Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Oktober 2018 zur Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von ländlichen Gebieten, Bergregionen und entlegenen Gebieten (2018/2720(RSP))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 174 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Mai 2016 zur Kohäsionspolitik in Berggebieten der EU(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2017 zu Bausteinen für die Kohäsionspolitik der EU in der Zeit nach 2020(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2018 zu dem 7. Bericht der Kommission über die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in der gesamten Europäischen Union(3),
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass ländliche Gebiete, Bergregionen und entlegene Gebiete 80 % der Fläche der EU ausmachen, 57 % der EU-Bevölkerung dort leben und 46 % der Bruttowertschöpfung von dort stammt;
B. in der Erwägung, dass das Pro-Kopf-BIP in nichtstädtischen Gebieten bei 70 % des EU-Durchschnitts liegt, während Stadtbewohner mitunter ein Pro-Kopf-BIP von bis zu 123 % des EU-Durchschnitts aufweisen.
C. in der Erwägung, dass die Arbeitslosenquote in nicht verstädterten Gebieten zwischen 2008 und 2012 von 7 % auf 10,4 % gestiegen ist;
D. in der Erwägung, dass ein Viertel der Bevölkerung in ländlichen Gebieten, Bergregionen und entlegenen Gebieten keinen Zugang zum Internet hat;
E. in der Erwägung, dass es wichtig ist, ländliche Gebiete, Bergregionen und entlegene Gebiete bei der Bewältigung der Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, zu unterstützen; in der Erwägung, dass eine solche Herausforderung die Entvölkerung des ländlichen Raums ist, wobei ältere Menschen (über 65 Jahre) 20 % der Gesamtbevölkerung dieser Gebiete ausmachen, während immer mehr junge Menschen fortziehen; in der Erwägung, dass vielen Bürgern außerhalb der städtischen Gebiete daher zugesichert werden sollte, dass ihnen ähnliche Möglichkeiten wie in städtischen Gebieten zur Verfügung stehen;
F. in der Erwägung, dass im Dienstleistungssektor nur 24 % der nicht in städtischen Räumen lebenden Beschäftigten arbeiten;
G. in der Erwägung, dass die Wirtschaft, die Städte, die Industrie (einschließlich des Fremdenverkehrs) und die Bürger Europas in hohem Maße von diesen Gebieten abhängig sind, was Nahrungsmittel, Landnutzung, Energie, Wasser, saubere Luft und Rohstoffe anbelangt;
H. in der Erwägung, dass ländliche Gebiete, Bergregionen und entlegene Gebiete oft in Grenzregionen der Mitgliedstaaten und in der Nähe der EU-Außengrenzen liegen, und in der Erwägung, dass zur Deckung ihrer spezifischen Bedürfnisse, zur Förderung des Zusammenhalts und zur Förderung guter nachbarschaftlicher Beziehungen die Möglichkeiten in vollem Umfang genutzt werden sollten, die sich aus grenzüberschreitender Zusammenarbeit, makroregionalen Strategien und anderen Instrumenten wie dem Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) ergeben;
I. in der Erwägung, dass Vertreter aus 40 europäischen Ländern die Venhorst-Erklärung des Europäischen Ländlichen Parlaments aus dem Jahr 2017 unterzeichnet haben, die darauf abzielt, die Zusammenarbeit in Bereichen wie Vernetzung, Infrastruktur, Dienstleistungen, Stärkung der lokalen Wirtschaft und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu fördern;
1. hebt die Bedeutung der ländlichen Gebiete, Bergregionen und entlegenen Gebiete für eine ausgewogene territoriale Entwicklung in Europa hervor, die gestärkt werden müssen, indem ihre spezifischen Bedürfnisse im Rahmen der Politikbereiche der EU berücksichtigt werden;
2. ist der Auffassung, dass die Förderung der lokalen Entwicklung von wesentlicher Bedeutung ist, um negativen Trends im Hinblick auf die lokalen Märkte, die demographische Entwicklung und die die natürlichen Ressourcen entgegenzuwirken und sie zu stoppen;
3. fordert darüber hinaus eine Koordinierung der Politikbereiche der EU, damit die Entwicklung der ländlichen Gebiete sichergestellt wird;
4. betont, dass Investitionen zur Integration von ländlichen Gebieten, Bergregionen und entlegenen Gebieten in alle Politikbereiche notwendig sind, um die vorrangigen Ziele der EU zu verwirklichen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, Lebensmittelsicherheit und -schutz, soziale Integration, Gleichstellung der Geschlechter, Klimaschutz, Schaffung von Arbeitsplätzen, Digitalisierung und einen effizienten Binnenmarkt;
5. fordert, dass die EU-Agenda für ländliche Gebiete, Bergregionen und abgelegene Gebiete die sozioökonomische Entwicklung, das Wirtschaftswachstum und die Diversifizierung, das soziale Wohlergehen, den Naturschutz sowie die Zusammenarbeit und Vernetzung mit städtischen Gebieten fördert, damit der Zusammenhalt unterstützt und die Gefahr einer territorialen Fragmentierung vermieden wird; fordert die Einführung eines Paktes für intelligente Dörfer, damit ein stärker wirksamer, integrierter und koordinierter Ansatz für die EU-Politikbereiche mit Auswirkungen auf den ländlichen Raum unter Einbeziehung aller Regierungsebenen und im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip sowie mit der im Pakt von Amsterdam festgelegten Städteagenda für Europa gewährleistet ist;
6. fordert ferner, dass in diese EU-Agenda für ländliche Gebiete, Bergregionen und entlegene Gebiete ein strategischer Rahmen für die Entwicklung von ländlichen Gebieten, Bergregionen und entlegenen Gebieten aufgenommen wird, der mit Strategien für rückständige und abgelegene Regionen abgestimmt wird, damit die Ziele der Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum, der intelligenten Dörfer, des Zugangs zu öffentlichen Dienstleistungen sowie der Digitalisierung, Ausbildung und Innovationen erreicht werden; fordert darüber hinaus, dass die intelligente Zusammenarbeit und die Partnerschaften zwischen den ländlichen und städtischen Zentren intensiviert werden und somit das Gleichgewicht bei den Beziehungen zwischen Stadt und Land wiederhergestellt wird;
7. ermutigt die ländlichen Gebiete und Gemeinden, Projekte wie intelligente Dörfer zu entwerfen, die auf ihren bestehenden Stärken und Vorzügen aufbauen, und neue Möglichkeiten wie dezentrale Dienste, Energielösungen und digitale Technologien und Innovationen zu entwickeln;
8. betont, dass die weitere Entwicklung des Fremdenverkehrs in ländlichen Gebieten und des Agrotourismus in den Bergen unter Wahrung der Besonderheiten dieser Gebiete, beispielsweise der Traditionen und der traditionellen lokalen Erzeugnisse, unterstützt werden muss, da der Tourismus eine beachtliche soziale, wirtschaftliche und kulturelle Wirkungskraft entfaltet;
9. hebt außerdem das Potenzial der vulkanischen Berggebiete und Vulkane hervor und verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Beitrag der Vulkanologie zur Verwirklichung der Ziele für erneuerbaren Energieträger und zur Prävention und Bewältigung von Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüchen;
10. fordert die Kommission auf, in die künftigen Legislativvorschläge Bestimmungen aufzunehmen, die sich mit den Besonderheiten dieser Gebiete befassen, und für die Kohäsionspolitik nach 2020 angemessene Mittel, insbesondere aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, bereitzustellen;
11. weist darauf hin, dass der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, insbesondere in ländlichen Gebieten, leistet und eine wichtige territoriale Dimension aufweist; empfiehlt daher, die ELER-Ausgaben weiterhin mit der Kohäsionspolitik zu verknüpfen, auch um integrierte und ergänzende Finanzierungen zu erleichtern und die Verfahren für die Begünstigten zu vereinfachen, damit die Regionen aus verschiedenen EU-Quellen Unterstützung erhalten und dadurch die Finanzierungsmöglichkeiten optimieren und in ländliche Gebiete investieren können;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.