Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2019 zur Dringlichkeit einer Schwarzen Liste der EU mit Drittstaaten im Einklang mit der Geldwäscherichtlinie (2019/2612(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Delegierten Verordnung (EU) .../... der Kommission vom 13. Februar 2019 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko, die strategische Mängel aufweisen,
– gestützt auf Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (vierte Geldwäscherichtlinie), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 64 Absatz 5(1), geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sowie zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU (fünfte Geldwäscherichtlinie), insbesondere auf Artikel 1 Absatz 5(2),
– unter Hinweis auf den Fahrplan der Kommission mit dem Titel „Towards a new methodology for the EU assessment of High Risk Third Countries under Directive (EU) 2015/849 on the prevention of the use of the financial system for the purposes of money laundering or terrorist financing“ (Hin zu einer neuen Methode für die EU-Bewertung von Drittländern mit hohem Risiko gemäß der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung),(3)
– unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 22. Juni 2018 mit dem Titel „Methodology for identifying high risk third countries under Directive (EU) 2015/849“ (Methode für die Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko gemäß der Richtlinie (EU) 2015/849) (SWD(2018)0362), in dem unter anderem die Drittländer der Prioritäten 1 und 2 festgelegt sind,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Vorsitzes des Sonderausschusses zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3) vom 25. Februar 2019 an Kommissionsmitglied Jourová bezüglich des delegierten Rechtsakts über Drittländer mit hohem Risiko, die strategische Mängel im Hinblick auf ihre Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen,
– unter Hinweis auf das Schreiben des TAX3-Vorsitzes vom 5. März 2019 betreffend den Standpunkt des Rates zu der von der Kommission erstellten Liste der Drittländer mit hohem Risiko, die Mängel im Hinblick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen,
– unter Hinweis auf die Aussprache zwischen Kommissionsmitglied Jourová und dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Parlaments vom 6. März 2019,
– unter Hinweis auf die Erklärung 6964/1/19 des Rates zur Delegierten Verordnung (EU) .../... der Kommission vom 13. Februar2019 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko, die strategische Mängel aufweisen (C(2019)1326),
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass mit der Delegierten Verordnung und deren Anhang sowie den Delegierten Änderungsverordnungen Drittländer mit hohem Risiko ermittelt werden sollen, die strategische Mängel im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung aufweisen, die Risiken für das Finanzsystem der Europäischen Union darstellen, weshalb die Verpflichteten in dieser Hinsicht gemäß der vierten Geldwäscherichtlinie verstärkte Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden ergreifen müssen;
B. in der Erwägung, dass ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 9 der vierten Geldwäscherichtlinie erlassen wurde, nur in Kraft tritt, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von einem Monat nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden;
C. in der Erwägung, dass das Parlament zwei von fünf vorgeschlagenen Änderungen der delegierten Verordnungen (C(2016)07495 und C(2017)01951) mit der Begründung abgelehnt hat, dass das Verfahren der Kommission zur Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko nicht hinreichend autonom sei;
D. in der Erwägung, dass es das Parlament zu schätzen weiß, dass die Kommission eine neue Methode erarbeitet hat, bei der zur Ermittlung von strategischen Mängel bei der Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung von Terrorismus aufweisenden Ländern und Hoheitsgebieten nicht ausschließlich auf externe Informationsquellen zurückgegriffen wird;
E. in der Erwägung, dass mit der Liste die Integrität des Finanzsystems der Union und des Binnenmarkts geschützt werden soll; in der Erwägung, dass die Aufnahme eines Landes in die Liste der Drittländer mit hohem Risiko nicht zur Verhängung wirtschaftlicher oder diplomatischer Sanktionen führt, sondern von Verpflichteten wie Banken, Kasinos und Immobilienagenturen erfordert, dass sie bei Transaktionen mit diesen Ländern verstärkte Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten ergreifen und sicherstellen, dass das Finanzsystem der EU in der Lage ist, Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aus Drittländern vorzubeugen;
F. in der Erwägung, dass Länder von der Liste gestrichen werden könnten, wenn sie ihre Mängel in Bezug auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beheben;
G. in der Erwägung, dass die Kommission am 13. Februar 2019 einen delegierten Rechtsakt erlassen hat, der eine Liste von 23 Ländern und Gebieten umfasst: Afghanistan, Amerikanisch-Samoa, die Bahamas, die Demokratische Volksrepublik Korea, Äthiopien, Ghana, Guam, den Iran, den Irak, Libyen, Nigeria, Panama, Pakistan, Puerto Rico, Samoa, Saudi-Arabien, Sri Lanka, Syrien, Trinidad und Tobago, Tunesien, die Amerikanischen Jungferninseln und den Jemen;
H. in der Erwägung, dass der Rat in seiner Begründung vom 7. März 2019 erklärte, dass er Einwände gegen den delegierten Rechtsakt erhoben habe, da der Vorschlag nicht im Wege eines transparenten und belastbaren Verfahrens erstellt worden sei, welches betroffenen Ländern starke Anreize für entschlossenes Handeln biete und gleichzeitig auch ihr Recht auf Anhörung wahre;
I. in der Erwägung, dass in einer am 22. Juni 2018 veröffentlichten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen die neue Methode dargelegt wurde, in deren Rahmen die überarbeiteten Kriterien für die Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko angewandt werden;
J. in der Erwägung, dass die Kommission mit der Konsultation von Drittländern begonnen hat, die seit dem 23. Januar 2019 in dem delegierten Rechtsakt aufgeführt sind, und sich mit allen Länder zusammengesetzt hat, die mehr Informationen über die Gründe für ihre Aufnahme in die Liste angefordert haben;
K. in der Erwägung, dass der Rat am 7. März 2019 den delegierten Rechtsakt im Rat (Justiz und Inneres) abgelehnt hat;
1. begrüßt, dass die Kommission am 13. Februar 2019 eine neue Liste von Drittländern verabschiedet hat, „deren System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strategische Mängel aufweist“;
2. bedauert, dass der Rat Einwände gegen den von der Kommission vorgeschlagenen delegierten Rechtsakt erhoben hat;
3. ersucht die Kommission, alle geäußerten Bedenken zu berücksichtigen und so bald wie möglich einen neuen delegierten Rechtsakt vorzulegen;
4. begrüßt die Arbeit der Kommission mit Blick auf die Verabschiedung einer eigenständigen Liste auf der Grundlage strenger von den Mitgesetzgebern vereinbarter Kriterien; betont, wie wichtig es ist, dass die Union über eine eigenständige Liste von Drittländern mit hohem Risiko, die Mängel im Hinblick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen, verfügt, und begrüßt die neue Methode der Kommission zur Ermittlung von Ländern mit hohem Risiko gemäß der vierten und fünften Geldwäscherichtlinie;
5. weist darauf hin, dass die Kommission gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 in der durch die Geldwäscherichtlinie geänderten Fassung verpflichtet ist, strategische Mängel in mehreren Bereichen unabhängig voneinander zu bewerten;
6. ist der Auffassung, dass zur Wahrung der Integrität der Liste der Länder mit hohem Risiko die Überprüfung und die Entscheidungsfindung allein auf der Grundlage der Methode erfolgen werden sollten und nicht von Erwägungen beeinflusst werden dürfen, die über die Mängel bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hinausgehen;
7. stellt fest, dass die Ermittlung von Ländern mit hohem Risiko mit Lobbying und diplomatischem Druck seitens der in der Liste aufgeführten Länder einhergeht und auch weiterhin einhergehen wird; unterstreicht, dass durch derartigen Druck die Fähigkeit der EU-Organe, wirksam und autonom gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Zusammenhang mit der EU vorzugehen, nicht untergraben werden sollte;
8. fordert die Kommission auf, ihre Bewertungen der in der Liste aufgeführten Länder zu veröffentlichen, um für eine öffentliche Kontrolle zu sorgen, damit die Ergebnisse nicht missbräuchlich verwendet werden können;
9. fordert die Kommission auf, für ein transparentes Verfahren mit klaren und konkreten Zielvorgaben für Länder zu sorgen, die sich verpflichten, Reformen durchzuführen, und so vermeiden, in die Liste aufgenommen zu werden;
10. stellt fest, dass die Bewertung der Russischen Föderation noch nicht abgeschlossen ist; erwartet, dass die Kommission die jüngsten Enthüllungen zur „Geldwaschsalon-Troika“ in ihre Bewertung aufnimmt; weist darauf hin, dass die Arbeit der Ausschüsse ECON, LIBE und TAX3 in dieser Wahlperiode Bedenken hinsichtlich des Systems der Russischen Föderation zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufgeworfen hat;
11. fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Beteiligung des Rates an der von der Kommission vorgeschlagenen Methode zu stärken;
12. fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, die vierte und fünfte Geldwäscherichtlinie in ihr nationales Recht umzusetzen;
13. fordert, dass dem zuständigen Referat der Generaldirektion Justiz und Verbraucher (GD JUST) mehr Personal und mehr Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden;
14. fordert die Kommission auf, bei der Bewertung der Drittländer der Priorität 2 greifbare Fortschritte zu erzielen;
15. weist darauf hin, dass der delegierte Rechtsakt der EU ein von der Liste der Financial Action Task Force (FATF) getrenntes Verfahren ist und weiterhin eine ausschließliche Angelegenheit der EU bleiben sollte;
16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.