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Verfahren : 2018/2717(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B8-0254/2018

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 31/05/2018 - 7.1

Angenommene Texte :

P8_TA(2018)0231

Angenommene Texte
PDF 133kWORD 46k
Donnerstag, 31. Mai 2018 - Straßburg
Lage von inhaftierten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit (EU/Iran) im Iran
P8_TA(2018)0231RC-B8-0254/2018

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 31. Mai 2018 zur Lage von inhaftierten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit (EU/Iran) im Iran (2018/2717(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Iran, insbesondere die Entschließungen vom 25. Oktober 2016 zur Strategie der EU gegenüber dem Iran nach dem Abschluss des Nuklearabkommens(1), vom 3. April 2014 zur Strategie der EU gegenüber dem Iran(2), vom 17. November 2011 zu aktuellen Fällen von Menschenrechtsverletzungen im Iran(3) und vom 10. März 2011 zur Vorgehensweise der EU gegenüber dem Iran(4),

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den EU-Jahresberichten zur Menschenrechtslage,

–  unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zur Todesstrafe, zu Folter, zur Freiheit der Meinungsäußerung und zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern,

–  unter Hinweis auf den neuen Strategischen Rahmen der EU für Menschenrechte und Demokratie und den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie, mit denen der Schutz und die Kontrolle der Achtung der Menschenrechte in den Mittelpunkt aller EU-Strategien gerückt werden sollen,

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2018/568 des Rates vom 12. April 2018(5), durch den die restriktiven Maßnahmen in Verbindung mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Iran um ein Jahr bis zum 13. April 2019 verlängert wurden,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR), Federica Mogherini, und des Außenministers der Islamischen Republik Iran, Dschawad Sarif, vom 16. April 2016 in Teheran, in der vereinbart wurde, einen Menschenrechtsdialog aufzunehmen und gegenseitige Besuche zwischen der EU und dem Iran in Bezug auf Menschenrechtsfragen zu organisieren,

–  unter Hinweis auf den Jahresbericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte und die Berichte des Amts des Hohen Kommissars und des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 23. März 2018 über die Lage der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien der Iran gehört,

–  gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass mehrere Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran in iranischen Gefängnissen inhaftiert sind, darunter Ahmadreza Djalali, ein schwedisch-iranischer Forscher, der der Spionage beschuldigt und nach einem unfairen Prozess, bei dem er keinen Zugang zu einem Anwalt oder der notwendigen ärztlichen Versorgung erhielt, zum Tode verurteilt wurde, dem die sofortige Hinrichtung droht und der sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befindet;

B.  in der Erwägung, dass sich Kamran Ghaderi, ein österreichisch-iranischer Staatsbürger, im Iran auf einer Geschäftsreise befand, als er festgenommen und zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, nachdem die Staatsanwaltschaft ein erzwungenes Geständnis genutzt hatte; in der Erwägung, dass auch Nazanin Zaghari-Ratcliffe, eine britisch-iranische Staatsbürgerin, die für eine Wohltätigkeitsorganisation tätig war und bei der eine schwere Depression diagnostiziert wurde, sich derzeit im Iran in Haft befindet; in der Erwägung, dass Abbas Edalat, ein britisch-iranischer Wissenschaftler, im April 2018 festgenommen wurde und die gegen ihn erhobenen Anklagepunkte bislang nicht mitgeteilt wurden;

C.  in der Erwägung, dass es weiterhin gängige Praxis ist, Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran zu inhaftieren, woran sich stets lang andauernde Einzelhaft und Verhöre, nicht ordnungsgemäße Gerichtsverfahren, die Verweigerung des Zugangs zu Konsulaten oder von Besuchen durch Vertreter der Vereinten Nationen oder humanitärer Organisationen, geheime Verfahren, in denen der Beschuldigte nur eingeschränkten Zugang zu Rechtsbeistand erhält, langjährige Haftstrafen auf der Grundlage vager oder nicht genau angegebener Anklagepunkte in Verbindung mit „nationaler Sicherheit“ und „Spionage“ und staatlich unterstützte Schmutzkampagnen gegen die inhaftierten Personen anschließen;

D.  in der Erwägung, dass der Iran als Vertragspartei des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte im Einklang mit seinen Verpflichtungen die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie die Freiheit der Meinungsäußerung und die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit achten sollte;

E.  in der Erwägung, dass der Iran nach wie vor Aktivisten der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverfechter, Umweltaktivisten und politische Aktivisten inhaftiert und sie in letzter Zeit häufiger festnimmt; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverfechter, Journalisten und politische Aktivisten für ihre friedfertigen Handlungen aktiv verfolgt werden;

F.  in der Erwägung, dass im Iran inhaftierten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit nicht immer Zugang zu einem Anwalt und ein faires Verfahren gewährt werden; in der Erwägung, dass der Iran Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit in der Praxis ausschließlich als Iraner behandelt, was den Zugang ausländischer Botschaften zu ihren im Iran inhaftierten Bürgern und den Zugang der Inhaftierten zu konsularischem Schutz einschränkt;

G.  in der Erwägung, dass mehrere politische Gefangene und Personen, denen Verbrechen in Verbindung mit der nationalen Sicherheit vorgeworfen wurden, während der Haft unter unzureichendem Zugang zu ärztlicher Versorgung zu leiden haben, was schwerwiegende Folgen hat;

1.  verurteilt die fortdauernde Praxis der iranischen Staatsorgane, Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran im Anschluss an unfaire Gerichtsverfahren zu inhaftieren; fordert, diese Personen unverzüglich und bedingungslos freizulassen oder ihr Verfahren im Einklang mit internationalen Normen wieder aufzunehmen und die Amtsträger, die für die Verletzungen ihrer Rechte verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen;

2.  erklärt sich zutiefst besorgt darüber, dass Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran bei ihrer Einreise in den Iran festgenommen werden, ohne dass ein Anscheinsbeweis für eine Straftat vorliegt; betont, dass durch diese Festnahmen die Möglichkeiten, zwischenmenschliche Kontakte zu pflegen, behindert werden;

3.  missbilligt, dass Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran unter schlechten Bedingungen in iranischen Gefängnissen inhaftiert sind und oft durch Folter und unmenschliche Behandlung gezwungen werden, ein Geständnis abzulegen;

4.  fordert die Staatsorgane des Iran auf, Ahmadreza Djalali uneingeschränkten Zugang zu seinem Anwalt und zu ärztlicher Behandlung zu gewähren, sofern er dies verlangt; fordert die Staatsorgane des Iran nachdrücklich auf, den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachzukommen und folglich die gegen Ahmadreza Djalali verhängte Todesstrafe aufzuheben und ihn unverzüglich freizulassen;

5.  fordert die Staatsorgane des Iran auf, dafür zu sorgen, dass das Verfahren gegen Kamran Ghaderi wieder aufgenommen wird, damit sein Recht auf ein faires Verfahren gewahrt wird, Nazanin Zaghari-Ratcliffe, die bereits für eine vorzeitige Entlassung aus der Haft in Frage kommt, unverzüglich freizulassen, und rasch mitzuteilen, welche Anklagepunkte gegen Abbas Edalat erhoben werden;

6.  fordert die Staatsorgane des Iran in Anbetracht der in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgelegten internationalen Verpflichtungen des Iran auf, das Grundrecht der Angeklagten auf Zugang zu einem Anwalt ihrer Wahl und das Recht auf ein faires Verfahren zu achten;

7.  verurteilt die insbesondere bei Verhören angewandten Folterungen und anderen grausamen Behandlungen, worüber glaubwürdige Berichte vorliegen, und fordert die Staatsorgane des Iran auf, die Menschenwürde der Gefangenen zu achten; missbilligt die grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen und fordert den Iran auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle Gefangenen angemessene ärztlich versorgt werden;

8.  fordert die Justiz auf, im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen des Iran die Grundsätze eines fairen Verfahrens und eines ordnungsgemäßen Verfahrens zu achten und Verdächtigen Zugang zu Rechtsbeistand, konsularischen Besuchen und Besuchen von Vertretern der Vereinten Nationen und humanitärer Organisationen sowie uneingeschränkten Zugang zu ärztlicher Behandlung und Gesundheitsleistungen zu gewähren; fordert den Iran auf, die notwendigen Schritte zur Überarbeitung der Rechtsvorschriften zu unternehmen, um faire Verfahren und den Zugang zu einem Anwalt während der Ermittlungen zu gewährleisten und durch Folter erzwungenen Geständnissen ein Ende zu setzen;

9.  fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Kommission auf, zur Verstärkung der durch die Konsulate oder diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten angebotenen Unterstützung eine interne Arbeitsgruppe zu bilden, deren Aufgabe es ist, Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats zu unterstützen, denen in Drittländern die Todesstrafe oder ein offenkundig unfaires Verfahren droht;

10.  fordert die Staatsorgane des Iran auf, mit den Botschaften der EU-Mitgliedstaaten in Teheran zusammenzuarbeiten, um eine Liste der derzeit in iranischen Gefängnissen inhaftierten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran zu erstellen und jeden einzelnen Fall genau zu verfolgen, da die Sicherheit der Bürger und der Schutz ihrer Grundrechte für die EU von höchster Bedeutung sind;

11.  fordert, dass alle im Iran inhaftierten Menschenrechtsverfechter freigelassen werden und dass allen Einschüchterungen dieser Personen ein Ende gesetzt wird;

12.  begrüßt die deutliche Anhebung der Messlatte für Verurteilungen wegen Drogendelikten, auf die die Todesstrafe steht, als ersten Schritt zur Umsetzung eines Moratoriums für die Todesstrafe im Iran;

13.  fordert den Iran auf, seine Mitwirkung an internationalen Menschenrechtsmechanismen durch die Zusammenarbeit mit den Sonderberichterstattern und Sondermechanismen zu vertiefen, unter anderem durch die Genehmigung von Anträgen der Mandatsträger auf Einreise in den Iran; fordert die Staatsorgane des Iran nachdrücklich auf, vor allem sicherzustellen, dass dem künftigen Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte im Iran die Einreise gestattet wird;

14.  unterstützt die Diskussionen über die Menschenrechte im Rahmen des hochrangigen Dialogs EU-Iran, der nach der Vereinbarung des gemeinsamen umfassenden Aktionsplans eingeleitet wurde; betont, dass die EU auch künftig entschlossen sein sollte, ihre Menschenrechtsanliegen gegenüber dem Iran sowohl bilateral als auch in multilateralen Foren zur Sprache zu bringen;

15.  hebt nochmals hervor, dass der Iran einen Menschenrechtsdialog aufgenommen hat, und begrüßt die Bereitschaft der Staatsorgane des Iran, diesen Dialog fortzuführen;

16.  fordert die VP/HR auf, gegenüber den Staatsorganen des Iran die Frage der Haftbedingungen und Menschenrechtsverletzungen und insbesondere die Fälle der im Iran inhaftierten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und des Iran anzusprechen, um der grausamen und unmenschlichen Behandlung in iranischen Gefängnissen ein Ende zu setzen; fordert die VP/HR und die Mitgliedstaaten auf, gegenüber den Staatsorganen des Iran Menschenrechtsanliegen – darunter auch die Lage der politischen Gefangenen und der Menschenrechtsverfechter sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Vereinigungsfreiheit – systematisch zur Sprache zu bringen;

17.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Regierung und dem Parlament des Iran zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P8_TA(2016)0402.
(2) ABl. C 408 vom 30.11.2017, S. 39.
(3) ABl. C 153E vom 31.5.2013, S. 157.
(4) ABl. C 199E vom 7.7.2012, S. 163.
(5) ABl. L 95 vom 13.4.2018, S. 14.

Letzte Aktualisierung: 16. Juli 2019Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen