervor und unterstützt die Bemühungen, alle einschlägigen Interessenträger vor der Annahme des jährlichen Arbeitsprogramms der Union im Rahmen eines jährlichen Normungsforums einzubeziehen, um neue Bereiche, aktuelle Probleme und erforderliche Verbesserungen des Normungsverfahrens zu erörtern;
50. legt den Mitgliedstaaten nahe, in nationale Normungsstrategien zu investieren, was auch öffentliche Einrichtungen, Normungsorganisationen, gesellschaftliche Interessenträger, KMU und akademische Kreise auf nationaler Ebene darin bestärken wird, einzelne Aktionspläne für die Normung auszuarbeiten und umzusetzen;
51. begrüßt die gemeinsame Normungsinitiative, empfiehlt, das Parlament ebenfalls aufzufordern, sich daran zu beteiligen und dazu beizutragen, und betont, dass die Regeln solcher öffentlich-privaten Partnerschaften von allen Interessenträgern und damit auch von den EU-Organen respektiert werden müssen; fordert die Kommission auf, bei der Umsetzung der wichtigsten Maßnahmen und Empfehlungen der gemeinsamen Normungsinitiative eine tragende Rolle zu übernehmen und dem Europäischen Parlament bis Ende 2017 Bericht über die erzielten Fortschritte zu erstatten;
52. begrüßt die im Rahmen der gemeinsamen Normungsinitiative eingegangene Verpflichtung, eine Studie über die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Normen und ihrer Anwendung zu erstellen, die Informationen zu den Maßnehmen, Risiken und Ergebnissen in Bezug auf Lebensqualität sowie soziale und arbeitnehmerspezifische Aspekte enthält; fordert die Kommission auf, der Studie quantitative und qualitative Daten zugrunde zu legen und darin die Geschäftsmodelle des Normungsverfahrens ebenso zu untersuchen wie die unterschiedlichen Finanzmodelle – einschließlich der Chancen und Herausforderungen –, damit der Zugang zu harmonisierten Normen vereinfacht wird;
53. betont, dass die Normung in zunehmendem Maße als wichtiger Faktor für die Förderung von Forschung und Investitionen anerkannt wird, dass sie von großer Bedeutung ist, um die Kluft zwischen der Forschung und dem Markt zu überbrücken, und dass sie der Verbreitung und Nutzung von Forschungsergebnissen förderlich ist und die Grundlage für weitere Innovationen bildet;
54. fordert die Kommission auf, politische Maßnahmen zur Beseitigung übermäßiger Hindernisse in innovativen Branchen und zur Anregung von Investitionen in Forschung und Entwicklung und in die EU-Normung zu verabschieden; stellt fest, dass die vertikalen Branchen eigene Pläne für die Normung erstellen und dabei auf brancheneigene Verfahren zurückgreifen sollten, wobei der starke Wille, gemeinsame Normen festzulegen, bewirken könnte, dass diese Normen dann weltweit übernommen werden; vertritt die Auffassung, dass den EU-Normungsorganisationen hierbei eine besondere Aufgabe zukommt;
55. fordert die Teilnehmer an der gemeinsamen Normungsinitiative nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass der Bereich Forschung und Innovation besser mit den Prioritäten im Bereich der Normung in Einklang gebracht wird;
56. hält frei verfügbares Wissen und offene Lizenzen für das beste Mittel, um starke Anreize für Innovationen und technologische Entwicklungen zu setzen; legt den Forschungsinstitutionen, die EU-Mittel erhalten, nahe, offene Patente und Lizenzen zu nutzen, um bei der Normung eine größere Rolle spielen zu können;
57. befürwortet Maßnahmen, die zur Verbesserung der Synergien zwischen Normungs- und Forschungsgemeinschaften dienen sollen und mit denen Normen in der Frühphase von Forschungsprojekten begünstigt werden; fordert die nationalen Normungsorganisationen auf, unter Forschern und in der Innovationsgemeinschaft, auch bei einschlägigen Regierungsorganisationen und Leistungsträgern, für die Normung zu werben, und empfiehlt, dass im Rahmen des Programms Horizont 2020 ein spezielles Kapitel über Normung ausgearbeitet wird;
58. fordert die Kommission nachdrücklich auf, dass sie den europäischen Normungsorganisationen nahelegt, dafür zu sorgen, dass marktrelevante Normen für Dienstleistungen der zunehmenden Dienstleistungsorientierung der Wirtschaft Rechnung tragen und zu dem Zweck ausgearbeitet werden, die Sicherheit und Qualität von Dienstleitungen zu verbessern und den Schwerpunkt auf Bereiche mit den größten Nachteilen für Verbraucher zu legen, ohne dass dabei in geltende nationale Rechtsvorschriften, insbesondere arbeitsrechtliche Bestimmungen oder Tarifverträge und -verhandlungen, eingegriffen wird; würdigt zudem, dass mit Dienstleistungsnormen häufig auf nationale Eigenheiten reagiert wird und dass ihre Ausarbeitung mit den Bedürfnissen des Marktes, den Interessen der Verbraucher und dem öffentlichen Interesse verknüpft ist; betont, dass die Ausarbeitung europäischer Dienstleistungsnormen zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts für Dienstleistungen beitragen und zugleich Transparenz, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit verbessern und Wettbewerb, Innovation und Verbraucherschutz begünstigen sollte;
59. weist darauf hin, dass in den europäischen Normungsprozess Normen einbezogen werden müssen, durch die der barrierefreie Zugang zu Verkehrsmitteln und Verkehrsdienstleistungen für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen verbessert wird;
60. vertritt die Auffassung, dass aufgrund der raschen Veränderungen in der modernen Welt und ihrer aus technischer Sicht zunehmenden Komplexität immer mehr Normen und nicht zu den anerkannten Normungsorganisationen nach Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 zählende Plattformen für die Ausarbeitung verfahrenstechnischer Festlegungen entstehen und dass es nun der stärkeren Einbeziehung von KMU und Kleinstunternehmen bedarf; betont, dass unbedingt Maßnahmen unterstützt werden müssen, mit denen der Zugang von KMU zu Mitteln für die Ausarbeitung und Anwendung von Normen verbessert wird;
61. betont, dass Plattformen und Datenbanken auf europäischer Ebene vernetzt werden müssen, damit die Interoperabilität von Netzen und Systemen verbessert wird;
62. ist der Ansicht, dass die IKT-Normung nicht nur die Festlegung von Produktanforderungen, sondern auch die Entwicklung innovativer Technologien umfasst;
63. betont, dass einheitliche (technische) Regelungen dazu beitragen, die Kosten für die Ausarbeitung, Produktion und Zertifizierung zu reduzieren und Doppelarbeit zu verhindern;
64. hebt hervor, dass aufgrund des steigenden Durchschnittsalters der Bevölkerung in Europa den Bedürfnissen von älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen und sonstigen schutzbedürftigen Mitgliedern der Gesellschaft bei der Ausarbeitung von Normen systematisch Rechnung getragen werden muss, da mit Normen zu einer aktiven und gesunden Gesellschaft in Europa beigetragen werden kann und den Menschen Produkte und Dienstleistungen besser zugänglich gemacht werden können;
65. weist darauf hin, dass Innovationen in Verkehr und Fremdenverkehr sowohl der Gesellschaft als auch den Unternehmen in der EU – insbesondere KMU und Jungunternehmen – beachtliche Möglichkeiten eröffnen, und bekräftigt, dass neue Normen, möglichst mit einem bereichsübergreifenden Ansatz, ausgearbeitet werden müssen und dass die Normung weiterhin gefördert werden muss, um die ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Initiativen auf dem Gebiet der Digitalisierung, z. B. der kooperativen intelligenten Verkehrssysteme (C‑ITS) und der Entwicklung von verkehrsbezogenen Anwendungen im Rahmen der Satellitennavigationssysteme der EU (Galileo und EGNOS), sicherzustellen;
Europäische Normungsorganisation
66. begrüßt die Rolle, die die europäischen Normungsorganisationen spielen, fordert jedoch weitere Initiativen, die darauf abzielen, die Offenheit, Zugänglichkeit und Transparenz dieser Organisationen zu verbessern, und empfiehlt, dass sie sich in ihrer Arbeit von europäischen Interessen leiten lassen;
67. stellt fest, dass der Grundsatz der nationalen Delegation für das europäische System von entscheidender Bedeutung ist, gibt jedoch zu bedenken, dass mit Blick auf Ressourcen, technische Fachkenntnisse und die Einbeziehung von Interessenträgern auf einzelstaatlicher Ebene Unterschiede bestehen, und empfiehlt nachdrücklich, die Arbeit der nationalen Delegationen zu ergänzen;
68. weist darauf hin, dass Normen unbedingt rechtzeitig vorliegen müssen und dass bei harmonisierten Normen überdies die Bezugsdaten im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden müssen; ist sich der abnehmenden Zahl von Verweisen auf Normen im Amtsblatt der Europäischen Union bewusst und fordert die Kommission auf, die Gründe hierfür zu untersuchen und anzugehen sowie unnötige Hindernisse zu beseitigen; empfiehlt in diesem Zusammenhang die stärkere Mitwirkung der Sachverständigen der Kommission und der „Berater für das neue Konzept“ am Normungsverfahren und fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den europäischen Normungsorganisationen Richtlinien für die Bewertung von Normen auszuarbeiten, um die verschiedenen Dienststellen der Kommission, die europäischen Normungsorganisationen und die „Berater für das neue Konzept“ bei der kohärenten Bewertung der Normen zu unterstützen;
69. weist ein weiteres Mal darauf hin, dass mit einem transparenten und zugänglichen Beschwerdemechanismus Vertrauen in die europäischen Normungsorganisationen und die Normungsverfahren geschaffen wird;
70. fordert, dass neue Informations- und Kommunikationstechnologien – wie das KMU-Werkzeug für IT-gestütztes Lernen von CEN und CENELEC – eingesetzt werden, um die Zugänglichkeit und Transparenz der Normungsverfahren zu verbessern; vertritt die Auffassung, dass mit digitalen Werkzeugen die Beteiligung der Interessenträger an der Ausarbeitung von Normen erleichtert werden kann und Informationen über bevorstehende, laufende und abgeschlossene Normungsarbeiten bereitgestellt werden können;
Strategische Empfehlungen
71. fordert die Kommission auf, dass sie für mehr Synergien und bessere Koordination zwischen den Organen der EU, europäischen und nationalen Normungsorganisationen sowie allen einschlägigen Organisationen von Interessenträgern im Rahmen des jährlichen Normungsforums sorgt und zugleich den internationalen Kontext von Normen anerkennt; weist darauf hin, dass die allermeisten Normen freiwillig als Reaktion auf die Bedürfnisse des Markts und der Verbraucher ausgearbeitet werden, und befürwortet dies;
72. fordert, dass die Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 im Hinblick auf die Berücksichtigung der in Anhang III aufgeführten Organisationen und die Veröffentlichung der Berichte, die gemäß Artikel 24 der Verordnung vorgeschrieben sind, strikt angewandt wird;
73. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Bedingungen für die in Anhang III genannten Organisationen in vollem Umfang zu vereinheitlichen und dafür zu sorgen, dass die faktischen Hindernisse, die ihrer wirksamen Einbeziehung in das Normungsverfahren entgegenstehen, beseitigt werden;
74. empfiehlt, den Mitgliedsstatus sowie die Rechte und Pflichten der in Anhang III aufgeführten Organisationen – z. B. das Beschwerderecht, die beratenden Befugnisse, das Recht zur Abgabe einer Stellungnahme vor der Annahme einer Norm und der Zugang zu Fachausschüssen und Arbeitsgruppen – im Rahmen der europäischen Normungsorganisationen auf ihre Übereinstimmung mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 zu überprüfen;
75. fordert die europäischen Normungsorganisationen auf, dafür Sorge zu tragen, dass durch das Wiener Übereinkommen zwischen ISO und CEN und das Frankfurter Übereinkommen zwischen IEC und CENELEC die Mitwirkung der in Anhang III genannten Organisationen am Normungsverfahren nicht verhindert oder gefährdet wird;
76. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Infrastruktur, die für die Marktakzeptanz neuer, durch europäische Normen unterstützter Technologien erforderlich ist (z. B. die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe), zu fördern, deren Finanzierung zu erleichtern und deren Aufbau voranzutreiben, und zwar unter anderem durch deren Modernisierung, Anpassung und Nachrüstung und in Übereinstimmung mit den Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltvorschriften; hebt hervor, dass es sich bei der Infrastruktur um eine langfristige Investition handelt, weshalb durch ihre Normung für möglichst große Interoperabilität gesorgt werden sollte und künftige technologische Entwicklungen und deren Anwendung ermöglicht werden sollten;
77. fordert die Kommission auf, mit europäischen und nationalen Normungsorganisationen zusammenzuarbeiten, um einfach zugängliche Anlaufstellen für Normungsfragen einzurichten, bei denen die Nutzer von Normen Hilfestellung und Informationen zu den verfügbaren Normen und ihren allgemeinen Spezifikationen erhalten können und mit deren Hilfe sie die ihren Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Normen ermitteln und sich zu ihrer Anwendung beraten lassen können; spricht sich überdies für einzelstaatliche und unionsweite Informations- und Bildungskampagnen zur Erläuterung der Funktion von Normen aus und bestärkt die Mitgliedstaaten darin, einschlägige berufsbildende Lehrgänge zu Normen in die nationalen Bildungssysteme aufzunehmen;
78. fordert die Kommission auf, dass sie die technologische Entwicklung intensiver beobachtet, um künftige Entwicklungen im IKT-Bereich auszumachen, denen die Normung zum Vorteil gereichen könnte, den Informationsfluss und die Transparenz, die für die Marktdurchdringung und den Betrieb dieser Technologien erforderlich sind, zu ermöglichen und in diesem Zusammenhang die Bereitstellung leicht zugänglicher und benutzerfreundlicher Bewertungsverfahren im Internet zu fördern;
79. ist der Ansicht, dass nationale Normungsorganisationen untersuchen sollten, ob Normen so zugänglich gemacht werden können, dass Nutzer von Normen deren Relevanz selbst beurteilen können; empfiehlt nachdrücklich, dass nationale und europäische Normungsorganisationen bei der Festlegung der Gebühren für Normen die Bedürfnisse der KMU und der Interessenträger berücksichtigen, die keine gewerblichen Nutzer sind;
80. fordert die Kommission auf, ein europäisches Register zu erstellen, in dem die geltenden europäischen Normen in allen Amtssprachen der EU aufgeführt sind und das auch Informationen über die laufenden Normungsarbeiten der europäischen Normungsorganisationen, bestehende Normungsaufträge, Fortschritte und Entscheidungen enthält, zu denen formelle Einwände vorliegen;
81. fordert die Kommission auf, die Entwicklungen auf dem Gebiet der internationalen Normen im IKT-Bereich zu überwachen und erforderlichenfalls darauf hinzuwirken, dass europäische Interessenträger in Spitzenpositionen der entsprechenden Normungsorganisationen und in strategisch wichtigen Normungsprojekten vertreten sind und sich abstimmen, damit für das europäische Regulierungsmodell und europäische Interessen geworben wird; fordert, dass die Multi-Stakeholder-Plattform für die IKT-Normung eingesetzt wird, um europäische Normungsorganisationen und internationale IKT-Normungsorganisationen zusammenzubringen;
82. regt an, dass das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 für die Digitalisierung der europäischen Industrie von der EU angenommen wird;
83. fordert die Mitgliedstaaten auf, bei öffentlichen Vergabeverfahren auf europäische IKT-Normen zurückzugreifen, um die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zu heben und innovative Technologien zu begünstigen; betont jedoch, dass durch den Rückgriff auf Normen keine weiteren Hindernisse entstehen sollten, zumal für kleine Unternehmen, die an öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen wollen;
84. fordert die Organe der EU, die nationalen Regierungen und die europäischen Normungsorganisationen auf, Leitlinien für die Fortbildung von politischen Entscheidungsträgern auszuarbeiten, um diese dabei zu unterstützen, Unstimmigkeiten zu bereinigen, die durch die Anwendung unterschiedlicher Arbeitsmethoden in unterschiedlichen Dienststellen und Einrichtungen entstehen, sowie eine Normungskultur und ein Verständnis dafür zu schaffen, wie Normungsverfahren funktionieren und wann sie angewandt werden können;
o o o
85. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
– unter Hinweis auf den Bericht der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vom 20. Dezember 2016 mit dem Titel „Covered Bonds: Recommendations on Harmonisation of Covered Bond Frameworks in the EU“ (Gedeckte Schuldverschreibungen: Empfehlungen zur Harmonisierung der Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen in der EU) (EBA-Op-2016-23),
– unter Hinweis auf das Konsultationspapier der Kommission vom 30. September 2015 zu gedeckten Schuldverschreibungen in der Europäischen Union und das nicht datierte Dokument der Kommission mit dem Titel „Summary of contributions to the public consultation on ‚Covered Bonds‘“ (Zusammenfassung der Beiträge zur öffentlichen Konsultation über gedeckte Schuldverschreibungen),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 20. Oktober 2015 zu Artikel 503 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013: Kapitalanforderungen für gedeckte Schuldverschreibungen (COM(2015)0509),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der EBA vom 1. Juli 2014 zur günstigeren Kapitalbehandlung gedeckter Schuldverschreibungen (EBA/Op/2014/04),
– unter Hinweis auf den Bericht der EBA vom 1. Juli 2014 mit dem Titel „EU covered bond frameworks and capital treatment: Response to the Commission’s call for advice of December 2013 related to Article 503 of the Regulation (EU) No 575/2013 and to the ESRB Recommendation E on the funding of credit institutions of December 2012 (ESRB/12/2)“ (EU-Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen und Kapitalbehandlung: Antwort auf das Konsultationsersuchen der Kommission vom Dezember 2013 im Zusammenhang mit Artikel 503 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und auf die Empfehlung E des ESRB vom Dezember 2012 über die Finanzierung von Kreditinstituten (ESRB/12/2)),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen (nachfolgend „OGAW-Richtlinie“)(1), insbesondere auf Artikel 52 Absatz 4,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012(2) (nachfolgend „Eigenmittelverordnung“), insbesondere auf Artikel 129,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(3), insbesondere auf Artikel 44 Absatz 2,
– unter Hinweis auf Artikel 1 Absatz 2 der delegierten Verordnung (EU) 2015/2205 der Kommission vom 6. August 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Clearingpflicht(4),
– unter Hinweis auf Artikel 1 Absatz 2 der delegierten Verordnung (EU) 2016/1178 der Kommission vom 10. Juni 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Clearingpflicht(5),
– unter Hinweis auf die delegierte Verordnung (EU) 2015/61 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Liquiditätsdeckungsanforderung an Kreditinstitute (nachfolgend „delegierter Rechtsakt zur(6) Liquiditätsdeckungsanforderung“),
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A8‑0235/2017),
A. in der Erwägung, dass gedeckte Schuldverschreibungen Instrumente sind, die sich traditionell durch geringe Ausfallquoten und zuverlässige Rückzahlungen auszeichnen, dass mit gedeckten Schuldverschreibungen zur Finanzierung von 20 % der europäischen Hypotheken beigetragen wird und sie im Jahr 2015 in Europa Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 2 000 Mrd. EUR ausmachten; in der Erwägung, dass etwa 90 % der gedeckten Schuldverschreibungen weltweit in neun europäischen Ländern ausgegeben werden;
B. in der Erwägung, dass gedeckte Schuldverschreibungen insbesondere während der Finanzkrise bei der Finanzierung von Kreditinstituten eine entscheidende Rolle gespielt haben; in der Erwägung, dass sich Sicherheit und Liquidität von gedeckten Schuldverschreibungen während der Krise auf einem hohen Niveau gehalten haben, was in jedem Fall der Qualität der nationalen Vorschriften zuzuschreiben ist; in der Erwägung, dass die Zunahme der Preisunterschiede bei gedeckten Schuldverschreibungen unter den Mitgliedstaaten in den Jahren 2008–2014 kein zwingender Hinweis auf eine Fragmentierung des Marktes ist, da diese Differenzen sehr stark mit den Unterschieden bei den Staatsanleihen zusammenhängen und unter Umständen nur Ausdruck zugrunde liegender Risiken im Zusammenhang mit Deckungspools sind; in der Erwägung, dass eine angemessene Risikosensitivität bei Preisen für gedeckte Schuldverschreibungen in den Mitgliedstaaten ein Hinweis darauf ist, dass die Märkte richtig funktionieren und gut integriert sind;
C. in der Erwägung, dass erhebliche grenzüberschreitende Investitionen in europäische Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen getätigt werden; in der Erwägung, dass bei gedeckten Schuldverschreibungen eine breit gefächerte Basis an Investoren besteht und dabei Banken mit einem Marktanteil von etwa 35 % im Zeitraum 2009 bis 2015 stark vertreten waren; in der Erwägung, dass der Marktanteil von Vermögensverwaltern, Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds um fast 20 Prozentpunkte zurückgegangen ist und im Wesentlichen durch größere Investitionen der Zentralbanken in gedeckte Schuldverschreibungen ersetzt wurde;
D. in der Erwägung, dass gedeckte Schuldverschreibungen attraktive Schuldtitel sind, da sie bis zur Höhe des gedeckten Teils von dem Bail-in-Instrument gemäß Artikel 44 der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten ausgenommen sind; in der Erwägung, dass für gedeckte Schuldverschreibungen, die mit Artikel 129 der Eigenmittelverordnung im Einklang stehen, eine günstigere Risikogewichtung gilt;
E. in der Erwägung, dass ein Grund für die Nachfrage der Banken nach gedeckten Schuldverschreibungen die aufsichtsrechtliche Vorzugsbehandlung für gedeckte Schuldverschreibungen im Rahmen des delegierten Rechtsakts zur Liquiditätsdeckungsanforderung ist, durch die es den Banken ermöglicht wird, gedeckte Schuldverschreibungen in den Liquiditätspuffer einzubeziehen, auch wenn diese nicht der Liquiditätsdeckungsanforderung gemäß den Bestimmungen der Baseler Vereinbarung genügen;
F. in der Erwägung, dass Programme für gedeckte Schuldverschreibungen bei Derivatgeschäften unter bestimmten Bedingungen von den Einschussanforderungen gegen Gegenparteiausfallrisiken ausgenommen sind;
G. in der Erwägung, dass gedeckte Schuldverschreibungen nach nationalem Ermessen von den EU-Anforderungen in Bezug auf Großkredite ausgenommen sein können;
H. in der Erwägung, dass sich die Belastung von Vermögenswerten aufgrund von Übersicherungsanforderungen, nicht aber das Prinzip der Schuldenfinanzierung mit abgetrennten Deckungspools, negativ auf die Positionen ungesicherter Bankengläubiger auswirkt; in der Erwägung, dass durch diese Vorgänge, wenn sie mit Beleihungsgrenzen von deutlich unter 100 % verbunden sind, die Positionen ungesicherter Bankengläubiger insoweit allgemein verbessert werden, dass diese Reserven nicht dafür benötigt werden, die Forderungsansprüche gegenüber dem Deckungspool zu befriedigen;
I. in der Erwägung, dass gedeckte Schuldverschreibungen in großem Maße auf der Aktiva-Seite der Bilanzen vieler Banken enthalten sind; in der Erwägung, dass es für die Stabilität des Finanzsystems wesentlich ist, dass eine möglichst hohe Sicherheit und Liquidität dieser Vermögenswerte erhalten bleiben; in der Erwägung, dass diese Zielsetzung nicht durch Neuerungen bei gedeckten Schuldverschreibungen gefährdet werden sollte, durch die es den Emittenten gestattet wird, nach ihrem Ermessen Risiko auf die Investoren zu übertragen;
J. in der Erwägung, dass vermehrt gedeckte Schuldverschreibungen mit bedingten Laufzeitverlängerungen (Soft-Bullets und bedingte Pass-Through-Strukturen) ausgegeben wurden (mit einem Anstieg um 8 % innerhalb von 12 Monaten auf 45 % im April 2016); in der Erwägung, dass durch diese Möglichkeiten das Liquiditätsrisiko bei Deckungspools mit Laufzeitinkongruenzen gemindert wird, Übersicherungsanforderungen reduziert werden und Sofortverkäufe besser verhindert werden können; in der Erwägung, dass durch Laufzeitverlängerungen jedoch Risiken vom Emittenten auf die Investoren übertragen werden; in der Erwägung, dass eine aufsichtsrechtliche Vorzugsbehandlung nur für besonders sichere Schuldtitel gewährt werden sollte;
K. in der Erwägung, dass das EU-Recht keine genaue Definition von gedeckten Schuldverschreibungen enthält;
L. in der Erwägung, dass Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen in Mitgliedstaaten, in denen die Begebung derartiger Schuldverschreibungen nicht üblich ist oder deren Wachstum durch Länderrisiken oder ungünstige gesamtwirtschaftliche Bedingungen gehemmt wird, hinter anderen zurückbleiben;
M. in der Erwägung, dass weitgehend Konsens darüber herrscht, dass die nationalen Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen sehr verschieden sind, insbesondere in Bezug auf die technischen Aspekte wie das Ausmaß der öffentlichen Aufsicht;
N. in der Erwägung, dass sich ein EU-weiter Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen an den höchsten Standards orientieren muss;
O. in der Erwägung, dass einige sehr erfolgreiche nationale Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen bestehen, die auf historischen und rechtlichen Grundlagen beruhen und zum Teil in nationales Recht eingebettet sind; in der Erwägung, dass diesen nationalen Rahmen grundlegende Elemente – insbesondere die Doppelbesicherung, die Abtrennung der Deckungspools mit risikoarmen Vermögenswerten und die besondere öffentliche Aufsicht – gemein sind; in der Erwägung, dass die Ausweitung dieser Prinzipien positive Auswirkungen auf andere Formen von Schuldtiteln haben könnte;
P. in der Erwägung, dass die Harmonisierung nicht auf der Grundlage eines Pauschalansatzes erfolgen sollte, da das zu einem bedeutenden Rückgang der Produktvielfalt führen und die gut funktionierenden nationalen Märkte negativ beeinflussen könnte; in der Erwägung, dass das Subsidiaritätsprinzip bei der Harmonisierung geachtet werden sollte;
Q. in der Erwägung, dass die Marktteilnehmer Initiativen auf den Weg gebracht haben, um die Entwicklung der Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen zu fördern, wie beispielsweise die Einführung des „Covered Bond Label“ (Gütezeichen für gedeckte Schuldverschreibungen) im Jahr 2013 und des „Harmonised Transparency Template“ (HTT, harmonisiertes Formblatt);
R. in der Erwägung, dass die EBA infolge einer aufsichtlichen Überprüfung bewährte Verfahren für die Ausgabe und die Aufsicht von gedeckten Schuldverschreibungen ermittelt und die Übereinstimmung der nationalen Rahmen mit diesen Verfahren geprüft hat;
S. in der Erwägung, dass im Rahmen der öffentlichen Konsultation der Kommission eine große Mehrheit von Interessenträgern ihre Ablehnung gegenüber einer vollständigen Harmonisierung zum Ausdruck gebracht hat, während Investoren den Wert der Produktvielfalt betont haben; in der Erwägung, dass Interessenträger eine vorsichtige Zustimmung zum Erlass von EU-Rechtsvorschriften haben erkennen lassen, vorausgesetzt, dass diese auf Grundsätzen basieren, auf bestehenden Rahmen aufbauen und dabei insbesondere die Elemente nationaler Rahmen berücksichtigt werden;
Allgemeine Bemerkungen und Standpunkte
1. betont, dass inländische und grenzüberschreitende Investitionen in gedeckte Schuldverschreibungen auf den EU-Märkten im geltenden Rechtsrahmen gut funktioniert haben; betont, dass die Vielfalt an einwandfreien und sicheren Produkten aufrechterhalten werden sollte;
2. weist darauf hin, dass eine verbindliche Harmonisierung der nationalen Modelle oder deren Ersatz durch ein europäisches Modell unbeabsichtigte negative Konsequenzen für Märkte haben könnte, deren derzeitiger Erfolg darauf beruht, dass die Rechtsvorschriften über gedeckte Schuldverschreibungen in nationales Recht eingebettet sind; weist mit Nachdruck darauf hin, dass sich ein stärker integrierter europäischer Rahmen auf einen auf Grundsätzen basierenden Ansatz beschränken sollte, durch den zwar die Ziele vorgegeben werden, die Mittel und Wege jedoch im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht festgelegt werden können; betont, dass dieser Rahmen auf hohen Qualitätsstandards beruhen, bewährten Verfahren Rechnung tragen und auf gut funktionierenden nationalen Regelungen aufbauen sollte, ohne dass diese dadurch beeinträchtigt werden; betont, dass der mögliche neue europäische Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen, der an bewährten Verfahren ausgerichtet werden soll, ein Maßstab für neue Märkte sein und die Qualität von gedeckten Schuldverschreibungen erhöhen sollte;
3. fordert eine Richtlinie der EU, in der eindeutig zwischen den beiden Arten von gedeckten Schuldverschreibungen unterschieden wird, die es derzeit gibt:
a)
gedeckte Schuldverschreibungen, mit denen die zurzeit in Artikel 129 der Eigenmittelverordnung festgelegten Standards nicht unterschritten werden (nachfolgend „erstklassige gedeckte Schuldverschreibungen“) und
b)
gedeckte Schuldverschreibungen, mit denen die für erstklassige gedeckte Schuldverschreibungen geltenden Anforderungen nicht erfüllt werden, die zurzeit in Artikel 52 Absatz 4 der OGAW-Richtlinie festgelegten Standards jedoch nicht unterschritten werden (nachfolgend „gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen“);
betont, dass erstklassige gegenüber gewöhnlichen gedeckten Schuldverschreibungen weiterhin eine aufsichtsrechtliche Vorzugsbehandlung genießen sollten und dass gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen gegenüber anderen besicherten Schuldverschreibungen eine aufsichtsrechtliche Vorzugsbehandlung genießen sollten; würdigt das Potenzial aller OGAW-konformen Schuldtitel im Hinblick auf die Verwirklichung des Ziels einer Kapitalmarktunion;
4. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Gütezeichen für gedeckte Schuldverschreibungen (sowohl für erstklassige als auch für gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen) zu schützen, indem sie in ihren nationalen Rechtsvorschriften festlegen, dass es sich bei gedeckten Schuldverschreibungen um hochliquide und nahezu risikolose Schuldtitel handelt; empfiehlt nachdrücklich, dass Schuldtitel, die durch Vermögenswerte gedeckt sind, die deutlich riskanter sind als Staatsanleihen und Hypotheken (z. B. Infrastrukturinvestitionen ohne staatliche Garantien oder Kredite an kleine und mittlere Unternehmen (KMU)), nicht als „gedeckte Schuldverschreibungen“ bezeichnet werden, sondern zum Beispiel als „European Secured Notes“ (ESN, europäische besicherte Schuldscheine); unterstützt den Grundsatz, dass Deckungspools für erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen vollständig durch dauerhafte Vermögenswerte gedeckt sein sollten, die bewertet und in Besitz genommen werden können;
5. fordert die Kommission auf, Grundsätze eines rechtlichen Rahmens für ESN wie Doppelbesicherung, besondere öffentliche Aufsicht, Insolvenzferne und Transparenzanforderungen in die Richtlinie aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Grundsätze in ihr nationales Recht und ihre Insolvenzverfahren zu integrieren; betont, dass mit einem soliden rechtlichen Rahmen für ESN die Möglichkeit geschaffen würde, ESN transparenter, liquider und rentabler zu gestalten als Wertpapiere, bei denen vertragliche Vereinbarungen genutzt werden; weist darauf hin, dass dadurch über ESN riskantere Tätigkeiten wie Kredite für KMU, Verbraucherkredite oder Infrastrukturinvestitionen ohne staatliche Garantien leichter finanziert werden könnten; weist darauf hin, dass ESN von dem Geltungsbereich des Bail-in-Instruments gemäß Artikel 44 der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten ausgenommen wären;
6. regt an, dass in die Richtlinie Mindeststandards für die Aufsicht aufgenommen werden, mit denen bewährten Verfahren, die für gedeckte Schuldverschreibungen ermittelt wurden, Rechnung getragen wird; spricht sich in Bezug auf die Aufsicht für eine EU-weite Konvergenz aus;
7. fordert, dass die Transparenz bei Informationen über Vermögenswerte des Deckungspools durch die Richtlinie verbessert wird und dass die Doppelbesicherung und die Abtrennung dieser Vermögenswerte im Falle der Insolvenz oder Abwicklung des Emittenten durch den rechtlichen Rahmen sichergestellt werden; weist in diesem Zusammenhang außerdem nachdrücklich darauf hin, dass die Richtlinie auf Grundsätzen basieren und der Schwerpunkt nur auf Anforderungen hinsichtlich der Übermittlung von Informationen gelegt werden sollte;
Erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN: Definitionen und Regelungsrahmen
8. fordert die Kommission auf, einen Vorschlag für einen europäischen Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen (Richtlinie) vorzulegen, in dem erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN gleichzeitig definiert werden, damit Marktstörungen in Übergangsphasen verhindert werden; fordert die Kommission auf, in diese Definition alle nachfolgenden allgemeinen Grundsätze aufzunehmen, die während der gesamten Dauer des ausgegebenen Titels unabhängig von der eventuellen Vorzugsbehandlung durchgesetzt werden können:
a)
erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN sollten in vollem Umfang durch einen Pool an Vermögenswerten („Deckungspool“) besichert sein;
b)
im nationalen Recht sollte sichergestellt werden, dass ein doppelter Forderungsanspruch („Doppelbesicherung“) besteht, d. h. der Investor
i)
hält eine Forderung gegenüber dem Emittenten des Schuldtitels in voller Höhe der Zahlungsverpflichtungen,
ii)
hat im Falle der Insolvenz des Emittenten einen gleichwertigen bevorrechtigten Zugriff auf die Vermögenswerte des Deckungspools (einschließlich substituierender Aktiva und Derivate);
reichen diese Forderungen nicht aus, um die Zahlungsverpflichtungen des Emittenten in voller Höhe zu decken, müssen die verbleibenden Forderungen des Investors mit den Forderungen der vorrangigen unbesicherten Gläubiger des Emittenten gleichrangig sein;
c)
die wirksame Abtrennung aller Vermögenswerte des Deckungspools wird durch rechtsverbindliche Regelungen sichergestellt, die im Falle der Insolvenz oder Abwicklung des Emittenten leicht durchsetzbar sind; Gleiches gilt für alle substituierenden Aktiva und Derivate, mit denen die Risiken des Deckungspools abgesichert werden;
d)
erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN sind konkursfest, d. h. es ist sichergestellt, dass die Zahlungsverpflichtungen des Emittenten im Falle seiner Insolvenz oder Abwicklung nicht automatisch fällig werden;
e)
es wird eine Übersicherung entsprechend den spezifischen Risiken der erstklassigen und gewöhnlichen gedeckten Schuldverschreibungen sowie ESN angewandt, wobei der Umfang der Übersicherung im nationalen Recht festgelegt wird; der Wert aller Vermögenswerte des Deckungspools muss stets größer sein als der Wert der offenen Zahlungsverpflichtungen; die Bewertungsmethoden für Vermögenswerte des Deckungspools und die Berechnungshäufigkeit sollten eindeutig in nationalem Recht festgelegt sein und allen entsprechenden Abwärtsrisiken ordnungsgemäß Rechnung tragen;
f)
im europäischen oder nationalen Recht werden die Parameter der Beleihungsgrenzen für die Vermögenswerte des Deckungspools definiert; Vermögenswerte, die den Vorgaben für Beleihungsgrenzen nicht entsprechen, sollten nicht verbindlicherweise aus dem Deckungspool entfernt werden müssen, sondern es muss sichergestellt werden, dass sie nur dann aus dem Deckungspool entfernt werden, wenn sie durch zulässige Vermögenswerte ersetzt werden, die mindestens den gleichen Marktwert haben;
g)
ein Teil der Vermögenswerte des Deckungspools oder der Liquiditätsfazilitäten ist so liquide, dass die Zahlungsverpflichtungen aus dem Programm gedeckter Schuldverschreibungen bzw. dem ESN-Programm während der folgenden sechs Monate erfüllt werden können, mit Ausnahme von Fällen, in denen Schuldverschreibungen kongruent refinanziert sind, oder bei Schuldverschreibungen mit Soft-Bullets und bedingten Pass-Through-Strukturen;
h)
derivative Instrumente sind nur zum Zweck der Risikoabsicherung zulässig, und Derivatverträge, die vom Emittenten mit einer Derivatgegenpartei abgeschlossen und im Deckungspool besichert werden, können bei Insolvenz des Emittenten nicht gekündigt werden;
i)
im nationalen Recht wird ein solider Rahmen für eine besondere öffentliche Aufsicht vorgesehen; dazu werden die zuständige Behörde, der Treuhänder zur Überwachung des Deckungspools und der Sonderverwalter benannt, und es wird eindeutig festgelegt, welche Aufgaben und Aufsichtsbefugnisse die zuständige Behörde hat, damit sichergestellt ist, dass
i)
die Emittenten über qualifiziertes Personal und angemessene Arbeitsabläufe für die Verwaltung der Deckungspools verfügen, auch in Stresssituationen und im Falle einer Insolvenz oder Abwicklung,
ii)
die Merkmale von Deckungspools die geltenden Anforderungen sowohl vor der Emission als auch im Zeitraum bis zur Fälligkeit des Schuldtitels erfüllen,
iii)
laufend, regelmäßig und unabhängig überwacht wird, dass erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN die entsprechenden Anforderungen (einschließlich der Zulässigkeit von Deckungswerten und der Deckung) erfüllen,
iv)
Emittenten regelmäßige Stresstests in Bezug auf die Berechnung der Deckungsanforderungen durchführen, bei denen die Hauptrisikofaktoren, die den Schuldtitel betreffen, wie Kredit-, Zins-, Währungs- und Liquiditätsrisiken, berücksichtigt werden;
die Aufgaben und Befugnisse, die die zuständige Behörde und der Sonderverwalter im Falle der Insolvenz oder Abwicklung des Emittenten haben, müssen klar definiert sein;
j)
der Emittent muss mindestens halbjährlich aggregierte Daten zu den Deckungspools offenlegen, die detailliert genug sind, damit die Investoren eine umfassende Risikoanalyse durchführen können; es sollten Informationen über die Merkmale der Deckungswerte im Hinblick auf ihre Kredit-, Markt- und Liquiditätsrisiken, über an den Deckungspools beteiligte Gegenparteien und über das Niveau der rechtlich und vertraglich geforderten sowie der freiwilligen Überdeckung bereitgestellt werden; zudem sollte es einen Abschnitt über mit Vermögenswerten des Deckungspools und Verbindlichkeiten verbundene Derivate geben;
k)
die Laufzeiten können, außer im Falle der Insolvenz oder Abwicklung des Emittenten und vorbehaltlich der Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde oder im Falle objektiver finanzieller Auslöser, die in nationalen Rechtsvorschriften festgelegt und von der zuständigen europäischen Behörde genehmigt sind, nicht verlängert werden; die genauen Bedingungen für die Verlängerung und mögliche Änderungen des Kupons, der Laufzeit oder anderer Merkmale sollten in den Anleihebedingungen jeder Schuldverschreibung deutlich gemacht werden;
9. fordert die Kommission auf, in die in der Richtlinie festgelegte Definition von erstklassigen gedeckten Schuldverschreibungen die folgenden zusätzlichen Grundsätze aufzunehmen:
a)
der Schuldtitel wird in vollem Umfang durch Vermögenswerte gemäß Artikel 129 Absatz 1 der Eigenmittelverordnung besichert und genügt den zusätzlichen Anforderungen nach Artikel 129 Absätze 3 und 7 der Eigenmittelverordnung; bei Darlehen für Wohnimmobilien, die gemäß Artikel 129 Absatz 1 Buchstabe e der Eigenmittelverordnung durch Bürgschaften besichert sind, darf es keine rechtlichen Hindernisse für den Verwalter des Programms für gedeckte Schuldverschreibungen geben, wenn es darum geht, die Darlehen im Falle einer Insolvenz oder Abwicklung des Emittenten der gedeckten Schuldverschreibung mit vorrangigen Grundpfandrechten zu belasten, wenn die Bürgschaft aus jedwedem Grund nicht geleistet wird; die Zulässigkeit von Schiffen als Vermögenswerte des Deckungspools (Artikel 129 Absatz 1 Buchstabe g der Eigenmittelverordnung) soll überprüft werden;
b)
die Parameter der Beleihungsgrenzen für Hypotheken, die im Deckungspool enthalten sind, werden im EU-Recht so festgelegt, dass die zurzeit in Artikel 129 der Eigenmittelverordnung vorgesehenen Beleihungsgrenzen nicht überschritten werden; sie werden jedoch regelmäßig daraufhin überprüft, ob sie Stresstests auf der Grundlage unabhängiger Bewertungen der Marktpreise bestehen, die gegebenenfalls auf den betreffenden unter Druck stehenden Immobilienmärkten herrschen, und sie werden entsprechend angepasst; die Verwendung von Beleihungsgrenzen im Verhältnis von Kreditbetrag zu Hypothek statt im Verhältnis von Kreditbetrag zu Marktwert sollte unterstützt werden;
10. betont, dass die Risikogewichtungen, die gedeckten Schuldverschreibungen in den europäischen Rechtsvorschriften zugewiesen werden, der Markteinschätzung der zugrunde liegenden Risiken entsprechen müssen; stellt fest, dass dies aufgrund bestimmter Merkmale nicht für alle anderen Arten von Schuldtiteln mit aufsichtsrechtlicher Vorzugsbehandlung gilt;
11. fordert die Kommission auf, die Europäischen Aufsichtsbehörden zu ermächtigen, die Erfüllung der Kriterien für erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN zu prüfen, mit dem Ziel, die in Artikel 52 Absatz 4 der OGAW-Richtlinie genannten Verzeichnisse durch ein verbindliches Verzeichnis konformer Regelungen für erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN auf europäischer Ebene zu ergänzen oder sogar zu ersetzen;
12. fordert die EBA auf, Empfehlungen für Regelungen für erstklassige und gewöhnliche gedeckte Schuldverschreibungen sowie ESN im Hinblick auf die Zulässigkeitskriterien für Vermögenswerte (einschließlich substituierender Vermögenswerte), im Hinblick auf die Beleihungsgrenzen und die wirksame Mindestübersicherung für verschiedene Arten von Vermögenswerten sowie im Hinblick auf mögliche Überarbeitungen der Eigenmittelverordnung vorzulegen; fordert die EBA auf, die notwendigen Leitlinien für die Einrichtung des Rahmens für eine besondere öffentliche Aufsicht und Verwaltung bereitzustellen;
13. empfiehlt, dass Marktzugangsbeschränkungen für Emittenten auf sich entwickelnden Märkten für gedeckte Schuldverschreibungen außerhalb des EWR abgebaut werden, indem für die Gleichbehandlung von gedeckten Schuldverschreibungen, die von Emittenten aus Drittländern herausgegeben werden, gesorgt wird, sofern das betreffende gesetzliche, institutionelle und aufsichtsrechtliche Umfeld einer gründlichen Gleichwertigkeitsprüfung, die von einer zuständigen europäischen Behörde durchgeführt wird, Stand hält; empfiehlt, dass die wesentlichen Grundsätze der EU-Rechtsvorschriften dahingehend gefördert werden, dass sie zu einem möglichen weltweiten Maßstab für die Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen werden;
14. fordert die Kommission auf, eine Überarbeitung der europäischen Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen vorzuschlagen, in deren Rahmen die aufsichtsrechtliche Behandlung von erstklassigen und gewöhnlichen gedeckten Schuldverschreibungen sowie ESN genauer bestimmt wird;
15. fordert die Kommission auf, bei der Beurteilung der bestehenden europäischen Rechtsvorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen dem Potenzial von erstklassigen und gewöhnlichen gedeckten Schuldverschreibungen sowie ESN beim Erreichen der Ziele der Kapitalmarktunion Rechnung zu tragen;
16. fordert die Kommission auf, mögliche Hindernisse für die Entwicklung von Systemen gedeckter Schuldverschreibungen auf nationaler Ebene zu ermitteln und – unbeschadet der fundierten und umsichtigen Führung der Geschäfte der Banken – Leitlinien zur Beseitigung dieser Hindernisse zu veröffentlichen;
17. fordert die Kommission und die EBA auf, die Zulässigkeit von Schiffspfandrechten als Vermögenswerte des Deckungspools gemäß Artikel 129 Absatz 1 Buchstabe g der Eigenmittelverordnung neu zu bewerten (eventuell im Rahmen einer Folgenabschätzung); ist besorgt darüber, dass die Vorzugsbehandlung von Schiffen zu einer Wettbewerbsverzerrung im Hinblick auf andere Verkehrsmittel führt; fordert die Kommission und die EBA auf, zu prüfen, ob für durch Schiffe gedeckte Schuldverschreibungen im Hinblick auf ihre Liquidität und die Risikobewertungen unabhängiger Ratingagenturen die gleichen Bedingungen herrschen wie für andere mit der Eigenmittelverordnung im Einklang stehende gedeckte Schuldverschreibungen und ob die Vorzugsbehandlung derartiger Schuldverschreibungen auf der Grundlage der Erfüllung der Liquiditätsdeckungsanforderung und der niedrigeren Risikogewichtungen in der Eigenmittelverordnung daher gerechtfertigt ist;
18. fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit vorzusehen, gesonderte Deckungspools einzurichten, die jeweils eine homogene Anlageklasse (wie Darlehen für Wohnimmobilien) bilden; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle in Artikel 129 Absatz 1 Buchstaben a, b und c festgelegten Deckungswerte als substituierende Aktiva zuzulassen, die zur Deckungsanforderung beitragen, und eindeutige Grenzen bezüglich Bonität, Risikoposition und Obergrenzen für Deckungsbeiträge von substituierenden Aktiva festzulegen;
Förderung von Markttransparenz und freiwilliger Konvergenz
19. begrüßt, dass die Ratingmethoden für gedeckte Schuldverschreibungen verbessert und die Ratingmärkte für gedeckte Schuldverschreibungen ausgeweitet wurden;
20. betont, dass es wichtig ist, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, um für fairen Wettbewerb auf den Finanzmärkten zu sorgen; betont, dass im Rahmen von europäischen Rechtsvorschriften nicht zwischen verschiedenen Arten besicherter Schuldtitel diskriminiert werden darf, sofern es keine guten Gründe gibt, anzunehmen, dass diese sich in Bezug auf Sicherheit oder Liquidität unterscheiden;
21. begrüßt die Marktinitiativen zur Entwicklung harmonisierter Standards und Vorlagen für die Offenlegung (z. B. das HTT), mit denen der Vergleich und die Analyse der Unterschiede zwischen gedeckten Schuldverschreibungen europaweit erleichtert werden sollen;
22. befürwortet, dass Empfehlungen der EBA für Marktstandards und Leitlinien für bewährte Verfahren ausgearbeitet werden; unterstützt eine daran angelehnte freiwillige Konvergenz;
23. regt an, dass regelmäßig Stresstests für Deckungspools durchgeführt und die Ergebnisse solcher Stresstests veröffentlicht werden;
o o o
24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde zu übermitteln.
Die Rolle des fischereibezogenen Tourismus bei der Diversifizierung der Fischerei
337k
63k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zur Rolle des fischereibezogenen Tourismus bei der Diversifizierung der Fischerei (2016/2035(INI))
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates(1),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328/2003, (EG) Nr. 861/2006, (EG) Nr. 1198/2006 und (EG) Nr. 791/2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(2),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik(3) („Wasserrahmenrichtlinie“),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. November 2012 zur Kleinfischerei und handwerklichen Fischerei und zur Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik(4),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 2. Juli 2013 zu dem „blauen Wachstum“ – Förderung des nachhaltigen Wachstums in der Schifffahrt, im Seeverkehr und im Fremdenverkehr in der EU(5),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Mai 2014 mit dem Titel „Innovation in der blauen Wirtschaft: Nutzung des Potenzials unserer Meere und Ozeane für Wachstum und Beschäftigung“ (COM(2014)0254),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. Juni 2010 mit dem Titel „Europa – wichtigstes Reiseziel der Welt: ein neuer politischer Rahmen für den europäischen Tourismus“ (COM(2010)0352),
– unter Hinweis auf die EU-Strategie zum Schutz der Biodiversität bis 2020 und insbesondere deren Einzelziel 4 (Umstellung auf eine nachhaltige Fischereiwirtschaft und erhöhtes Engagement zum Schutz der Meere), in dem sich die EU zur Eliminierung negativer Auswirkungen auf Fischbestände, Arten, Lebensräume und Ökosysteme verpflichtet, „auch durch finanzielle Anreize im Rahmen künftiger Finanzierungsinstrumente für die Fischerei- und Meerespolitik für Meeresschutzgebiete (einschließlich Natura-2000-Schutzgebiete und Schutzgebiete im Rahmen internationaler oder regionaler Verträge)“ und die Auffassung vertritt, dass dies „auch die Wiederherstellung von Meeresökosystemen, die Anpassung von Fischereiaktivitäten und die Förderung der Einbindung des Sektors in alternative Tätigkeiten wie Ökotourismus, die Überwachung und Bewirtschaftung der Biodiversität und die Bekämpfung der Verklappung von Abfällen auf See beinhalten“ könnte,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „EUROPA 2020 –Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. September 2012 mit dem Titel „Blaues Wachstum – Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum“ (COM(2012)0494),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Februar 2014 mit dem Titel „Eine Europäische Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung im Küsten- und Meerestourismus“ (COM(2014)0086),
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses sowie die Stellungnahme des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A8‑0221/2017),
A. in der Erwägung, dass sich die Situation der traditionellen Fischerei zunehmend verschlechtert hat;
B. in der Erwägung, dass Diversifizierung für viele kleine Fischer zur Notwendigkeit geworden ist, um ihr oft unzureichendes Einkommen aufzubessern;
C. in der Erwägung, dass beim Thema „Diversifizierung der Fischerei“ die Tatsache berücksichtigt werden muss, dass ein Großteil des Fischereisektors fast vollständig von traditionellen Arten der Fischfangs abhängt;
D. in der Erwägung, dass die meisten Küsten- und Inselregionen unter einem deutlichen wirtschaftlichen Abschwung leiden, was zu einem Bevölkerungsrückgang führt, da die dortigen Bewohner in Gebiete mit besseren Möglichkeiten in den Bereichen Beschäftigung und Bildung ziehen;
E. in der Erwägung, dass einige Küstenfischereigebiete zwar in der Nähe von touristischen Zielen liegen, es dort aber trotzdem nicht gelingt, aus eigener Kraft Wirtschaftswachstum zu erzeugen, obgleich der Fischerei- und der Fremdenverkehrssektor miteinander vereinbar sind;
F. in der Erwägung, dass der fischereibezogene Tourismus dazu beitragen kann, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, soziale Inklusion gefördert wird sowie die Lebensqualität verbessert und die Gemeinden wiederbelebt werden, die vom Fischfang abhängen, insbesondere in Gebieten, in denen andere Wirtschaftstätigkeiten rar sind; in der Erwägung, dass diese Potenziale regional sowie in Abhängigkeit der Art der Fischerei und Schiffsgröße sehr unterschiedlich ausfallen;
G. in der Erwägung, dass der fischereibezogene Tourismus dazu beitragen kann, die Auswirkungen auf die Fischbestände und die Umwelt zu verringern sowie das Wissen darum bzw. das Bewusstsein dafür, dass die Umwelt geschützt und die Kultur erhalten werden muss, zu stärken; in der Erwägung, dass insbesondere der Fischereitourismus und touristische Dienstleistungen, die von Fischern an Land angeboten werden, in vielen Regionen Europas eine konkrete Möglichkeit zur Ergänzung der Hauptaktivität bzw. zur Diversifizierung der Aktivitäten darstellen können;
H. in der Erwägung, dass fischereibezogene touristische Aktivitäten dazu beitragen können, den Fischern mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und die Wertschätzung und das Verständnis für ihr komplexes Tätigkeitsfeld zu steigern; in der Erwägung, dass der Fischereitourismus und andere tourismusbezogene Aktivitäten (touristische Dienstleistungen, die von Fischern an Land angeboten werden, Freizeitfischerei usw.) in der breiten Öffentlichkeit noch zu wenig bekannt sind und dass die Verbraucher dafür sensibilisiert werden müssen, wie wichtig der Verzehr lokaler Fischprodukte aus einer kurzen Lieferkette ist;
I. in der Erwägung, dass der fischereibezogene Tourismus eine Möglichkeit sein kann, Touristen durch ein breites Angebot anzuziehen, das von lokalen Produkten bis zu ökologisch nachhaltigen Unternehmensformen reicht;
J. in der Erwägung, dass die traditionelle Gastronomie in Verbindung mit Fischereierzeugnissen und der traditionellen Konservierungs- und Verarbeitungsindustrie dem Tourismus rund um die Fischerei wesentliche Impulse verleihen könnte;
K. in der Erwägung, dass Angeln aus sozialer Sicht mehrere positive Auswirkungen hat und sich vorteilhaft auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden auswirkt;
L. in der Erwägung, dass die sozioökonomischen Gewinne des fischereibezogenen Tourismus stark saisonabhängig sind, da sich der Tourismus vor allem auf die Sommermonate konzentriert; in der Erwägung, dass die positiven Effekte der oft angeführten stärkeren Kundenbindung über das gesamte Jahr hinweg verzeichnet werden können;
M. in der Erwägung, dass 2018 das Europäische Jahr des Kulturerbes sein wird, in dem das Bewusstsein der Bürger für die europäische Geschichte geschärft werden soll und die Bürger dafür sensibilisiert werden sollen, dass die ihrem Kulturerbe innewohnenden Werte eine ihnen gemeinsame Ressource darstellen; in der Erwägung, dass die traditionelle Fischerei zu dem reichen Kulturerbe Europas gehört und zur Identität lokaler Gemeinschaften beiträgt, nicht zuletzt dadurch, wie sie an der Herausbildung des Geschmacks und der Entstehung von Lebensmitteln, Traditionen, Geschichte und Landschaften beteiligt war; in der Erwägung, dass dieser Aspekt durch den Kontakt mit Touristen noch erheblich an Bedeutung gewinnt;
N. in der Erwägung, dass über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) Investitionen gefördert werden, die zur Diversifizierung des Einkommens der Fischer beitragen, indem ergänzende Tätigkeitsfelder entwickelt werden, einschließlich Investitionen für zusätzliche Sicherheitsausrüstung auf Booten, Fischereitourismus, küstenbezogene touristische Dienstleistungen, Catering, Dienstleistungen für Freizeit- und Sportfischerei sowie fischereibezogene Bildungsaktivitäten;
O. in der Erwägung, dass es weder eine einheitliche Definition von fischereibezogenem Tourismus gibt noch eine Rechtsgrundlage dafür; in der Erwägung, dass diese Art von Tourismus beispielsweise in Italien als Erwerbstätigkeit gilt, in Frankreich jedoch als Nebentätigkeit; in der Erwägung, dass sich in Abhängigkeit von dem gewährten Rechtsstatus gravierende Unterschiede im Hinblick auf die Steuerregelungen, die Verfahren für die Lizenzvergabe, die Anforderungen an die Qualifikation, die Sicherheitsausrüstung usw. ergeben können;
P. in der Erwägung, dass den Mitgliedstaaten in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie die Pflicht auferlegt wird, einen guten Zustand der Küsten- und Meeresgewässer sicherzustellen; in der Erwägung, dass ihnen in der Habitat-Richtlinie auferlegt wird, die Lebensräume im Meer und an den Küsten durch die Einrichtung und Bewirtschaftung von Natura-2000-Schutzgebieten zu identifizieren und zu erhalten;
Q. in der Erwägung, dass in den meisten Meeresschutzgebieten und Natura-2000-Schutzgebieten im Meer und an den Küsten die Tourismusbranche eine besonders große Bedeutung hat; in der Erwägung, dass es viele positive Beispiele für eine gemeinsame Bewirtschaftung und Partnerschaften zwischen den Verwaltungsgremien von Meeresschutzgebieten und kleinen Fischern zur Förderung des Fischereitourismus und anderer Mittel gibt, mit denen die traditionelle Fischerei für touristische und kulturelle Zwecke vorgestellt werden kann;
R. in der Erwägung, dass keine ausreichenden, kohärenten und vergleichbaren Daten zum fischereibezogenen Tourismus in Europa und außerhalb Europas vorliegen;
S. in der Erwägung, dass die EU 2012 in ihrer Strategie „Blaues Wachstum“ den Küsten- und Meerestourismus als einen Schlüsselsektor für die Entwicklung einer auf Solidarität beruhenden nachhaltigen Wirtschaft eingestuft hat;
T. in der Erwägung, dass die Kommission im Jahr 2010 in ihrer Mitteilung mit dem Titel „Europa – wichtigstes Reiseziel der Welt: ein neuer politischer Rahmen für den europäischen Tourismus“ darauf hingewiesen hat, dass eine Strategie für einen nachhaltigen Küsten- und Meerestourismus entwickelt werden muss;
U. in der Erwägung, dass die Kommission im Jahr 2012 eine öffentliche Konsultation zu den Herausforderungen und Chancen des Küsten- und Meerestourismus in Europa durchgeführt und anschließend am 20. Februar 2014 eine Mitteilung mit dem Titel „Eine europäische Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung im Küsten- und Meerestourismus“ veröffentlicht hat;
V. in der Erwägung, dass die tourismusbezogenen Fischereitätigkeiten von gewerblichen Fischern mit dem Ziel durchgeführt werden, ihr Tätigkeitsfeld zu diversifizieren, ihren Beruf und ihr soziokulturelles Erbe zu fördern und aufzuwerten sowie die nachhaltige Nutzung der aquatischen Ökosysteme zu verbessern, wobei diese Aktivitäten in manchen Fällen auch darin bestehen, Touristen auf den Fischerbooten mitzunehmen; in der Erwägung, dass zwar offensichtlich ist, dass die genannten Fischereiaktivitäten auch Tourismus- und Freizeitzwecken dienen, aber keine klare normative Definition dieser Tätigkeiten vorliegt;
W. in der Erwägung, dass unter dem Begriff „Pescatourismus“ (italienisch „pescaturismo“) die touristischen und Freizeitzwecken dienenden Fischereitätigkeiten von gewerblichen Fischern zu verstehen sind, die auf ihren Booten Touristen mitnehmen, um ihnen die Welt der Fischerei zu zeigen;
X. in der Erwägung, dass Aktivitäten im Bereich des „Ittitourismus“ (touristische Dienstleistungen, die von Fischern an Land erbracht werden; italienisch „ittiturismo“) auch Gastronomie- und Übernachtungsinitiativen umfassen, die von gewerblichen Fischern durchgeführt werden, und dass einer der wichtigsten Unterschiede zwischen „Pescatourismus“- und „Ittitourismus“-Aktivitäten darin besteht, dass letztere nicht an Bord von Fischerbooten durchgeführt werden können;
Y. in der Erwägung, dass die Freizeitfischerei eine Tätigkeit ist, die ausschließlich zu Freizeitzwecken und/oder zu Zwecken des sportlichen Wettbewerbs ausgeübt wird und im Rahmen derer lebende aquatische Ressourcen genutzt werden, der Verkauf des Fangs in jeder Form jedoch unzulässig ist; in der Erwägung, dass die Freizeitfischerei – obwohl sie nicht ausgeübt wird, um einen Gewinn zu erzielen – zu den touristischen Aktivitäten zählt, mit denen eine Parallelwirtschaft geschaffen wird, die von Berufsfischern, die den Freizeitfischern Dienstleistungen, Strukturen und Infrastrukturen anbieten, betrieben werden sollte; in der Erwägung, dass sich jedoch eine unkontrollierte und intensive Freizeitfischerei in bestimmten Gebieten negativ auf die Fischereiressourcen auswirken kann;
Z. in der Erwägung, dass es keine zuverlässigen sozioökonomischen und Umweltstatistiken über die Auswirkungen der Freizeitfischerei auf die Fischbestände – insbesondere in Gebieten, in denen intensiv Freizeitfischerei betrieben wird – gibt, sowie in der Erwägung, dass es auch keine klaren Regeln oder umfassenden Kontrollen in Bezug auf die Fänge oder gar auf den rechtswidrigen Verkauf von Fängen der Freizeitfischerei über informelle, in der Regel mit Restaurants in Verbindung stehende Kanäle gibt;
Untersuchung der tourismusbezogenen Fischerei in Mitgliedstaaten der EU
AA. in der Erwägung, dass laut einer Studie zu den Gewohnheiten und Meinungen der Menschen vor Ort, die von der lokalen Küstenaktionsgruppe „GAC: Il mare delle Alpi“ 2015 durchgeführt wurde(6), ein Drittel der Befragten mehrmals in der Woche Fisch isst und nur vier Arten von Speisefischen konsumiert, wovon zwei Süßwasser- und die anderen Meeresfische sind (Hering, Lachs, Kabeljau und Forelle); in der Erwägung, dass die tourismusbezogene Fischerei zu einer stärkeren Sensibilisierung für die Fischarten und die kulinarischen Traditionen führt, die vielen Verbrauchern oft nicht bekannt sind, und dass die Auswirkungen auf die Diversifizierung des Fischereiaufwands offensichtlich sind;
AB. in der Erwägung, dass in Italien die Zahl der Anträge auf Genehmigung der Ausübung von fischereibezogenen Tourismusaktivitäten kontinuierlich steigt; in der Erwägung, dass nach einer neueren Untersuchung die Regionen Italiens mit der höchsten Zahl an Genehmigungen Ligurien (290), Emilia-Romagna (229), Sardinien (218), Kalabrien (203), Kampanien (200) und Sizilien (136) sind; in der Erwägung, dass von 2002 bis 2012 insgesamt 1 600 Genehmigungen erteilt wurden; in der Erwägung, dass im Jahr 2003 die Regionen mit der höchsten Zahl an Genehmigungen Kampanien (63), Ligurien (62), Sizilien (60) und Sardinien (59) waren, dicht gefolgt von Apulien (46), Kalabrien (39) und der Toskana (37)(7);
AC. in der Erwägung, dass ein Drittel der Boote, die zur Durchführung von fischereibezogenen touristischen Tätigkeiten zugelassen sind, nicht mehr als vier Passagiere aufnehmen darf, 29 % fünf bis acht Passagiere und die übrigen 37 % neun bis zwölf Passagiere aufnehmen dürfen(8);
AD. in der Erwägung, dass sich hohe Touristenzahlen fast ausschließlich auf die Monate Juli und August konzentrieren, womit der fischereibezogene Tourismus einen ausgeprägt saisonalen Charakter aufweist und weshalb es wichtig ist, die Diversifizierung zu fördern;
AE. in der Erwägung, dass bei der Bildung ein ähnliches Muster wie bei den Altersklassen festzustellen ist, dass nämlich diejenigen, die Aktivitäten im Rahmen des Fischereitourismus betreiben, auch einen höheren Bildungsabschluss haben als diejenigen, die nur die Berufsfischerei betreiben; in der Erwägung, dass mehr als 30 % der Bootsführer ein Diplom bzw. eine berufliche Qualifizierung besitzen und zumindest über Grundkenntnisse in Englisch (64 %), Französisch (34 %), Spanisch (16 %) oder Deutsch (7 %) verfügen(9)
AF. in der Erwägung, dass aus einer Umfrage in Italien unter Anbietern von Fischereitourismus-Aktivitäten hervorging, dass der Fischereitourismus sich positiv auf die Bemühungen um den Erhalt von Fischbeständen und Meeresökosystemen auswirken kann, insbesondere durch verringerte Fänge, sowie aus sozialer Sicht auf das physische und psychische Wohlbefinden der Fischer und ihrer Familien durch verringerte Arbeitszeiten auf See(10);
AG. in der Erwägung, dass eine stärkere Einbeziehung von Frauen nicht nur in Nebentätigkeiten der Fischerei, sondern auch im Hinblick auf die Verfolgung eigener Tätigkeiten im Bereich des fischereibezogenen Tourismus festzustellen ist;
AH. in der Erwägung, dass auch junge Menschen als eine der Zielgruppen für die Entwicklung von Reisezielen im fischereibezogenen Tourismus ins Auge gefasst werden können;
AI. in der Erwägung, dass der traditionelle Fischfang heute die am wenigsten bekannte Tätigkeit aus dem Primärsektor ist und diejenige, die am wenigsten als Bildungsinstrument auf unterer und mittlerer akademischer Ebene untersucht und eingesetzt wird;
AJ. in der Erwägung, dass es zahlreiche Möglichkeiten für die Einführung von Bildungsaktivitäten im Zusammenhang mit dem traditionellen Fischfang gibt, die auf Modellen wie dem des Schulbauernhofs basieren;
AK. in der Erwägung, dass Partnerschaften, nämlich die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei, in denen die im Fischereisektor Beschäftigten und andere lokale öffentliche und private Interessenträger gemeinsam eine Bottom-up-Strategie entwickeln und anwenden, die sich an den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erfordernissen des betreffenden Gebiets orientiert und diesen gerecht wird, von zentraler Bedeutung für die Entwicklung von tourismusbezogenen Aktivitäten sind; in der Erwägung, dass die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei in der EU – obgleich sie in ganz unterschiedlichen Kontexten tätig sind und ganz unterschiedliche Strategien verfolgen – fast ausnahmslos anerkannt haben, dass der Tourismus eine zentrale Entwicklungskomponente darstellt;
AL. in der Erwägung, dass die Kommission die Unterstützungsstelle für das Europäische Netzwerk für Fischwirtschaftsgebiete (FARNET) eingerichtet hat, die dazu beitragen soll, Achse 4 des Europäischen Fischereifonds (EEF) zu verwirklichen; in der Erwägung, dass FARNET als Netzwerk für Fischwirtschaftsgebiete die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei bei der Entwicklung von lokalen Strategien, Initiativen und Projekten unterstützt;
AM. in der Erwägung, dass die lokalen Akteure von den lokalen Aktionsgruppen für Fischerei gelernt haben, wie man das touristische Angebot eines Fischereigebiets durch ein ganzes Paket an Aktivitäten weiterentwickeln und so auch in einem Tourismussegment mit hohem Wettbewerbsdruck attraktiv halten kann; in der Erwägung, dass der Tourismus auf diese Weise zu einer wichtigen zusätzlichen Einkommensquelle für die Fischereigemeinden werden und so letztendlich zur Gesamtentwicklung der Küsten- und Inselregionen beitragen kann;
AN. in der Erwägung, dass anhand von Erfolgsgeschichten deutlich wird, wie wertvoll die Unterstützung durch die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei an Orten der handwerklichen Fischerei in Griechenland, Italien und Spanien ist; ferner in der Erwägung, dass das Netzwerk FARNET auf bewährte Verfahren in Frankreich, Belgien, Spanien, Kroatien und Italien hingewiesen hat;(11)
AO. in der Erwägung, dass in Finnland ein Modell zur Bewertung der Auswirkungen fischereibezogener Tourismusaktivitäten auf der Grundlage von Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsort sowie der Anzahl der Besucher angenommen wurde; in der Erwägung, dass aus den Ergebnissen der Bewertung hervorging, dass die Definition dessen, was ein „Fischereitourist“ ist, und die Art und Weise, wie die Aufenthalte gezählt werden sollten, Probleme aufwerfen;(12)
AP. in der Erwägung, dass in mehreren Küstendörfern Festivals stattfinden, und zwar in Mitgliedstaaten, in denen es wichtig ist, auch andere Mittel zur Erhöhung der touristischen Attraktivität einzusetzen, beispielsweise indem diese mit anderen hochwertigen Angeboten im Primärsektor kombiniert werden, wie der Verbreitung von Wissen über die kleine Fischerei und die Lebensweise der Fischer und der Herstellung von Kontakten zu traditionellen Kulturen, einschließlich regionaler Lebensmittel und Weine, und Waren im oberen Marktsegment aus der Verarbeitungs- und Konservenindustrie, wodurch die Vielfalt der EU zum Ausdruck kommt;
AQ. in der Erwägung, dass in Spanien spezialisierte Agenturen wie beispielsweise „Turismo Marinero –Costa del Sol“ geschaffen wurden, welche die traditionelle Fischereiwirtschaft fördern und die Menschen vor Ort dabei unterstützen sollen, fischereibezogene touristische Aktivitäten zu entwickeln und bekannt zu machen; in der Erwägung, dass die genannte Agentur Kochkurse auf den Booten der lokalen Fischer, Bootsausfahrten zur Beobachtung der Fische in der Natur und Aktivitäten im Rahmen der Freizeitfischerei organisiert; in der Erwägung, dass darüber hinaus geführte Besuche im „Bioparc“, einem speziell für Kinder geschaffenen Themenpark, organisiert werden, wo Kinder etwas über Meeresbiologie, traditionellen Fischfang (traditionelles Fanggerät und traditionelle Techniken) und die örtliche Kultur lernen können; in der Erwägung, dass die Nachahmung solcher Initiativen und der Austausch von Fachwissen in diesem Bereich zwischen den Mitgliedstaaten sich positiv auf Küsten- und ländliche Gemeinden auswirken würde, insbesondere in Randgebieten;(13)
AR. in der Erwägung, dass daher die Kommission, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten traditionelle Fischereitechniken kleiner Familienunternehmen nicht pauschal verbieten dürfen, sondern zunächst eine ordnungsgemäße Folgenabschätzung durchführen müssen, damit aufstrebende Formen eines nachhaltigen, kleinen und authentischen Fischereitourismus mit traditionellem Fischfang nicht unmöglich gemacht werden;
AS. in der Erwägung, dass in Kroatien mit den Fischerfesten, die in den Sommermonaten in den Touristenzentren an der Küste und auf den Inseln stattfinden, der Zweck verfolgt wird, die Fischereitraditionen, das kulturelle und historische Erbe, die lokale Gastronomie und die traditionelle Lebensweise zu fördern;
1. vertritt die Auffassung, dass der Umbau und die Anpassung von Fischereifahrzeugen für die Durchführung von touristischen Aktivitäten von zentraler Bedeutung sind, da die Boote renoviert werden müssen, damit die Sicherheit der Touristen garantiert ist, und dass unbedingt sichergestellt werden muss, dass es keine Hindernisse für die Durchführung der Fischereiaktivitäten gibt und gleichzeitig ausreichend Komfort vorhanden ist, damit die Touristen die Aktivitäten genießen können, ohne dass die Fangkapazität erhöht wird; weist jedoch darauf hin, dass dabei diese Umbaumaßnahmen, insbesondere wenn sie außerhalb der Tourismussaison durchgeführt werden, nicht zu Einschränkungen für die gewerbliche Fischerei führen dürfen;
2. weist nachdrücklich auf das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial des fischereibezogenen Tourismus hin, der für die Gemeinden in den Küstengebieten von erheblichem Nutzen sein kann, indem er für eine Diversifizierung der Einkommensquellen vor Ort sorgt; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass der Fischereitourismus auf See und die von Fischern an Land angebotenen Tätigkeiten die kommerzielle Fischerei ergänzen und den Fischergemeinden ein zusätzliches Einkommen bieten können;
3. vertritt die Auffassung, dass das strategische Ziel der Initiative der Kommission darin bestehen sollte, den Fischereitourismus auf See, von Fischern an Land angebotene touristische Dienstleistungen und den Sportfischerei-Tourismus zu fördern und deren volle Entfaltung zu ermöglichen, und zwar mithilfe eines zu diesem Zweck geschaffenen gemeinsamen Netzes und Rahmens;
4. fordert die Kommission auf, Reiseziele in Europa, die einen nachhaltigen Tourismus im Bereich der Freizeitfischerei anbieten, über die Europäische Tourismuskommission und deren Online-Portal visiteurope.com zu fördern und Fischereibetriebe durch eine gezielte Informationskampagne auf das Potenzial und die Wachstumschancen dieser neuen und nachhaltigen Geschäftsmodelle aufmerksam zu machen;
5. fordert die Kommission auf, die Einrichtung und Entwicklung des Fischereitourismus mit dem Ziel zu fördern, eine differenzierte Geschäftsstrategie anzuwenden, die auf das Potenzial dieses Segments zugeschnitten ist und dessen Bedürfnisse besser erfüllen kann, wobei auf eine neue Form des Tourismus hingearbeitet werden sollte, bei welcher der Schwerpunkt unter anderem auf Qualität, Flexibilität, Innovation, dem Schutz des historischen und kulturellen Erbes in den Fischereigebieten sowie der Umwelt und der Gesundheit liegt; fordert die Kommission ferner auf, Investitionen in den Fischereisektor im Zusammenhang mit dem Tourismus mit dem Ziel zu fördern und zu unterstützen, ein differenziertes Tourismusangebot zu schaffen, durch das die Gastronomie im Zusammenhang mit Erzeugnissen der handwerklichen Fischerei, die Praxis der Sportfischerei, Unterwasser- und Tauchtourismus usw. gefördert werden, und so aus dem fischereilichen Erbe und der Erkennbarkeit einer bestimmten Fischereiregion nachhaltigen Nutzen zu ziehen;
6. fordert die Kommission auf, zur Förderung der Einrichtung und Entwicklung des Fischereitourismus Investitionen in die Diversifizierung der Fischerei im Bereich der Kultur und der Kunst als Teil des traditionellen Erbes (Handwerk, Musik und Tanz usw.) zu fördern und aktiv zu unterstützen und ferner Investitionen in die Förderung der Fischereitraditionen, der Fischereigeschichte und des fischereilichen Erbes insgesamt (Fanggeräte, Techniken, historische Dokumente usw.) durch die Eröffnung von Museen und die Organisation von Ausstellungen, die eng mit der Küstenfischerei zusammenhängen, zu unterstützen;
7. fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu untersuchen, die gemischte Nutzung von Schiffen zuzulassen, die für Fangtätigkeiten bestimmt sind, damit sie, ohne diese Eigenschaft zu verlieren, andere Arten von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Freizeit- und Tourismussektor ausüben können, wie etwa die Durchführung von Schiffsausflügen zu Bildungszwecken, die Durchführung von Verarbeitungstätigkeiten, Lehrveranstaltungen und gastronomischen Aktivitäten usw., nach dem Schema, das in der Landwirtschaft bei den Schulbauernhöfen und beim Agrotourismus angewendet wird;
8. ist daher der Ansicht, dass aufbauend auf dem Erfolgsmodell des FARNET ein europäisches Netz der tourismusbezogenen Fischereiaktivitäten und ein europäisches Netz der mit der Sport-/Freizeitfischerei verbundenen touristischen Dienstleistungen geschaffen werden müssen, mithilfe derer die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei maßgeblich unterstützt werden;
9. vertritt die Auffassung, dass es dringend erforderlich ist, Unterstützungsmaßnahmen sorgfältig zu lenken und deren Ergebnisse ordnungsgemäß zu bewerten sowie das Zusammentragen von Statistiken über den Beitrag dieser diversifizierenden Aktivitäten zum Einkommen in den Fischereigebieten Europas zu systematisieren, zu standardisieren und zu verbessern; betont ferner, wie wichtig es ist, die tatsächlichen Auswirkungen zu überwachen, die die Freizeitfischerei als wirtschaftliche Tätigkeit hat, ebenso wie ihre Auswirkungen auf die Bestände und die mögliche Konkurrenz zur Fischindustrie durch informelle Verkaufsstrukturen; fordert die Kommission dringend auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Fischindustrie an der Entwicklung solcher Kontrollmaßnahmen beteiligt;
10. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Partnerschaften mit dem Fischereitourismus-Sektor zu entwickeln und zu unterstützen, die von den Verwaltungsgremien der Meeresschutzgebiete in den Meeresschutzgebieten und Natura-2000-Schutzgebieten gefördert werden, und zwar mit dem Ziel, den Schutz natürlicher Ressourcen mit der Förderung und Entwicklung der Kultur durch verantwortungsbewusste Freizeitgestaltung zu verbinden;
11. erachtet es als äußerst wichtig, dass der Begriff der tourismusbezogenen Fischereiaktivitäten auf Unionsebene harmonisiert wird, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Fischereitourismus auf See, der von Fischern an Land angebotenen Tätigkeiten, des Aquakulturtourismus und des mit der Sport-/Freizeitfischerei verbundenen Tourismus; ist der Auffassung, dass bei dieser Definition die breite Vielfalt der Formen, die diese Aktivitäten annehmen können, berücksichtigt werden muss, die Konsultation der Interessenträger garantiert werden muss und sichergestellt sein muss, dass der Fischereitourismus eine zusätzliche Aktivität darstellt, mit der es den Fischern ermöglicht wird, ihre eigentliche Fischereitätigkeit zu ergänzen, ohne dabei in eine andere Branche als den Fischfang zu wechseln;
12. hebt hervor, dass zwischen den einzelnen Arten des fischereibezogenen Tourismus unterschieden werden muss – so umfasst dieser den Fischereitourismus (Pescatourismus und Ittitourismus), Aktivitäten auf dem Meer und in Küstengewässern, die Freizeitfischerei (einschließlich des Angeltourismus), die Binnenfischerei sowie Aktivitäten, die mit dem Kulturerbe zusammenhängen und durch die Synergien mit Vermarktungsinitiativen für hochwertige Primärerzeugnisse geschaffen werden sollen, wobei das Naturerbe zu achten und für Tierschutz und Artenvielfalt zu sorgen ist;
13. fordert die Kommission auf, angesichts der großen Unterschiede zwischen den am Fremdenverkehr beteiligten Fischern gemeinsame Regeln für die Sicherheit der Schifffahrt, die hygienisch-sanitären Auflagen für Fahrzeuge, die für touristische Fischereiaktivitäten verwendet werden, und für etwaige steuerliche Erleichterungen zu erlassen, wobei die genannten Maßnahmen flexibel genug sein müssen, um den großen Unterschieden zwischen Fischereien und Fischereifahrzeugen sowie den regionalen Besonderheiten Rechnung tragen zu können;
14. empfiehlt, dass der Grundsatz der Reduzierung der CO2-Emissionen und der Energieeffizienz motorbetriebener Fahrzeuge bei der Umrüstung solcher Fahrzeuge für den Einsatz bei touristischen Fischereiaktivitäten als eine der notwendigen Anpassungen aufgenommen wird;
15. ist der Ansicht, dass je nach Bedarf geeignete Infrastrukturen vorhanden sein sollten, um die teilnehmenden Touristen befördern und unterbringen sowie die öffentlichen Räume instand halten und pflegen zu können, damit der langfristige Erfolg der touristischen Aktivitäten sichergestellt ist;
16. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren Verpflichtungen gemäß der Wasserrahmenrichtlinie und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU nachzukommen, damit dafür gesorgt wird, dass die Küsten- und Meeresgewässer in gutem Zustand sind, indem insbesondere die Ressourceneffizienz gesteigert wird und Verschmutzungen und Abfälle verhindert bzw. eingedämmt werden;
17. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Verwaltungsaufwand zu verringern, indem Genehmigungs- und andere bürokratische Verfahren vereinfacht werden;
18. betont, dass diese Maßnahmen in Einklang mit dem Schutz der biologischen Vielfalt sowie von Natura-2000-Gebieten und Meeresschutzgebieten (Biodiversitätsstrategie der EU, Vogelschutz- und Habitatrichtlinie) stehen müssen, weshalb es notwendig ist, den Dialog und die Synergien mit anderen betroffenen Mitgliedstaaten auszubauen;
19. vertritt die Auffassung, dass den Fischern und Fischwirten sowie ihren Familien und allen Beteiligten vor Ort Fortbildungskurse angeboten werden sollten, um dafür zu sorgen, dass sie über die sprachlichen und sonstigen Kenntnisse verfügen, die für die Aufnahme von Touristen und die Gewährleistung ihrer Sicherheit erforderlich sind, und um die Verbreitung von Informationen über Meeresbiologie, lokale Fischarten, Umwelt und kulturelle Traditionen zu fördern; fordert die Kommission und den Rat auf, den Stellenwert von Frauen in der Fischereitourismusbranche sowie bei der nachhaltigen Entwicklung der von der Fischerei abhängigen Gebiete anzuerkennen, um ihre gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten;
20. fordert die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, Informationen über das Europäische Portal zur beruflichen Mobilität (EURES), das Informationen für Arbeitssuchende und Arbeitgeber im Zusammenhang mit Beschäftigungsmöglichkeiten, Qualifikationen und Ausbildungsbedarf im Bereich der meeres- und küstenbezogenen Arbeitsplätze („blue jobs“) zur Verfügung stellt, überregional zu verbreiten und offene Online-Schulungen für die berufliche Weiterqualifizierung und Neuorientierung in den Bereichen des Tourismusmanagements und des innovativen Fischereitourismus zu fördern;
21. fordert die Kommission auf, in das Europäische Mittelstandsportal eine spezielle Rubrik einzufügen, mit der Unternehmer und Fischer dabei unterstützt werden, Finanzmittel für Aktivitäten im Rahmen des fischereibezogenen Tourismus zu erschließen;
22. ist der Ansicht, dass der Erwerb beruflicher Qualifikationen in Bereichen wie dem Digitalmarketing, dem Management und der Aufrechterhaltung der Kommunikation über die sozialen Medien und soziokulturellen Management- und Sprachkenntnissen in den Fischereigebieten Vorrang hat, um die Schaffung und Verbreitung fischereibezogener touristischer Angebote begünstigen;
23. erachtet es als wichtig, dass das touristische Angebot differenziert ausgestaltet und eine Strategie ausgearbeitet wird, die auf den örtlichen Besonderheiten, der jeweiligen Spezialisierung und den verfügbaren Ressourcen beruht; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten deshalb auf, Spielarten des nachhaltigen und ökologisch verantwortlichen Tourismus zu fördern, indem nicht zuletzt innovative Marketingstrategien mit Schwerpunkt auf den lokalen Eigenheiten und Traditionen sowie Nachhaltigkeitskriterien entwickelt und kontinuierlich überwacht werden, um für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zu sorgen;
24. fordert, dass integrierte Angebote ausgearbeitet werden, in deren Rahmen die Verbraucher umfassende Erlebnisse machen können, die auf der strukturierten und synergetischen Kombination all dessen beruhen, was eine Region zu bieten hat, und fordert ferner, dass Partnerschaften geschlossen werden, um Verbraucher mittels der touristischen Dynamik anzuziehen, die in Gebieten, die an traditionelle Fischereigebiete angrenzen, bereits vorhanden ist, z. B. über Konferenzen bzw. karrierebezogenen Tourismus;
25. fordert die Kommission auf, die Beteiligung der Fischerei und der in der Fischwirtschaft Beschäftigten an Projekten zu unterstützen und zu fördern, die mit Kultur- und Geschichtstourismus zusammenhängen, etwa die Wiederentdeckung von Seefahrertätigkeiten, traditionellen Fischgründen und Fischereiberufen;
26. weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen Tourismusunternehmen und Fischern wichtig ist, um das Potenzial des fischereibezogenen Tourismus so gut wie möglich auszuschöpfen;
27. betont die Bedeutung touristischer Aktivitäten im Zusammenhang mit der Beobachtung wildlebender Tier- und Pflanzenarten und insbesondere der Walbeobachtung, unter Achtung der natürlichen Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten und ihrer biologischen Bedürfnisse; weist darauf hin, dass damit zahlreiche positive bildungsbezogene, ökologische, wissenschaftliche und andere soziale und wirtschaftliche Ergebnisse erzielt und die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung für diese außergewöhnlichen Arten sowie ihre wertvollen natürlichen Lebensräume gesteigert werden können;
28. fordert die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, nachhaltige und innovative Infrastrukturen, z. B. Internetanschlüsse und Informationstechnologien, bereitzustellen, um die Entwicklung des fischereibezogenen Tourismus zu fördern und die bestehenden Infrastrukturen für die See-, Binnensee- und Flussschifffahrt zu erneuern;
29. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, Werbe- und Informationskampagnen – auch im Rahmen von Initiativen wie „Herausragende europäische Reiseziele“ und „Europäisches Jahr des Kulturerbes 2018“ – ebenso auszubauen wie Initiativen, mit denen das Wissen über traditionelle Fischerei- und Aquakultur und das Bewusstsein dafür in ähnlicher Weise verbessert werden sollen; fordert die Interessenträger eindringlich auf, das Potenzial auszuschöpfen, das Touristen und Personen bieten, die in der Nebensaison reisen können;
30. ist der Auffassung, dass im Rahmen verantwortungsvoller und nachhaltiger Geschäftsmodelle für die Diversifizierung der Fischerei auch die Kultur der Fischer vor Ort zu achten ist und zum Erhalt ihrer Identität beigetragen werden muss; betont insbesondere, dass die touristische Freizeitfischerei mit den Interessen der kleinen handwerklichen Fischereibetriebe vor Ort im Einklang stehen sollte;
31. hält es für geboten, den Pescatourismus und Ittitourismus im Sinne eines „Aktivurlaubs“ auszubauen, was bedeutende Nebeneffekte wie zum Beispiel die Förderung der maritimen Kultur, die Aufwertung der Fischereitraditionen und die Vermittlung des Respekts für Umwelt und Artenschutz mit sich bringt;
32. betont, dass erkundet werden muss, wie die potenzielle Nachfrage nach umgerüsteten Schiffen gesteigert werden kann, indem das Angebot erweitert wird, um zum Beispiel Bildungsträger anzuziehen, die Erfahrung darin haben, die Landwirtschaft beispielsweise in Form von „Schulbauernhöfen“ für Bildungszwecke zu nutzen;
33. betont, dass die Produktdiversifizierung angemessen gefördert werden muss und dass für die Zielgruppe der Fischer eine Strategie zur Verstärkung der Außenwirkung – z. B. durch grenzüberschreitende Werbemaßnahmen – erforderlich ist;
34. vertritt daher die Ansicht, dass Fischereigebiete in Erwägung ziehen sollten, in Anlehnung an die Vorschläge in dem Bericht des Europäischen Parlaments vom 29. Oktober 2015 mit dem Titel „Neue Herausforderungen und Konzepte für die Förderung des Fremdenverkehrs in Europa“(14) gemeinsame Werbekampagnen mit anderen Reisezielen in derselben Region durchzuführen sowie im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit gemeinsame Vermarktungsplattformen mit besonderem Augenmerk auf Werbung und Online-Handel zu fördern;
35. ist der Auffassung, dass im Rahmen dieser Vermarktungsstrategie Synergien zwischen Initiativen für die Vermarktung hochwertiger frischer oder verarbeiteter Erzeugnisse, der Gastronomie und des Fremdenverkehrs geschaffen werden sollten, die in territoriale Gebiete unterteilt werden, die in Bezug auf Kultur, Produktion oder Umwelt kohärent sind bzw. auf Synergien beruhen;
36. ist der Auffassung, dass traditionelle Verfahren und Techniken, z. B. die Almadraba‑Fischreuse und der zum Sardinenfang dienende Xeito, weiter verwendet werden müssen, da diese eng mit der Identität und Lebensweise in den Küstenregionen verknüpft sind, und dass sie als Teil des Kulturerbes anerkannt werden müssen;
37. weist darauf hin, dass Investitionen in die Diversifizierung der Fischerei wichtig sind, um für Tradition, Geschichte und das fischereiliche Erbe insgesamt zu werben (was traditionelle Fanggeräte und -techniken umfasst);
38. weist darauf, dass in die Diversifizierung der Fischerei investiert werden sollte, um die Verarbeitung lokaler Fischereierzeugnisse zu begünstigen;
39. fordert die Mitgliedstaaten auf, Strategien anzuwenden, mit denen das Problem der Saisonabhängigkeit touristischer Aktivitäten gelöst wird, etwa indem Festivals und gastronomische Ereignisse bzw. Hafen- und Dorffeste(15) veranstaltet bzw. Themendörfer und Museen (siehe Spanien und Cetara) eingerichtet werden, sodass das ganze Jahr lang und unabhängig von Witterungsverhältnissen und Seegang Aktivitäten durchgeführt werden können;
40. ist der Überzeugung, dass eine ausgewogene Mischung alternativer und zielgruppenorientierter Tourismusprodukte und deren angemessene Förderung und Vermarktung dazu beitragen können, die saisonbedingten Probleme auszugleichen;
41. ist der Ansicht, dass Mitgliedstaaten, Regionen und Interessenträger unbedingt bewährte Verfahren untereinander austauschen müssen, da es an Synergien zwischen den Wirtschaftsbeteiligten in den großen Meeresregionen der EU mangelt, was zu Fragmentierung und zur Schmälerung der wirtschaftlichen Vorteile führt; weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen, Museen, Touristikunternehmen, Bewirtschaftern von Natura-2000-Schutzgebieten und Meeresschutzgebieten, der traditionellen Konserven- und Fischverarbeitungsindustrie sowie anderen Interessenträgern verstärkt werden muss, damit nachhaltige, innovative Produkte entwickelt werden, die nicht nur wirtschaftlichen Mehrwert schaffen, sondern auch den Erwartungen der Besucher entsprechen; betont, dass diese Aktivitäten in einen stimmigen allgemeinen Rahmen für die Förderung des nachhaltigen und verantwortungsvollen Tourismus in den betroffenen Gebieten eingefügt werden sollten; vertritt die Ansicht, dass in diesem Zusammenhang die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei eine wichtige Rolle spielen können und daher angemessen finanziert werden müssen;
42. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Verbindungen zwischen den lokalen, regionalen und nationalen Entscheidungsebenen und der EU zu stärken und Formen der wirtschaftspolitischen Steuerung zu fördern, mit denen die Durchführung bereichsübergreifender Maßnahmen erleichtert und zu den Zielen in den verschiedenen Politikbereichen, z. B. zu nachhaltigem und inklusivem Wachstum, beigetragen wird;
43. fordert die Kommission auf, im Rahmen des FARNET und der lokalen Aktionsgruppen für Fischerei einen europaweiten Dialog mit Häfen, Interessenträgern in der Tourismusbranche und Umweltsachverständigen zu fördern;
44. fordert die nationalen Behörden und Agenturen auf, enger mit den Fremdenverkehrsbüros zusammenzuarbeiten, der Diversifizierung der Meeres- und Küstenwirtschaft hohe Priorität einzuräumen und dabei besonderes Augenmerk auf den Meerestourismus und dessen benachbarte Branchen zu legen; stellt fest, dass in diesem Zusammenhang nach Bedarf auch das Angeln auf See in Tourismuspakete und Marketingkampagnen eingebunden werden sollte, was insbesondere für Inseln und Küstengebiete gilt; betont, dass die Genehmigung der doppelten Nutzung von Fischereifahrzeugen – sowohl von Fahrzeugen für gewerbliche, kleine und handwerkliche Fischerei als auch von Fahrzeugen für Meerestourismus, einschließlich des touristischen Angelns – als vorrangig betrachtet und die Umrüstung der Fahrzeuge mit Zuschüssen unterstützt werden sollte;
45. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die Fischereiwirtschaft und die sonstigen Interessenträger auf, in Einklang mit den Maßnahmen der EU, die Auswirkung auf Fischerei und Aquakultur haben, zielgerichtet zu handeln; weist darauf hin, dass zu diesem Zweck ein Handbuch bewährter Verfahren erstellt werden muss, in dem die wichtigsten Beispiele für diese Aktivitäten beschrieben und weitere Unternehmen darin bestärkt werden, in dieser Richtung tätig zu werden; weist darauf hin, dass unbedingt Wissenschaftler vor Ort einbezogen werden müssen, um Umweltproblemen vorzubeugen;
46. betont, dass umweltfreundliche Unternehmensmodelle wichtig sind; empfiehlt deshalb, dass Umweltsachverständige stets in enger Verbindung mit lokalen Aktionsgruppen stehen sollten, beispielsweise mit den lokalen Aktionsgruppen für Fischerei bzw. für den ländlichen Raum);
47. fordert, dass die erforderlichen Mittel zu dem Zweck bereitgestellt werden, auf europäischer Ebene ein Netz für den Austausch bewährter Verfahren einzurichten und eine Bestandsaufnahme der Fischereitätigkeit vorzunehmen, die Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten der einzelnen vom Fischfang lebenden Gemeinden enthält;
48. hofft darauf, dass (im Rahmen des EMFF bzw. sonstiger Instrumente) spezielle Unterstützungsmechanismen angewandt werden, die in Notfällen (z. B. bei Naturkatastrophen) in Gebieten mobilisiert werden können, in denen Fischerei und Fischereitourismus die einzige Einkommensquelle sind;
49. ist der Ansicht, dass die Förderung entsprechender Maßnahmen durch den EMFF, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF) und den Kohäsionsfonds, das Forschungsrahmenprogramm, den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) in enger Zusammenarbeit mit Beratern der Europäischen Investitionsbank (EIB) unterstützt werden muss und dass Kanäle für Vorzugsdarlehen gefördert werden müssen, dank deren Frauen die spezifischen Hindernisse umgehen können, die ihnen bei der Erschließung von Mitteln zur Finanzierung von Vorhaben, die im Rahmen nationaler Programme förderfähig wären, im Wege stehen;
50. betont, dass den lokalen Aktionsgruppen für Fischerei im Programmplanungszeitraum 2007–2013 insgesamt 486 Mio. EUR aus dem EMFF zur Verfügung standen und dass in diesem Zeitraum etwa 12 000 lokale Projekte gefördert wurden;
51. legt den Mitgliedstaaten und den lokalen Aktionsgruppen für Fischerei nahe, die verfügbaren Mittel optimal zu nutzen und nach Möglichkeit Finanzmittel aus mehreren Quellen – dem EFRE, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) oder dem ESF – abzurufen;
52. fordert die Mitgliedstaaten auf, Anlaufstellen auf regionaler Ebene einzurichten, damit geeignete Informationen und Unterstützung bereitgestellt werden;
53. empfiehlt, dass die lokalen Aktionsgruppen für Fischerei eng mit Tourismusfachleuten zusammenarbeiten, um Projekte und angemessene Finanzierungsmöglichkeiten für die Diversifizierung der Fischerei im Rahmen der Achse 4 des EMFF ausfindig zu machen;
54. weist darauf hin, dass im Rahmen des EMFF spezielle finanzielle Unterstützung für Initiativen bereitgestellt wird, die Frauen in vom Fischfang lebenden Gemeinden auf den Weg bringen;
55. fordert die Mitgliedstaaten auf, durch die Festlegung von Auswahlkriterien für Tätigkeiten im Rahmen des EMFF sicherzustellen, dass die Geschlechtergleichstellung in allen Bereichen deutlich zum Tragen kommt und mit sämtlichen finanzierten Maßnahmen vorangetrieben wird, indem etwa Maßnahmen vorrangig behandelt werden, die eigens auf Frauen ausgerichtet sind oder von Frauen durchgeführt werden;
56. fordert die Kommission auf, eine Studie zu den voraussichtlichen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen dieser Aktivitäten durchzuführen;
57. fordert die Kommission auf, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Freizeitfischerei auf den Tourismus im Landesinneren, insbesondere in ländlichen Gebieten, zu untersuchen und mögliche Maßnahmen für Regionen, in denen das Potenzial dieser Form der Fischerei unzureichend genutzt wird, vorzuschlagen;
58. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Erhebung und Pflege von Daten über den fischereibezogenen Tourismus zu verbessern;
59. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten und den Beiräten zu übermitteln.
„Indagine sulle abitudini e opinioni dei cittadini nel comprensorio del GAC “il mare delle Alpi” – Analisi della pescaturismo in Italia come strumento di sviluppo sostenibile“ (2015).
„Indagine sulle abitudini e opinioni dei cittadini nel comprensorio del GAC “il mare delle Alpi” – Analisi della pescaturismo in Italia come strumento di sviluppo sostenibile“ (2015).
„Indagine sulle abitudini e opinioni dei cittadini nel comprensorio del GAC “il mare delle Alpi” – Analisi della pescaturismo in Italia come strumento di sviluppo sostenibile“ (2015).
Socio-economic analysis on fisheries related tourism in EUSAIR (Sozioökonomische Analyse zu fischereibezogenem Tourismus im Rahmen der EUSAIR), Nemo Project, 1M-Med14-11, Wp2, Maßnahme 2.3.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 mit Empfehlungen an die Kommission zu Verjährungsfristen für Verkehrsunfälle (2015/2087(INL))
– gestützt auf Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– gestützt auf Artikel 67 Absatz 4 und Artikel 81 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (die „Charta“),
– unter Hinweis auf Artikel 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und die einschlägige Rechtsprechung,
– unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Grundsätzen der nationalen Verfahrensautonomie und des effektiven gerichtlichen Schutzes(1),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)(2) („Rom-II-Verordnung“),
– unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 4. Mai 1971 über das auf Verkehrsunfälle anzuwendende Recht („Haager Übereinkommen von 1971 über Verkehrsunfälle“),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht(3) („Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie“),
– unter Hinweis auf das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen(4),
– unter Hinweis auf die vom Referat „Europäischer Mehrwert“ des Wissenschaftlichen Diensts des Europäischen Parlaments (EPRS) erstellte Studie zur Einschätzung des europäischen Mehrwerts mit dem Titel „Verjährungsfristen für Straßenverkehrsunfälle“, die dem legislativen Initiativbericht des Europäischen Parlaments beiliegt(5),
– unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Interne Politikbereiche erstellte Studie mit dem Titel „Verkehrsunfälle in anderen EU-Mitgliedstaaten: Mögliche Auswirkungen fahrerloser Fahrzeuge“(6),
– unter Hinweis auf die Studie der Kommission mit dem Titel „Compensation of victims of cross-border road traffic accidents in the EU: Comparison of national practices, analysis of problems and evaluation of options for improving the position of cross-border victims“ (Entschädigung der Opfer von Straßenverkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug: Vergleich nationaler Gepflogenheiten, Problemanalyse und Bewertung der Optionen zur Verbesserung der Position von Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat geschädigt wurden)(7),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. April 2010 mit dem Titel "Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas - Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms“(8),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Februar 2007 mit Empfehlungen an die Kommission zu Verjährungsfristen in grenzüberschreitenden Streitigkeiten aufgrund von Personenschäden und tödlichen Unfällen(9),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2003 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG, 88/357/EWG und 90/232/EWG des Rates sowie der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (10),
– gestützt auf die Artikel 46 und 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0206/2017),
A. in der Erwägung, dass die Verjährungsregelungen bei Schadensersatzansprüchen in der Union zwischen den Mitgliedstaaten sehr stark variieren, sodass es keine zwei Mitgliedstaaten gibt, in denen genau die gleichen grundlegenden Verjährungsregelungen gelten; weiterhin in der Erwägung, dass sich die einschlägige Verjährungsfrist nach verschiedenen Faktoren richtet, einschließlich der Frage, ob es ein Strafverfahren in der Sache gibt und ob der Anspruch aus einer unerlaubten Handlung oder einem Vertragsverhältnis herrührt;
B. in der Erwägung, dass die nationalen Systeme der Verjährungsfristen somit hochkomplex sind und dass es oft schwer verständlich sein kann, welche die anwendbare umfassende Verjährungsfrist ist, wann und wie die Verjährungsfristen beginnen und wie sie ausgesetzt, unterbrochen oder verlängert werden;
C. in der Erwägung, dass die mangelnde Kenntnis ausländischer Verjährungsfristen zum Verlust des Rechts, einen ansonsten begründeten Anspruch geltend zu machen, oder zu Hindernissen für den Zugang der Opfer zum Recht in Form von zusätzlichen Kosten und Verzögerungen führen kann;
D. in der Erwägung, dass es derzeit nur wenige Statistiken über die Ablehnung von Ansprüchen auf Schadensersatz bei Verkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug mit der Begründung, dass der Anspruch verjährt sei, gibt;
E. in der Erwägung, dass im Bereich von Verkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug der einzige Klagegrund, der bereits auf Unionsebene harmonisiert ist, derjenige ist, der durch Artikel 18 der Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie geschaffen wurde, nach dem Opfer in ihrem eigenen Wohnsitzland eine Entschädigung im Wege eines direkt gegen das betreffende Versicherungsunternehmen oder die betreffende Entschädigungsstelle erhobenen Schadensersatzanspruchs aufgrund einer Kraftfahrzeughaftpflicht verlangen können(11);
F. in der Erwägung, dass Verjährungsfristen einen wichtigen und integralen Bestandteil der Systeme der Mitgliedstaaten im Bereich der Zivilhaftung darstellen, die bei Verkehrsunfallsachen so funktionieren, dass eine kurze Verjährungsfrist unter Umständen ein Gegengewicht zu einer strengen Haftungsregelung oder der Gewährung großzügiger Entschädigungsleistungen darstellt;
G. in der Erwägung, dass Verjährungsfristen für Schadensersatzansprüche wesentlich sind, um Rechtssicherheit und die endgültige Beilegung von Streitigkeiten zu gewährleisten; in der Erwägung, dass die Rechte des Anspruchsgegners auf Rechtssicherheit und die endgültige Beilegung von Streitigkeiten allerdings gegen die Rechte des Anspruchsberechtigten auf Zugang zur Justiz und einen wirksamen Rechtsbehelf abgewogen werden sollten, da unnötig kurze Verjährungsfristen ein Hindernis für den wirksamen Zugang zur Justiz in der gesamten Union darstellen könnten;
H. in der Erwägung, dass angesichts der derzeitigen Unterschiede bei den Verjährungsfristen und der Arten von Problemen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den verschiedenen nationalen Bestimmungen für Fälle von Personen- und Sachschäden mit grenzüberschreitendem Bezug stehen, eine gewisse Harmonisierung der einzige Weg ist, ein angemessenes Maß an Sicherheit, Vorhersehbarkeit und Einfachheit bei der Anwendung der Verjährungsregelungen der Mitgliedstaaten in Fällen von Verkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug sicherzustellen;
I. in der Erwägung, dass bei einer derartigen Rechtsetzungsinitiative ein faires Gleichgewicht zwischen den Prozessparteien hinsichtlich Fragen geschaffen werden sollte, die die Verjährungsfristen betreffen, und dass die Berechnung der Fristen und die Aussetzung ihres Laufes vereinfacht werden sollten; in der Erwägung, dass deshalb hiermit ein zielgerichteter Ansatz angestrebt wird, bei dem der zunehmende grenzüberschreitende Verkehr innerhalb der Union berücksichtigt wird, ohne dass der gesamte Rechtsrahmen der Mitgliedstaaten überarbeitet würde;
1. erkennt die Tatsache an, dass sich die Lage der Opfer von Verkehrsunfällen in den letzten Jahrzehnten spürbar verbessert hat, auch auf der Ebene der Rechtsprechung zum internationalen Privatrecht, wodurch Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat geschädigt wurden, Verfahren in dem Mitgliedstaat, in dem sie wohnhaft sind, in Anspruch nehmen können, um direkte Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherung des Kraftfahrzeugs oder gegen Entschädigungsstellen geltend zu machen;
2. weist jedoch darauf hin, dass die Tatsache, dass es weiterhin in der Union zwei parallele Systeme für das auf Verkehrsunfallsachen anwendbare Recht gibt, je nachdem, in welchem Land der Anspruch geltend gemacht wird, nämlich entweder das Haager Übereinkommen von 1971 über Verkehrsunfälle oder die Rom-II-Verordnung, in Verbindung mit den Möglichkeiten der Wahl des Gerichtsstands nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(12) Rechtsunsicherheit und Komplexität schafft sowie potenziell die Möglichkeit der Wahl des günstigsten Gerichtsstands (forum shopping) eröffnet;
3. bekräftigt, dass in Prozessen mit grenzüberschreitendem Bezug Ermittlungen und Verhandlungen oft sehr viel länger dauern als in nationalen Verfahren; betont, dass sich in diesem Zusammenhang die Herausforderungen noch vergrößern könnten, wenn neue Technologien eine Rolle spielen, wie etwa im Falle fahrerloser Kraftfahrzeuge;
4. erinnert insofern daran, dass das Thema Verjährungsfristen als Teil der Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im Sinne des Artikels 67 Absatz 4 und des Artikels 81 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstanden werden sollte;
5. merkt an, dass die Existenz von gemeinsamen Mindestvorschriften bei Verjährungsfristen in grenzüberschreitenden Streitigkeiten von grundlegender Bedeutung ist, damit sichergestellt wird, dass wirksame Rechtsmittel für den Schutz der Opfer von Straßenverkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug zur Verfügung stehen, und damit für Rechtssicherheit gesorgt ist;
6. betont, dass unverhältnismäßig kurze Verjährungsfristen in nationalen Rechtsordnungen ein Hindernis für den Zugang zum Recht in den Mitgliedstaaten darstellen, wodurch das Recht auf ein faires Verfahren verletzt sein könnte, das in Artikel 47 der Charta und Artikel 6 der EMRK verankert ist;
7. betont, dass durch die erheblichen Unterschiede bei den Vorschriften der Mitgliedstaaten bei Verjährungsfristen für Straßenverkehrsunfälle mit grenzüberschreitendem Bezug für die Opfer zusätzliche Hindernisse errichtet werden, wenn diese Ansprüche auf Ersatz von Personen- und Sachschäden in anderen Mitgliedstaaten als ihrem eigenen geltend machen;
8. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass allgemeine Informationen über die Verjährungsregelungen in den Mitgliedstaaten für Ansprüche auf Ersatz von Schäden bei Verkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug auf dem E-Justiz-Portal verfügbar sind und fortlaufend aktualisiert werden;
9. fordert die Kommission außerdem auf, eine Studie über den Schutz, der in den Mitgliedstaaten Minderjährigen und Personen mit einer Behinderung hinsichtlich des Laufes von Verjährungsfristen gewährt wird, und über die Frage zu erstellen, ob Mindestregelungen auf Unionsebene notwendig sind, um sicherzustellen, dass solche Personen nicht ihrer Rechte verlustig gehen, Entschädigung zu verlangen, wenn sie in einen Straßenverkehrsunfall mit grenzüberschreitendem Bezug verwickelt sind, und dass ihnen der wirksame Zugang zur Justiz in der Union garantiert wird;
10. fordert die Kommission auf, dem Parlament auf der Grundlage des Artikels 81 Absatz 2 AEUV einen Rechtssetzungsvorschlag zu Verjährungsfristen bei Personen- und Sachschäden bei Straßenverkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug zu unterbreiten, wobei sie sich nach den Empfehlungen richtet, die in der Anlage dieses Dokuments niedergelegt sind;
11. vertritt die Auffassung, dass der angeforderte Vorschlag keine finanziellen Auswirkungen hat;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die als Anlage beigefügten Empfehlungen der Kommission und dem Rat sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
ANLAGE ZUR ENTSCHLIESSUNG:
EMPFEHLUNGEN FÜR EINE RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES ÜBER GEMEINSAME MINDESTSTANDARDS DES ZIVILPROZESSRECHTS IN DER EU
A. GRUNDSÄTZE UND ZIELE DES ANGEFORDERTEN VORSCHLAGS
1. In der Europäischen Union ist die Rechtsdurchsetzung vor den Gerichten weitestgehend größtenteils eine Angelegenheit nationaler Verfahrensvorschriften und Gepflogenheiten. Nationale Gerichte sind auch Unionsgerichte. Deshalb müssen diese Gerichte in den Verfahren vor ihnen Fairness, Gerechtigkeit und Effizienz sowie eine wirksame Anwendung des Unionsrechts sicherstellen, sodass garantiert wird, dass die Rechte der europäischen Bürger im gesamten Hoheitsgebiet der Europäischen Union geschützt werden.
2. Die Union hat sich die Erhaltung und Weiterentwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zum Ziel gesetzt. Aus den Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere, insbesondere aus deren Nummer 38, geht hervor, dass neue verfahrensrechtliche Vorschriften für grenzüberschreitende Fälle insbesondere zu den Punkten ausgearbeitet werden sollten, die unabdingbar für eine reibungslose justizielle Zusammenarbeit und für einen verbesserten Zugang zum Recht sind, wie z. B. einstweilige Maßnahmen, Beweisaufnahme, Mahnbescheide und Fristen.
3. Gemeinsame Mindestvorschriften für Verjährungsfristen, die in grenzüberschreitenden Streitfällen wegen Personen- und Sachschäden, die sich aus Straßenverkehrsunfällen ergeben, Anwendung finden, werden für notwendig erachtet, um die Hindernisse für Anspruchsberechtigte abzubauen, wenn sie ihre Rechte in anderen Mitgliedstaaten als ihrem eigenen durchsetzen wollen.
4. Gemeinsame Mindestvorschriften für Verjährungsfristen würden zu mehr Sicherheit und Vorhersehbarkeit führen und das Risiko einer zu geringen Entschädigung von Personen reduzieren, die bei Straßenverkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug geschädigt werden.
5. Somit soll durch die vorgeschlagene Richtlinie ein besonderes Verjährungssystem für Fälle mit grenzüberschreitendem Bezug geschaffen werden, durch das der wirksame Zugang zur Justiz geschützt und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erleichtert würde sowie Hindernisse beim freien Verkehr von Bürgern im gesamten Gebiet der Mitgliedstaaten beseitigt würden.
6. Durch die vorgeschlagene Richtlinie sollen nationale Systeme der Zivilhaftung nicht gänzlich ersetzt werden, sondern sie ist unter Achtung nationaler Besonderheiten darauf ausgerichtet, gemeinsame Mindestvorschriften für Verjährungsfristen bei Ansprüchen zu schaffen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/103/EG fallen und einen grenzüberschreitenden Bezug haben.
7. Dieser Vorschlag steht im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, da die Mitgliedstaaten nicht allein handeln können, um ein Paket von Mindestvorschriften für Verjährungsfristen festzulegen, und er geht nicht über das hinaus, was absolut erforderlich ist, um einen wirksamen Zugang zur Justiz und Rechtssicherheit in der Union zu gewährleisten.
B. TEXT DES ANGEFORDERTEN VORSCHLAGS
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Verjährungsfristen für Straßenverkehrsunfälle mit grenzüberschreitendem Bezug
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 67 Absatz 4 und Artikel 81 Absatz 2,
unter Hinweis auf die Aufforderung des Europäischen Parlaments an die Europäische Kommission,
unter Hinweis auf den Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau eines solchen Raums hat die Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, Maßnahmen zu erlassen, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.
(2) Gemäß Artikel 81 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union umfassen diese Maßnahmen Maßnahmen, die unter anderem Folgendes sicherstellen sollen: einen effektiven Zugang zur Justiz und die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften.
(3) Gemäß der Mitteilung der Kommission vom 20. April 2010 mit dem Titel "Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas - Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms“(13) müssen Bürger, wenn sie bei einer Fahrt mit ihrem Kraftfahrzeug in einen anderen Mitgliedstaat einen Unfall haben, Rechtssicherheit bezüglich der Ausschluss- und Verjährungsfristen ihrer Versicherungsansprüche haben. Hierfür wurde eine neue Verordnung zu Verjährungsfristen bei Verkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug für 2011 angekündigt.
(4) Verjährungsfristen haben beträchtliche Auswirkungen nicht nur auf das Recht der Geschädigten auf Zugang zum Recht, sondern auch auf ihre materiellen Rechte, denn ein wirksames Recht ist ohne einen ordentlichen und angemessenen Schutz dieses Rechts nicht denkbar. Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Anwendung gemeinsamer Verjährungsfristen für Straßenverkehrsunfälle mit grenzüberschreitendem Bezug zu fördern, um für den wirksamen Zugang zur Justiz in der Union zu sorgen. Das allgemein anerkannte Recht auf ein unparteiisches Gericht wird auch in Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („die Charta“) bestätigt.
(5) Das Erfordernis der Rechtssicherheit und die Notwendigkeit, in jedem Einzelfall Recht zu sprechen, sind wesentliche Anforderungen an jeden Rechtsraum. Gemeinsame Verjährungsfristen, die für mehr Rechtssicherheit sorgen, die endgültige Beilegung von Streitigkeiten gewährleisten und zu wirksamen Durchsetzungsregelungen beitragen, sind deshalb notwendig, um die Anwendung dieses Grundsatzes sicherzustellen.
(6) Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten auf Ansprüche mit grenzüberschreitendem Bezug Anwendung finden, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(14) fallen.
(7) Den Mitgliedstaaten sollte es freistehen, die Bestimmungen dieser Richtlinie auch auf rein interne Verkehrsunfallsachen anzuwenden.
(8) Sämtliche Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK). Die vorliegende Richtlinie sollte unter Einhaltung dieser Konvention zur Anwendung kommen, insbesondere der Rechte auf ein faires Verfahren und einen wirksamen Rechtsbehelf.
(9) Der Grundsatz der Anknüpfung an den Staat, in dem der Schaden eingetreten ist (lex loci damni), stellt eine allgemeine, durch die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates(15) aufgestellte Regel für das anwendbare Recht bei Personen- oder Sachschäden dar, das damit das Recht des Staates sein sollte, in dem der Schaden eintritt, und zwar unabhängig von dem Staat oder den Staaten, in dem bzw. denen die indirekten Folgen auftreten könnten. Nach Artikel 15 Buchstabe h der genannten Verordnung ist das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht insbesondere maßgebend für die Bedingungen für das Erlöschen von Verpflichtungen und die Vorschriften über die Verjährung und die Rechtsverluste, einschließlich der Vorschriften über den Beginn, die Unterbrechung und die Hemmung der Verjährungsfristen und der Fristen für den Rechtsverlust.
(10) Im Bereich von Straßenverkehrsunfällen kann es für jemanden, der in einem anderen Mitgliedstaat geschädigt wurde, sehr schwierig sein, grundlegende Informationen über den Unfall aus dem Ausland innerhalb einer relativ kurzen Frist zu bekommen, wie etwa die Identität des Unfallgegners und die potenzielle Haftung im Zusammenhang mit dem Unfall. Auch kann es ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen festzustellen, welcher Schadenregulierungsbeauftragte oder Versicherer sich der Sache annehmen sollte, Belege über den Unfall vorzulegen und etwaige notwendige Dokumente übersetzen zu lassen.
(11) In Straßenverkehrssachen mit grenzüberschreitendem Bezug kommt es öfter vor, dass der Anspruchsberechtigte der Verjährungsfrist gefährlich nahe kommt, bevor Verhandlungen mit dem Anspruchsgegner aufgenommen werden können. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Gesamtfrist außerordentlich kurz ist oder wenn Unklarheit darüber besteht, wie Verjährungsfristen ausgesetzt oder unterbrochen werden können. Die Sammlung von Informationen über einen Unfall, der sich in einem anderen Land als dem Wohnsitzland des Anspruchsberechtigten ereignet hat, kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb sollte die allgemeine durch die Richtlinie festgelegte Frist ausgesetzt werden, sobald ein Anspruch bei dem Versicherer oder der Entschädigungsstelle geltend gemacht wird, damit der Anspruchsberechtigte Gelegenheit hat, über die Regulierung des Schadensfalls Verhandlungen zu führen.
(12) Mit dieser Richtlinie sollten Mindestvorschriften erlassen werden. Die Mitgliedstaaten sollten ein höheres Schutzniveau bieten können. Dieses höhere Schutzniveau sollte kein Hindernis für den wirksamen Zugang zur Justiz, der mit diesen Mindestvorschriften erleichtert werden soll, darstellen. Das Schutzniveau der Charta, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird, sowie der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts sollten hierdurch nicht beeinträchtigt werden.
(13) Die vorliegende Richtlinie sollte die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 und die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates nicht berühren(16).
(14) Diese Richtlinie soll der Förderung der Grundrechte dienen und berücksichtigt die Grundsätze und Werte, die insbesondere mit der Charta anerkannt wurden, wobei gleichzeitig das Ziel der Union verwirklicht werden soll, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln.
(15) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für Verjährungsfristen bei Straßenverkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(16) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts [haben das Vereinigte Königreich und Irland schriftlich mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und der Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchten]/[unbeschadet des Artikels 4 des Protokolls beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland nicht an der Annahme dieser Richtlinie, und sind weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet].
(17) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
KAPITEL I
GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand
Ziel dieser Richtlinie ist die Festlegung von Mindeststandards bezüglich der Gesamtdauer, des Beginns, der Hemmung und der Berechnung von Verjährungsfristen von Schadensersatzansprüchen für Personen- und Sachschäden, die nach der Richtlinie 2009/103/EG im Falle von Straßenverkehrsunfällen mit grenzüberschreitendem Bezug geltend gemacht werden können.
Artikel 2
Anwendungsbereich
Diese Richtlinie findet auf Schadensersatzansprüche für Personen- und Sachschäden eines Unfalls Anwendung, der durch ein durch die Versicherung gedecktes Fahrzeug verursacht wurde, gegen
a. das Versicherungsunternehmen, das die Haftpflicht des Unfallverursachers gemäß Artikel 18 der Richtlinie 2009/103/EG deckt, oder
b. die Entschädigungsstelle nach den Artikeln 24 und 25 der Richtlinie 2009/103/EG.
Artikel 3
Straßenverkehrsunfälle mit grenzüberschreitendem Bezug
1. Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Straßenverkehrsunfall mit grenzüberschreitendem Bezug“ einen Straßenverkehrsunfall, der durch die Benutzung von Fahrzeugen, die in einem Mitgliedstaat versichert sind und ihren gewöhnlichen Standort haben, verursacht wird und sich in einem Mitgliedstaat, der nicht der Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Geschädigten ist, oder in Drittländern ereignet, deren nationale Versicherungsbüros im Sinne von Artikel 6 der Richtlinie 2009/103/EG dem System der Grünen Karte beigetreten sind.
2. In dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Mitgliedstaat“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme [des Vereinigten Königreichs, Irlands und] Dänemarks.
KAPITEL II
MINDESTSTANDARDS FÜR VERJÄHRUNGSFRISTEN
Artikel 4
Verjährungsfrist
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Verjährungsfrist von mindestens vier Jahren für unter Artikel 2 fallende Ansprüche im Zusammenhang mit der Entschädigung für Personen- und Sachschäden gilt, die durch einen Straßenverkehrsunfall mit grenzüberschreitendem Bezug verursacht werden. Die Verjährungsfrist beginnt an dem Tag zu laufen, an dem der Anspruchsberechtigte von dem Verlust oder der Beschädigung, der Ursache und der Identität der verantwortlichen Person und dem Versicherungsunternehmen, das die Haftpflicht dieser Person deckt, oder der Entschädigungsstelle, die für die Entschädigung desjenigen zuständig ist, gegen den der Anspruch zu richten ist, Kenntnis erlangt hat oder vernünftigerweise hätte erlangen müssen.
2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in den Fällen, dass das Recht, nach dem sich der Anspruch richtet, eine längere Verjährungsfrist als vier Jahre vorsieht, diese längere Verjährungsfrist gilt.
3. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sie der Kommission aktuelle Informationen über die nationalen Verjährungsregelungen bei Schäden, die durch Verkehrsunfälle verursacht werden, zur Verfügung stellen.
Artikel 5
Aussetzung der Fristen
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verjährungsfrist nach Artikel 4 dieser Richtlinie während des Zeitraums zwischen der Geltendmachung des Anspruchs durch den Anspruchsberechtigten bei
a) dem Versicherungsunternehmen der Person, die den Unfall verursacht hat, oder dessen Schadenregulierungsbeauftragten nach den Artikeln 21 und 22 der Richtlinie 2009/103/EG oder
b) der Entschädigungsstelle nach den Artikeln 24 und 25 der Richtlinie 2009/103/EG
und der Zurückweisung des Anspruchs durch den Anspruchsgegner ausgesetzt wird.
2. Beträgt der verbleibende Teil der Verjährungsfrist nach Beendigung des Zeitraums der Aussetzung weniger als sechs Monate, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Anspruchsberechtigte eine Mindestfrist von sechs zusätzlichen Monaten eingeräumt bekommt, um das gerichtliche Verfahren einzuleiten.
Artikel 6
Automatische Fristverlängerung
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in dem Fall, dass das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen ihrer gesetzlichen Feiertage fällt, die Frist bis zum Ende des ersten darauf folgenden Arbeitstags verlängert wird.
Artikel 7
Berechnung der Fristen
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle in dieser Richtlinie vorgesehenen Fristen wie folgt berechnet werden:
a) Die Berechnung beginnt an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem das relevante Ereignis eingetreten ist.
b) Ist als Frist ein Jahr oder eine Anzahl von Jahren bestimmt, endet die Frist in dem maßgeblichen folgenden Jahr in dem Monat und an dem Tag, die durch ihre Benennung oder Zahl dem Monat und Tag entsprechen, an denen das Ereignis eingetreten ist. Hat der betreffende nachfolgende Monat keinen Tag mit der entsprechenden Zahl, läuft die Frist am letzten Tag dieses Monats ab.
c) Der Lauf einer Frist wird durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.
Artikel 8
Regulierung von Ansprüchen
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Tatsache, dass Geschädigte das in Artikel 22 der Richtlinie 2009/103/EG genannte Verfahren für die Regulierung von Ansprüchen aus allen Unfällen, die durch ein durch eine Versicherung gedecktes Fahrzeug verursacht wurden, in Anspruch nehmen, nicht zur Folge hat, dass die Geschädigten durch das Ablaufen der Verjährungsfristen nach dieser Richtlinie während des Verfahrens zur Regulierung ihres Schadensfalls daran gehindert werden, ein Gerichts- oder Schiedsverfahren hinsichtlich derselben Ansprüche einzuleiten.
KAPITEL III
SONSTIGE BESTIMMUNGEN
Artikel 9
Allgemeine Informationen über die Verjährungsregelungen
Die Kommission macht die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 Absatz 3 dieser Richtlinie mitgeteilten allgemeinen Informationen über die nationalen Regelungen der Verjährung von Ansprüchen auf Entschädigung von durch Verkehrsunfälle verursachten Schäden mit allen geeigneten Mitteln in allen Sprachen der Union öffentlich verfügbar und leicht zugänglich.
Artikel 10
Verhältnis zum nationalen Recht
Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, die hierin festgelegten Rechte auszuweiten, um ein höheres Schutzniveau zu bieten.
Artikel 11
Verhältnis zu anderen Vorschriften des Unionsrechts
Die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 und der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 wird durch diese Richtlinie nicht berührt.
KAPITEL IV
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 12
Umsetzung
1. Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens [ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Richtlinie] nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
2. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
3. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 13
Überprüfung
Bis zum 31. Dezember 2025 und danach alle fünf Jahre legt die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor, der sich auf qualitative und quantitative Angaben stützt. In diesem Zusammenhang bewertet die Kommission insbesondere die Auswirkungen der vorliegenden Richtlinie auf den Zugang zur Justiz, auf die Rechtssicherheit und auch den freien Personenverkehr. Erforderlichenfalls werden dem Bericht Rechtsetzungsvorschläge zur Anpassung und Stärkung dieser Richtlinie beigefügt.
Artikel 14
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft
Artikel 15
Adressaten
Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am [Datum]
Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
Siehe unter anderem: Urteil vom 18. September 2003, Peter Pflücke/Bundesanstalt für Arbeit, C-125/01, ECLI:EU:C:2003:477, Urteil vom 25. Juli 1991, Theresa Emmott/Minister for Social Welfare und Attorney General, C-208/90, ECLI:EU:C:1991:333 und Urteil vom 13. Juli 2006, Vincenzo Manfredi und andere/Lloyd Adriatico Assicurazioni SpA und andere, verbundene Rechtssachen C-295/04 bis C-298/04, ECLI:EU:C:2006:461.
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).
Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 263 vom 7.10.2009, S. 11).
Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40).
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).
Gemeinsame Mindeststandards des Zivilprozessrechts
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 mit Empfehlungen an die Kommission zu gemeinsamen Mindeststandards des Zivilprozessrechts in der Europäischen Union (2015/2084(INL))
– gestützt auf Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– gestützt auf die Artikel 67 Absatz 4 und Artikel 81 Absatz 2 AEUV,
– gestützt auf Artikel 19 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),
– unter Hinweis auf Artikel 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und die einschlägige Rechtsprechung,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zum Thema „Entwicklung gemeinsamer Mindeststandards des Zivilverfahrens in der Europäischen Union – Rechtsgrundlage“(1),
– unter Hinweis auf die vom Referat „Europäischer Mehrwert“ des Wissenschaftlichen Diensts des Europäischen Parlaments (EPRS) erstellte Studie zur Einschätzung des europäischen Mehrwerts mit dem Titel „Common minimum standards of civil procedure – Gemeinsame Mindeststandards des Zivilprozessrechts“(2),
– unter Hinweis auf die vom Wissenschaftlichen Dienstes des EPRS durchgeführte eingehende Analyse für die Mitglieder mit dem Titel „Die Europäisierung des Zivilverfahrens – Auf dem Weg zu gemeinsamen Mindestnormen?“(3),
– unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Interne Politikbereiche durchgeführte eingehende Analyse mit dem Titel „Harmonised rules and minimum standards in the European law of civil procedure – Harmonisierte Vorschriften und Mindeststandards im europäischen Zivilprozessrecht“(4),
– unter Hinweis auf das vom Europäischen Rechtsinstitut (ELI) / Internationalen Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) durchgeführte Projekt zum Thema „From Transnational Principles to European Rules of Civil Procedure – Von transnationalen Grundsätzen zu europäischen zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften“ ,
– unter Hinweis auf den Aufsatz der American Law Institute (ALI)/ UNIDROIT unter dem Titel „Principles of Transnational Civil Procedure – Grundsätze des transnationalen Zivilprozessrechts“(5),
– unter Hinweis auf die „Study on the approximation of the laws and rules of the Member States concerning certain aspects of the procedure for civil litigation – Studie über die Angleichung der Rechtsvorschriften und Regelungen der Mitgliedstaaten bezüglich bestimmter Aspekte des Verfahrens für Zivilprozesse“, den so genannten „Storme Report“(6),
– unter Hinweis auf die vorläufigen Bestimmungen der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts,
– unter Hinweis auf den Besitzstand der Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen,
– unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu den Grundsätzen der nationalen Verfahrensautonomie und des effektiven gerichtlichen Schutzes(7),
– unter Hinweis auf das EU-Justizbarometer 2016,
– unter Hinweis auf die von der Kommission des Europarats für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) erstellte Studie Nr. 23 zum Thema „European judicial systems: efficiency and quality of justice – Europäische Justizsysteme: Effizienz und Qualität der Justiz“ ,
– unter Hinweis auf die vom Europäischen Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (8) aufgestellten „Grundsätze der justiziellen Fortbildung“ von 2016,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 2. April 2014 zur Halbzeitbilanz des Stockholmer Programms(9),
– gestützt auf die Artikel 46 und 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0210/2017),
Rechtsprechung des EuGH zu nationaler Verfahrensautonomie und wirksamem gerichtlichen Schutz
A. in der Erwägung, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zum Grundsatz der Verfahrensautonomie in dem Fall, dass es keine Unionsvorschriften zu den verfahrensrechtlichen Aspekten einer Streitsache mit Bezug zum Unionsrecht gibt, die Mitgliedstaaten dafür verantwortlich sind, die Gerichte, die zuständig sind, zu benennen und die bei Gerichtsverfahren geltenden verfahrensrechtlichen Voraussetzungen festzulegen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die von der Union gewährten Rechte geschützt werden;
B. in der Erwägung, dass nach der gleichen Rechtsprechung die Anwendung des nationalen Rechts in Bezug auf Verfahrensvorschriften unter zwei wichtigen Bedingungen steht: nationale Verfahrensvorschriften, wenn sie auf Streitsachen mit Bezug zum Unionsrecht angewandt werden, dürfen nicht weniger günstig sein als bei ihrer Anwendung auf ähnliche innerstaatliches Recht betreffende Klagen (Äquivalenzgrundsatz), und sie sollten auch nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Durchsetzung von Rechten und Pflichten nach Unionsrecht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz);
C. in der Erwägung, dass sich der Vorrang der Mitgliedstaaten, Verfahrensvorschriften für die Durchsetzung der von der Union gewährten Rechte vorzusehen, nicht auf die Einführung neuer Klagemöglichkeiten in den nationalen Rechtsordnungen zur Wahrung der Anwendbarkeit des Unionsrechts erstreckt, solange es keine Unionsbestimmungen zur Harmonisierung von Verfahrensvorschriften gibt(10);
D. in der Erwägung, dass die Rechtsprechung des EuGH zur Zusammenarbeit zwischen ihm und den Gerichten auf der Ebene der Mitgliedstaaten beiträgt und das Verständnis der Bürger und dieser Gerichte für die Rechtsordnung der Union verbessert wird;
Die Charta
E. in der Erwägung, dass das in Artikel 47 der Charta und Artikel 6 EMRK gewährleistete Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein faires Verfahren eine der grundlegenden Garantien für die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie darstellt und mit dem Zivilprozessrecht als Ganzes untrennbar verbunden ist;
F. in der Erwägung, dass ungeachtet der Tatsache, dass Artikel 47 der Charta zwingendes Recht ist und Artikel 6 EMRK einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, das Schutzniveau beim Recht auf ein faires Verfahren in Zivilsachen und insbesondere die Ausgewogenheit zwischen dem Recht des Klägers auf Zugang zum Recht und den Verteidigungsrechten des Beklagten nicht in der gesamten Union vereinheitlicht ist;
G. in der Erwägung, dass das Recht auf ein faires Verfahren als ein Grundrecht dennoch durch mehrere verfahrensrechtliche sekundäre Rechtsakte der Union ergänzt wurde, einschließlich der Verordnung für geringfügige Forderungen(11), der Richtlinie zur Prozesskostenhilfe(12), der Empfehlung zu kollektivem Rechtsschutz(13), der Richtlinie zu Unterlassungsklagen für Verbraucher(14) und der Richtlinie zum Schadensersatz bei Wettbewerbsverstößen(15);
Der Besitzstand der Union bei der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen
H. in der Erwägung, dass es derzeit viel wahrscheinlicher ist, dass Unionsbürger, insbesondere diejenigen, die ins Ausland reisen, mit den Zivilverfahrensordnungen eines anderen Mitgliedstaats in Kontakt kommen;
I. in der Erwägung, dass verfahrensrechtliche Mindeststandards auf Unionsebene einen Beitrag zur Modernisierung nationaler Verfahren, zur Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen und zu mehr Wirtschaftswachstum leisten könnten, indem Justizsysteme effektiver und effizienter gemacht werden, und solche Standards gleichzeitig den Zugang der Bürger zur Justiz in der Union vereinfachen und dazu beitragen, die Grundfreiheiten der Union sicherzustellen;
J. in der Erwägung, dass sich die Rechtsetzung der Union zunehmend nicht nur horizontal auf das Zivilprozessrecht ausrichtet, wie etwa im Falle optionaler Instrumente(16), sondern auch sektorspezifisch auf verschiedene Politikfelder, wie das Urheberrecht(17), den Verbraucherschutz(18) oder in jüngster Zeit auch auf das Wettbewerbsrecht(19), bezieht;
K. in der Erwägung, dass die verfahrensrechtliche Harmonisierung auf Unionsebene in Form eines Flickenteppichs wiederholt kritisiert wurde und dass das Aufkommen eines derartigen sektorspezifischen Zivilprozessrechts in der Union eine Gefahr für die Kohärenz sowohl der Zivilverfahrensordnungen auf Mitgliedstaatsebene als auch der verschiedenen Unionsinstrumente darstellt;
L. in der Erwägung, dass durch die vorgeschlagene Richtlinie ein Rahmen für die Bestimmung der Zuständigkeit in Zivilsachen durch die Systematisierung bestehender zivilrechtlicher Verfahrensvorschriften der Union und durch die Ausweitung ihres Anwendungsbereichs auf alle in den Geltungsbereich des Unionsrechts fallenden Rechtssachen eingeführt werden soll;
M. in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Richtlinie dazu beitragen soll, das Maß an Zusammenarbeit, Abstimmung und Systematisierung in der Ziviljustiz zu steigern, das über die Grenzen, Interessen und Ressourcen eines einzelnen Staates hinausgeht;
Rechtsgrundlage des Vorschlags
N. in der Erwägung, dass die Union gemäß Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 5 Absatz 1 EUV (Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung) in einem bestimmten Bereich nur dann rechtsetzend tätig werden kann, wenn sie die ausdrückliche Zuständigkeit dafür besitzt und sie die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachtet;
O. in der Erwägung, dass im geltenden Vertragsrahmen die wichtigste Rechtsgrundlage für die Harmonisierung des Zivilprozessrechts in Titel V AEUV „Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ vorgesehen ist;
P. in der Erwägung, dass das Erfordernis eines grenzüberschreitenden Elements für die Zuständigkeit der Union im Vertrag von Lissabon beibehalten wurde, infolgedessen ein Tätigwerden der Union in Zivilsachen nur möglich ist, wenn in einer Rechtssache verbindende, auf mindestens zwei verschiedene Mitgliedstaaten bezogene Faktoren (beispielsweise Wohnsitz, Erfüllungsort usw.) vorliegen;
Q. in der Erwägung, dass die allgemein gefasste Bestimmung in Artikel 114 AEUV über die Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die auf die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarkts abzielen, für eine Vielzahl von sektorspezifischen Richtlinien, durch die bestimmte Aspekte des Zivilprozessrechts harmonisiert werden, als Rechtsgrundlage genutzt wurde und wird, wie etwa für die Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und jüngst für die Richtlinie über kartellrechtliche Schadensersatzklagen;
R. in der Erwägung, dass nach Artikel 67 Absatz 4 die Union den Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen, erleichtert, wofür Artikel 81 AEUV beispielhaft ist;
Gegenseitiges Vertrauen im europäischen Rechtsraum
S. in der Erwägung, dass der freie Verkehr justizieller Entscheidungen mit der Notwendigkeit verknüpft ist, ein hinreichendes Maß gegenseitigen Vertrauens unter den Justizbehörden verschiedener Mitgliedstaaten, insbesondere hinsichtlich des Schutzniveaus bei Verfahrensrechten, zu schaffen;
T. in der Erwägung, dass „gegenseitiges Vertrauen“ in diesem Zusammenhang als das Vertrauen verstanden wird, das Mitgliedstaaten in die Rechtssysteme und die Justiz der anderen Mitgliedstaaten haben sollten, und aus dem sich das Verbot ergibt, die Maßnahmen anderer Staaten und ihrer Justizbehörden zu kontrollieren;
U. in der Erwägung, dass der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens größerer Rechtssicherheit dient, wodurch Bürgern und Unternehmen der Union ausreichende Stabilität und Vorhersehbarkeit geboten wird;
V. in der Erwägung, dass die Anwendung und Achtung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und die Annäherung der Rechtsvorschriften die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden und den Schutz der Rechte des Einzelnen durch die Justiz erleichtern;
W. in der Erwägung, dass ein Unionssystem gemeinsamer Mindeststandards in Form von Grundsätzen und Regeln als erster Schritt zur Konvergenz einzelstaatlicher Regelungen des Zivilprozessrechts dienen würde, wobei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Grundrechten der Prozessparteien im Interesse uneingeschränkten gegenseitigen Vertrauens zwischen den Justizsystemen der Mitgliedstaaten herzustellen wäre;
X. in der Erwägung, dass es zur Sicherstellung gegenseitigen Vertrauens wünschenswert und zugleich notwendig ist, dass es Verfahrensgarantien für die Effizienz und Effektivität von Zivilverfahren und eine Gleichbehandlung der Parteien gibt und dies auch eingehalten wird;
Y. in der Erwägung, dass durch die Einrichtung eines derartigen Systems gemeinsamer Mindeststandards auch ein Mindestniveau der Qualität von Zivilverfahren in der gesamten Union geschaffen würde, wodurch nicht nur zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens unter den Justizbehörden, sondern auch zu einem reibungsloseren Funktionieren des Binnenmarkts beigetragen würde, da davon ausgegangen wird, dass die verfahrensrechtlichen Unterschiede in den Mitgliedstaaten unter anderem eine Störung des Handels darstellen könnten und Unternehmen und Verbraucher daran hindern können, ihre Binnenmarktrechte auszuüben;
Sonstige Erwägungen
Z. in der Erwägung, dass die Angleichung der Verfahrensregelungen in der Union notwendig ist; in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Richtlinie als erster Schritt auf dem Weg zu einer weiteren Harmonisierung und Konvergenz der Ziviljustiz in den Mitgliedstaaten und langfristig auf dem Weg zur Schaffung einer Zivilprozessordnung der Union gedacht ist;
AA. in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Richtlinie weder die Gerichtsverfassung der Mitgliedstaaten noch die Hauptmerkmale der Vorgehensweise bei der Durchführung von Zivilprozessen berührt, jedoch effizientere nationale Verfahrensvorschriften ermöglicht;
AB. in der Erwägung, dass es deshalb von überragender Bedeutung ist, Rechtsvorschriften zu erlassen und ordnungsgemäß umzusetzen, durch die die Annahme gemeinsamer Mindeststandards des Zivilprozessrechts in der Union ermöglicht wird;
Rechtsprechung des EuGH zu nationaler Verfahrensautonomie und wirksamem gerichtlichen Schutz
1. weist darauf hin, dass dem EuGH bei der Einrichtung der Grundlagen des Zivilprozessrechts in der Union eine entscheidende Rolle zukommt, da er das Verständnis dessen geprägt hat, was Zivilprozessrecht für das Rechtssystem der Union bedeutet,
2. betont allerdings, dass zwar einige Standards des Zivilprozessrechts, die heute als Teil des Verfahrenssystems der Union anerkannt sind, in der Rechtsprechung des EuGH bestätigt wurden, der Beitrag des EuGH aber schlussendlich als Auslegung von Standards und nicht als Festlegung von Standards gesehen werden sollte;
3. betont deshalb, dass die umfangreiche Erfahrung des EuGH bei der Überprüfung von Rechtsbehelfs- und Verfahrensregelungen sowie die Kompromisse und widerstreitenden Werte, die der EuGH verfolgt, sehr aufschlussreich sind und für die Zwecke der Einführung eines horizontalen Rahmeninstruments legislativer Art, das gemeinsame Standards des Zivilprozessrechts enthält, berücksichtigt werden sollten;
Die Charta
4. betont, dass im Hinblick auf ein faires Verfahren und auf den Zugang zum Recht Kooperationsnetze und Datenbanken, durch die die justizielle Zusammenarbeit und der Informationsaustausch verbessert werden, beibehalten und weiter ausgebaut werden sollten;
5. begrüßt deshalb nachdrücklich die Entwicklungen bei der E-Justiz und ganz besonders die Einrichtung des Europäischen Justiziellen Netzes und des Europäischen E-Justiz-Portals, das zu einer zentralen Anlaufstelle im Bereich der Justiz in der Union werden soll;
Der Besitzstand der Union bei der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen
6. fordert auch die Kommission auf, zu prüfen, ob weitere Maßnahmen zur Konsolidierung und Stärkung des horizontalen Ansatzes zur privaten Durchsetzung von Rechten, die nach dem Unionsrecht eingeräumt werden, vorgeschlagen werden sollten und ob die hiermit vorgeschlagenen gemeinsamen Mindeststandards des Zivilprozessrechts als eine Förderung und Gewährleistung eines solchen horizontalen Ansatzes gesehen werden könnten;
7. betont erneut, dass die systematische Erhebung statistischer Daten zur Anwendung und Leistung bestehender Unionsinstrumente im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen von überragender Bedeutung ist;
8. legt in diesem Zusammenhang der Kommission nahe, zu prüfen, ob zusätzliche Durchführungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten zu einer für diesen Zweck wirksamen Anwendung eigenständiger Unionsverfahren beitragen könnten, und räumt ein, dass für diesen Zweck ein solides und systematisches Verfahren zur Überwachung durch die Kommission eingerichtet werden sollte;
Rechtsgrundlage des Vorschlags
9. stellt fest, dass Artikel 114 AEUV (Harmonisierung im Binnenmarkt) dazu genutzt wurde, einige Rechtsakte der Union mit verfahrensrechtlichen Auswirkungen anzunehmen; weist darauf hin, dass die allgemein gefasste Bestimmung in Artikel 114 über die Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die auf die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarkts abzielen, für eine Vielzahl von sektorspezifischen Richtlinien, durch die bestimmte Aspekte des Zivilprozessrechts harmonisiert werden, als Rechtsgrundlage genutzt wurde und wird, wie etwa für die Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums;
10. merkt allerdings an, dass in Artikel 81 AEUV der Erlass von Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug, einschließlich Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, vorgesehen ist, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist; ist deshalb der Auffassung, dass Artikel 81 AEUV die geeignete Rechtsgrundlage für das vorgeschlagene Rechtsinstrument ist;
11. gibt zu bedenken, dass der Begriff „grenzüberschreitender Bezug“ im Text des Artikels 81 Absatz 1 AEUV hinsichtlich des Erlasses von Maßnahmen zur justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im breiteren Sinne verstanden und deshalb nicht als ein Synonym für „grenzüberschreitende Gerichtsverfahren“ gesehen werden sollte;
12. betont, dass die derzeitige Auslegung des Begriffs „Rechtssachen mit grenzüberschreitendem Bezug“ recht eng ist und zur Schaffung von zwei Regelwerken und zwei Kategorien von Prozessparteien führt, was weitere Probleme und unnötige Komplexität hervorrufen könnte; betont, dass der Begriff deshalb weiter ausgelegt werden sollte;
13. betont in diesem Zusammenhang, dass die hiermit vorgeschlagenen gemeinsamen Mindeststandards des Zivilprozessrechts zu einer weiteren Effizienzsteigerung führen würden, wenn die Mitgliedstaaten ihren Anwendungsbereich über die in den Geltungsbereich des Unionsrechts fallenden Rechtssachen hinaus allgemein auch auf grenzüberschreitende und rein interne Rechtssachen ausweiteten;
Gegenseitiges Vertrauen im Europäischen Rechtsraum
14. stellt fest, dass die wichtigsten Tätigkeiten der Union im Europäischen Rechtsraum im Bereich der Ziviljustiz die Einführung von Instrumenten betreffend die gerichtliche Zuständigkeit, die Rechtshängigkeit und die grenzüberschreitende Vollstreckung von Urteilen zum Gegenstand haben;
15. bekräftigt und betont, dass durch den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen das gegenseitige Vertrauen unter den Justizbehörden der Mitgliedstaaten zugenommen hat, sodass sich das Maß an Rechtssicherheit erhöht und den Bürgern und Unternehmen der Union ausreichende Stabilität und Vorhersehbarkeit geboten werden;
16. betont in dieser Hinsicht, dass „gegenseitiges Vertrauen“ ein komplexer Begriff ist und dass viele Faktoren beim Aufbau dieses Vertrauens eine Rolle spielen, wie etwa justizielle Schulung, grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit und Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den Richtern;
17. merkt an, dass gegenseitiges Vertrauen unter anderem durch nichtlegislative Maßnahmen gestärkt werden kann, wie etwa die Zusammenarbeit von Richtern im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes oder die Teilnahme an Schulungen;
18. begrüßt deshalb die neun Grundsätze der justiziellen Fortbildung, die im Jahr 2016 von der Generalversammlung des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten verabschiedet wurden, denn sie bieten eine gemeinsame Grundlage und einen gemeinsamen Rahmen sowohl für die Justiz als auch für die juristischen Ausbildungseinrichtungen Europas;
19. räumt allerdings ein, dass aus einer streng rechtlichen Sicht gegenseitiges Vertrauen auf einer sehr grundlegenden Ebene voraussetzt, dass die Justizbehörden der Mitgliedstaaten die Verfahrensregelungen des jeweils anderen – sowohl in rechtstheoretischer Hinsicht als auch in der Rechtspraxis – als Garantien für ein faires Zivilverfahren betrachten;
20. betont deshalb, dass die Erarbeitung systematischer Mindeststandards des Zivilprozessrechts in der Union in Form einer bereichsübergreifenden horizontalen Richtlinie zur Zunahme gegenseitigen Vertrauens unter den Justizbehörden der Mitgliedstaaten führen und eine gemeinsame, unionsweite Ausgewogenheit grundlegender Verfahrensrechte für Zivilrechtssachen sicherstellen würde, sodass ein verstärktes allgemeines Gefühl von Recht, Gewissheit und Vorhersehbarkeit in der gesamten Union entstehen kann;
Gemeinsame Mindeststandards des Zivilprozessrechts
21. betont, dass wirksame Zivilverfahrensordnungen eine entscheidende Rolle für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundwerte der Union spielen und dass sie außerdem eine Voraussetzung für nachhaltige Investitionen und ein unternehmer- und verbraucherfreundliches Umfeld sind;
22. ist der Ansicht, dass der Zugang zur Justiz durch die mangelnde Klarheit über die für Bürger, Verbraucher und Unternehmen geltenden Verjährungsfristen bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug behindert werden kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, die Durchführbarkeit und Zweckmäßigkeit der Harmonisierung dieser Verjährungsfristen in Zivilverfahren zu bewerten;
23. ist der Auffassung, dass es einen eindeutigen Bedarf an einer Rechtsvorschrift gibt, die ein Paket verfahrensrechtlicher Standards enthält, die auf Zivilverfahren Anwendung finden, und fordert die Kommission auf, ihren Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms, angenommen vom Europäischen Rat in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, vorzulegen;
24. fordert deshalb die Kommission gemäß Artikel 225 AEUV auf, bis zum 30. Juni 2018 auf der Grundlage des Artikels 81 Absatz 2 AEUV einen Vorschlag für einen Rechtsakt zu gemeinsamen Mindeststandards des Zivilprozessrechts vorzulegen, wobei sie sich nach den Empfehlungen richtet, die in der Anlage dieses Dokuments niedergelegt sind;
25. bekräftigt, dass die Empfehlungen, die dieser Entschließung als Anlage beigefügt sind, mit den Grundrechten und den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen;
26. geht davon aus, dass der angeforderte Vorschlag keine finanziellen Auswirkungen hat, da die Einführung von Mindeststandards des Zivilprozessrechts zu Skaleneffekten in Form niedrigerer Kosten für die Prozessparteien und ihre Vertreter führen wird, die sich nicht mit der Zivilprozessregelung eines anderen Landes vertraut machen müssen;
o o o
27. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die als Anlage beigefügten Empfehlungen der Kommission und dem Rat sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
ANLAGE ZUR ENTSCHLIESSUNG:
AUSFÜHRLICHE EMPFEHLUNGEN FÜR EINE RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES ZU GEMEINSAMEN MINDESTSTANDARDS DES ZIVILPROZESSRECHTS IN DER EU
A. GRUNDSÄTZE UND ZIELE DES ANGEFORDERTEN VORSCHLAGS
1. In der Union ist die Rechtsdurchsetzung vor den Gerichten weiterhin größtenteils eine Angelegenheit nationaler Verfahrensvorschriften und Gepflogenheiten. Nationale Gerichte sind auch Unionsgerichte. Deshalb müssen durch die Verfahren vor ihnen Fairness, Gerechtigkeit und Effizienz sowie eine wirksame Anwendung des Unionsrechts gewährleistet sein.
2. Die Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen hat dazu geführt, dass das Vertrauen der Mitgliedstaaten in die Ziviljustiz der jeweils anderen zugenommen hat, und durch Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten können die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden und der Schutz der Rechte des Einzelnen durch die Justiz erleichtert werden. Das Maß des gegenseitigen Vertrauens hängt von einer Reihe von Parametern ab, wozu unter anderem Mechanismen zum Schutz der Rechte des Klägers oder der Rechte des Beklagten gehören. Gleichzeitig muss der Zugang zu den Gerichten und zum Recht gewährleistet werden.
3. Zwar haben die Mitgliedstaaten die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) unterzeichnet, doch hat die Erfahrung gezeigt, dass dadurch allein nicht immer ein hinreichendes Maß an Vertrauen in die Ziviljustiz anderer Mitgliedstaaten hergestellt wird. Bei den nationalen zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften der Mitgliedstaaten gibt es erhebliche Unterschiede, die oft einige grundlegende Verfahrensgrundsätze und -garantien betreffen, was die Gefahr birgt, dass das gegenseitige Vertrauen und die gegenseitige Zuversicht unter den Justizbehörden beschädigt werden könnten.
4. Um die Grundrechte und Grundfreiheiten der Unionsbürger zu schützen und einen Beitrag zur Modernisierung nationaler Verfahren, zur Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen und zu mehr Wirtschaftswachstum über effektive und effiziente Justizsysteme zu leisten, ist es deshalb notwendig, eine Richtlinie zu erlassen, durch die die Mindeststandards, die in der Charta und in der EMRK festgelegt sind, weiterentwickelt werden. Die geeignete Rechtsgrundlage für einen derartigen Vorschlag ist Artikel 81 Absatz 2 AEUV, der Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen betrifft. Die Richtlinie wird gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen.
5. Man hält gemeinsame Mindeststandards des Zivilprozessrechts für notwendig, um eine solide Grundlage für die Angleichung und die Verbesserung nationaler Gesetze zu bilden, denn sie räumen den Mitgliedstaaten bei der Vorbereitung neuer Zivilprozessvorschriften Flexibilität ein und sind gleichzeitig Ausdruck eines allgemeinen Konsenses über die Grundsätze der Justizpraxis in Zivilsachen.
6. Gemeinsame Mindeststandards sollen das Vertrauen in die Ziviljustiz aller Mitgliedstaaten stärken, und dies wiederum soll zu einer wirksameren, schnelleren und flexibleren justiziellen Zusammenarbeit in einem Klima gegenseitigen Vertrauens führen. Auch sollten durch die Festlegung solcher gemeinsamer Mindestvorschriften Hindernisse für die Freizügigkeit der Unionsbürger im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten beseitigt und dadurch sichergestellt werden, dass insbesondere Bürger, die ins Ausland reisen, sich nicht länger davor scheuen, mit den Zivilverfahrensordnungen eines anderen Mitgliedstaats in Kontakt zu kommen;
7. Durch die vorgeschlagene Richtlinie sollen nationale Verfahrensregelungen nicht gänzlich ersetzt werden. Sie ist vielmehr unter Achtung der nationalen Besonderheiten sowie des Grundrechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren zur Sicherstellung eines wirksamen und effizienten Zugangs zur Justiz darauf ausgerichtet, gemeinsame Mindeststandards bei der Funktionsweise und dem Ablauf von Zivilverfahren in den Mitgliedstaaten für alle Rechtssachen einzurichten, die in den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen. Sie ist auch darauf ausgerichtet, eine Grundlage für die schrittweise Verstärkung der Angleichung der Zivilverfahrensordnungen der Mitgliedstaaten zu bieten.
8. Durch den Vorschlag werden die Vorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Organisation ihrer Gerichte und ihre Regelungen für die Ernennung von Richtern nicht berührt.
9. Dieser Vorschlag steht im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, da die Mitgliedstaaten nicht allein handeln können, um ein Paket von Mindeststandards des Zivilprozessrechts festzulegen, und er geht nicht über das hinaus, was absolut erforderlich ist, um einen wirksamen Zugang zum Recht und gegenseitiges Vertrauen in der Union zu gewährleisten.
B. TEXT DES ANGEFORDERTEN VORSCHLAGS
für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Mindeststandards des Zivilprozessrechts in der Europäischen Union
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 81 Absatz 2,
unter Hinweis auf die Aufforderung des Europäischen Parlaments an die Europäische Kommission,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau eines solchen Raums hat die Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, Maßnahmen zu erlassen, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.
(2) Gemäß Artikel 81 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sollte durch diese Maßnahmen unter anderem Folgendes sichergestellt werden: die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten, die grenzüberschreitende Zustellung von Schriftstücken, die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln, ein effektiver Zugang zur Justiz und die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften.
(3) Aus den Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere, insbesondere aus deren Nummer 33, geht hervor, dass eine verbesserte gegenseitige Anerkennung von Urteilen und anderen gerichtlichen Entscheidungen und die notwendige Annäherung der Rechtsvorschriften die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden verbessern und den Schutz der Rechte des Einzelnen durch die Justiz erleichtern würden. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung sollte daher zum Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen innerhalb der Union werden.
(4) Gemäß dem Aktionsplan der Kommission zur Umsetzung des Stockholmer Programms, angenommen vom Europäischen Rat in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, beruhen der europäische Rechtsraum und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts auf dem zentralen Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, was seinerseits zur Voraussetzung hat, dass die Mitgliedstaaten Vertrauen in das Justizsystem des jeweils anderen haben. Dieser Grundsatz kann nur auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens zwischen Gerichten, Angehörigen der Rechtsberufe, Unternehmen und Bürgern wirksam eingehalten werden. Das Maß dieses Vertrauens hängt von einer Reihe von Parametern ab, wozu gehört, dass es Mechanismen zum Schutz der Verfahrensrechte der Prozessparteien in Zivilprozessen gibt. Deshalb sind gemeinsame Mindeststandards, die das Recht auf ein faires Verfahren stärken, die Effizienz der Justizsysteme steigern und zu wirksamen Durchsetzungsregelungen beitragen, notwendig, um die Anwendung dieses Grundsatzes zu gewährleisten.
(5) Durch die Aufstellung von Mindestvorschriften zum Schutz der Verfahrensrechte der Prozessparteien und die Vereinfachung des Zugangs der Bürger zur Justiz in der Union sollte durch diese Richtlinie das Vertrauen der Mitgliedstaaten in die Ziviljustiz anderer Mitgliedstaaten gestärkt werden, wodurch ein Beitrag zur Förderung einer Grundrechtskultur in der Union, zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarkts und zur Sicherstellung der Grundfreiheiten der Union geleistet werden kann, so dass die Grundlagen dafür gelegt werden, dass ein verstärktes allgemeines Gefühl von Recht, Gewissheit und Vorhersehbarkeit in der gesamten Union entsteht.
(6) Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten auf zivilrechtliche Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug Anwendung finden, einschließlich derjenigen, die sich aus der Verletzung von durch das Unionsrecht garantierten Rechten und Freiheiten ergeben. Wird in dieser Richtlinie auf die Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten Bezug genommen, fallen darunter alle Sachverhalte, bei denen natürliche und juristische Personen durch eine Verletzung von auf Unionsebene begründeten Rechten geschädigt wurden oder geschädigt zu werden drohen. Den Mitgliedstaaten sollte es freistehen, die Bestimmungen dieser Richtlinie auch auf rein innerstaatliche zivilrechtliche Fälle anzuwenden.
(7) Sämtliche Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950. Die vorliegende Richtlinie sollte unter Einhaltung dieser Konvention zur Anwendung kommen, insbesondere der Rechte auf ein faires Verfahren und einen wirksamen Rechtsbehelf.
(8) Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Anwendung gemeinsamer Mindeststandards im Zivilprozessrecht zu fördern, um für wirksamen Zugang zum Recht in der Union zu sorgen. Das allgemein anerkannte Recht auf ein unparteiisches Gericht wird auch in Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („die Charta“) bestätigt.
(9) Der Zivilprozess sollte weiter verbessert werden, indem die technischen Entwicklungen im Bereich der Justiz und die den Gerichten zur Verfügung stehenden neuen Hilfsmittel genutzt werden, die dazu beitragen können, räumliche Entfernungen und die sich daraus ergebenden Folgen in Gestalt hoher Kosten und langwieriger Verfahren zu überwinden. Der Einsatz moderner Kommunikationstechnologie sollte aufseiten der Parteien und der Gerichte gefördert werden, um die Verfahrensdauer weiter zu verkürzen und die Verfahrenskosten weiter zu senken.
(10) Damit Personen, die vor Gericht gehört werden müssen, die Anreise zum Gericht erspart werden kann, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass mündliche Verhandlungen sowie die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen, Sachverständigen oder Parteien mit jeglichen angemessenen Fernkommunikationsmitteln durchgeführt werden können, sofern in Anbetracht der spezifischen Umstände des Falles die Verwendung dieser Technologien im Hinblick auf ein faires Verfahren nicht unangemessen ist. Diese Bestimmung lässt die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001(20) unberührt.
(11) Die Gerichte der Mitgliedstaaten sollten Sachverständigengutachten zu technischen, rechtlichen oder anderen Beweisfragen einholen können. Mit Ausnahme von Fällen, in denen Zwangsmaßnahmen erforderlich sind, und im Einklang mit der Dienstleistungsfreiheit und der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollten Gerichte in einem Mitgliedstaat Sachverständige bestellen können, um Ermittlungen in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen, ohne dass irgendeine vorherige Genehmigung für ihre Tätigkeit erforderlich ist. Zur Erweiterung des juristischen Fachwissens und unter Berücksichtigung der Beschränkungen bei der Bestellung ausreichend qualifizierter Sachverständiger im Gebiet eines Mitgliedstaats – beispielsweise wegen der technischen Komplexität des Falles oder des Bestehens unmittelbarer oder mittelbarer Beziehungen zwischen dem Sachverständigen und den Prozessparteien – sollte ein europäisches Verzeichnis aller nationalen Listen von Sachverständigen als Teil des Europäischen E-Justiz-Portals eingerichtet und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
(12) Bei einstweiligen Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen sollte für eine angemessene Ausgewogenheit zwischen den Interessen des Antragstellers an der Gewährung einstweiligen Schutzes und den Interessen des Antragsgegners an der Verhinderung des Missbrauches eines solchen Schutzes gesorgt werden. Wenn einstweilige Maßnahmen beantragt werden, bevor eine gerichtliche Entscheidung erwirkt wurde, sollte das Gericht, bei dem der Antrag eingereicht wird, anhand der vom Antragsteller vorgelegten Beweismittel davon überzeugt sein, dass über seine Forderung gegenüber dem Antragsgegner in der Hauptsache voraussichtlich zugunsten des Antragstellers entschieden wird. Ferner sollte der Antragsteller in allen Fällen dem Gericht hinreichend nachweisen müssen, dass eine gerichtliche Maßnahme zum Schutz seiner Forderung dringend erforderlich ist und dass ohne die einstweilige Maßnahme die Vollstreckung einer bestehenden oder künftigen gerichtlichen Entscheidung wahrscheinlich unmöglich oder erheblich erschwert würde.
(13) Diese Richtlinie sollte die Sonderbestimmungen zum Schutz der auf dem Gebiet des geistigen Eigentums geltenden Rechte und ganz besonders die Bestimmungen der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(21) unberührt lassen. Sie sollte auch die im Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung(22) enthaltenen Sonderbestimmungen zur grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen unberührt lassen.
(14) Beim Schutz der Rechte und Interessen aller Parteien und der effektiven und effizienten Abwicklung von Zivilprozessen sollte den Gerichten eine Schlüsselrolle eingeräumt werden.
(15) Das Ziel der Sicherstellung eines fairen Verfahrens, eines besseren Zugangs zum Recht und gegenseitigen Vertrauens als Teil der Strategie der Union zur Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sollte den Zugang sowohl zu gerichtlichen als auch zu außergerichtlichen Verfahren der Streitbeilegung umfassen. Um die Parteien dazu anzuregen, die Mediation in Anspruch zu nehmen, sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ihre Regeln über Verjährungsfristen die Parteien bei einem Scheitern der Mediation nicht daran hindern, ein Gericht oder ein Schiedsgericht anzurufen.
(16) Wegen der Unterschiede bei den zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften der Mitgliedstaaten, insbesondere bei den Vorschriften über die Zustellung von Schriftstücken, ist es notwendig, Mindeststandards festzulegen, die auf Zivilverfahren Anwendung finden sollten, die in den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen. Vorrang sollte insbesondere Zustellungsarten eingeräumt werden, die einen raschen und sicheren Eingang der zugestellten Schriftstücke, der durch einen Übermittlungsnachweis bestätigt wird, gewährleisten. Der Einsatz moderner Kommunikationstechnologie sollte deshalb umfassend gefördert werden. Die elektronische Zustellung zustellungsbedürftiger Schriftstücke an die Parteien sollte der Zustellung durch Postdienste gleichgestellt werden. Durch die verfügbaren elektronischen Mittel sollte sichergestellt werden, dass die erhaltenen Schriftstücke oder der andere erhaltene Schriftverkehr inhaltlich genau mit den gesendeten Schriftstücken oder dem anderen gesendeten Schriftverkehr übereinstimmen und die für die Empfangsbestätigung verwendete Methode einen Beleg für den Erhalt durch den Empfänger und das Datum des Empfangs darstellt.
(17) Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Parteien eines Zivilverfahrens das Recht auf einen Rechtsanwalt ihrer Wahl haben. Bei grenzüberschreitenden Streitsachen sollten die Parteien ein Recht auf einen Rechtsanwalt in ihrem Herkunftsstaat haben, der sie vorweg berät, sowie auf einen im Aufnahmestaat, der die Streitsache betreut. Die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen den Parteien und ihrem Rechtsanwalt ist eine grundlegende Voraussetzung für die wirksame Wahrnehmung des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Vertraulichkeit der Treffen und anderer Formen der Kommunikation zwischen dem Rechtsanwalt und den Parteien bei der Ausübung des in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechts auf einen Rechtsanwalt beachten. Die Parteien eines Rechtsstreits sollten auf das durch diese Richtlinie gewährte Recht verzichten können, sofern sie eindeutige und ausreichende Informationen über die möglichen Folgen eines Verzichts auf dieses Recht erhalten haben.
(18) Der Kläger sollte nicht gezwungen sein, zur Zahlung der Gerichtsgebühren in den Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts zu reisen oder hierzu einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Um sicherzustellen, dass die Kläger effektiven Zugang zu dem Verfahren haben, sollten die Mitgliedstaaten mindestens eine der in dieser Richtlinie vorgesehenen Fernzahlungsmethoden anbieten. Angaben zu Gerichtsgebühren und Zahlungsmodalitäten sowie zu den Behörden oder Organisationen, die in den Mitgliedstaaten für praktische Hilfe zuständig sind, sollten transparent und im Internet über geeignete nationale Websites leicht zugänglich sein.
(19) Die Mitgliedstaaten sollten das Grundrecht auf Prozesskostenhilfe gemäß Artikel 47 Absatz 3 der Charta achten. Jede natürliche oder juristische Person, die an einer unter diese Richtlinie fallenden zivilrechtlichen Streitsache entweder als Klägerin oder als Beklagte beteiligt ist, sollte in der Lage sein, ihre Rechte geltend zu machen, auch wenn sie aufgrund ihrer persönlichen finanziellen Situation die Prozesskosten nicht tragen kann. Die Prozesskostenhilfe sollte die vorprozessuale Rechtsberatung zur außergerichtlichen Streitbeilegung, den Rechtsbeistand bei Anrufung eines Gerichts und die rechtliche Vertretung vor Gericht sowie eine Unterstützung hinsichtlich der Prozesskosten umfassen. Die Richtlinie 2003/8/EG des Rates(23) wird durch diese Bestimmung nicht berührt.
(20) Die Schaffung einer europäischen Rechtskultur, durch die die Subsidiarität, die Verhältnismäßigkeit und die Unabhängigkeit der Gerichte uneingeschränkt geachtet werden, ist für das wirksame Funktionieren eines europäischen Rechtsraums von zentraler Bedeutung. Die justizielle Aus- und Fortbildung stellt in dieser Hinsicht einen entscheidenden Faktor dar, da sie einen Beitrag zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten, der Rechtspraktiker und der Bürger leistet. In diesem Sinn sollten die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und für die Förderung der Weiterbildung und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Angehörigen der Rechtsberufe sorgen.
(21) Mit dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften erlassen. Die Mitgliedstaaten können die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte ausweiten, um ein höheres Schutzniveau zu bieten. Dieses höhere Schutzniveau sollte kein Hindernis für das gegenseitige Vertrauen und den wirksamen Zugang zum Recht, die mit diesen Mindestvorschriften erleichtert werden sollen, darstellen. Das Schutzniveau der Charta, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird, sowie der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts sollten hierdurch nicht beeinträchtigt werden.
(22) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung gemeinsamer Mindeststandards des Zivilprozessrechts, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(23) Gemäß [Artikel 3]/[den Artikeln 1 und 2] des Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union [haben diese Mitgliedstaaten schriftlich mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und der Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchten]/[beteiligen sich diese Mitgliedstaaten unbeschadet des Artikels 4 des Protokolls nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die daher für sie weder bindend noch ihnen gegenüber anwendbar ist].
(24) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die damit für diesen Staat weder bindend noch ihm gegenüber anwendbar ist.
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
KAPITEL I
GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand
Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Zivilverfahrensordnungen, damit sichergestellt wird, dass das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht auf ein faires Verfahren, wie es in Artikel 47 der Charta und in Artikel 6 EMRK verankert ist, dadurch uneingeschränkt gewahrt wird, dass Mindeststandards bei der Einleitung, der Durchführung und dem Abschluss von Zivilverfahren vor den Gerichten der Mitgliedstaaten festgelegt werden.
Artikel 2
Anwendungsbereich
1. Unbeschadet der Standards für Zivilverfahren, die im Unionsrecht oder einzelstaatlichen Recht vorgesehen sind oder vorgesehen werden können, sofern diese Standards für die Prozessparteien günstiger sind, gilt diese Richtlinie bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug für Zivil- und Handelssachen unabhängig von der Art des Gerichts, mit Ausnahme hinsichtlich der Rechte und Pflichten, über die die Parteien nach dem einschlägigen anwendbaren Recht nicht verfügen können. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (acta iure imperii).
2. In dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Mitgliedstaat“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme [des Vereinigten Königreichs, Irlands und] Dänemarks.
Artikel 3
Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug
1. Für die Zwecke dieser Richtlinie hat eine Streitsache einen grenzüberschreitenden Bezug, wenn
(a) mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des befassten Gerichts hat oder
(b) beide Parteien ihren Wohnsitz zwar im selben Mitgliedstaat wie das befasste Gericht haben, aber der Ort der Vertragserfüllung, der Ort des schädigenden Ereignisses oder der Ort der Urteilsvollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat gelegen ist, oder
(c) beide Parteien ihren Wohnsitz im selben Mitgliedstaat wie das befasste Gericht haben, sofern die Streitsache in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt.
2. Für die Zwecke des Absatzes 1 bestimmt sich der Wohnsitz nach den Artikeln 62 und 63 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(24).
KAPITEL II
MINDESTSTANDARDS FÜR ZIVILVERFAHREN
Abschnitt 1
Faire und wirksame Ergebnisse
Artikel 4
Allgemeine Verpflichtung zu wirksamem Rechtsschutz
Die Mitgliedstaaten sehen die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die notwendig sind, um die Durchsetzung der durch das Unionsrecht in Zivilsachen eingeräumten Rechte sicherzustellen. Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen fair und gerecht sein, außerdem dürfen sie nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein und keine unangemessenen Fristen oder ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen; in ihrem Rahmen muss den nationalen Besonderheiten und den Grundrechten Rechnung getragen werden.
Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen darüber hinaus wirksam und verhältnismäßig sein und so angewendet werden, dass die Einrichtung von Hindernissen für den wirksamen Zugang zum Recht vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.
Artikel 5
Mündliche Verhandlung
1. Die Mitgliedstaaten tragen für die faire Durchführung des Verfahrens Sorge. Sofern es den Parteien nicht möglich ist, physisch anwesend zu sein, oder wenn sich die Parteien mit Zustimmung des Gerichts darauf geeinigt haben, beschleunigte Kommunikationsmittel anzuwenden, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass mündliche Verhandlungen unter Einsatz geeigneter Mittel der Fernkommunikationstechnologie, wie etwa Video- oder Telekonferenzen, durchgeführt werden können.
2. Hat die anzuhörende Person ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts, wird die Teilnahme dieser Person an einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz, per Telekonferenz oder mithilfe anderer geeigneter Mittel der Fernkommunikationstechnologie in Anwendung der in der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 vorgesehenen Verfahren veranlasst. In Bezug auf Videokonferenzen sollten die vom Rat am 15. und 16. Juni 2015 angenommenen Empfehlungen des Rates zu grenzüberschreitenden Videokonferenzen(25) und die bisherigen Arbeiten im Rahmen des Europäischen E-Justiz-Portals berücksichtigt werden.
Artikel 6
Einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass durch einstweilige Maßnahmen eine Sach- oder Rechtslage erhalten werden kann, damit vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens bzw. in jeder Phase des Verfahrens sichergestellt ist, dass eine spätere in der Hauptsache ergehende gerichtliche Entscheidung uneingeschränkt wirksam wird.
Zu den Maßnahmen gemäß Absatz 1 gehören Maßnahmen zur Verhinderung einer drohenden Verletzung oder zur unverzüglichen Beendigung einer mutmaßlichen Verletzung sowie zur Erhaltung von Gütern, die notwendig sind, um sicherzustellen, dass die nachfolgende Durchsetzung eines Anspruchs nicht unmöglich oder erheblich erschwert wird.
2. Bei derartigen Maßnahmen sind die Verteidigungsrechte zu achten, und sie müssen den Besonderheiten und der Schwere der mutmaßlichen Verletzung entsprechen. Außerdem wird gegebenenfalls die Stellung von Sicherheiten für die Kosten und den Schaden, der dem Beklagten durch ungerechtfertigte Anträge verursacht wird, zugelassen. Die Gerichte müssen befugt sein, dem Antragsteller aufzuerlegen, alle vernünftigerweise verfügbaren Beweise vorzulegen, um sich mit ausreichender Sicherheit davon überzeugen zu können, dass die einstweilige Maßnahme erforderlich und verhältnismäßig ist.
3. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die einstweiligen Maßnahmen in hinreichend begründeten Fällen ohne Anhörung der anderen Partei angeordnet werden können, insbesondere dann, wenn durch eine Verzögerung dem Antragsteller ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen würde, oder wenn nachweislich die Gefahr besteht, dass Beweise vernichtet werden. In diesem Fall sind die Parteien spätestens unverzüglich nach der Vollziehung der Maßnahmen davon in Kenntnis zu setzen.
Auf Antrag des Antragsgegners findet eine Prüfung, die das Recht zur Stellungnahme einschließt, mit dem Ziel statt, innerhalb einer angemessenen Frist nach der Mitteilung der Maßnahmen zu entscheiden, ob diese abgeändert, aufgehoben oder bestätigt werden sollen.
Werden die Maßnahmen gemäß Unterabsatz 1 aufgehoben oder wird in der Folge festgestellt, dass keine Verletzung oder drohende Verletzung vorlag, ist das Gericht befugt, auf Antrag des Antragsgegners anzuordnen, dass der Antragsteller dem Antragsgegner angemessenen Ersatz für durch diese Maßnahmen entstandenen Schaden zu leisten hat.
4. Dieser Artikel lässt die Richtlinie 2004/48/EG und die Verordnung (EU) Nr. 655/2014 unberührt.
Abschnitt 2
Effizienz der Verfahren
Artikel 7
Verfahrensrechtliche Effizienz
1. Die Gerichte der Mitgliedstaaten wahren das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren, durch das der wirksame Zugang zur Justiz sichergestellt wird, sowie den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, insbesondere wenn sie über das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung und über die Erhebung von Beweisen und den Umfang der Beweisaufnahme entscheiden.
2. Die Gerichte der Mitgliedstaaten werden unabhängig von der Frage, ob es Verjährungsfristen für bestimmte Maßnahmen in verschiedenen Verfahrensabschnitten gibt, so schnell wie möglich tätig.
Artikel 8
Begründete Entscheidungen
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidungen der Gerichte hinreichend detailliert begründet sind und innerhalb einer vernünftigen Frist ergehen, damit die Parteien etwaige Rechte auf Überprüfung der Entscheidung wirksam wahrnehmen oder ein Rechtsmittel einlegen können.
Artikel 9
Allgemeine Grundsätze für die Leitung der Verfahren
1. Die Gerichte der Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gerichte aktiv die bei ihnen anhängigen Rechtssachen leiten, um eine faire und effiziente Abwicklung von Streitsachen sicherzustellen, die in einem angemessenen Tempo und zu angemessenen Kosten erfolgt, ohne dass die Freiheit der Parteien eingeschränkt wird, den Gegenstand ihrer Rechtssache und die entsprechenden Beweismittel zu bestimmen.
2. Soweit das vernünftigerweise machbar ist, leitet das Gericht die Rechtssache in Abstimmung mit den Parteien. Insbesondere kann das Gericht durch prozessleitende Verfügungen
(a) die Parteien ermuntern, während des Verfahrens miteinander zusammenzuarbeiten,
(b) frühzeitig Probleme ermitteln,
(c) rasch entscheiden, welche Fragen eine vollständige Ermittlung erfordern, und andere Themen summarisch abhandeln,
(d) die Reihenfolge bestimmen, in der Probleme gelöst werden müssen,
(e) die Parteien dabei unterstützen, den Rechtsstreit gänzlich oder teilweise beizulegen,
(f) Zeitpläne aufstellen, um den Verfahrensfortschritt zu kontrollieren,
(g) sich bei einem Termin mit so vielen Aspekten des Verfahrens befassen, wie das Gericht dies kann,
(h) sich mit der Rechtssache befassen, ohne dass die Parteien persönlich anwesend sein müssen,
(i) alle verfügbaren technischen Hilfsmittel einsetzen.
Artikel 10
Beweiserhebung
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass wirksame Mittel zur Vorlage, zur Erlangung und zur Sicherung von Beweismitteln zur Verfügung stehen. Dabei ist den Rechten der Verteidigung und der Notwendigkeit des Schutzes vertraulicher Informationen Rechnung zu tragen.
2. Bei der Beweiserhebung fördern die Mitgliedstaaten den Einsatz moderner Kommunikationsmittel. Das befasste Gericht wählt das einfachste und kostengünstigste Beweismittel.
Artikel 11
Gerichtssachverständige
1. Unbeschadet des Rechts der Parteien, Sachverständigenbeweise vorzulegen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass das Gericht jederzeit Gerichtssachverständige bestellen kann, damit diese Gutachten zu bestimmten Aspekten der Rechtssache abgeben. Das Gericht stellt dem bestellten Sachverständigen alle Informationen zur Verfügung, die er benötigt, um sein Gutachten abgeben zu können.
2. Bei grenzüberschreitenden Streitsachen gilt, dass mit Ausnahme von Fällen, in denen Zwangsmaßnahmen erforderlich sind oder in denen eine Ermittlung an Orten, die einen Bezug zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse in einem Mitgliedstaat haben, oder an Orten durchgeführt werden, zu denen der Zugang oder an denen andere Tätigkeiten nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Ermittlung durchgeführt wird, für bestimmte Personen untersagt oder beschränkt sind, die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ein Gericht einen Gerichtssachverständigen beauftragen kann, Ermittlungen außerhalb des Zuständigkeitsbereich des Gerichts durchzuführen, ohne dass die Einreichung eines vorherigen diesbezüglichen Antrags bei der jeweiligen Behörde des anderen Mitgliedstaats erforderlich ist.
3. Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 wird durch die Kommission ein europäisches Verzeichnis von Sachverständigen erstellt, in dem sie bestehende nationale Listen von Sachverständigen zusammenführt. Dieses Verzeichnis wird über das Europäische E-Justiz-Portal verfügbar gemacht.
4. Die Gerichtssachverständigen bieten Gewähr für Unabhängigkeit und Unparteilichkeit im Einklang mit den Bestimmungen, die für Richter nach Artikel 22 gelten.
5. Die dem Gericht von den Gerichtssachverständigen vorgelegten Gutachten werden den Parteien zur Verfügung gestellt; diese erhalten Gelegenheit, sich dazu zu äußern.
Abschnitt 3
Zugang zu den Gerichten und zum Recht
Artikel 12
Beilegung von Streitigkeiten
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Gericht, wenn es der Auffassung ist, dass sich die Rechtssache für eine Beilegung eignet, in jeder Verfahrensphase und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles vorschlagen kann, dass die Parteien die Mediation in Anspruch nehmen, um die Streitigkeit beizulegen oder die Möglichkeit einer Streitbeilegung zu prüfen
2. Absatz 1 gilt unbeschadet des Rechts der Parteien, die sich für eine Mediation entschieden haben, während des Mediationsverfahrens ein Gerichts- oder Schiedsverfahren hinsichtlich derselben Streitigkeit einzuleiten, bevor die Verjährungsfristen ablaufen.
Artikel 13
Gerichtskosten
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in den Mitgliedstaaten für zivilrechtliche Streitsachen in Rechnung gestellten Gerichtsgebühren nicht unverhältnismäßig zum Streitwert sind und nicht gerichtliche Verfahren unmöglich machen oder übermäßig erschweren.
2. Die in den Mitgliedstaaten für zivilrechtliche Streitsachen in Rechnung gestellten Gerichtsgebühren dürfen die Bürger nicht davon abhalten, ein Gericht anzurufen, oder den Zugang zur Justiz nicht anderweitig behindern.
3. Die Parteien müssen die Gerichtsgebühren mittels Fernzahlungsmöglichkeiten (Banküberweisung, Zahlung mit Kredit- oder Debitkarte) begleichen können, mit deren Hilfe sie die Zahlung auch aus einem anderen als dem Mitgliedstaat vornehmen können, in dem das Gericht seinen Sitz hat.
4. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Angaben zu Gerichtsgebühren und Zahlungsmodalitäten sowie zu den Behörden oder Organisationen, die in den Mitgliedstaaten praktische Hilfestellung geben, transparenter werden und über das Internet leicht zugänglich sind. Zu diesem Zweck übermitteln die Mitgliedstaaten diese Angaben der Kommission, die ihrerseits sicherzustellen hat, dass diese Angaben auf geeignete Weise, insbesondere über das Europäische E-Justiz-Portal, veröffentlicht werden und weite Verbreitung finden.
Artikel 14
Grundsatz, dass die unterlegene Partei die Kosten zu tragen hat
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens trägt, einschließlich unter anderem sämtlicher Kosten, die aufgrund der Tatsache anfallen, dass sich die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsbeistand hat vertreten lassen, oder sämtlicher Kosten für die Zustellung oder Übersetzung von Dokumenten, die im Verhältnis zum Streitwert stehen und die notwendig waren.
2. Obsiegt eine Partei nur teilweise oder liegen außergewöhnliche Umstände vor, können die Gerichte anordnen, dass die Kosten nach Billigkeit verteilt werden oder jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.
3. Eine Partei trägt alle unnötigen Kosten, die sie dem Gericht oder einer anderen Partei verursacht hat, entweder indem sie unnötige Themen eigeführt hat oder in sonstiger Weise übermäßig streitbar war.
4. Das Gericht kann die Auferlegung der Kosten ändern, wenn eine unbegründete Verweigerung der Zusammenarbeit oder eine arglistige Beteiligung an Streitbeilegungsbemühungen gemäß Artikel 20 dies rechtfertigt.
Artikel 15
Prozesskostenhilfe
1. Um einen effektiven Zugang zum Recht zu gewährleisten, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Gerichte einer Partei Prozesskostenhilfe gewähren dürfen.
2. Die Prozesskostenhilfe kann folgende Kosten gänzlich oder teilweise decken:
(a) Gerichtsgebühren durch vollständige oder partielle Nachlässe oder Stundung;
(b) Kosten der Rechtsberatung und -vertretung bezüglich
(i) einer vorprozessualen Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung gemäß Artikel 12 Absatz 1;
(ii) Anhängigmachung oder -haltung bei Gericht;
(iii) alle Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren, einschließlich der Beantragung von Prozesskostenhilfe;
(iv) Vollstreckung von Entscheidungen;
(c) sonstige notwendige Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren, die von einer Partei zu tragen sind, einschließlich der Kosten für Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer sowie notwendige Reise-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten dieser Partei und ihres Vertreters;
(d) Kosten, die der obsiegenden Partei gemäß Artikel 14 zugesprochen werden, wenn der Antragsteller den Prozess verliert.
3. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede natürliche Person, die Bürger der Europäischen Union oder ein Drittstaatsangehöriger ist, der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, berechtigt ist, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen, wenn
(a) sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage vollständig oder teilweise außer Stande ist, die Kosten nach Absatz 2 dieses Artikels zu tragen, und
(b) die Klage, in deren Rahmen der Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt wird, begründete Erfolgsaussichten unter Berücksichtigung der Stellung des Antragstellers im Verfahren hat, und
(c) der Kläger, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nach den einschlägigen nationalen Vorschriften klageberechtigt ist.
4. Juristische Personen dürfen Prozesskostenhilfe in Form einer Freistellung von der Pflicht zur Vorauszahlung der Kosten des Verfahrens und/oder der Unterstützung durch einen Rechtsanwalt beantragen. Bei der Entscheidung über die Gewährung einer solchen Hilfe können die Gerichte unter anderem Folgendes berücksichtigen:
(a) die Rechtsform der betreffenden juristischen Person und die Frage, ob sie gewinnorientiert oder ohne Erwerbszweck ist;
(b) die finanzielle Leistungsfähigkeit der Partner oder Anteilseigner;
(c) die Fähigkeit dieser Partner oder Anteilseigner, die Beträge aufzubringen, die notwendig sind, um ein gerichtliches Verfahren einzuleiten.
5. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Unionsbürger und juristische Personen über das Verfahren zur Hinzuziehung eines Rechtsbeistands gemäß den Absätzen 1–4 informiert sind, sodass dieses wirksam und zugänglich wird.
6. Dieser Artikel lässt die Richtlinie 2003/8/EG unberührt.
Artikel 16
Finanzierung
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall der Finanzierung eines Rechtsstreits durch private Dritte diese Dritten Folgendes unterlassen:
(a) die Einflussnahme auf die Verfahrensentscheidungen der Klagepartei, darunter auf Einigungsentscheidungen;
(b) die Bereitstellung von Mitteln für den Rechtsstreit gegen einen Beklagten, der Wettbewerber des Geldgebers ist oder auf dessen Mittel der Geldgeber angewiesen ist;
(c) überhöhte Zinsen auf die bereitgestellten Mittel.
2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei einer Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten durch private Dritte die Vergütung, die der Geldgeber erhält, oder die von ihm verlangten Zinsen nicht von der Höhe der Einigung oder dem zugesprochenen Schadensersatz abhängig gemacht werden dürfen, es sei denn, die Finanzierungsvereinbarung wird von einer Behörde kontrolliert, um die Interessen der Parteien zu wahren.
Abschnitt 4
Fairness der Verfahren
Artikel 17
Zustellung von Schriftstücken
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass grundsätzlich Zustellungsarten verwandt werden, bei denen der Eingang der zugestellten Schriftstücke gewährleistet ist.
2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass verfahrenseinleitende Schriftstücke oder gleichwertige Schriftstücke sowie Ladungen zu Gerichtsverhandlungen im Einklang mit dem nationalen Recht in einer der folgenden Formen zugestellt werden können:
(a) persönliche Übergabe;
(b) Postdienst;
(c) elektronische Zustellung, wie beispielsweise per Fax oder E-Mail.
Die Zustellung wird bescheinigt, indem der Empfänger eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet.
Für die Zwecke der elektronischen Zustellung nach Unterabsatz 1 Buchstabe c werden angemessen hohe technische Standards zur Gewährleistung der Identität des Absenders und der sicheren Übermittlung der zugestellten Schriftstücke verwandt.
Bei diesen Schriftstücken ist auch eine persönliche Zustellung möglich, bei der die zustellungsberechtigte Person ein Dokument unterzeichnet, in dem neben dem Zustellungsdatum vermerkt ist, dass der Empfänger die Schriftstücke erhalten oder deren Annahme ohne rechtmäßigen Grund verweigert hat.
3. Ist eine Zustellung gemäß Absatz 2 nicht möglich, oder steht die Anschrift des Beklagten nicht mit Sicherheit fest, kann die Zustellung auf eine der folgenden Arten bewirkt werden:
(a) persönliche Zustellung unter der Privatanschrift des Beklagten an eine in derselben Wohnung wie der Beklagte lebende Person oder an eine dort beschäftigte Person;
(b) wenn der Beklagte Selbstständiger oder eine juristische Person ist, persönliche Zustellung in den Geschäftsräumen des Beklagten an eine Person, die vom Beklagten beschäftigt wird;
(c) Hinterlegung der Schriftstücke im Briefkasten des Beklagten;
(d) Hinterlegung der Schriftstücke beim Postamt oder bei den zuständigen Behörden mit entsprechender schriftlicher Benachrichtigung im Briefkasten des Beklagten, sofern in der schriftlichen Benachrichtigung die Schriftstücke eindeutig als gerichtliche Schriftstücke bezeichnet werden oder darauf hingewiesen wird, dass die Zustellung durch die Benachrichtigung als erfolgt gilt und damit Fristen zu laufen beginnen;
(e) postalisch ohne Nachweis gemäß Absatz 4, wenn der Beklagte seine Anschrift im Ursprungsmitgliedstaat hat;
(f) elektronisch, mit automatisch erstellter Sendebenachrichtigung, sofern sich der Beklagte vorab ausdrücklich mit dieser Art der Zustellung einverstanden erklärt hat.
Die Zustellung nach Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d dieses Absatzes wird bescheinigt durch
(a) ein von der zuständigen Person, die die Zustellung vorgenommen hat, unterzeichnetes Schriftstück mit allen folgenden Angaben:
(i) Name und Vorname der zuständigen Person, die die Zustellung vorgenommen hat,
(ii) die gewählte Form der Zustellung,
(iii) das Datum der Zustellung,
(iv) falls die zugestellten Schriftstücke einer anderen Person als dem Antragsgegner zugestellt wurden, der Name dieser Person und die Angabe ihres Verhältnisses zum Beklagten, und
(v) weitere nach nationalem Recht verbindliche Informationen;
(b) eine Empfangsbestätigung der Person, der das Schriftstück zugestellt wurde, für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstaben a und b dieses Absatzes.
4. Die Zustellung nach den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels kann auch an den gesetzlichen Vertreter oder Bevollmächtigten des Beklagten bewirkt werden.
5. Werden verfahrenseinleitende Schriftstücke oder gleichwertige Schriftstücke oder Ladungen außerhalb der Mitgliedstaaten zugestellt, können sie in einer der in folgenden Texten vorgesehenen Arten zugestellt werden:
(a) Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates(26), wenn sie anwendbar ist, unter Achtung der durch diese Verordnung eingeräumten Rechte des Empfängers oder
(b) Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen oder alle anderen Übereinkommen oder Vereinbarungen, wenn sie anwendbar sind.
6. Diese Richtlinie lässt die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 unberührt und gilt unbeschadet der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(27) sowie der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates(28).
Artikel 18
Recht auf einen Rechtsanwalt in Zivilverfahren
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Parteien eines Zivilverfahrens ein Recht auf einen Rechtsanwalt ihrer Wahl in einer solchen Art und Weise haben, dass sie ihre Rechte praktisch und wirksam wahrnehmen können.
Bei grenzüberschreitenden Streitsachen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Parteien eines Zivilverfahrens das Recht auf einen Rechtsanwalt in ihrem Herkunftsstaat haben, der sie vorweg berät, sowie auf einen Rechtsanwalt im Aufnahmestaat, der die Streitsache betreut.
2. Die Mitgliedstaaten beachten die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen den Parteien eines Rechtsstreits und ihrem Rechtsanwalt. Eine solche Kommunikation umfasst auch Treffen, Schriftverkehr, Telefongespräche und sonstige nach nationalem Recht zulässige Kommunikationsformen.
3. Unbeschadet nationaler Rechtsvorschriften, nach denen die Anwesenheit oder Unterstützung eines Rechtsanwalts zwingend vorgeschrieben ist, können die Parteien eines Zivilverfahrens auf ein Recht nach Absatz 1 dieses Artikels verzichten, wenn:
(a) die Parteien mündlich oder schriftlich eindeutige und ausreichende Informationen in einfacher und verständlicher Sprache über die möglichen Folgen eines Verzichts auf dieses Recht erhalten haben und
(b) die Verzichtserklärung freiwillig und unmissverständlich abgegeben wird.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Parteien einen Verzicht jederzeit während des Zivilverfahrens widerrufen können und dass sie über diese Möglichkeit informiert werden.
4. Diese Bestimmung gilt unbeschadet der Bestimmungen zur Rechtsvertretung in der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates(29), der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 und der Verordnung (EU) Nr. 655/2014.
Artikel 19
Zugang zu Informationen
Die Mitgliedstaaten bemühen sich darum, dass den Bürgern transparente und problemlos verfügbare Informationen über die Einleitung verschiedener Verfahren, Verjährungsfristen, den für unterschiedliche Streitigkeiten zuständigen Gerichten und die notwendigen Formulare, die zu diesem Zweck ausgefüllt werden müssen, zur Verfügung gestellt werden. Dieser Artikel verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht zur Gewährung rechtlicher Beratung in Form einer rechtlichen Prüfung im Einzelfall.
Artikel 20
Verdolmetschung und Übersetzung wesentlicher Dokumente
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sämtliche Parteien in einem Rechtsstreit das Gerichtsverfahren uneingeschränkt verstehen. Das schließt ein, dass während des Zivilverfahrens eine Verdolmetschung zur Verfügung steht und dass schriftliche Übersetzungen sämtlicher wesentlichen Dokumente angefertigt werden können, damit für die Fairness des Verfahrens im Einklang mit Artikel 15 dieser Richtlinie gesorgt ist.
Artikel 21
Pflichten der Parteien und ihrer Vertreter
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sich die Parteien eines Rechtsstreits und ihre Vertreter nach Treu und Glauben und mit Respekt beim Umgang mit dem Gericht und anderen Parteien verhalten und Fälle oder Sachverhalte vor dem Gericht weder wissentlich noch aufgrund fahrlässiger Unkenntnis falsch darstellen.
Artikel 22
Öffentlichkeit der Verhandlungen
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verhandlungen öffentlich sind, es sei denn, das Gericht beschließt, sie, soweit erforderlich, im Interesse einer der Parteien oder sonstiger Betroffener oder im allgemeinen Interesse der Justiz oder der öffentlichen Ordnung für vertraulich zu erklären.
Artikel 23
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz
1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gerichte und ihre Richter die Unabhängigkeit der Justiz genießen. Die Zusammensetzung der Gerichte muss ausreichend Gewähr dafür bieten, dass legitime Zweifel an der Unparteilichkeit ausgeschlossen werden können.
2. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sind die Richter an keinerlei Weisungen gebunden, unterliegen keiner Einflussnahme und keinem Druck und sind unvoreingenommen und frei von persönlichen Vorurteilen.
Artikel 24
Aus- und Fortbildung
1. Unbeschadet der Unabhängigkeit der Justiz und der Unterschiede in der Organisation der Justizsysteme innerhalb der Union stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Gerichte, die Ausbildungseinrichtungen und die Rechtspraktiker ihre juristischen Aus- und Fortbildungsprogramme verstärken, um dafür Sorge zu tragen, dass das Unionsrecht in die justiziellen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten integriert wird.
2. Aus- und Fortbildungsprogramme sollten praxisorientiert sein und Relevanz für die täglichen Aufgaben der Rechtspraktiker besitzen; der zeitliche Aufwand sollte sich in Grenzen halten, und es sollten aktive und moderne Lernmethoden zum Einsatz kommen. Sie sollten Erstausbildungs- sowie Fort- und Weiterbildungsangebote umfassen. Durch die Aus- und Fortbildungsprogramme soll schwerpunktmäßig insbesondere erreicht werden, dass
(a) die Teilnehmer im Hinblick auf die Unionsinstrumente der justiziellen Zusammenarbeit über ausreichende Kenntnisse verfügen und es sich zu eigen machen, regelmäßig und sozusagen reflexartig die Rechtsprechung der Union zu konsultieren, die Umsetzung der Rechtsakte der EU in nationales Recht nachzuprüfen und das Vorabentscheidungsverfahren des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Anwendung zu bringen,
(b) Wissen und Erfahrung im Bereich der Rechtsvorschriften und Verfahren der Union und anderer Rechtssysteme verbreitet werden,
(c) der kurzfristige Austausch neu ernannter Richter erleichtert wird,
(d) eine Fremdsprache und die entsprechende Rechtsterminologie beherrscht wird.
KAPITEL III
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 25
Umsetzung
1. Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens bis zum … [ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Richtlinie] nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
2. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
3. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 26
Überprüfung
Bis zum 31. Dezember 2025 und danach alle fünf Jahre legt die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor, der sich auf qualitative und quantitative Angaben stützt. In diesem Zusammenhang bewertet die Kommission insbesondere die Auswirkungen auf den Zugang zum Recht, das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, auf die Zusammenarbeit in Zivilsachen, auf das Funktionieren des Binnenmarkts, auf KMU, auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Europäischen Union und auf das Vertrauen der Verbraucher. Erforderlichenfalls werden dem Bericht Legislativvorschläge zur Anpassung und Stärkung dieser Richtlinie beigefügt.
Artikel 27
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 28
Adressaten
Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu … am …
Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
M. Storme, Study on the approximation of the laws and rules of the Member States concerning certain aspects of the procedure for civil litigation (Final Report, Dordrecht, 1994).
Siehe unter anderem: Urteil vom 16. Dezember 1976, Comet BV/Produktschap voor Siergewassen, 45/76, ECLI:EU:C:1976:191 und Urteil vom 15. Mai 1986, Marguerite Johnston/Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary, 222/84, ECLI:EU:C:1986:206.
Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1).
Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen, ABl. L 26 vom 31.1.2003, S. 41.
Empfehlung der Kommission vom 11. Juni 2013 „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“, ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 60.
Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30).
Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 5.12.2014, S. 1).
Siehe beispielsweise die Verordnung für geringfügige Forderungen (siehe zweite Fußnote in vorstehender Erwägung G) und die Verordnung über einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung (Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 59)).
Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45).
Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1).
Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45).
Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 59).
Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. L 26 vom 31.1.2003, S. 41).
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).
Empfehlungen des Rates „Förderung des Einsatzes grenzüberschreitender Videokonferenzen im Bereich der Justiz in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene und Austausch entsprechender bewährter Vorgehensweisen“ (ABl. C 250 vom 31.7.2015, S. 1).
Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79);
Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 15).
Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. L 399 vom 30.12.2006, S. 1).
Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1).
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau (COM(2017)0014 – C8-0016/2017 – 2017/0007(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2017)0014),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 212 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C8-0016/2017),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates, die gleichzeitig mit dem Beschluss Nr. 778/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 über eine weitere Makrofinanzhilfe für Georgien angenommen wurde(1),
– unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 69f Absatz 4 seiner Geschäftsordung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 15. Juni 2017 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Haushaltsausschusses (A8-0185/2017),
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;
2. billigt die dieser Entschließung beigefügte gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission;
3. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
4. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Juli 2017 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses (EU) 2017/... des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau
(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2017/1565.)
ANHANG ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
GEMEINSAME ERKLÄRUNG des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission
Angesichts der Initiativen in Bezug auf Änderungen am Wahlsystem der Republik Moldau heben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission hervor, dass die Gewährung der Makrofinanzhilfe der Union an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Empfängerstaat sich wirksame demokratische Mechanismen, einschließlich eines parlamentarischen Mehrparteiensystems und des Rechtsstaatsprinzips, zu eigen macht und die Achtung der Menschenrechte garantiert. Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst überprüfen das Vorliegen dieser Voraussetzung während der gesamten Laufzeit der Makrofinanzhilfe und richten hierbei ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, dass die Behörden der Republik Moldau den Empfehlungen der einschlägigen internationalen Partner (insbesondere der Venedig-Kommission und der OSZE bzw. des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte) nachkommen.
Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen ***I
502k
66k
Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen (COM(2016)0198 – C8-0146/2016 – 2016/0107(COD))(1)
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Vorschlag der Kommission
Geänderter Text
Abänderung 1 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung -1 (neu)
(-1) Die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen, insbesondere aller Unternehmen, ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Binnenmarkt. Ein abgestimmter und harmonisierter Ansatz bei der Umsetzung nationaler Steuersysteme ist für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ausschlaggebend und würde dazu beitragen, die Steuervermeidung und die Gewinnverlagerung zu verhindern.
Abänderung 2 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung -1 a (neu)
(-1a) Durch Steuervermeidung und Steuerhinterziehung sowie durch die Systeme der Gewinnverlagerung werden den Regierungen und den Bürgern die Ressourcen, die unter anderem für die Sicherstellung eines allgemeinen und kostenlosen Zugangs zu öffentlichen Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen und zu den staatlichen Sozialleistungen erforderlich sind, vorenthalten. Zudem wurde durch sie den Staaten die Möglichkeit verwehrt, ein Angebot an Wohnungen zu erschwinglichen Preisen und an öffentlichen Verkehrsmitteln sicherzustellen und Infrastrukturen zu errichten, die für die gesellschaftliche Entwicklung und das Wirtschaftswachstum von wesentlicher Bedeutung sind. Insgesamt sind diese Systeme zu einem Faktor für Ungerechtigkeit, Ungleichheiten und wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede geworden.
Abänderung 3 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung -1 b (neu)
(-1b) Ein faires und wirksames System der Unternehmensbesteuerung sollte der dringenden Notwendigkeit einer weltweiten progressiven und gerechten Steuerpolitik entsprechen, die Umverteilung des Wohlstands fördern und Ungleichheiten abbauen.
Abänderung 4 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 1
(1) In den letzten Jahren hat sich die Ertragsteuervermeidung zu einer erheblichen Herausforderung entwickelt und ist in der Union sowie weltweit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. In seinen Schlussfolgerungen vom 18. Dezember 2014 erkannte der Europäische Rat an, dass es dringend erforderlich ist, die Anstrengungen zur Bekämpfung von Steuerumgehung sowohl weltweit als auch auf Unionsebene weiter voranzubringen. In ihren Mitteilungen „Arbeitsprogramm der Kommission 2016 – Jetzt ist nicht die Zeit für Business as usual“16 und „Arbeitsprogramm der Kommission 2015 – Ein neuer Start“17 erklärte es die Kommission zur Priorität, zu einem Steuerrecht zu gelangen, bei dem Gewinne dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden. Als weitere Priorität nannte die Kommission die Notwendigkeit, dem Ruf unserer Gesellschaften nach FairnessundTransparenz im Steuerwesenzufolgen.
(1) Für das reibungslose Funktionierens des Binnenmarktes ist Transparenz unverzichtbar. In den letzten Jahren hat sich die Ertragsteuervermeidung zu einer erheblichen Herausforderung entwickelt und ist in der Union sowie weltweit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. In seinen Schlussfolgerungen vom 18. Dezember 2014 erkannte der Europäische Rat an, dass es dringend erforderlich ist, die Anstrengungen zur Bekämpfung von Steuerumgehung sowohl weltweit als auch auf Unionsebene weiter voranzubringen. In ihren Mitteilungen „Arbeitsprogramm der Kommission 2016 – Jetzt ist nicht die Zeit für Business as usual“16 und „Arbeitsprogramm der Kommission 2015 – Ein neuer Start“17 erklärte es die Kommission zur Priorität, zu einem Steuerrecht zu gelangen, bei dem Gewinne dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden. Als weitere Priorität nannte die Kommission die Notwendigkeit, dem Ruf der europäischen Bürger nach Transparenz zu folgenundals Referenzmodell für andere Länderzuagieren. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass bei der Transparenz die Gegenseitigkeit zwischen Mitbewerbern berücksichtigt wird.
Abänderung 5 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 2
(2) In seiner Entschließung vom 16. Dezember 2015 zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Annäherung der Politik im Bereich der Körperschaftssteuer in der Union18 erkannte das Europäische Parlament an, dass mehr Transparenz im Bereich der Unternehmensbesteuerung die Steuererhebung verbessern kann, zu mehr Effizienz bei der Arbeit der Steuerbehörden führt und für eine Steigerung des öffentlichen Vertrauens in die Steuersysteme und Regierungen unerlässlich ist.
(2) In seiner Entschließung vom 16. Dezember 2015 zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Annäherung der Politik im Bereich der Körperschaftssteuer in der Union18 erkannte das Europäische Parlament an, dass mehr Transparenz, Zusammenarbeit und Annäherung im Bereich der Politik der Unternehmensbesteuerung in der Union die Steuererhebung verbessern können, zu mehr Effizienz bei der Arbeit der Steuerbehörden führen, die politischen Entscheidungsträger dabei unterstützen, das derzeitige Steuersystem zu bewerten, um künftige Rechtsvorschriften zu entwickeln, für eine Steigerung des öffentlichen Vertrauens in die Steuersysteme und Regierungen unerlässlich sind und Anlageentscheidungen auf der Grundlage zutreffenderer Risikoprofile von Unternehmen verbessern.
Abänderung 6 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 2 a (neu)
(2a) Die öffentliche länderspezifische Berichterstattung ist ein wirksames und geeignetes Hilfsmittel, um die Transparenz der Tätigkeiten multinationaler Unternehmen zu erhöhen und der Öffentlichkeit zu ermöglichen, die Auswirkungen dieser Tätigkeiten auf die Realwirtschaft zu bewerten. Sie wird auch die Fähigkeit der Aktionäre verbessern, zutreffend die von Unternehmen eingegangenen Risiken einzuschätzen, zu auf zutreffenden Informationen beruhenden Anlagestrategien führen und die Fähigkeit von Entscheidungsträgern stärken, die Wirksamkeit und die Auswirkungen nationaler Rechtsvorschriften einzuschätzen.
Abänderung 7 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 2 b (neu)
(2b) Die länderspezifischen Berichterstattung wird auch positive Auswirkungen auf die Rechte der Arbeitnehmer auf Information und Konsultation, wie sie in der Richtlinie 2002/14/EG vorgesehen sind, sowie – durch die Vermittlung einer besserer Kenntnis der Tätigkeiten von Unternehmen – auf die Qualität des engagierten Dialogs innerhalb von Unternehmen haben.
Abänderung 8 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 4
(4) Im November 2015 forderte die G20 ein weltweit faires und modernes internationales Steuersystem und billigte den Aktionsplan der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung („Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting“ – BEPS), der den Staaten eindeutige internationale Lösungen an die Hand geben soll, um Lücken und Unstimmigkeiten in den bestehenden Regelungen zu beseitigen, die Unternehmen die Möglichkeit geben, Gewinne an steuerfreie oder Niedrigsteuer-Standorte zu verlagern, an denen unter Umständen keine echte Wertschöpfung stattfindet. Insbesondere wird mit BEPS-Aktionspunkt 13 für bestimmte multinationale Unternehmen eine vertrauliche länderspezifische Berichterstattung an die nationalen Steuerbehörden eingeführt. Am 27. Januar 2016 nahm die Kommission das „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Steuervermeidung“ an. Ein Ziel dieses Pakets ist die Umsetzung des BEPS-Aktionspunkts 13 in Unionsrecht durch Änderung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates20.
(4) Im November 2015 forderte die G20 ein weltweit faires und modernes internationales Steuersystem und billigte den Aktionsplan der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung („Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting“ – BEPS), der den Staaten eindeutige internationale Lösungen an die Hand geben soll, um Lücken und Unstimmigkeiten in den bestehenden Regelungen zu beseitigen, die Unternehmen die Möglichkeit geben, Gewinne an steuerfreie oder Niedrigsteuer-Standorte zu verlagern, an denen unter Umständen keine echte Wertschöpfung stattfindet. Insbesondere wird mit BEPS-Aktionspunkt 13 für bestimmte multinationale Unternehmen eine vertrauliche länderspezifische Berichterstattung an die nationalen Steuerbehörden eingeführt. Am 27.Januar 2016 nahm die Kommission das „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Steuervermeidung“ an. Ein Ziel dieses Pakets ist die Umsetzung des BEPS-Aktionspunkts 13 in Unionsrecht durch Änderung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates20. Allerdings erfordert eine Besteuerung von Gewinnen dort, wo die Wertschöpfung entsteht, einen umfassenderen Ansatz zur länderspezifischen Berichterstattung, der sich auf eine öffentliche Berichterstattung gründet.
__________________
__________________
20 Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1).
20 Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1).
Abänderung 9 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 4 a (neu)
(4a) Das „International Accounting Standards Board“ (IASB) sollte die einschlägigen Standards für die Finanzberichterstattung und die internationalen Rechnungslegungsstandards erweitern, um die Einführung einer Verpflichtung zur öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung zu erleichtern.
Abänderung 10 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 4 b (neu)
(4b) Die öffentliche länderspezifische Berichterstattung wurde bereits in der Union für den Bankensektor durch die Richtlinie 2013/36/EU sowie für die holz- und die mineralgewinnende Industrie durch die Richtlinie 2013/34/EU eingeführt.
Abänderung 11 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 4 c (neu)
(4c) Die Union hat durch die beispiellose Einführung einer öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung gezeigt, dass sie bei der Bekämpfung der Steuervermeidung weltweit eine Führungsrolle übernommen hat.
Abänderung 12 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 4 d (neu)
(4d) Da die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, der Steuervermeidung und der aggressiven Steuerplanung nur mit einem gemeinsamen Tätigwerden auf internationaler Ebene erfolgreich sein kann, ist es unbedingt erforderlich, dass die Union in diesem Kampf weiterhin eine Führungsrolle spielt und gleichzeitig ihre Maßnahmen mit internationalen Akteuren abstimmt, zum Beispiel im OECD-Rahmen. Einseitige Maßnahmen haben, selbst wenn sie sehr ambitioniert sind, keine wirkliche Chance, erfolgreich zu sein, und außerdem gefährden sie die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und schaden dem Investitionsklima in der Union.
Abänderung 13 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 4 e (neu)
(4e) Aus mehr Transparenz bei den Ergebnissen finanzieller Offenlegung ziehen alle Nutzen, da die Steuerverwaltungen effizienter sein werden, die Zivilgesellschaft stärker einbezogen wird, Arbeitnehmer besser informiert werden und Anleger risikofreudiger werden. Außerdem werden Unternehmen bessere Beziehungen zu ihren Aktionären zugute kommen, was zu mehr Stabilität zusammen mit einem leichteren Zugang zur Finanzierung wegen klarerer Risikoprofile und einer gestärkten Reputation führen wird.
Abänderung 14 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 5
(5) Eine verstärkte öffentliche Kontrolle der Ertragsteuerbelastung von multinationalen Unternehmen, die in der Union tätig sind, ist unerlässlich, um Unternehmen stärker in die Verantwortung zu nehmen, durch Steuern zum Wohlstand beizutragen, durch eine sachkundigere öffentliche Debatte einen faireren Steuerwettbewerb in der Union zu fördern und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fairness der nationalen Steuersysteme wiederherzustellen. Durch einen Ertragsteuerinformationsbericht kann eine solche öffentliche Kontrolle unabhängig davon erreicht werden, wo das oberste Mutterunternehmen der multinationalen Gruppe seinen Sitz unterhält.
(5) Zusätzlich zu mehr Transparenz, die durch die länderspezifische Berichterstattung an die nationalen Steuerbehörden erreicht wird, ist eine verstärkte öffentliche Kontrolle der Ertragsteuerbelastung von multinationalen Unternehmen, die in der Union tätig sind, unerlässlich, um die Rechenschaftspflicht von Unternehmen zu fördern, Unternehmen stärker in die soziale Verantwortung zu nehmen, durch Steuern zum Wohlstand beizutragen, durch eine sachkundigere öffentliche Debatte einen faireren Steuerwettbewerb in der Union zu fördern und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fairness der nationalen Steuersysteme wiederherzustellen. Durch einen Ertragsteuerinformationsbericht kann eine solche öffentliche Kontrolle unabhängig davon erreicht werden, wo das oberste Mutterunternehmen der multinationalen Gruppe seinen Sitz unterhält. Die öffentliche Kontrolle muss allerdings erfolgen, ohne dass das Investitionsklima in der Union oder die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen der Union Schaden nimmt, insbesondere KMU im Sinne dieser Richtlinie und Unternehmen mit mittelgroßer Marktkapitalisierung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 2015/10171a , die von der durch diese Richtlinie eingeführten Berichterstattungspflicht ausgenommen werden sollten.
__________________
1a Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 – der Europäische Fonds für strategische Investitionen (ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1).
Abänderung 15 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 5 a (neu)
(5a) Die Kommission definiert soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR) als die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die CSR sollte eine Sache der Unternehmen sein. Die öffentlichen Stellen können eine unterstützende Rolle über einen intelligenten Mix freiwilliger politischer Maßnahmen und erforderlichenfalls verbindlicher Regelungen spielen. Unternehmen können sozial verantwortungsbewusst entweder durch die Befolgung der Gesetze oder dadurch werden, dass sie soziale, ökologische, ethische, verbraucherpolitische oder die Menschenrechte betreffende Erwägungen in ihre Geschäftsstrategie und ihre Transaktionen oder in beide einfließen lassen.
Abänderung 16 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 6
(6) Unterhält eine Unternehmensgruppe bestimmte Niederlassungen in der Union, sollte die öffentliche Kontrolle über sämtliche Tätigkeiten der Gruppe ausgeübt werden können. Im Falle von Gruppen, die in der Union ausschließlich über Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen tätig sind, sollten diese Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen den Bericht des obersten Mutterunternehmens veröffentlichen und zugänglich machen. Der Verhältnismäßigkeit und der Wirksamkeit halber sollte die Pflicht zur Veröffentlichung und Zugänglichmachung des Berichts jedoch auf mittlere oder große in der Union niedergelassene Tochterunternehmen oder in einem Mitgliedstaat eröffnete Zweigniederlassungen vergleichbarer Größe beschränkt werden. Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2013/34/EU sollte daher entsprechend auf Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von einem Unternehmen mit Sitz außerhalb der Union eröffnet werden, ausgedehnt werden.
(6) Unterhält eine Unternehmensgruppe bestimmte Niederlassungen innerhalb und außerhalb der Union, sollte die öffentliche Kontrolle über sämtliche Tätigkeiten der Gruppe ausgeübt werden können. Gruppen mit Zweigniederlassungen in der Union sollten die Unionsgrundsätze des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich einhalten. Multinationale Unternehmen sind weltweit tätig, und ihr Geschäftsgebaren hat beträchtliche Auswirkungen auf Entwicklungsländer. Wenn sie deren Bürgern Zugang zu länderspezifischen Unternehmensinformationen gewähren würden, könnten diese und die Steuerbehörden in ihren Ländern diese Unternehmen überwachen, bewerten und sie zur Rechenschaft ziehen. Indem sie diese Informationen für jedes Steuergebiet, in dem das multinationale Unternehmen tätigt ist, öffentlich macht, würde die Union ihre Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung stärken und potentielle Steuervermeidungssysteme in Ländern beschränken, in denen die Mobilisierung heimischer Ressourcen als ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklungspolitik der Union ermittelt wurde.
Abänderung 17 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 8
(8) Der Ertragsteuerinformationsbericht sollte Informationen über sämtliche Tätigkeiten eines Unternehmens oder aller verbundenen Unternehmen einer von einem obersten Mutterunternehmen kontrollierten Gruppe enthalten. Die Informationen sollten auf den Berichterstattungsvorschriften des BEPS-Aktionspunkts 13 beruhen und sich auf das für eine wirksame öffentliche Kontrolle erforderliche Maß beschränken, damit sichergestellt ist, dass aus der Offenlegung keine unverhältnismäßigen Risiken oder Nachteile erwachsen. Der Bericht sollte auch eine kurze Beschreibung der Art der Tätigkeiten enthalten. Diese Beschreibung könnte auf der Kategorisierung in Kapitel V Anhang III Tabelle 2 der von der OECD ausgegebenen „Leitlinien zur Verrechnungspreisdokumentation“ beruhen. Der Bericht sollte auch eine Gesamtschilderung enthalten, in der etwaige wesentliche Diskrepanzen zwischen den noch zu zahlenden und den bereits gezahlten Steuern auf Gruppenebene unter Berücksichtigung der entsprechenden Beträge für vorangehende Geschäftsjahre erläutert werden.
(8) Der Ertragsteuerinformationsbericht sollte Informationen über sämtliche Tätigkeiten eines Unternehmens oder aller verbundenen Unternehmen einer von einem obersten Mutterunternehmen kontrollierten Gruppe enthalten. Die Informationen sollten die Berichterstattungsvorschriften des BEPS-Aktionspunkts 13 berücksichtigen und sich auf das für eine wirksame öffentliche Kontrolle erforderliche Maß beschränken, damit sichergestellt ist, dass aus der Offenlegung keine unverhältnismäßigen Risiken oder Nachteile hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit und Falschauslegung für die betreffenden Unternehmen erwachsen. Der Bericht sollte auch eine kurze Beschreibung der Art der Tätigkeiten enthalten. Diese Beschreibung könnte auf der Kategorisierung in Kapitel V Anhang III Tabelle 2 der von der OECD ausgegebenen „Leitlinien zur Verrechnungspreisdokumentation“ beruhen. Der Bericht sollte auch eine Gesamtschilderung enthalten, in der u. a. etwaige wesentliche Diskrepanzen zwischen den noch zu zahlenden und den bereits gezahlten Steuern auf Gruppenebene unter Berücksichtigung der entsprechenden Beträge für vorangehende Geschäftsjahre erläutert werden.
Abänderung 18 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 9
(9) Um eine Detailtiefe zu gewährleisten, die es den Bürgern besser zu beurteilen ermöglicht, welchen Beitrag multinationale Unternehmen zum Wohlstand in den einzelnen Mitgliedstaaten leisten, sollten die Informationen nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt werden. Darüber hinaus sollten die Informationen über die Geschäftstätigkeit multilateraler Unternehmen auch für bestimmte Steuergebiete, die besondere Herausforderungen beinhalten, mit großer Detailtiefe ausgewiesen werden. Für alle übrigen Drittlandgeschäfte sollten die Informationen in aggregierten Zahlen wiedergegeben werden.
(9) Um eine Detailtiefe zu gewährleisten, die es den Bürgern ermöglicht, besser zu beurteilen, welchen Beitrag multinationale Unternehmen zum Wohlstand in den Staaten und Hoheitsgebieten, in denen sie sowohl innerhalb als auch außerhalb der Union tätig sind, leisten, sollten die Informationen nach Staaten und Hoheitsgebieten aufgeschlüsselt werden, ohne der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu schaden. Ertragsteuerinformationsberichte können nur in sinnvoller Weise verstanden und benutzt werden, wenn die Informationen nach Steuergebieten aufgeschlüsselt vorgelegt werden.
Abänderung 82 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 9 a (neu)
(9a) Wenn die Informationen, die offen gelegt werden sollen, von dem Unternehmen als wirtschaftlich sensible Informationen betrachtet werden könnten, sollte das Unternehmen eine Genehmigung bei der zuständigen Behörde, wo es niedergelassen ist, beantragen können, nicht den vollständigen Inhalt der Informationen offen zu legen. In Fällen, in denen die nationale zuständige Behörde nicht die Steuerbehörde ist, sollte die zuständige Steuerbehörde in die Entscheidung einbezogen werden.
Abänderung 19 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 11
(11) Um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit über Fälle der Nichteinhaltung unterrichtet wird, sollten ein oder mehrere Abschlussprüfer oder ein oder mehrere Prüfungsgesellschaften nachprüfen, ob der Ertragsteuerinformationsbericht gemäß den Anforderungen dieser Richtlinie übermittelt und vorgelegt und auf der Website des betreffenden Unternehmens oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht wurde.
(11) Um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit über Fälle der Nichteinhaltung unterrichtet wird, sollten ein oder mehrere Abschlussprüfer oder ein oder mehrere Prüfungsgesellschaften nachprüfen, ob der Ertragsteuerinformationsbericht gemäß den Anforderungen dieser Richtlinie und innerhalb der Fristen gemäß dieser Richtlinie übermittelt und vorgelegt und auf der Website des betreffenden Unternehmens oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht wurde und ob die veröffentlichten Informationen im Einklang mit den geprüften Finanzdaten des Unternehmens stehen.
Abänderung 20 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 11 a (neu)
(11a) Fälle von Verstößen durch Unternehmen und Zweigniederlassungen gegen die Anforderungen der Ertragssteuerberichterstattung, für die durch die Mitgliedstaaten Sanktionen gemäß der Richtlinie 2013/34/EU verhängt wurden, sollten einem öffentlichen, von der Kommission geführten Register gemeldet werden. Diese Sanktionen könnten unter anderem Geldbußen oder den Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und von der Gewährung von Mitteln aus den Strukturfonds der Union umfassen.
Abänderung 21 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 13
(13) Um bestimmte Steuergebiete festzulegen, für die eine große Detailtiefe ausgewiesen werden sollte, sollte der Kommission zwecks Aufstellung einer gemeinsamen Unionsliste dieser Steuergebiete die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 AEUV übertragen werden. Diese Liste sollte anhand bestimmter Kriterien aufgestellt werden, die auf der Grundlage des Anhangs 1 der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über eine externe Strategie für effektive Besteuerung (COM(2016) 24 final) festgelegt werden. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt und dass diese Konsultationen mit den Grundsätzen der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung in Einklang stehen, die vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission gebilligt wurde und noch förmlich unterzeichnet werden muss. Um insbesondere eine gleichberechtigte Beteiligung an der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte zu gewährleisten, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
entfällt
Abänderung 22 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 13 a (neu)
(13a) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung von Artikel 48b Absätze 1, 3, 4 und 6 sowie Artikel 48c Absatz 5 der Richtlinie 2013/34/EU sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates1a ausgeübt werden.
________________
1a Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
Abänderung 23 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 14
(14) Da das Ziel dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen seiner Wirkung besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(14) Da das Ziel dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen seiner Wirkung besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Das Tätigwerden der Union ist somit gerechtfertigt, um der grenzübergreifenden Dimension bei aggressiver Steuerplanung oder Verrechnungspreisvereinbarungen gerecht zu werden. Diese Initiative trägt den von interessierten Kreisen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit Rechnung, Verzerrungen des Binnenmarkts abzubauen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Union zu beeinträchtigen. Sie dürfte keine ungebührlichen Verwaltungslasten für Unternehmen, keine weiteren Steuerkonflikte und keine Gefahr der Doppelbesteuerung schaffen. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus, zumindest in Bezug auf eine größere Transparenz.
Abänderung 24 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 15
(15) Die Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.
(15) Im Rahmen dieser Richtlinie steht der geplante Umfang der offen gelegten Informationen in angemessenem Verhältnis zur angestrebten Verstärkung der öffentlichen Transparenz und Kontrolle. Die Richtlinie dürfte daher im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen stehen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.
Abänderung 25 Vorschlag für eine Richtlinie Erwägung 16
(16) Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten24 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
(16) Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten24 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird, z. B. in Form einer Entsprechungstabelle. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt, um das Ziel dieser Richtlinie zu verwirklichen und potenzielle Schlupflöcher sowie Unstimmigkeiten bei der Umsetzung in das nationale Recht durch die Mitgliedstaaten zu vermeiden.
__________________
__________________
24 ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.
24 ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.
Abänderung 26 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 1 – Unterabsatz 1
Die Mitgliedstaaten verpflichten oberste Mutterunternehmen, die ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen und konsolidierte Nettoumsatzerlöse von über 750 000 000 EUR aufweisen, sowie Unternehmen, die ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen, keine verbundenen Unternehmen sind und Nettoumsatzerlöse von über 750 000 000 EUR aufweisen, alljährlich einen Ertragsteuerinformationsbericht zu erstellen und zu veröffentlichen.
Die Mitgliedstaaten verpflichten oberste Mutterunternehmen, die ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen und konsolidierte Umsatzerlöse von mindestens 750 000 000 EUR aufweisen, sowie Unternehmen, die ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen, keine verbundenen Unternehmen sind und Nettoumsatzerlöse von mindestens 750 000 000 EUR aufweisen, alljährlich einen Ertragsteuerinformationsbericht zu erstellen und kostenlos öffentlich zugänglich zu machen.
Abänderung 27 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 1 – Unterabsatz 2
Der Ertragsteuerinformationsbericht wird der Öffentlichkeit am Tag seiner Veröffentlichung auf der Website des Unternehmens zugänglich gemacht.
Der Ertragsteuerinformationsbericht wird nach einem in einem offenen Datenformat kostenlos verfügbaren gemeinsamen Muster veröffentlicht und der Öffentlichkeit in mindestens einer Amtssprache der Union am Tag seiner Veröffentlichung auf der Website des Unternehmens zugänglich gemacht. Am gleichen Tag stellt das Unternehmen den Bericht in ein von der Kommission geführtes öffentliches Register ein.
Die Mitgliedstaaten wenden die Regelungen nach diesem Absatz nicht an, wenn diese Unternehmen nur innerhalb des Hoheitsgebiets eines einzigen Mitgliedstaates und in keinem anderen Steuergebiet niedergelassen sind.
Abänderung 28 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 3 – Unterabsatz 1
Die Mitgliedstaaten verpflichten die in Artikel 3 Absätze 3 und 4 genannten mittleren und großen Tochterunternehmen, die ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen und von einem obersten Mutterunternehmen kontrolliert werden, das konsolidierte Nettoumsatzerlöse von über 750 000 000 EUR aufweist und nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, alljährlich den Ertragsteuerinformationsbericht dieses obersten Mutterunternehmens zu veröffentlichen.
Die Mitgliedstaaten verpflichten Tochterunternehmen, die ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen und von einem obersten Mutterunternehmen kontrolliert werden, das gemäß seiner Bilanz in einem Geschäftsjahr konsolidierte Nettoumsatzerlöse von mindestens 750 000 000 EUR aufweist und nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, alljährlich den Ertragsteuerinformationsbericht dieses obersten Mutterunternehmens zu veröffentlichen.
Abänderung 29 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 3 – Unterabsatz 2
Der Ertragsteuerinformationsbericht wird der Öffentlichkeit am Tag seiner Veröffentlichung auf der Website des Tochterunternehmens oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht.
Der Ertragsteuerinformationsbericht wird nach einem in einem offenen Datenformat kostenlos verfügbaren gemeinsamen Muster veröffentlicht und der Öffentlichkeit in mindestens einer Amtssprache der Union am Tag seiner Veröffentlichung auf der Website des Tochterunternehmens oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht. Am gleichen Tag stellt das Unternehmen den Bericht in ein von der Kommission geführtes öffentliches Register ein.
Abänderung 30 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 4 – Unterabsatz 1
Die Mitgliedstaaten verpflichten Zweigniederlassungen, die in ihrem Hoheitsgebiet von einem nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegenden Unternehmen eröffnet werden, alljährlich den Ertragsteuerinformationsbericht des in Absatz 5 Buchstabe a genannten obersten Mutterunternehmens zu veröffentlichen.
Die Mitgliedstaaten verpflichten Zweigniederlassungen, die in ihrem Hoheitsgebiet von einem nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegenden Unternehmen eröffnet werden, alljährlich den Ertragsteuerinformationsbericht des in Absatz 5 Buchstabe a genannten obersten Mutterunternehmens zu veröffentlichen und kostenlos öffentlich zugänglich zu machen.
Abänderung 31 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 4 – Unterabsatz 2
Der Ertragsteuerinformationsbericht wird der Öffentlichkeit am Tag seiner Veröffentlichung auf der Website der Zweigniederlassung oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht.
Der Ertragsteuerinformationsbericht wird nach einem in einem offenen Datenformat verfügbaren gemeinsamen Muster veröffentlicht und der Öffentlichkeit am Tag seiner Veröffentlichung in mindestens einer Amtssprache der Union auf der Website der Zweigniederlassung oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht. Am gleichen Tag stellt das Unternehmen den Bericht in ein von der Kommission geführtes öffentliches Register ein.
Abänderung 32 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 5 – Buchstabe a
a) das Unternehmen, das die Zweigniederlassung eröffnet hat, ist entweder ein verbundenes Unternehmen einer Gruppe, die von einem nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegenden obersten Mutterunternehmen mit konsolidierten Nettoumsatzerlösen von über 750 000 000 EUR kontrolliert wird, oder ein Unternehmen, das kein verbundenes Unternehmen ist und Nettoumsatzerlöse von über 750 000 000 EUR aufweist;
a) das Unternehmen, das die Zweigniederlassung eröffnet hat, ist entweder ein verbundenes Unternehmen einer Gruppe, die von einem nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegenden obersten Mutterunternehmen mit in der Bilanz ausgewiesenen konsolidierten Nettoumsatzerlösen von mindestens 750 000 000 EUR kontrolliert wird, oder ein Unternehmen, das kein verbundenes Unternehmen ist und Nettoumsatzerlöse von mindestens 750 000 000 EUR aufweist;
Abänderung 33 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 5 – Buchstabe b
b) das unter Buchstabe a genannte oberste Mutterunternehmen unterhält kein mittleres oder großes Tochterunternehmen im Sinne von Absatz 3.
b) das unter Buchstabe a genannte oberste Mutterunternehmen unterhält kein mittleres oder großes Tochterunternehmen im Sinne von Absatz 3, das bereits den Berichtspflichten unterliegt.
Abänderung 34 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 b – Absatz 7 a (neu)
(7a) Für jene Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, wird der Betrag in nationaler Währung, der den in den Absätzen 1, 3 und 5 genannten Beträgen gleichwertig ist, durch die Anwendung des Umrechnungskurses ermittelt, der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird und am Tag des Inkrafttretens dieses Kapitels gilt.
Abänderung 35 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Einleitung
(2) Die in Absatz 1 genannten Informationen umfassen Folgendes:
(2) Die in Absatz 1 genannten Informationen werden nach einem gemeinsamen Muster vorgelegt und umfassen nach Steuergebieten aufgeschlüsselt Folgendes:
Abänderung 36 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe a
a) eine kurze Beschreibung der Art der Tätigkeiten;
a) den Namen des obersten Unternehmens und gegebenenfalls eine Liste aller seiner Tochterunternehmen, eine kurze Beschreibung der Art ihrer Tätigkeiten und ihre jeweiligen geographischen Standorte;
Abänderung 37 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe b
b) die Zahl der Beschäftigten;
b) die Zahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten;
Abänderung 38 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe b a (neu)
ba) das Anlagevermögen mit Ausnahme der Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente;
Abänderung 39 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe c
c) den Betrag der Nettoumsatzerlöse, einschließlich des Umsatzes mit nahestehenden Unternehmen und Personen;
c) den Betrag der Nettoumsatzerlöse, einschließlich einer Unterscheidung zwischen dem Umsatz mit nahestehenden Unternehmen und Personen und dem Umsatz mit nicht nahestehenden Unternehmen und Personen;
Abänderung 40 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe g a (neu)
ga) ausgewiesenes Kapital;
Abänderung 65 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe g b (neu)
gb) Einzelheiten der erhaltenen staatlichen Beihilfen und etwaiger Spenden an Politiker, politische Organisationen oder politische Stiftungen;
Abänderung 41 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 2 – Buchstabe g c (neu)
gc) ob Unternehmen, Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen von einer bevorzugten steuerlichen Behandlung durch eine Patentbox oder gleichwertige Regelungen profitieren;
Abänderung 42 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 1
In dem Bericht werden die in Absatz 2 genannten Informationen für jeden Mitgliedstaat getrennt ausgewiesen. Umfasst ein Mitgliedstaat mehrere Steuergebiete, werden die Informationen auf der Ebene des Mitgliedstaats zusammengeführt.
In dem Bericht werden die in Absatz 2 genannten Informationen für jeden Mitgliedstaat getrennt ausgewiesen. Umfasst ein Mitgliedstaat mehrere Steuergebiete, werden die Informationen getrennt für jedes Steuergebiet vorgelegt.
Abänderung 43 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 2
In dem Bericht werden die in Absatz 2 genannten Informationen auch getrennt für jedes Steuergebiet ausgewiesen, das bei Ablauf des vorangehenden Geschäftsjahres indergemäß Artikel 48g aufgestellten gemeinsamen Unionsliste bestimmter Steuergebiete aufgeführt ist, es sei denn, in dem Bericht wird vorbehaltlich der in Artikel 48e genannten Verantwortlichkeit ausdrücklich bestätigt, dass die den Rechtsvorschriften derartiger Steuergebiete unterliegenden verbundenen Unternehmen einer Gruppe keine direkten Transaktionen mit verbundenen Unternehmen derselben Gruppe durchführen, die den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegen.
In dem Bericht werden die in Absatz2 genannten Informationen auch getrennt für jedes Steuergebiet außerhalbderUnion ausgewiesen.
Abänderung 44 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3
In dem Bericht werden die in Absatz 2 genannten Informationen für andere Steuergebiete auf aggregierter Basis wiedergegeben.
entfällt
Abänderung 83 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3 a (neu)
Um wirtschaftlich sensible Informationen zu schützen und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, können die Mitgliedstaaten gestatten, dass eine oder mehrere der spezifischen Informationen, die in diesem Artikel aufgeführt sind, in den Bericht zeitweise nicht aufgenommen werden, soweit sie Tätigkeiten in einem oder mehreren spezifischen Steuergebieten betreffen und von einer Art sind, dass ihre Offenlegung der Geschäftslage der in Artikel 48b Absätze 1 und 3 genannten Unternehmen, auf die sie sich beziehen, ernsthaft schaden würde. Die Nichtaufnahme darf ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes und ausgewogenes Verständnis der steuerlichen Verhältnisse des Unternehmens nicht verhindern. Die Nichtaufnahme wird in dem Bericht zusammen mit einer mit hinreichenden Gründen versehenen Erläuterung für jedes Steuergebiet und einer Erwähnung des entsprechenden Steuergebiets bzw. der entsprechenden Steuergebiete angegeben.
Abänderung 69/rev Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3 b (neu)
Die Mitgliedstaaten verlangen für eine solche Nichtaufnahme die vorherige Genehmigung der zuständigen nationalen Behörde. Das Unternehmen hat jedes Jahr eine neue Genehmigung der zuständigen Behörde zu beantragen, die eine Entscheidung auf der Grundlage einer neuen Einschätzung der Lage trifft. Erfüllt die nicht aufgenommene Information nicht mehr die Anforderungen nach Unterabsatz 3a, wird sie unverzüglich öffentlich zugänglich gemacht. Ab dem Ende des Zeitraums der Nichtoffenlegung hat das Unternehmen auch rückwirkend in Form eines arithmetischen Durchschnitts die Informationen offen zu legen, die nach diesem Artikel für die vorhergehenden Jahre, die durch den Zeitraum der Nichtoffenlegung abgedeckt sind, offen zu legen.
Abänderung 47 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3 c (neu)
Wenn die Mitgliedstaaten eine solche befristete Ausnahme gewähren, teilen sie dies der Kommission mit und übermitteln ihr auf vertrauliche Art die nicht aufgenommene Information zusammen mit einer detaillierten Begründung für die gewährte Ausnahme. Jedes Jahr veröffentlicht die Kommission auf ihrer Website die von den Mitgliedstaaten eingegangenen Mitteilungen und die gemäß Unterabsatz 3a gegebenen Begründungen.
Abänderung 48 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3 d (neu)
Die Kommission überprüft, ob die Anforderung nach Unterabsatz 3a gebührend berücksichtigt wurde, und überwacht die Benutzung einer solchen von den nationalen Behörden genehmigten befristeten Ausnahme.
Abänderung 70/rev Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3 e (neu)
Gelangt die Kommission nach der Durchführung ihrer Einschätzung der gemäß Unterabsatz 3c eingegangenen Informationen zu dem Schluss, dass die Anforderung nach Unterabsatz 3a nicht erfüllt ist, macht das betreffende Unternehmen die Informationen unverzüglich öffentlich zugänglich. Ab dem Ende des Zeitraums der Nichtoffenlegung hat das Unternehmen auch rückwirkend in Form eines arithmetischen Durchschnitts die Informationen offen zu legen, die nach diesem Artikel für die vorhergehenden Jahre, die durch den Zeitraum der Nichtoffenlegung abgedeckt sind, offen zu legen.
Abänderung 50 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 3 – Unterabsatz 3 f (neu)
Die Kommission erlässt im Wege delegierter Rechtsakte Leitlinien, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Fälle festzulegen, in denen davon auszugehen ist, dass die Veröffentlichung von Informationen der Geschäftslage der Unternehmen, auf die sie sich beziehen, ernsthaft schaden würde.
Abänderung 51 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 c – Absatz 5
(5) Der Ertragsteuerinformationsbericht wird in mindestens einer Amtssprache der Union veröffentlicht und auf der Website zugänglich gemacht.
(5) Der Ertragsteuerinformationsbericht wird nach einem in einem offenen Datenformat kostenlos verfügbaren gemeinsamen Muster veröffentlicht und der Öffentlichkeit in mindestens einer Amtssprache der Union am Tag seiner Veröffentlichung auf der Website des Tochterunternehmens oder auf der Website eines verbundenen Unternehmens zugänglich gemacht. Am gleichen Tag stellt das Unternehmen den Bericht in ein von der Kommission geführtes öffentliches Register ein.
Abänderung 52 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 e – Absatz 1
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des in Artikel 48b Absatz 1 genannten obersten Mutterunternehmens im Rahmen der ihnen durch die nationalen Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten die kollektive Verantwortung dafür tragen, sicherzustellen, dass der Ertragsteuerinformationsbericht gemäß den Artikeln 48b, 48c und 48d erstellt, veröffentlicht und zugänglich gemacht wird.
(1) Um die Verantwortung gegenüber Dritten zu stärken und eine angemessene Unternehmensführung zu gewährleisten,stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des in Artikel 48b Absatz 1 genannten obersten Mutterunternehmens im Rahmen der ihnen durch die nationalen Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten die kollektive Verantwortung dafür tragen, sicherzustellen, dass der Ertragsteuerinformationsbericht gemäß den Artikeln 48b, 48c und 48d erstellt, veröffentlicht und zugänglich gemacht wird.
Abänderung 53 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 g
Artikel 48g
entfällt
Gemeinsame Unionsliste bestimmter Steuergebiete
Der Kommission wird die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 49 zwecks Aufstellung einer gemeinsamen Unionsliste bestimmter Steuergebiete übertragen. Diese Liste stützt sich auf die Bewertung der Steuergebiete, die nicht die folgenden Kriterien erfüllen:
1. Transparenz und Informationsaustausch, einschließlich Informationsaustausch auf Ersuchen und automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten;
2. fairer Steuerwettbewerb;
3. Standards der G20 und/oder der OECD;
4. sonstige relevante Standards, einschließlich der internationalen Standards der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“.
Die Kommission überprüft die Liste regelmäßig und ändert sie gegebenenfalls, um neuen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.
Abänderung 54 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 i – Absatz 1
Die Kommission erstattet über die Einhaltung und die Auswirkungen der in den Artikeln 48a bis 48f ausgeführten Berichtspflichten Bericht. Der Bericht enthält auch eine Bewertung, ob der Ertragsteuerinformationsbericht angemessene und verhältnismäßige Ergebnisse bringt, wobei der Notwendigkeit Rechnung getragen wird, ein ausreichendes Maß an Transparenz sicherzustellen und wettbewerbskonforme Rahmenbedingungen für Unternehmen zu gewährleisten.
Die Kommission erstattet über die Einhaltung und die Auswirkungen der in den Artikeln 48a bis 48f ausgeführten Berichtspflichten Bericht. Der Bericht enthält auch eine Bewertung, ob der Ertragsteuerinformationsbericht angemessene und verhältnismäßige Ergebnisse bringt, und eine Abschätzung der Kosten und des Nutzens einer Senkung der Schwelle für die konsolidierten Nettoerlöse, ab der Unternehmen und Zweigniederlassungen über Ertragsteuern Bericht erstatten müssen. Der Bericht enthält zusätzlich eine Beurteilung der etwaigen Notwendigkeit, weitere ergänzende Maßnahmen zu ergreifen, wobei der Notwendigkeit Rechnung getragen wird, ein ausreichendes Maß an Transparenz sicherzustellen und wettbewerbskonforme Rahmenbedingungen für Unternehmen und private Investitionen zu erhalten und zu gewährleisten.
Abänderung 55 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 a (neu) Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 i a (neu)
2a. Der folgende Artikel wird eingefügt:
„Artikel 48ia
Spätestens vier Jahre nach Annahme dieser Richtlinie und unter Berücksichtigung der Lage auf der Ebene der OECD überprüft und bewertet die Kommission die Bestimmungen dieses Kapitels und erstattet über sie Bericht, insbesondere im Hinblick auf
— Unternehmen und Zweigniederlassungen, die verpflichtet sind, über Ertragsteuern Bericht zu erstatten, und insbesondere auf die Frage, ob es sachgerecht wäre, den Geltungsbereich dieses Kapitels so zu erweitern, dass große Unternehmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 4 und große Gruppen im Sinne von Artikel 3 Absatz 7 dieser Richtlinie aufgenommen werden,
— den Inhalt des Ertragsteuerinformationsberichts gemäß Artikel 48c,
— die befristete Ausnahme gemäß Artikel 48c Absatz 3 Unterabsätze 3a bis 3f.
Die Kommission legt den Bericht, gegebenenfalls zusammen mit einem Rechtsetzungsvorschlag, dem Europäischen Parlament und dem Rat vor.“
Abänderung 56 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 b (neu) Richtlinie 2013/34/EU Artikel 48 i b (neu)
2b. Der folgende Artikel wird eingefügt:
„Artikel 48ib
Gemeinsames Muster für den Bericht
Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten das gemeinsame Muster fest, das in Artikel 48b Absätze 1, 3, 4 und 6 sowie Artikel 48c Absatz 5 genannt wird. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 50 Absatz 2 erlassen.“
Abänderung 57 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 3 – Buchstabe b Richtlinie 2013/34/EU Artikel 49 – Absatz 3 a
(3a) Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vom[Datum] enthaltenen Grundsätzen.“
(3a) Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom13. April 2016 über bessere Rechtsetzung* enthaltenen Grundsätzen und trägt insbesondere den in den Verträgen und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthaltenen Bestimmungen Rechnung.
________________
* ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.
Abänderung 58 Vorschlag für eine Richtlinie Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 3 a (neu) Richtlinie 2013/34/EU Artikel 51 - Absatz 1
3a. Artikel 51 Absatz 1 erhält folgende Fassung:
Die Mitgliedstaaten legen Sanktionen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Sanktionen durchgesetzt werden. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
„Die Mitgliedstaaten legen fest, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften zu verhängen sind, und ergreifen die zu deren Durchsetzung erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Die Mitgliedstaaten sehen zumindest verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen für den Verstoß gegen innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie durch Unternehmen vor.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften bis spätestens ... [bitte Datum einfügen: ein Jahr nach Inkraftreten ] mit und melden alle sie betreffenden Änderungen unverzüglich.
Bis zum ............ [drei Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie] erstellt die Kommission eine Liste der von den einzelnen Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen und Sanktionen.“
Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 59 Absatz 4 Unterabsatz 4 der Geschäftsordnung zu interinstitutionellen Verhandlungen an die zuständigen Ausschüsse zurücküberwiesen (A8-0227/2017).
Einführung befristeter autonomer Handelsmaßnahmen für die Ukraine ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einführung befristeter autonomer Handelsmaßnahmen für die Ukraine in Ergänzung der Handelszugeständnisse im Rahmen des Assoziierungsabkommens (COM(2016)0631 – C8-0392/2016 – 2016/0308(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2016)0631),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 207 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C8-0392/2016),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 69f Absatz 4 seiner Geschäftsordung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 29. Juni 2017 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel sowie die Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A8-0193/2017),
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest(1);
2. nimmt die dieser Entschließung beigefügt Erklärung der Kommission, die zusammen mit dem endgültigen Rechtsakt in der Reihe L des Amtsblatts der Europäischen Union veröffentlicht wird, zur Kenntnis;
3. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
4. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Juli 2017 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2017/... des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einführung befristeter autonomer Handelsmaßnahmen für die Ukraine in Ergänzung der Handelszugeständnisse im Rahmen des Assoziierungsabkommens
(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2017/1566.)
ANHANG ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
Stellungnahme der Kommission bezüglich Artikel 3 der Verordnung über die Einführung befristeter autonomer Handelsmaßnahmen für die Ukraine
Die Kommission merkt an, dass – sollte es nicht möglich sein, die Aussetzung der Präferenzregelungen vor der vollständigen Inanspruchnahme der jährlichen Nullzollkontingente für landwirtschaftliche Erzeugnisse vorzunehmen – sie anstrebt, eine Herabsetzung oder Aussetzung dieser Zugeständnisse in den Folgejahren vorzuschlagen.
Dieser Standpunkt ersetzt die am 1. Juni 2017 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte P8_TA(2017)0236).
Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2 zum Gesamthaushaltsplan 2017: Einstellung des Haushaltsüberschusses 2016
259k
45k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2017: Einstellung des Haushaltsüberschusses 2016 (09437/2017 – C8-0190/2017 – 2017/2061(BUD))
– gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,
– gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates(1), insbesondere auf Artikel 41,
– unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2017, der am 1. Dezember 2016 endgültig erlassen wurde(2),
– gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020(3),
– gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung(4),
– gestützt auf den Beschluss 2014/335/EU, Euratom des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union(5),
– unter Hinweis auf den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017, der von der Kommission am 12. April 2017 angenommen wurde (COM(2017)0188),
– unter Hinweis auf den Standpunkt zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017, der vom Rat am 8. Juni 2017 festgelegt und dem Europäischen Parlament am 9. Juni 2017 zugeleitet wurde (09437/2017 – C8-0190/2017),
– gestützt auf die Artikel 88 und 91 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0229/2017),
A. in der Erwägung, dass mit dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017 das Ziel verfolgt wird, den Überschuss des Haushaltsjahres 2016, der sich auf 6 405 Mio. EUR beläuft, in den Haushaltsplan 2017 einzustellen;
B. in der Erwägung, dass sich dieser Überschuss im Wesentlichen aus einem positiven Ergebnis bei den Einnahmen in Höhe von 1 688 Mio. EUR, einer Ausgabenunterschreitung um 4 889 Mio. EUR und einer Wechselkursdifferenz von ‑173 Mio. EUR zusammensetzt;
C. in der Erwägung, dass die beiden größten Posten auf der Einnahmenseite Verzugszinsen und Geldbußen (3 052 Mio. EUR) und ein negatives Ergebnis bei den Eigenmitteln (1 511 Mio. EUR) sind;
D. in der Erwägung, das sich auf der Ausgabenseite die Nichtausschöpfung auf 4 825 Mio. EUR für 2016 und 28 Mio. EUR für Mittelübertragungen aus dem Jahr 2015 in Einzelplan III (Kommission) sowie auf 35 Mio. EUR für andere Organe beläuft;
1. nimmt Kenntnis von dem von der Kommission vorgelegten Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017, der nur die Einstellung des Überschusses von 6 405 Mio. EUR des Haushaltsjahres 2016 in den Haushaltsplan gemäß Artikel 18 der Haushaltsordnung zum Gegenstand hat, sowie von dem diesbezüglichen Standpunkt des Rates;
2. nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass die Nichtausschöpfung 2016 mit 4 889 Mio. EUR beträchtlich war, obwohl die Höhe der Mittel für Zahlungen mit dem Berichtigungshaushaltsplan Nr. 4/2016 bereits um 7 284,3 Mio. EUR gekürzt worden war; weist darauf hin, dass die sehr geringe Ausführung der Mittel für Zahlungen im Bereich Kohäsion (Rubrik 1b) teilweise auf falsche Prognosen durch die Mitgliedstaaten und auf Verzögerungen bei der Benennung von Verwaltungs- und Bescheinigungsbehörden auf nationaler Ebene zurückzuführen ist;
3. macht auf die negativen Auswirkungen der Abwertung des Britischen Pfundes gegenüber dem Euro aufmerksam, die der Hauptgrund für den Fehlbetrag bei den Einnahmen in Höhe von 1 511 Mio. EUR bei den Eigenmitteln ist; weist darauf hin, dass dieser Fehlbetrag zu schweren Problemen für die Finanzierung des Unionshaushalts hätte führen können; weist darauf hin, dass der Mangel an Einnahmen auf die einseitige Entscheidung des Vereinigten Königreichs, aus der Union auszutreten, zurückzuführen ist, dass der Ausgleich jedoch von der Union insgesamt bewältigt werden muss; betont nachdrücklich, dass diesen Kosten bei den Verhandlungen über die Abrechnung der finanziellen Verpflichtungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Union Rechnung getragen werden sollte;
4. weist insbesondere auf den relativ hohen Betrag an Geldbußen im Jahr 2016 hin, die sich auf insgesamt 4 159 Mio. EUR beliefen, wovon 2 861 Mio. EUR dem Überschuss 2016 zugerechnet werden;
5. weist nachdrücklich darauf hin, dass es anstelle einer Anpassung des BNE-Beitrags möglich sein sollte, Haushaltsüberschüsse der Union, die aus einer Nichtausschöpfung von Mitteln oder aus Geldbußen, die wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union gegen Unternehmen verhängt wurden, resultieren, zur Deckung des Finanzierungsbedarfs der Union zu verwenden;
6. merkt an, dass sich durch die Annahme des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017 der Anteil der BNE-Beiträge der Mitgliedstaaten zum Unionshaushalt 2017 um 6 405 Mio. EUR verringern wird; fordert die Mitgliedstaaten erneut eindringlich auf, die sich durch diese Mittelrückflüsse bietende Gelegenheit dazu zu nutzen, ihre Zusagen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise zu erfüllen und einen gleich hohen Beitrag wie die Union zu den Treuhandfonds der Union und dem neuen Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung(6) zu leisten;
7. fordert die Organe der Union auf, die noch nicht angenommenen und anstehenden Entwürfe von Berichtigungshaushaltsplänen für die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen und für den Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung im Einklang mit den als Teil des Ergebnisses der Vermittlung zum Haushaltsplan 2017 eingegangenen Verpflichtungen zeitnah zu bearbeiten;
8. bedauert im Zusammenhang mit diesem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans, dass die Annahme der Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) im Rat mehrere Monate lang blockiert war; ist erleichtert darüber, dass die britische Regierung ihr Wort gehalten hat und ihre Blockade der Überprüfung des MFR kurz nach den Unterhauswahlen im Vereinigten Königreich beendet hat; hofft, dass der Rückfluss von Finanzmitteln in die Mitgliedstaaten die anstehenden Verhandlungen über die Abrechnung der finanziellen Verpflichtungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Union erleichtern wird;
9. billigt den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017;
10. beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. 2/2017 endgültig erlassen ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;
11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den anderen betroffenen Organen und den betroffenen Einrichtungen und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) und die Einrichtung der EFSD-Garantie und des EFSD-Garantiefonds (COM(2016)0586).
Längere Lebensdauer für Produkte: Vorteile für Verbraucher und Unternehmen
301k
55k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zum Thema „Längere Lebensdauer für Produkte: Vorteile für Verbraucher und Unternehmen“ (2016/2272(INI))
– gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 114,
– gestützt auf die Artikel 191, 192 und 193 AEUV und den Verweis auf das Ziel der umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Juli 2008 über den Aktionsplan für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und für eine nachhaltige Industriepolitik (COM(2008)0397),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte(1),
– unter Hinweis auf den Arbeitsplan Ökodesign 2016–2019 (COM(2016)0773) der Kommission, insbesondere das Ziel, dass konkretere produktspezifische und horizontale Anforderungen in Bereichen wie Nachhaltigkeit, Reparierbarkeit, Nachrüstbarkeit, Produktgestaltung im Hinblick auf Zerlegbarkeit sowie leichte Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit festgelegt werden sollen,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen(2),
– unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“(3) („Siebtes Umweltaktionsprogramm“),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 17. Oktober 2013 zu dem Thema „Für einen nachhaltigeren Konsum: die Lebensdauer von Industrieprodukten und die Verbraucherinformation zugunsten eines neuen Vertrauens(4)“,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. Januar 2011 mit dem Titel „Ressourcenschonendes Europa – eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020“ (COM(2011)0021),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. September 2011 mit dem Titel „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ (COM(2011)0571),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. April 2013 mit dem Titel „Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte – Erleichterung einer besseren Information über die Umweltleistung von Produkten und Organisationen“ (COM(2013)0196),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. Juli 2014 mit dem Titel „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft: Ein Null-Abfallprogramm für Europa“ (COM(2014)0398),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. Dezember 2015 mit dem Titel „Den Kreislauf schließen – Ein Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft“ (COM(2015)0614) und das Paket zur Kreislaufwirtschaft, in dessen Rahmen insbesondere die Überarbeitung der Richtlinien über Abfall (Richtlinie 2008/98/EG („Abfallrahmenrichtlinie“)), über Verpackungen und Verpackungsabfälle (Richtlinie 94/62/EG), über Abfalldeponien (Richtlinie 1999/31/EG), über Altfahrzeuge (Richtlinie 2000/53/EG), über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren (Richtlinie 2006/66/EG) und über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (Richtlinie 2012/19/EU) vorgesehen ist,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 22. November 2016 mit dem Titel „Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft – Europäische Nachhaltigkeitspolitik“ (COM(2016)0739),
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 9. Dezember 2015 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online‑Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren (COM(2015)0635),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher(5),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern(6),
– unter Hinweis auf den Bericht des BEUC vom 18. August 2015 mit dem Titel „Durable goods: More sustainable products, better consumer rights. Consumer expectations from the EU’s resource efficiency and circular economy agenda“ (Gebrauchsgüter: Nachhaltigere Produkte, mehr Rechte für die Verbraucher. Verbrauchererwartungen gegenüber der Agenda der EU für Ressourceneffizienz und die Kreislaufwirtschaft),
– unter Hinweis auf die Studie des Europäischen Wirtschafts- und Sozialrats vom 29. März 2016 mit dem Titel „Wie beeinflussen Informationen über die Lebensdauer den Verbraucher?“,
– unter Hinweis auf die im Auftrag des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments im Juli 2016 ausgearbeitete Studie mit dem Titel „A longer lifetime for products: benefits for consumers and companies“ (Längere Produktlebensdauer: Vorteile für Verbraucher und Unternehmen“),
– unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Zentrums für Verbraucherschutz vom 18. April 2016 mit dem Titel „L’obsolescence programmée ou les dérives de la société de consommation“ (Geplante Obsoleszenz oder die Maßlosigkeit der Konsumgesellschaft),
– unter Hinweis auf die österreichische Norm ONR 192102 mit der Bezeichnung „Gütezeichen für langlebige, reparaturfreundlich konstruierte elektrische und elektronische Geräte“,
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und die Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A8‑0214/2017),
A. in der Erwägung, dass im Arbeitsplan Ökodesign 2016–2019 der Kommission auf die Kreislaufwirtschaft Bezug genommen und darauf hingewiesen wird, dass Lösungen für die Probleme in Bezug auf Nachhaltigkeit und Recyclingfähigkeit ausgearbeitet werden müssen;
B. in der Erwägung, dass sich an der Tatsache, dass der Europäische Wirtschafts- und Sozialrat eine Stellungnahme zum Thema Produktlebensdauer verfasst hat, zeigt, dass dieses Thema für die Wirtschaftsakteure und die Zivilgesellschaft von Interesse ist;
C. in der Erwägung, dass zwischen der Verlängerung der Lebensdauer von Produkten einerseits und Innovation, Forschung und Entwicklung andererseits ein ausgewogenes Verhältnis gegeben sein muss;
D. in der Erwägung, dass aus der vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz in Auftrag gegebenen Studie hervorgeht, dass breit angelegte politische Maßnahmen nötig sind, um eine längere Produktlebensdauer zu fördern;
E. in der Erwägung, dass verschiedene Wirtschafts- und Geschäftsmodelle koexistieren, darunter ein auf Nutzung ausgerichtetes Wirtschaftsmodell, mit dem dazu beigetragen werden kann, dass es zu möglichst geringen negativen Auswirkungen auf die Umwelt kommt;
F. in der Erwägung, dass eine längere Produktlebensdauer gefördert werden muss, indem insbesondere der geplanten Obsoleszenz entgegengewirkt wird;
G. in der Erwägung, dass der europäische Markt für Reparaturen gefördert werden muss, zumal auf diesem Markt im Wesentlichen Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen tätig sind;
H. in der Erwägung, dass eine verstärkte Harmonisierung der Vorkehrungen zur Wiederverwendung von Produkten zu einem Aufschwung der lokalen Wirtschaft und des Binnenmarkts führen wird, da in diesem Zuge neue Arbeitsplätze entstehen und die Nachfrage nach Gebrauchtwaren steigen wird;
I. in der Erwägung, dass es sowohl von wirtschaftlichem als auch von ökologischem Interesse ist, dass Rohstoffe erhalten bleiben und weniger Abfall erzeugt wird, worauf auch mit dem Konzept der erweiterten Herstellerverantwortung hingearbeitet wurde;
J. in der Erwägung, dass laut einer Eurobarometer‑Umfrage vom Juni 2014 77 % der Verbraucher in der Europäischen Union lieber versuchen würden, ein defektes Produkt zu reparieren, als ein neues Produkt zu kaufen; in der Erwägung, dass nach wie vor Verbesserungsbedarf besteht, was die Informationen angeht, die den Verbrauchern über die Nachhaltigkeit und Reparierbarkeit von Produkten zur Verfügung gestellt werden;
K. in der Erwägung, dass den Verbrauchern ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis geboten wird, wenn Produkte zuverlässig und langlebig sind, und dass somit auch der Erschöpfung von Ressourcen und Abfall vorgebeugt wird; in der Erwägung, dass daher dafür gesorgt werden muss, dass sich die Nutzungsdauer von Konsumgütern verlängert, indem die Konzeption darauf ausgerichtet wird, dass Produkte langlebig sind und repariert, nachgerüstet, zerlegt und recycelt werden können;
L. in der Erwägung, dass die Tatsache, dass das Vertrauen der Verbraucher in die Qualität von Produkten abgenommen hat, den europäischen Unternehmen schadet; in der Erwägung, dass EU‑weit derzeit eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von mindestens 24 Monaten gilt und einige Mitgliedstaaten im Sinne eines noch besseren Verbraucherschutzes im Einklang mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter strengere Vorschriften erlassen haben;
M. in der Erwägung, dass das Recht der Verbraucher, ihre Wahl entsprechend ihrem Bedarf, ihren Erwartungen und ihren Präferenzen zu treffen, gewahrt bleiben muss;
N. in der Erwägung, dass den Verbrauchern keine angemessenen Informationen über die Lebensdauer von Produkten zur Verfügung gestellt werden, obwohl in der Studie des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom März 2016 ein positiver Zusammenhang zwischen einer Kennzeichnung hinsichtlich der Lebensdauer von Produkten und dem Verbraucherverhalten hergestellt wird;
O. in der Erwägung, dass die Lebensdauer und das Alterungsverhalten eines Produktes von verschiedenen natürlichen oder künstlichen Faktoren abhängen, etwa von der Zusammensetzung, der Funktionalität, den Reparaturkosten und den Konsummustern;
P. in der Erwägung, dass dafür gesorgt werden sollte, dass Reparaturdienste und Ersatzteile leichter zugänglich sind;
Q. in der Erwägung, dass neben einer langen Lebensdauer auch das Qualitätsniveau eines Produkts während seines gesamten Lebenszyklus entscheidend dafür ist, inwiefern mit dem fraglichen Produkt ein Beitrag zum Ressourcenschutz geleistet wird;
R. in der Erwägung, dass es auf einzelstaatlicher Ebene immer mehr Initiativen gibt, in deren Rahmen das Problem der vorzeitigen Obsoleszenz von Produkten und Software gelöst werden soll; in der Erwägung, dass für den Binnenmarkt eine einschlägige gemeinsame Strategie ausgearbeitet werden muss;
S. in der Erwägung, dass die Lebensdauer digitaler Medien für die Lebensdauer elektronischer Geräte von entscheidender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass elektronische Geräte angesichts der Tatsache, dass Software immer schneller obsolet wird, unbedingt anpassbar sein müssen, damit sie auf dem Markt wettbewerbsfähig bleiben;
T. in der Erwägung, dass Produkte mit beabsichtigt konstruierten Schwachstellen, die dazu führen, dass sie nach einer vorab festgelegten Anzahl von Einsätzen defekt und letztendlich nicht mehr funktionsfähig sind, nur dazu führen, dass das Vertrauen der Verbraucher eingebüßt wird, und dass solche Produkte keine Marktzulassung erhalten sollten;
U. in der Erwägung, dass aus Eurobarometer-Umfragen hervorgeht, dass 90 % der Bürger der Überzeugung sind, dass Produkte mit einer eindeutigen Kennzeichnung versehen werden sollten, aus denen die Nutzungsdauer hervorgeht;
V. in der Erwägung, dass sich aus einer längeren Produktlebensdauer für alle Wirtschaftsakteure – d. h. auch für KMU – Vorteile ergeben;
W. in der Erwägung, dass gemäß dem Siebten Umweltaktionsprogramm konkrete Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Langlebigkeit, die Reparierbarkeit und die Wiederverwendbarkeit von Produkten zu verbessern und ihre Lebensdauer zu verlängern;
X. in der Erwägung, dass die erweiterte Herstellerverantwortung diesbezüglich eine tragende Rolle spielen muss;
Y. in der Erwägung, dass die politischen Entscheidungsträger, Bürger und Unternehmen einbezogen werden müssen, wenn das Modell der Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden soll, und dass in dieser Hinsicht nicht nur bei der Konzeption und beim Verkauf bzw. der Erbringung von Waren und Dienstleistungen, sondern auch im Hinblick auf die Denkweise und die Erwartungen der Verbraucher sowie bei Geschäftstätigkeiten ein Wandel vollzogen werden muss, und dass zu diesem Zweck neue Märkte aufgebaut werden müssen, die der Tatsache Rechnung tragen, dass sich die Konsummuster ändern, und sich auf die Verwendung, Wiederverwendung und gemeinsame Nutzung von Produkten ausrichten und so dazu beitragen, dass sich die Nutzungsdauer von Produkten verlängert und wettbewerbsfähige, langlebige und nachhaltige Produkte konzipiert werden;
Z. in der Erwägung, dass bei vielen Leuchten kein Austausch der Leuchtmittel möglich ist, was unter Umständen zu Problemen führt, wenn das Leuchtmittel defekt ist, neuere, effizientere Leuchtmittel auf den Markt kommen oder sich Kundenwünsche – z. B. in Bezug auf die Lichtfarbe – ändern, weil in diesen Fällen dann die gesamte Leuchte ersetzt werden muss;
AA. in Erwägung, dass LED idealerweise nicht fest verbaut, sondern austauschbar sein sollten;
AB. in der Erwägung, dass im Rahmen der Fortentwicklung der Kreislaufwirtschaft die Reparierbarkeit, Anpassbarkeit, Nachrüstbarkeit, Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten mit weiteren Maßnahmen gefördert werden müssen, damit sich die Lebens- und die Nutzungsdauer von Produkten und/oder Komponenten von Produkten verlängern;
AC. in der Erwägung, dass eine zunehmende Produktvielfalt, immer kürzere Innovationszyklen und ständig wechselnde Trends dazu führen, dass immer rascher neue Produkte erworben werden, womit sich die Nutzungsdauer von Produkten verkürzt;
AD. in der Erwägung, dass der Wirtschaftszweig Reparatur, Gebrauchtwaren und Tauschhandel – also der Wirtschaftszweig, dessen Ziel die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten ist – großes Potenzial birgt;
AE. in der Erwägung, dass zwischen dem Ziel, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, und der Aufrechterhaltung eines Umfelds, das nach wie vor Anreize für Innovationen und Weiterentwicklungen bietet, für ein ausgewogenes Verhältnis gesorgt werden muss;
Entwicklung robuster, langlebiger Qualitätsprodukte
1. fordert die Kommission auf, darauf hinzuwirken, dass für alle Produktkategorien ab der Konstruktionsphase geltende Mindestkriterien für die Beständigkeit festgelegt werden, soweit dies möglich ist, die sich auf die Bereiche Robustheit, Reparierbarkeit und Nachrüstbarkeit erstrecken und auf Normen beruhen, die von allen Mitgliedern der Europäischen Normungsorganisation, d. h. dem CEN, dem CENELEC und dem ETSI, ausgearbeitet werden;
2. betont, dass zwischen der Verlängerung der Produktlebensdauer, der Umwandlung von Abfall in Ressourcen (Sekundärrohstoffe), der Industriesymbiose, Innovationen, der Verbrauchernachfrage, dem Umweltschutz und der Wachstumspolitik in allen Phasen des Produktzyklus für ein ausgewogenes Verhältnis gesorgt werden muss, und ist der Auffassung, dass die Entwicklung von immer ressourceneffizienteren Produkten einer kurzen Lebensdauer oder verfrühten Entsorgung von Produkten keinen Vorschub leisten darf;
3. weist darauf hin, dass das Handelsangebot von Herstellern Themen wie Produktlanglebigkeit, Garantieverlängerung, Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Reparaturfreundlichkeit und Austauschbarkeit von Einzelteilen Rechnung tragen sollte, sodass dem Bedarf, den Erwartungen und den Präferenzen der Verbraucher entsprochen wird, zumal diese Themen für den Wettbewerb in einer freien Marktwirtschaft von großer Bedeutung sind;
4. weist darauf hin, dass Geschäftsstrategien wie das Produktleasing bei der Gestaltung von Gebrauchsgütern eine Rolle spielen, zumal die Leasingunternehmen dann Eigentümer der geleasten Gegenstände bleiben und somit ein Anreiz besteht, Produkte erneut zu vermarkten und in die Entwicklung langlebigerer Produkte zu investieren, was dazu führt, dass weniger neue Produkte hergestellt werden und weniger Abfall entsteht;
5. erinnert an den Standpunkt des Parlaments in Bezug auf die Überarbeitung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft zur Änderung der Abfallrichtlinie, in dem es sich für die Stärkung des Grundsatzes der erweiterten Herstellerhaftung, durch die Anreize für eine nachhaltigere Produktgestaltung entstehen, aussprach;
6. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Hersteller modularer Produkte, die einfach zerlegt werden und deren Einzelteile leicht ausgetauscht werden können, zu fördern;
7. ist der Ansicht, dass das Ziel, dass Produkte langlebig und reparierbar sein sollten, mit dem Ziel der Nachhaltigkeit einhergehen sollte und zu diesem Zweck beispielsweise umweltfreundliche Werkstoffe verwendet werden sollten;
8. weist mit Besorgnis darauf hin, dass viel Elektronikabfall entsteht, wenn Verbraucher den Telekommunikationsanbieter wechseln und in der Folge Modems, Router und Fernseh-Decoder/Beistellgeräte (Set-Top-Boxen) ausgetauscht werden; weist die Verbraucher und Telekommunikationsanbieter erneut darauf hin, dass die Verbraucher gemäß der Verordnung (EU) 2015/2120 das Recht haben, bei dem Wechsel zu einem anderen Telekommunikationsanbieter frei zu entscheiden, welche Endgeräte sie verwenden möchten;
Förderung der Reparierbarkeit und Langlebigkeit von Produkten
9. fordert die Kommission auf, reparierbare Produkte zu fördern und zu diesem Zweck
–
Anreize für Maßnahmen zu schaffen, durch die es für die Verbraucher attraktiv wird, Produkte reparieren zu lassen, und diese Maßnahmen auch zu fördern,
–
darauf hinzuwirken, dass Konstruktion und Material so ausgelegt werden, dass die Reparatur des Produkts oder das Auswechseln seiner Bauteile einfacher und günstiger wird, wobei die Verbraucher bei mangelhaften Produkten keinem endlosen Reparatur- bzw. Wartungskreislauf ausgesetzt werden sollten,
–
darauf hinzuwirken, dass die Gewährleistung in Fällen, in denen ein Produkt wiederholt Mängel aufweist oder die Reparatur über einen Monat dauert, um den Zeitraum verlängert wird, der für die Reparatur benötigt wird,
–
mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass Bauteile, die unverzichtbar sind, damit ein Produkt funktioniert, austauschbar und reparierbar sind, indem die Reparierbarkeit zu den wesentlichen Produktmerkmalen gezählt wird, wenn dies vorteilhaft ist, und indem verboten wird, dass wesentliche Komponenten – etwa Batterien oder LED – fest verbaut werden, sofern dies nicht aus Sicherheitsgründen notwendig ist,
–
die Hersteller nachdrücklich aufzufordern, beim Verkauf eines Produkts die einschlägigen Wartungs- und Reparaturanleitungen bereitzustellen, und zwar insbesondere bei Produkten bei denen Wartungs- und Reparaturmaßnahmen von besonderer Bedeutung sind, damit sich die Chance einer längeren Lebensdauer erhöht,
–
dafür zu sorgen, dass zum Zweck der Reparatur aller Produkte im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen die Möglichkeit besteht, Ersatzteile zu verwenden, die keine Originalteile sind, in Bezug auf Qualität und Leistung allerdings den Originalteilen entsprechen,
–
die Normung in Bezug auf Ersatzteile und Werkzeuge voranzutreiben, die für Reparaturen benötigt werden, damit sich die Reparaturdienstleistungen verbessern,
–
den Herstellern nahezulegen, Reparaturbetrieben Wartungs- und Reparaturanleitungen auf Anfrage in verschiedenen Sprachen zur Verfügung zu stellen,
–
den Herstellern nahezulegen, die Batterietechnik weiterzuentwickeln, damit die Lebensdauer von Batterien und Akkumulatoren der zu erwartenden Lebensdauer des entsprechenden Produkts besser entspricht, oder alternativ dafür zu sorgen, dass Batterien leichter ausgetauscht werden können, und zwar zu einem Preis, der in einem angemessenen Verhältnis zu dem Preis des Produktes steht;
10. hält es für sinnvoll, dafür zu sorgen, dass die Ersatzteile, die unerlässlich sind, damit ein Gerät einwandfrei funktioniert und sicher ist, verfügbar sind, und dass zu diesem Zweck
–
darauf hingewirkt wird, dass neben Baugruppen auch einzelne Ersatzteile verfügbar sind,
–
darauf hingewirkt wird, dass Wirtschaftsteilnehmer einen angemessenen technischen Service für die von ihnen hergestellten oder eingeführten Produkte anbieten und die Ersatzteile bereitstellen, die unerlässlich sind, damit ein Gerät einwandfrei funktioniert und der Betrieb sicher ist, und zwar zu einem Preis, der der Produktart und seiner Lebensdauer entspricht,
–
ausdrücklich darauf hingewiesen wird, ob für Geräte Ersatzteile erhältlich sind, unter welchen Voraussetzungen und für welchen Zeitraum, und, falls angemessen, eine digitale Plattform eingerichtet wird;
11. legt den Mitgliedstaaten nahe, Anreize zur Förderung langlebiger, hochwertiger und reparierbarer Produkte sowie dafür zu ermitteln, dass vermehrt repariert und aus zweiter Hand gekauft wird, und legt ihnen nahe, dafür zu sorgen, dass für das Reparaturwesen Ausbildungsangebote ausgearbeitet werden;
12. weist darauf hin, dass unbedingt die Möglichkeit gewährleistet sein sollte, Produkte von unabhängigen Anbietern reparieren zu lassen, und dass daher beispielsweise technischen Lösungen, Sicherheitsvorkehrungen und Softwarelösungen entgegengewirkt werden sollte, die dazu führen, dass Reparaturen nur von zugelassenen Unternehmen oder Stellen ausgeführt werden können;
13. fordert, dass darauf hingewirkt wird, dass Ersatzteile auf dem Markt für Gebrauchtwaren wiederverwendet werden;
14. stellt fest, dass über den 3D-Druck Teile für professionelle Anbieter und für die Verbraucher bereitgestellt werden können; weist nachdrücklich darauf hin, dass dabei die Produktsicherheit, der Schutz vor Fälschung und der Urheberrechtsschutz gewahrt bleiben müssen;
15. weist darauf hin, dass für die erfolgreiche Umsetzung der Kreislaufwirtschaft die Verfügbarkeit von Standard- und Modulkomponenten, die Planung von Zerlegungsprozessen, ein langfristig angelegtes Produktdesign und effiziente Fertigungsverfahren eine wichtige Rolle spielen;
Umsetzung eines auf Nutzung ausgerichteten Wirtschaftsmodells und Förderung von KMU und Beschäftigung in der EU
16. betont, dass der Übergang zu neuen Geschäftsmodellen, beispielsweise hybriden Leistungsangeboten (kombiniertes Angebot von Produkten und Dienstleistungen), Möglichkeiten zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Produktions- und Verbrauchsmuster birgt, sofern diese Kombinationen von Produkten und Dienstleistungen nicht zu einer Verkürzung der Produktlebenszeit führen, und betont, dass derartige Geschäftsmodelle keine Möglichkeiten zur Steuervermeidung bieten sollten;
17. betont, dass das Aufkommen neuer Geschäftsmodelle – z. B. internetbasierte Dienste, neue Vertriebsformen und Gebrauchtwarenkaufhäuser – und die zunehmende Verbreitung informeller Reparatureinrichtungen (Reparatur‑Cafés und entsprechende Selbsthilfekurse) die Verlängerung der Produktlebenszeit begünstigen und zugleich das Bewusstsein der Verbraucher für langlebige Produkte schärfen und deren Vertrauen in langlebige Produkte stärken können;
18. fordert die Mitgliedstaaten auf,
–
eine Konsultation mit allen betroffenen Interessenträgern durchzuführen und dabei auf ein Absatzmodell hinzuwirken, das auf der Nutzung von Produkten beruht und für alle Beteiligten mit Vorteilen einhergeht,
–
ihre Bemühungen zu intensivieren und zu diesem Zweck den Ausbau der funktionalen Wirtschaft zu fördern und zu unterstützen, dass Geräte gemietet, getauscht oder ausgeliehen werden,
–
lokale und regionale Behörden zu fördern, die Wirtschaftsmodelle wie die kollaborative Wirtschaft und die Kreislaufwirtschaft aktiv fördern, zumal diese Modelle einer effizienteren Ressourcennutzung und der Nutzung langlebiger Produkte sowie auch der Reparatur, der Wiederverwendung und dem Recycling förderlich sind;
19. legt den Mitgliedstaaten nahe, dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge der Bestimmung hinsichtlich der Lebenszykluskosten gemäß Richtlinie 2014/24/EU Rechnung getragen wird, und dafür Sorge zu tragen, dass sich die Wiederverwendungsquote von Verwaltungsausrüstung, die von Behörden angeschafft wird, erhöht;
20. legt den Mitgliedstaaten und der Kommission nahe, die kollaborative Wirtschaft im Rahmen ihrer öffentlichen Maßnahmen zu fördern, da sie mit Vorteilen einhergeht, was die Nutzung knapper Ressourcen und Kapazitäten angeht, beispielsweise im Verkehrssektor oder im Wohnungswesen;
21. fordert die Kommission auf, im Rahmen der Förderung der Kreislaufwirtschaft zu bekräftigen, wie wichtig es ist, dass Produkte langlebig sind;
22. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Abfallhierarchie gemäß den Rechtsvorschriften der Union (Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG)) umfassend Rechnung zu tragen und insbesondere Elektro- und Elektronikgeräte nicht als Abfall zu behandeln, sondern ihren Nutzwert weitestgehend auszuschöpfen, und zu diesem Zweck beispielsweise Mitarbeitern von Wiederverwendungszentren Zugang zu Elektro- und Elektronikaltgeräten zu gewähren, da diese Personen für solche Geräte bzw. Bauteile dieser Geräte Verwendung haben;
23. ist der Ansicht, dass die in dieser Entschließung genannten Maßnahmen insbesondere auf KMU und Kleinstunternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission Anwendung finden sollten, und zwar in einer Art und Weise, die der Größe und den Kapazitäten der KMU bzw. der Kleinstunternehmen entspricht und verhältnismäßig ist, sodass sich die Unternehmen weiterentwickeln können und Anreize für neue Arbeitsplätze sowie auch Ausbildungsmaßnahmen für neue Berufe in der EU entstehen;
24. fordert die Kommission auf, zu prüfen, wie die Austauschbarkeit von LED gefördert bzw. verbessert werden kann, und dabei neben Ökodesign-Maßnahmen auch weniger strikte Mittel in Betracht zu ziehen, etwa eine Produktkennzeichnung, Anreizsysteme, öffentliche Ausschreibungen oder – wenn Leuchtmittel fest verbaut sind – eine längere Gewährleistungsfrist;
25. fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine wirkungsvolle Marktüberwachung zu sorgen, um sicherzustellen, dass sowohl europäische als auch eingeführte Produkte die Anforderungen in Bezug auf Produktpolitik und Ökodesign erfüllen;
26. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die lokalen und regionalen Behörden einzubeziehen und ihre Zuständigkeitsbereiche zu achten;
Verbesserung der Verbraucherinformationen
27. fordert die Kommission auf, die Informationen über die Lebensdauer von Produkten zu verbessern und zu diesem Zweck
–
die Einführung eines freiwilligen europäischen Gütezeichens zu prüfen, das u. a. Angaben zur Lebensdauer, zum Ökodesign, zur Nachrüstbarkeit und zur Reparierbarkeit entsprechend dem technischen Fortschritt umfassen würde,
–
freiwillige Tests mit Unternehmen und anderen Interessenträgern auf EU-Ebene mit dem Ziel durchzuführen, eine Kennzeichnung in Bezug auf die zu erwartende Nutzungsdauer eines Produkts auf der Grundlage standardisierter Kriterien auszuarbeiten, die alle Mitgliedstaaten zur Anwendung bringen könnten,
–
die wichtigsten Gebrauchsgüter und insbesondere große Elektrogeräte mit Verbrauchszählern auszustatten,
–
zu bewerten, wie sich eine Anpassung der standardisierten Kennzeichnung mit Angaben zur Lebensdauer an die gesetzliche Gewährleistungsfrist auswirken würde,
–
digitale Anwendungen oder soziale Medien zu nutzen,
–
die Angaben zu standardisieren, die in Handbüchern zur Lebensdauer, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit dargelegt werden, damit dafür gesorgt ist, dass die Informationen klar, zugänglich und leicht verständlich sind,
–
dafür zu sorgen, dass die Informationen über die zu erwartende Lebensdauer eines Produkts auf Standardkriterien beruhen;
28. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission nachdrücklich auf,
–
die lokalen und regionalen Behörden sowie Unternehmen und Verbände dabei zu unterstützen, Kampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher im Hinblick auf die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten durchzuführen und dabei insbesondere Informationen zur Wartung, zur Reparatur und zur Wiederverwendung usw. bereitzustellen,
–
die Sensibilisierung der Verbraucher zu fördern, was Produkte angeht, die frühzeitig Mängel aufweisen und nicht reparabel sind, und in diesem Sinne gegebenenfalls Plattformen zur Warnung der Verbraucher einzurichten;
29. fordert die Kommission auf, einen regelmäßigen, strukturierten Austausch von Informationen und bewährten Verfahren in der ganzen Union und zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, einschließlich der regionalen und kommunalen Behörden, zu fördern;
Maßnahmen gegen geplante Obsoleszenz
30. fordert die Kommission auf, in Konsultation mit Verbraucherverbänden, Herstellern und anderen Interessenträgern einen Vorschlag für eine EU-weit geltende Definition des Begriffs „geplante Obsoleszenz“ für materielle Güter und Software vorzulegen; fordert die Kommission ferner auf, gemeinsam mit den Marktüberwachungsbehörden die Einrichtung eines unabhängigen Systems zu prüfen, mit dem getestet werden könnte, ob Produkte geplante Obsoleszenz aufweisen; fordert in dieser Hinsicht, dass Hinweisgeber auf rechtlicher Ebene besser geschützt werden und in Bezug auf die Hersteller abschreckende Maßnahmen getroffen werden;
31. weist vor diesem Hintergrund auf die Vorreiterrolle einiger Mitgliedstaaten hin, beispielsweise die Initiative der Benelux‑Staaten zur Bekämpfung der geplanten Obsoleszenz und zur Verlängerung der Lebensdauer (elektrischer) Haushaltsgeräte; betont, dass der Austausch bewährter Verfahren in diesem Zusammenhang wichtig ist;
32. weist darauf hin, dass die Nachrüstbarkeit den Vorgang der Produktobsoleszenz verlangsamen, die Auswirkungen auf die Umwelt verringern und die Kosten für die Nutzer senken kann;
Stärkung des Gewährleistungsrechts
33. hält es für entscheidend, dass die Verbraucher besser darüber informiert werden, wie sich das Gewährleistungsrecht gestaltet; fordert, dass die Gewährleistungsansprüche auf den Kaufbelegen von Produkten umfassend dargelegt werden;
34. fordert die Kommission auf, Initiativen und Maßnahmen zu ergreifen, um das Verbrauchervertrauen zu stärken, und zu diesem Zweck
–
den Verbraucherschutz zu stärken, und zwar insbesondere bei Produkten, deren Nutzungszeit nach vernünftigem Ermessen länger ist, und dabei die strikten Verbraucherschutzbestimmungen zu berücksichtigen, die in einigen Mitgliedstaaten bereits eingeführt wurden,
–
die Auswirkungen der Ökodesign-Bestimmungen und des Vertragsrechts auf energieverbrauchsrelevante Produkte zu berücksichtigen, damit bei den Produktvorschriften ein ganzheitliches Konzept zur Anwendung kommen kann,
–
dafür Sorge zu tragen, dass die Verbraucher im Rahmen des Kaufvertrags förmlich auf ihre Gewährleistungsansprüche hingewiesen werden, und auch Informationsprogramme im Hinblick auf diese Ansprüche zu fördern,
–
den Nachweis des Kaufs für die Verbraucher zu vereinfachen, indem eingeführt wird, dass die Gewährleistung an die Ware und nicht an den Käufer gebunden ist, und ferner für die flächendeckende Einführung digitaler Kaufnachweise und Garantiesysteme zu sorgen;
35. fordert, dass auf EU‑Ebene ein Beschwerdemechanismus eingeführt wird, der in Anspruch genommen werden kann, wenn gegen das Gewährleistungsrecht verstoßen wird, damit die einschlägigen Verwaltungsstellen die Durchsetzung der europäischen Normen leichter überwachen können;
36. weist darauf hin, dass durch die Stärkung des Grundsatzes der erweiterten Herstellerverantwortung und die Festlegung entsprechender Mindestanforderungen Anreize für eine nachhaltigere Produktgestaltung geschaffen werden können;
Schutz der Verbraucher vor Software-Obsoleszenz
37. fordert, dass in Sachen Aufrüstung, Sicherheitsaktualisierungen und Produktlebensdauer für mehr Transparenz gesorgt wird, zumal diese Aspekte von Belang sind, wenn Soft- und Hardware einwandfrei funktionieren soll; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen gestärkt werden muss;
38. regt an, dass die Lieferanten und die Hersteller mehr Transparenz walten lassen, indem in Verträgen über Produkte der Mindestzeitraum genannt wird, in dem für Betriebssysteme Sicherheitsaktualisierungen bereitgestellt werden; schlägt vor, dass eine Definition für einen „angemessenen Nutzungszeitraum“ festgelegt wird; betont ferner, dass der Produktlieferant für die Bereitstellung von Software‑Aktualisierungen Sorge tragen muss, wenn eingebettete Betriebssysteme genutzt werden; fordert die Hersteller auf, klare Informationen darüber bereitzustellen, inwiefern Software‑Aktualisierungen und andere Aktualisierungen mit den eingebetteten Betriebssystemen, die den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden, kompatibel sind;
39. fordert, dass die Möglichkeit bestehen muss, essenzielle Software-Aktualisierungen rückgängig zu machen, und dass bei derartigen Aktualisierungen erläutert werden muss, wie sie sich auf den Betrieb des Geräts auswirken, und dass neue essenzielle Software mit der vorausgehenden Generation der Software kompatibel sein muss;
40. spricht sich dafür aus, dass modulare Bauteile verwendet werden – was auch für den Prozessor gelten sollte –, damit Geräte stets auf den neuesten Stand gebracht werden können, und dass dieser Prozess durch entsprechende Normen gefördert wird;
o o o
41. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, einschließlich Völkermord
230k
60k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zu dem Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, einschließlich Völkermord (2016/2239(INI))
– unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes,
– unter Hinweis auf Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen (Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen),
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
– unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, die Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung und die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,
– unter Hinweis auf die am 31. Oktober 2000 verabschiedete Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit,
– unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vom 17. Juli 1998, das am 1. Juli 2002 in Kraft trat,
– unter Hinweis auf die Änderungen des Römischen Statuts, die im Juni 2010 auf der Überprüfungskonferenz in Kampala, Uganda, angenommen wurden,
– unter Hinweis auf den Analyserahmen der Vereinten Nationen für Gräuelverbrechen, der von dem Amt der Vereinten Nationen des Sonderberaters für die Verhütung von Völkermord und des Sonderberaters für die Schutzverantwortung erarbeitet wurde,
– unter Hinweis auf den Bericht des Amts des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 15. März 2015 mit dem Titel „Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on the human rights situation in Iraq in the light of abuses committed by the socalled Islamic State in Iraq and the Levant and associated groups“ (Bericht des Amts des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über die Menschenrechtslage im Irak vor dem Hintergrund der Menschenrechtsverletzungen durch den sogenannten Islamischen Staat und ihm angeschlossene Gruppen),
– unter Hinweis auf die Resolution A/71/L.48 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom Dezember 2016 zur Einrichtung eines internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Unterstützung der Ermittlung gegen die und strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen für die nach dem Völkerrecht schwersten Verbrechen, die seit März 2011 in der Arabischen Republik Syrien begangen wurden,
– unter Hinweis auf den am 1. März 2017 veröffentlichten Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für die Arabische Republik Syrien mit dem Titel „Special inquiry into the events in Aleppo“ (Sonderuntersuchung der Ereignisse in Aleppo),
– unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 2001/443/GASP des Rates vom 11. Juni 2001 zum Internationalen Strafgerichtshof(1),
– unter Hinweis auf den Beschluss 2002/494/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind(2),
– unter Hinweis auf den Beschluss 2003/335/JI des Rates vom 8. Mai 2003 betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen(3),
– unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 2003/444/GASP des Rates vom 16. Juni 2003 zum Internationalen Strafgerichtshof(4),
– unter Hinweis auf die Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts,
– unter Hinweis auf das Abkommen zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und der Europäischen Union über Zusammenarbeit und Unterstützung(5),
– unter Hinweis auf den Beschluss 2011/168/GASP des Rates vom 21. März 2011 über den Internationalen Strafgerichtshof(6),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Arbeitsunterlage der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik über die Förderung des Grundsatzes der Komplementarität (SWD(2013)0026),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2014 zum umfassenden Ansatz der EU,
– unter Hinweis auf die am 30. Oktober 2014 angenommene Strategie des Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, zur Bekämpfung der Straflosigkeit bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. November 2015 zur EU-Unterstützung der Unrechtsaufarbeitung,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 23. Mai 2016 zur EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da'esh,
– unter Hinweis auf die am 9. Dezember 2016 abgegebene Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen und Sicherheitspolitik (VP/HR) anlässlich des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Verbrechens des Völkermordes, ihrer Würde und der Verhütung dieses Verbrechens,
– unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2015–2019,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. November 2011 zu der Unterstützung der Europäischen Union für den IStGH: Bewältigung der Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten(7),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Juli 2014 zu dem Verbrechen der Aggression(8),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2015 zu der Massenvertreibung von Kindern in Nigeria infolge der Angriffe von Boko Haram(9) und auf seine Entschließung vom 17. Juli 2014 zu Nigeria und den jüngsten Angriffen von Boko Haram(10),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2015 zur Vorbereitung des Weltgipfels für humanitäre Hilfe: Herausforderungen und Chancen für die humanitäre Hilfe(11),
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 24. November 2016 zur Lage in Syrien(12), vom 27. Oktober 2016 zur Lage im Nordirak und in Mossul(13), vom 4. Februar 2016 zu dem vom sogenannten IS verübten systematischen Massenmord an religiösen Minderheiten(14) und vom 11. Juni 2015 zu Syrien: die Lage in Palmyra und der Fall Mazen Darwisch(15),
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0222/2017),
A. in der Erwägung, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord, die auch Gräuelverbrechen genannt werden, die schwersten Verbrechen gegen die Menschheit und für die gesamte internationale Gemeinschaft Anlass zur Sorge sind; in der Erwägung, dass die Menschheit durch diese Verbrechen stark erschüttert wurde;
B. in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft die Pflicht hat, Gräuelverbrechen zu verhindern; in der Erwägung, dass derartige Verbrechen nicht unbestraft bleiben dürfen und dafür gesorgt werden muss, dass die Täter auf faire Weise und zügig strafrechtlich verfolgt werden, und zwar auf nationaler oder internationaler Ebene und gemäß dem Grundsatz der Komplementarität;
C. in der Erwägung, dass Rechenschaftspflicht, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und die Bekämpfung der Straflosigkeit wesentliche Faktoren für die Förderung des Friedens und die Bemühungen um Konfliktlösung, Versöhnung und Wiederaufbau sind;
D. in der Erwägung, dass eine wirkliche Aussöhnung nur von Wahrheit und Gerechtigkeit ausgehen kann;
E. in der Erwägung, dass die Opfer dieser Verbrechen das Recht auf Rechtsbehelfe und Entschädigung haben, und in der Erwägung, dass Flüchtlinge, die Opfer von Gräuelverbrechen geworden sind, uneingeschränkte Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft erhalten sollten; in der Erwägung, dass es in diesem Zusammenhang wichtig ist, eine Geschlechterperspektive umzusetzen, indem die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen in den Flüchtlingslagern, während der Rückkehr bzw. Rückführung und Neuansiedlung, der Wiedereingliederung und beim Wiederaufbau in der Konfliktfolgezeit berücksichtigt werden;
F. in der Erwägung, dass dem Internationalen Strafgerichtshof eine zentrale Rolle zukommt, wenn es darum geht, die Straflosigkeit zu bekämpfen, Frieden wiederherzustellen und dafür zu sorgen, dass die Opfer Gerechtigkeit erfahren;
G. in der Erwägung, dass das System der Wiedergutmachung für die Opfer von Verbrechen, die in den Zuständigkeitsbereich des Internationalen Strafgerichtshofs fallen, diesen zu einem einzigartigen Justizorgan auf internationaler Ebene macht;
H. in der Erwägung, dass im Interesse der uneingeschränkten Wirksamkeit des Internationalen Strafgerichtshofs unbedingt alle Länder dem Römischen Statut beitreten sollten; in der Erwägung, dass 124 Länder, darunter alle EU-Mitgliedstaaten, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert haben;
I. in der Erwägung, dass die in Kampala angenommenen Änderungen des Römischen Statuts zum Verbrechen der Aggression, das als die schwerste und gefährlichste Form der rechtswidrigen Gewaltanwendung gilt, von 34 Staaten ratifiziert wurden und dass damit die für die Aktivierung der entsprechenden gerichtlichen Zuständigkeit notwendige Annahme durch 30 Vertragsstaaten gegeben ist und die Möglichkeit eröffnet wurde, dass die Versammlung der Vertragsstaaten nach dem 1. Januar 2017 die Aktivierung der vertraglichen Zuständigkeit des Gerichts für den Bereich Verbrechen der Aggression beschließt;
J. in der Erwägung, dass Russland im November 2016 beschlossen hat, seine Unterschrift unter dem Römischen Statut zurückzuziehen; in der Erwägung, dass im Oktober 2016 auch Südafrika, Gambia und Burundi ihren Rücktritt vom Römischen Statut bekanntgaben; in der Erwägung, dass die Afrikanische Union (AU) am 31. Januar 2017 eine nicht verbindliche Entschließung sowie eine Strategie für den Rückzug aus dem Internationalen Strafgerichtshof annahm und die Mitgliedstaaten der AU aufforderte, die Umsetzung der in der Strategie enthaltenen Empfehlungen in Betracht zu ziehen; in der Erwägung, dass im Februar und März 2017 jeweils Gambia und Südafrika mitteilten, dass sie beschlossen haben, ihren Rücktritt vom Römischen Statut rückgängig zu machen;
K. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten des Römischen Statuts und mit regionalen Organisationen von überragender Bedeutung ist, insbesondere in Situationen, in denen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs infrage gestellt wird;
L. in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof derzeit zehn Ermittlungen in neun Ländern – jeweils eine in Georgien, Mali, Côte d’Ivoire, Libyen, Kenia, Darfur (Sudan), Uganda und der Demokratischen Republik Kongo und zwei in der Zentralafrikanischen Republik – durchführt;
M. in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof im Einklang mit dem im Römischen Statut verankerten Grundsatz der Komplementarität nur dann tätig wird, wenn die nationalen Gerichte nicht zu einer wirklichen Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung wegen Gräuelverbrechen in der Lage oder bereit sind, sodass die Zuständigkeit dafür, die mutmaßlichen Täter der schwersten Verbrechen von internationalem Belang vor Gericht zu stellen, zunächst bei den Vertragsstaaten liegt;
N. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten im Gemeinsamen Standpunkt 2001/443/GASP des Rates vom 11. Juni 2001 zum Internationalen Strafgerichtshof erklärt haben, dass die Verbrechen, für die der Internationale Strafgerichtshof zuständig ist, alle Mitgliedstaaten angehen und die Mitgliedstaaten entschlossen sind, zusammenzuarbeiten, um diese Verbrechen zu verhüten und dem Umstand, dass Täter straffrei ausgehen, ein Ende zu setzen;
O. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten seit dessen Gründung zuverlässige Partner des Internationalen Strafgerichtshofs sind und ständig politische, diplomatische, finanzielle und logistische Unterstützung anbieten, zu der auch die Förderung der Allgemeingültigkeit des Systems des Römischen Statuts und die Verteidigung von dessen Integrität gehören;
P. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zugesagt haben, die Schaffung eines wirkungsvollen Mechanismus für eine bessere Einhaltung des humanitären Völkerrechts in hohem Maße zu unterstützen; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die VP/HR ersucht hat, über die Zielsetzungen und die Strategie zu berichten, die zur Erfüllung dieser Zusage konzipiert werden;
Q. in der Erwägung, dass in den Gebieten der Länder des ehemaligen Jugoslawiens in den Kriegen zwischen 1991 und 1995 zahlreiche Gräuelverbrechen begangen wurden;
R. in der Erwägung, dass die Gerichtsverfahren wegen Gräuelverbrechen, die in den Gebieten der Länder des ehemaligen Jugoslawiens in den Kriegen zwischen 1991 und 1995 begangen wurden, sehr langsam voranschreiten;
S. in der Erwägung, dass Syrien der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes im Jahr 1955 und dem Übereinkommen gegen Folter im Jahr 2004 beigetreten ist;
T. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 27. Oktober 2016 erneut darauf hinwies, dass es sich bei den vom IS begangenen Menschenrechtsverletzungen unter anderem um Völkermord handelt;
U. in der Erwägung, dass nach mehreren Berichten der Vereinten Nationen – unter anderem der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für die Arabische Republik Syrien, des Sonderberaters des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Verhütung von Völkermord, des Sonderberaters des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Schutzverantwortung, der Sonderberichterstatterin für Minderheitenfragen und des Amts des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte – sowie nichtstaatlichen Organisationen zufolge die Handlungen aller Konfliktparteien Gräuelverbrechen darstellen könnten und bei dem Kampf um Aleppo im Dezember 2016 alle Konfliktparteien Kriegsverbrechen begangen haben;
V. in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof erklärt hat, dass davon auszugehen ist, dass Boko Haram in Nigeria Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne von Artikel 7 des Statuts begangen hat, unter anderem vorsätzliche Tötung und Verfolgung;
W. in der Erwägung, dass die Unabhängige Untersuchung der Vereinten Nationen zu Burundi aufgrund von hunderten Hinrichtungen in Burundi seit April 2015 in einem Bericht zu dem Ergebnis kam, dass dort mehrere Personen wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgt werden sollten;
X. in der Erwägung, dass Organisationen der Zivilgesellschaft, Völkerrechtler und nichtstaatliche Organisationen davor warnen, dass es sich bei den Ereignissen von Ende 2016 in Burundi um Völkermord handeln könnte;
Y. in der Erwägung, dass die internationalen Vorschriften über Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch für nichtstaatliche Akteure und Personen, die im Namen oder im Rahmen von nichtstaatlichen Organisationen tätig sind, gelten; in der Erwägung, dass dies heute erst recht bekräftigt werden sollte, da nichtstaatliche Akteure in Kriegsszenarien zunehmend präsent sind und derartige schwere Verbrechen fördern und begehen;
Z. in der Erwägung, dass Staaten unter bestimmten Bedingungen auch für Verletzungen von Pflichten aus internationalen Verträgen und Übereinkommen zur Verantwortung gezogen werden können, über die sich die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs erstreckt, darunter das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 und die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948;
AA. in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof die Verantwortung von Staaten feststellen kann;
AB. in der Erwägung, dass alle Konfliktparteien Vergewaltigung und sexuelle Gewalt als Kriegstaktik einsetzen, um den Feind einzuschüchtern und zu demütigen; in der Erwägung, dass darüber hinaus geschlechtsspezifische Gewalt und sexueller Missbrauch in Konflikten ebenfalls dramatisch zunehmen;
AC. in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen sowohl während Konflikten als auch in der Konfliktfolgezeit als Fortsetzung der Diskriminierung erachtet werden kann, die Frauen in Friedenszeiten erleben; in der Erwägung, dass Konflikte bereits bestehende Muster der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sowie traditionell ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern verschärfen und Frauen und Mädchen einer erhöhten Gefahr aussetzen, sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt zum Opfer zu fallen;
1. weist darauf hin, dass sich die EU verpflichtet hat, sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten zu lassen, die für ihre Entstehung maßgebend waren, unter anderem von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts; bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass es für die EU höchsten Stellenwert haben sollte, gegen schwere Menschenrechtsverletzungen, die in ihrer Schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord entsprechen, und schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die in ihrer Schwere Kriegsverbrechen entsprechen, vorzugehen und die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen;
2. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihren gesamten politischen Einfluss zu nutzen, damit Handlungen verhindert werden, die als Gräuelverbrechen erachtet werden können, effizient und auf koordinierte Weise zu reagieren, wenn es zu derartigen Verbrechen kommt, sämtliche Ressourcen zu mobilisieren, die erforderlich sind, um alle Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, und die Opfer sowie die Prozesse der Stabilisierung und Aussöhnung zu unterstützen;
Die Notwendigkeit der Konzentration auf die Verhütung von Gräuelverbrechen
3. fordert die Vertragsparteien der Konvention der Vereinten Nationen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948, der vier Genfer Konventionen von 1949, des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 und weiterer einschlägiger internationaler Übereinkommen, unter anderem die EU-Mitgliedstaaten, nachdrücklich auf, ihre Zusagen einzuhalten und sämtliche Maßnahme zu ergreifen, die erforderlich sind, damit in ihrem Hoheitsgebiet oder gerichtlichem Zuständigkeitsbereich und durch ihre Bürger keine Gräuelverbrechen begangen werden; fordert alle Staaten, die diese Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, auf, sie zu ratifizieren;
4. betont, dass die internationale Gemeinschaft ihre Bemühungen, Konflikte oder potenzielle Konflikte, die zu Handlungen führen könnten, die als Gräuelverbrechen erachtet werden können, zu beobachten und auf sie zu reagieren, unverzüglich intensivieren muss;
5. fordert die internationale Gemeinschaft auf, Instrumente wie das Frühwarnsystem der EU zu schaffen, mit denen die Lücke zwischen Warnung und Reaktion beschränkt werden kann, um zu verhindern, dass gewaltsame Konflikte entstehen, sich neu entzünden und eskalieren;
6. fordert, dass die EU sich stärker darum bemüht, ein kohärentes und effizientes Konzept für die Ermittlung von Krisen oder Konfliktsituationen, die zu einem Gräuelverbrechen führen könnten, und für die rechtzeitige entsprechende Reaktion zu erarbeiten; betont insbesondere, dass zwischen den EU-Institutionen, unter anderem den EU-Delegationen, und den Missionen und Operationen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) sowie den Mitgliedstaaten mit ihren diplomatischen Vertretungen effektiv Informationen ausgetauscht und Präventivmaßnahmen koordiniert werden müssen; begrüßt unter diesem Aspekt die neue Initiative der Kommission für ein Weißbuch, das ein wirkungsvolleres auswärtiges Handeln der EU bewirken würde; betont, dass die zivilen GSVP-Missionen und -Operationen, die in der Konfliktfolgezeit durchgeführt werden, wichtig sind, um die Aussöhnung in den Drittländern zu unterstützen, insbesondere wenn in ihnen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden;
7. vertritt die Ansicht, dass die EU in ihr Gesamtkonzept für externe Konflikte und Krisen die Instrumente eingliedern sollte, die erforderlich sind, um Gräuelverbrechen frühzeitig aufzudecken und zu verhüten; weist in diesem Zusammenhang auf den Analyserahmen für Gräuelverbrechen hin, der von dem Amt der Vereinten Nationen des Sonderberaters für die Verhütung von Völkermord und des Sonderberaters für die Schutzverantwortung erarbeitet wurde; ist der Ansicht, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten bei drohenden Verbrechen stets klar Stellung beziehen und alle ihre friedlichen Möglichkeiten wie bilaterale Beziehungen, multilaterale Foren und Öffentlichkeitsdiplomatie nutzen sollten;
8. fordert die VP/HR auf, die Zusammenarbeit mit und die Schulung von Bediensteten bei EU-Delegationen, Botschaften der Mitgliedstaaten und zivilen und militärischen Missionen in den Bereichen Menschenrechte, humanitäres Völkerrecht und internationales Strafrecht – wozu auch ihre Fähigkeit gehört, Situationen aufzudecken, in denen es zu Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrechte kommt – fortzusetzen, unter anderem über einen regelmäßigen Austausch mit der lokalen Zivilgesellschaft; fordert die VP/HR auf, dafür zu sorgen, dass die EU-Sonderbeauftragten die Schutzverantwortung, wo immer nötig, zur Geltung bringen, und das Mandat des EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte um Angelegenheiten der Schutzverantwortung erweitern; fordert die VP/HR auf, im Rahmen bestehender Strukturen und Ressourcen die EU-Kontaktstelle für die Schutzverantwortung im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auch künftig zu unterstützen, die in erster Linie den Auftrag haben soll, für die Auswirkungen der Schutzverantwortung zu sensibilisieren und sicherzustellen, dass bei Krisensituationen zwischen allen betroffenen Akteuren frühzeitig ein Informationsfluss in Gang gesetzt wird, wobei auch die Einrichtung von nationalen Kontaktstellen für die Schutzverantwortung in den Mitgliedstaaten zu fördern ist; fordert die VP/HR auf, präventive Diplomatie und Vermittlung weiter zu professionalisieren und zu stärken;
9. betont, dass Länder und Regionen, in denen ein Konfliktrisiko besteht, über befähigte und verlässliche Sicherheitskräfte verfügen müssen; fordert, dass die EU und die Mitgliedstaaten weitere Bemühungen unternehmen, um Programme für den Kapazitätsaufbau im Sicherheitssektor zu erarbeiten und Plattformen einzurichten, mit denen unter lokalen Streitkräften und Sicherheitskräften eine Kultur der Achtung der Menschenrechte und der Achtung der Verfassung, der Integrität und des öffentlichen Dienstes gefördert wird;
10. betont, dass es für die Verhinderung von Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit von entscheidender Bedeutung ist, dass die Ursachen von Gewalt und Konflikten bekämpft werden, ein Beitrag zur Schaffung friedlicher und demokratischer Bedingungen geleistet wird, für die Achtung der Menschenrechte, zu denen auch der Schutz von Frauen, jungen Menschen und Minderjährigen, Minderheiten und LGBTI-Personen gehört, gesorgt wird und der Dialog zwischen den Religionen und Kulturen gefördert wird;
11. fordert, dass auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene Aufklärungs- und Kulturprogramme erarbeitet werden, mit denen ein Verständnis dafür gefördert wird, was die Ursachen von Gräuelverbrechen sind und welche Folgen sie für die Menschheit haben, und mit denen für die Notwendigkeit und Bedeutung der Förderung des Friedens, der Menschenrechte und der Toleranz gegenüber anderen Religionen und der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung bei allen diesen Verbrechen sensibilisiert wird; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass der erste jährliche Tag der EU gegen die Straflosigkeit bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen wurde;
Unterstützung von Ermittlung und strafrechtlicher Verfolgung wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen
12. bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof, das Römische Statut, die Anklagebehörde, die Befugnisse des Anklägers von Amts wegen und die Fortschritte bei der Einleitung neuer Ermittlungen, die ein wesentliches Mittel für die Bekämpfung der Straflosigkeit bei Gräuelverbrechen ist;
13. begrüßt, dass sich am 6. Juli 2016 in Brüssel Vertreter der EU und des Internationalen Strafgerichtshofs zur Vorbereitung der zweiten Sitzung des Diskussionsforums zwischen der EU und dem Internationalen Strafgerichtshofs trafen, die abgehalten wurde, um es den zuständigen Bediensteten des Internationalen Strafgerichtshofs und der EU-Institutionen zu ermöglichen, Bereiche von gemeinsamem Interesse zu ermitteln, Informationen über relevante Tätigkeiten auszutauschen und für eine bessere Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Internationalen Strafgerichtshof zu sorgen;
14. bekräftigt, dass die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nicht nur für seine uneingeschränkte Wirksamkeit, sondern auch für die Förderung der Allgemeingültigkeit des Römischen Statuts von entscheidender Bedeutung ist;
15. gibt zu bedenken, dass die Rechtsdurchsetzung nicht auf einem Balanceakt zwischen Gerechtigkeit und irgendwelchen politischen Überlegungen beruhen darf, da dies die Bemühungen um Aussöhnung nicht stärken, sondern schwächen würde;
16. bekräftigt, dass die universelle Einhaltung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs von größter Bedeutung ist; fordert die Staaten, die das Römische Statut, das Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs und die in Kampala angenommenen Änderungen des Römischen Statuts noch nicht ratifiziert haben, auf, dies zu tun, damit die Rechenschaftspflicht und die Aussöhnung unterstützt werden, da es sich dabei um zentrale Aspekte handelt, wenn es darum geht, weitere Gräueltaten zu verhindern; bekräftigt des Weiteren, dass die Integrität des Römischen Statuts von entscheidender Bedeutung ist;
17. nimmt die in letzter Zeit angekündigten Aufkündigungen des Römischen Statuts mit größtem Bedauern zur Kenntnis, da dadurch insbesondere der Zugang der Opfer zur Justiz erschwert wird, und ist der Ansicht, dass diese Aufkündigungen entschieden verurteilt werden sollten; begrüßt, dass sowohl Gambia als auch Südafrika ihre Mitteilungen über den Rücktritt zurückgezogen haben; fordert das verbleibende betroffene Land nachdrücklich auf, seine Entscheidung zu überdenken; fordert die EU ferner auf, unter anderem im Wege der Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union sämtliche Bemühungen zu unternehmen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass keine Rücktritte stattfinden; begrüßt, dass die Versammlung der Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs vereinbart hat, vorgeschlagene Änderungen am Römischen Statut zu prüfen, um die auf dem Sondergipfel der Afrikanischen Union angesprochenen Bedenken auszuräumen;
18. fordert die vier Unterzeichnerstaaten, die den Generalsekretär der Vereinten Nationen darüber unterrichtet haben, dass sie nicht mehr beabsichtigen, dem Römischen Statut beizutreten, auf, ihre Entscheidungen zu überdenken; weist ferner darauf hin, dass drei der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen keine Vertragsparteien des Römischen Statuts sind;
19. fordert des Weiteren sämtliche Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs auf, sich stärker darum zu bemühen, dass alle Staaten dem Internationalen Strafgerichtshof und dem Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs beitreten; fordert, dass die Kommission und der EAD sowie die Mitgliedstaaten die Drittländer weiterhin darin bestärken, das Römische Statut und das Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs zu ratifizieren und umzusetzen, und eine Bewertung der diesbezüglichen Erfolge der EU durchführen;
20. betont, dass ausreichende Finanzbeiträge für den Internationalen Strafgerichtshof bereitgestellt werden müssen, um seine ordnungsgemäße Arbeitsweise sicherzustellen, und zwar entweder im Wege von Beiträgen als Vertragspartner oder über EU-Finanzierungsinstrumente wie das Europäische Instrument für weltweite Demokratie und Menschenrechte oder den Europäischen Entwicklungsfonds, wobei die Finanzierung von Akteuren der Zivilgesellschaft, die sich für eine Verbesserung des internationalen Strafrechtssystems einsetzen und mit Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Internationalen Strafgerichtshof befasst sind, besonders berücksichtigt werden sollte;
21. begrüßt die außerordentlich wertvolle Unterstützung des Gerichts durch Organisationen der Zivilgesellschaft; ist besorgt angesichts der Berichte über Bedrohungen und Einschüchterung gegenüber bestimmten Organisationen der Zivilgesellschaft, die mit dem Gericht zusammenarbeiten; fordert, dass sämtliche Maßnahmen ergriffen werden, die erforderlich sind, um für ein sicheres Umfeld für Organisationen der Zivilgesellschaft zu sorgen, in dem sie tätig sein und mit dem Gericht zusammenarbeiten können, und um gegen sämtliche diesbezüglichen Bedrohungen und Einschüchterungen ihnen gegenüber vorzugehen;
22. nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die bei der Umsetzung des Aktionsplans vom 12. Juli 2011 erzielt wurden, der zur Weiterbehandlung des Beschlusses des Rates vom 21. März 2011 über den Internationalen Strafgerichtshof geschaffen wurde; fordert, dass die Umsetzung des Aktionsplans bewertet wird, um mögliche Bereiche zu ermitteln, in denen die Wirksamkeit der Maßnahmen der EU verbessert werden kann, wobei zu diesen Bereichen auch die Förderung der Integrität und der Unabhängigkeit des Gerichts gehören;
23. fordert alle Staaten, die das Römische Statut ratifiziert haben, nachdrücklich auf, mit dem Internationalen Strafgerichtshof bei dessen Bemühungen, gegen die für schwere internationale Verbrechen Verantwortlichen zu ermitteln und sie vor Gericht zu stellen, uneingeschränkt zusammenzuarbeiten, sowie seine Autorität zu achten und seine Entscheidungen uneingeschränkt umzusetzen;
24. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alle ihnen zur Verfügung stehenden politischen und diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um eine wirkungsvolle Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu unterstützen, vor allem im Hinblick auf Zeugenschutzprogramme und die Vollstreckung noch nicht vollstreckter Haftbefehle, insbesondere im Zusammenhang mit den 13 geflüchteten Verdächtigen; fordert die Kommission, den EAD und den Rat auf, über die Abgabe politischer Erklärungen hinauszugehen und sich auch auf die Annahme konkreter Maßnahmen zu verständigen, mit denen auf eine fehlende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof reagiert werden kann;
25. fordert, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten in Bezug auf Drittländer alle Mittel einsetzen, zu denen auch die Prüfung von Sanktionen gehört, insbesondere bei Ländern, die Gegenstand von Untersuchungen oder Vorprüfungen des Internationalen Strafgerichtshofs sind, damit ihre politische Bereitschaft zur uneingeschränkten Zusammenarbeit erhöht und ihre Fähigkeit, nationale Verfahren wegen Gräuelverbrechen einzuleiten, unterstützt wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten des Weiteren auf, diesen Ländern uneingeschränkte Unterstützung anzubieten, um sie bei der Einhaltung der Anforderungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterstützen; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 uneingeschränkt einzuhalten;
26. ist der Ansicht, dass die Opfer von Gräuelverbrechen Zugang zu wirksamen und durchsetzbaren Rechtsbehelfen und Entschädigungen haben sollten; betont, dass Opfern und Zeugen bei Verhandlungen vor dem Gericht eine besondere Rolle zukommt und dass besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um ihre Sicherheit und wirkungsvolle Einbeziehung im Einklang mit dem Römischen Statut sicherzustellen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt aller Maßnahmen zur Bekämpfung der Straflosigkeit zu stellen und freiwillig zu dem vom Internationalen Strafgerichtshof eingerichteten Treuhandfonds zugunsten der Opfer beizutragen;
27. fordert den EAD auf, dafür zu sorgen, dass die Rechenschaftspflicht für Gräuelverbrechen und die Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof bei den Prioritäten der EU im Bereich der Außenpolitik, auch im Erweiterungsprozess, durchgängig berücksichtigt werden, indem der Bekämpfung von Straflosigkeit systematisch Rechnung getragen wird; betont in diesem Zusammenhang, dass den Mitgliedern des Parlaments eine wichtige Rolle bei der Förderung des Internationalen Strafgerichtshofs und der Bekämpfung der Straflosigkeit, unter anderem im Rahmen der interparlamentarischen Zusammenarbeit, zukommt;
28. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Koordinierung und Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof Teil des Mandats der EU-Sonderbeauftragten in der betreffenden Region ist; fordert die VP/HR erneut zur Ernennung eines Sonderbeauftragten der EU für humanitäres Völkerrecht und internationale Gerichtsbarkeit auf, dessen Auftrag es ist, das Engagement der EU für den Kampf gegen Straflosigkeit und für den Internationalen Strafgerichtshof in allen Bereichen der EU-Außenpolitik zu fördern, zu berücksichtigen und entsprechend zu vertreten;
29. betont, dass dem Europäischen Parlament eine wesentliche Rolle bei der Überwachung der Maßnahmen der EU in diesem Bereich zukommt; begrüßt, dass in den Bericht des Europäischen Parlaments über den Jahresbericht über die Menschenrechte und die Demokratie in der Welt ein Abschnitt über die Bekämpfung der Straflosigkeit und den Internationalen Strafgerichtshof aufgenommen wurde, und empfiehlt, dass das Europäische Parlament eine aktivere Rolle einnimmt, indem es in sämtlichen politischen Maßnahmen und Institutionen der EU die Bekämpfung der Straflosigkeit und den Internationalen Strafgerichtshof voranbringt und durchgängig berücksichtigt, insbesondere bei der Arbeit seiner für die Außenpolitik der Union zuständigen Ausschüsse und seiner Delegationen für die Beziehungen mit Drittländern;
30. betont, dass zum Grundsatz der Komplementarität des Internationalen Strafgerichtshofs gehört, dass für die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung bei Gräuelverbrechen zunächst seine Vertragsstaaten zuständig sind; ist besorgt darüber, dass nicht alle Mitgliedstaaten der EU Rechtsvorschriften erlassen haben, die diese Verbrechen nach einzelstaatlichem Recht definieren und bezüglich derer die Gerichte ihre Zuständigkeit wahrnehmen können; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, das Instrumentarium für die Förderung des Grundsatzes der Komplementarität in vollem Umfang zu nutzen;
31. fordert die Mitgliedstaaten auf, Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ändern, um „Gräuelverbrechen“ der Liste der Straftaten hinzuzufügen, die in die Zuständigkeit der EU fallen;
32. fordert die EU nachdrücklich auf, Ressourcen für die Vorbereitung eines Aktionsplans für die Bekämpfung der Straflosigkeit in Europa bei Verbrechen, die unter das Völkerrecht fallen, vorzubereiten und bereitzustellen, wobei dieser Aktionsplan eindeutige Richtwerte für die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten enthalten sollte, damit die nationale Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verbessert werden;
33. weist erneut darauf hin, dass Staaten, auch die EU-Mitgliedstaaten, einzeln Verfahren gegen andere Staaten wegen auf nationaler Ebene begangener Verletzungen von Pflichten aus internationalen Verträgen und Übereinkommen, zu denen auch das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 und die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 gehören, vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen können;
34. weist erneut darauf hin, dass es die Gräueltaten des Assad-Regimes in Syrien, die als schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erachtet werden können, entschieden verurteilt, und bedauert, dass in Syrien ein Klima der Nichtahndung dieser Verbrechen herrscht;
35. bedauert die verbreitete Missachtung des humanitären Völkerrechts und die besorgniserregende Anzahl von zivilen Todesopfern und Angriffen auf zivile Infrastruktur in bewaffneten Konflikten weltweit; fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, eine internationale Konferenz einzuberufen, um einen neuen internationalen Mechanismus für die Rückverfolgung und Erhebung von Daten und die öffentliche Berichterstattung über Verstöße im Zuge von bewaffneten Konflikten vorzubereiten; fordert die VP/HV erneut auf, jährlich ein öffentliches Verzeichnis der mutmaßlichen Urheber von Angriffen auf Schulen und Krankenhäuser vorzulegen, um angemessene Maßnahmen der EU zur Beendigung derartiger Angriffe festzulegen;
36. fordert die Mitgliedstaaten auf, die wichtigsten Rechtsakte im Bereich des humanitären Völkerrechts und weitere einschlägige Rechtsakte zu ratifizieren; stellt fest, dass die EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts wichtig sind, und fordert die VP/HR und den EAD erneut auf, sie stärker umzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen im Nahen und Mittleren Osten; fordert die EU auf, Initiativen zu unterstützen, mit denen das Wissen über das humanitäre Völkerrecht und Verfahren, die sich bei seiner Anwendung bewährt haben, verbreitet werden, und fordert von der EU, dass sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden bilateralen Instrumenten – auch mittels des politischen Dialogs – wirksam darauf hinwirkt, dass ihre Partner das humanitäre Völkerrecht einhalten;
37. betont, dass die Mitgliedstaaten es ablehnen sollten, Waffen, Ausrüstung oder finanzielle oder politische Unterstützung für Staaten oder nichtstaatliche Akteure bereitzustellen, die – unter anderem durch Vergewaltigung oder weitere Formen der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Kinder – gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen;
38. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten des Weiteren auf, im Einklang mit dem EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2015–2019 in Drittländern, die direkt von der mutmaßlichen Begehung derartiger Verbrechen betroffen sind, Reformprozesse und einzelstaatliche Bemühungen um Kapazitätsaufbau zu unterstützen, deren Ziel die Stärkung der unabhängigen Gerichtsbarkeit, der Strafverfolgung, des Strafvollzugssystems und von Entschädigungsprogrammen ist; begrüßt in diesem Zusammenhang den EU-Rahmen für die Unterstützung der Unrechtsaufarbeitung 2015 und sieht seiner wirkungsvollen Umsetzung erwartungsvoll entgegen;
Bekämpfung der Straflosigkeit bei von nichtstaatlichen Akteuren begangenen Verbrechen
39. weist darauf hin, dass durch das internationale Strafrecht und insbesondere den Auftrag und die Rechtsprechung der internationalen Strafgerichtshöfe die Verantwortung von Personen, die an internationalen Verbrechen beteiligten nichtstaatlichen Gruppen angeschlossen sind, eindeutig definiert wurde; betont, dass diese Verantwortung nicht nur für diese Personen gilt, sondern auch für indirekte Mittäter bei Straftaten gegen das Völkerrecht; legt allen EU-Mitgliedstaaten nahe, für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord verantwortliche staatliche und nichtstaatliche Akteure und Personen vor Gericht zu stellen;
40. betont, dass zahlreiche Berichte einschlägiger internationaler Gremien über die vom IS und weiteren nichtstaatlichen Akteuren gegen Frauen und Mädchen verübte Gewaltverbrechen vorliegen, und stellt fest, dass die internationale Juristenschaft Mühe hat, diese Straftaten im internationalen Strafrecht einzuordnen;
41. bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass es die abscheulichen Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen, die nichtstaatliche Akteure wie Boko Haram in Nigeria und der IS in Syrien und im Irak begangen haben, aufs Schärfste verurteilt; ist entsetzt über die vielen unterschiedlichen Verbrechen, darunter Tötungen, Folter, Vergewaltigung, Versklavung, sexuelle Sklaverei, Rekrutierung von Kindersoldaten, Zwangskonvertierungen und die systematische Ermordung religiöser Minderheiten, unter anderem von Christen und Jesiden; weist erneut darauf hin, dass es sich gemäß dem Internationalen Strafgerichtshof bei Akten sexueller Gewalt um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln kann; vertritt die Auffassung, dass die strafrechtliche Verfolgung der Täter für die internationale Gemeinschaft eine vorrangige Angelegenheit sein sollte;
42. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, gegen Straflosigkeit vorzugehen und Bemühungen auf internationaler Ebene, Mitglieder nichtstaatlicher Gruppen wie von Boko Haram, des IS und von allen anderen Gruppen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, vor Gericht zu stellen, aktiv zu unterstützen; fordert, dass ein eindeutiges Konzept für die strafrechtliche Verfolgung der IS-Kämpfer und ihrer Helfer erarbeitet wird, unter anderem indem die Sachkenntnis des für die Ermittlung und Strafverfolgung bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen eingerichteten EU-Netzes genutzt wird;
43. betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die strafrechtliche Verfolgung von Mitgliedern nichtstaatlicher Gruppen wie des IS unterstützen sollten, indem sie sich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen um einen Konsens über die Übertragung der gerichtlichen Zuständigkeit an den Internationalen Strafgerichtshof bemühen, zumal Syrien und der Irak keine Vertragsparteien des Römischen Statuts sind; betont, dass die EU auf internationaler Ebene mit allen Mitteln Möglichkeiten der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung bei allen von sämtlichen Konfliktparteien in Syrien, zu denen auch der IS gehört, begangenen Verbrechen sondieren und unterstützen sollte, unter anderem die Einrichtung eines internationalen Strafgerichtshofs für den Irak und Syrien;
44. bedauert, dass Russland und China als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ihr Veto einlegten, um dagegen zu stimmen, dass die Situation in Syrien gemäß Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs unterbreitet wird und eine Maßnahme angenommen wird, um gegen Syrien Sanktionen wegen des Einsatzes von chemischen Waffen zu verhängen; fordert die EU auf, eine zügige Reform der Arbeitsweise des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob von dem Vetorecht Gebrauch gemacht wird, und vor allem die Initiative Frankreichs zu unterstützen, wonach auf dieses Recht verzichtet werden sollte, wenn es Hinweise auf Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt;
45. spricht sich für eine mögliche Forderung aus, die in Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen festgelegten Grundsätze anzuwenden, damit das Prinzip der Schutzverantwortung eingehalten wird, wobei dies stets unter dem Dach der internationalen Gemeinschaft und mit Zustimmung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erfolgen muss;
46. begrüßt, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die Untersuchungskommission zu Syrien eingesetzt hat und dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen den internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus eingerichtet hat, um die Ermittlung wegen schweren Verbrechen in Syrien zu unterstützen; betont, dass ein vergleichbarer unabhängiger Mechanismus für den Irak geschaffen werden muss, und fordert alle EU-Mitgliedstaaten, alle Parteien des Konflikts in Syrien, die Zivilgesellschaft und das gesamte System der Vereinten Nationen auf, uneingeschränkt mit dem internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zusammenzuarbeiten und ihm sämtliche Informationen und Unterlagen bereitzustellen, die sich in ihrem Besitz befinden, um ihn bei der Erfüllung seines Auftrags zu unterstützen; dankt den EU-Mitgliedstaaten, die finanziell zu dem Mechanismus beitragen, und fordert die anderen Mitgliedstaaten auf, sich ihnen anzuschließen;
47. fordert die EU auf, Organisationen, die in den Bereichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Ermittlungen unter Nutzung öffentlich zugänglicher Quellen und an der digitalen Erfassung von Beweisen arbeiten, angemessen zu finanzieren, damit für Rechenschaftspflicht gesorgt ist und die Täter vor Gericht gestellt werden;
48. begrüßt, dass die EU bemüht ist, die Arbeit der Kommission für internationale Justiz und Verantwortung und weiterer nichtstaatlicher Organisationen, die Gräuelverbrechen dokumentieren, zu unterstützen; fordert, dass die EU die irakische und syrische Zivilgesellschaft bei der Sammlung, dem Erhalt und dem Schutz von Beweisen für im Irak und in Syrien von den Konfliktparteien, zu denen auch der IS gehört, begangene Verbrechen unmittelbar unterstützt; fordert, dass als zentrale Maßnahme bei der Bekämpfung der Straflosigkeit und als eine grundlegende Priorität Beweise – in digitaler oder sonstiger Form – für von allen Konfliktparteien begangene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie von ihnen begangenen Völkermord gesammelt und aufbewahrt werden; befürwortet die Initiative, die Großbritannien, Belgien und der Irak zur Schaffung einer Koalition auf Ebene der Vereinten Nationen ergriffen haben, um den IS vor Gericht zu stellen (Bringing Daesh to Justice Coalition), in deren Rahmen Beweise für die vom IS in Syrien und im Irak begangenen Verbrechen gesammelt werden sollen, um die entsprechende internationale strafrechtliche Verfolgung zu ermöglichen, und fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, sich der Koalition anzuschließen oder sie zu unterstützen; unterstützt des Weiteren die Tätigkeiten im Rahmen der Initiative für das syrische Kulturerbe und ihre Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung in Syrien und im Irak im Zusammenhang mit der Zerstörung archäologischen und kulturellen Erbes;
49. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sämtliche Maßnahmen umzusetzen, die erforderlich sind, um wirksam dafür zu sorgen, dass künftig keine Ressourcen, bei denen es sich um Waffen, Fahrzeuge, Finanzmittel und viele weitere Arten von Ressourcen handelt, mehr an den IS fließen;
50. fordert die EU nachdrücklich auf, gegen die Länder oder staatlichen Stellen Sanktionen zu verhängen, die es direkt oder indirekt ermöglichen, dass Ressourcen an den IS fließen, und in der Folge zum Ausbau seiner kriminellen terroristischen Aktivitäten beitragen;
51. betont, dass die EU-Mitgliedstaaten allen Beschuldigungen nachgehen und ihre Staatsangehörigen oder Personen in ihrer Zuständigkeit, die im Irak und in Syrien Gräuelverbrechen begangen haben oder versucht haben zu begehen oder an ihnen beteiligt waren, strafrechtlich verfolgen oder die Angelegenheiten im Einklang mit dem Römischen Statut dem Internationalen Strafgerichtshof unterbreiten sollten; weist jedoch erneut darauf hin, dass die strafrechtliche Verfolgung der Mitglieder des IS in den Mitgliedstaaten die internationale Gerichtsbarkeit nur ergänzen kann;
52. hebt den Stellenwert des Abkommens zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und der Europäischen Union über Zusammenarbeit und Unterstützung hervor; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der universellen Zuständigkeit bei der Bekämpfung der Straflosigkeit anzuwenden, und betont, dass dieser wichtig ist, damit das internationale Strafrechtssystem wirksam ist und gut funktioniert; fordert die EU-Mitgliedstaaten des Weiteren auf, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in ihrem Gebiet strafrechtlich zu verfolgen, und zwar auch dann, wenn diese Verbrechen in Drittländern oder von Drittstaatsangehörigen begangen wurden;
53. fordert alle Staaten der internationalen Gemeinschaft, zu denen auch die EU-Mitgliedstaaten gehören, nachdrücklich auf, sich aktiv darum zu bemühen, dass die Radikalisierung verhindert und bekämpft wird, und ihre Rechts- und Gerichtssysteme zu verbessern, damit verhindert wird, dass sich ihre Staatsangehörigen und Einwohner dem IS anschließen;
Die geschlechtsspezifische Dimension beim Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen
54. betont, dass sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt unbedingt beseitigt werden müssen, indem gegen ihren weit verbreiteten und systematischen Einsatz als Kriegswaffe gegen Frauen und Mädchen vorgegangen wird; fordert alle Staaten nachdrücklich auf, nationale Aktionsprogramme im Einklang mit der Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und Strategien für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auszuarbeiten, und verlangt eine umfassende Zusage, die Umsetzung dieser Resolution sicherzustellen; fordert eine weltweite Verpflichtung, die Sicherheit von Frauen und Mädchen in jeder Notlage oder Krise von Anfang an sowie in der Konfliktfolgezeit mit allen verfügbaren Mitteln sicherzustellen, unter anderem indem der Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sichergestellt wird, zu denen auch legale und sichere Abtreibungsmöglichkeiten für Opfer von Vergewaltigung im Krieg gehören; betont des Weiteren, dass Frauen selbst nach dem Konflikt oft weiter unter den körperlichen, psychischen und sozioökonomischen Folgen der Gewalt leiden;
55. vertritt die Auffassung, dass Frauen bei der Konfliktprävention, der Förderung der Menschenrechte und bei demokratischen Reformen eine größere Rolle zukommen sollte, und betont, dass die systematische Teilhabe von Frauen ein wesentlicher Aspekt eines jeden Friedensprozesses und eines jeden Wiederaufbaus in der Konfliktfolgezeit ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Einbeziehung von Frauen in Friedensprozesse und Prozesse der nationalen Aussöhnung zu fördern;
56. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die zuständigen internationalen Stellen auf, geeignete Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel die Durchführung von militärischen Disziplinarmaßnahmen, die Wahrung des Grundsatzes der Führungsverantwortung und die Schulung der Truppe und des für die Friedenssicherung und die humanitäre Hilfe eingesetzten Personals im Bereich des Verbots sämtlicher Formen der sexuellen Gewalt;
o o o
57. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zu übermitteln.
– unter Hinweis auf das Montreux-Dokument über einschlägige völkerrechtliche Verpflichtungen und Gute Praktiken für Staaten im Zusammenhang mit dem Einsatz privater Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten,
– unter Hinweis auf die Resolutionen Nr. 15/26, 22/33, 28/7 und 30/6 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die im Juli 2005 eingerichtete Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zum Einsatz von Söldnern als Mittel zur Verletzung der Menschenrechte und zur Behinderung der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Völker,
– unter Hinweis auf die Berichte der ergebnisoffenen zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe, die zur Erörterung der Möglichkeit eingesetzt wurde, einen international gültigen ordnungspolitischen Rahmen zur Regulierung, Kontrolle und Überwachung der Tätigkeiten privater Militär- und Sicherheitsunternehmen auszuarbeiten,
– unter Hinweis auf die Leitlinien der Vereinten Nationen zur Inanspruchnahme bewaffneter Sicherheitsdienste von privaten Sicherheitsunternehmen, die kürzlich auf unbewaffnete Sicherheitsdienste ausgeweitet wurden,
– unter Hinweis auf den VN-Verhaltenskodex für Beamte mit Polizeibefugnissen,
– unter Hinweis auf den Entwurf eines Übereinkommens über private Militär- und Sicherheitsunternehmen zur Prüfung und Ergreifung von Maßnahmen durch den Menschenrechtsrat,
– unter Hinweis auf den Internationalen Verhaltenskodex für private Sicherheitsdienstleister (ICoC) der Vereinigung des Internationalen Verhaltenskodex für private Sicherheitsdienstleister (ICoCA), bei dem es sich um einen Selbstregulierungsmechanismus der Branche mit freiwilligen Standards handelt,
– unter Hinweis auf den Verhaltenskodex der Vereinigung für internationale Stabilitätsoperationen (ISOA), bei dem es sich um einen brancheneigenen Selbstregulierungsmechanismus handelt,
– unter Hinweis auf den Verhaltens- und Ethikkodex für den privaten Sicherheitssektor des Verbands der europäischen Wach- und Sicherheitsunternehmen (CoESS) und der UNI Europa,
– unter Hinweis auf die Norm ISO 18788 – Managementsystem für die Tätigkeiten privater Sicherheitsunternehmen, in der Parameter für die Verwaltung privater Sicherheitsunternehmen festgelegt sind,
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 13. Juni 2002 betreffend die Zusammenarbeit zwischen den für den Bereich private Sicherheit zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG(1),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG(2),
– unter Hinweis auf das Konzept der EU für die logistische Unterstützung EU-geführter militärischer Operationen und das Konzept der EU für die gewerbliche Leistungserbringung bei EU-geführten militärischen Operationen,
– unter Hinweis auf die Empfehlungen im Rahmen des Priv-War-Projekts für ordnungspolitische Maßnahmen der EU im Bereich privater Militär- und Sicherheitsunternehmen und ihrer Dienstleistungen,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2013 zum Thema „Korruption im öffentlichen und privaten Sektor: Die Auswirkungen auf die Menschenrechte in Drittstaaten“(3) und auf seine Entschließung vom 6. Februar 2013 zum Thema „Soziale Verantwortung der Unternehmen: Förderung der Interessen der Gesellschaft und ein Weg zu einem nachhaltigen und integrativen Wiederaufschwung“(4),
– unter Hinweis auf die Vielzahl unterschiedlicher Risiken, Probleme und Bedrohungen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die vorläufigen Leitlinien der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) von Mai 2012 für privates bewaffnetes Wachpersonal an Bord von Schiffen,
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0191/2017),
A. in der Erwägung, dass Sicherheit und Verteidigung öffentliche Güter sind, die von öffentlichen Behörden gemäß den Kriterien der Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit, Rechenschaftspflicht und Rechtsstaatlichkeit verwaltet werden und die nicht nur von der Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel, sondern auch von Kenntnissen abhängig sind; in der Erwägung, dass die öffentlichen Behörden in bestimmten Bereichen möglicherweise nicht über die notwendigen Kapazitäten und Fähigkeiten verfügen;
B. in der Erwägung, dass in erster Linie die öffentlichen Behörden für Sicherheit und Verteidigung sorgen sollten;
C. in der Erwägung, dass Eurobarometer-Umfragen ergeben haben, dass sich die Unionsbürger wünschen, dass die EU im Bereich Sicherheit und Verteidigung aktiver wird;
D. in der Erwägung, dass 2013 in etwa 40 000 privaten Sicherheitsunternehmen in Europa über 1,5 Mio. private Auftragnehmer für Sicherheitsleistungen beschäftigt waren; in der Erwägung, dass diese Zahlen weiter steigen; in der Erwägung, dass sich die Umsätze dieser Unternehmen im selben Jahr auf ungefähr 35 Mrd. EUR beliefen; in der Erwägung, dass die private Sicherheitsbranche 2016 weltweit auf 200 Mrd. USD bei etwa 100 000 privaten Sicherheitsunternehmen und 3,5 Mio. Beschäftigten geschätzt wurde;
E. in der Erwägung, dass in den letzten Jahrzehnten private Sicherheitsunternehmen – wobei damit in dieser Entschließung auch private Militärunternehmen bezeichnet werden – zunehmend von nationalen Regierungen sowie Streitkräften und nichtmilitärischen Agenturen beschäftigt wurden, sowohl im Rahmen der Leistungserbringung im Inland als auch zur Unterstützung bei Einsätzen in Übersee;
F. in der Erwägung, dass das Dienstleistungsspektrum privater Sicherheitsunternehmen äußerst groß ist und von logistischen Dienstleistungen bis hin zu Kampfeinsätzen, der Bereitstellung von Militärtechnologie und der Beteiligung am Wiederaufbau in der Konfliktfolgezeit reicht; in der Erwägung, dass private Sicherheitsunternehmen auch in den Mitgliedstaaten unerlässliche Leistungen erbringen, wie den Betrieb von Haftanstalten und die Bereitstellung von Wachleuten auf Infrastrukturgeländen; in der Erwägung, dass private Sicherheitsunternehmen sowohl bei nichtmilitärischen als auch bei militärischen Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zum Schutz von EU-Delegationen, für den Bau von Feldlagern, Ausbildung, Lufttransport und zur Unterstützung von Maßnahmen der humanitären Hilfe eingesetzt wurden;
G. in der Erwägung, dass die tatsächliche Inanspruchnahme privater Sicherheitsunternehmen, die Verfahren für ihre Beauftragung und die Qualität der entsprechenden Vorschriften in den EU-Mitgliedstaaten stark variieren, wobei private Sicherheitsunternehmen von vielen Mitgliedstaaten zur Verstärkung ihrer Kontingente bei multilateralen Einsätzen eingesetzt werden;
H. in der Erwägung, dass militärische Aktivitäten, die ehemals zu den Tätigkeiten von Streitkräften zählten, unter anderem mit dem Ziel ausgelagert werden, Leistungen kostengünstiger zu erbringen, aber auch im Hinblick auf den Ausgleich eines Kapazitätsdefizits bei zahlenmäßig rückläufigen Streitkräften, während die Zahl der multilateralen Missionen im Ausland steigt und die Mittel gekürzt werden, da die Entscheidungsträger nicht bereit sind, entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen; in der Erwägung, dass dies nur in Ausnahmefällen geschehen sollte; in der Erwägung, dass gegen Defizite vorgegangen werden muss; in der Erwägung, dass die privaten Sicherheitsunternehmen auch – häufig kurzfristig und als ergänzende Maßnahme – Kapazitäten bereitstellen können, an denen es den nationalen Streitkräften vollständig mangelt; in der Erwägung, dass die privaten Sicherheitsunternehmen auch aufgrund politischer Zweckmäßigkeit eingesetzt wurden, damit der Einsatz von Truppen nicht eingeschränkt wird und insbesondere einer möglichen fehlenden Unterstützung seitens der Öffentlichkeit für den Einsatz der Streitkräfte begegnet werden kann; in der Erwägung, dass der Einsatz privater Sicherheitsunternehmen als außenpolitisches Mittel einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle unterliegen muss;
I. in der Erwägung, dass private Sicherheitsunternehmen beschuldigt wurden, in zahlreiche Menschenrechtsverstöße und Vorfälle verwickelt gewesen zu sein, bei denen Menschen ums Leben gekommen sind; in der Erwägung, dass diese Vorfälle im Laufe der Zeit und je nach Land variieren und in einigen Fällen bis hin zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht reichen, u. a. Kriegsverbrechen; in der Erwägung, dass einige dieser Vorfälle strafrechtlich verfolgt wurden; in der Erwägung, dass diese Tatsache in Kombination mit ihrer fehlenden Transparenz Auswirkungen auf die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft in den betroffenen Staaten hatte und sich herausgestellt hat, dass die Rechenschaftsstrukturen erhebliche Unzulänglichkeiten aufweisen, da z. B. mehrere Stufen von Tochterunternehmen oder Unterauftragnehmern in verschiedenen Ländern eingerichtet werden, insbesondere auf lokaler Ebene, was in einigen Fällen zur Folge hat, dass die grundlegende Sicherheit der Zivilbevölkerung in Aufnahmeländern nicht gewährleistet werden kann;
J. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten darauf hinwirken sollten, dass derartige Situationen künftig verhindert werden, und davon absehen sollten, Militäroperationen auszulagern, die mit dem Einsatz von Gewalt und Waffen einhergehen, sich an Feindseligkeiten zu beteiligen oder anderweitig Kampfeinsätze oder Einsätze in Kriegsgebieten durchzuführen, die über die legitime Selbstverteidigung hinausgehen; in der Erwägung, dass Operationen und Aktivitäten in Konfliktgebieten, die an private Sicherheitsunternehmen ausgelagert werden, auf logistische Unterstützung und den Schutz von Anlagen beschränkt werden sollten, ohne dass sich die privaten Sicherheitsunternehmen tatsächlich in Gebieten aufhalten, in denen es zu Kämpfen kommt; in der Erwägung, dass durch den Einsatz privater Sicherheitsunternehmen keinesfalls die Bediensteten der nationalen Streitkräfte ersetzt werden können; in der Erwägung, dass es bei der Durchführung der Verteidigungspolitik oberste Priorität haben muss, dass den Streitkräften der Mitgliedstaaten ausreichende Ressourcen, Instrumente, Ausbildung, Kenntnisse und Mittel zur Verfügung stehen, damit sie ihre Aufgaben vollständig ausüben können;
K. in der Erwägung, dass auf internationaler Ebene ein Rechtsrahmen mit verbindlichen Regulierungs- und Überwachungsmechanismen geschaffen werden sollte, um die Inanspruchnahme privater Sicherheitsunternehmen zu regulieren und für eine ausreichende Kontrolle über ihre Tätigkeiten zu sorgen, damit die Staaten die Vorteile, die diese Unternehmen bieten, nutzen können und damit sichergestellt wird, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden können; in der Erwägung, dass private Sicherheitsunternehmen zu einer Branche gehören, die stark transnational und mit staatlichen und zwischenstaatlichen Akteuren verflochten ist, weshalb bei ordnungspolitischen Maßnahmen ein globales Vorgehen erforderlich ist; in der Erwägung, dass für diese Branche gegenwärtig unter anderem eine Reihe inkohärenter Vorschriften gilt, die sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich unterscheiden; in der Erwägung, dass die uneinheitlichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und die Selbstregulierung, die manche privaten Sicherheitsunternehmen annehmen, ein wenig wirksames Abschreckungsmittel gegen Missbrauchsfälle bieten, da es keine Strafen gibt, und sich erheblich darauf auswirken können, wie private Sicherheitsunternehmen bei multilateralen Einsätzen und in Konfliktgebieten vorgehen;
L. in der Erwägung, dass es an vereinbarten Begriffsbestimmungen der Begriffe private Sicherheitsunternehmen und private Militärunternehmen sowie ihrer Leistungen mangelt; in der Erwägung, dass ein privates Unternehmen – wie in der Begriffsbestimmung in dem Entwurf eines Übereinkommens der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zum Einsatz von Söldnern vorgeschlagen – als Kapitalgesellschaft definiert werden kann, die entgeltlich durch natürliche bzw. juristische Personen militärische bzw. Sicherheitsleistungen erbringt; in der Erwägung, dass militärische Leistungen in diesem Zusammenhang als spezialisierte Leistungen verstanden werden können, die mit militärischen Einsätzen verbunden sind, u. a. strategische Planung, Aufklärung, Ermittlung, Land-, Wasser- oder Lufterkundung, bemannte oder unbemannte Flugeinsätze aller Art, Satellitenüberwachung und ‑aufklärung, alle Arten von Wissenstransfer in Bezug auf militärische Anwendungen, materielle und technische Unterstützung von Streitkräften und andere damit zusammenhängende Tätigkeiten; in der Erwägung, dass Sicherheitsleistungen als bewaffnete Bewachung oder bewaffneter Schutz von Gebäuden, Einrichtungen, Eigentum und Personen, alle Arten von Wissenstransfer in Bezug auf Anwendungen aus den Bereichen Sicherheit und Polizeiarbeit, Entwicklung und Umsetzung informationeller Sicherheitsmaßnahmen und andere damit zusammenhängende Tätigkeiten verstanden werden können;
M. in der Erwägung, dass das Montreux-Dokument das erste wichtige Dokument ist, in dem festgelegt ist, wie das Völkerrecht auf private Sicherheitsunternehmen angewandt werden muss; in der Erwägung, dass im Internationalen Verhaltenskodex für private Sicherheitsdienstleister (ICoC) Standards für diese Branche festgelegt sind und sich der ICoC zunehmend als hilfreich erweist, wenn es gilt, gemeinsame grundlegende Standards für eine internationale Branche sicherzustellen; in der Erwägung, dass es Ziel der Vereinigung des Internationalen Verhaltenskodex für private Sicherheitsdienstleister (ICoCA) ist, die Umsetzung des ICoC zu fördern, zu verwalten und zu beaufsichtigen und Anreize für die verantwortungsvolle Erbringung von Sicherheitsdiensten und die Wahrung der Menschenrechte, des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu setzen; in der Erwägung, dass der Beitritt zur ICoCA jedoch freiwillig erfolgt und an eine Zahlung gebunden ist und dass aufgrund der hohen Mitgliedsbeiträge nicht alle privaten Sicherheitsunternehmen Mitglied werden können;
N. in der Erwägung, dass in vielen internationalen Foren auf die Regulierung privater Sicherheitsunternehmen hingewirkt wird, darunter auch im Montreux-Dokument-Forum, in dem die EU in die Gruppe der Freunde des Vorsitzes gewählt wurde, in der ergebnisoffenen zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe, die zur Erörterung der Möglichkeit eingesetzt wurde, einen international gültigen ordnungspolitischen Rahmen zur Regulierung, Kontrolle und Überwachung der Tätigkeiten privater Militär- und Sicherheitsunternehmen auszuarbeiten, und in der ICoCA;
O. in der Erwägung, dass die EU und 23 Mitgliedstaaten dem Montreux-Dokument beigetreten sind und dass die EU der Arbeitsgruppe zur ICoCA angehört; in der Erwägung, dass die EU im Zusammenhang mit dem Menschenrechtsrat zur möglichen Ausarbeitung eines international gültigen ordnungspolitischen Rahmens beiträgt; in der Erwägung, dass der EU wesentliche Bedeutung zukommt, wenn es gilt, die nationale und regionale Kontrolle über die Bereitstellung und Ausfuhr verschiedener Militär- und Sicherheitsdienste zu fördern;
P. in der Erwägung, dass die Europäische Union keine eigenen Vorschriften hat, obwohl es viele private Sicherheitsunternehmen gibt, die europäischer Herkunft sind bzw. bei Missionen und Einsätzen im Rahmen der GSVP oder der Delegationen der EU zum Einsatz kommen; in der Erwägung, dass die geltenden Rechtsrahmen fast ausschließlich dem Vorbild der USA anlässlich des Irakkonflikts folgen und Militärunternehmen begünstigen, die Kampfeinsätze ausführen; in der Erwägung, dass diese Bezugspunkte weder dem Format noch den Missionen europäischer privater Sicherheitsunternehmen entsprechen;
Q. in der Erwägung, dass angesichts der derzeitigen Sicherheitslage in Europa die Festlegung eindeutiger Vorschriften für die Interaktion, Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung zwischen Strafverfolgungsbehörden und privaten Sicherheitsunternehmen unbedingt Vorrang haben muss;
R. in der Erwägung, dass private Sicherheitsunternehmen bei der Bekämpfung von Piraterie und der Verbesserung der maritimen Sicherheit, Missionen mit Hundeeinsatz, der Cyberabwehr, der Forschung und Entwicklung von Sicherheitsinstrumenten, gemischten Überwachungsmissionen und Schulungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden und unter deren Aufsicht eine größere Rolle spielen könnten; in der Erwägung, dass der Einsatz bewaffneter privater Sicherheitsunternehmen zu besonderen Herausforderungen für die Schifffahrt sowie zu zahlreichen Vorfällen geführt hat, bei denen Menschen ums Leben gekommen sind und die diplomatische Konflikte zur Folge hatten;
Einsatz privater Sicherheitsunternehmen zur Unterstützung des Militärs im Ausland
1. weist darauf hin, dass private Sicherheitsunternehmen eine wichtige ergänzende Rolle spielen, wenn es gilt, die staatlichen militärischen und nichtmilitärischen Agenturen zu unterstützen, indem Kapazitätsengpässe ausgeglichen werden, die sich aufgrund der steigenden Nachfrage nach Einsätzen im Ausland ergeben, und gleichzeitig auch gelegentlich – wenn die Umstände es zulassen – Kapazitätspuffer bereitgestellt werden; hebt hervor, dass private Sicherheitsunternehmen in Ausnahmefällen bestehende Kapazitätsengpässe überbrücken, wobei die Mitgliedstaaten zunächst versuchen sollten, sich mit nationalen Streit- oder Polizeikräften zu behelfen; betont, dass private Sicherheitsunternehmen als Mittel zur Durchführung der Außenpolitik dieser Länder eingesetzt werden;
2. betont, dass private Sicherheitsunternehmen bei Einsätzen in Aufnahmeländern – vor allem, wenn sich diese hinsichtlich der Kultur und Religion stark unterscheiden – die örtlichen Bräuche und Gewohnheiten beachten müssen, damit die Wirksamkeit ihrer Mission nicht gefährdet und die ortsansässige Bevölkerung nicht vor den Kopf gestoßen wird;
3. weist darauf hin, dass private Sicherheitsunternehmen – insbesondere diejenigen mit Sitz in Aufnahmeländern – im Vergleich zu nationalen Streitkräften wertvolle Kenntnisse über die örtlichen Gegebenheiten und häufig Kosteneinsparungen bieten können, wobei sicherzustellen ist, dass die Qualität nicht untergraben wird; betont jedoch, dass die Inanspruchnahme von Diensten, die von ortsansässigen privaten Sicherheitsunternehmen in instabilen Ländern und krisenanfälligen Gebieten erbracht werden, negative Auswirkungen auf die außenpolitischen Ziele der EU haben können, wenn durch diese Inanspruchnahme bestimmte ortsansässige bewaffnete Akteure gestärkt werden, die zu einer an dem Konflikt beteiligten Partei werden könnten; stellt fest, dass es einer eindeutigen rechtlichen Abgrenzung zwischen der Tätigkeit privater Sicherheitsunternehmen und privater Akteure bedarf, die unmittelbar an militärischen Aktivitäten beteiligt sind;
4. weist darauf hin, dass Tätigkeiten, die den Einsatz von Gewalt bzw. die aktive Beteiligung an Feindseligkeiten voraussetzen – ausgenommen zur Selbstverteidigung –, nicht an private Sicherheitsunternehmen ausgelagert werden sollten, und unter keinen Umständen sollten private Sicherheitsunternehmen an Vernehmungen teilnehmen dürfen oder sie durchführen; betont, dass in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung der EU die Verstärkung der nationalen Streitkräfte Vorrang hat, zu denen private Sicherheitsunternehmen lediglich eine Ergänzung ohne Autorität bei strategischen Entscheidungen bilden können; weist darauf hin, dass die Beteiligung privater Sicherheitsunternehmen an Militäreinsätzen begründet sein und eindeutig festgelegten Zielvorgaben, die sich anhand konkreter Indikatoren messen lassen, folgen muss, einen erschöpfenden detaillierten Haushaltsplan und ein festes Anfangs- und Enddatum aufweisen muss und gemäß einem strengen Ethikkodex erfolgen muss; weist darauf hin, dass die Arbeit der Streitkräfte und Sicherheitskräfte im Ausland unerlässlich ist, wenn der Frieden gewahrt und Konflikte verhindert werden sollen, aber auch im Hinblick auf den gesellschaftlichen Wiederaufbau und die spätere nationale Aussöhnung;
5. betont, dass der Grundsatz der Kosteneffizienz des Einsatzes privater Sicherheitsunternehmen in erster Linie kurzfristige Vorteile bietet, insbesondere, wenn etliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Variablen nicht berücksichtigt werden, und daher im Umgang mit Sicherheitsfragen nicht als Hauptkriterium herangezogen werden sollte; weist darauf hin, dass Rechenschafts- und Aufsichtsmechanismen von wesentlicher Bedeutung sind, damit sichergestellt werden kann, dass die Rechtmäßigkeit und die möglichen Vorteile privater Sicherheitsunternehmen in vollem Umfang erreicht werden;
6. betont, dass die parlamentarische Kontrolle über die staatliche Inanspruchnahme privater Sicherheitsunternehmen durch die Mitgliedstaaten von Bedeutung ist;
Inanspruchnahme privater Sicherheitsunternehmen durch die EU
7. stellt fest, dass die EU private Sicherheitsunternehmen im Ausland einsetzt, damit sie die Delegationen und Bediensteten der EU schützen und ihre nichtmilitärischen und militärischen Missionen im Rahmen der GSVP unterstützen; stellt fest, dass ihr Einsatz somit unmittelbar zum Ruf der EU und ihrer Wahrnehmung durch Dritte beiträgt, was sie zu wichtigen Facetten der örtlichen Präsenz der EU macht und das Maß an Vertrauen in die EU beeinflusst; fordert, dass die Kommission und der Rat eine Übersicht erstellen, wo, wann und aus welchem Grund private Sicherheitsunternehmen eingesetzt wurden, um EU-Missionen zu unterstützen; ist der Auffassung, dass es nur logisch wäre, wenn die Europäische Union in ihren Ausschreibungen bezüglich der Sicherheit ihrer Delegationen vorzugsweise auf private Sicherheitsunternehmen zurückgriffe, die ihren Sitz in Europa haben, die europäischen Vorschriften befolgen und europäischen Steuerbestimmungen unterworfen sind;
8. betont jedoch, dass der Einsatz eines privaten Sicherheitsunternehmens für bestimmte Aufgaben vor allem in konfliktanfälligen Gebieten negative Nebenwirkungen für die EU und vor allem für ihre Rechtmäßigkeit haben kann, indem sie ungewollt mit bewaffneten Akteuren in einem Konfliktgebiet in Verbindung gebracht wird, was sich wiederum bei bewaffneten Zwischenfällen negativ auswirkt, oder indem möglicherweise Bemühungen im Hinblick auf die Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (DDR) und die Reform des Sicherheitssektors (SSR) beeinträchtigt werden, weil die lokalen Akteure unbeabsichtigt gestärkt werden; weist vor allem auf die Gefahren hin, die die unkontrollierte Vergabe von Aufträgen an Dritte wie ortsansässige private Sicherheitsunternehmen birgt;
9. verweist auf die zahlreichen schwerwiegenden rechtlichen und politischen Schwierigkeiten, die mit der gängigen Praxis der Vergabe von Unteraufträgen im Bereich Militär- und Sicherheitsdienste einhergehen, insbesondere im Zusammenhang mit Diensten, die von ortsansässigen Auftragnehmern in Drittstaaten erbracht werden; vertritt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten, der EAD und die Kommission dem Beispiel der NATO folgend vereinbaren sollten, dass nur private Sicherheitsunternehmen mit Sitz in den Mitgliedstaaten der EU beauftragt werden;
10. empfiehlt daher, dass die Kommission gemeinsame Leitlinien für die Vergabe von Aufträgen an private Sicherheitsunternehmen vorschlägt, die die Anwerbung, den Einsatz und die Verwaltung von Auftragnehmern für Militär- und Sicherheitsleistungen regeln und in denen die Bedingungen, unter denen private Sicherheitsunternehmen für Unionsverträge in Frage kommen, eindeutig festgelegt sind, damit das derzeitige Flickwerk aus Konzepten ersetzt wird; fordert die Kommission und den EAD mit Nachdruck auf, dieselben Leitlinien für die Anwerbung, den Einsatz und die Verwaltung von Auftragnehmern für Militär- und Sicherheitsleistungen bei allen Maßnahmen, Missionen und Operationen im Außenbereich und auf alle Delegationen der EU in allen Ländern und Regionen sowie alle Leistungen einer überarbeiteten Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union anzuwenden; weist darauf hin, dass sich diese Leitlinien auf internationale bewährte Verfahren in Bezug auf die Führung und Verwaltung privater Sicherheitsunternehmen, vor allem das Montreux-Dokument und den ICoC, stützen sollten und dass dafür Sorge zu tragen ist, dass bei der Auswahl privater Sicherheitsunternehmen unter komplexen Umständen nach Krisen besonders vorsichtig vorgegangen werden muss; fordert die Kommission und den EAD nachdrücklich auf, nur Anbieter, die nach dem ICoC zertifiziert sind, in Anspruch zu nehmen, was die VN bereits tun, da der ICoC für sie eine Grundvoraussetzung ist; verweist auf das Konzept der Regierungsstellen der USA, bei denen jeder einzelne Vertrag detaillierte Standards und Anforderungen umfasst, und fordert die EU auf, diesem Beispiel zu folgen; betont, dass Verträge mit privaten Sicherheitsunternehmen unter anderem Klauseln über den Besitz von Lizenzen und Genehmigungen, Personal- und Eigentumsregister, die Ausbildung, den rechtmäßigen Erwerb und Gebrauch von Waffen und die interne Organisation enthalten sollten;
11. fordert, dass an von der EU finanzierten Standorten und bei Delegationen der EU ein Sicherheitsbeauftragter anwesend sein sollte, dessen Aufgabe es ist, die Qualität der erbrachten Sicherheitsdienste sicherzustellen, das vor Ort angeworbene Sicherheitspersonal auszuwählen und zu schulen, gute Kontakte zu den lokalen Sicherheitskräften aufzubauen und zu pflegen, Risikobewertungen vorzunehmen und als erste Anlaufstelle für die Delegation bei sicherheitsbezogenen Fragen zu fungieren;
12. empfiehlt der Kommission, eine offene Liste der Auftragnehmer zu erstellen, die die Standards der EU – z. B. Auszug aus dem Strafregister ohne Einträge, finanzielle und wirtschaftliche Kapazitäten, Besitz von Lizenzen und Genehmigungen und Personalauswahl – eingehalten haben; weist darauf hin, dass sich die Standards für private Sicherheitsunternehmen in der EU erheblich unterscheiden, und ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten bestrebt sein sollten, ähnliche Standards umzusetzen; weist darauf hin, dass diese Liste in Abständen von höchstens zwei Jahren aktualisiert werden sollte;
13. betont, dass in Fällen, in denen die EU auf private Sicherheitsunternehmen in Drittstaaten zurückgreift, mit denen sie ein Abkommen über die Rechtsstellung der Einsatzkräfte geschlossen hat, in diesen Abkommen immer die beschäftigten privaten Sicherheitsunternehmen genannt werden müssen und insbesondere eindeutig festgelegt sein muss, dass die Unternehmen nach Unionsrecht zur Rechenschaft gezogen werden;
14. betont, dass das Konzept der EU für die Unterstützung von Auftragnehmern verstärkt und für die Mitgliedstaaten und die Organe der EU verpflichtend werden sollte; ist der Ansicht, dass darin vor allem strengere Standards für die Aufnahme in Verträge, beispielsweise auf der Grundlage der US-amerikanischen Standards, festgelegt werden sollten und dass außerdem darin vorgeschrieben werden sollte, dass in Konfliktgebieten kein ortsansässiges privates Sicherheitsunternehmen beschäftigt oder beauftragt werden sollte; weist darauf hin, dass internationale private Sicherheitsunternehmen die Möglichkeit haben sollten, ortsansässige Arbeitnehmer zu beschäftigen, aber nur in Einzelfällen und in unmittelbarer Form, damit eine wirksame Auswahl sichergestellt ist und verhindert wird, dass in Konfliktgebieten lokale Sicherheitsbranchen entstehen;
Regulierung privater Sicherheitsunternehmen
15. empfiehlt, dass die Kommission ein Grünbuch erstellt, dessen Ziel es ist, alle Interessenträger aus dem öffentlichen und dem privaten Sicherheitssektor in eine umfassende Konsultation und Erörterung von Verfahren einzubeziehen, die darauf ausgerichtet ist, Möglichkeiten der unmittelbaren Zusammenarbeit effizienter zu ermitteln und eine Reihe grundlegender Einsatzregeln und bewährter Verfahren festzulegen; empfiehlt, dass branchenbezogene EU-Qualitätsstandards festgelegt werden; empfiehlt daher, dass der Begriff private Sicherheitsunternehmen zunächst eindeutig definiert wird, bevor eine wirksame Regulierung ihrer Aktivitäten festgelegt wird, da ansonsten legislative Schlupflöcher entstehen können;
16. ist der Ansicht, dass die EU zunächst die einschlägigen Militär- und Sicherheitsdienste exakt definieren sollte; fordert diesbezüglich den Rat mit Nachdruck auf, unverzüglich die Militär- und Sicherheitsdienste privater Sicherheitsunternehmen in die Gemeinsame Militärgüterliste der Europäischen Union aufzunehmen;
17. fordert die Kommission nachdrücklich auf, ein wirksames europäisches Regulierungsmodell zu entwickeln, mit dem
–
rechtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten durch eine Richtlinie vereinheitlicht werden,
–
gegenwärtige Strategien der öffentlich-privaten Zusammenarbeit neu bewertet und somit neu definiert werden,
–
Unternehmen danach aufgeschlüsselt werden, ob sie den Endnutzern eine oder mehrere Dienstleistungen bieten,
–
die genaue Art und Aufgabe privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nicht isoliert, sondern im jeweiligen Kontext betrachtet wird,
–
hohe Standards für private Anbieter von Sicherheitsdiensten in der EU oder für Einsätze im Ausland festgelegt werden, einschließlich eines angemessenen Maßes an Sicherheitskontrolle des Personals und gerechter Entlohnung,
–
sichergestellt wird, dass Unregelmäßigkeiten und Unrechtmäßigkeiten bei den privaten Sicherheitsunternehmen gemeldet werden und ermöglicht wird, dass sie für Verstöße, u a. Menschenrechtsverletzungen, während ihrer Tätigkeiten im Ausland zur Rechenschaft gezogen werden,
–
eine konkrete maritime Dimension aufgenommen wird, wobei die Führungsposition der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) berücksichtigt wird;
18. stellt fest, dass in ihrer Anfangsphase befindliche international gültige ordnungspolitische Rahmen, beispielsweise das Montreux-Dokument, der ICoC und andere Regulierungsinitiativen im Rahmen der Vereinten Nationen, gegenüber dem Mangel an aussagekräftigen Vorschriften, der noch vor zehn Jahren herrschte, eindeutig ein Fortschritt sind;
19. würdigt außerdem, dass viele EU-Mitgliedstaaten dem bewährten Verfahren nach Maßgabe des Montreux-Dokuments folgen und darauf hinwirken, eine wirksame Regulierung der privaten Sicherheitsunternehmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten einzuführen;
20. weist jedoch darauf hin, dass die Beurteilung der Leistung privater Sicherheitsunternehmen dadurch behindert wird, dass es an einer einheitlichen Berichterstattung über ihre Inanspruchnahme sowohl durch die Organe der EU als auch durch die Regierungen der Mitgliedstaaten mangelt; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe der EU auf, diese Informationen konsequenter und transparent bereitzustellen, damit die jeweilige Haushaltsbehörde und unabhängige Prüfer den Einsatz privater Sicherheitsunternehmen korrekt bewerten können; empfiehlt, dass die Parlamente und regierungsunabhängigen Akteure aktiv in die nötigen Bewertungsverfahren einbezogen werden, die für die Regulierung und Beaufsichtigung dieser Branche wesentlich sind;
21. empfiehlt der Kommission und dem Rat, einen Rechtsrahmen festzusetzen, demzufolge die Ausfuhr von Militär- und Sicherheitsdiensten durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften kontrolliert werden muss, und im Jahresbericht der EU über Waffenausfuhren auch über die Lizenzen für die Ausfuhr von Militär- und Sicherheitsdiensten zu berichten, die von den Mitgliedstaaten erteilt wurden, damit für mehr öffentliche Transparenz und eine bessere Rechenschaftspflicht gesorgt wird;
22. betont, dass private Sicherheitsunternehmen und vor allem ihre Tätigkeiten in Krisengebieten weltweit grenzübergreifender Natur sind, was vor allem bei schwachen lokalen gesetzlichen Strukturen manchmal zu Lücken in der gerichtlichen Zuständigkeit führen kann, weshalb es schwierig sein könnte, die Unternehmen oder ihre Beschäftigten für ihr Handeln zur Rechenschaft zu ziehen; stellt fest, dass die einzelstaatlichen ordnungspolitischen Vorschriften für private Sicherheitsunternehmen häufig nicht außerhalb des jeweiligen Hoheitsgebiets gelten; betont, dass private Sicherheitsunternehmen immer dem Recht unterliegen und wirkungsvoll kontrolliert werden müssen, und zwar sowohl durch den Aufnahmestaat als auch durch den Staat, der den Auftrag erteilt; weist darauf hin, dass bei Streitfällen oder Vorfällen, an denen private Sicherheitsunternehmen und Bedienstete der Europäischen Union beteiligt sind und die in gefährdeten Gebieten eintreten können, häufig eine Gesetzeslücke vorliegt; empfiehlt daher, dass einheitliche und eindeutige Vorschriften für die Organe der EU erarbeitet werden, die auf private Sicherheitsunternehmen zurückgreifen, wenn es um den Schutz des Personals der EU geht, wobei die eingegangenen Verantwortlichkeiten eindeutig festgelegt werden, um Unzulänglichkeiten beim Schutz und Straflosigkeit zu verhindern, und dem Rechtsrahmen des Aufnahmestaates Rechnung getragen wird; fordert außerdem den EAD, die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, nur private Sicherheitsunternehmen mit Sitz in der EU zu beauftragen, verbunden mit der Verpflichtung, dass die Dienste direkt erbracht werden, ohne dass ortsansässige Unterauftragnehmer in häufig instabilen Drittstaaten beauftragt werden;
23. fordert daher mit Nachdruck, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten ihren Status im Montreux-Dokument-Forum nutzen und darauf bestehen, dass regelmäßig überprüft wird, inwieweit die Empfehlungen des Montreux-Dokuments für bewährte Verfahren durch die Beteiligten umgesetzt wurden; fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, nachdrücklich auf, dem Montreux-Dokument möglichst bald beizutreten; ruft die Mitgliedstaaten auf, sich für den Austausch über bewährte Verfahren einzusetzen;
24. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten eindringlich auf, sich für ein internationales rechtsverbindliches Instrument einzusetzen, das über das Montreux-Dokument hinausgeht und mit dem die Tätigkeiten privater Sicherheitsunternehmen reguliert und einheitliche Ausgangsbedingungen geschaffen werden, damit sichergestellt ist, dass die Aufnahmeländer befugt sind, private Sicherheitsunternehmen zu regulieren, und dass die Vertragsstaaten ihre Befugnisse zum Schutz der Menschenrechte und zur Vermeidung von Korruption einsetzen können; betont, dass dieser Rahmen nicht nur abschreckende Sanktionen gegen Verstöße, eine Rechenschaftspflicht für diejenigen, die für die Verstöße verantwortlich sind, und den wirksamen Zugang zu Rechtsmitteln für Opfer beinhalten muss, sondern auch ein Zulassungs- und Kontrollsystem, in dessen Rahmen sich alle privaten Sicherheitsunternehmen unabhängigen Prüfungen unterziehen müssen und ihr Personal an obligatorischen Menschenrechtsschulungen teilnehmen muss;
25. fordert die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, die Mitgliedstaaten, den EAD und die Kommission mit Nachdruck auf, die Einsetzung eines solchen internationalen Übereinkommens mit dem Ziel, internationale Rechtsvorschriften für die Regulierung einschlägiger von privaten Sicherheitsunternehmen erbrachter Dienste festzulegen, zu unterstützen;
26. würdigt die Bemühungen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), was die Bereitstellung von Leitlinien für den Einsatz privater bewaffneter Sicherheitsteams betrifft; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auch künftig gemeinsam mit der IMO auf die globale Anwendung dieser Leitlinien hinzuwirken;
27. betont, dass gerade durch Entscheidungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge besonders wirksam auf private Sicherheitsunternehmen Einfluss genommen werden kann; hebt daher hervor, dass unbedingt dafür Sorge zu tragen ist, dass die Vergabe von Aufträgen an private Sicherheitsunternehmen an die Bedingung geknüpft ist, dass bewährte Verfahren wie etwa Transparenz Anwendung finden und sie dem ICoC beitreten, der in einigen Mitgliedstaaten bereits umgesetzt wurde; weist allerdings darauf hin, dass der Mechanismus zur Einhaltung des ICoC gestärkt und sichergestellt werden muss, dass er absolut unabhängig ist, damit er zu einem glaubwürdigen Anreiz für die Einhaltung wird; weist darauf hin, dass Schweden und das Vereinigte Königreich die einzigen Mitgliedstaaten sind, die dem ICoC beigetreten sind, und ist der Ansicht, dass sich die EU zunächst darauf konzentrieren sollte sicherzustellen, dass die übrigen Mitgliedstaaten ebenfalls beitreten;
28. stellt fest, dass die privaten Sicherheitsunternehmen eine Haftpflichtversicherung haben sollten, da dadurch der Sicherheitsmarkt stabiler und zuverlässiger würde, weil sich auch kleinere und mittlere private Sicherheitsunternehmen beteiligen könnten;
29. betont, dass bei der Vergabe von Aufträgen an private Sicherheitsunternehmen und deren Bewertung die Erfahrung der privaten Sicherheitsunternehmen und der Zeitraum, in dem sie in feindlicher Umgebung tätig waren, eine größere Rolle spielen sollten als der Umsatz im Rahmen eines vergleichbaren Vertrags;
30. weist darauf hin, dass private Sicherheitsunternehmen nicht nur Sicherheitsdienste anbieten, sondern auch Aufklärungstätigkeiten durchführen, die aufgrund ihrer möglichen Implikationen der wirksamen Regulierung und Kontrolle bedürfen;
31. weist darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten großen Einfluss auf die Sicherheitsbranche weltweit haben, da viele wichtige Akteure ihren Sitz in der EU haben; hebt daher besonders hervor, dass die anstehende Überprüfung der Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union Gelegenheit bietet, bestimmte Leistungen darin aufzunehmen, die von privaten Sicherheitsunternehmen angeboten werden, da sie dann den Ausfuhrvorschriften unterliegen und für ihre Tätigkeiten im Ausland grundlegende Standards gelten würden;
o o o
32. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
– gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf die Artikel 151 und 153,
– gestützt auf Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Kapitel IV (Solidarität),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz(1),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen(2),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit(3) (Richtlinie über Leiharbeit),
– unter Hinweis auf die gezielte Überarbeitung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen(4) (Entsenderichtlinie) und der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen(5) (Durchsetzungsrichtlinie),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)(6),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Oktober 2010 zu Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen(7),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. September 2015 zu dem Thema „Schaffung eines von Wettbewerb gekennzeichneten Arbeitsmarkts der EU für das 21. Jahrhundert: Abstimmung von Kompetenzen und Qualifikationen auf die Nachfrage und auf Beschäftigungsmöglichkeiten als Weg aus der Krise“(8),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2016 zu dem Europäischen Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Beschäftigungspolitische und soziale Aspekte im Jahreswachstumsbericht 2016(9),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. September 2016 zu Sozialdumping in der Europäischen Union(10),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. September 2016 zu der Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(11),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2017 zu einer europäischen Säule sozialer Rechte(12),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Der Wandel der Beschäftigungsverhältnisse und seine Auswirkungen auf die Wahrung eines existenzsichernden Arbeitseinkommens“(13),
– unter Hinweis auf die Europäische Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit
– unter Hinweis auf die Studie aus dem Jahr 2016, die auf Ersuchen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Parlaments zum Thema „Prekäre Beschäftigung in Europa: Muster, Tendenzen und politische Strategien“(14), erstellt wurde,
– unter Hinweis auf die am 14. Dezember 2011 eingeführte Europäische Qualitätscharta für Praktika und Lehrlingsausbildungen,
– unter Hinweis auf den Quartalsbericht der Kommission über die Beschäftigungslage und die soziale Entwicklung in Europa – Herbst 2016,
– unter Hinweis auf die Veröffentlichung der Kommission mit dem Titel „Strategisches Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter 2016–2020“,
– unter Hinweis auf den Eurofound-Bericht aus dem Jahr 2010 mit dem Titel „Flexible forms of work: „very atypical“ contractual arrangements“ (Flexible Arbeitsformen: „äußerst atypische“ vertragliche Vereinbarungen),
– unter Hinweis auf den Eurofound-Bericht aus dem Jahr 2014 mit dem Titel „Impact of the crisis on industrial relations and working conditions in Europe“ (Auswirkungen der Krise auf die Arbeitsbeziehungen und -bedingungen in Europa)(15),
– unter Hinweis auf den Eurofound-Bericht von 2015 mit dem Titel „New forms of employment“ (Neue Beschäftigungsformen)(16),
– unter Hinweis auf den Eurofound-Bericht von 2016 mit dem Titel „Exploring the fraudulent contracting of work in the European Union“ (Betrügerische Vergabe von Arbeit in der Europäischen Union)(17),
– unter Hinweis auf den zusammenfassenden Bericht von Eurofound über die sechste Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen(18),
– unter Hinweis auf das Europäische Wörterbuch der Arbeitsbeziehungen (European Industrial Relations Dictionary) von Eurofund(19),
– unter Hinweis auf die grundlegenden Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und die Übereinkommen und Empfehlungen der IAO zu den Arbeitsbedingungen,
– unter Hinweis auf die Empfehlung R198 der IAO von 2006 zu Beschäftigungsverhältnissen(20) und die Bestimmungen für die Bestimmung eines Beschäftigungsverhältnisses;
– unter Hinweis auf den Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation von 2011 mit dem Titel „Policies and regulations to combat precarious employment“ (Maßnahmen und Vorschriften zur Bekämpfung prekärer Beschäftigungsverhältnisse)(21),
– unter Hinweis auf den Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation von 2016 mit dem Titel „Non-standard employment around the world“ (atypische Beschäftigungsverhältnisse weltweit)(22),
– unter Hinweis auf den Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation von 2016 mit dem Titel „Building a social pillar for European convergence“ (Aufbau einer sozialen Säule für die europäische Konvergenz)(23),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Empfehlung Nr. 28 der Vereinten Nationen von 2010 zu den wesentlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäß Artikel 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats von 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),
– unter Hinweis auf die Strategie des Europarats für die Gleichstellung der Geschlechter 2014–2017,
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0224/2017),
A. in der Erwägung, dass ungewöhnliche oder atypische Formen der Beschäftigung aufgekommen sind; in der Erwägung, dass die Zahl der Arbeitnehmer in der EU, die mit befristeten oder Teilzeitverträgen ausgestattet sind, in den letzten 15 Jahren gestiegen ist; in der Erwägung, dass es wirksamer politischer Maßnahmen bedarf, um den verschiedenen Formen der Beschäftigung gerecht zu werden und Arbeitnehmer angemessen zu schützen;
B. in der Erwägung, dass der Anteil herkömmlicher Beschäftigungsverhältnisse in den letzten 10 Jahren von 62 % auf 59 % gefallen ist(24); in der Erwägung, dass künftig möglicherweise die Mehrheit der Arbeitnehmer nicht mehr mit einem herkömmlichen Arbeitsvertrag ausgestattet sein wird, wenn sich dieser Trend fortsetzen sollte;
C. in der Erwägung, dass unbefristete Vollzeitverträge nach wie vor den Großteil der Arbeitsverträge in der EU ausmachen und dass in einigen Wirtschafszweigen neben herkömmlichen Beschäftigungsverhältnissen auch atypische Formen der Beschäftigung zu finden sind; in der Erwägung, dass sich atypische Beschäftigungsverhältnisse negativ auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben auswirken, da sie mit unregelmäßigen Löhnen, Arbeitszeiten und Rentenbeiträgen verbunden sind;
D. in der Erwägung, dass bei den – insbesondere im Rahmen der Digitalisierung und der neuen Technologien – aufkommenden neuen Beschäftigungsformen die Grenzen zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit verwischt werden(25), wodurch sich die Qualität der Beschäftigung verschlechtern kann;
E. in der Erwägung, dass sich einige neue Beschäftigungsformen in vielerlei Hinsicht von herkömmlichen Beschäftigungsformen unterscheiden; in der Erwägung, dass einige das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verändern, einige den Arbeitsrhythmus und die Arbeitsorganisation, und einige gar all diese Aspekte verändern; in der Erwägung, dass dies Scheinselbstständigkeit begünstigen sowie eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und des Sozialschutzes verursachen, jedoch auch Vorteile mit sich bringen kann; in der Erwägung, dass der Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften größte Bedeutung zukommt;
F. in der Erwägung, dass die Zunahme der Beschäftigungsquote in Europa nach der Wirtschaftskrise zu begrüßen ist, was jedoch teilweise auf eine Zunahme atypischer Verträge zurückzuführen ist, wodurch in bestimmten Fällen im Vergleich zu herkömmlichen Beschäftigungsformen ein höheres Risiko prekärer Arbeitsverhältnisse entstanden ist; in der Erwägung, dass bei der Schaffung von Arbeitsplätzen verstärkt Wert auf die Qualität gelegt werden muss;
G. in der Erwägung, dass der Anteil der Teilzeitbeschäftigung seit der Krise nicht mehr abgenommen hat, während der Anteil der Vollzeitbeschäftigung in der Union immer noch unter dem Stand von vor der Krise von 2008 liegt; in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote trotz des Anstiegs in den vergangenen Jahren noch immer unterhalb des im Rahmen der Strategie Europa 2020 vorgegebenen Ziels von 75 % liegt und große Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen;
H. in der Erwägung, dass unterschieden werden muss zwischen aufkommenden neuen Beschäftigungsformen einerseits und bereits bestehenden prekären Beschäftigungsverhältnissen andererseits;
I. in der Erwägung, dass die Zuständigkeit für die Sozialpolitik zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten aufgeteilt ist; in der Erwägung, dass die EU die Mitgliedstaaten in diesem Bereich nur ergänzen und unterstützen darf;
J. in der Erwägung, dass die EU nur Mindestanforderungen für Arbeitsbedingungen festlegen kann, ohne eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften und Regelungen der Mitgliedstaaten vorzunehmen;
K. in der Erwägung, dass bereits eine europäische Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit geschaffen wurde, die eine engere grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie gemeinsame Maßnahmen zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und anderen Interessenträgern ermöglicht, damit Schwarzarbeit wirksam und effizient bekämpft werden kann;
L. in der Erwägung, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse zur Segmentierung des Arbeitsmarkts führen und Einkommensungleichheiten verschärfen;
M. in der Erwägung, dass bislang keine gemeinsame Definition prekärer Beschäftigungsverhältnisse vorhanden ist; in der Erwägung, dass eine derartige Definition in enger Absprache mit den Sozialpartnern ausgearbeitet werden sollte; in der Erwägung, dass die Art des Vertrags allein keine Vorhersage über das Risiko einer prekären Beschäftigung zulässt, sondern dass dieses Risiko im Gegenteil von mehreren Faktoren abhängt;
N. in der Erwägung, dass unter einem herkömmlichen Beschäftigungsverhältnis eine freiwillige regelmäßige Vollzeitbeschäftigung auf der Grundlage eines unbefristeten Vertrags zu verstehen ist; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten jeweils über eigene Rechtsvorschriften und Verfahren verfügen, mit denen die Arbeitsbedingungen für die einzelnen Arbeitsverträge und Praktika festgelegt werden; in der Erwägung, dass es keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs „herkömmliches Beschäftigungsverhältnis“ gibt;
O. in der Erwägung, dass sich die jüngsten Probleme bei der Vertretung – die entweder auf Schwächen der Organisationen der Sozialpartner in bestimmten Wirtschaftsbereichen oder auf Reformen in mehreren europäischen Ländern, bei denen die Rollen der Sozialpartner eingeschränkt wurden, zurückzuführen sind – negativ auf alle Beschäftigungsverhältnisse auswirken;
P. in der Erwägung, dass einige Wirtschaftszweige wie die Landwirtschaft, das Baugewerbe und der Kunstbetrieb überdurchschnittlich stark von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen sind; in der Erwägung, dass sich prekäre Beschäftigungsverhältnisse in den letzten Jahren auch auf andere Branchen wie die Luftfahrt und das Hotelgewerbe ausgeweitet haben(26);
Q. in der Erwägung, dass aktuellen Studien zufolge Arbeitnehmer in handwerklichen Berufen mit mittleren Qualifikationsanforderungen und Berufen mit geringen Qualifikationsanforderungen ein geringeres Einkommen und schlechtere Zukunftsaussichten haben und die intrinsische Qualität ihres Arbeitsplatzes geringer ist; in der Erwägung, dass diese Arbeitnehmer häufiger von Umwelt- und Haltungsrisiken berichten und über ein geringeres physisches und psychisches Wohlbefinden verfügen(27);
R. in der Erwägung, dass Frauen 46 % aller Arbeitskräfte in der EU ausmachen und sie aufgrund von Diskriminierung in besonderem Maße von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen sind, etwa was den Lohn betrifft; ferner in der Erwägung, dass Frauen in der EU rund 16 % weniger verdienen als Männer; in der Erwägung, dass Frauen häufiger von Teilzeitbeschäftigung, befristeten oder niedrig entlohnten Vertragsverhältnissen betroffen sind und daher ein höheres Risiko haben, in prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu geraten; in der Erwägung, dass derartige Arbeitsbedingungen zu lebenslangen Einbußen bei Einkommen und Schutz – angefangen bei Löhnen über Renten bis hin zu Leistungen der sozialen Sicherheit – führen; in der Erwägung, dass die Wahrscheinlichkeit, unbefristet und in Vollzeit zu arbeiten, bei Männern höher ist als bei Frauen; in der Erwägung, dass Frauen besonders von ungewollter Teilzeitarbeit, Scheinselbstständigkeit und nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit betroffen sind(28);
S. In der Erwägung, dass in der EU die Beschäftigungsquote von Männern höher ist als die von Frauen; in der Erwägung, dass die wichtigsten Gründe dafür, dass sich Frauen aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen, die Betreuung von Kindern und Senioren, eigene Krankheiten oder Behinderungen sowie sonstige persönliche oder familiäre Verpflichtungen sind; in der Erwägung, dass Frauen oft mit Diskriminierung und anderen Hürden konfrontiert sind, da sie entweder bereits Kinder haben oder Kinder bekommen könnten; in der Erwägung, dass alleinerziehende Mütter einem besonders hohen Risiko prekärer Arbeitsverhältnisse ausgesetzt sind;
T. in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein Grundrecht ist, das voraussetzt, dass Chancengleichheit und Gleichbehandlung in allen Lebensbereichen gewährleistet sind; ferner in der Erwägung, dass Maßnahmen, mit denen die Gleichstellung sichergestellt werden soll, auch zu einem intelligenten und nachhaltigen Wachstum beitragen;
U. in der Erwägung, dass vielen Arbeitnehmern in prekären Beschäftigungsverhältnissen bzw. vielen Arbeitslosen kein Recht auf Elternzeit gewährt wird;
V. in der Erwägung, dass junge Arbeitnehmer einem höheren Risiko ausgesetzt sind, in ein prekäres Beschäftigungsverhältnis zu geraten; in der Erwägung, dass die Wahrscheinlichkeit der Mehrfachbenachteiligung für Arbeitnehmer unter 25 Jahren doppelt so hoch ist wie bei Arbeitnehmern ab 50 Jahren(29);
I.Beiträge zu menschenwürdiger Arbeit – Arbeitsbedingungen und prekäre Beschäftigungsverhältnisse angehen
1. fordert die Mitgliedstaaten auf, die folgenden IAO-Indikatoren zu berücksichtigen, wenn es darum geht, festzustellen, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt:
–
die Arbeit wird nach den Weisungen und unter der Kontrolle einer anderen Person verrichtet;
–
sie bringt die Integration des Arbeitnehmers in die Organisation des Unternehmens mit sich;
–
sie wird ausschließlich oder hauptsächlich für eine andere Person verrichtet;
–
sie muss von dem Arbeitnehmer persönlich verrichtet werden;
–
sie wird innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens oder an dem vom Auftraggeber angegebenen oder vereinbarten Arbeitsplatz ausgeführt;
–
sie ist mit einer bestimmten Dauer verbunden und weist eine bestimmte Kontinuität auf;
–
sie erfordert bestimmte Fähigkeiten des Arbeitnehmers oder beinhaltet, dass die Geräte, Materialien und Maschinen seitens des Auftraggebers bereitgestellt werden;
–
der Arbeitnehmer erhält ein regelmäßiges Entgelt, das die einzige bzw. wichtigste Einkommensquelle darstellt; dies kann auch Sachleistungen wie Nahrung, Unterkunft oder Transport umfassen;
–
der Arbeitnehmer hat gewisse Ansprüche, etwa auf wöchentliche Ruhezeiten und Jahresurlaub;
2. nimmt die von Eurofound verwendete Definition des Begriffs „atypische Beschäftigung“ zur Kenntnis, die sich auf Beschäftigungsverhältnisse bezieht, die nicht dem herkömmlichen oder typischen Modell der regelmäßigen, unbefristeten Vollzeitbeschäftigung bei einem einzigen Arbeitgeber über einen langen Zeitraum entsprechen(30); betont, dass die Begriffe „atypisch“ und „prekär“ nicht synonym verwendet werden dürfen;
3. versteht unter einer prekären Beschäftigung eine Beschäftigung, die nicht mit den internationalen und nationalen Normen und Rechtsvorschriften bzw. den Normen und Rechtsvorschriften der EU im Einklang steht und die weder ein für ein würdiges Leben notwendiges Einkommen noch ausreichenden Sozialschutz bietet;
4. weist darauf hin, dass einige atypische Beschäftigungsformen mit höheren Prekaritäts- und Unsicherheitsrisiken verbunden sind, etwa unfreiwillige Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse, Null-Stunden-Verträge und unbezahlte Praktika;
5. ist der festen Überzeugung, dass Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt nicht darin besteht, im Gegenzug für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Arbeitnehmerrechte zu beschneiden, sondern vielmehr darin, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem Arbeitnehmerschutz einerseits und der Möglichkeit für Menschen und Arbeitgeber, sich auf eine Art der Arbeit zu einigen, die den Bedürfnissen beider Seiten gerecht wird, andererseits;
6. weist darauf hin, dass das Prekaritätsrisiko von der Art des Arbeitsvertrags, aber auch von folgenden Faktoren abhängt:
–
geringe bis gar keine Sicherheit des Arbeitsplatzes aufgrund des nicht dauerhaften Charakters der Arbeit, etwa bei ungewollten und oft geringfügigen Teilzeitverträgen und – in einigen Mitgliedstaaten – bei undurchsichtigen Arbeitszeiten und wechselnden Arbeitsaufgaben bedingt durch Arbeit auf Abruf;
–
geringer Kündigungsschutz sowie fehlender Sozialschutz im Falle einer Kündigung;
–
ein Entgelt, das nicht für ein würdiges Leben ausreicht;
–
keine oder begrenzte Sozialschutzrechte oder -leistungen;
–
kein oder begrenzter Schutz vor jeder Form von Diskriminierung;
–
begrenzte oder gar keine Aussichten auf Aufstieg im Arbeitsmarkt, Karriereentwicklung und Fortbildung;
–
wenige Kollektivrechte sowie eingeschränkte Rechte auf Kollektivvertretung;
–
ein Arbeitsumfeld, das nicht die Mindestvorschriften in Bezug auf Gesundheitsschutz und Sicherheit erfüllt(31);
7. verweist erneut auf die von der Internationalen Arbeitsorganisation ausgearbeitete Definition menschenwürdiger Arbeit zu, die wie folgt lautet: „Menschenwürdige Arbeit beinhaltet Beschäftigungsmöglichkeiten, die produktiv sind und ein gerechtes Einkommen sichern; mit Sicherheit am Arbeitsplatz und einer sozialen Absicherung verbunden sind; bessere Aussichten auf eine persönliche Weiterentwicklung bieten und die soziale Integration fördern; den Menschen die Möglichkeit geben, ihre Anliegen vorzubringen, sich gewerkschaftlich zu organisieren und an den für ihr Leben relevanten Beschlüssen mitzuwirken; und die allen Chancengleichheit und Gleichbehandlung garantieren“(32); ersucht die IAO, diese Definition um ein existenzsicherndes Arbeitsentgelt zu ergänzen; ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, bei der Ausarbeitung und Überarbeitung von Arbeitsvorschriften dieser Definition Rechnung zu tragen;
8. verweist auf die Erfolgsfaktoren für bewährte Verfahren gegen prekäre Arbeitsverhältnisse hin: eine starke rechtliche Untermauerung; Einbindung von Sozialpartnern und Betriebsräten am Arbeitsplatz; Zusammenarbeit mit den entsprechenden Interessenträgern; Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit; sektorale Orientierung; niedriger Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber; Durchsetzung durch Arbeitsaufsichtsbehörden; und Sensibilisierungskampagnen;
9. stellt fest, dass die Agenda für menschenwürdige Arbeit der IAO insbesondere darauf ausgerichtet ist, die Schaffung von Arbeitsplätzen, Rechte am Arbeitsplatz, Sozialschutz und sozialen Dialog sowie die Gleichstellung der Geschlechter sicherzustellen; stellt fest, dass menschenwürdige Arbeit insbesondere folgende Aspekte umfassen sollte:
–
ein existenzsicherndes Einkommen unter Sicherstellung der Vereinigungsfreiheit;
–
Tarifverträge, die im Einklang mit den Verfahren der Mitgliedstaaten stehen;
–
Mitbestimmung von Beschäftigten in Unternehmensfragen im Einklang mit den Verfahren der Mitgliedstaaten;
–
Einhaltung von Kollektivverhandlungen;
–
gleiche Behandlung aller Arbeitnehmer am gleichen Arbeitsplatz;
–
Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz;
–
Sozialschutz für Arbeitnehmer und ihre Angehörigen;
–
Vorschriften über Arbeits- und Ruhezeiten;
–
Kündigungsschutz;
–
Zugang zu Weiterbildung und lebenslangem Lernen;
–
Unterstützung im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für alle Arbeitnehmer; betont, dass auch die Anwendung des Arbeits- und Sozialrechts verbessert werden muss, damit diese Rechte durchgesetzt werden können;
10. stellt fest, dass zahlreiche Faktoren, etwa die Digitalisierung und die Automatisierung, dazu beitragen, den Charakter der Arbeit zu verändern, was die Zunahme neuer Beschäftigungsformen einschließt; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass neue Arbeitsformen neue, maßgeschneiderte und angemessene Rechtsvorschriften erfordern, damit alle Beschäftigungsformen abgedeckt werden können;
11. weist im Zusammenhang mit digitalen Arbeitsplätzen darauf hin, dass dafür gesorgt werden muss, dass Personen, die für digitale Plattformen tätig sind, und andere Vermittler Zugang zu einem angemessenen Sozial- und Gesundheitsschutz haben sollten;
12. betont, dass die Digitalisierung nicht nur als ein Faktor wahrgenommen werden darf, durch den Arbeitsplätze zerstört werden, sondern weist ganz im Gegenteil mit Nachdruck auf die Chancen hin, die durch die Digitalisierung für die Entwicklung und Steigerung der individuellen Kompetenzen geboten werden;
13. betont, dass davon ausgegangen wird, dass es im Jahr 2020 etwa 756 000 unbesetzte Arbeitsplätze im IKT-Bereich geben wird, wodurch verdeutlicht wird, dass die digitalen Kompetenzen der europäischen Arbeitnehmer verbessert werden müssen;
14. betont, dass durch die Wirtschaftskrise Migrationsbewegungen innerhalb der EU begünstigt wurden, wodurch aufgezeigt wurde, dass Hindernisse für die Freizügigkeit zwischen den Mitgliedstaaten und Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bestehen, was dazu führt, dass EU-Bürger unsicheren Arbeitsverhältnissen ausgesetzt sind;
15. betont, dass prekäre Beschäftigungsbedingungen einschließlich nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und Scheinselbstständigkeit langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden haben werden, und dass Arbeitnehmer dadurch größeren Risiken im Hinblick auf Armut, soziale Ausgrenzung und Aushöhlung ihrer Grundrechte ausgesetzt werden können;
16. hebt hervor, dass Arbeitnehmer mit sehr kurzfristigen Verträgen oftmals ungünstigen Bedingungen im Zusammenhang mit dem körperlichen Aspekt ihrer Arbeit ausgesetzt sind; betont, dass die Kombination aus einem unsicheren Arbeitsverhältnis und fehlender Kontrolle über die Arbeitszeit oft mit stressbedingten Gefahren am Arbeitsplatz zusammenhängt;
17. betont, dass flexible oder atypische Arbeitsverhältnisse in bestimmten Wirtschaftszweigen übermäßig zum Einsatz kommen, was an Missbrauch grenzt;
18. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, politische Maßnahmen zur Stärkung von Arbeitnehmern, Praktikanten und Lehrlingen voranzubringen, mit denen der soziale Dialog verbessert und Tarifverhandlungen gefördert werden, damit alle Arbeitnehmer – unabhängig von ihrem Status – ihr Recht, sich zusammenzuschließen, in Anspruch nehmen und ausüben können und gemeinsam, frei und ohne direkte oder indirekte Sanktionen des Arbeitgebers Tarifverhandlungen führen können;
19. betont die große Bedeutung der Sozialpartner, wenn es darum geht, die Arbeitnehmerrechte zu schützen, angemessene Arbeitsbedingungen, Löhne und Einkommen, die im Einklang mit den Rechtsvorschriften und Verfahrensweisen der Mitgliedstaaten stehen, festzulegen, sowie den Arbeitgebern und Arbeitnehmern Beratungsangebote und Leitlinien bereitzustellen;
20. fordert die Mitgliedstaaten auf, berufliche Werdegänge in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern zu stärken, damit sich Menschen leichter an die sich im Laufe des Lebens ändernden Situationen anpassen können, insbesondere durch lebenslange berufliche Weiterbildung, angemessene Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Übertragbarkeit sozialer Rechte und wirksame Arbeitsmarktmaßnahmen;
21. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen wirksamen Schutz sowie gleiche Löhne für männliche und weibliche Arbeitnehmer zu fördern und sicherzustellen, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses eine Arbeitsleistung erbringen, und zwar durch umfassende politische Maßnahmen, mit denen prekäre Arbeitsverhältnisse angegangen werden und ein ausreichender Sozialschutz sichergestellt wird;
22. hebt die große Bedeutung der Arbeitsaufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten hervor, und betont, dass sie sich auf die Überwachung, Einhaltung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen, des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz sowie auf die Bekämpfung illegaler und unangemeldeter Arbeit konzentrieren sollten, und unter keinen Umständen als Instrument für die Kontrolle der Migration missbraucht werden dürfen; weist darauf hin, dass die schutzbedürftigsten Arbeitnehmer dem größten Diskriminierungsrisiko ausgesetzt sind, und verurteilt die Praktiken von Unternehmen aufs Schärfste, die Migranten einstellen, ohne die Rechte und Leistungen, auf die sie Anspruch haben, in vollem Umfang sicherzustellen, und sie nicht über diese Angelegenheiten aufklären; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, den Arbeitsaufsichtsbehörden ausreichende Mittel bereitzustellen und so eine wirksame Überwachung sicherzustellen;
II.Vorschläge
23. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, prekäre Beschäftigungsverhältnisse einschließlich nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und Scheinselbstständigkeit anzugehen, um sicherzustellen, dass alle Arten von Beschäftigungsverhältnissen menschenwürdige Arbeit mit angemessener sozialer Absicherung im Einklang mit der Agenda der IAO, Artikel 9 AEUV, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Sozialcharta bieten können;
24. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sämtliche Praktiken zu bekämpfen, die zu einem Anstieg prekärer Beschäftigungsverhältnisse führen könnten und so dazu beizutragen, das im Rahmen der Strategie Europa 2020 festgelegte Ziel der Verringerung von Armut zu erreichen;
25. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Arbeitsplatzqualität bei atypischen Beschäftigungsverhältnissen dadurch zu verbessern, dass mindestens eine Reihe von Mindeststandards im Hinblick auf den Sozialschutz geboten, Mindestlohnniveaus sichergestellt und der Zugang zu Weiterbildung und Entwicklung ermöglicht werden; betont, dass im Zuge der entsprechenden Maßnahmen Einstiegsmöglichkeiten gewahrt bleiben sollten;
26. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die nationalen Sozialversicherungssysteme ihren Zweck im Hinblick auf neue Beschäftigungsformen erfüllen;
27. fordert die Kommission auf, im Zuge der Digitalisierung aufgekommene neue Beschäftigungsformen zu prüfen; fordert insbesondere, dass der rechtliche Status von Arbeitsvermittlern und Online-Plattformen sowie ihre Haftung geprüft werden; fordert die Kommission auf, die Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen(33) (die „Richtlinie über schriftliche Erklärungen“) zu überarbeiten und dabei neuen Beschäftigungsformen Rechnung zu tragen;
28. verweist mit Nachdruck auf die Möglichkeiten, die die kollaborative Wirtschaft vor allem im Hinblick auf neue Arbeitsplätze bietet; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die möglichen neuen Beschäftigungsregelungen zu prüfen, die im Rahmen der kollaborativen Wirtschaft entstehen; betont, dass die Arbeitnehmer in diesem Bereich besser geschützt werden müssen, und zwar indem die Transparenz in Bezug auf ihren Status, die Bereitstellung von Informationen und die Nichtdiskriminierung verbessert wird;
29. fordert die Kommission auf, ihre zielgerichtete Überprüfung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern fortzuführen und die Richtlinie über Leiharbeit zu überprüfen, damit soziale Grundrechte für alle Arbeitnehmer, einschließlich gleicher Bezahlung am gleichen Arbeitsplatz, sichergestellt werden;
30. betont, dass es öffentlicher und privater Investitionen bedarf, mit denen insbesondere diejenigen Wirtschaftszweige gefördert werden, die den größtmöglichen Multiplikatoreffekt versprechen, damit für soziale Aufwärtskonvergenz und Zusammenhalt in der Union gesorgt wird und menschenwürdige Arbeitsplätze geschaffen werden; betont in diesem Zusammenhang, dass KMU und Start-up-Unternehmen unterstützt werden müssen;
31. betont, dass nicht angemeldete Erwerbstätigkeit bekämpft werden muss, da dadurch Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen zurückgehen und prekäre, schlechte Arbeitsbedingungen sowie ein unlauterer Wettbewerb zwischen Arbeitnehmern entstehen; begrüßt die Einrichtung einer Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit;
32. weist darauf hin, dass angesichts der Anzahl der Arbeitnehmer, insbesondere junger Menschen, die derzeit ihr Herkunftsland verlassen, um in einem anderen Mitgliedstaat nach Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen, dringend geeignete Maßnahmen ausgearbeitet werden müssen, mit denen dafür gesorgt wird, dass kein Arbeitnehmer aus dem sozialen und arbeitsrechtlichen Schutz fällt; fordert in diesem Zusammenhang die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Mobilität von Arbeitskräften in der EU weiter zu verbessern und gleichzeitig den Grundsatz der Gleichbehandlung zu wahren, Löhne und soziale Standards zu schützen und die Übertragbarkeit von sozialen Ansprüchen zu sicherzustellen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, Beschäftigungs- und Sozialmaßnahmen für Gleichberechtigung und gleiche Bezahlung am gleichen Arbeitsplatz zu treffen;
33. weist besorgt darauf hin, dass Tarifverhandlungen und der Geltungsbereich von Tarifverträgen geschwächt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, strategische Maßnahmen für den flächendeckenden Schutz von Arbeitnehmern durch Tarifverträge zu fördern, und gleichzeitig die Rolle der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände zu schützen und zu stärken;
34. weist darauf hin, dass die Sozialpartner im Hinblick auf die Richtlinien der Union über Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge und Leiharbeit eine wichtige Rolle spielen, und fordert die Kommission auf, gemeinsam mit den Sozialpartnern Maßnahmen zur Regulierung neuer Beschäftigungsformen zu ergreifen; fordert Eurofound auf, zu untersuchen, wie die Sozialpartner Strategien für die Sicherstellung der Arbeitsplatzqualität und der Bekämpfung prekärer Arbeitsverhältnisse entwickeln können;
35. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten dafür zu sorgen, dass Selbstständigen, die rechtlich als Einpersonengesellschaft einzustufen sind, das Recht auf Tarifverhandlungen und das Recht der Vereinigungsfreiheit gewährt werden sollte;
36. weist darauf hin, dass gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung(34) (die Arbeitszeitrichtlinie) jeder Arbeitnehmer ein Recht auf eine Beschränkung der Arbeitsstunden auf eine Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf einen bezahlten Jahresurlaub hat; betont, dass sichergestellt werden muss, dass diese Rechte für alle Arbeitnehmer einschließlich Arbeitnehmer auf Abruf, Arbeitnehmer in geringfügiger Teilzeitbeschäftigung und Crowdworker gelten; weist darauf hin, dass die Arbeitszeitrichtlinie eine Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahme darstellt; fordert, dass die Urteile des EuGH, mit denen bekräftigt wird, dass es sich bei Zeit auf Abruf am Arbeitsplatz um Arbeitszeiten handelt, auf die Ausgleichsruhezeiten folgen müssen, durchgesetzt werden;
37. weist darauf hin, dass geringfügige Teilzeitbeschäftigung durch geringere Sicherheit des Arbeitsplatzes, verminderte Aussichten auf berufliches Fortkommen, geringere Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen seitens der Arbeitgeber und einen höheren Anteil geringer Entlohnung gekennzeichnet ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu fördern, mit denen dafür gesorgt wird, dass Beschäftigte, die mehr arbeiten möchten, länger arbeiten dürfen;
38. weist darauf hin, dass gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union jeder Mensch das Recht auf Zugang zu beruflicher Bildung und lebenslangem Lernen hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass berufliche Bildung und Weiterbildung auch Arbeitnehmern in atypischen Beschäftigungsverhältnissen offenstehen; weist darauf hin, dass Qualifizierungsmaßnahmen in einer einem schnellen Wandel unterworfenen digitalen Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind; weist darauf hin, dass Qualifikationsdefizite und mangelnde Übereinstimmung zwischen angebotenen und nachgefragten Fachkenntnissen zu hoher Arbeitslosigkeit beitragen; begrüßt die jüngsten Initiativen, mit denen Qualifikationsdefizite behoben werden sollen;
39. fordert eine Kompetenzgarantie als ein neues Recht für alle Menschen in jedem Lebensabschnitt, sich grundlegende Fertigkeiten für das 21. Jahrhundert anzueignen, darunter Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten, digitale Kompetenzen und Medienkenntnisse, kritisches Denken, soziale Kompetenzen und entsprechende Fertigkeiten, die für eine ökologische Kreislaufwirtschaft benötigt werden, wobei den neu entstehenden Wirtschaftszweigen und wichtigen Wachstumsbranchen Rechnung getragen und dafür gesorgt wird, dass Menschen in benachteiligten Situationen in vollem Maße erreicht werden, darunter Menschen mit Behinderungen, Asylbewerber, Langzeitarbeitslose und andere unterrepräsentierte Gruppen; hebt hervor, dass Bildungssysteme integrativ sein, hochwertige Bildung auf gleichem Niveau für die gesamte Bevölkerung bieten und Menschen befähigen sollten, aktive Bürger der EU zu sein, sowie sie dazu befähigen sollten, während ihres gesamten Lebens zu lernen und sich anzupassen, insbesondere auf die Erfordernisse der Gesellschaft und des Arbeitsmarkts;
40. betont, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahrensweisen sowie in enger Absprache und Zusammenarbeit mit Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen gestaltet und umgesetzt werden sollten;
41. weist darauf hin, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse nicht nur den Betroffenen schaden, sondern auch mit erheblichen Kosten für die Gesellschaft – und zwar in Form von Steuerausfällen, auf lange Sicht höheren öffentlichen Ausgaben und Unterstützung für Menschen, die unter den langfristigen Auswirkungen von Einkommenseinbußen und schwierigen Arbeitsbedingungen leiden – verbunden sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Verwendung unbefristeter Arbeitsverträge und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, um prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu bekämpfen;
42. weist erneut darauf hin, dass Arbeitnehmer in der Schattenwirtschaft einem hohen Risiko ausgesetzt sind, in prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu geraten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf diese Bevölkerungsgruppe zugeschnittene politische Maßnahmen anzunehmen, mit denen die Probleme dieser Menschen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus angegangen werden;
43. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, nicht angemeldete Erwerbstätigkeit, Scheinselbstständigkeit und alle Formen illegaler Beschäftigungspraktiken, mit denen die Arbeitnehmerrechte und die Sozialversicherungssysteme ausgehöhlt werden, zu bekämpfen; bekräftigt seine Auffassung, dass die Möglichkeit der Vermeidung von Null-Stunden-Verträgen bei allen künftigen beschäftigungspolitischen Maßnahmen geprüft werden sollte;
44. betont, dass vor allem die schutzbedürftigsten Arbeitnehmer, die von Diskriminierung, Armut und Ausgrenzung bedroht sind, in prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig sind; weist insbesondere darauf hin, dass das Risiko, in ein prekäres Beschäftigungsverhältnis zu geraten, für Menschen mit Behinderung, anderer Herkunft, Religion oder Weltanschauung sowie für Frauen besonders hoch ist; verurteilt alle Formen prekärer Beschäftigungsverhältnisse unabhängig von der jeweiligen Vertragssituation;
45. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass schutzbedürftige Arbeitnehmer wirksam geschützt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt zu ergreifen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und auf die Beseitigung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles gelegt werden sollte; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen für neue Beschäftigungsformen geeignet ist;
46. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle Rechtsvorschriften, die prekäre Arbeitsverhältnisse betreffen, einer Bewertung hinsichtlich ihrer geschlechtsspezifischen Folgen zu unterziehen; hält es für notwendig, legislative und nicht legislative Maßnahmen gezielt auf die Bedürfnisse von Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen auszurichten, da anderenfalls eine bereits überrepräsentierte Gruppe weiterhin überdurchschnittlich stark betroffen sein wird;
47. ist der Ansicht, dass die höheren Flexibilitätsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt keinesfalls dazu führen dürfen, dass Frauen weiterhin unverhältnismäßig häufig in atypischen und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen tätig sind;
48. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Thema Mobbing am Arbeitsplatz – einschließlich des Mobbings schwangerer Mitarbeiterinnen und jedweder Benachteiligung weiblicher Angestellter nach der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub – zu überwachen und dagegen vorzugehen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Rechtsvorschriften zu den mit der Mutterschaft verbundenen Rechten einzuhalten und durchzusetzen, damit Frauen bei der Altersversorgung keine Nachteile aufgrund einer Mutterschaft während ihres Erwerbslebens entstehen; betont, dass gemäß den Empfehlungen der IAO und der Weltgesundheitsorganisation der Mutterschaftsurlaub durch wirksame Maßnahmen zum Schutz der Rechte von schwangeren Frauen, von Müttern Neugeborener sowie von stillenden und alleinerziehenden Müttern ergänzt werden muss;
49. bekräftigt seine Forderung danach, dass Menschen in allen Beschäftigungsverhältnissen einschließlich Selbstständige Ansprüche erwerben können, die ihnen in bestimmten Situationen, z. B. bei Arbeitslosigkeit, Gesundheitsproblemen, fortgeschrittenem Alter oder Unterbrechungen der Berufstätigkeit wegen Kinderbetreuung, Pflege oder aus Gründen der Ausbildung, Einkommenssicherheit bieten;
50. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass bei allen Arten erster Arbeitserfahrung für junge Menschen – etwa Praktika, Lehrlingsausbildungen oder Möglichkeiten im Rahmen der Jugendgarantie – angemessene Arbeitsbedingungen herrschen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Qualitätsrahmen für Praktika und Ausbildungen anzunehmen und umzusetzen, mit denen die Arbeitnehmerrechte und der Ausbildungsschwerpunkt von Arbeitsmöglichkeiten für junge Menschen sichergestellt wird;
51. fordert insbesondere die Kommission sowie die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Bekämpfung prekärer Beschäftigungsverhältnisse bei Jugendlichen zu ergreifen; betont, wie wichtig es in diesem Zusammenhang ist, dass die Kommission die Jugendgarantie umsetzt;
52. empfiehlt den Mitgliedstaaten, für alle jungen Menschen in allen Altersgruppen den Zugang zu hochwertiger und kostenloser öffentlicher Bildung sicherzustellen, insbesondere was die höhere allgemeine und berufliche Bildung betrifft, da sich gezeigt hat, dass ein höheres Bildungs- und Ausbildungsniveau zum Abbau der geschlechtsspezifischen Unterschiede im Berufsleben beiträgt.
53. betont, dass die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit besser verstanden und umgesetzt werden könnten, wenn die Kommission und die Mitgliedstaaten den Begriff „Arbeitnehmer“ im Sinne der IAO anstelle des enger gefassten Begriffs des „Angestellten/Beschäftigten“ verwendeten;
54. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Unternehmertum und Genossenschaftswesen unter Arbeitnehmern, die für Unternehmen, die mehrere Dienstleistungen anbieten, oder in der immer wichtiger werdenden kollaborativen Wirtschaft oder für digitale Plattformen tätig sind, zu fördern und so die Risiken zu verringern, die hinsichtlich der Arbeitnehmerrechte und der Arbeitsbedingungen mit den entsprechenden Geschäftsmodellen verbunden sind;
55. betont, dass Kurzzeitverträge in der Landwirtschaft mit der Saisonabhängigkeit der landwirtschaftlichen Tätigkeiten zusammenhängen; fordert, dass dieser erheblichen natürlichen Einschränkung dadurch Rechnung getragen wird, dass den Landwirten weiterhin die Möglichkeit gegeben wird, Saisonarbeitskräfte einzustellen, und ihnen kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand bei der Einstellung und Verwaltung von Arbeitskräften entsteht;
56. fordert die Kommission auf, den Sozialschutz von Saisonarbeitskräften zu fördern bzw. das Bewusstsein dafür zu schärfen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die soziale und rechtliche Stellung von Saisonarbeitskräften zu regeln, die Hygiene-, Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen an ihrem Arbeitsplatz zu sichern und für ihre soziale Absicherung zu sorgen, und zwar im Einklang mit den in Artikel 23 der Richtlinie 2014/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer(35) festgelegten Bestimmungen, unter anderem im Hinblick auf gleichen Lohn und gleichen Sozialschutz; betont, dass alle Saisonarbeitskräfte umfassende Informationen zu Arbeits- und Sozialversicherungsrechten einschließlich Rentenansprüchen erhalten müssen, wobei auch dem grenzüberschreitenden Aspekt von Saisonarbeit Rechnung zu tragen ist;
o o o
57. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Unbefristete Vollzeitverträge machen 59 % aller Beschäftigungsverhältnisse in der EU aus, während selbstständige Tätigkeiten mit Arbeitnehmern 4 %, freiberufliche Tätigkeiten 11 %, Leiharbeit 1 %, befristete Arbeitsverhältnisse 7 %, Ausbildungen und Praktika 2 %, geringfügige Teilzeitbeschäftigung (mit einer Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden pro Woche) 9 % und unbefristete Teilzeitbeschäftigung 7 % ausmachen.
Bericht der IAO von 2016 mit dem Titel „Building a social pillar for European convergence“ (Aufbau einer sozialen Säule für die europäische Konvergenz).
Eurofound (2014), „Occupational profiles in working conditions: Identification of groups with multiple disadvantages“ (Arbeitsbedingungen verschiedener Berufsfelder: Ermittlung von Berufsgruppen, die in vielerlei Hinsicht benachteiligt sind).
Eurofound (2014), „Occupational profiles in working conditions: Identification of groups with multiple disadvantages“ (Arbeitsbedingungen verschiedener Berufsfelder: Ermittlung von Berufsgruppen, die in vielerlei Hinsicht benachteiligt sind).
Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation vom 14. November 2016 mit dem Titel „Non-standard employment around the world“ (Atypische Beschäftigungsverhältnisse weltweit).