Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Februar 2018 zur aktuellen Lage der Menschenrechte in der Türkei (2018/2527(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Türkei, insbesondere seine Entschließung vom 27. Oktober 2016 zu der Lage der Journalisten in der Türkei(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2017 zu dem Bericht 2016 der Kommission über die Türkei(2),
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin, Federica Mogherini, und des für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständigen Kommissionsmitglieds Johannes Hahn vom 2. Februar 2018 zu den jüngsten Entwicklungen in der Türkei, vom 14. Juli 2017, ein Jahr nach dem Putschversuch in der Türkei, und vom 13. März 2017 zum Standpunkt der Venedig-Kommission zu den Änderungen an der Verfassung der Türkei und neueren Ereignissen,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 8. Juni 2017 zu der gemeldeten Inhaftierung des Vorsitzenden von Amnesty International in der Türkei, Taner Kılıç, vom 8. Juli 2017 zur Verhaftung von Menschenrechtsverfechtern auf der Insel Büyükada in der Türkei und vom 26. Oktober 2017 zu den laufenden Fällen von Menschenrechtsverletzungen in der Türkei,
– unter Hinweis auf den politischen Dialog auf hoher Ebene zwischen der EU und der Türkei vom 25. Juli 2017,
– unter Hinweis auf die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vom Kommissar für Menschenrechte des Europarates übermittelten schriftlichen Stellungnahmen vom 2. November 2017 zu zwölf Anträgen betreffend das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Freiheit und Sicherheit von Parlamentsmitgliedern in der Türkei sowie vom 10. Oktober 2017 zu zehn Anträgen betreffend das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Freiheit von Journalisten in der Türkei,
– unter Hinweis auf die Resolution 2156 (2017) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Funktionsweise der demokratischen Institutionen in der Türkei,
– unter Hinweis darauf, dass zu den Werten, auf denen die Europäische Union gründet, die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte zählen und dass diese Werte auch für alle EU-Bewerberländer gelten,
– unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), deren Vertragspartei die Türkei ist,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament den Putschversuch vom 15. Juli 2016 auf das Schärfste verurteilte; in der Erwägung, dass das türkische Parlament den Ausnahmezustand in der Türkei am 18. Januar 2018 um weitere drei Monate verlängerte; in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand derzeit als Vorwand dafür dient, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, und weit über das hinausgeht, was zur Abwehr von Bedrohungen der nationalen Sicherheit zulässig ist; in der Erwägung, dass Notfallmaßnahmen gemäß dem Völkerrecht in Bezug auf Umfang und Laufzeit notwendig und verhältnismäßig sein müssen;
B. in der Erwägung, dass die Türkei ein wichtiger Partner der EU ist, von dem als Bewerberland erwartet wird, dass er die höchstmöglichen demokratischen Normen einhält, was die Achtung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Grundfreiheiten und des Rechts aller auf ein faires Verfahren einschließt;
C. in der Erwägung, dass 148 Unterzeichner der Petition „Akademiker für den Frieden“ der Verbreitung terroristischer Propaganda angeklagt sind und auf ihre Gerichtsverhandlungen im Mai 2018 warten;
D. in der Erwägung, dass nach Angaben des Europäischen Journalistenverbands in der Folge des Putschversuchs 148 Journalisten in Gewahrsam gehalten werden; in der Erwägung, dass weiterhin gegen diejenigen vorgegangen wird, die sich in den sozialen Medien kritisch zur Politik äußern; in der Erwägung, dass 449 Menschen in Gewahrsam genommen wurden, nachdem sie sich in den sozialen Medien kritisch über den Militäreinsatz der türkischen Regierung in der syrischen Enklave Afrin geäußert hatten; in der Erwägung, dass nach Angaben von Amnesty International die türkischen Staatsorgane Hunderte Organisationen der Zivilgesellschaft aufgelöst und die Räumlichkeiten von über 160 Rundfunksendern, Zeitungen, Zeitschriften, Verlagen und Vertriebsunternehmen geschlossen haben;
E. in der Erwägung, dass die türkischen Staatsorgane seit Juli 2016 107 000 Menschen entlassen haben; in der Erwägung, dass bei der auf Empfehlung des Europarates eingerichteten „Untersuchungskommission zu Notstandsverfahren“ bis zum 18. Januar 2018 104 789 Anträge eingegangen sind und die Kommission bislang nur in 3 110 Fällen Entscheidungen gefällt hat, die zudem nicht veröffentlicht wurden;
F. in der Erwägung, dass es in den vergangenen Jahren zu einer Ausweitung der Kontrolle von Justiz und Staatsanwaltschaft durch die Staatsgewalt und zu umfassenden Festnahmen, Entlassungen und willkürlichen Versetzungen von Richtern und Staatsanwälten sowie zu fortgesetzten Angriffen auf Anwälte gekommen ist;
G. in der Erwägung, dass vom Türkischen Menschenrechtsverband (IHD) bereitgestellte Daten darauf schließen lassen, dass in den ersten elf Monaten des Jahres 2017 insgesamt 2 278 Menschen Opfer von Folter und Misshandlungen wurden;
H. in der Erwägung, dass die Lage im Südosten des Landes nach wie vor Anlass zu erheblicher Sorge gibt; in der Erwägung, dass schätzungsweise 2 500 Menschen bei Sicherheitseinsätzen getötet worden sein sollen und seit Juli 2015 schätzungsweise eine halbe Million Menschen vertrieben worden ist; in der Erwägung, dass 68 kurdische Bürgermeister nach wie vor in Haft sitzen;
I. in der Erwägung, dass zu den Journalisten, die in Haft genommen wurden, auch der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der Hochschuldozent und Kolumnist Mehmet Altan und der Journalist Şahin Alpay sowie zahlreiche Journalisten und Mitarbeiter der Tageszeitung „Cumhuriyet“ wie Ahmet Şık gehören;
J. in der Erwägung, dass gegen viele Mitglieder der Opposition gerichtlich vorgegangen wurde und sie in Gewahrsam genommen wurden, nachdem die parlamentarische Immunität zahlreicher Parlamentsmitglieder aufgehoben worden war; in der Erwägung, dass zehn Mitglieder das Parlaments, darunter die Vorsitzenden der HDP, Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, der aus Sicherheitsgründen nicht vor Gericht erscheinen durfte, und Enis Berberoğlu, ein Mitglied der Republikanischen Volkspartei (CHP), nach wie vor inhaftiert sind und dass nach einer Abstimmung im türkischen Parlament sechs Mitgliedern, auch der Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana, das Mandat aberkannt wurde;
K. in der Erwägung, dass die türkischen Staatsorgane im Juli 2017 zehn Menschenrechtsaktivisten („Die zehn von Istanbul“) festnahmen, die später gegen Kaution freigelassen wurden; in der Erwägung, dass das Gericht in Istanbul seine eigene Entscheidung zur Freilassung von Taner Kılıç, des Vorsitzenden von Amnesty International in der Türkei, am 1. Februar 2018 aufhob, sodass Taner Kılıç für die Dauer seines Gerichtsverfahrens in Haft bleibt;
L. in der Erwägung, dass einer der führenden Vertreter der Zivilgesellschaft in der Türkei, Osman Kavala, am 18. Oktober 2017 festgenommen wurde und seither in Haft sitzt, da ihm vorgeworfen wird, er habe versucht, durch seine Unterstützung für die Proteste im Gezi-Park im Dezember 2013 die Regierung zu stürzen;
M. in der Erwägung, dass das Kabinett des Gouverneurs von Ankara am 19. November 2017 beschloss, alle Veranstaltungen von LGBTI-Organisationen auf unbestimmte Zeit zu verbieten;
N. in der Erwägung, dass zwar in der türkischen Verfassung die Weltanschauungsfreiheit, das Recht auf freie Religionsausübung und die private Verbreitung religiöser Überzeugungen geschützt werden und die Diskriminierung aus Gründen der Religion verboten wird, Angehörige religiöser Minderheiten jedoch nach wie vor verbalen und tätlichen Angriffen ausgesetzt sind, in Schulen und im öffentlichen Leben stigmatisiert werden und gesellschaftlichem Druck ausgesetzt sind, überdies Opfer von Diskriminierung werden und Schwierigkeiten haben, rechtmäßig Orte für Gottesdienste einzurichten;
O. in der Erwägung, dass die Heranführungshilfe für die Türkei angesichts der Lage der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Pressefreiheit in dem Land um 105 Mio. EUR im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission für den Haushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2018 gekürzt wurde, wobei weitere 70 Mio. EUR in die Reserve eingestellt wurden, bis das Land „hinreichende messbare Verbesserungen“ in diesen Bereichen umgesetzt hat;
P. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament im November 2016 forderte, dass das Beitrittsverfahren der Türkei auf Eis gelegt werde, und im November 2017 darauf drängte, dass es ausgesetzt werde, sollten die Verfassungsänderungen unverändert umgesetzt werden;
1. verurteilt den Putschversuch vom 16. Juli 2016 erneut auf das Schärfste und bekundet seine Solidarität mit den Bürgern der Türkei; erkennt das Recht und die Pflicht der türkischen Regierung an, die Täter vor Gericht zu stellen, wobei dafür Sorge zu tragen ist, dass das Rechtsstaatsprinzip und das Recht auf ein faires Verfahren geachtet werden; hebt jedoch hervor, dass die gescheiterte Machtübernahme durch das Militär derzeit als Vorwand dafür herangezogen wird, die legitime und gewaltfreie Opposition noch stärker zu unterdrücken und die Medien und die Zivilgesellschaft durch unverhältnismäßige und unrechtmäßige Handlungen und Maßnahmen daran zu hindern, dass sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben;
2. ist zutiefst beunruhigt darüber, dass sich die Lage in den Bereichen Grundrechte und Grundfreiheiten und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei stetig verschlechtert und dass es der Justiz an Unabhängigkeit mangelt; verurteilt, dass Justiz und Verwaltung Gebrauch von willkürlichen Verhaftungen und Schikanen machen, um Zehntausende zu verfolgen; fordert die türkischen Staatsorgane nachdrücklich auf, all diejenigen umgehend und bedingungslos auf freien Fuß zu setzen, die nur inhaftiert wurden, weil sie ihrer rechtmäßigen Tätigkeit nachgegangen sind und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit ausgeübt haben, und die in Gewahrsam gehalten werden, obwohl keine eindeutigen Beweise für Straftaten vorliegen; fordert, dass in der Türkei der Ausnahmezustand aufgehoben und die Notstandsdekrete zurückgenommen werden;
3. fordert die türkischen Staatsorgane auf, die Europäische Menschenrechtskonvention, in der die Todesstrafe eindeutig abgelehnt wird, ebenso zu achten wie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, was auch den Grundsatz der Unschuldsvermutung umfasst;
4. fordert die türkische Regierung auf, dass sie im Sinne der Rechtsstaatlichkeit allen Personen, die restriktiven Maßnahmen ausgesetzt waren, die Gelegenheit gibt, geeignete und wirksame Rechtsbehelfe einzulegen; hebt hervor, dass die Unschuldsvermutung ein Grundprinzip verfassungsmäßiger Staaten ist; fordert die Türkei auf, die „Untersuchungskommission zu Notstandsverfahren“ so rasch wie möglich zu überarbeiten, damit sie zu einer soliden und unabhängigen Kommission wird, die in der Lage ist, alle Fälle einzeln zu behandeln, die überaus große Anzahl von Anträgen, die sie erhält, wirksam zu bearbeiten und sicherzustellen, dass die juristische Überprüfung nicht unangemessen verzögert wird; fordert die Untersuchungskommission nachdrücklich auf, ihre Entscheidungen öffentlich zugänglich zu machen; fordert die türkischen Staatsorgane auf, den Gewerkschaften ihre rechtmäßigen Gewerkschaftstätigkeiten zu gestatten;
5. hebt hervor, dass die Bürger in der Türkei nach wie vor unmittelbar von Terrorismus bedroht sind; bekräftigt jedoch, dass die allgemein gefassten türkischen Gesetze zur Terrorismusbekämpfung nicht dafür genutzt werden sollten, Bürger und die Medien dafür zu bestrafen, dass sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben; verurteilt in diesem Zusammenhang, dass mindestens 148 wissenschaftliche Mitarbeiter öffentlicher und privater Universitäten in Istanbul, die die Petition „Akademiker für den Frieden“ unterzeichnet hatten, verhaftet und vor Gericht gestellt wurden; verurteilt ebenso die jüngsten Festnahmen von Journalisten, Aktivisten, Ärzten und gewöhnlichen Bürgern, die sich kritisch über den türkischen Militäreinsatz in Afrin äußerten; ist zutiefst beunruhigt über die humanitären Folgen des Militäreinsatzes in dieser mehrheitlich von Kurden bewohnten Region Syriens und warnt vor einer Fortführung unverhältnismäßiger Maßnahmen;
6. ist zutiefst beunruhigt über Berichte, wonach Häftlinge misshandelt und gefoltert worden sind, und fordert die türkischen Staatsorgane auf, diese Vorwürfe sorgfältig zu prüfen; fordert erneut die Veröffentlichung des Berichts des Ausschusses zur Verhütung von Folter des Europarates („CPT-Bericht“);
7. verurteilt den Beschluss des türkischen Parlaments auf das Schärfste, die Immunität zahlreicher Abgeordneter auf verfassungswidrige Weise aufzuheben, wodurch der Weg für die kürzlich erfolgte Festnahme von zehn Mitgliedern der Opposition – darunter die beiden Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş – bereitet und sechs Mitgliedern der Opposition, zuletzt z. B. der Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana, das Mandat aberkannt wurde; verurteilt die Inhaftierung von 68 kurdischen Bürgermeistern; verurteilt die willkürliche Absetzung gewählter Kommunalvertreter, mit der die demokratische Struktur der Türkei weiter ausgehöhlt wird;
8. ist zutiefst beunruhigt darüber, dass über 160 Medienunternehmen unter Berufung auf den Ausnahmezustand per Dekret geschlossen wurden; verurteilt den politischen Druck, der auf Journalisten ausgeübt wird; ist sehr besorgt darüber, dass die Staatsorgane der Türkei Plattformen der sozialen Medien überwachen und Konten in den sozialen Medien schließen; fordert nachdrücklich die sofortige und bedingungslose Freilassung all derjenigen, die ohne Vorliegen irgendwelcher Beweise in Gewahrsam gehalten werden, darunter Unionsbürger wie der deutsche Journalist Deniz Yücel, der seit einem Jahr inhaftiert ist und neun Monate davon in Einzelhaft verbracht hat, ohne dass bislang eine formelle Anklage gegen ihn erhoben wurde; fordert die Türkei nachdrücklich auf, die Anklage gegen die finnisch-türkische Journalistin Ayla Albayrak fallen zu lassen, die in Abwesenheit von einem türkischen Gericht verurteilt wurde; begrüßt, dass einige Journalisten und Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet nach Monaten in Haft freigelassen wurden, und fordert zudem die sofortige Freilassung der vier immer noch gefangenen Cumhuriyet-Journalisten;
9. ist zutiefst beunruhigt über das harte Vorgehen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen in der Türkei und insbesondere über die Festnahme eines der prominentesten Leiter einer nichtstaatlichen Organisation, Osman Kavala; fordert die türkische Regierung nachdrücklich auf, Osman Kavala umgehend auf freien Fuß zu setzen, da er aus politischen Gründen und willkürlich festgenommen wurde;
10. nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die lange Zeit gehegten säkularen Grundsätze und Werte der Türkei in immer größerem Ausmaß missachtet werden; ist zutiefst beunruhigt über die Missachtung der Religionsfreiheit, die sich etwa in der zunehmenden Diskriminierung von Christen und sonstigen religiösen Minderheiten äußert; verurteilt die Beschlagnahmung von 50 aramäischen Kirchen, Klöstern und Friedhöfen in Mardin; fordert die Kommission auf, sich gemeinsam mit den türkischen Staatsorganen umgehend dieser Themen anzunehmen; fordert die türkische Regierung nachdrücklich auf, Pfarrer Andrew Brunson auf freien Fuß zu setzen und ihm die Heimkehr zu gestatten;
11. weist ebenfalls auf den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung von Minderheiten wie den Roma hin, die das gleiche Recht haben, ihre Kultur zu leben und Zugang zu Sozialleistungen zu erhalten;
12. verurteilt die Erklärung des Kabinetts des Gouverneurs von Ankara vom 19. November 2017 zu der Entscheidung, nach drei aufeinanderfolgenden Jahren des Verbots der Gay Pride Istanbul alle Veranstaltungen von LGBTI-Organisationen auf unbestimmte Zeit zu verbieten; fordert die türkischen Staatsorgane auf, das Verbot zurückzunehmen; begrüßt die Freilassung des führenden LGBTI-Aktivisten Ali Erol und fordert die türkischen Staatsorgane in diesem Zusammenhang auf, willkürlich verhaftete LGBTI-Aktivisten auf freien Fuß zu setzen und das Wohlergehen von Diren Coşkun zu sichern, die im Hungerstreik ist;
13. bekräftigt seine tiefe Besorgnis über die Lage im Südosten der Türkei, insbesondere in den Gebieten, in denen Ausgangssperren verhängt werden, übermäßige Gewalt angewandt wird und Einwohner kollektiv bestraft werden; fordert die Türkei nachdrücklich auf, einen Plan für die wirksame Wiedereingliederung einer halben Million Binnenvertriebener auszuarbeiten; verurteilt erneut, dass die Kurdische Arbeiterpartei (PKK), die seit 2002 auf der EU-Liste terroristischer Vereinigungen steht, wieder Gewalttaten verübt, und fordert nachdrücklich, dass sie die Waffen niederlegt und von friedlichen und demokratischen Mitteln Gebrauch macht, um ihren Erwartungen Ausdruck zu verleihen; weist erneut darauf hin, dass es Aufgabe der türkischen Regierung ist, all ihre Bürger zu schützen; bedauert, dass häufig auf Enteignungen zurückgegriffen wird und dass auch kommunales Eigentum enteignet wird; ist davon überzeugt, dass nur eine gerechte politische Klärung der Kurdenfrage nachhaltige Stabilität und Wohlstand für die Region und die Türkei insgesamt bringen kann, und fordert daher beide Seiten auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren;
14. hegt angesichts der Entscheidung des Istanbuler Strafgerichts, die beiden Journalisten Mehmet Altan und Şahin Alpay nicht aus der Haft zu entlassen, nachdem zuvor das Verfassungsgericht ihre Freilassung mit der Begründung angeordnet hatte, in der Haft seien ihre Rechte verletzt worden, schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der Funktionsweise des Justizsystems in der Türkei; weist darauf hin, dass dies einer weiteren Verschlechterung der Lage der Rechtsstaatlichkeit gleichkommt; bedauert die kürzlich erfolgte neuerliche Festnahme des Vorsitzenden von Amnesty International in der Türkei, Taner Kılıç, die weithin als Justizfarce gilt, und fordert, dass die Anklage gegen ihn und die mit ihm Angeklagten („Die zehn von Istanbul“) fallengelassen wird, da bislang keine konkreten Beweise gegen sie vorgelegt worden sind;
15. bekräftigt seinen Standpunkt vom November 2017, als es forderte, dass für die Staatsorgane der Türkei bestimmte Mittel im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe nur unter der Bedingung ausbezahlt werden sollten, dass sich die Lage in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bessert, und anregte, dass diese Mittel nach Möglichkeit Organisationen der Zivilgesellschaft zur Verfügung gestellt werden sollten; bekräftigt seine Aufforderung an die Kommission, den Entwicklungen in der Türkei bei der Überprüfung der Mittel des Instruments für Heranführungshilfe Rechnung zu tragen und außerdem konkrete Vorschläge dazu vorzulegen, wie die Unterstützung für die Zivilgesellschaft in der Türkei aufgestockt werden kann;
16. fordert die Hohe Vertreterin, den EAD, die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Lage inhaftierter Menschenrechtsverfechter, politischer Aktivisten, Anwälte, Journalisten und Wissenschaftler gegenüber ihren türkischen Gesprächspartnern auch künftig zur Sprache zu bringen und ihnen diplomatischen und politischen Rückhalt zu bieten, etwa indem sie Gerichtsverfahren beobachten und verfolgen;
17. fordert, diese Entschließung ins Türkische übersetzen zu lassen;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Türkei zu übermitteln.