Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2018 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 in Bezug auf den Sitz der Europäischen Arzneimittel-Agentur (COM(2017)0735 – C8-0421/2017 – 2017/0328(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2017)0735),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2, Artikel 114 und Artikel 168 Absatz 4 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C8-0421/2017),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 69f Absatz 4 seiner Geschäftsordnung von dem zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 17. Oktober 2018 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und die Stellungnahme des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A8-0063/2018),
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest(1);
2. kündigt die Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vom 19. Juli 2012 zu den dezentralen Agenturen und das Gemeinsame Konzept, das der Erklärung als Anlage beigefügt ist, auf, und fordert, dass das Europäische Parlament in die Entscheidungsfindung bezüglich des Standorts und der Umsiedlung von Agenturen und Einrichtungen eng eingebunden wird, damit seinen Vorrechten als Mitgesetzgeber im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens gebührend Rechnung getragen wird;
3. billigt seine dieser Entschließung beigefügte Erklärung;
4. nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung des Rates zur Kenntnis;
5. bedauert, dass das Europäische Parlament – und schlussendlich die Vertreter der Bürger der Union – nicht in vollem Umfang in das Verfahren zur Wahl des neuen Sitzes der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) einbezogen wurde, das schließlich durch Auslosung abgeschlossen wurde, obwohl es sich hierbei um eine derart wichtige Entscheidung handelt; weist darauf hin, dass Entscheidungen über die Frage, wo Einrichtungen und sonstige Stellen eingerichtet werden, nach dem Gesetz im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren getroffen werden sollten und müssen, bei dem die Vorrechte des Europäischen Parlaments in vollem Umfang geachtet werden und das Europäische Parlament und der Rat gleichberechtigte Mitgesetzgeber sind;
6. bedauert den Beschluss des Rates, der dazu führt, dass die geografische Unausgewogenheit verstärkt wird, da sich nur 9 der 37 dezentralen Agenturen der EU in neuen Mitgliedstaaten befinden, was im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates Nr. 5381/04 und Nr. 11018/1/08 steht, in denen den neuen Mitgliedstaaten Priorität eingeräumt wird;
7. fordert die Haushaltsbehörden und die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Kosten im Zusammenhang mit der Verlegung des Sitzes der EMA in vollem Umfang vom derzeitigen Gastland getragen werden; weist darauf hin, dass ein Teil der Kosten im Zusammenhang mit der Verlegung vor dem finanziellen Ausgleich mit dem derzeitigen Gastland aus dem EU-Haushalt vorfinanziert werden muss;
8. fordert die Haushaltsbehörden und die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug des Sitzes der EMA in zwei Phasen, erst in ein Provisorium und dann in das Vivaldi-Gebäude, vollumfänglich von der niederländischen Regierung getragen werden, so dass der Gesamthaushaltsplan der Union nicht belastet wird;
9. fordert die Haushaltsbehörden und die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass der Umzug in zwei Phasen nicht die normalen betrieblichen Bedürfnisse der EMA beeinträchtigt und dass die Kontinuität der Arbeit sowie das reibungslose Funktionieren der EMA ohne Unterbrechung über März 2019 hinaus gewährleistet wird;
10. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
11. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Dieser Standpunkt ersetzt die am 15. März 2018 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte, P8_TA(2018)0086).
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 25. Oktober 2018 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2018/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 in Bezug auf den Sitz der Europäischen Arzneimittel-Agentur
(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2018/1718.)
ANHÄNGE ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
Erklärung des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament bedauert, dass seiner Funktion als Mitgesetzgeber nicht gebührend Rechnung getragen wurde, da es nicht in das Verfahren eingebunden wurde, das zur Wahl des neuen Sitzes der Europäischen Arzneimittel-Agentur führte.
Das Europäische Parlament möchte erneut auf seine Vorrechte als Mitgesetzgeber hinweisen und fordert nachdrücklich, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren bei der Festlegung des Standorts von Einrichtungen und Stellen in vollem Umfang geachtet wird.
Als einziges direkt gewähltes Organ der Union und Vertreter der Bürger der Union ist es erster Garant dafür, dass das Demokratieprinzip in der Union gewahrt wird.
Das Europäische Parlament verurteilt das bei der Auswahl des neuen Standorts des Sitzes verfolgte Verfahren, bei dem das Europäische Parlament de facto seiner Vorrechte beraubt wurde: Es wurde nicht in das Verfahren einbezogen, soll nun aber den Erwartungen entsprechen und den ausgewählten neuen Standort des Sitzes auf dem Wege des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens bestätigen.
Das Europäische Parlament weist erneut darauf hin, dass das Gemeinsame Konzept, das der im Jahre 2012 unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu den dezentralen Agenturen als Anlage beigefügt wurde, nicht rechtsverbindlich ist, wie in der Erklärung selbst festgestellt wurde, und dass es unbeschadet der Gesetzgebungsbefugnis der Organe vereinbart wurde.
Das Europäische Parlament besteht daher darauf, dass das Verfahren für die Auswahl neuer Standorte von Agenturen überarbeitet wird und künftig nicht mehr in dieser Form durchgeführt wird.
Abschließend möchte das Europäische Parlament erneut das Augenmerk auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016(1) lenken, in der sich die drei Organe zu loyaler und transparenter Zusammenarbeit verpflichtet haben und auf die in den Verträgen verankerte Gleichberechtigung der beiden Mitgesetzgeber verwiesen wird.
Erklärung des Rates zum Thema EBA/EMA
Unter Hinweis auf die Verpflichtung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu loyaler und transparenter Zusammenarbeit und vor dem Hintergrund des Verfahrens zur Verlegung der EMA und der EBA, das situationsspezifisch war und keinen Präzedenzfall für die künftige Ansiedlung von Agenturen darstellt,
erkennt der Rat unter Hinweis auf die Verträge an, dass ein verstärkter Informationsaustausch ab der Anfangsphase künftiger Verfahren zur Ansiedlung von Agenturen von Nutzen ist.
Ein solcher frühzeitiger Informationsaustausch würde es den drei Organen erleichtern, ihre in den Verträgen verankerten Rechte im Rahmen der entsprechenden Verfahren auszuüben.
Der Rat nimmt Kenntnis von dem Ersuchen des Europäischen Parlaments, die Gemeinsame Erklärung und das Gemeinsame Konzept für die dezentralen Agenturen aus dem Jahr 2012 so bald wie möglich zu überarbeiten. Als ersten Schritt ersucht er die Kommission, bis April 2019 eine eingehende Analyse der Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung und des Gemeinsamen Konzepts in Bezug auf den Standort der dezentralen Agenturen vorzulegen. Diese Analyse würde als Grundlage für die Bewertung des weiteren Vorgehens bei der Durchführung einer solchen Überarbeitung dienen.