Index 
Angenommene Texte
Mittwoch, 12. Februar 2020 - Straßburg
Abschluss des Freihandelsabkommens EU-Vietnam ***
 Abschluss des Freihandelsabkommens EU-Vietnam (Entschließung)
 Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam ***
 Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam (Entschließung)
 Einwand gegen einen Durchführungsrechtsakt: Blei und seine Verbindungen
 Strategie der EU zur weltweiten Einstellung der Verstümmelung weiblicher Genitalien
 Automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse: Gewährleistung des Verbraucherschutzes und des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen
 Vorgeschlagenes Mandat für die Verhandlungen über eine neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
 Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2018
 Illegaler Handel mit Heimtieren in der EU

Abschluss des Freihandelsabkommens EU-Vietnam ***
PDF 122kWORD 41k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam (06050/2019 – C9-0023/2019 – 2018/0356(NLE))
P9_TA(2020)0026A9-0003/2020

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (06050/2019),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam (06051/2019),

–  unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 91 Absatz 1, Artikel 100 Absatz 2, Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9-0023/2019),

–  unter Hinweis auf seine nichtlegislative Entschließung vom 12. Februar 2020(1) zu dem Entwurf eines Beschlusses,

–  gestützt auf Artikel 105 Absätze 1 und 4 und Artikel 114 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Fischereiausschusses,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel (A9-0003/2020),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Sozialistischen Republik Vietnam zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte von diesem Datum, P9_TA-PROV(2020)0027.


Abschluss des Freihandelsabkommens EU-Vietnam (Entschließung)
PDF 177kWORD 61k
Nichtlegislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam (06050/2019 – C9-0023/2019 – 2018/0356M(NLE))
P9_TA(2020)0027A9-0017/2020

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (06050/2019),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam (06051/2019),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates – im Namen der Union – über den Abschluss des Investitionsschutzabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (05931/2019),

–  unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 91 Absatz 1, Artikel 100 Absatz 2, Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9‑0023/2019),

–  unter Hinweis auf das Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits, das am 27. Juni 2012 in Brüssel unterzeichnet wurde und im Oktober 2016 in Kraft getreten ist(1),

–  unter Hinweis auf das am 17. Oktober 2019 unterzeichnete Rahmenbeteiligungsabkommen, das die Beteiligung Vietnams an zivilen und militärischen Krisenbewältigungsoperationen unter Führung der EU ermöglicht und das starke Engagement beider Seiten für einen auf Regeln gestützten, multilateralen Ansatz für Frieden und Sicherheit in der Welt belegt,

–  unter Hinweis auf das von der Kommission gemäß Artikel 218 Absatz 11 AEUV am 10. Juli 2015 angeforderte Gutachten 2/15 des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Mai 2017(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2016 zu einer auf die Zukunft ausgerichteten innovativen Strategie für Handel und Investitionen(3),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Handel für alle: Hin zu einer verantwortungsbewussteren Handels- und Investitionspolitik“,

–  unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 22. Dezember 2009, wonach bilaterale Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit einzelnen Mitgliedstaaten des Verbands südostasiatischer Nationen (ASEAN) aufgenommen werden sollen,

–  unter Hinweis auf die Verhandlungsleitlinien vom 23. April 2007 für ein interregionales Freihandelsabkommen mit Mitgliedstaaten des ASEAN,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2016 zu Vietnam(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2017 zu dem Recht auf freie Meinungsäußerung in Vietnam und insbesondere dem Fall Nguyen Van Hoa(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2018 zu Vietnam, insbesondere zur Lage der politischen Gefangenen(6),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 26. Februar 2016 im Fall 1409/2014/MHZ zu dem Versäumnis der Europäischen Kommission, beim Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam eine vorausgehende Abschätzung der Folgen im Zusammenhang mit den Menschenrechten durchzuführen(7),

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und insbesondere Titel V zum auswärtigen Handeln der Union,

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 91, Artikel 100, Artikel 168 und Artikel 207 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a Ziffer v,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2016 zu dem Thema Kinderarbeit,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2016 zu Wirtschaft und Menschenrechten,

–  unter Hinweis auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam(8)

–  unter Hinweis auf die allgemeine regelmäßige Überprüfung Vietnams durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Jahr 2019,

–  unter Hinweis auf die im Anschluss an seine Erkundungsmission nach Vietnam (28. Oktober bis 1. November 2018) verfassten Schlussfolgerungen und die von der Kommission im Mai 2018 vorgenommene Bewertung der Fortschritte des Landes bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei), nachdem die Kommission dem Land am 23. Oktober 2017 die „gelbe Karte“ erteilt hatte,

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 12. Februar 2020(9) zu dem Entwurf eines Beschlusses,

–  gestützt auf Artikel 105 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses und des Fischereiausschusses,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel (A9‑0017/2020),

A.  in der Erwägung, dass Vietnam ein strategischer Partner für die Europäische Union ist und dass die EU und Vietnam eine gemeinsame Agenda verfolgen, und zwar die Förderung von Wachstum und Beschäftigung, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die Bekämpfung der Armut und die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, und dass sie sich deutlich zum offenen und regelgestützten Handel und zu einem multilateralen Handelssystem bekennen;

B.  in der Erwägung, dass dies das zweite bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und einem Mitgliedstaat des ASEAN ist und es sich um einen wichtigen Schritt im Hinblick auf ein interregionales Freihandelsabkommen handelt; in der Erwägung, dass auch dieses Abkommen wie das Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Republik Singapur, dem das Parlament am 13. Februar 2019 seine Zustimmung gab, als Maßstab für die Abkommen dienen soll, die die EU derzeit mit den anderen wichtigen Volkswirtschaften des ASEAN aushandelt;

C.  in der Erwägung, dass Prognosen zufolge 90 % des künftigen weltweiten Wirtschaftswachstums außerhalb Europas und zu einem erheblichen Teil in Asien erzeugt werden;

D.  in der Erwägung, dass Vietnam 2007 der WTO beigetreten ist und dass seine Wirtschaft heute offen und gegenüber dem freien Handel aufgeschlossen ist, wofür die 16 Handelsabkommen des Landes mit 56 Ländern ein Beleg sind;

E.  in der Erwägung, dass Vietnam zu den Erstunterzeichnern der umfassenden und fortschrittlichen Vereinbarung über eine transpazifische Partnerschaft zählt und an den kürzlich abgeschlossenen Verhandlungen über die umfassende regionale Wirtschaftspartnerschaft beteiligt war;

F.  in der Erwägung, dass Vietnam eine florierende, wettbewerbsfähige und vernetzte Volkswirtschaft mit fast 100 Millionen Bürgern, einer wachsenden Mittelschicht und einer jungen und dynamischen Erwerbsbevölkerung ist, die jedoch immer noch im unteren Bereich des mittleren Einkommensniveaus verharrt und mit besonderen Entwicklungsproblemen zu kämpfen hat, was sich am Index der menschlichen Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) ablesen lässt, in dem es derzeit unter 189 Ländern auf dem 116. Platz liegt;

G.  in der Erwägung, dass Vietnam außerdem eines der am schnellsten wachsenden Länder des ASEAN mit einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von etwa 6,51 % im Zeitraum von 2000 bis 2018 ist; in der Erwägung, dass Vietnam für die kommenden Jahre ein ähnlich starkes Wachstum vorausgesagt wird;

H.  in der Erwägung, dass die EU derzeit nach China und Südkorea Vietnams drittgrößter Handelspartner und nach den USA Vietnams zweitgrößter Ausfuhrmarkt ist; in der Erwägung, dass die Ausfuhren der EU in das Land in den vergangenen zehn Jahren jährlich um geschätzt durchschnittlich 5 bis 7 % gestiegen sind; in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen prognostizierte, Unternehmen aus der EU könnten bis 2035 Ausfuhrgewinne von 8 Mrd. EUR erzielen, während die Ausfuhren Vietnams in die EU voraussichtlich um 15 Mrd. EUR steigen dürften; in der Erwägung, dass die Möglichkeiten, die dieses Abkommen Unternehmen und insbesondere KMU bietet, möglichst umfassend genutzt werden sollten;

I.  in der Erwägung, dass der Rat betont hat, es liege im Interesse der EU, auch künftig eine führende Rolle bei der kohärenten, umfassenden und wirksamen Umsetzung der Agenda 2030 zu spielen, da es sich hierbei um eine übergreifende Priorität der EU zum Nutzen ihrer Bürger und zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit in Europa und weltweit handle; in der Erwägung, dass die gewählte Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, in den Mandatsschreiben an alle designierten Kommissionsmitglieder betonte, dass „jedes Kommissionsmitglied dafür sorgen [wird], dass die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in seinem jeweiligen Politikbereich umgesetzt werden“;

J.  in der Erwägung, dass Vietnam in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Menschenrechte, politische Rechte und Bürgerrechte nach wie mit Problemen konfrontiert ist, insbesondere im Hinblick auf die Lage von Minderheiten, die Grundfreiheiten, die Religionsfreiheit, die Pressefreiheit sowie auf die Nutzung natürlicher Ressourcen (z. B. Sand, Fisch und Holz), die Abfallbewirtschaftung und die Umweltverschmutzung; bedauert, dass sich die Standpunkte der EU und Vietnams zu den Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien in Bezug auf Vietnam und zu der Umsetzung dieser Empfehlungen noch immer unterscheiden, etwa im Zusammenhang mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR); in der Erwägung, dass die Zwangsarbeit von Häftlingen in Vietnam nach wie vor Anlass zu Besorgnis bietet;

K.  in der Erwägung, dass Vietnam trotz der 1986 eingeleiteten Wirtschaftsreformen und politischen Reformen nach wie vor ein Einparteienstaat ist, der Grundfreiheiten wie die Vereinigungs-, Meinungs-, Religions- und Pressefreiheit nicht anerkennt; in der Erwägung, dass der Europäische Auswärtige Dienst im EU-Jahresbericht 2018 über Menschenrechte und Demokratie in der Welt die repressive Haltung des Regimes und schwerwiegende und systematische Verstöße gegen die Menschenrechte in Vietnam dokumentierte und dabei besonders hervorhob, dass es in dem Land immer mehr politische Gefangene gebe;

L.  in der Erwägung, dass es in seiner Entschließung vom 15. November 2018 die Regierung Vietnams aufforderte, „sämtliche repressiven Gesetze – etwa das Strafgesetzbuch […] – aufzuheben, zu überprüfen oder zu ändern“; in der Erwägung, dass Vietnam dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist; in der Erwägung, dass Vietnam keine der im Rahmen der letzten allgemeinen regelmäßigen Überprüfung im März 2019 vorgebrachten Empfehlungen zur Änderung oder Aufhebung missbräuchlicher Bestimmungen des Strafgesetzbuchs angenommen hat;

M.  in der Erwägung, dass in dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam anerkannt wird, dass die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der lebenden Meeresschätze und der marinen Ökosysteme und die Förderung einer nachhaltigen Aquakulturwirtschaft wichtig sind, und dass Artikel 13.9 die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei vorsieht;

N.  in der Erwägung, dass einige Fischereierzeugnisse, etwa Erzeugnisse der KN-Codes 1604 14 21 und 1604 14 26, aufgrund der Sensibilität dieser Erzeugnisse für die Europäische Union nicht unter die zollfreie Regelung im Freihandelsabkommen fallen;

O.  in der Erwägung, dass die IUU-Fischerei anerkanntermaßen organisierte Kriminalität auf See ist, die weltweit katastrophale ökologische und sozioökonomische Auswirkungen hat und durch die die Fischereiwirtschaft der EU unlauterem Wettbewerb ausgesetzt wird;

P.  in der Erwägung, dass Vietnam weltweit der viertgrößte (und die EU der fünftgrößte) Fischerzeuger und der viertgrößte Produzent von Aquakulturerzeugnissen ist;

Q.  in der Erwägung, dass die EU im Handel mit Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen weltweit führend ist und 2017 ein Handelsvolumen von über 2,3 Mrd. EUR erreichte; in der Erwägung, dass die EU über 65 % der in der EU verzehrten Fischerzeugnisse einführt und einer der größten ausländischen Investoren in Vietnam ist;

R.  in der Erwägung, dass Vietnam im Rahmen der EU-Qualitätsregelungen bislang ein Erzeugnis mit geografischer Angabe – Phú Quốc, eine spezielle Fischsauce – als geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) hat schützen lassen; in der Erwägung, dass das Freihandelsabkommen den Schutz von 169 geografischen Angaben für Wein, Spirituosen und Lebensmittelerzeugnisse aus der EU in Vietnam und im Gegenzug den Schutz von 39 geografischen Angaben aus Vietnam in der EU vorsieht;

S.  in der Erwägung, dass Vietnam ein Markt mit 95 Millionen Menschen mit langjähriger Tradition im Verzehr von Fisch- und Aquakulturerzeugnissen und innerhalb des ASEAN-Raums der zweitgrößte Handelspartner der EU ist; in der Erwägung, dass die Fischerei für kleine und mittlere Unternehmen aus der EU großes Potenzial für Wachstum und erhebliche Erträge birgt; in der Erwägung, dass dieser Wirtschaftszweig für Wohlstand und Innovationen in der EU von zentralem Interesse ist;

1.  betont, dass das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam das modernste, am weitesten reichende und ambitionierteste Abkommen ist, das jemals zwischen der EU und einem Entwicklungsland geschlossen wurde, und dass es als Bezugspunkt für das Engagement der EU in Entwicklungsländern und insbesondere im ASEAN-Raum dienen sollte; weist erneut darauf hin, dass Vietnam nach dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren weiterhin in den Genuss des APS kommt;

2.  stellt fest, dass die Verhandlungen im Juni 2012 aufgenommen und nach 14 Verhandlungsrunden im Dezember 2015 abgeschlossen wurden, und bedauert, dass sich die Vorlage zur Unterzeichnung und Ratifizierung mehrmals verzögerte, insbesondere aber, dass der Rat so lange zögerte, das Europäische Parlament rechtzeitig vor der Wahl zum Europäischen Parlament um Zustimmung zu ersuchen;

3.  betont, dass dem Abkommen wirtschaftliche und strategische Bedeutung zukommt, da die EU und Vietnam gemeinsame Ziele verfolgen, nämlich Anreize für Wachstum und Beschäftigung zu setzen, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, Armut zu bekämpfen, das regelgestützte multilaterale Handelssystem zu stärken, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen sowie die Rechte der Arbeitnehmer und die Grundfreiheiten zu fördern; hebt hervor, dass es aus geopolitischen Erwägungen von entscheidender Bedeutung ist, mit den EU-Partnern im Fernen Osten – in einem komplexen geoökonomischen Umfeld im dortigen Raum – zusammenzuarbeiten;

4.  weist darauf hin, dass sich die Union gemäß Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) bei ihrem Handeln von den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Achtung der Menschenwürde, den Grundsätzen der Gleichheit und Solidarität sowie der Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts leiten lässt; betont, dass der Grundsatz der Kohärenz des politischen Handelns mit den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit gemäß Artikel 208 AEUV eingehalten werden muss;

5.  hebt hervor, dass das Abkommen für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus der EU in der Region wichtig ist; weist darauf hin, dass Unternehmen aus der EU in immer stärkerem Wettbewerb mit anderen Ländern stehen, mit denen Vietnam bereits Freihandelsabkommen geschlossen hat, zum Beispiel im Rahmen der umfassenden und fortschrittlichen Vereinbarung über eine transpazifische Partnerschaft;

6.  verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass im Zuge des Abkommens und des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Singapur weitere Fortschritte bei der Festlegung strenger Normen und Regeln im ASEAN-Raum erzielt werden und dass das Abkommen dazu beiträgt, den Weg für ein künftiges interregionales Handels- und Investitionsabkommen zu ebnen; betont, dass mit dem Abkommen auch ein deutliches Zeichen zugunsten des freien, fairen und wechselseitigen Handels in einer Zeit gesetzt wird, in der protektionistische Tendenzen aufkommen und der multilaterale und regelgestützte Handel deutlich infrage gestellt wird; hebt hervor, dass die EU dank des Abkommens seine Präsenz im ASEAN-Raum stärken kann, zumal unlängst die Verhandlungen über eine umfassende regionale Wirtschaftspartnerschaft abgeschlossen wurden und die umfassende und fortschrittliche Vereinbarung über eine transpazifische Partnerschaft in Kraft getreten ist; betont außerdem, dass die EU dank des Abkommens in der Region für ihre Normen und Werte werben kann; weist erneut darauf hin, dass es den Multilateralismus uneingeschränkt befürwortet und dass die WTO eine nachhaltige und anspruchsvolle Reform benötigt, mit der sichergestellt wird, dass sich der internationale Handel auf Regeln stützt;

7.  betont, dass durch das Handelsabkommen mehr als 99 % aller Zölle zwischen den beiden Wirtschaftsräumen abgeschafft werden(10); stellt fest, dass Vietnam bei Inkrafttreten des Abkommens 65 % der Einfuhrzölle auf EU-Ausfuhren liberalisiert und die restlichen Zölle über einen Zeitraum von zehn Jahren schrittweise abgebaut werden; stellt außerdem fest, dass die EU bei Inkrafttreten des Abkommens 71 % ihrer Einfuhren liberalisiert und dass nach sieben Jahren 99 % der Einfuhren zollfrei sein werden; weist darauf hin, dass das Abkommen auch besondere Bestimmungen zur Beseitigung nichttarifärer Hemmnisse für EU-Ausfuhren enthält, also von Hemmnissen, durch die KMU häufig erheblich behindert werden; vertritt die Auffassung, dass das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam insofern zur Beseitigung des Handelsdefizits der EU gegenüber Vietnam beitragen kann, als sich hierdurch das Wachstumspotenzial dieses ASEAN-Landes in den kommenden Jahren erschließen lässt;

8.  betont, dass für wirksame und zuverlässige Kontrollen gesorgt werden muss, auch durch eine verstärkte Zusammenarbeit der Zolldienststellen in der EU, damit das Abkommen nicht zum Einfallstor für Waren aus anderen Ländern in die EU wird;

9.  weist darauf hin, dass im Rahmen des Abkommens der Zugang zum Markt für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Vietnam entsprechend dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement – GPA) verbessert wird, da Vietnam dem GPA bislang noch nicht beigetreten ist; betont, dass in dem der Vergabe öffentlicher Aufträge gewidmeten Kapitel des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam ein Maß an Transparenz und Verfahrensgerechtigkeit erreicht wird, das mit jenem in anderen Freihandelsabkommen vergleichbar ist, die die EU mit Industrieländern und weiter fortgeschrittenen Entwicklungsländern unterzeichnet hat; betont, dass durch das Abkommen weder inländische Vergabevorschriften beschränkt werden dürfen noch der politische Handlungsspielraum bei der Vergabe von Aufträgen eingeschränkt werden darf, wenn es um die Festlegung von Anforderungen an die entsprechenden Waren und Dienstleistungen und um Anforderungen beispielsweise in den Bereichen Umweltschutz sowie Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen geht;

10.  begrüßt, dass die Bestimmungen über die Ursprungsregeln, die im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam enthalten sind, im Einklang mit dem Ansatz der EU stehen und dass ihre wesentlichen Merkmale mit denjenigen identisch sind, die im Rahmen des APS der EU und des Handelsabkommens der EU mit Singapur festgelegt wurden; fordert die Kommission auf, die ordnungsgemäße und genaue Umsetzung dieser Vorschriften zu überwachen, wobei nationale Inhalte besonders zu berücksichtigen sind, und verstärkt Maßnahmen gegen sämtliche Formen von Manipulation und Missbrauch, wie das Umpacken der Erzeugnisse aus Drittländern, zu ergreifen;

11.  weist darauf hin, dass Vietnam dann nicht mehr in der Lage sein wird, zur Einhaltung der Ursprungsregeln die Kumulierung mit anderen Handelspartnern in der Region, die in den Genuss des APS kommen, zu nutzen; betont, dass durch die Ursprungsregeln in Freihandelsabkommen bestehende Wertschöpfungsketten – insbesondere mit Ländern, die derzeit in den Genuss des APS, des APS+ oder der Regelung „Alles außer Waffen“ (EBA) kommen – nicht unnötig unterbrochen werden sollten;

12.  betont, dass auf dem vietnamesischen Markt etwa 169 geografische Angaben aus der EU in vergleichbarem Maße wie durch EU-Rechtsvorschriften anerkannt und geschützt werden, zumal Vietnam ein wichtiger Markt für Lebensmittel- und Getränkeausfuhren aus der EU ist; ist der Ansicht, dass diese Liste in naher Zukunft erweitert werden sollte; betont zudem, dass einige Landwirtschaftssparten in der EU, unter anderem der Reisanbau, durch die Bestimmungen des Freihandelsabkommens negativ beeinflusst werden könnten; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, Einfuhren dieser sensiblen Waren ständig zu überwachen und für den Fall, dass die rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen erfüllt sind, die Bestimmungen der Verordnung über Schutzklauseln in vollem Umfang auszuschöpfen, damit verhindert wird, dass die Landwirtschaft in der EU durch die Umsetzung des Freihandelsabkommens unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen wird;

13.  begrüßt das mit strengen Bestimmungen versehene Kapitel über gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen, aufgrund dessen ein einheitliches und transparentes Verfahren für die Genehmigung der Ausfuhr von Lebensmitteln aus der EU nach Vietnam eingerichtet wird, damit die Genehmigung von Anträgen auf die Ausfuhr aus der EU beschleunigt und diskriminierende Behandlung verhindert wird; würdigt, dass sich Vietnam verpflichtet, für gleichartige Erzeugnisse aus allen Mitgliedstaaten der EU dieselben Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit zu stellen;

14.  weist darauf hin, dass Vietnam mit diesem Abkommen über seine WTO-Verpflichtungen hinausgeht, einen besseren Zugang in mehreren Teilbranchen ermöglicht und seinen Markt für Branchen wie zum Beispiel Verpackungsdienste, Messen- und Ausstellungsdienste sowie Vermietung und Leasing öffnet; betont, dass Vietnam erstmals seinen Markt für länderübergreifende Hochschuldienstleistungen geöffnet hat; begrüßt, dass für Dienstleistungen eine Positivliste verwendet wird;

15.  betont, dass durch die rasche Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam dazu beigetragen werden kann, dass Vietnam den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums weiter verbessert, und dass sich dadurch strenge Produktionsnormen und beste Qualität für die Verbraucher sicherstellen lassen; betont, dass Vietnam den Internet-Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) beitreten wird, die Normen festlegt, mit denen verhindert werden soll, dass Werke unbefugt online zugänglich gemacht bzw. genutzt werden, und mit denen die Rechte der Inhaber geschützt und die Herausforderungen angegangen werden, die sich durch die neuen Technologien und Methoden der Kommunikation im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums stellen; betont, dass es von strategischer Bedeutung ist, Normen in einer Region festlegen zu können, in der sich die Neigung beobachten lässt, sich von Normierung und Vereinheitlichung abzukoppeln; bekräftigt, dass ein Wettlauf nach unten und negativer Wettbewerb bei wichtigen Rechtsvorschriften die Folge sein könnten, wenn ein solider Regelungsrahmen fehlt; weist darauf hin, dass die Förderung des Zugangs zu Arzneimitteln nach wie vor ein wesentlicher Pfeiler der EU-Politik ist und dass die Bestimmungen des Abkommens über die Rechte des geistigen Eigentums in Bezug auf Arzneimittel speziell an den Entwicklungsstand, den derzeitigen Regelungsrahmen und die Belange der öffentlichen Gesundheit in Vietnam angepasst sind;

16.  bedauert, dass das Abkommen kein eigenes Kapitel über KMU aufweist, stellt jedoch fest, dass es in mehreren Teilen dennoch Bestimmungen über KMU enthält; betont, dass die Umsetzungsphase im Hinblick auf die Einführung eines Aktionsplans von entscheidender Bedeutung sein wird, mit dem KMU dabei unterstützt werden sollen, die Chancen, die das Abkommen bietet, zu nutzen, wobei zunächst für mehr Transparenz und die Verbreitung aller sachdienlichen Informationen zu sorgen ist, da dieser Bereich der Wirtschaft für Wohlstand und Innovationen in der EU von zentralem Interesse ist; ist der Ansicht, dass die Kommission bei einer etwaigen Überarbeitung des Abkommens die Möglichkeit prüfen sollte, ein Kapitel über KMU einzuführen;

17.  befürwortet die Bestimmungen für die Zusammenarbeit beim Tierschutz, darunter technische Hilfe und der Aufbau von Kapazitäten zur Ausarbeitung strenger Tierschutznormen, und legt den Vertragsparteien nahe, uneingeschränkt Gebrauch von diesen Bestimmungen zu machen; fordert die Vertragsparteien nachdrücklich auf, so bald wie möglich einen Aktionsplan für die Zusammenarbeit beim Tierschutz auszuarbeiten, der auch ein Programm für Schulungen, Kapazitätsaufbau und Unterstützung im Rahmen des Abkommens umfasst, um das Leiden der Tiere zum Zeitpunkt der Tötung so gering wie möglich zu halten und die Tiere in landwirtschaftlichen Betrieben und beim Transport in Vietnam besser zu schützen;

18.  betont, dass im Abkommen festgelegt ist, dass die EU das Recht hat, unter Berufung auf ihr Vorsorgeprinzip auf alle in der Union verkauften Waren und Dienstleistungen ihre eigenen Normen anzuwenden; betont, dass die strengen Normen der EU, auch in nationalen Gesetzen, Vorschriften und Tarifverträgen, unter keinen Umständen als Handelshemmnisse angesehen werden sollten;

19.  bedauert, dass das Abkommen keine Bestimmung über den länderübergreifenden Datenverkehr enthält; ist der Ansicht, dass bei einer künftigen Überarbeitung des Abkommens eine solche Bestimmung aufgenommen werden sollte, mit der die Rechtsvorschriften der Europäischen Union über Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre gewahrt werden, und betont, dass jedes künftige Ergebnis der Zustimmung des Parlaments unterliegen muss; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Datenschutz-Grundverordnung ohne Einschränkungen mit den im Rahmen des GATS vorgesehenen allgemeinen Ausnahmen vereinbar ist;

20.  betont, dass das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam ein umfassendes und rechtlich bindendes Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung enthält, in dem Arbeits- und Umweltangelegenheiten behandelt werden und das auf allgemeinen anerkannten multilateralen Übereinkünften und Normen beruht; weist darauf hin, dass die Durchsetzbarkeit des Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung erheblich verbessert werden könnte‚ zum einen durch die Prüfung eines auf Sanktionen beruhenden Mechanismus als letztes Mittel und zum anderen durch eine Reform des Systems der internen Beratungsgruppen, die vom Parlament wiederholt gefordert und auch in dem Mandatsschreiben an das neuen Kommissionsmitglied mit Zuständigkeit für Handel erwähnt wurde; betont, dass mit dem Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung zu einer Ausweitung der politischen Ziele der EU beigetragen werden soll, insbesondere in den Bereichen inkludierendes Wachstum, Maßnahmen gegen den Klimawandel, Förderung der Menschenrechte einschließlich der Arbeitnehmerrechte und – im weiteren Sinne – Wahrung der Werte der EU; betont, dass das Abkommen zudem ein Instrument für Entwicklung und sozialen Fortschritt in Vietnam ist, um das Land in seinen Bemühungen um die Verbesserung der Arbeitnehmerrechte zu unterstützen und den Schutz am Arbeitsplatz und den Umweltschutz zu verbessern; fordert, dass die umfassenden und unabhängigen internen Beratungsgruppen rasch eingerichtet werden und tätig werden können, und fordert die Kommission auf, intensiv mit den staatlichen Stellen Vietnams zusammenzuarbeiten und ihnen die erforderliche Unterstützung zu gewähren; fordert den Gemischten Ausschuss auf, sich umgehend daranzumachen, die Durchsetzung der Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung zu stärken;

21.  fordert, dass zur Verbesserung der Koordinierung und Überprüfung der Maßnahmen des Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung und der Umsetzung des gesamten Abkommens ein Gemischter Ausschuss eingerichtet wird, der aus Vertretern der Nationalversammlung Vietnams und des Europäischen Parlaments besteht; begrüßt die positive Haltung der Präsidentin der Nationalversammlung Vietnams hierzu und fordert, dass rasch eine Vereinbarung zwischen den beiden Parlamenten ausgehandelt wird;

22.  begrüßt die bisherigen konkreten Schritte der Regierung Vietnams, einschließlich der Änderung des Arbeitsrechts und des Rechtsrahmens zum Mindestalter bei der Arbeit, womit auf die Abschaffung der Kinderarbeit abgezielt wird, und der Verpflichtung zum Diskriminierungsverbot und zur Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz; geht davon aus, dass diese neuen Rechtsvorschriften um Durchführungserlasse ergänzt und von den staatlichen Stellen Vietnams so bald wie möglich uneingeschränkt durchgesetzt werden;

23.  würdigt, dass die Kinderarbeit in Vietnam in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist, und weist erneut darauf hin, dass Vietnam als erstes Land in Asien und zweites Land in der Welt das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes ratifiziert hat; fordert die Regierung Vietnams außerdem auf, bis 2025 einen ambitionierten Fahrplan für die Beseitigung der Kinderarbeit vorzulegen und bis 2030 Zwangsarbeit, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beseitigen; sieht der Bewertung durch die Internationale Arbeitsorganisation, die rechtzeitig vor der Ratifizierung des Abkommens erfolgen soll, erwartungsvoll entgegen; fordert die EU und Vietnam auf, im Wege der Zusammenarbeit einen von den verfügbaren Programmen der EU flankierten Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarbeit auszuarbeiten, der auch den erforderlichen Rahmen für die Sorgfaltspflicht der Unternehmen umfasst;

24.  betont jedoch, dass ungeachtet dieser Fortschritte nach wie vor große Herausforderungen zu bewältigen sind, und fordert die staatlichen Stellen Vietnams nachdrücklich auf, sich mittels konkreter Maßnahmen stärker für eine fortschrittliche Agenda für Arbeitnehmerrechte einzusetzen, und begrüßt in diesem Zusammenhang, dass am 20. November 2019 das reformierte Arbeitsgesetzbuch angenommen wurde; begrüßt in diesem Zusammenhang außerdem, dass die Regierung Vietnams das IAO-Kernübereinkommen Nr. 98 (Recht zu Kollektivverhandlungen) am 14. Juni 2019 ratifiziert und zudem zugesagt hat, im Anschluss an die unmittelbar bevorstehende Verabschiedung des neuen Arbeitsgesetzbuchs zwei weitere Kernübereinkommen, nämlich Nr. 105 (Abschaffung der Zwangsarbeit) im Jahr 2020 und Nr. 87 (Vereinigungsfreiheit) im Jahr 2023 zu ratifizieren, und fordert die staatlichen Stellen Vietnams auf, einen glaubwürdigen Fahrplan für deren Ratifizierung vorzulegen; betont, dass den Durchführungserlassen bei der Umsetzung des überarbeiteten Arbeitsgesetzbuches und der ratifizierten IAO-Übereinkommen zentrale Bedeutung zukommt, und hebt deshalb hervor, dass in die Durchführungserlasse zum reformierten Arbeitsgesetzbuch die Grundsätze der IAO-Übereinkommen Nr. 105 und Nr. 87 einfließen müssen; betont seine Bereitschaft, in dieser Angelegenheit in einen aktiven Dialog einzutreten; fordert die Regierung Vietnams auf, die EU kontinuierlich über die Fortschritte bei der Ratifizierung und Umsetzung dieser Übereinkommen zu unterrichten; weist erneut darauf hin, dass derartige Zusagen, durch die wirklich positive Tendenzen in einem Entwicklungsland zum Ausdruck kommen, sehr wichtig sind, und betont, dass die konkrete Umsetzung der Bestimmungen in Bezug auf die Menschenrechte, die IAO-Übereinkommen und den Umweltschutz von entscheidender Bedeutung ist; betont, dass spezifische Kriterien in Durchführungsrechtsvorschriften, etwa Schwellenwerte und Registrierungsformalitäten, nicht dazu führen sollten, dass unabhängige Organisationen letztendlich daran gehindert werden, mit staatlichen Organisationen in Wettbewerb zu treten; hebt außerdem hervor, dass das Strafrecht mit den einschlägigen IAO-Übereinkommen in Einklang gebracht werden sollte; betont, dass Vietnam seine Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) und dem neu reformierten Arbeitsgesetzbuch so in die Tat umsetzen sollte, dass die Ausübung von Freiheiten – insbesondere die Versammlungsfreiheit unabhängiger Gewerkschaften – nicht praktisch unmöglich gemacht wird; begrüßt, dass die EU die Ratifizierung an Bedingungen geknüpft hat;

25.   begrüßt die geplante Zusammenarbeit bei den handelsbezogenen Aspekten der Agenda der IAO für menschenwürdige Arbeit, insbesondere die Verknüpfung von Handel mit uneingeschränkter und produktiver Beschäftigung für alle, einschließlich junger Menschen, Frauen und Menschen mit Behinderungen; fordert, dass die Zusammenarbeit rasch und sinnhaft aufgenommen wird;

26.  stellt fest, dass Vietnam eines der Länder ist, die den Auswirkungen des Klimawandels am stärksten ausgesetzt sind, insbesondere extremen Wetterereignissen wie Stürmen und Überschwemmungen; fordert die Regierung Vietnams nachdrücklich auf, wirksame Anpassungsmaßnahmen einzuführen und für die konkrete Durchsetzung der Rechtsvorschriften über den Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt Sorge zu tragen;

27.  begrüßt, dass die Verpflichtung eingegangen wurde, multilaterale Umweltübereinkommen wie das Übereinkommen von Paris über den Klimaschutz wirksam umzusetzen und Maßnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung der Tier- und Pflanzenwelt, der biologischen Vielfalt und der Wälder zu ergreifen; weist erneut darauf hin, dass Vietnam im weiteren Umfeld des ASEAN-Raums zu den Ländern gehört, die am deutlichsten zum Ausdruck bringen, dass sie sich der Agenda des Übereinkommens von Paris verpflichtet fühlen; betont, dass durch die rasche Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam sowie die uneingeschränkte und konkrete Umsetzung des Übereinkommens von Paris dazu beigetragen wird, die strengsten möglichen Normen für den Umweltschutz in der Region einzuführen;

28.  betont, dass Vietnam als wichtigem Partner der EU in Südostasien und unter den ASEAN-Ländern strategische Bedeutung zukommt, unter anderem und vor allem bei den Verhandlungen über den Klimaschutz, die verantwortungsvolle Staatsführung, die nachhaltige Entwicklung, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und die Bekämpfung des Terrorismus; betont, dass Vietnam bei der Förderung der Menschenrechte und demokratischer Reformen ein Partner werden muss; weist darauf hin, dass Vietnam im Jahr 2020 den Vorsitz im ASEAN innehat; erachtet es als sehr wichtig, dass die EU und Vietnam das Übereinkommen von Paris uneingeschränkt einhalten und umsetzen;

29.  begrüßt das am 17. Oktober 2019 unterzeichnete Abkommen zwischen der EU und der Regierung Vietnams über die Festlegung eines Rahmens für die Beteiligung Vietnams an Krisenbewältigungsoperationen der EU; hebt hervor, dass Vietnam das zweite Partnerland in Asien ist, das ein Rahmenbeteiligungsabkommen mit der EU unterzeichnet hat; betont, dass das Abkommen einen bedeutenden Fortschritt in den Beziehungen zwischen der EU und Vietnam darstellt;

30.  weist darauf hin, dass das Abkommen eigens Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) und zur Förderung einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Fischerei einschließlich der Aquakulturwirtschaft vorsieht; würdigt in diesem Zusammenhang das Engagement Vietnams, gegen die IUU-Fischerei vorzugehen, das darin zum Ausdruck kommt, dass das Land die Vollmitgliedschaft in der Fischereikommission für den westlichen und mittleren Pazifik (WCPFC) beantragt hat, dem Übereinkommen über Hafenstaatmaßnahmen (PSMA) offiziell beigetreten ist, im Jahr 2017 das überarbeitete Fischereigesetz verabschiedet hat, in dem internationalen und regionalen Verpflichtungen und Vereinbarungen und den Empfehlungen der Kommission Rechnung getragen wird, und einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der IUU-Fischerei umgesetzt hat;

31.  stellt allerdings fest, dass die staatlichen Stellen Vietnams nach wie vor mit enormen Herausforderungen konfrontiert sind, was die Überkapazitäten ihrer stark fragmentierten Fischereiflotte und die Überfischung der Meeresschätze anbelangt, und nimmt zur Kenntnis, dass Vietnam die „gelbe Karte“ erteilt wurde und bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Lage ergriffen hat; fordert, dass im Einklang mit den Ergebnissen der Überprüfungsmission vom November 2019 weitere Maßnahmen ergriffen werden und dass kontinuierlich überwacht und genauestens überprüft wird, mit welchen Bemühungen Vietnam sicherzustellen gedenkt, dass es weitere Fortschritte bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei erzielt und dass Fischereierzeugnisse, die auf den Unionsmarkt gelangen, lückenlos rückverfolgt und mithin illegale Einfuhren ausgeschlossen werden können; weist darauf hin, dass die Aufhebung der Gültigkeit der „gelben Karte“ von der vollständigen und wirksamen Umsetzung aller von der EU im Jahr 2017 vorgebrachten Empfehlungen abhängig gemacht werden muss; fordert die Kommission auf, in künftigen Abkommen Schutzmaßnahmen für Fischereierzeugnisse vorzusehen, etwa die Möglichkeit, bis zur Aufhebung der Gültigkeit der wegen der IUU-Fischerei verhängten „gelben Karte“ bestimmte Zölle auszusetzen;

32.  würdigt, dass Vietnam im Rahmen des mit der EU geschlossenen freiwilligen Partnerschaftsabkommens über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor (FLEGT-VPA) zugesagt hat, gegen illegalen Holzeinschlag und Entwaldung vorzugehen; stellt fest, dass dieses Abkommen seit dem 1. Juni 2019 in Kraft ist und darin verbindliche Sorgfaltspflichten für Einführer niedergelegt sind; begrüßt, dass alle relevanten Interessenträger in Vietnam offen und konstruktiv an diesem Verfahren mitgewirkt haben;

33.  erachtet es als überaus wichtig, alle Bestimmungen und Kapitel des Abkommens – vom Marktzugang bis hin zur nachhaltigen Entwicklung – wirksam umzusetzen und alle Verpflichtungen durchzusetzen; ist der Ansicht, dass alle Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung als völkerrechtliche Verpflichtungen und als Verpflichtungen gemäß dem Freihandelsabkommen betrachtet werden sollten; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass ein neues Amt – der Leitende Handelsbeauftragte – geschaffen wurde und die Person, die es bekleidet, unmittelbar unter der Leitung des für Handel zuständigen Kommissionsmitglieds tätig werden soll, und dass der Ausschuss für internationalen Handel des Parlaments zugesagt hat, tatkräftig an der Überwachung der Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam mitzuwirken; betont, dass Unternehmen aus der EU, insbesondere KMU, nahegelegt werden sollte, die Vorteile des Abkommens in vollem Umfang zu nutzen, und dass sämtliche Hürden bei der Umsetzung umgehend beseitigt werden sollten;

34.  betont, dass durch das Inkrafttreten des Abkommens die Voraussetzungen für eine umfangreiche und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den beiden Vertragsparteien im Hinblick auf die wirksame Umsetzung der Bestimmungen über die nachhaltige Entwicklung geschaffen werden, wodurch sich die politische Lage und die Menschenrechtslage in dem Land bessern könnten; hebt hervor, dass im Zuge der ordnungsgemäßen Umsetzung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam in Vietnam Fortschritte bei der Einhaltung der Normen der EU in den Bereichen Umweltschutz, Menschenrechte, verantwortungsvolle Staatsführung und gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen erzielt werden können; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass Vietnam zugesagt hat, seinen nationalen Umsetzungsplan im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam vorzulegen;

35.  weist darauf hin, dass frühere Erfahrungen gezeigt haben, dass durch die ordnungsgemäße Umsetzung von Freihandelsabkommen und die Präsenz von Unternehmen aus der EU vor Ort Verbesserungen in Bezug auf die Menschenrechtslage, die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen und die Umweltschutznormen bewirkt werden können; fordert die Unternehmen aus der EU auf, auch künftig maßgeblich an der Vermittlung von Normen und bewährten Verfahren mitzuwirken, um im Zuge des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam möglichst angemessene und nachhaltige Rahmenbedingungen für Unternehmen in Vietnam zu schaffen;

36.  fordert, dass die Einhaltung des Abkommens eingehend und streng überwacht sowie zugesichert wird, in Zusammenarbeit mit Vietnam Mängel rasch abzustellen; fordert die EU auf, die erforderlichen Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau zu unterstützen und Vietnam gezielte fachliche Unterstützung zu leisten, damit es seine Verpflichtungen – insbesondere im Zusammenhang mit umwelt- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen – im Rahmen von Projekten und mit Sachkenntnis umsetzen kann; weist die Kommission nochmals darauf hin, dass sie dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Durchführung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam Bericht erstatten muss;

37.  betont, dass die Einbeziehung der unabhängigen Zivilgesellschaft und der Sozialpartner in die Überwachung der Umsetzung des Abkommens von entscheidender Bedeutung ist, und fordert, dass Vorbereitungen für die Gründung interner Beratungsgruppen getroffen und diese internen Beratungsgruppen nach Inkrafttreten des Abkommens zügig eingerichtet werden, wobei unabhängige, freie und unterschiedliche zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch unabhängige vietnamesische Organisationen aus den Bereichen Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz sowie vietnamesische Menschenrechtsverteidiger, in diesen Gruppen auf breiter Grundlage und in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten sein sollten; unterstützt die Bemühungen zivilgesellschaftlicher Organisationen in Vietnam, diesbezügliche Vorschläge auszuarbeiten, und gedenkt, auch Bemühungen um den Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen;

38.  weist erneut darauf hin, dass die Beziehungen zwischen der EU und Vietnam auf einem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen beruhen, das sich auch auf Bereiche außerhalb der Wirtschaft bezieht, etwa den politischen Dialog, die Menschenrechte, Bildung, Wissenschaft und Technik sowie Justiz, Asyl und Migration;

39.  stellt fest, dass das Freihandelsabkommen und das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen institutionell und rechtlich miteinander verknüpft sind, wodurch sichergestellt ist, dass die Menschenrechte im Mittelpunkt der Beziehungen zwischen der EU und Vietnam stehen; hebt hervor, dass wirklich positive Tendenzen im Bereich der Menschenrechte im Hinblick auf die zügige Ratifizierung dieses Abkommens wichtig sind, und fordert die staatlichen Stellen Vietnams auf, als Zeichen ihres Engagements konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu ergreifen; weist erneut auf seine Forderungen vom 15. November 2018 hin, insbesondere in Bezug auf die Reform des Strafgesetzbuchs, die Todesstrafe, politische Gefangene und die Grundfreiheiten; fordert die Vertragsparteien nachdrücklich auf, die Abkommen in vollem Umfang zu nutzen, um die Menschenrechtslage in Vietnam zu verbessern, und erachtet einen anspruchsvollen Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Vietnam als sehr wichtig; weist darauf hin, dass Artikel 1 des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens eine Standardklausel zu den Menschenrechten enthält, die es ermöglicht, angemessene Maßnahmen einzuleiten, darunter als letztes Mittel die unverzügliche Aussetzung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens und implizit auch des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam oder von Teilen davon;

40.  bedauert, dass die Kommission mit Blick auf das Freihandelsabkommen keine umfassende Abschätzung der Folgen im Zusammenhang mit den Menschenrechten durchgeführt hat; fordert die Kommission auf, eine solche Folgenabschätzung vorzunehmen; fordert die Kommission auf, das Thema Menschenrechte durchgängig in ihre Folgenabschätzungen einzubeziehen, und zwar auch in jene zu Handelsabkommen mit beträchtlichen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen; weist darauf hin, dass die Kommission zudem zugesagt hatte, eine Ex-post-Bewertung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen durchzuführen;

41.  fordert die EU und Vietnam auf, einen unabhängigen Überwachungsmechanismus für Menschenrechte und einen unabhängigen Beschwerdemechanismus einzurichten, der betroffenen Bürgern und Interessenträgern vor Ort wirksame Rechtsmittel und ein Werkzeug an die Hand gibt, mit denen sie gegen mögliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte vorgehen können, vor allem indem das zwischenstaatliche Streitbeilegungsverfahren auf das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung angewandt wird;

42.  ist besorgt über die Umsetzung des neuen Gesetzes über die Cybersicherheit und insbesondere über Lokalisierungsauflagen und Offenlegungspflichten, Online-Überwachung und -Kontrolle sowie Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten, die mit der wertegestützten und auf Liberalisierung ausgerichteten Handelsagenda der EU nicht im Einklang steht; begrüßt, dass Bereitschaft zu einem intensiven Dialog besteht, wozu auch die Zusage der Präsidentin der Nationalversammlung Vietnams zählt, beide Parlamente in die Erörterung und Beratung der Durchführungserlasse einzubeziehen; fordert überdies die staatlichen Stellen Vietnams auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, und begrüßt, dass die EU diesbezüglich Unterstützung leistet;

43.  verweist auf Artikel 8 AEUV, wonach die Union „bei allen ihren Tätigkeiten […] darauf [hinwirkt], Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern“; begrüßt, dass sowohl Vietnam als auch die EU die Erklärung der WTO von Buenos Aires zu Frauen und Handel unterzeichnet haben, und fordert die Vertragsparteien auf, ihre Zusagen in den Bereichen Gleichstellung der Geschlechter und Handel zu bekräftigen; fordert, dass die Ausgangsbedingungen für Frauen verbessert werden, damit sie aus diesem Abkommen Nutzen ziehen können, unter anderem durch den Kapazitätsaufbau für Frauen in Arbeit und Wirtschaft, die Erhöhung des Frauenanteils in Entscheidungs- und Führungspositionen, die Verbesserung des Zugangs von Frauen zu den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Innovation sowie die Verbesserung der Teilhabe von Frauen und der Übernahme von Führungsaufgaben durch Frauen in diesen Bereichen; weist erneut auf die Zusage der Kommission hin, in künftige Handelsabkommen der EU Gleichstellungskapitel aufzunehmen, auch in solche, die nach Abschluss dieses Abkommens ausgehandelt werden; fordert die EU und Vietnam auf, sich zu verpflichten, dass sie die Umsetzung des Abkommens bewerten und bei der künftigen Überprüfung ein eigenes Kapitel über Gleichstellung und Handel in das Abkommen aufnehmen;

44.  fordert, dass alle politischen Gefangenen und alle derzeit inhaftierten oder bereits verurteilten Mitglieder der Zivilgesellschaft, etwa Blogger und unabhängige Gewerkschaftsmitglieder, umgehend freigelassen werden, insbesondere diejenigen, die in den Entschließungen des Europäischen Parlaments vom 14. Dezember 2017 und 15. November 2018 aufgeführt sind;

45.  fordert die Kommission und den EAD auf, dem Parlament formell darüber Bericht zu erstatten, ob Vietnam seine Zusage, bei einer Reihe von Menschenrechtsangelegenheiten – wie in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Dezember 2015(11) dargelegt – Fortschritte zu erzielen, einhält;

46.  betont, dass dank des Abkommens bereits Veränderungen durch Dialog in vielen Bereichen vorangebracht wurden, und erachtet das Abkommen als Grundlage, um durch Dialog weitere Verbesserungen für die Menschen zu erwirken;

47.  begrüßt das Abkommen, da durch das Abkommen mehr Möglichkeiten für freien und fairen Handel zwischen der EU und Vietnam eröffnet werden; hält die Erteilung der Zustimmung des Europäischen Parlaments zu dem Abkommen für gerechtfertigt, zumal Vietnam im Sinne seiner Zusagen Schritte unternimmt, um die Lage der Bürger- und Arbeitnehmerrechte zu verbessern;

48.   fordert den Rat auf, das Abkommen rasch anzunehmen; 

49.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EAD, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament der Sozialistischen Republik Vietnam zu übermitteln.

(1) ABl. L 329 vom 3.12.2016, S. 8.
(2) Gutachten des Gerichtshofs vom 16. Mai 2017, 2/15, ECLI:EU:C:2017:376.
(3) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 30.
(4) ABl. C 86 vom 6.3.2018, S. 122.
(5) ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 73.
(6) Angenommene Texte, P8_TA(2018)0459.
(7) https://www.ombudsman.europa.eu/en/decision/en/64308
(8) Siehe https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2019/february/tradoc_157686.pdf
(9) Angenommene Texte, P9_TA-(2020)0026.
(10) Bei den Ausfuhren der EU nach Vietnam entfallen 65 % der Zölle, sobald das Freihandelsabkommen in Kraft getreten ist; der Rest soll über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren schrittweise abgeschafft werden (beispielsweise werden zum Schutz der vietnamesischen Kfz-Branche vor Wettbewerbern aus der EU die Zölle auf Automobile während der gesamten zehn Jahre aufrechterhalten). Bei den Ausfuhren Vietnams in die EU entfallen mit Inkrafttreten des Abkommens 71 % der Zölle; der Rest soll über einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren schrittweise abgeschafft werden.
(11) Nichtlegislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Dezember 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss – im Namen der Union – des Rahmenabkommens über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (ABl. C 399 vom 24.11.2017, S. 141).


Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam ***
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Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss – im Namen der Union – des Investitionsschutzabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (05931/2019 – C9-0020/2019 – 2018/0358(NLE))
P9_TA(2020)0028A9-0002/2020

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (05931/2019),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Investitionsschutzabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (05932/2019),

–  unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9‑0020/2019),

–  unter Hinweis auf seine nichtlegislative Entschließung vom 12. Februar 2020(1) zu dem Entwurf eines Beschlusses,

–  gestützt auf Artikel 105 Absätze 1 und 4 und Artikel 114 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Entwicklungsausschusses,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel (A9-0002/2020),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Sozialistischen Republik Vietnam zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte von diesem Datum, P9_TA-PROV(2020)0029.


Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam (Entschließung)
PDF 145kWORD 50k
Nichtlegislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss – im Namen der Union – des Investitionsschutzabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (05931/2019 – C9-0020/2019 – 2018/0358M(NLE))
P9_TA(2020)0029A9-0014/2020

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (05931/2019),

–  unter Hinweis auf den Entwurf des Investitionsschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (05932/2019),

–  unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9-0020/2019),

–  unter Hinweis auf die Verhandlungsrichtlinien vom 23. April 2007 für ein Freihandelsabkommen mit den Mitgliedstaaten des Verbands südostasiatischer Nationen (ASEAN), die im Oktober 2013 um den Punkt „Investitionsschutz“ ergänzt wurden,

–  unter Hinweis auf den Beschluss vom 22. Dezember 2009, wonach bilaterale Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit einzelnen Mitgliedstaaten des ASEAN aufgenommen werden sollen,

–  unter Hinweis auf das Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits, das am 27. Juni 2012 in Brüssel unterzeichnet wurde und im Oktober 2016 in Kraft trat(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. April 2011 zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik(2),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1219/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2016 zu einer auf die Zukunft ausgerichteten innovativen Strategie für Handel und Investitionen(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2015 mit dem Titel „Handel für alle – Hin zu einer verantwortungsbewussteren Handels- und Investitionspolitik“ (COM(2015)0497),

–  unter Hinweis auf das Gutachten 2/15 des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Mai 2017(5) gemäß Artikel 218 Absatz 11 AEUV, um das die Kommission am 10. Juli 2015 ersucht hatte,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2016 zu Vietnam(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2017 zu dem Recht auf freie Meinungsäußerung in Vietnam und insbesondere dem Fall Nguyen Van Hoa(7),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2018 zu Vietnam, insbesondere zur Lage der politischen Gefangenen(8),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 26. Februar 2016 im Fall 1409/2014/MHZ zum Versäumnis der Europäischen Kommission, beim Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam eine vorausgehende Folgenabschätzung in Bezug auf die Menschenrechte durchzuführen(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Oktober 2018 zum Beitrag der EU zu einem verbindlichen Instrument der Vereinten Nationen betreffend die Rolle transnationaler und sonstiger Wirtschaftsunternehmen mit transnationalen Merkmalen im Zusammenhang mit Menschenrechtsfragen(10),

–  unter Hinweis auf die Regeln der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) über Transparenz in Investor-Staat-Schiedsverfahren auf der Grundlage von Verträgen(11),

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und insbesondere Titel V zum auswärtigen Handeln der Union,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2016 zum Thema „Kinderarbeit“, in denen die Kommission aufgefordert wird, weiterhin Möglichkeiten zu prüfen, die Handelsinstrumente der EU, einschließlich Freihandelsabkommen, mit Blick auf die Bekämpfung der Kinderarbeit wirksamer einzusetzen,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2016 zu Wirtschaft und Menschenrechten, in denen festgestellt wird, dass die EU anerkennt, „dass die Achtung der Menschenrechte durch die Unternehmen und ihre Einbettung in die Unternehmensabläufe und die Wertschöpfungs- und Lieferketten für die nachhaltige Entwicklung und die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung unabdingbar sind“ und dass die „Grundlage aller Partnerschaften zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung [...] die Achtung der Menschenrechte und ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln sein“ sollten sowie dass der Rat „den EU-Unternehmen nahe[legt], Beschwerdeverfahren auf Betriebsebene oder unternehmensübergreifende gemeinsame Beschwerdeverfahren einzuführen“,

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere Titel I, II und V des Fünften Teils, vor allem Artikel 207 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a Ziffer v,

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 12. Februar 2020(12) zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates,

–  gestützt auf Artikel 105 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Entwicklungsausschusses,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel (A9-0014/2020),

A.  in der Erwägung, dass die EU der wichtigste Empfänger und die wichtigste Quelle ausländischer Direktinvestitionen weltweit ist;

B.  in der Erwägung, dass die EU an fünfter Stelle von 80 ausländischen Direktinvestoren in Vietnam steht;

C.  in der Erwägung, dass Vietnam eine dynamische Volkswirtschaft mit der am schnellsten wachsenden Mittelschicht innerhalb des ASEAN ist und über eine junge und dynamische Erwerbsbevölkerung, eine hohe Alphabetisierungsrate und ein hohes Bildungsniveau verfügt, vergleichsweise niedrige Löhne hat, über gute Verkehrsverbindungen verfügt und innerhalb des ASEAN zentral gelegen ist;

D.  in der Erwägung, dass der Bedarf Vietnams an Infrastruktur und Investitionen die derzeit verfügbaren öffentlichen Mittel bei weitem übersteigt;

E.  in der Erwägung, dass Vietnam im Jahr 2017 ausländische Direktinvestitionen im Wert von 8 % seines BIP verzeichnete – mehr als doppelt so viel wie andere Volkswirtschaften vergleichbarer Größenordnung in der Region;

F.  in der Erwägung, dass sich das Handels-, Geschäfts- und Investitionsumfeld in Vietnam in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert hat;

G.  in der Erwägung, dass derzeit mehr als 3 000 internationale Investitionsabkommen in Kraft sind und die EU-Mitgliedstaaten bei etwa 1 400 davon Vertragspartei sind;

H.  in der Erwägung, dass dies – nach dem Investitionsschutzabkommen EU-Singapur – das zweite „eigenständige Investitionsschutzabkommen“ ist, das zwischen der EU und einem Drittland im Anschluss an die von den EU-Organen geführten Diskussionen über die neue Struktur der EU-Freihandelsabkommen auf der Grundlage des Gutachtens 2/15 des EuGH vom 16. Mai 2017 geschlossen wird und für die künftige Zusammenarbeit der EU mit ihren Handelspartnern als Referenz dienen wird;

I.  in der Erwägung, dass das Abkommen die bestehenden bilateralen Investitionsabkommen zwischen 21 EU-Mitgliedstaaten und Vietnam ersetzen und ablösen wird, in denen der neue Ansatz der EU für den Investitionsschutz und der zugehörige Durchsetzungsmechanismus, die öffentliche Investitionsgerichtsbarkeit, nicht enthalten waren;

J.  in der Erwägung, dass die Investitionsgerichtsbarkeit in das bereits abgeschlossene CETA-Abkommen aufgenommen wurde – das vom Parlament am 15. Februar 2017 ratifiziert wurde und von einigen Mitgliedstaaten noch ratifiziert werden muss – und somit das System der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS-System) ersetzt;

K.  in der Erwägung, dass der EuGH am 30. April 2019 entschied, dass der Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten, der im CETA vorgesehen ist, mit den EU-Rechtsvorschriften vereinbar ist(13);

L.  in der Erwägung, dass die Vertragsparteien ihr Bestreben zum Ausdruck gebracht haben, einen multilateralen Investitionsgerichtshof einzurichten, und dass diese Initiative vom Parlament nachdrücklich und dauerhaft unterstützt wird;

M.  in der Erwägung, dass der Rat am 20. März 2018 die Verhandlungsrichtlinien angenommen hat, mit denen der Kommission die Befugnis übertragen wurde, im Namen der EU ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs auszuhandeln; in der Erwägung, dass diese Verhandlungsrichtlinien veröffentlicht wurden;

1.  begrüßt den neuen Ansatz der EU zum Investitionsschutz und den zugehörigen Durchsetzungsmechanismus (Investitionsgerichtsbarkeit), mit dem die ISDS reformiert wurde und die Qualität der einzelnen Ansätze, die bei von den EU-Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen Investitionsabkommen verfolgt werden, verbessert wird; betont, dass die Investitionsgerichtsbarkeit hinsichtlich der bei der ISDS bestehenden Verfahrensmängel einen modernen, innovativen und reformierten Mechanismus zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten darstellt; stellt zudem fest, dass dabei das Ausmaß des den Investoren gewährten materiellrechtlichen Schutzes und die Art und Weise, in der Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten beigelegt werden, erheblich verändert werden; äußert Besorgnis darüber, dass der Anwendungsbereich etwas mehr abdeckt als nur die unterschiedslose Behandlung von ausländischen und inländischen Investoren; verweist darauf, dass die Einrichtung eines unabhängigen multilateralen Investitionsgerichtshofs für mehr Rechtssicherheit für alle Vertragsparteien sorgen würde; begrüßt, dass sich Vietnam deutlich zu einem regelbasierten multilateralen Handelssystem bekennt;

2.  stellt fest, dass das Abkommen für ein hohes Maß an Investitionsschutz und Rechtssicherheit sorgen und gleichzeitig das Recht der Vertragsparteien wahren wird, Regelungen zu erlassen und legitime Gemeinwohlziele wie öffentliche Gesundheit, öffentliche Dienste oder Umweltschutz zu verfolgen; betont, dass mit dem Abkommen auch Transparenz und Rechenschaftspflicht sichergestellt werden; fordert die Kommission auf, bei der Wahrung des Rechts der Vertragsparteien, Regelungen zu erlassen, wie bereits beim CETA auch weiterhin der Bekämpfung des Klimawandels und der Einhaltung des Übereinkommens von Paris Rechnung zu tragen; besteht darauf, dass der Frage, inwiefern diese Bestimmung von europäischen Investoren genutzt wird, regelmäßig nachgegangen und dem Europäischen Parlament darüber Bericht erstattet werden muss;

3.  betont, dass das Abkommen gewährleistet, dass Investoren aus der EU in Vietnam eine gerechte und billige Behandlung erfahren, was ein höheres Maß an Schutz darstellt als es bei der Behandlung der inländischen Investoren der Fall ist; stellt fest, dass Investoren aus der EU durch das Abkommen vor unrechtmäßigen Enteignungen geschützt werden; ist der Ansicht, dass dies mit der Verpflichtung der Investoren zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht in Bezug auf nachhaltige Geschäftspraktiken – im Einklang mit den Menschenrechten und den internationalen Arbeitsübereinkommen sowie mit den Umweltstandards – einhergehen sollte;

4.  betont, dass Wirtschaftsentwicklung und Multilateralismus wichtige Instrumente zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen sind; weist darauf hin, dass eines der Ziele des Investitionsschutzabkommens darin besteht, die Wirtschafts-, Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und Vietnam im Einklang mit dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung zu stärken sowie Handel und Investitionen unter uneingeschränkter Achtung der international anerkannten Menschenrechte, der Umweltschutznormen und ‑übereinkommen und der Arbeitsnormen und ‑übereinkommen zu fördern;

5.  erinnert daran, dass Vietnam ein Entwicklungsland ist; betont, dass Investitionen dazu beitragen müssen, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, sowie die lokale Wirtschaft unterstützen und die inländischen Vorschriften, einschließlich der Steuervorschriften, uneingeschränkt achten müssen, damit sie einen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung – insbesondere des Ziels 1 zur Beendigung der Armut, des Ziels 8 zur menschenwürdigen Arbeit und des Ziels 10 zur Verringerung von Ungleichheiten – leisten können;

6.  erinnert daran, dass im Rahmen der Investitionsgerichtsbarkeit die Errichtung eines ständigen Investitionsgerichtshofs erster Instanz und einer Rechtsbehelfsinstanz vorgesehen ist, deren Mitglieder über vergleichbare Qualifikationen wie die Richter des Internationalen Gerichtshofs verfügen müssen, Fachwissen nicht nur im Bereich des Handelsrechts, sondern auch im Bereich des Völkerrechts nachzuweisen haben und darüber hinaus durch einen verbindlichen Verhaltenskodex zur Vermeidung von direkten und indirekten Interessenkonflikten strenge Regeln bezüglich der Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit, der Integrität und des ethischen Verhaltens erfüllen müssen; hebt hervor, dass der Gerichtshof der Europäischen Union seinem Gutachten 1/17 zufolge der Auffassung ist, dass mit dem System der Investitionsgerichtsbarkeit die EU-Rechtsvorschriften uneingeschränkt eingehalten werden;

7.  begrüßt die Transparenzvorschriften für Verfahren vor den Gerichten, wonach u. a. die Prozessakten öffentlich zugänglich sein müssen, Anhörungen öffentlich abzuhalten sind und interessierte Parteien Stellungnahmen abgeben können; ist der Ansicht, dass mehr Transparenz dazu beitragen wird, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das System zu gewinnen und sicherzustellen, dass alle die Menschenrechte und die nachhaltige Entwicklung betreffenden Aspekte von den Investitionsgerichten gebührend angehört werden; begrüßt darüber hinaus die Klarheit in Bezug auf die Gründe, aus denen ein Investor Einspruch erheben kann, wodurch der Prozess noch transparenter und fairer wird;

8.  betont, dass Dritte, wie z. B. Arbeits- und Umweltschutzorganisationen, durch Amicus‑Curiae-Schriftsätze zu den Verfahren der Investitionsgerichtsbarkeit beitragen können;

9.  unterstreicht, dass die Wahl des günstigsten Gerichtsstands (Forum Shopping) nicht möglich sein wird und dass Mehrfach- und Parallelverfahren vermieden werden;

10.  verweist darauf, dass das Abkommen eine Verbesserung gegenüber den Bestimmungen über den Investitionsschutz im CETA darstellt, da es Bestimmungen über Verpflichtungen für ehemalige Richter, einen Verhaltenskodex zur Vermeidung von Interessenkonflikten und eine zum Zeitpunkt des Abschlusses voll funktionsfähige Rechtsbehelfsinstanz umfasst;

11.  ist der Auffassung, dass die Errichtung einer Rechtsbehelfsinstanz die Qualität und Kohärenz der Entscheidungen im Vergleich zur derzeitigen Situation verbessern könnte;

12.  stellt fest, dass das Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam kein gesondertes Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung enthält, da dieses für den Zugang zum Investitionsmarkt im Rahmen des Freihandelsabkommens EU-Vietnam gilt; betont, dass das Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam auch eine Bestimmung enthält, mit der eine institutionelle und rechtliche Verknüpfung zum Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit hergestellt wird, und dass in seiner Präambel konkret auf die im Freihandelsabkommen EU-Vietnam und in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerten Werte und Grundsätze im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung Bezug genommen wird, wodurch der Menschenrechtsaspekt in den Mittelpunkt der Beziehungen zwischen der EU und Vietnam gestellt wird; hebt hervor, dass die Vertragsparteien und Investoren alle einschlägigen internationalen Menschenrechtsnormen und -verpflichtungen achten müssen; betont die Verantwortung, die den Investoren gemäß den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte zukommt; weist zudem darauf hin, dass die Bestimmungen des Investitionsschutzabkommens EU-Vietnam und des Freihandelsabkommens EU-Vietnam insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen über Menschenrechte, ökologische und soziale Rechte und nachhaltige Entwicklung ergänzend umgesetzt werden müssen, wenn sie im Rahmen des Rechts der Vertragsparteien, Regelungen zu erlassen, angewendet werden; betont zudem, dass für Kohärenz mit den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit gemäß Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gesorgt werden muss;

13.  hebt hervor, wie wichtig wirklich positive Tendenzen im Bereich der Menschenrechte für eine zügige Ratifizierung dieses Abkommens sind, und fordert die vietnamesischen Behörden auf, als Zeichen ihres Engagements konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vorzuschlagen; verweist auf seine Forderungen in Bezug auf die Reform des Strafrechts, die Anwendung der Todesstrafe, politische Gefangene und die Grundfreiheiten; fordert die Vertragsparteien nachdrücklich auf, die Abkommen in vollem Umfang zu nutzen, um die Menschenrechtslage in Vietnam zu verbessern, und betont, wie wichtig ein ehrgeiziger Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Vietnam ist; weist darauf hin, dass Artikel 1 des Rahmenabkommens über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit eine Standardklausel zu den Menschenrechten enthält, die es ermöglicht, geeignete Maßnahmen einzuleiten, darunter als letztes Mittel die unverzügliche Aussetzung des Rahmenabkommens über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit und damit auch des Investitionsschutzabkommens oder von Teilen davon;

14.  bekräftigt, dass mit Artikel 35 des Rahmenabkommens über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit und Artikel 13 des Freihandelsabkommens in Verbindung mit einem System regelmäßiger Bewertungen ein Instrumentarium bereitgestellt wird, mit dem Menschenrechtsangelegenheiten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Investitionsschutzabkommens angegangen werden können, dies aber damit einhergehen muss, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten den jeweiligen Sachverhalt eingehend prüfen und dass ein unabhängiger Überwachungs- und Beschwerdemechanismus eingerichtet wird, der betroffenen Bürgern und Interessenträgern wirksame Rechtsmittel und ein Werkzeug an die Hand gibt, mit denen sie gegen etwaige negative Auswirkungen auf die Menschenrechte vorgehen können;

15.  äußert seine Besorgnis über die Umsetzung des neuen Gesetzes über die Cybersicherheit und insbesondere über Lokalisierungsauflagen und Offenlegungspflichten, Online-Überwachung und -Kontrolle sowie Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten, die mit der wertebasierten Handelsagenda der EU im Bereich der Liberalisierung nicht im Einklang steht; begrüßt die Bereitschaft zu einem intensiven Dialog, einschließlich der Zusage des Vorsitzenden der Nationalversammlung Vietnams, beide Parlamente in die Erörterung und Beratung der Durchführungserlasse einzubeziehen; fordert die vietnamesischen Behörden auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, und begrüßt die diesbezügliche Unterstützung seitens der EU;

16.  verweist auf Artikel 8 AEUV, der besagt, dass die Union „bei allen ihren Tätigkeiten [...] darauf [hinwirkt], Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern“; begrüßt, dass sowohl Vietnam als auch die EU die Erklärung von Buenos Aires der WTO zu Frauen und Handel unterzeichnet haben, und fordert die Vertragsparteien auf, ihre in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter und Handel eingegangenen Verpflichtungen zu bekräftigen; fordert, dass die Ausgangsbedingungen für Frauen verbessert werden, damit sie aus diesem Abkommen Nutzen ziehen können, unter anderem durch den Aufbau der Kapazitäten von Frauen in Arbeit und Wirtschaft, die Förderung der Vertretung von Frauen in Entscheidungs- und Führungspositionen und die Verbesserung des Zugangs von Frauen zu den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Innovation sowie von deren Teilhabe und führende Rolle in diesen Bereichen;

17.  fordert die EU und Vietnam auf, im Wege der Zusammenarbeit einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Kinderarbeit auszuarbeiten, der auch den erforderlichen Rahmen für die Unternehmen umfasst;

18.  begrüßt den Beschluss des Rates, die Verhandlungsrichtlinien vom 20. März 2018 zum multilateralen Investitionsgerichtshof zu veröffentlichen, und fordert den Rat auf, alle vorherigen Verhandlungsrichtlinien zu Handels- und Investitionsabkommen zu veröffentlichen;

19.  betont, dass das Abkommen die 21 bestehenden bilateralen Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und Vietnam ersetzen wird; ist der Auffassung, dass dies ein wichtiger Schritt in Richtung einer größeren Legitimität und Akzeptanz der internationalen Regelungen für Investitionen ist;

20.  fordert die Kommission auf, für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) flankierende Maßnahmen zu ergreifen, um die Transparenz und Zugänglichkeit des Abkommens sicherzustellen; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen um eine verbesserte Zugänglichkeit der Investitionsgerichtsbarkeit für KMU fortzusetzen; unterstreicht, dass dadurch für die europäischen KMU, die für den Wohlstand und Innovationen in Europa von größter Bedeutung sind, ein Potenzial für Wachstum und erhebliche Vorteile entstehen;

21.  hebt hervor, dass das Investitionsschutzabkommen einen wichtigen Beitrag zur Anhebung des Lebensstandards, zur Förderung von Wohlstand und Stabilität sowie zur Herbeiführung von Fortschritten bei der Rechtsstaatlichkeit, der verantwortungsvollen Staatsführung, der nachhaltigen Entwicklung und der Achtung der Menschenrechte in Vietnam leisten könnte, wobei gleichzeitig die EU in die Lage versetzt wird, die Verwirklichung der von ihr angestrebten Ziele des Friedens und der Stabilität in der Region voranzubringen; betont, dass alle Abkommen zwischen der EU und einem Drittland die Bedingung enthalten, dass die genannten universellen Werte zweifelsfrei gewahrt werden;

22.  ist der Ansicht, dass durch die Billigung dieses Abkommens Investoren und ihre Investitionen auf beiden Seiten konsequent geschützt werden, wobei das Recht der Regierungen, Regelungen zu erlassen, gewahrt wird, und dass das Abkommen mehr Möglichkeiten für freien und fairen Handel zwischen der EU und Vietnam eröffnen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Abkommen rasch zu ratifizieren, damit alle Interessenträger so bald wie möglich Nutzen daraus ziehen können, auch vor dem Hintergrund der Bemühungen Vietnams, die Lage der Bürger- und Arbeitnehmerrechte entsprechend seiner Zusagen zu verbessern;

23.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament der Sozialistischen Republik Vietnam zu übermitteln.

(1) ABl. L 329 vom 3.12.2016, S. 8.
(2) ABl. C 296 E vom 2.10.2012, S. 34.
(3) ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 40.
(4) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 30.
(5) Gutachten 2/15 des Gerichtshofs vom 16. Mai 2017, ECLI:EU:C:2017:376.
(6) ABl. C 86 vom 6.3.2018, S. 122.
(7) ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 73.
(8) Angenommene Texte, P8_TA(2018)0459.
(9) https://www.ombudsman.europa.eu/en/decision/en/64308
(10) ABl. C 11 vom 13.1.2020, S. 36.
(11) https://www.uncitral.org/pdf/english/texts/arbitration/rules-on-transparency/Rules-on-Transparency-E.pdf
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0028.
(13) Gutachten 1/17 des Gerichtshofs vom 30. April 2019.


Einwand gegen einen Durchführungsrechtsakt: Blei und seine Verbindungen
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem Entwurf einer Verordnung der Kommission zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) hinsichtlich Blei und seiner Verbindungen (D063675/03 – 2019/2949(RPS))
P9_TA(2020)0030B9-0089/2020

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Verordnung der Kommission zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) hinsichtlich Blei und seiner Verbindungen (D063675/03),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG („REACH-Verordnung“) der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 68 Absatz 1,

–  unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. April 2001 zu dem Grünbuch der Kommission zur Umweltproblematik von PVC(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juli 2015 zu dem Thema „Ressourceneffizienz: Wege zu einer Kreislaufwirtschaft“(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2015 zu dem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses XXX der Kommission zur Genehmigung von Verwendungen von Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) gemäß Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2018 über die Umsetzung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft und die Optionen zur Regelung der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“(7)

–  unter Hinweis auf das Urteil des Gerichts vom 7. März 2019 in der Rechtssache T-837/16(8),

–  unter Hinweis auf Artikel 5a Absatz 3 Buchstabe b des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(9),

–  gestützt auf Artikel 112 Absätze 2 und 3 und Absatz 4 Buchstabe c seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,

A.  in der Erwägung, dass mit dem Entwurf einer Verordnung der Kommission der Gehalt von Blei bei seiner Verwendung als Stabilisator in Polymeren oder Copolymeren von Vinylchlorid (PVC) begrenzt werden soll;

B.  in der Erwägung, dass Blei ein toxischer Stoff ist, der selbst bei niedrigen Dosen schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit, einschließlich irreversibler Nervenschäden, haben kann(10); in der Erwägung, dass es keinen unbedenklichen Bleigehalt gibt(11),(12); in der Erwägung, dass Blei auch umweltschädlich ist: es ist sehr giftig für Wasserorganismen(13) und persistiert in der Umwelt(14);

C.  in der Erwägung, dass die Kommission das Problem der Verwendung von Blei als Stabilisator für PVC bereits in ihrem Grünbuch zur Umweltproblematik von PVC vom 26. Juli 2000 angesprochen hat(15);

D.  in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Grünbuch erklärt hat, dass sie für eine Reduzierung der Verwendung von Bleistabilisatoren in PVC-Produkten eintrete, und eine Anzahl von Maßnahmen ins Auge gefasst hat, einschließlich gesetzgeberischer Schritte zur Eliminierung, dass sie sich allerdings schließlich mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung der PVC-Industrie begnügte, Blei als PVC-Stabilisator nach 2015 nicht mehr zu verwenden(16);

E.  in der Erwägung, dass dieser Ansatz im Widerspruch zum Standpunkt des Parlaments stand, das die Kommission als Reaktion auf das Grünbuch aufforderte, jede Verwendung von Blei als Stabilisator in PVC zu verbieten(17);

F.  in der Erwägung, dass die damalige Vorgehensweise der Kommission, nämlich nichts zu unternehmen, zur Folge hatte, dass im Zeitraum von 2000 bis 2015 Millionen Tonnen PVC hergestellt wurden, das mit mehreren Hunderttausend Tonnen Blei stabilisiert wurde(18); in der Erwägung, dass PVC-Erzeugnisse aus solchem PVC, das Blei enthält, nach und nach zu Abfall werden;

G.  in der Erwägung, dass die Kommission nach Erfüllung der freiwilligen Selbstverpflichtung der PVC-Industrie im Jahr 2015 feststellte, dass Blei weiterhin in eingeführten PVC-Erzeugnissen verwendet wurde; in der Erwägung, dass die Kommission daher die Europäische Chemikalienagentur (im Folgenden die „Agentur“) aufgefordert hat, einen Beschränkungsbericht gemäß Anhang XV zu erstellen;

H.  in der Erwägung, dass die Agentur bestätigt hat, dass die Beschränkung in erster Linie für eingeführte PVC-Erzeugnisse von Bedeutung sei, da die europäische PVC-Industrie bereits mit dem Ausstieg aus Bleiverbindungen als PVC-Stabilisatoren begonnen habe, so dass etwa 90 % der geschätzten Bleiemissionen auf PVC-Erzeugnisse zurückzuführen seien, die 2016 in die EU eingeführt wurden(19);

I.  in der Erwägung, dass in dem Entwurf einer Verordnung der Kommission vorgeschlagen wird, die Verwendung und das Vorhandensein von Blei und seinen Verbindungen in aus PVC hergestellten Erzeugnissen zu beschränken, indem ein Konzentrationsgrenzwert für Blei von höchstens 0,1 % des Gewichts des PVC-Materials festgelegt wird(20);

J.  in der Erwägung, dass dies auf der Schlussfolgerung beruht, dass das Risiko von Bleistabilisatoren in PVC-Erzeugnissen in der Union für den Menschen nicht angemessen beherrscht wird(21); in der Erwägung, dass die Umweltrisiken bei der Risikobeschreibung von Blei im Zusammenhang mit dem Vorschlag zur Risikobegrenzung nicht berücksichtigt wurden(22);

K.  in der Erwägung, dass dieser Grenzwert aus folgenden Gründen angewandt wurde: „Da Bleiverbindungen PVC bei Konzentrationen von weniger als ca. 0,5 % des Gewichts nicht wirksam stabilisieren können, sollte der von der Agentur vorgeschlagene Konzentrationsgrenzwert von 0,1 % sicherstellen, dass das vorsätzliche Hinzufügen von Bleiverbindungen als Stabilisatoren während der PVC-Mischungsherstellung in der Union nicht mehr auftritt“(23);

L.  in der Erwägung, dass man sich bewusst sein muss, dass der Grenzwert von 0,1 % keinen „unbedenklichen Wert“ darstellt, sondern vielmehr einen administrativen Wert, mit dem gänzlich verhindert werden soll, dass Blei als Stabilisator in PVC verwendet wird;

M.  in der Erwägung, dass der Entwurf einer Verordnung der Kommission zwei Ausnahmen für rückgewonnene PVC-Materialien für einen Zeitraum von 15 Jahren enthält: eine, nach der eine Bleikonzentration von bis zu 2 % Massenanteil bei Hart-PVC zulässig ist(24), und eine weitere, nach der eine Bleikonzentration von bis zu 1 % Massenanteil bei Weich-PVC zulässig ist(25);

N.  in der Erwägung, dass Bleikonzentrationen von 1 % oder 2 % Massenanteil sicherlich nicht „unbedenkliche Werte“ darstellen, sondern Grenzwerte, die es der Industrie ermöglichen, ihre finanziellen Vorteile aus dem Recycling bleihaltiger PVC-Abfälle weiter zu optimieren(26);

O.  in der Erwägung, dass durch solche Ausnahmen die Verwendung eines Altlasten-Stoffes über Erzeugnisse aus rückgewonnenem PVC festgeschrieben wird, obwohl die Kommission ausdrücklich anerkannt hat, dass es geeignete Alternativen gibt(27);

P.  in der Erwägung, dass solche Ausnahmen einem seit langem vertretenen Standpunkt des Parlaments zuwiderlaufen, der in vielen Entschließungen bekräftigt worden ist, zuletzt am 15. Januar 2020; in der Erwägung, dass das Parlament bereits 2001 ausdrücklich betont hat, dass das Recycling von PVC nicht zu einem Stillstand beim Problem der Schwermetalle führen dürfe(28); in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 9. Juli 2015 zum Thema „Ressourceneffizienz: Wege zu einer Kreislaufwirtschaft“ betonte, „dass Recycling nicht als Rechtfertigung dafür angeführt werden sollte, die Verwendung gefährlicher veralteter Stoffe unbegrenzt fortzuschreiben“(29); in der Erwägung, dass das Parlament im Jahr 2015 entsprechend gehandelt hat, indem es sich gegen die Zulassung von DEHP, einem anderen Altlasten-Stoff, für das Recycling von PVC ausgesprochen hat(30); in der Erwägung, dass das Parlament erneut im Jahre 2018 bekräftigte, „dass Vermeidung im Einklang mit der Abfallhierarchie Vorrang vor Recycling hat und dass Recycling dementsprechend nicht als Rechtfertigung dafür angeführt werden sollte, die Verwendung gefährlicher veralteter Stoffe unbegrenzt fortzuschreiben“(31); in der Erwägung, dass das Parlament am 15. Januar 2020 in seiner Entschließung zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“ ausdrücklich betont hat, dass verbotene Stoffe „nicht mittels Recyclingtätigkeiten wieder auf den EU-Markt für Konsumgüter eingeführt werden sollten“

Q.  in der Erwägung, dass in dem Entwurf einer Verordnung der Kommission die Ausnahmen für rückgewonnenes PVC damit begründet werden, dass „die Alternative zum Recycling solcher Erzeugnisse, d. h. die Entsorgung von PVC-Abfällen durch Deponierung und Verbrennung, die Emissionen in die Umwelt erhöhen und das Risiko nicht verringern würde“(32);

R.  in der Erwägung, dass bei der Begründung des Entwurfs einer Verordnung der Kommission nicht berücksichtigt wird, dass das Recycling tatsächlich keine Alternative zur Deponierung oder Verbrennung darstellt, da das Recycling von PVC nicht auf Dauer erfolgen kann und somit lediglich die endgültige Entsorgung von PVC, das Blei enthält, und der entsprechenden Emissionen aufgeschoben wird, und dass während des Recyclings und der anschließenden Nutzungsphase zusätzliche Emissionen entstehen;

S.  in der Erwägung, dass durch den Entwurf einer Verordnung der Kommission zum einen die Einfuhr von etwa 1 000 bis 4 000 t Blei in eingeführten PVC-Erzeugnissen beschränkt und zum anderen zugelassen würde, dass jährlich etwa 2 500 bis 10 000 t Blei über rückgewonnenes PVC (wieder) in Verkehr gebracht würden(33);

T.  in der Erwägung, dass durch den Entwurf einer Verordnung der Kommission mit anderen Worten die Einfuhr von Blei über PVC-Erzeugnisse beschränkt würde, nur um die Wirkung dieser Beschränkung dadurch zu unterminieren, dass doppelt so viel Blei wieder in den Verkehr gebracht würde, und zwar über Erzeugnisse, die aus rückgewonnenem PVC hergestellt werden, das Blei enthält;

U.  in der Erwägung, dass die Ausnahmeregelungen für rückgewonnenes PVC im Entwurf einer Verordnung der Kommission somit dem vorrangigen Ziel der REACH-Verordnung, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen, zuwiderlaufen(34);

V.  in der Erwägung, dass solche Ausnahmen auch gegen die Verpflichtungen im Rahmen des 7. Umweltaktionsprogramms von 2013 verstoßen, in dem ausdrücklich die Entwicklung schadstofffreier Materialzyklen gefordert wird, damit recycelte Abfälle als wichtige und zuverlässige Rohstoffquelle für die Union genutzt werden können(35);

W.  in der Erwägung, dass solche Ausnahmen zu einem Markt mit zwei Qualitätsniveaus führen würden, nämlich einerseits aus neuem PVC hergestellte Erzeugnisse, die frei von Blei sind, und andererseits aus rückgewonnenem PVC hergestellte Erzeugnisse, die erhebliche Bleimengen enthalten; in der Erwägung, dass eine solche Toleranz für Blei in Erzeugnissen, die aus rückgewonnenem PVC hergestellt werden, die gesamte Rückgewinnung von Erzeugnissen diskreditiert;

X.  in der Erwägung, dass es nicht angebracht ist, die Probleme der umweltgerechten Behandlung bleihaltiger PVC-Abfälle in die Zukunft aufzuschieben, schon gar nicht durch die Streckung von Blei in die nächste Generation von Erzeugnissen;

Y.  in der Erwägung, dass durch den Entwurf einer Verordnung der Kommission die Ausnahmen für rückgewonnenes PVC auf bestimmte Verwendungen beschränkt werden und für eine Untergruppe der betroffenen Erzeugnisse die Anforderung aufgestellt wird, dass Blei von einer Schicht aus neu hergestelltem PVC umschlossen sein muss, wobei für Weich-PVC eine Verzögerung von fünf Jahren vorgesehen ist;

Z.  in der Erwägung, dass bei der Begrenzung der Ausnahmen die Bleiemissionen bei der Endlagerung von Abfällen, die 95 % der Emissionen ausmachen, nicht berücksichtigt werden;

AA.  in der Erwägung, dass nach dem Entwurf einer Verordnung der Kommission außerdem vorgeschrieben ist, dass PVC-Erzeugnisse, die rückgewonnenes PVC enthalten, mit der Aufschrift „Enthält Recycling-PVC“ versehen sein müssen; in der Erwägung, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Agentur erklärt hat, dass ein solches Etikett allein nicht ausreicht, um zwischen bleifreiem und bleihaltigem Recyklat zu unterscheiden(36);

AB.  in der Erwägung, dass eine solche Kennzeichnung in der Tat irreführend ist, da die Angabe des rückgewonnenen Gehalts eine positive Konnotation hat, während sie im vorliegenden Fall tatsächlich bedeutet, dass die verwerteten Erzeugnisse im Vergleich zu Erzeugnissen aus neu hergestelltem PVC ohne Blei erhebliche Bleimengen enthalten;

AC.  in der Erwägung, dass eine solche irreführende Werbekennzeichnung von Erzeugnissen aus rückgewonnenem PVC dem vorrangigen Ziel der REACH-Verordnung, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen, zuwiderläuft;

AD.  in der Erwägung, dass in dem Entwurf einer Verordnung der Kommission darüber hinaus ein Zertifizierungssystem zur Stützung der Angaben über die rückgewonnene Herkunft von PVC in Erzeugnissen vorgesehen ist, um sie von Erzeugnissen aus neuem PVC zu unterscheiden, für die ein anderer Grenzwert gilt;

AE.  in der Erwägung, dass der Rückgriff auf eine zusätzliche Ebene von Zertifikaten Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser Bestimmung aufkommen lässt und daher gegen die Bestimmungen des Anhangs XV der REACH-Verordnung verstößt, wonach eine Beschränkung umsetzbar, durchsetzbar und handhabbar sein muss;

AF.  in der Erwägung, dass nach dem Entwurf einer Verordnung der Kommission für zwei Bleipigmente eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der Beschränkung vorgesehen ist, da diese gemäß der REACH-Verordnung zulassungspflichtig sind;

AG.  in der Erwägung, dass der RAC ausdrücklich anerkannt hat, dass die Risiken auch bei Bleiverbindungen bestehen, die nicht als Stabilisatoren verwendet werden(37);

AH.  in der Erwägung, dass es schwierig ist, die spezifische Identität und Funktion von Bleiverbindungen in PVC zu bestimmen, was der RAC ausdrücklich anerkannt hat(38);

AI.  in der Erwägung, dass eine solche Ausnahme daher Probleme bei der Durchsetzung mit sich bringt und daher gegen die Bestimmungen des Anhangs XV der REACH-Verordnung verstößt, wonach eine Beschränkung umsetzbar, durchsetzbar und handhabbar sein muss;

AJ.  in der Erwägung, dass bei einer solchen Befreiung auch das Urteil in der Rechtssache T-837/16 nicht berücksichtigt wird, mit dem die Zulassung dieser Bleipigmente de facto aufgehoben wurde;

AK.  in der Erwägung, dass in dem Entwurf einer Verordnung der Kommission eine Karenzzeit von 24 Monaten vorgesehen ist, in der die Wirtschaftsteilnehmer unter anderem „ihre vorhandenen Lagerbestände noch in Verkehr bringen“ können(39);

AL.  in der Erwägung, dass es dem Ziel der REACH-Verordnung, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu erreichen, zuwiderläuft, wenn es Importeuren gestattet wird, PVC-Erzeugnisse mit Tausenden Tonnen Blei weitere 24 Monate lang zu verkaufen, während in der Union keine solchen bleihaltigen PVC-Erzeugnisse mehr hergestellt werden;

AM.  in der Erwägung, dass das Parlament es 2001 für notwendig hielt, „die technologische Forschung hauptsächlich im Bereich des chemischen Recycling weiter zu entwickeln, durch das Chlor von den Schwermetallen getrennt werden kann, [...] um [...] den Anteil von recyceltem PVC-Abfall zu erhöhen“(40);

AN.  in der Erwägung, dass es sowohl die Agentur als auch die Kommission versäumt haben, die Durchführbarkeit einer chemischen/rohstofflichen Verwertung von PVC-Abfällen zu prüfen, die die Trennung und sichere Entsorgung von Blei ermöglichen würde; in der Erwägung, dass nach Angaben der PVC-Industrie solche Technologien verfügbar sind(41)(42);

AO.  in der Erwägung, dass sich der Europäische Verband der chemischen Industrie für das chemische Recycling als Mittel zur Behandlung besorgniserregender Stoffe einsetzt(43);

AP.  in der Erwägung, dass der Entwurf einer Verordnung der Kommission insgesamt 18 Jahre zu spät kommt und mehrere Elemente enthält, die nicht mit dem Ziel oder dem Inhalt der REACH-Verordnung vereinbar sind, nämlich Ausnahmen für rückgewonnenes PVC, positive Kennzeichnung von rückgewonnenem PVC trotz seines Bleigehalts, Ausnahme für Bleipigmente und eine lange Karenzzeit;

AQ.  in der Erwägung, dass die Kommission den Entwurf einer Verordnung der Kommission mehr als ein Jahr nach Ablauf der in der REACH-Verordnung festgesetzten Frist vorgelegt hat(44);

1.  lehnt die Annahme des Entwurfs einer Verordnung der Kommission ab;

2.  vertritt die Auffassung, dass der Entwurf einer Verordnung der Kommission mit Ziel und Inhalt der REACH-Verordnung unvereinbar ist;

3.  fordert die Kommission auf, ihren Verordnungsentwurf zurückzuziehen und dem Ausschuss unverzüglich einen neuen Entwurf vorzulegen;

4.  ist der Auffassung, dass die Rückgewinnung von PVC-Abfällen nicht zu einer Überführung von Bleiverbindungen in eine neue Produktgeneration führen sollte;

5.  fordert die Kommission auf, den Anhang des Verordnungsentwurfs dahingehend zu ändern, dass Nummer 14 Buchstaben a und b sowie die Nummern 15, 16, 17 und 19 gestrichen werden und die Karenzzeit in Nummer 3 auf höchstens sechs Monate verkürzt wird, damit die Beschränkung noch früher, als im Verordnungsentwurf vorgesehen, wirksam werden kann;

6.  fordert die Kommission auf, die in der REACH-Verordnung festgesetzten Fristen einzuhalten;

7.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.
(2) ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 171.
(3) ABl. C 21 E vom 24.1.2002, S. 112.
(4) ABl. C 265 vom 11.8.2017, S. 65.
(5) ABl. C 366 vom 27.10.2017, S. 96.
(6) ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 146.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0005.
(8) Urteil des Gerichts vom 7. März 2019‚ Schweden / Kommission, T-837/16, ECLI:EU:T:2019:144‚ http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=211428&text=&dir=&doclang=DE&part=1&occ=first&mode=DOC&pageIndex=0&cid=4575921.
(9) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
(10) siehe Europäische Chemikalienagentur Anhang XV Beschränkungsbericht vom 16. Dezember 2016 (im Folgenden „Anhang-XV-Dossier“), S. 3: Es ist allgemein anerkannt, dass die Exposition gegenüber Blei auch in geringen Dosen zu schweren Auswirkungen auf das neurologische Verhalten und die neurologische Entwicklung führen kann. Blei gilt als neurotoxischer Stoff ohne Schwellenkonzentration, der mit nachteiligen Auswirkungen auf die Entwicklung des zentralen Nervensystems von Kindern in Verbindung gebracht wird. Die EFSA hat darauf hingewiesen, dass Hausstaub und Böden wichtige Quellen für die Exposition von Kindern gegenüber Blei sein können. Sie empfahl, dass weitere Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Exposition von Menschen gegenüber Blei sowohl aus ernährungsbedingten als auch aus ernährungsfremden Quellen zu verringern.https://echa.europa.eu/documents/10162/f639cc6f-7403-63de-9407-135544f33d86
(11) siehe Zitat aus dem Anhang-XV-Dossier, in dem Blei als „Stoff ohne Schwellenkonzentration“ bezeichnet wird.
(12) Nach Auffassung der Weltgesundheitsorganisation gibt es keine Bleiexposition, die bekanntermaßen keine schädlichen Auswirkungen hat. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/lead-poisoning-and-health
(13) Anhang-XV-Dossier, S. 11.
(14) https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/329953/WHO-CED-PHE-EPE-19.4.7-eng.pdf?ua=1
(15) COM(2000)0469.
(16) https://vinylplus.eu/uploads/Modules/Documents/vc2001_en.pdf
(17) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. April 2001 zu dem Grünbuch der Kommission zur Umweltproblematik von PVC (ABl. C 21 E vom 24.1.2002, S. 112).
(18) in der Erwägung, dass sich dem Grünbuch zufolge die jährliche einheimische PVC-Produktion im Jahr 1998 auf 5,5 Mio. t belief, während 112 000 t Blei als Stabilisator verwendet wurden;
(19) Anhang-XV-Dossier, S. 4.
(20) Nummern 11 und 12 des Anhangs des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(21) Anhang-XV-Dossier, S. 4, und Erwägungsgrund 1 des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(22) Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung vom 5. Dezember 2017 und Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse vom 15. März 2018 zu einem Anhang-XV-Dossier, in dem Beschränkungen der Herstellung, des Inverkehrbringens oder der Verwendung eines Stoffes in der EU vorgeschlagen wurden, S. 10. https://echa.europa.eu/documents/10162/bf4394ef-7b75-99ec-13c1-134ba7ed713d
(23) Erwägungsgrund 4 des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(24) Nummer 14 Buchstabe a des Anhangs des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(25) Nummer 14 Buchstabe b des Anhangs des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(26) Wie im Anhang-XV-Dossier erläutert, S. 35: Die Industrie (ESPA, EuPC, ECVM) wies darauf hin, dass für rezykliertes PVC ein höherer Bleigrenzwert von 1 % Massenanteil vorgesehen werden sollte (und nicht der generische Anteil von 0,1 % Massenanteil), da die PVC-Abfälle derzeit Blei-Altlasten enthalten. Generell betonten die PVC-Recycler/Verarbeiter, dass zur Einhaltung des Grenzwerts von 0,1 % nur 10 % eines Erzeugnisses aus (billigerem) recyceltem PVC hergestellt werden könne, so dass das PVC-Recycling nicht mehr rentabel wäre und (wegen der festen und variablen Kosten, die für die Mitverarbeitung und den Betrieb der Spritzmaschinen erforderlich sind) eingestellt werden müsste.
(27) Erwägungsgrund 6 des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(28) ABl. C 21 E vom 24.1.2002, S. 112.
(29) ABl. C 265 vom 11.8.2017, S. 65.
(30) ABl. C 366 vom 27.10.2017, S. 96.
(31) ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 146.
(32) Erwägungsgrund 7 des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(33) Berechnung auf der Grundlage von 500 000 t PVC-Abfall mit einem Bleigehalt von 0,5 % - 2 %.
(34) Artikel 1 der REACH-Verordnung und Erwägungsgrund 1 der REACH-Verordnung.
(35) ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 171.
(36) Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung vom 5. Dezember 2017 und Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse vom 15. März 2018 zu einem Anhang-XV-Dossier, in dem Beschränkungen der Herstellung, des Inverkehrbringens oder der Verwendung eines Stoffes in der EU vorgeschlagen wurden, S. 48.
(37) Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung vom 5. Dezember 2017 und Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse vom 15. März 2018 zu einem Anhang-XV-Dossier, in dem Beschränkungen der Herstellung, des Inverkehrbringens oder der Verwendung eines Stoffes in der EU vorgeschlagen wurden, S. 6.
(38) Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung vom 5. Dezember 2017 und Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse vom 15. März 2018 zu einem Anhang-XV-Dossier, in dem Beschränkungen der Herstellung, des Inverkehrbringens oder der Verwendung eines Stoffes in der EU vorgeschlagen wurden, S. 9. Der RAC stellt fest, dass das Vorhandensein von Blei in PVC aufgrund anderer Verwendungen als als Stabilisatoren möglich ist (z. B. wurde die Verwendung von zwei Bleichromatpigmenten nach der REACH-Verordnung zugelassen). Eine Beschränkung des Gehalts an Blei in PVC (unabhängig von der beabsichtigten Funktion) würde dazu beitragen, den im Vorschlag genannten Risiken vorzubeugen. Darüber hinaus ist möglicherweise nicht ohne weiteres ersichtlich, warum Blei in einem Erzeugnis enthalten ist, so dass die Spezifizierung einer bestimmten Verwendung unter dem Gesichtspunkt der Durchsetzung möglicherweise nicht hilfreich ist (das Durchsetzungsforum wies in seinem Gutachten darauf hin, dass die Beschränkung einfacher durchgesetzt werden könne, wenn die Durchsetzungsbehörden nicht die Funktion von in PVC festgestelltem Blei oberhalb des jeweiligen Konzentrationsgrenzwerts nachweisen müssen).
(39) Siehe Erwägungsgrund 17 des Entwurfs einer Verordnung der Kommission.
(40) ABl. C 21 E vom 24.1.2002, S. 112.
(41) https://vinylplus.eu/uploads/Modules/Documents/ok_brochure_pvc_14-03-2014.pdf
(42) https://vinylplus.eu/uploads/Modules/Documents/pe_recovery_options.pdf
(43) Cefic, „Molecule Managers“, 2019, S. 33: Unter den richtigen Voraussetzungen wird die Industrie in ganz Europa in das chemische Recycling investieren, das die vielen wertvollen Materialien aufnehmen kann, die derzeit verschwendet werden, darunter Kunststoffe und Polymere. Wir können diese Materialien wieder in Kohlenwasserstoff-Ausgangsstoffe umwandeln und gleichzeitig das Problem besorgniserregender Stoffe lösen.https://cefic.org/app/uploads/2019/06/Cefic_Mid-Century-Vision-Molecule-Managers-Brochure.pdf
(44) Nach Artikel 73 der REACH-Verordnung erstellt die Kommission innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse (SEAC) den Entwurf einer Änderung des Anhangs XVII, wenn die Voraussetzungen des Artikels 68 erfüllt sind. Der SEAC hat seine Stellungnahme am 15. März 2018 abgegeben. Die Kommission hat dem REACH-Ausschuss den Änderungsentwurf erst im September 2019 vorgelegt.


Strategie der EU zur weltweiten Einstellung der Verstümmelung weiblicher Genitalien
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu einer Strategie der EU zur weltweiten Einstellung der Verstümmelung weiblicher Genitalien (2019/2988(RSP))
P9_TA(2020)0031B9-0090/2020

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Artikel 8 und 9 der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI(1), deren Bestimmungen auch für die Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien gelten,

–  unter Hinweis auf die Artikel 11 und 21 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen („Richtlinie über Aufnahmebedingungen“)(2), in der die Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien ausdrücklich bei den Kategorien der schutzbedürftigen Personen genannt werden, die während ihrer Asylverfahren eine angemessene medizinische Versorgung erhalten sollten,

–  unter Hinweis auf Artikel 20 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes („Anerkennungsrichtlinie“)(3), in dem die Verstümmelung weiblicher Genitalien – als schwere Form psychischer, physischer oder sexueller Gewalt – als einer der Faktoren genannt wird, die bei der Gewährung von internationalem Schutz berücksichtigt werden müssen,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2012 zur Ausmerzung der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen(4), in der es ein Ende der Verstümmelung weiblicher Genitalien weltweit durch Prävention, Schutzmaßnahmen und Rechtsvorschriften forderte,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Februar 2014 zu der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM)“(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Februar 2018 zum Thema „Null Toleranz gegenüber Genitalverstümmelung bei Frauen“(6),

–  unter Hinweis auf die Jahresberichte der EU über Menschenrechte und Demokratie in der Welt und insbesondere auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020(7),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2014 zur Prävention und Bekämpfung aller Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich der Genitalverstümmelung,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. März 2010 zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen in der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. November 2013 mit dem Titel „Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM)“ (COM(2013)0833),

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung vom 6. Februar 2013 zum Internationalen Tag der Nulltoleranz gegenüber der Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen, in der die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und fünf Mitglieder der Kommission die Zusage der EU bekräftigten, die Verstümmelung weiblicher Genitalien im Rahmen ihrer Außenbeziehungen zu bekämpfen,

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie 2015–2019 und insbesondere auf das Ziel 14 b, in dem die Verstümmelung weiblicher Genitalien ausdrücklich erwähnt wird, und unter Hinweis darauf, dass der Aktionsplan derzeit überarbeitet wird und Verhandlungen über seine Verlängerung stattfinden,

–  unter Hinweis auf die Erfahrungen, die bei der Umsetzung des Strategischen Engagements der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter 2016–2019 und der Maßnahmen des Aktionsplans, der Bestandteil der Mitteilung der Kommission vom 25. November 2013 ist, gesammelt wurden,

–  unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, insbesondere das Ziel 5.3, alle schädigenden Praktiken wie Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat sowie die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen zu beseitigen,

–  unter Hinweis auf die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) von 1994 in Kairo und ihr Aktionsprogramm sowie auf die Ergebnisse der nachfolgenden Überprüfungskonferenzen, insbesondere des Nairobi-Gipfels zur ICPD25, und die Verpflichtung, die Verstümmelung weiblicher Genitalien zu beenden,

–  unter Hinweis auf die Aktionsplattform von Peking und die Ergebnisse der nachfolgenden Überprüfungskonferenzen,

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan für die Gleichstellung 2016–2020 (GAP II) und insbesondere dessen thematische Priorität B, die eigens einen Indikator für die Verstümmelung weiblicher Genitalien umfasst, und unter Hinweis auf seine derzeitige Überarbeitung und die Verhandlungen über seine Verlängerung,

–  unter Hinweis auf die in ihren politischen Leitlinien von der Präsidentin der Kommission abgegebene Zusage, Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen zu ergreifen,

–  unter Hinweis auf die erwartete neue EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) von 2013 über die Verstümmelung weiblicher Genitalien in der Europäischen Union und in Kroatien und die beiden Folgeberichte mit einer Abschätzung der Zahl der in der Europäischen Union von Genitalverstümmelung bedrohten Mädchen, und zwar von 2015 für Irland, Portugal und Schweden und von 2018 für Belgien, Griechenland, Frankreich, Italien, Zypern und Malta,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Übereinkommen von Istanbul“) von 2014, in dessen Artikel 38 alle Vertragsparteien aufgefordert werden, die Verstümmelung weiblicher Genitalien unter Strafe zu stellen,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union (COM(2016)01092016/0062(NLE))(8),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. November 2019 zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul und zu weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt(9),

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Ministerkomitees des Europarates vom 13. September 2017 zur Notwendigkeit, die Bemühungen um die Verhütung und Bekämpfung der Verstümmelung weiblicher Genitalien und der Zwangsverheiratung in Europa zu verstärken,

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der WHO zur Bewältigung von durch die Verstümmelung weiblicher Genitalien ausgelösten gesundheitlichen Komplikationen,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 5. Juli 2018 zur Beendigung der Verstümmelung weiblicher Genitalien,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 27. Juli 2018 über die Verstärkung der weltweiten Bemühungen um die Beendigung der Verstümmelung weiblicher Genitalien,

–  unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. November 2018 zur Verstärkung der weltweiten Bemühungen um die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien,

–  unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen und dessen laufende Überprüfung,

–  unter Hinweis auf die Spotlight-Initiative der Europäischen Union und der Vereinten Nationen vom September 2017 zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen,

–  gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien international als grausamer und systematischer Verstoß gegen die Menschenrechte, als Ausprägung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen und als Ausdruck der geschlechtsspezifischen Ungleichheit, der weder mit einer Religion noch mit einer Kultur verbunden ist, betrachtet und mittlerweile als weltweites Problem anerkannt wird, von dem gemäß Statistikberichten von Unicef, vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und von der WHO mindestens 200 Millionen Frauen und Mädchen in 30 Ländern betroffen sind; in der Erwägung, dass es jedoch Belege dafür gibt, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien in mehr als 90 Ländern auf allen Kontinenten praktiziert wird;

B.  in der Erwägung, dass Daten des UNFPA von 2018 zufolge im Jahr 2030 68 Millionen Mädchen weltweit Gefahr laufen werden, dass ihre Genitalien verstümmelt werden – sofern die Bevölkerungsentwicklung künftig mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher fortschreitet –, wobei davon ausgegangen wird, dass sich die jährliche Zunahme von geschätzt 4,1 Millionen im Jahr 2019 auf 4,6 Millionen jährlich im Jahr 2030 steigern wird;

C.  in der Erwägung, dass auf der Grundlage der aktuellsten in Europa verfügbaren nationalen Daten davon ausgegangen wird, dass etwa 600 000 Frauen und Mädchen in Europa mit den ein Leben lang anhaltenden physischen und psychischen Konsequenzen der Verstümmelung ihrer Genitalien leben und weitere 180 000 Mädchen allein in 13 europäischen Ländern der großen Gefahr ausgesetzt sind, dass ihre Genitalien verstümmelt werden;

D.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien alle Handlungen umfasst, die die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane einschließen – wie etwa die Klitoridektomie, die Exzision, die Infibulation und andere schädliche Verfahren – und die die weiblichen Geschlechtsorgane bewusst zu nichtmedizinischen Zwecken verändern oder verletzen und in physischer, sexueller und psychischer Hinsicht gesundheitliche Komplikationen verursachen, die tödlich sein können;

E.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien zumeist bei Mädchen zwischen dem Säuglingsalter und dem Alter von 15 Jahren durchgeführt wird; in der Erwägung, dass ein Mädchen oder eine Frau außerdem bei verschiedenen Gelegenheiten in ihrem Leben einer Genitalverstümmelung unterzogen werden kann, etwa kurz vor ihrer Hochzeit oder vor einer Auslandsreise;

F.  in der Erwägung, dass der aktuelle, mit Daten des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) von 2018 belegte Anstieg des Anteils von Frauen und Mädchen, die potenziell bereits einer Genitalverstümmelung unterzogen wurden, bedeutet, dass das Problem sogar noch größere Ausmaße annimmt und die Zahl der Betroffenen oder Gefährdeten weiter steigt; in der Erwägung, dass dem UNHCR zufolge allein in den letzten fünf Jahren mehr als 100 000 weibliche Asylsuchende in Europa angekommen sind, die potenziell einer Genitalverstümmelung unterzogen worden waren;

G.  in der Erwägung, dass Unicef darauf hinweist, dass zwar Fortschritte erzielt wurden, da das Risiko für Mädchen, einer Genitalverstümmelung unterzogen zu werden, heute um ein Dritter geringer ist als noch vor 30 Jahren; in der Erwägung, dass das Nachhaltigkeitsziel 5.3 (Beseitigung der Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen) in Anbetracht der verfügbaren Daten und zehn Jahre vor dem Zieldatum 2030 jedoch bei Weitem noch nicht erreicht ist; in der Erwägung, dass die Gesamtzahl der betroffenen Frauen und Mädchen hingegen offensichtlich steigt und weiter steigen wird, sofern nicht umgehend viel größere Bemühungen unternommen werden, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken;

H.  in der Erwägung, dass der Wandel nur beschleunigt und das Ziel der Beseitigung der Verstümmelung weiblicher Genitalien weltweit bis 2030 nur erreicht werden kann, wenn die derzeitigen Bemühungen um die Beendigung dieser Praktik auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene schnellstmöglich ausgeweitet und abgestimmt werden, an diese Bemühungen angeknüpft wird und im Wege wirksamer und umfassender Strategien ein stärkeres und anhaltendes Umdenken eingeleitet wird;

I.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt darstellt und dass unbedingt die Ursachen der geschlechtsspezifischen Ungleichheit in den Gemeinschaften – darunter auch geschlechtsspezifische Klischees und schädliche gesellschaftliche Normen – bekämpft werden müssen, damit der Verstümmelung weiblicher Genitalien ein Ende gesetzt wird;

J.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien häufig mit anderen Problemen im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Ungleichheit einhergeht und nur eine der zahlreichen Missachtungen der Frauenrechte darstellt, da hier auch der mangelnde Zugang von Mädchen zu Bildung und umfassender Sexualerziehung, mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen, die Verweigerung des Rechts, Vermögenswerte zu besitzen oder zu erben, Zwangsheirat oder Frühverheiratung, sexuelle und physische Gewalt und der mangelnde Zugang zu guter medizinischer Versorgung und zu Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu nennen sind;

K.  in der Erwägung, dass die „Medikalisierung“ der Verstümmelung weiblicher Genitalien darin besteht, dass die Verstümmelung von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe oder in einem Krankenhaus oder einer medizinischen Einrichtung vorgenommen wird; in der Erwägung, dass die Medikalisierung der Verstümmelung weiblicher Genitalien ein gefährlicher Versuch ist, diese Praktik zu legitimieren und unter Umständen sogar Profit aus ihr zu schlagen;

1.  bekräftigt seine Verpflichtung, dazu beizutragen, die Praktik der Verstümmelung weiblicher Genitalien weltweit auszumerzen, die als Form von geschlechtsspezifischer Gewalt gilt, die für Frauen und Mädchen lang anhaltende psychische und körperliche Folgen nach sich zieht und in einigen Fällen zum Tod führt;

2.  stellt fest, dass der Umstand, dass die Gruppe „The Restorers“ in die Auswahlliste für den Sacharow-Preis gelangt ist, einen wichtigen Schritt in diese Richtung und zur Bekämpfung der Verstümmelung weiblicher Genitalien darstellt; erkennt zudem die wichtige Rolle junger Menschen an, wenn es darum geht, ihre Position und die anderer in der Gesellschaft zu stärken, indem sie innerhalb der eigenen Gemeinschaften zu Vorbildern werden;

3.  betont, dass das vorrangige Ziel bei sämtlichen Maßnahmen gegen die Verstümmelung weiblicher Genitalien darin bestehen muss, dieser durch einen nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel vorzubeugen und die Gemeinschaften und insbesondere Frauen und Mädchen in den Gemeinschaften zu stärken, indem Aufklärungs- und Informationsarbeit geleistet wird und die Voraussetzungen für die Stärkung der wirtschaftlichen Stellung von Frauen und Mädchen geschaffen werden; unterstreicht, dass der Schutz der und die Nachsorge bei den Opfern einer Genitalverstümmelung eine Priorität darstellen muss, die durch die Bereitstellung von angemessenen Schutzvorkehrungen und Informationen sowie durch den Zugang zu geeigneter professioneller physischer, psychischer, medizinischer und sexualmedizinischer Betreuung und Unterstützung für die Opfer dieser Praktik mithilfe von verstärkten Investitionen erreicht wird;

4.  unterstreicht, dass es mit Blick auf die Abschaffung dieser schädlichen Praktik genauso entscheidend ist, Männer und Jungen in die Neugestaltung der Geschlechterverhältnisse, in die Änderung von Verhaltensweisen und in die Unterstützung der Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen einzubinden; betont ferner, wie wichtig es ist, dass die Anführer von Gemeinschaften in die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien einbezogen werden, zumal diese Praktik durch Traditionen und Kultur überliefert wird und dabei Beschneider, die innerhalb von Gemeinschaften oft einflussreich sind, und verschiedene Religionen als Rechtfertigung herangezogen werden, um diese Praktik durchzuführen und weiterzugeben;

5.  betont, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien mit einem ganzheitlichen und bereichsübergreifenden Ansatz bekämpft werden muss, in dessen Rahmen gegen die eigentlichen Ursachen der geschlechtsspezifischen Ungleichheit vorgegangen wird, die sämtlichen Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen zugrunde liegen, unter anderem der Verletzung ihrer Menschenrechte, ihrer körperlichen Unversehrtheit sowie ihrer sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, und bei dem insbesondere die Verstümmelung weiblicher Genitalien mit anderen schädlichen Praktiken in einen Zusammenhang gestellt wird, etwa Frühverheiratung und Zwangsheirat, Brustbügeln, Hymen-Rekonstruktionen und Jungfräulichkeitstests;

6.  zeigt sich besorgt darüber, dass das Phänomen der „Medikalisierung“ der Verstümmelung weiblicher Genitalien in einigen Ländern – selbst wenn diese Praktik in diesen Ländern illegal ist – immer häufiger auftritt und dass Angehörige der Gesundheitsberufe verstärkt in diese Praktik involviert sind; betont, dass eine solche Antwort nicht hinnehmbar ist und die eigentlichen Ursachen der Verstümmelung weiblicher Genitalien dadurch nicht bekämpft werden, wie dies bereits von den Vereinten Nationen und der WHO festgestellt wurde; fordert die betroffenen Länder auf, die Medikalisierung der Verstümmelung weiblicher Genitalien ausdrücklich zu verbieten und das medizinische Personal für dieses Problem zu sensibilisieren und hierfür Informationen und Schulungen bereitzustellen und für eine geeignete Überwachung und Durchsetzung zu sorgen;

7.  betont, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 38 des Übereinkommens von Istanbul verpflichtet sind, die Verstümmelung weiblicher Genitalien sowie die Aufforderung bzw. Nötigung von Mädchen, sich einer solchen Prozedur zu unterziehen, unter Strafe zu stellen, und dass das Übereinkommen nicht nur Mädchen und Frauen, die von einer Genitalverstümmelung bedroht sind, schützt, sondern auch diejenigen, die unter den lebenslangen Folgen dieser Praktik leiden; stellt mit Genugtuung fest, dass das Strafrecht in allen Mitgliedstaaten Mädchen und Frauen vor Genitalverstümmelung schützt, ist jedoch äußerst besorgt über dessen offenkundige Ineffizienz, zumal nur einige wenige Fälle in der EU vor Gericht landen;

8.  merkt an, dass es in vielen EU-Ländern auch möglich ist, eine im Ausland begangene Verstümmelung weiblicher Genitalien gemäß dem Grundsatz der Extraterritorialität strafrechtlich zu verfolgen, nach dessen Maßgabe auch untersagt wird, Kinder in Drittländer zu verbringen, um sie dort einer Genitalverstümmelung zu unterziehen; merkt an, dass die Einstufung als Straftatbestand mit Strafverfolgungen und Ermittlungen einhergehen muss; betont, dass das Wohl des Kindes immer eine vorrangige Erwägung sein muss und dass im Rahmen des Verfahrens zur Strafverfolgung und Verurteilung von Familienmitgliedern, die Praktiken der Verstümmelung weiblicher Genitalien vornehmen, auch sichergestellt werden muss, dass betroffene Mädchen und Kinder in der Folge nicht noch weiter gefährdet werden;

9.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass im künftigen EU-Haushalt die Tragfähigkeit von gemeinschaftlichem Engagement in Projekten und Programmen sowohl intern als auch extern weiterhin unterstützt wird, und zwar durch eine angemessene Finanzierung, in deren Rahmen den konkreten Gegebenheiten in gemeinschaftsbasierten Organisationen sowie in Opfer- und Jugendorganisationen und ‑initiativen Rechnung getragen wird; fordert die Kommission und den Rat zu diesem Zweck auf, bei den Haushaltsberatungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) die Flexibilität, Zugänglichkeit und Nachhaltigkeit der Finanzierung auf der Grundlage einer strukturellen Finanzförderung längerfristig sicherzustellen;

10.  begrüßt die im Rahmen des Programms „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ bereits geleistete Arbeit und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass im künftigen Haushalt der EU der Notwendigkeit von verstärkter Flexibilität und Synergien zwischen internen und externen Finanzierungsprogrammen Rechnung getragen wird, damit Haushaltspläne gefördert werden, die der Komplexität des Themas gerecht werden, sowie umfassendere transnationale und grenzüberschreitende Einsätze zur Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien weltweit;

11.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit mit europäischen und nationalen Netzwerken von Fachleuten zu verstärken, auch in den Bereichen Gesundheit, Sozialfürsorge, Strafverfolgung und Zivilgesellschaft, und sicherzustellen, dass EU-Mittel an Projekte vergeben werden, die darauf abzielen, Schulungen und Sensibilisierungskampagnen für Fachleute darüber durchzuführen, wie Fälle von Verstümmelung weiblicher Genitalien und Gewalt gegen Frauen und Mädchen wirksam verhindert und aufgedeckt werden können und wie darauf reagiert werden kann;

12.  fordert die Kommission nachdrücklich auf sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten die Opferschutzrichtlinie in nationales Recht überführen und vollständig umsetzen, damit die Opfer von Genitalverstümmelung Zugang zu vertraulichen spezialisierten Hilfsdiensten haben können, darunter auch zu Hilfe und Beratung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, sowie in Notsituationen zu Schutzeinrichtungen in der EU;

13.  merkt an, dass vor dem Hintergrund der jüngsten Daten des UNHCR der Zugang von Asylbewerberinnen und weiblichen Flüchtlingen, die Opfer von Genitalverstümmelung geworden sind, zu Facharztbehandlungen, einschließlich psychologischer Betreuung, sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten als Priorität eingestuft werden muss;

14.  fordert die Kommission und den Rat auf, dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) die höchsten internationalen Schutzstandards bei der Anerkennung, den Aufnahmebedingungen und den Verfahrensrechten EU-weit einheitlich angewandt werden, sodass eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ermöglicht wird, insbesondere was schutzbedürftige Asylbewerberinnen anbelangt, die von Genitalverstümmelung und weiteren Formen geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen oder bedroht sind;

15.  fordert die Kommission angesichts der immer größeren Zahl von Frauen und Mädchen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind, eindringlich auf, eine Überprüfung der Mitteilung mit dem Titel „Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung“ aus dem Jahr 2013 einzuleiten, damit die Maßnahmen gegen diese Praktik weltweit intensiviert werden und darauf hingearbeitet wird, dass die Diskrepanzen zwischen den Gesetzen, Strategien und Diensten der Mitgliedstaaten aufgehoben werden, sodass Frauen und Mädchen, die von Genitalverstümmelung betroffen oder bedroht sind, EU-weit Zugang zu gleichen Behandlungsstandards haben;

16.  fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass die künftige Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter Maßnahmen umfasst, mithilfe derer der Verstümmelung weiblicher Genitalien ein Ende gesetzt und Betreuung für die Opfer bereitgestellt wird, und dass diese Strategie in einer inklusiven Sprache verfasst ist und strenge Verpflichtungen sowie klare Indikatoren in allen Zuständigkeitsbereichen der EU enthält, wozu auch regelmäßige Berichterstattungs- und strenge Überwachungsmechanismen gehören, damit alle EU-Organe und Mitgliedstaaten rechenschaftspflichtig sind;

17.  fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit mit Drittländern zu verstärken, um diese dazu zu bewegen, nationale Gesetze zu erlassen, durch die die Verstümmelung weiblicher Genitalien untersagt wird, Strafverfolgungsbehörden bei der Sicherstellung der Umsetzung dieser Gesetze zu unterstützen und bei ihrer auswärtigen Menschenrechtspolitik, insbesondere im Rahmen ihrer bilateralen und multilateralen Menschenrechtsdialoge und anderer Formen des diplomatischen Engagements, dem Thema der Genitalverstümmelung und weiteren für Frauen und Mädchen schädlichen Praktiken Priorität einzuräumen; betont, dass die EU dazu beitragen kann, die Verstümmelung weiblicher Genitalien weltweit auszumerzen, indem hier in der EU bewährte Verfahren festgelegt und gefördert werden;

18.  fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass zu den zentralen Maßnahmen im künftigen dritten Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter weiterhin die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien und die Bereitstellung von Betreuung für die Opfer gehören, was Teil der Bekämpfung jeder Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen mithilfe konkreter und erfassbarer Indikatoren ist;

19.  fordert die Kommission und auch den EAD auf, dafür zu sorgen, dass zu den Zielen des künftigen neuen EU-Aktionsplans für Menschenrechte und Demokratie weiterhin die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien und die Bereitstellung von Betreuung für die Opfer gehören;

20.  wiederholt seine Forderung an den Rat, die Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul durch die EU auf der Grundlage eines breit angelegten Beitritts ohne Beschränkungen dringend abzuschließen und dafür einzutreten, dass das Übereinkommen von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wird; fordert den Rat und die Kommission auf, die umfassende Aufnahme des Übereinkommens in den rechtlichen und politischen Rahmen der EU zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass der Verstümmelung weiblicher Genitalien vorgebeugt wird, Frauen geschützt und Täter strafrechtlich verfolgt werden und dass alle Vertragsstaaten zur Abhilfe bei Genitalverstümmelung geeignete Dienste bereitstellen;

21.  bekräftigt seine Forderungen an die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Vorbeugung der Verstümmelung weiblicher Genitalien in allen Bereichen zu verankern, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, Sozialarbeit, Asyl, Bildung, darunter Sexualerziehung, Beschäftigung, Strafverfolgung, Justiz, Schutz von Minderjährigen, Medien, Technologie und Kommunikation; fordert, dass zwischen den verschiedenen Bereichen Multi-Stakeholder-Plattformen eingerichtet werden, um eine solche Zusammenarbeit besser zu koordinieren;

22.  begrüßt die Anstrengungen der Kommission und den Umstand, dass sie die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien im Rahmen von Beratungen mit der Zivilgesellschaft intern und im Rahmen der auswärtigen Politik über Dialoge mit Partnerländern aktiv vorantreibt, sowie ihr Eintreten dafür, dass das Vorgehen der EU gegen die Verstümmelung weiblicher Genitalien jährlich einer Bewertung unterzogen wird;

23.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass geeignete und strukturierte Mechanismen in Kraft sind, um mit Vertretern von Gemeinschaften, die von Genitalverstümmelung betroffen sind, und von Frauenorganisationen vor Ort, darunter von Opferorganisationen, bei der Politikgestaltung und Entscheidungsfindung zielführend zusammenzuarbeiten;

24.  fordert die Kommission auf, durch die Aufnahme von Menschenrechtsklauseln sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit und die Handelsabkommen der EU mit Drittländern entsprechend der Einhaltung von internationalen Menschenrechtsnormen durch diese Länder ausgehandelt und überprüft werden, auch was die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien betrifft, bei der es sich um eine systematische Menschenrechtsverletzung und um eine Form von Gewalt handelt, die der vollständigen Entfaltung von Frauen und Mädchen im Wege steht;

25.  begrüßt die aktualisierte Methode, die in dem vom EIGE veröffentlichten Bericht „Estimation of girls at risk of female genital mutilation in the European Union: Step-by-step guide“ (Abschätzung des Risikos von Mädchen, in der Europäischen Union eine weibliche Genitalverstümmelung zu erleiden: Schritt-für-Schritt-Anleitung (2. Ausgabe)) enthalten ist und darauf abzielt, genauere und aussagekräftigere Daten zu sammeln; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die einschlägigen Daten zu aktualisieren und den Mangel an zuverlässigen vergleichbaren Statistiken auf EU-Ebene zur Prävalenz von Genitalverstümmelung und ihren Erscheinungsformen zu beheben und in das Verfahren der Datenerfassung und Erforschung auch Wissenschaftler sowie praktizierende Gemeinschaften und Opfer im Rahmen eines gemeinschaftsbasierten und partizipativen Ansatzes einzubeziehen; fordert Organisationen, Regierungen und die EU-Organe mit Nachdruck auf, zusammenzuarbeiten, um qualitativ und quantitativ genauere Informationen zur Verstümmelung weiblicher Genitalien bereitzustellen und diese einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und zugänglich zu machen; legt des Weiteren den Austausch bewährter Verfahren und die Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen Behörden (Polizei und Strafverfolgung) nahe, auch bei internationalen Ausschreibungen;

26.  fordert die Kommission auf, auf nachhaltige Weise mehr Mittel in die Erforschung der Genitalverstümmelung zu investieren, da eingehende qualitative und quantitative Untersuchungen die einzige Möglichkeit sind, um ein besseres Verständnis des Phänomens zu fördern und sicherzustellen, dass dagegen maßgeschneidert und wirksam vorgegangen wird;

27.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.

(1) ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.
(2) ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96.
(3) ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9.
(4) ABl. C 332 E vom 15.11.2013, S. 87.
(5) ABl. C 93 vom 24.3.2017, S. 142.
(6) ABl. C 463 vom 21.12.2018, S. 26.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0007.
(8) ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 167.
(9) Angenommene Texte, P9_TA(2019)0080.


Automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse: Gewährleistung des Verbraucherschutzes und des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen
PDF 165kWORD 48k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu „Automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse: Gewährleistung des Verbraucherschutzes und des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen“ (2019/2915(RSP))
P9_TA(2020)0032B9-0094/2020

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2019 zu einer umfassenden europäischen Industriepolitik in Bezug auf künstliche Intelligenz und Robotik(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2017 mit Empfehlungen an die Kommission zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik(2),

–  unter Hinweis auf den von der Expertengruppe der Kommission für Haftung und neue Technologien am 21. November 2019 veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Haftung für Technologien der künstlichen Intelligenz und andere neu entstehende digitale Technologien“,

–  unter Hinweis auf den von der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für künstliche Intelligenz am 26. Juni 2019 veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Politische Maßnahmen und Anlageempfehlungen betreffend vertrauenswürdige künstliche Intelligenz“,

–  unter Hinweis auf das von der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für künstliche Intelligenz am 8. April 2019 veröffentlichte Dokument mit dem Titel „Ethikleitlinien für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz“ sowie die Bewertungsliste für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 8. April 2019 zu „Schaffung von Vertrauen in eine auf den Menschen ausgerichtete künstliche Intelligenz“ (COM(2019)0168),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Dezember 2018 zu einem koordinierten Plan für künstliche Intelligenz (COM(2018)0795),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. April 2018 zu „Künstliche Intelligenz für Europa“ (COM(2018)0237),

–  unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz,

–  unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zu „Automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse: Gewährleistung des Verbraucherschutzes und des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen“ (O-000008/2020 – B9-0007/2020),

–  gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen, komplexe Algorithmensysteme und automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse rasch technologische Fortschritte erzielt werden, sowie in der Erwägung, dass diese Technologien zahlreiche Anwendungen, Chancen und Herausforderungen bieten und praktisch alle Bereiche des Binnenmarkts betreffen;

B.  in der Erwägung, dass die Entwicklung automatisierter Entscheidungsfindungsprozesse voraussichtlich einen wesentlichen Beitrag zur wissensbasierten Wirtschaft leisten wird und Vorteile bietet, und zwar für die Gesellschaft unter anderem durch verbesserte öffentliche Dienstleistungen, für die Verbraucher durch innovative Produkte und Dienstleistungen und für die Unternehmen durch optimierte Leistungen;

C.  in der Erwägung, dass die Nutzung und Entwicklung von KI und automatisierten Entscheidungsfindungsprozessen auch Herausforderungen im Hinblick auf das Vertrauen und das Wohl der Verbraucher mit sich bringt, insbesondere wenn es darum geht, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, solche Prozesse zu erkennen, zu verstehen, wie sie funktionieren, fundierte Entscheidungen über ihre Nutzung zu treffen oder sich dagegen zu entscheiden;

D.  in der Erwägung, dass ethische Leitlinien wie die von der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für künstliche Intelligenz angenommenen Grundsätze einen Ausgangspunkt darstellen; in der Erwägung, dass jedoch der derzeitige Rechtsrahmen der EU, einschließlich des Besitzstands im Bereich des Verbraucherrechts, der Produktsicherheit und der Rechtsvorschriften zur Marktüberwachung, überprüft werden muss, um zu sehen, ob damit auf das Entstehen von KI und automatisierter Entscheidungsfindung reagiert und ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet werden kann, wie es in Artikel 38 der Charta der Grundrechte der EU gefordert wird;

E.  in der Erwägung, dass ein gemeinsamer Ansatz der EU für die Entwicklung automatisierter Entscheidungsfindungsprozesse dazu beitragen wird, die Vorteile dieser Prozesse zu sichern und die Risiken in der gesamten EU zu mindern, eine Fragmentierung des Binnenmarkts zu vermeiden und es der Union zu ermöglichen, ihren Ansatz und ihre Werte weltweit besser zu fördern;

Wahlmöglichkeiten, Vertrauen und Wohl der Verbraucher

1.  begrüßt das Potenzial automatisierter Entscheidungsfindung für die Bereitstellung innovativer und verbesserter Dienstleistungen für die Verbraucher, einschließlich neuer digitaler Dienste wie virtueller Assistenten und Chatbots; vertritt jedoch die Ansicht, dass die Verbraucher bei der Interaktion mit einem System zur automatisierten Entscheidungsfindung angemessen darüber informiert werden sollten, wie es funktioniert, wie entscheidungsbefugte Personen erreicht werden können und wie sich die Entscheidungen des Systems überprüfen und korrigieren lassen;

2.  fordert die Kommission auf, die Umsetzung der neuen Vorschriften im Rahmen der Richtlinie zur besseren Durchsetzung(3) genau zu überwachen‚ nach denen Händler die Verbraucher informieren müssen, wenn die Preise von Waren oder Dienstleistungen auf der Grundlage automatisierter Entscheidungsfindung und der Erstellung von Profilen des Verbraucherverhaltens personalisiert wurden, damit die Händler die Kaufkraft der Verbraucher bewerten können;

3.  fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Geoblocking-Verordnung(4) genau zu überwachen‚ um sicherzustellen, dass die automatische Entscheidungsfindung nicht dazu genutzt wird, Verbraucher aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohnsitzes oder ihres vorübergehenden Aufenthaltsorts zu diskriminieren;

4.  fordert die Kommission auf, zu überwachen, ob die Verpflichtungen der Händler wirksame Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher ermöglichen und einen ausreichenden Verbraucherschutz bieten; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob Regelungslücken bestehen, und zu überprüfen, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um ein starkes Bündel von Rechten zum Schutz der Verbraucher im Zusammenhang mit KI und automatisierter Entscheidungsfindung zu gewährleisten;

5.  stellt fest, dass bei alternativen Streitbeilegungsverfahren auf verschiedenen digitalen Plattformen automatisierte Entscheidungsfindungssysteme zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Händlern eingesetzt werden; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass bei jeder anstehenden Überarbeitung der Richtlinie 2013/11/EU über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten(5) und der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten(6) der Rückgriff auf die automatisierte Entscheidungsfindung berücksichtigt und sichergestellt wird, dass der Mensch die Kontrolle behält;

Sicherheits- und Haftungsrahmen für Produkte

6.  betont, dass der EU-Rahmen für Produktsicherheit die Unternehmen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nur sichere und konforme Produkte in Verkehr gebracht werden; erkennt an, dass das Aufkommen von Produkten, die über Möglichkeiten der automatisierten Entscheidungsfindung verfügen, neue Herausforderungen mit sich bringt, da sich solche Produkte weiterentwickeln und in einer Art und Weise handeln können, die beim ersten Inverkehrbringen nicht vorgesehen ist; fordert die Kommission auf, Vorschläge zur Anpassung der Sicherheitsvorschriften der EU für Produkte vorzulegen, die unter spezifische EU-Rechtsvorschriften fallen, in denen harmonisierte Anforderungen festgelegt sind‚ einschließlich der Maschinenrichtlinie(7), der Spielzeug-Richtlinie(8)‚ der Funkanlagenrichtlinie(9) und der Niederspannungsrichtlinie(10)‚ sowie für „nicht harmonisierte Produkte“, die unter die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit(11) fallen‚ um sicherzustellen, dass die neuen Vorschriften ihren Zweck erfüllen, dass die Nutzer und Verbraucher vor Schäden geschützt sind, dass die Hersteller Klarheit über ihre Pflichten haben, und dass den Nutzern klar ist, wie Produkte mit automatisierten Verfahren zu verwenden sind;

7.  betont, dass angesichts der unterschiedlichen Art und Komplexität der Herausforderungen, die durch die verschiedenen Arten und Anwendungen von KI und automatisierten Entscheidungsfindungssystemen entstehen, ein risikobasierter Regulierungsansatz erforderlich ist; fordert die Kommission auf, ein Risikobewertungssystem für KI und automatisierte Entscheidungsfindung zu entwickeln, um für einen kohärenten Ansatz bei der Durchsetzung der Produktsicherheitsvorschriften im Binnenmarkt zu sorgen; betont, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Marktüberwachungsstrategien harmonisierte Risikomanagementstrategien für KI entwickeln müssen;

8.  stellt fest, dass die Produkthaftungsrichtlinie(12) seit über 30 Jahren ein wichtiges Sicherheitsnetz zum Schutz der Verbraucher vor Schäden durch fehlerhafte Produkte bietet; räumt ein, dass es problematisch ist, die Haftung in Fällen zu bestimmen, in denen die Schädigung der Verbraucher auf autonome Entscheidungsfindungsprozesse zurückzuführen ist; fordert die Kommission auf, diese Richtlinie zu überprüfen und eine Anpassung der Begriffe „Produkt“, „Schaden“ und „Fehler“ sowie eine Anpassung der Beweislastregeln in Betracht zu ziehen; fordert die Kommission auf, gegebenenfalls Vorschläge zur Aktualisierung dieser Begriffe und Regeln vorzulegen;

Rechtsrahmen für Dienstleistungen

9.  weist darauf hin, dass der bestehende Rechtsrahmen für Dienstleistungen, der aus der Dienstleistungsrichtlinie(13), der Richtlinie über Berufsqualifikationen(14), der Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung(15), der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr(16) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)(17) besteht, bereits viele politische Aspekte abdeckt, die für Dienstleistungen relevant sind, die automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse umfassen, einschließlich Vorschriften über Verbraucherschutz, Ethik und Haftung; stellt fest, dass solche Vorschriften sowohl für herkömmliche Dienste als auch für Dienste gelten sollten, die automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse beinhalten;

10.  betont, dass automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse zwar die Effizienz und Genauigkeit von Dienstleistungen verbessern können, dass jedoch der Mensch letztlich für Entscheidungen verantwortlich und in der Lage sein muss, sich über Entscheidungen hinwegzusetzen, die im Zusammenhang mit freiberuflichen Dienstleistungen wie den medizinischen, juristischen und Buchhaltungsberufen sowie für den Bankensektor getroffen werden; weist erneut darauf hin, wie wichtig die Beaufsichtigung oder unabhängige Aufsicht durch qualifizierte Fachkräfte in Fällen automatisierter Entscheidungsfindung ist, in denen berechtigte öffentliche Interessen auf dem Spiel stehen;

11.  betont, dass es im Einklang mit der Richtlinie über die Verhältnismäßigkeitsprüfung wichtig ist, die Risiken vor der Automatisierung professioneller Dienstleistungen ordnungsgemäß zu bewerten; fordert die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die berufliche Bildung den wissenschaftlichen Fortschritten auf dem Gebiet der automatisierten Entscheidungsfindung Rechnung trägt;

Qualität und Transparenz des Datenmanagements

12.  stellt fest, dass automatisierte Entscheidungsfindungssysteme auf der Erhebung großer Datenmengen beruhen, und ist der Ansicht, dass die Verordnung über den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten(18) dazu beitragen wird, mehr Daten in der gesamten EU verfügbar zu machen und so die Schaffung innovativer datengesteuerter Dienste zu ermöglichen; erkennt das diesbezügliche Potenzial des Datenaustauschs nicht nur aus öffentlichen, sondern auch aus privaten Quellen an, unterstreicht jedoch, dass personenbezogene Daten unbedingt im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung geschützt werden müssen; betont, wie wichtig es ist, nur hochwertige und tendenzfreie Datensätze zu verwenden, um die Leistung algorithmischer Systeme zu verbessern und das Vertrauen und die Akzeptanz der Verbraucher zu stärken;

13.  betont, dass es angesichts der erheblichen Auswirkungen, die automatisierte Entscheidungsfindungssysteme auf die Verbraucher, insbesondere auf diejenigen, die sich in einer prekären Situation befinden, haben können, wichtig ist, dass diese Systeme nicht nur hochwertige und tendenzfreie Datensätze, sondern auch verständliche und tendenzfreie Algorithmen verwenden; ist der Auffassung, dass im Rahmen von Geschäftsprozessen Überprüfungsstrukturen erforderlich sind, um mögliche Fehler bei automatisierten Entscheidungen zu beheben, und dass es den Verbrauchern möglich sein sollte, eine Überprüfung endgültiger und dauerhafter automatisierter Entscheidungen durch Menschen sowie gegebenenfalls eine Entschädigung zu verlangen;

14.  betont, dass es für die Bewertung der Frage, ob Produkte mit Fähigkeiten zur automatisierten Entscheidungsfindung mit den einschlägigen Sicherheitsvorschriften in Einklang stehen, von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Algorithmen hinter diesen Fähigkeiten angemessen transparent und für die Marktüberwachungsbehörden erklärbar sind; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob den Marktüberwachungsbehörden diesbezüglich zusätzliche Befugnisse eingeräumt werden sollten;

15.  fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Verordnung über die Beziehungen zwischen Plattformen und Unternehmen(19) genau zu überwachen‚ insbesondere die Vorschriften über die Transparenz von Rankings, bei denen automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse zum Einsatz kommen;

o
o   o

16.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P8_TA(2019)0081.
(2) ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 239.
(3) Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (ABl. L 328 vom 18.12.2019, S. 7).
(4) Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 60 I vom 2.3.2018, S. 1).
(5) ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63.
(6) ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 1.
(7) Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) (ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 24).
(8) Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug (ABl. L 170 vom 30.6.2009, S. 1).
(9) Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG (ABl. L 153 vom 22.5.2014, S. 62).
(10) Richtlinie 2014/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen auf dem Markt (ABl. L 96 vom 29.3.2014, S. 357).
(11) Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4).
(12) Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. L 210 vom 7.8.1985, S. 29).
(13) Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36).
(14) Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“) (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132).
(15) Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25).
(16) Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).
(17) Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).
(18) Verordnung (EU) 2018/1807 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten in der Europäischen Union (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 59).
(19) Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).


Vorgeschlagenes Mandat für die Verhandlungen über eine neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
PDF 213kWORD 64k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem vorgeschlagenen Mandat für Verhandlungen über eine neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (2020/2557(RSP))
P9_TA(2020)0033B9-0098/2020

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 5. April 2017 zu den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich nach seiner Mitteilung, dass es beabsichtige, aus der Europäischen Union auszutreten(1), vom 3. Oktober 2017 zum Stand der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich(2), vom 13. Dezember 2017 zum Stand der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich(3), vom 14. März 2018 zu dem Rahmen der künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich(4), vom 18. September 2019 zum Stand des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union(5) und vom 15. Januar 2020 zur Umsetzung und Überwachung der Bestimmungen über die Rechte der Bürger im Austrittsabkommen(6),

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 29. Januar 2020 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft(7),

–  unter Hinweis auf das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft(8) (im Folgenden „Austrittsabkommen“) und die dem Austrittsabkommen beigefügte Politische Erklärung zur Festlegung des Rahmens für die künftige Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich(9) (im Folgenden „Politische Erklärung“),

–  unter Hinweis auf die Schreiben des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Ausschusses für internationalen Handel, des Haushaltsausschusses, des Haushaltskontrollausschusses, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, des Ausschusses für Verkehr und Tourismus, des Ausschusses für regionale Entwicklung, des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, des Fischereiausschusses, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über eine neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland, durch den die Kommission als Verhandlungsführerin der Union benannt wird, und dessen Anhang mit den Richtlinien für die Aushandlung einer neuen Partnerschaft (COM(2020)0035) (im Folgenden „Verhandlungsrichtlinien“),

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Vereinigte Königreich seit dem 31. Januar 2020 um Mitternacht (Mitteleuropäische Zeit) nicht mehr Mitglied der Europäischen Union (EU) ist;

B.  in der Erwägung, dass in der Politischen Erklärung die Eckpunkte für eine ambitionierte, breite, vertiefte und flexible Partnerschaft festgelegt sind, die sich auf Handels- und Wirtschaftszusammenarbeit – in deren Zentrum ein umfassendes und ausgewogenes Freihandelsabkommen steht –, Strafverfolgung und Strafjustiz, Außenpolitik, Sicherheit und Verteidigung sowie weiter gefasste Bereiche der Zusammenarbeit erstreckt, und dass in ihr außerdem vorgesehen ist, dass die geplante Partnerschaft auch Bereiche der Zusammenarbeit einschließen kann, die über die in der Politischen Erklärung dargelegten Bereiche hinausgehen, wenn die EU und das Vereinigtes Königreich während der Verhandlungen zu der Auffassung gelangen, dass dies in ihrem gegenseitigen Interesse liegt;

C.  in der Erwägung, dass die künftigen Beziehungen auf einem ausgewogenen Verhältnis von Rechten und Pflichten unter Achtung der Integrität des Binnenmarkts und der Zollunion sowie der Unteilbarkeit der „vier Freiheiten“ beruhen sollten; in der Erwägung, dass ein Staat, der nicht Mitglied der EU ist, nicht dieselben Verpflichtungen wie ein Mitgliedstaat hat, aber auch nicht dieselben Rechte wie ein Mitgliedstaat haben und in den Genuss derselben Vorteile wie ein Mitgliedstaat kommen kann;

D.  in der Erwägung, dass in der Politischen Erklärung festgestellt wird, dass die künftige Wirtschaftspartnerschaft durch Bestimmungen untermauert wird, die gleiche Ausgangsbedingungen für einen offenen und fairen Wettbewerb gewährleisten;

E.  in der Erwägung, dass das Vereinigte Königreich und die EU in engen nachbarschaftlichen Beziehungen verbleiben und auch künftig viele Interessen gemein haben werden;

F.  in der Erwägung, dass für so enge Beziehungen ein Abkommen über eine umfassende Partnerschaft zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ein angemessener Rahmen für die künftigen Beziehungen sein könnte, durch den diese gemeinsamen Interessen einschließlich einer neuen Handelsbeziehung geschützt und gefördert werden können;

G.  in der Erwägung, dass das Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich einen flexiblen Rahmen bieten sollte, der in einer großen Bandbreite von Politikbereichen verschiedene Grade der Zusammenarbeit auf der Grundlage einer gemeinsamen Lenkungsstruktur mit angemessenen Streitbeilegungsregelungen ermöglicht;

H.  in der Erwägung, dass es im Interesse der Zusammenarbeit erforderlich ist, dass beide Seiten hohe Normen aufrechterhalten und ihre internationalen Verpflichtungen in einer Reihe von Politikbereichen einhalten;

I.  in der Erwägung, dass in dem Protokoll zu Irland/Nordirland im Austrittsabkommen ein Rechtsrahmen vorgesehen ist, mit dem das Karfreitagsabkommen in allen seinen Teilen und die Rechte der Bevölkerung Nordirlands aufrechterhalten und die Integrität des Binnenmarkts und die Einheit der Wirtschaft auf der gesamten Insel gewahrt wird und mithin keine harte Grenze entsteht, solange der Zustimmungsmechanismus den Fortbestand des Protokolls vorsieht; in der Erwägung, dass die Verpflichtung des Vereinigten Königreichs, die Anwendung des Karfreitagsabkommens in allen seinen Teilen zu garantieren, unter allen Umständen gilt;

J.  in der Erwägung, dass es zweckmäßig ist, dass die Organe der EU und die Mitgliedstaaten zusammen mit öffentlichen und privaten Einrichtungen darauf hinarbeiten, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, die sich aus den Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ergeben können;

K.  in der Erwägung, dass der Fortbestand der Einigkeit der EU-Organe und der Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung ist, wenn es gilt, die Interessen der EU und ihrer Bürgerinnen und Bürger in den nachfolgenden Verhandlungsphasen zu verteidigen, aber auch sicherzustellen, dass die Verhandlungen erfolgreich und rechtzeitig abgeschlossen werden;

1.  betont seine Entschlossenheit, möglichst enge Beziehungen zum Vereinigten Königreich aufzubauen; stellt jedoch fest, dass sich diese Beziehungen von jenen unterscheiden müssen, die das Vereinigte Königreich als Mitgliedstaat der EU pflegte, und dass sie den nachstehend dargelegten Grundsätzen entsprechen müssen;

2.  weist erneut darauf hin, dass ein etwaiges Assoziierungsabkommen, das gemäß Artikel 217 AEUV zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossen wird, (im Folgenden das „Abkommen“) in strikter Übereinstimmung mit den folgenden Grundsätzen stehen muss:

   i) ein Drittland darf nicht die gleichen Rechte und Vorteile wie ein Mitgliedstaat der EU oder ein Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) genießen;
   ii) die vollständige Integrität und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und die Zollunion sind zu schützen, die Unteilbarkeit der vier Freiheiten ist zu wahren, und insbesondere der Grad der Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft sollte entsprechend der Freizügigkeit von Personen gestaltet werden;
   iii) die Beschlussfassungsautonomie der EU ist zu erhalten;
   iv) die Rechtsordnung der EU und die diesbezügliche Funktion des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist zu schützen;
   v) die Grundsätze der Demokratie, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten, wie sie insbesondere in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den zugehörigen Protokollen, der Europäischen Sozialcharta, dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und weiteren Menschenrechtsverträgen der Vereinten Nationen und des Europarates festgelegt sind, sind durchgehend zu achten, und auch der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit ist zu achten;
   vi) es sind gleiche Ausgangsbedingungen, mit denen gleichwertige Normen in der Sozial-, Arbeits-, Umwelt- und Wettbewerbspolitik sowie der Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen sichergestellt werden, zu wahren, auch durch einen belastbaren und umfassenden Rahmen für die Beaufsichtigung des Wettbewerbs und die Kontrolle staatlicher Beihilfen;
   vii) das Vorsorgeprinzip, das Prinzip, dass Umweltschäden vorrangig an der Quelle behoben werden sollten, und das Verursacherprinzip, sind zu wahren;
   viii) die Abkommen der EU mit Drittländern und internationalen Organisationen einschließlich des EWR-Abkommens sind zu wahren, und das allgemeine Gleichgewicht dieser Beziehungen ist aufrechtzuerhalten;
   ix) die Finanzstabilität der EU ist zu schützen, ihr Regulierungs- und Aufsichtssystem ist einzuhalten und anzuwenden, und ihre Regulierungs- und Aufsichtsnormen sind einzuhalten und durchzusetzen;
   x) bei den Ansprüchen und Verpflichtungen, gegebenenfalls einschließlich anteiliger Finanzbeiträge, ist für das richtige Maß zu sorgen;

3.  bekräftigt, dass das Abkommen einen angemessenen Rahmen für die künftigen Beziehungen bieten sollte, die auf drei Hauptsäulen beruhen, nämlich Wirtschaftspartnerschaft, Partnerschaft in auswärtigen Angelegenheiten, politikbereichsspezifische Angelegenheiten und thematische Zusammenarbeit; betont, dass durch das Abkommen auch für einen schlüssigen Lenkungsrahmen gesorgt werden sollte, der einen belastbaren Streitbeilegungsmechanismus umfassen sollte, damit nicht eine Vielzahl bilateraler Abkommen geschlossen werden muss und die Mängel, die die Beziehungen der EU zur Schweiz kennzeichnen, nicht auftreten; weist erneut darauf hin, dass das Abkommen mit Artikel 3 Absatz 5 EUV in Einklang stehen muss;

4.  stellt fest, dass das Vereinigte Königreich angesichts der gemeinsamen Grundlage der Werte, die die EU und das Vereinigte Königreich teilen, ihrer engen Verbindungen und der derzeitigen angeglichenen Rechtsvorschriften, der 47-jährigen Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU und seines Status als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie seiner Mitgliedschaft in der Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO) auch künftig ein wichtiger Partner für die EU in allen vorstehend genannten Säulen ist, und dass es im gegenseitigen Interesse beider Parteien liegt, eine Partnerschaft aufzubauen, durch die eine kontinuierliche Zusammenarbeit sichergestellt ist;

5.  weist erneut darauf hin, dass das Abkommen nur mit der uneingeschränkten Einbeziehung und endgültigen Zustimmung des Europäischen Parlaments geschlossen werden kann; betont, dass es gemäß den Artikeln 207, 217 und 218 AEUV, nach der einschlägigen Rechtsprechung und den bewährten Verfahren in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet werden muss und dass seine Standpunkte in allen Phasen gebührend berücksichtigt werden sollten, wobei sicherzustellen ist, dass das Europäische Parlament und seine zuständigen Ausschüsse in der Lage sind, die demokratische Kontrolle auszuüben und in voller Kenntnis der Sachlage über das Abkommen zu entscheiden; fordert den Rat und die Kommission auf, den Standpunkt des Europäischen Parlaments bei der Festlegung der Verhandlungsrichtlinien in vollem Umfang zu berücksichtigen und die Verhandlungsrichtlinien zu veröffentlichen;

6.  fordert die Kommission auf, die Verhandlungen transparent zu führen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, in dieser Hinsicht dafür zu sorgen, dass öffentliche Konsultationen und ständige Dialoge mit den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft sowie den nationalen Parlamenten abgehalten werden;

7.  ist der Ansicht, dass die EU bei ihren Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich alles in ihrer Macht Stehende tun muss, um die Interessen der EU zu wahren und sicherzustellen, dass die Verhandlungsposition der EU zu keiner Zeit geschwächt wird und dass ihre Einigkeit gewahrt wird, wie es während der Verhandlungen über die Bedingungen für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU der Fall war; beharrt darauf, dass diese Einigkeit bei den Verhandlungen über die künftige Partnerschaft gewahrt werden muss, und weist daher erneut darauf hin, dass die Kommission dabei die alleinige Verhandlungsführerin der EU sein muss und die Mitgliedstaaten daher keine bilateralen Verhandlungen führen dürfen;

8.  verlangt, dass die Verhandlungen über alle im Entwurf der Verhandlungsrichtlinien aufgeführten Punkte so bald wie möglich aufgenommen werden; vertritt jedoch die Auffassung, dass die Verhandlungen nur so eingehend und ambitioniert geführt werden können, wie es bei dem straffen Zeitrahmen möglich ist, den das Vereinigte Königreich gewählt hat, was nicht der Komplexität der Verhandlungen entspricht und in bestimmten Bereichen die Gefahr eines Szenarios birgt, bei dem der Abgrund des Scheiterns in Sicht kommt und bei dem Notfallmaßnahmen oder der internationale Rahmen als Rechtsrahmen möglicherweise nicht ausreichen, um schwerwiegende Störungen abzuwenden;

9.  ist besorgt darüber, wie der britische Premierminister die in dem Protokoll zu Irland/Nordirland des Austrittsabkommens enthaltenen Bestimmungen über Grenzkontrollen in der Irischen See auslegt; vertritt die Auffassung, dass Vertrauen ein wesentliches Element sämtlicher Verhandlungen ist, und ist der Ansicht, dass der britische Premierminister den vom Vereinigten Königreich beabsichtigten Ansatz zur Umsetzung des Protokolls zu Irland/Nordirland umgehend in zufriedenstellender Weise klarstellen muss;

10.  unterstützt die Verhandlungsrichtlinien, in denen festgelegt ist, dass Gibraltar nicht in den räumlichen Geltungsbereich der zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zu schließenden Abkommen einbezogen wird und dass ein etwaiges gesondertes Abkommen der vorherigen Zustimmung des Königreichs Spanien bedarf;

I.WIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT

Handel und gleiche Ausgangsbedingungen

11.  nimmt zur Kenntnis, dass das Vereinigte Königreich beschlossen hat, seine künftige Wirtschafts- und Handelspartnerschaft mit der EU auf ein Freihandelsabkommen zu gründen; betont, dass das Europäische Parlament zwar die konstruktive Aushandlung eines ausgewogenen, ambitionierten und umfassenden Freihandelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich durch die EU unterstützt, dass ein Freihandelsabkommen jedoch naturgemäß niemals einem reibungslosen Handel gleichkommen kann;

12.  bekräftigt, dass im Hinblick auf die Wahrung der Integrität der EU und ihres Binnenmarkts, der Zollunion und der Unteilbarkeit der vier Freiheiten unbedingt dafür zu sorgen ist, dass der Umfang, in dem ein kontingent- und zollfreier Zugang zum größten Binnenmarkt der Welt gewährt wird, voll und ganz dem Umfang der Angleichung der Rechtsvorschriften und den Verpflichtungen entspricht, die im Hinblick auf eine dynamische Harmonisierung zur Wahrung gleicher Ausgangsbedingungen im Sinne eines offenen und fairen Wettbewerbs eingegangen werden; betont, dass hierfür eine Kombination aus materiellrechtlichen Vorschriften und entsprechenden Maßnahmen erforderlich ist, darunter Regressionsverbote und Verfahren, mit denen für eine wirksame Umsetzung, Durchsetzung und Streitbeilegung gesorgt wird;

13.  hebt hervor, dass das Ziel des Freihandelsabkommens der Marktzugang und Handelserleichterungen sein sollten, die der Situation vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU möglichst nahekommen, wobei mit dem Freihandelsabkommen auch künftig auskömmliche Arbeitsplätze geschaffen und die Ausfuhrchancen der EU verbessert werden müssen und die nachhaltige Entwicklung begünstigt werden muss, während zugleich die Normen der EU zu wahren und demokratische Verfahren zu achten sind; betont, dass für gleiche Ausgangsbedingungen und die Einhaltung der Normen der EU zu sorgen ist, um im Hinblick auf eine dynamische Harmonisierung einen Unterbietungswettlauf zu verhindern, und dass ferner dafür Sorge zu tragen ist, dass das Vereinigte Königreich keinen unfairen Wettbewerbsvorteil durch Unterwanderung des Schutzniveaus erringt und dass Regulierungsarbitrage durch die Marktteilnehmer verhindert wird;

14.  betont, dass im Hinblick auf ein den Interessen der EU wirklich förderliches Freihandelsabkommen die folgenden Ziele in die Verhandlungsrichtlinien aufgenommen werden sollten:

   i) es sind gleiche Ausgangsbedingungen zu garantieren, und zwar durch belastbare Verpflichtungen und durchsetzbare Bestimmungen in den Bereichen Wettbewerb und staatliche Beihilfen, in den einschlägigen Steuerangelegenheiten (darunter die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung sowie von Geldwäsche), die uneingeschränkte Einhaltung der Sozial- und Arbeitsnormen (darunter gleichwertige Schutzniveaus und Garantien gegen Sozialdumping), Normen zum Umweltschutz und bezüglich des Klimawandels sowie die Förderung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, einen starken Verbraucherschutz und nachhaltige Entwicklung; mit den Bestimmungen sollte sichergestellt werden, dass die Normen nicht gesenkt werden, zugleich sollte beiden Parteien damit die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Verpflichtungen im Laufe der Zeit zu ändern, um strengere Normen festzulegen oder zusätzliche Bereiche einzubeziehen; Verpflichtungen und Bestimmungen sollten im Hinblick auf eine dynamische Harmonisierung mittels eigenständiger einstweiliger Maßnahmen, eines soliden Streitbeilegungsmechanismus und Rechtsbehelfen durchsetzbar sein;
   ii) es sollte eine Vereinbarung über einen für beide Seiten vorteilhaften Marktzugang in den Bereichen Waren, Dienstleistungen und öffentliche Aufträge sowie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und, falls anwendbar, über ausländische Direktinvestitionen, die in voller Übereinstimmung mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) auszuhandeln sind, getroffen werden;
   iii) beide Seiten sollten zusagen, auch künftig in internationalen Foren im Interesse eines starken, auf Regeln beruhenden freien und fairen Handels zusammenzuarbeiten, um einen tatsächlichen Multilateralismus zu erreichen;
   iv) die Kommission sollte zwar einen möglichst umfangreichen Warenhandel anstreben, dabei aber auch prüfen, ob Kontingente und Zölle für die sensibelsten Branchen eingeführt werden sollten und ob zur Wahrung der Integrität des Binnenmarkts Schutzklauseln erforderlich sind; dabei ist darüber hinaus erneut darauf hinzuweisen, dass der Zugang zum Binnenmarkt beispielsweise in Bezug auf Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse von der strikten Einhaltung aller Rechtsvorschriften und Normen der EU abhängt, insbesondere in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, genetisch veränderte Organismen (GVO), Pestizide, geografische Angaben, Tierschutz, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Normen sowie Gesundheit von Mensch und Tier und Pflanzengesundheit;
   v) die Ursprungsregeln sollten den jüngsten Freihandelsabkommen der EU entsprechen und den Interessen der Hersteller in der EU gerecht werden; mit dem Abkommen sollte der Rahmen der bestehenden Handelsbeziehungen zwischen der EU und Drittländern geschützt und jegliche Trittbrettfahrerei verhindert werden, indem durch fortgesetztes widerspruchsfreies Auftreten gegenüber Drittländern ein abgestimmtes System von Zöllen und Kontingenten aufrechterhalten wird sowie Ursprungsregeln für Produkte beibehalten werden;
   vi) Verpflichtungen in Bezug auf Antidumping- und Ausgleichsmaßnahmen könnten nötigenfalls über die in diesem Bereich geltenden WTO-Regeln hinausgehen;
   vii) Verpflichtungen im Bereich Dienstleistungen sollten mit dem Ziel eingegangen werden‚ den Handel mit Dienstleistungen weit über die WTO-Verpflichtungen der Vertragsparteien hinaus zu liberalisieren, wobei auf den jüngsten Freihandelsabkommen der EU aufgebaut werden sollte und gleichzeitig die hohe Qualität der öffentlichen Dienstleistungen in der EU im Einklang mit dem AEUV und insbesondere dem Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem Interesse gewahrt werden sollte; darüber hinaus sollten audiovisuelle Dienste von Liberalisierungsbestimmungen ausgenommen werden; dabei ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen eines Freihandelsabkommens der Marktzugang für Dienstleistungen begrenzt ist und stets Ausschlüssen, Vorbehalten und Ausnahmen unterliegt; alle Arten der Erbringung von Dienstleistungen sollten abgedeckt werden, darunter auch Verpflichtungen in Bezug auf den grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen (Modus 4) und Bestimmungen, die mit den Vorschriften der EU und der Achtung der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und der Anerkennung von Berufsqualifikationen verknüpft sind; die Vereinbarungen sollten Bestimmungen über den Marktzugang und die Inländerbehandlung nach den Vorschriften des Aufnahmestaats enthalten, damit Dienstleister aus der EU nicht diskriminiert werden, auch im Hinblick auf die Niederlassung; die neuen Vereinbarungen sollten vorsehen, dass natürlichen Personen die vorübergehende Einreise und der vorübergehende Aufenthalt zu Geschäftszwecken mit dem Ziel der Erbringung von Dienstleistungen gestattet wird;
   viii) für den Zugang zu den Märkten für öffentliche Aufträge sollte es Möglichkeiten geben, die über die Verpflichtungen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen hinausgehen, wobei der Marktzugang für Unternehmen aus der EU zu strategischen Wirtschaftsbereichen und eine Öffnung der Märkte für die Vergabe öffentlicher Aufträge im selben Umfang wie in der EU sichergestellt wird;
   ix) es sollten wirksame und durchsetzbare Maßnahmen im Bereich der Anerkennung und des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich geografischer Angaben, wie das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte und Marken, auf der Grundlage des geltenden und künftigen Rechtsrahmens der EU aufgenommen werden;
   x) mit dem Abkommen sollte der Schutz bestehender geografischer Angaben gemäß dem Austrittsabkommen bestätigt und ein Verfahren zum Schutz künftiger geografischer Angaben geschaffen werden, mit dem das gleiche Schutzniveau wie im Austrittsabkommen sichergestellt wird;
   xi) es sollte ein anspruchsvolles Kapitel über Handel und die Gleichstellung der Geschlechter aufgenommen werden; ferner sollte berücksichtigt werden, wie sich der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU auf die Gleichstellung der Geschlechter auswirkt, wobei unter anderem für gleiche Ausgangsbedingungen im Zusammenhang mit Maßnahmen der EU zu sorgen ist, die zum Schutz der Frauen in der Wirtschaft und zur Förderung ihrer Rolle in der Wirtschaft, etwa im Hinblick auf Maßnahmen zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles, getroffen werden;
   xii) mit Blick auf die Erfordernisse und Interessen von Kleinstunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist ein übergreifendes Kapitel zu Fragen der Erleichterung des Marktzugangs vorzusehen, in dem unter anderem auch auf die Kompatibilität technischer Normen und gestraffte Zollverfahren eingegangen wird, um Geschäftsmöglichkeiten zu erhalten und zu schaffen sowie die Internationalisierung der Unternehmen voranzutreiben;
   xiii) damit ein Handelsabkommen umfassend ist, muss es Bestimmungen enthalten‚ mit denen in der Zukunft die kontinuierliche Angleichung der Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs an die der EU sichergestellt wird; um den Handel zu erleichtern, sollten bereichsübergreifende Anforderungen an die Kohärenz der Regelungen und nichttarifäre Handelshemmnisse ausgehandelt werden, wobei dem freiwilligen Charakter der Zusammenarbeit in Regulierungsangelegenheiten und dem Recht auf Regulierung im öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen ist und gleichzeitig die gesetzgeberische Autonomie und die parlamentarischen Rechte zu wahren sind; dabei ist erneut darauf hinzuweisen, dass Bestimmungen über die Zusammenarbeit in Regulierungsangelegenheiten im Rahmen eines Handelsabkommens nicht im vollen Umfang den gleichen reibungslosen Handel nachbilden können, wie er bei einer Mitgliedschaft im Binnenmarkt vorgesehen ist;
   xiv) damit die finanzielle und regulatorische Stabilität gewahrt wird und der Regelungsrahmen der EU und die entsprechenden Normen uneingeschränkt eingehalten und durchgesetzt werden, werden in Handelsabkommen der EU üblicherweise aufsichtsrechtliche Ausnahmeregelungen und Beschränkungen für die länderübergreifende Erbringung von Finanzdienstleistungen vorgesehen, die auch in dieses Abkommen aufgenommen werden sollten;
   xv) es werden anspruchsvolle Bestimmungen benötigt, mit denen der Ausbau des digitalen Handels ermöglicht, ungerechtfertigten Hemmnissen für den elektronischen Handel entgegengewirkt, ein offenes, sicheres und vertrauenswürdiges Online-Umfeld für Unternehmen und Verbraucher sichergestellt und der länderübergreifende Datenverkehr geregelt wird, wobei auch Grundsätze wie fairer Wettbewerb und weitreichende Vorschriften für die länderübergreifende Übermittlung von Daten – unter uneingeschränkter Einhaltung und unbeschadet der derzeitigen und künftigen Vorschriften der EU über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre – zu berücksichtigen sind;
   xvi) das Freihandelsabkommen dürfte dazu führen, dass bei Eintritt der Waren in den Binnenmarkt Zollkontrollen und Überprüfungen durchgeführt werden, was sich auf die globalen Lieferketten und Herstellungsprozesse auswirken würde; die Zolldienststellen müssen sowohl mit mehr Personal als auch mit mehr Ausrüstung ausgestattet werden, damit sie ihren zusätzlichen Aufgaben gerecht werden können; die in dem künftigen Abkommen festgelegten operativen Verfahren müssen darauf abzielen, dass die Binnenmarktvorschriften der Union für Waren und die Vorschriften der Zollunion gewahrt bleiben; daher muss unbedingt dafür Sorge getragen werden, dass bei Waren die Binnenmarktvorschriften eingehalten werden;
   xvii) eine Angleichung der Rechtsvorschriften über die Marktüberwachung von Produkten und über strenge Produktnormen ist daher ein wesentlicher und unersetzlicher Bestandteil aller künftigen Vereinbarungen mit dem Vereinigten Königreich, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen in der EU zu wahren und ein hohes Niveau beim Schutz der Verbraucher in der EU sicherzustellen;
   xviii) die Integrität der Zollunion und ihrer Vorschriften und Verfahren muss gewahrt bleiben; in diesem Bereich sollte rasch eine effiziente Arbeitsregelung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich getroffen werden;

15.  betont, dass das Freihandelsabkommen in seiner Gesamtheit Bestimmungen über den Dialog mit der Zivilgesellschaft, die Einbeziehung der Interessenträger und die Konsultation durch beide Parteien enthalten sollte; besteht darauf, dass interne Beratungsgruppen eingerichtet werden, die die Umsetzung des Abkommens überwachen;

16.  bekräftigt, dass mit dem Abkommen für einen schlüssigen Lenkungsrahmen gesorgt werden sollte, der einen soliden Streitbeilegungsmechanismus und entsprechende Lenkungsstrukturen umfasst; weist in dieser Hinsicht nachdrücklich darauf hin, dass der EuGH für die Auslegung von Fragen im Zusammenhang mit dem Unionsrecht zuständig ist, damit für eine einheitliche Auslegung gesorgt ist;

Gleiche Ausgangsbedingungen

17.   weist erneut darauf hin, dass das Vereinigte Königreich die im Rahmen seiner internationalen Verpflichtungen bestehenden Normen im Sinne einer dynamischen Harmonisierung der Rechtsvorschriften und der politischen Strategien auch künftig einhalten und umsetzen sollte, und zwar in einer Weise, die dem Umfang und der Tiefe der künftigen Beziehungen gerecht wird;

18.  weist erneut auf seine Entschlossenheit hin, jegliche Form von Dumping im Rahmen der künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zu verhindern, und stellt in diesem Zusammenhang fest, dass eine Harmonisierung in den Bereichen Umwelt, Arbeit und Soziales, relevante Steuerfragen und staatliche Beihilfen maßgeblich ist, um dieses Ziel zu verwirklichen;

19.  stellt fest, dass es im Hinblick auf die Festlegung des Umfangs und der Tiefe der gesamten künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausschlaggebend ist, wie umfassend und tiefgehend das Abkommen in der Angelegenheit der gleichen Ausgangsbedingungen ist; weist erneut darauf hin, dass das fortgesetzte Bekenntnis des Vereinigten Königreichs zum Sozialmodell der EU in diesem Zusammenhang große Bedeutung haben wird; bekräftigt, dass Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen, damit sowohl strenge Normen als auch gleiche Ausgangsbedingungen in den Bereichen Soziales und Beschäftigung beibehalten werden, die mindestens dem derzeitigen hohen Niveau der geltenden gemeinsamen Normen entsprechen;

20.  betont, dass die Vertiefung der Beziehungen einen soliden und umfassenden Rahmen für die Beaufsichtigung des Wettbewerbs und die Kontrolle staatlicher Beihilfen erfordert, mit dem übermäßige Beeinträchtigungen von Handel und Wettbewerb verhindert werden, damit das Vereinigte Königreich kein unlauteres und wettbewerbsfeindliches Verhalten an den Tag legt, das zur Benachteiligung der Wirtschaftsakteure in der EU führt;

21.  ist der festen Überzeugung, dass das Vereinigte Königreich die sich weiterentwickelnden rechtlichen Normen im Rahmen des Besitzstands der Union im Bereich der Besteuerung und der Bekämpfung der Geldwäsche, wozu auch Steuertransparenz, Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten und Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung gehören, einhalten sollte und sich mit der jeweiligen Situation seiner überseeischen Gebiete, seiner Hoheitszonen und seiner unmittelbar der englischen Krone unterstehenden Gebiete sowie deren Nichteinhaltung der Kriterien der EU für verantwortungsvolles Handeln und der Transparenzanforderungen der EU befassen sollte;

22.  bekräftigt, dass strenge Normen und gleiche Wettbewerbsbedingungen in den Bereichen Arzneimittel, Medizinprodukte, Lebensmittelsicherheit und Kennzeichnung sowie die politischen Strategien und die Normen in den Bereichen Veterinärmedizin, Pflanzenschutz und Umwelt aufrechterhalten werden müssen;

23.  stellt fest, dass ebenso wie in Bezug auf das gesamte Abkommen die Bestimmungen über gleiche Ausgangsbedingungen belastbare Lenkungsstrukturen erfordern, die auch angemessene Verfahren für die Verwaltung, Überwachung, Streitbeilegung und Durchsetzung, erforderlichenfalls mit Sanktionen und einstweiligen Maßnahmen, umfassen, wobei beide Seiten verpflichtet sind, unabhängige Gremien einzurichten bzw. beizubehalten, die in der Lage sind, die Umsetzung wirksam zu überwachen und durchzusetzen; betont, dass für den Zugang zur Justiz und ein ordnungsgemäßes Beschwerdeverfahren für Bürgerinnen und Bürger und nichtstaatliche Organisationen in Bezug auf die Durchsetzung von Arbeits- und Umweltnormen Sorge zu tragen ist;

II.BESONDERE POLITIKBEREICHSSPEZIFISCHE ANGELEGENHEITEN UND THEMATISCHE ZUSAMMENARBEIT

Fischerei

24.  betont außerdem, dass die Angelegenheit des freien Zugangs zu Gewässern und Häfen untrennbar mit der Angelegenheit des Freihandels und des Zugangs von britischen Fischereierzeugnissen zum Binnenmarkt verbunden ist und dass die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über Fischerei nicht separat geführt werden können und mit den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaft insgesamt und insbesondere über den Handel in direktem Zusammenhang stehen müssen;

25.  weist erneut darauf hin, dass die Bestimmungen über die Fischerei bis zum 1. Juli 2020 vereinbart werden sollen, befürwortet diese Bestimmungen nachdrücklich und ist der Ansicht, dass das künftige System der britischen Fischereibewirtschaftung nicht schwächer ausfallen darf als die derzeitigen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) geltenden Regelungen und Verpflichtungen;

26.  hebt hervor, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU das Land nicht von seiner Aufgabe entbindet, nach Maßgabe seiner internationalen Verpflichtungen als Küstenstaat an der gemeinsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung gemeinsam genutzter Fischbestände mitzuwirken;

27.  weist darauf hin, dass den Küstenstädten und -gemeinden, Fischereibetrieben und Verbrauchern dank des Grundprinzips des freien und gleichberechtigten Zugangs der Fischer aus der EU zu allen Gewässern der Mitgliedstaaten im Rahmen der GFP sowie dank des Binnenmarkts und seines Grundsatzes des freien Warenverkehrs (auch von Fischereierzeugnissen) jahrzehntelang Rechte und Vorteile entstanden sind;

28.  erachtet es als sehr wichtig, eine für beide Seiten vorteilhafte und umfassende Partnerschaft zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zu begründen, die vorrangig noch vor dem Ende des Übergangszeitraums ein untrennbar mit dieser Partnerschaft verbundenes Abkommen über Fischerei und Fischereiangelegenheiten gemäß den beiderseitigen völkerrechtlichen Verpflichtungen umfasst;

29.  besteht darauf, dass das Abkommen auf den Grundsätzen beruht, die in der GFP für die nachhaltige Bewirtschaftung und Erhaltung der lebenden Meeresschätze und mit Blick auf die sozioökonomischen Vorteile der Fischer, Akteure der Fischerei und Verbraucher festgelegt wurden;

30.  fordert, dass in dem Abkommen insbesondere der ununterbrochene gegenseitige Zugang zu Gewässern festgeschrieben und der bestehende stabile Quotenanteil an den gemeinsam bewirtschafteten Beständen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich beibehalten wird; erachtet es in diesem Zusammenhang als sehr wichtig, dass gemeinsam vereinbarte Grundsätze und Maßnahmen der Fischereibewirtschaftung nach dem Vorbild der GFP aufrechterhalten werden;

31.  betont, dass ordnungsgemäße Konsultationsmechanismen und ein gemeinsamer wissenschaftlich fundierter Ansatz samt Garantien erforderlich sind, damit sich das Vereinigte Königreich auch künftig an der Datenerhebung und der wissenschaftlichen Bestandsabschätzung beteiligt; fordert beide Vertragsparteien nachdrücklich auf, die Zusammenarbeit bei der Fischereiaufsicht und der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) fortzusetzen;

Datenschutz

32.  weist darauf hin, dass die Kommission gemäß der Rechtsprechung des EuGH(10) den Rahmen des Vereinigten Königreichs für den Datenschutz nur für angemessen erklären kann, wenn sie nachweist, dass das Vereinigte Königreich ein Schutzniveau vorsieht, dass gegenüber dem Rechtsrahmen der EU im Wesentlichen gleichwertig ist, auch im Zusammenhang mit der Weitergabe von Daten an Drittländer; weist darauf hin, dass im britischen Datenschutzgesetz eine allgemeine und umfassende Ausnahme bei den Datenschutzgrundsätzen und den Rechten betroffener Personen vorgesehen ist, wenn es um die Verarbeitung personenbezogener Daten zu Einwanderungszwecken geht; ist besorgt darüber, dass Personen, die nicht die britische Staatsbürgerschaft besitzen, nicht in gleichem Maße wie britische Staatsbürger geschützt werden, wenn ihre Daten im Rahmen dieser Ausnahme verarbeitet werden; vertritt die Auffassung, dass diese Ausnahme der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates(11) zuwiderläuft; ist überdies der Ansicht, dass der Rechtsrahmen des Vereinigten Königreichs für die Vorratsspeicherung von Daten für die elektronische Telekommunikation die im einschlägigen Besitzstand der EU festgelegten Bedingungen in der Auslegung durch den EuGH nicht erfüllt und dass daher die Voraussetzungen für die Angemessenheit derzeit nicht gegeben sind;

33.  hält es für notwendig, dass dem Rechtsrahmen im Vereinigten Königreich in den Bereichen nationale Sicherheit oder Verarbeitung personenbezogener Daten durch Strafverfolgungsorgane besondere Aufmerksamkeit eingeräumt wird; weist erneut darauf hin, dass Massenüberwachungsprogramme nach Unionsrecht möglicherweise nicht als verhältnismäßig gelten, und empfiehlt mit Nachdruck, die einschlägige Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen, etwa die Rechtssache Schrems und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte;

34.  fordert die Kommission auf, den Rechtsrahmen des Vereinigten Königreichs für den Datenschutz sorgfältig zu bewerten und dafür Sorge zu tragen, dass das Vereinigte Königreich die in dieser Entschließung aufgezeigten Probleme löst, bevor sein Datenschutzrecht als angemessen und in der Auslegung durch den EuGH(12) als mit EU-Recht vereinbar erachtet wird, und den Europäischen Datenschutzausschuss und den Europäischen Datenschutzbeauftragten zu konsultieren und ihnen dabei sämtliche einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen und ihnen sachangemessen Zeit einzuräumen, damit sie ihrer Aufgabe nachkommen können;

Klimawandel und Umwelt

35.  vertritt die Auffassung, dass die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht nur auf wirtschaftlichen Faktoren, sondern auch auf anspruchsvollen ökologischen Zielsetzungen beruhen sollten, deren Tragweite auch an der Zusammenarbeit in den einschlägigen internationalen Foren erkennbar wird, damit länderübergreifende und weltweite Herausforderungen bewältigt werden können;

36.  ist der Ansicht, dass die EU und das Vereinigte Königreich sicherstellen sollten, dass das durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und einschlägige Verfahren gesicherte Umweltschutzniveau nicht unter das Niveau fällt, das nach den in der EU und im Vereinigten Königreich am Ende des Übergangszeitraums geltenden gemeinsamen Normen in folgenden Bereichen vorgesehen ist: Zugang zu Umweltinformationen, Beteiligung der Öffentlichkeit und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten; Umweltverträglichkeitsprüfung und strategische Umweltprüfung; Industrieemissionen; Emissionen in die Luft sowie Ziele und Grenzwerte für die Luftqualität; Naturschutz und Erhaltung der biologischen Vielfalt; Abfallbewirtschaftung; Schutz und Erhaltung der Gewässer; Schutz und Erhaltung der Meeresumwelt; Prävention, Verringerung und Beseitigung von Risiken für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt, die sich aus der Herstellung, Verwendung, Freisetzung und Entsorgung von chemischen Stoffen und Pflanzenschutzmitteln ergeben, Klimawandel und das Vorsorgeprinzip;

37.  fordert die Verhandlungsführer auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich das Vereinigte Königreich selbst dazu verpflichtet, die Vorschriften und Zielvorgaben und weitere Bestimmungen umzusetzen, die auf Unionsebene während des Übergangszeitraums vereinbart werden;

38.  fordert eindringlich, dass die Zusammenarbeit im Bereich der Maßnahmen gegen den Klimawandel zu einer absoluten Priorität bei den Verhandlungen erklärt wird, da ein Erfolg auf diesem Gebiet, zuvörderst ein erfolgreicher Verlauf der 26. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP 26) in Glasgow, von größter Bedeutung ist; ist der Ansicht, dass es am besten wäre, wenn die Standpunkte des Vereinigten Königreichs und der EU auf diesem Gebiet vollständig aneinander angeglichen würden; spricht sich in diesem Zusammenhang nachdrücklich dafür aus, dass das Vereinigte Königreich den derzeitigen und künftigen klimapolitischen Rahmen der EU und die im Übereinkommen von Paris enthaltenen Verpflichtungen vollständig übernimmt, und fordert, dass die für die Emissionen der EU geltende Obergrenze, die im System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union (EU-EHS) und in der Lastenteilungsverordnung festgelegt wurde, auch in Bezug auf Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft in vollem Umfang Anwendung findet;

39.  fordert das Vereinigte Königreich auf, ein System der CO2-Bepreisung aufrechtzuerhalten, mit dem die am Ende des Übergangszeitraums bestehenden Vorschriften und Zielvorgaben übernommen werden, und fordert die Verhandlungsführer auf, die Möglichkeit auszuloten, das künftige nationale Handelssystem des Vereinigten Königreichs für Treibhausgasemissionen mit dem EU-EHS zu verbinden, sofern die Integrität des EU-EHS vollständig gewahrt wird;

40.  hebt hervor, dass die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Investitionsbank (EIB) unter anderem davon abhängig gemacht werden sollten, dass sich das Vereinigte Königreich die aktualisierten Klima- und Umweltschutzziele der EU vollständig zu eigen macht, die Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen einhält und die ambitionierte neue Klimaschutzstrategie und die neuen energiepolitischen Förderleitlinien der EIB befolgt;

41.  betont, dass mit einer Herabstufung des Schutzniveaus im Vereinigten Königreich das Risiko einherginge, dass die biologische Vielfalt in der EU zurückgeht, zumal viele Tierarten (Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge und Wale) zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wandern und es bei vielen nicht wandernden Tierarten einen regelmäßigen Genfluss zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU gibt;

42.  erachtet es als sehr wichtig, dass das Vereinigte Königreich seine Rechtsvorschriften auch künftig jenen im Bereich der Chemikaliensicherheit (REACH(13)) angleicht, und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) sicherstellt;

Energie

43.  fordert, dass durch das Abkommen ein diskriminierungsfreier Zugang der Marktteilnehmer zu den Netzen, eine wirksame Entflechtung der Netzbetreiber, gleiche Wettbewerbsbedingungen und die Sicherung des Schutzniveaus gewährleistet werden, auch was die tatsächlich Bepreisung von CO2-Emissionen, staatliche Beihilfen und den Umweltschutz betrifft;

44.  fordert, dass Mechanismen eingerichtet werden, durch die so weit wie möglich die Versorgungssicherheit gewahrt und effizienter Handel über Verbindungsleitungen über unterschiedliche Zeiträume sichergestellt wird;

45.  erwartet, dass das Vereinigte Königreich in den Bereichen kerntechnische Sicherheit, nukleare Sicherung und Strahlenschutz strenge Normen einhält; erwartet, dass sich das Abkommen mit dem Verhältnis des Vereinigten Königreichs zur Euratom und zum ITER-Projekt sowie mit den Auswirkungen eines Austritts auf Vermögenswerte und Verbindlichkeiten befasst, sodass die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen der Euratom, dem Vereinigten Königreich und dessen nationalen Behörden ermöglicht werden; fordert, dass das Abkommen eine Verpflichtung enthält, auf deren Grundlage am Ende des Übergangszeitraums bei den Normen im Bereich der kerntechnischen Sicherheit gleiche Rahmenbedingungen gelten, sodass die uneingeschränkte Einhaltung internationaler Übereinkommen, etwa der Übereinkommen von Aarhus und Espoo sowie der Verträge, sichergestellt ist;

Gesundheit der Bevölkerung und Lebensmittelsicherheit

46.  erachtet es als sehr wichtig für die Verbraucher in der EU und im Vereinigten Königreich, dass das Vereinigte Königreich bei der Lebensmittelsicherheit und ‑kennzeichnung strenge Normen beibehält; weist darauf hin, dass alle aus einem Drittland in die EU eingeführten Lebensmittel die strengen EU-Normen im Bereich Lebensmittelsicherheit erfüllen müssen, die u. a. die Verwendung von GVO betreffen; stellt fest, dass es für beide Seiten von Vorteil wäre, wenn sich das Vereinigte Königreich auch künftig am Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel beteiligt; weist darauf hin, dass zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich künftig gründliche Überprüfungen und Kontrollen stattfinden müssen, da das Land als Drittland gilt;

47.  hält es für sehr wichtig, dass das Vereinigte Königreich gleichwertige Tiergesundheitsvorschriften beibehält, um der Übertragung von Zoonosen zwischen Tieren und Menschen vorzubeugen, insbesondere bei wandernden Tierarten, was der Gesundheit von Mensch und Tier zugutekäme; hält es auch künftig für erforderlich, dass im Hinblick auf die Verbringung sowohl von Haustieren als auch von Nutztieren zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich auf der Grundlage bestehender und künftiger Vorschriften der Union Tierpässe ausgestellt werden;

48.  betont, dass für den Schutz des Wohlergehens und der Gesundheit von Tieren in der gesamten Lebensmittelversorgungskette sowie im Hinblick auf die Wahrung des fairen Wettbewerbs zwischen den Landwirten im Vereinigten Königreich und der EU strenge Normen und gleiche Rahmenbedingungen wichtig sind; schließt die Möglichkeit aus, dass lebende Tiere bzw. Fleisch und Eier, bei deren Haltung bzw. Erzeugung die Tierschutznormen der EU nicht eingehalten wurden, in die EU eingeführt werden;

49.  erachtet es als sehr wichtig, eine angemessene Versorgung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und sonstigen Gesundheitsprodukten sicherzustellen; fordert daher die EU und das Vereinigte Königreich auf, dafür zu sorgen, dass Maßnahmen ergriffen werden, um Engpässe und die etwaigen erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen einzudämmen; fordert, dass insbesondere gezielte Maßnahmen ergriffen werden, damit der kontinuierliche und schnelle Zugang von Patienten zu sicheren Arzneimitteln und Medizinprodukten, auch was die gesicherte und beständige Versorgung mit Radioisotopen betrifft, gesichert ist;

50.  fordert mit Nachdruck, dass die Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit und Angelegenheiten der Gesundheit der Bevölkerung fortgesetzt wird; hebt hervor, dass sich das Vereinigte Königreich als Drittland an den Zulassungsverfahren für Arzneimittel in der EU nicht beteiligen kann;

Rechte der Bürger und Mobilität von Personen

51.  fordert die Verhandlungsparteien auf, sich für die vollständige Beibehaltung der Rechte einzusetzen, die im Austrittsabkommen sowohl den Unionsbürgern und ihren Familien als auch den britischen Bürgern und ihren Familien garantiert werden; betont, dass alle künftigen Mobilitätsvereinbarungen auf dem Diskriminierungsverbot zwischen den Mitgliedstaaten der EU und auf vollständiger Gegenseitigkeit beruhen sollten; ist im Allgemeinen der Ansicht, dass die weitere Konkretisierung der Rechte der Bürger – einschließlich der Freizügigkeit für britische Staatsangehörige in der EU auf der Grundlage eines auf Gegenseitigkeit beruhenden Ansatzes – den Eckpfeiler und nicht abtrennbaren Teil des Wortlauts eines künftigen internationalen Übereinkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bilden muss; vertritt die Auffassung, dass auch die EU-Mitgliedstaaten klarstellen müssen, welcher Rechtsrahmen auf britische Bürger anzuwenden ist, die einen Aufenthaltsstatus erhalten wollen, und dass solche Maßnahmen im Sinne eines einfachen Verfahrens benutzerfreundlich und transparent sowie kostenfrei sein müssen, wobei die Kommission und das Europäische Parlament diesbezüglich relevante Entwicklungen überwachen;

52.  fordert angemessene Vorkehrungen zur Koordinierung der Sozialversicherung einschließlich der Renten- und Pensionsansprüche im Hinblick auf den künftigen Personenverkehr; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass im Austrittsabkommen detaillierte Bestimmungen über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit enthalten sind, mit denen die Rechte aus der Zeit, in der Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden, geschützt werden;

53.  fordert die Regierung des Vereinigten Königreichs nachdrücklich auf, vor dem Ende des Übergangszeitraums ein neues Arbeitsgesetz zu erlassen, damit keine Lücken entstehen, die bewirken, dass die Rechte der Arbeitnehmer weder durch die geltenden Rechtsvorschriften der Union noch durch das Arbeitsgesetz des Vereinigten Königreichs geschützt sind;

54.  besteht in diesem Zusammenhang darauf, dass in der Übergangszeit die mit einer Umsetzungsfrist verbundenen Rechtsvorschriften der Union vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt werden, zu denen etwa die überarbeitete Fassung der Entsenderichtlinie, die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und die Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen gehören;

55.  fordert, dass die besondere Situation auf der irischen Insel in vollem Umfang berücksichtigt wird und dass die offenen Fragen, die die Bürger Nordirlands betreffen, behandelt werden; fordert die staatlichen Stellen des Vereinigten Königreichs nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die Rechte der Bürger in Nordirland nicht eingeschränkt werden, und das Karfreitagsabkommen in allen seinen Teilen uneingeschränkt zu achten;

56.  spricht sich dafür aus, dass das Vereinigte Königreich zum Nutzen der Bürger der EU und des Vereinigten Königreichs die Roaming-Verordnung auch künftig anwendet und dass es insbesondere den Grenzverkehr von Personen auf der irischen Insel erleichtert;

57.  nimmt die Absicht des Vereinigten Königreichs zur Kenntnis, dem Haager Übereinkommen von 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen beizutreten, und fordert eine angemessene Zusammenarbeit und entsprechende Ambitionen in zivil- und familienrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere im Hinblick auf die Rechte und die Rückführung von Kindern; weist darauf hin, dass im künftigen Austrittsabkommen auch bestimmte Kategorien von Bürgern berücksichtigt werden sollten, die derzeit unter das Unionsrecht in seiner Auslegung durch den EuGH fallen, etwa britische Staatsangehörige, die mit Familienangehörigen aus Drittstaaten in das Vereinigte Königreich zurückkehren, Menschen mit Behinderungen und pflegende Angehörige, Drittstaatsangehörige, die im Vereinigten Königreich leben und enge rechtliche Bindungen zu den Mitgliedstaaten haben, beispielsweise in der EU geborene Drittstaatsangehörige, anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose;

58.  ist der Ansicht, dass Mobilitätsvereinbarungen auf dem Diskriminierungsverbot und vollständiger Gegenseitigkeit beruhen müssen; weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach der Annahme des Verhandlungsmandats keine bilateralen Abkommen mehr aushandeln können;

59.  bedauert in diesem Zusammenhang, dass das Vereinigte Königreich angekündigt hat, den Grundsatz des freien Personenverkehrs zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich nicht länger anzuwenden; ist der Ansicht, dass das Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich anspruchsvolle Bestimmungen enthalten sollte, damit die Rechte sowohl der Bürger der EU als auch der Bürger des Vereinigten Königreichs sowie ihrer jeweiligen Familienangehörigen, insbesondere in Bezug auf die Freizügigkeit von Personen und Arbeitnehmern, gewahrt werden; weist erneut darauf hin, dass die Freizügigkeitsrechte auch unmittelbar mit den drei anderen Freiheiten im Binnenmarkt zusammenhängen und von besonderer Bedeutung für Dienstleistungen und berufliche Qualifikationen sind;

60.  vertritt die Auffassung, dass im Abkommen auf der Grundlage vollständiger Gegenseitigkeit und des Diskriminierungsverbots kurzfristige Besuche ohne Visa, einschließlich kurzfristiger Dienstreisen, vorgesehen und die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt zu Forschungs-, Studien- und Ausbildungszwecken sowie für den Jugendaustausch festgelegt sein sollten;

61.  betont, dass zur künftigen Zusammenarbeit in der Asyl- und Migrationspolitik zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU-27 zumindest Vereinbarungen gehören sollten, mit denen sichere und legale Zugangswege zu internationalem Schutz, auch im Rahmen einer Familienzusammenführung, verbessert werden; spricht sich dafür aus, einen Plan zur Familienzusammenführung anzunehmen, der nach Ablauf der Übergangszeit in Kraft treten sollte, damit keine Lücken mit humanitären Auswirkungen entstehen und das Recht der Asylsuchenden auf Achtung des Familienlebens gemäß Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention geachtet wird, zumal die Familienzusammenführung für im Vereinigten Königreich aufhältige Asylsuchende mit Familienangehörigen in der EU unverändert wichtig ist;

Gleichwertigkeit bei Finanzdienstleistungen

62.  weist darauf hin, dass in Großbritannien ansässige Unternehmen den Europäischen Pass für Finanzdienstleistungen einbüßen werden;

63.  vertritt die Auffassung, dass der Marktzugang auf Gleichwertigkeitsentscheidungen beruhen sollte, und zwar unter der Voraussetzung, dass die EU davon überzeugt ist, dass die Regulierungs- und Aufsichtssysteme und ‑vorschriften des Vereinigten Königreichs denen der EU vollständig gleichwertig sind und bleiben, was den vereinbarten Bestimmungen über gleiche Ausgangsbedingungen Rechnung trägt; ist der Ansicht, dass zu dem Zeitpunkt, wo dem Vereinigten Königreich Gleichwertigkeit gewährt wird, ein wirksamer Mechanismus einzurichten ist, mit dem die Beibehaltung der Gleichwertigkeit im weiteren Verlauf sichergestellt wird, und weist erneut darauf hin, dass die EU den Status der Gleichwertigkeit jederzeit einseitig aberkennen kann;

64.  vertritt die Auffassung, dass in einem künftigen Rahmen die Finanzstabilität in der EU gewahrt und die Regulierungs- und Aufsichtssysteme und ‑vorschriften der EU sowie deren Anwendung respektiert und gleichzeitig die Regulierungs- und Beschlussfassungsautonomie der EU aufrechterhalten werden sollten;

Verkehr

65.  fordert die Verhandlungsführer auf, dafür zu sorgen, dass die Verkehrsverbindungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU nicht unterbrochen werden, und zwar auf der Grundlage des Erfordernisses der Gegenseitigkeit beim wechselseitigen Zugang zu den Verkehrsmärkten, wobei die unterschiedliche Größe der beiden jeweiligen Märkte zu berücksichtigen ist;

66.  weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das multilaterale Kontingentsystem des Internationalen Verkehrsforums (ITF) derzeit nicht ausreicht, um den Bedarf an Straßengüterverkehr zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich in vollem Umfang zu decken, und dass verhältnismäßige Maßnahmen ergriffen werden sollten, um Gefahren für die öffentliche Ordnung abzuwenden und Störungen der Verkehrsströme von Güterkraftverkehrsunternehmen und Busunternehmen zu verhindern;

67.  betont, dass in den Verhandlungen auch ein ambitioniertes, ausgewogenes und hochwertiges umfassendes Luftverkehrsabkommen behandelt werden muss, insbesondere was die Luftverkehrsrechte, die Flugsicherheit und die Flughafensicherheit betrifft; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die künftigen Luftverkehrsverbindungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU weder de jure noch de facto auf eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs am Luftverkehrsbinnenmarkt hinauslaufen können;

68.  hebt hervor, dass im Rahmen der künftigen Partnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auf die besondere Situation des Ärmelkanaltunnels eingegangen werden sollte, insbesondere auf den Rechtsrahmen für die Eisenbahnsicherheit;

69.  vertritt die Auffassung, dass ein unionsinterner Zugang zwischen Irland und den anderen EU-Mitgliedstaaten sichergestellt werden sollte, der auch die in der EU geltenden Transitrechte für den Straßenverkehr zwischen Irland und den anderen EU-Mitgliedstaaten umfasst;

70.  betont, dass in den künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU völlig gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsträger gewährleistet werden müssen, wobei insbesondere auf staatliche Beihilfen, Umweltschutz, Fahrgastrechte, kommerzielle Flexibilität und soziale Aspekte, einschließlich der Lenk- und Ruhezeiten, zu achten ist;

71.  hebt hervor, dass eine kontinuierliche Finanzierung gemeinsam vereinbarter Infrastrukturvorhaben sichergestellt werden muss, insbesondere im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V), der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) und des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) sowie bei gemeinsamen Technologieinitiativen wie „Clean Sky“ I und II und dem SESAR-Projekt („Single European Sky ATM Research“); hält es für entscheidend, dass das Vereinigte Königreich seinen finanziellen Zusagen und Verpflichtungen in vollem Umfang nachkommt, auch wenn sie sich über das Ende der EU-Mitgliedschaft hinaus erstrecken;

Programme und Agenturen

72.  betont, dass sich das Vereinigte Königreich gemäß den Vorschriften an Agenturen und Programmen der EU beteiligen kann, die für Drittländer außerhalb des EWR gelten; spricht sich für die Teilnahme des Vereinigten Königreichs an EU-Programmen unter Einhaltung aller einschlägigen Regeln, Mechanismen und Teilnahmebedingungen aus;

73.  betont, dass eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs an EU-Programmen nicht zu Nettotransfers aus dem EU-Haushalt an das Vereinigte Königreich führen sollte; ist darüber hinaus der Ansicht, dass bei einer fortgesetzten Beteiligung des Vereinigten Königreichs an EU-Programmen ein faires Gleichgewicht in Bezug auf die entrichteten Beiträge und empfangenen Leistungen des am EU-Programm teilnehmenden Drittlandes sichergestellt werden muss und dass dem Drittland mit der Teilnahme keine Entscheidungsbefugnis erteilt werden sollte; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass für die Programme, an denen das Vereinigte Königreich teilnehmen will, ausreichende rechtlich bindende Bestimmungen und Garantien in Bezug auf den Schutz der finanziellen Interessen der Union und die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung bestehen, was auch Kontrollen, Prüfungen und Untersuchungen im Betrugsfall, die Achtung des Rechts auf Zugang der Kommissionsdienststellen, des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), der Europäischen Staatsanwaltschaft und des Europäischen Rechnungshofes sowie das Kontrollrecht des Europäischen Parlaments einschließt;

74.  ist insbesondere der Ansicht, dass die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an länderübergreifenden und kulturellen Programmen sowie Entwicklungs-, Bildungs- und Forschungsprogrammen (etwa Erasmus+, Kreatives Europa, Horizont, dem Europäischen Forschungsrat, dem LIFE-Programm, TEN-V, CEF, SES, Interreg, gemeinsamen Technologieinitiativen wie „Clean Sky“ I und II, SESAR, ERIC, Galileo, Copernicus, der Europäischen Erweiterung des geostationären Navigationssystems (EGNOS), der Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (SST) und öffentlich-privaten Partnerschaften) wichtig ist;

75.  begrüßt den Beitrag, den das EU-Programm für Frieden und Versöhnung (PEACE) zur Schaffung von Frieden und Stabilität in Nordirland geleistet hat, und fordert, dass der Friedensprozess in Nordirland fortgesetzt wird und die Leistungen aus dem laufenden Programm PEACE IV und dem Internationalen Fonds für Irland beibehalten werden;

76.  hält es für äußerst wichtig, dass die EU und das Vereinigte Königreich die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen britischen Stellen und den EU-Agenturen prüfen, insbesondere bei der Europäischen Chemikalienagentur, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, der Europäischen Umweltagentur, dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und der Europäischen Arzneimittel-Agentur; betont, dass das Vereinigte Königreich fortan keine Entscheidungsbefugnis in EU-Agenturen hat, und fordert die Kommission in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf, Art, Umfang und Grenzen dieser möglichen Zusammenarbeit festzulegen;

77.  hält es für notwendig, die künftige praktische Zusammenarbeit zwischen den zuständigen britischen Stellen und den EU-Agenturen im Bereich Justiz und Inneres zu klären;

III.PARTNERSCHAFT IN DEN BEREICHEN SICHERHEIT UND AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN

Außenpolitik, sicherheitspolitische Herausforderungen und Verteidigung

78.  ist der Ansicht, dass das Vereinigte Königreich künftig zwar von den Entscheidungsstrukturen der EU ausgeschlossen ist, aber ein wichtiger Partner bleibt, da in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU und auf internationaler Bühne gemeinsames Handeln von entscheidender Bedeutung ist, um außen-, sicherheits- und verteidigungspolitische Herausforderungen zu bewältigen;

79.  betont, dass die neuen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich eine intensive Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik erfordern, da die EU und das Vereinigte Königreich viele Interessen und Erfahrungen teilen und für sehr viele gleiche Werte stehen; betont, dass es im beiderseitigen Interesse liegt, eine ambitionierte Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, die der Sicherheit Europas und seiner Bürger dient und im Einklang mit den in Artikel 21 EUV festgelegten Zielen und Grundsätzen zur weltweiten Stabilität, zum Schutz der Menschenrechte und zum Frieden beiträgt;

80.  stellt fest, dass in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) gemeinsame Standpunkte und Aktionen der EU nur von den EU-Mitgliedstaaten angenommen werden können; weist jedoch darauf hin, dass dies Konsultationsmechanismen nicht ausschließt, in deren Folge das Vereinigte Königreich die außenpolitischen Standpunkte der EU übernehmen und sich gemeinsamen Aktionen anschließen könnte, insbesondere zur Verteidigung der auf Regeln gestützten Weltordnung, der multilateralen Zusammenarbeit und der Menschenrechte, insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen, der NATO, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und des Europarates; unterstützt Konsultationen und die Koordinierung in der Sanktionspolitik mit der Möglichkeit, Sanktionen zu verhängen, die sich gegenseitig verstärken, wenn die außenpolitischen Ziele beider Seiten aufeinander abgestimmt sind; hebt hervor, dass eine enge Zusammenarbeit in der GASP schon wegen der wichtigen Stellung des Vereinigten Königreichs als sicherheitspolitischer Akteur einen Mehrwert aufweist;

81.  betont, dass das Vereinigte Königreich die während der Übergangszeit geltenden oder beschlossenen restriktiven Maßnahmen der EU anwenden, die Erklärungen und Standpunkte der EU gegenüber Drittländern und internationalen Organisationen unterstützen und sich von Fall zu Fall an militärischen Operationen und zivilen Missionen der EU im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) beteiligen muss, jedoch ohne jegliche Führungskapazität innerhalb eines neuen Rahmenbeteiligungsabkommens, wobei es die Beschlussfassungsautonomie der EU und die einschlägigen Beschlüsse und Rechtsvorschriften der EU, auch über die Vergabe öffentlicher Aufträge und über Verbringungen im Verteidigungsbereich, achten muss; stellt fest, dass eine solche Zusammenarbeit die uneingeschränkte Einhaltung der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts sowie der Grundrechte der EU voraussetzt;

82.  weist erneut darauf hin, dass wirksame internationale Rüstungskontroll-, Abrüstungs- und Nichtverbreitungsregelungen ein Eckpfeiler der weltweiten und europäischen Sicherheit sind; fordert die EU und das Vereinigte Königreich auf, eine schlüssige und glaubwürdige Strategie für multilaterale Verhandlungen auf weltweiter Ebene und für regionale Deeskalations- und vertrauensbildende Maßnahmen einzuleiten; fordert das Vereinigte Königreich auf, sich zu verpflichten, an den Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP gebunden zu bleiben;

83.  betont, dass eine solche Zusammenarbeit beide Seiten stärken würde, da so das Fachwissen und die Fähigkeiten des Vereinigten Königreichs bei Missionen und Operationen im Rahmen der GSVP erhalten blieben; legt dem Vereinigten Königreich nachdrücklich nahe, zu zivilen und militärischen Missionen und Operationen im Rahmen der GSVP beizutragen; betont, dass es gemäß der Politischen Erklärung zur Festlegung des Rahmens für die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich dem Vereinigten Königreich als Drittland nicht möglich ist, sich an der Planung oder der Führung von EU-Missionen und -Operationen zu beteiligen, und dass seine Fähigkeit zur Beteiligung und der Umfang seiner Beteiligung an der Planung oder Führung bzw. Beteiligung an EU-Missionen und -Operationen sowie der Informationsaustausch und die Interaktion mit der EU in einem angemessenen Verhältnis zum Beitrag des Vereinigten Königreichs zur jeweiligen Mission oder Operation stehen müssen;

84.  erwartet, dass das Vereinigte Königreich seine im Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA) im Format E3+3 gegenüber dem Iran eingegangenen Verpflichtungen, die in der Resolution 2231 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verankert sind, nach wie vor uneingeschränkt einhält, da diese Resolution eine tragende Säule des internationalen Nichtverbreitungssystems ist und die Grundlage für die Deeskalation der Spannungen im Nahen Osten und in der Golfregion bildet;

85.  betont, dass die sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit fester Bestandteil des umfassenden Partnerschaftsabkommens sein sollte, in dem die künftigen Beziehungen geregelt werden sollen; hebt hervor, dass durch ein solches Abkommen weder die Beschlussfassungsautonomie der EU noch die Souveränität des Vereinigten Königreichs beeinträchtigt würde;

86.  vertritt die Auffassung, dass es im gemeinsamen Interesse des Vereinigten Königreichs und der EU liegt, beim Aufbau der Verteidigungsfähigkeiten – auch im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur – und bei Maßnahmen gegen hybride Bedrohungen zusammenzuarbeiten und dadurch die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung zu stärken, damit die europäischen und alliierten Streitkräfte tatsächlich gemeinsam eingesetzt werden können und sich ihre gemeinsame Schlagkraft erhöht;

87.  stellt fest, dass in den genannten Bereichen, bei der EU-Verschlusssachen einschließlich nachrichtendienstlicher Erkenntnisse ausgetauscht werden, eine Zusammenarbeit nur möglich ist, wenn ein Abkommen über Sicherheitsinformationen zum Schutz von EU-Verschlusssachen besteht; betont, dass der Austausch von Informationen und nachrichtendienstlichen Erkenntnissen gefördert werden und auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beruhen muss; stellt fest, dass hierfür ein gesondertes Abkommen über Verschlusssachen und die Weiterentwicklung der autonomen Auswertung nachrichtendienstlicher Daten erforderlich ist; befürwortet einen Austausch von Verbindungsbeamten und Attachés, damit der Informationsaustausch reibungslos vonstattengeht;

88.  stellt fest, dass sich das Vereinigte Königreich seit Beginn der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) an keinem der ausgewählten Projekte beteiligt hat; stellt fest, dass die Teilnahme des Vereinigten Königreichs mit dem wesentlichen Ziel der Interoperabilität zwischen den Partnern und als Ausnahmefall in Erwägung gezogen werden sollte, wenn der Rat der Europäischen Union es in einem SSZ-Format dazu einlädt;

89.  weist darauf hin, dass das Vereinigte Königreich nach wie vor ein wichtiges Mitglied der NATO ist und die äußerst wertvollen Partnerschaften fortsetzen kann, die es sowohl bilateral mit anderen europäischen NATO-Mitgliedern als auch durch die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO aufgebaut hat;

90.  stellt fest, dass sich das Vereinigte Königreich auf der Grundlage anderer ähnlicher Vereinbarungen mit Drittländern, bei denen für jedes Instrument eigens Verhandlungen geführt werden müssen und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Pflichten und Rechten erzielt werden muss, an EU-Programmen zur Unterstützung der Verteidigung und der äußeren Sicherheit (wie dem Europäischen Verteidigungsfonds, Galileo und Cybersicherheitsprogrammen) beteiligen könnte; hebt hervor, dass das Vereinigte Königreich die Möglichkeit hat, zur Verfolgung gemeinsamer Ziele zu den Außenfinanzierungsinstrumenten der EU beizutragen;

91.  betont, dass die Weltraumbranche für Europa strategische Bedeutung hat, ist der Ansicht, dass mit einer ambitionierten Weltraumpolitik wirksam zur Stärkung des auswärtigen Handelns der EU beigetragen werden kann, und hebt hervor, dass bei der Entwicklung von Technologien mit sowohl zivilem als auch militärischem Verwendungszweck, mit denen die strategische Autonomie Europas sichergestellt werden kann, Fortschritte erzielt werden müssen;

Sicherheit, Strafverfolgung und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

92.  hält es angesichts der geografischen Nähe und der gemeinsamen Bedrohungen, denen die EU und das Vereinigte Königreich ausgesetzt sind, für äußerst wichtig, dass sich die EU und das Vereinigte Königreich um die Aufrechterhaltung wirksamer Vereinbarungen über die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung bemühen, die sich auf die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger auswirken und für beide Seiten vorteilhaft sind, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Vereinigte Königreich ein nicht dem Schengen-Raum angehörendes Drittland ist und daher nicht in den Genuss derselben Rechte und Erleichterungen wie ein Mitgliedstaat kommen kann;

93.  betont, dass das Vereinigte Königreich keinen direkten Zugang zu den Daten der EU-Informationssysteme haben und sich nicht an den Verwaltungsstrukturen der EU-Agenturen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen kann und dass gleichzeitig der Austausch von Informationen wie personenbezogenen Daten mit dem Vereinigten Königreich strengen Schutzmaßnahmen, Prüf- und Überwachungsbedingungen unterliegen sollte, was auch den gleichwertigen Schutz personenbezogener Daten wie im Unionsrecht einschließt;

94.  vertritt die Auffassung, dass das Vereinigte Königreich als Drittland keinen Zugang zum Schengener Informationssystem (SIS) haben kann; fordert das Vereinigte Königreich auf, die im Hinblick auf seine Nutzung des SIS festgestellten schwerwiegenden Mängel umgehend zu beheben, und fordert den Rat und die Kommission auf, den Prozess sehr genau zu überwachen, damit alle Mängel ordnungsgemäß und unverzüglich behoben werden; ist der Ansicht, dass die Modalitäten der künftigen Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich im Bereich der Strafverfolgung erst erörtert werden sollten, nachdem die Mängel behoben sind; fordert, über alle diesbezüglichen Entwicklungen ausführlich informiert zu werden;

95.  geht davon aus, dass alle gegenseitigen Vereinbarungen für den rechtzeitigen, wirksamen und effizienten Austausch von Fluggastdatensätzen (PNR) und die Speicherung der Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten in den jeweiligen nationalen PNR-Verarbeitungssystemen und für die Verarbeitung von DNS-, Fingerabdruck- und Fahrzeugregisterdaten (Prüm) sowie die operative Zusammenarbeit über Europol und Eurojust auf strengen Sicherheitsvorkehrungen und Bedingungen beruhen und voll und ganz mit dem EuGH-Gutachten 1/15 im Einklang stehen müssen, in dem das PNR-Abkommen zwischen der EU und Kanada zu einem Verstoß gegen die Charta erklärt wurde;

96.  erwartet, dass sich das Vereinigte Königreich in die Lage versetzt, die bestehende Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit den nationalen Behörden im Bereich Cybersicherheit fortzusetzen;

97.  ist der Ansicht, dass die Vollstreckung und Anerkennung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen ohne übermäßige Formalitäten sichergestellt sein muss;

98.  betont, dass das Vereinigte Königreich ein wichtiger Akteur der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe ist und dass eine enge Verbundenheit in diesem Bereich von großem gegenseitigem Nutzen wäre; regt an, dass das Vereinigte Königreich ersucht werden könnte, unter Wahrung der Autonomie der EU zu den Instrumenten und Mechanismen der EU beizutragen; vertritt die Auffassung, dass durch die geplante Partnerschaft auch die nachhaltige Entwicklung und die Beseitigung der Armut gefördert sowie die Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und des Europäischen Entwicklungskonsenses nach wie vor unterstützt werden sollte;

IV.HANDHABUNG DES KÜNFTIGEN ABKOMMENS

99.  weist darauf hin, dass für alle künftigen Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich als Drittland ein schlüssiges und solides Lenkungssystem als übergeordneter Rahmen eingerichtet werden sollte, der die gemeinsame fortgesetzte Aufsicht über das Abkommen bzw. die fortgesetzte Verwaltung des Abkommens sowie Mechanismen zur Streitbeilegung und Durchsetzung im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des Abkommens umfasst; ist der Ansicht, dass ein horizontaler Lenkungsmechanismus in diesem Sinne auf die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich insgesamt anwendbar sein sollte; weist in diesem Zusammenhang auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 hin und vertritt die Auffassung, dass die vollständige Durchführung des Austrittsabkommens von überragender Priorität ist; betont in diesem Zusammenhang, dass das Europäische Parlament die Anwendung aller Bestimmungen auch künftig aufmerksam zu verfolgen gedenkt; weist darauf hin, dass der Konfliktbeilegungsmechanismus belastbar sein und durch einen solchen Mechanismus für wirksame, rasch anwendbare und abschreckende Abhilfemaßnahmen gesorgt werden muss;

100.  beharrt darauf, dass es absolut notwendig ist, dass in diesem Lenkungssystem die Beschlussfassungsautonomie der EU und ihre Rechtsordnung einschließlich der Funktion des EuGH als einziges für die Auslegung von Unionsrecht zuständiges Organ uneingeschränkt gewahrt bleibt;

101.  betont, dass die Gestaltung der Lenkungsvereinbarungen der Art, dem Umfang und der Tiefe der künftigen Beziehungen angemessen sein und dem Grad der Verflechtung, Zusammenarbeit und Nähe gerecht werden sollte und dass dadurch gleichzeitig die wirksame und effiziente Anwendung des gesamten künftigen Abkommens sichergestellt werden sollte;

102.  erklärt sich damit einverstanden, dass ein Lenkungsgremium eingerichtet werden soll, das dafür zuständig ist, die Anwendung des Abkommens, den Umgang mit Divergenzen bei der Auslegung und die Durchführung vereinbarter Abhilfemaßnahmen wie etwa abschreckender bereichsspezifischer Abhilfemaßnahmen und Schutzmaßnahmen zu überwachen sowie die Regelungsautonomie der EU einschließlich der legislativen Vorrechte des Europäischen Parlaments und des Rates uneingeschränkt zu wahren; hebt hervor, dass die Vertreter der EU in diesem Lenkungsgremium verhältnismäßigen Verfahren der Rechenschaftspflicht unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments unterliegen sollten; weist erneut darauf hin, dass der Präsident der Kommission im Plenum des Europäischen Parlaments am 16. April 2019 zugesagt hatte, dass dafür Sorge getragen werde, dass die Kommission, wann immer in diesem Lenkungsgremium eine Entscheidung getroffen werden müsse, das Europäische Parlament eng einbinden und den Auffassungen des Parlaments weitestgehend Rechnung tragen werde und dass im Zusammenhang mit dem Brexit nichts entschieden werden könne, ohne dem Standpunkt des Europäischen Parlaments umfassend Rechnung zu tragen;

103.  beharrt außerdem darauf, dass das Abkommen die Einrichtung eines gemeinsamen parlamentarischen Gremiums der EU und des Vereinigten Königreichs vorsehen sollte, dessen Aufgabe die Überwachung der Anwendung des künftigen Abkommens ist;

104.  ist der Auffassung, dass die Lenkungsvereinbarungen bei Bestimmungen, die auf Begriffen des Unionsrechts beruhen, eine Befassung des EuGH vorsehen müssen; bekräftigt, dass für die Anwendung und Auslegung von Bestimmungen des Abkommens, die nicht das Unionsrecht betreffen, ein alternativer Streitbeilegungsmechanismus nur dann in Betracht gezogen werden kann, wenn er dem EuGH gleichwertige Garantien für Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bietet;

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o   o

105.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament des Vereinigten Königreichs zu übermitteln.

(1) ABl. C 298 vom 23.8.2018, S. 24.
(2) ABl. C 346 vom 27.9.2018, S. 2.
(3) ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 32.
(4) ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 40.
(5) Angenommene Texte, P9_TA(2019)0016.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0006.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0018.
(8) ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7.
(9) ABl. C 34 vom 31.1.2020, S. 1.
(10) Rechtssache C-362/14, Maximilian Schrems/Data Protection Commissioner, ECLI:EU:C:2015:650.
(11) Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).
(12) Rechtssache C-362/14, Maximilian Schrems/Data Protection Commissioner, ECLI:EU:C:2015:650; Gutachten 1/15 zum PNR-Abkommen mit Kanada, ECLI:EU:C:2017:592; Rechtssachen C‑293/12 und C‑594/12, Digital Rights Ireland u. a., EU:C:2014:238; Tele2 und Watson, Rechtssachen C‑203/15 – Tele2 Sverige und C‑698/15 Watson, ECLI:EU:C:2016:970.
(13) Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).


Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2018
PDF 164kWORD 54k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zu dem Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2018 (2019/2129(INI))
P9_TA(2020)0034A9-0016/2020

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Jahresbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) 2018,

–  unter Hinweis auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der EZB, insbesondere auf Artikel 15,

–  unter Hinweis auf Artikel 127 Absätze 1 und 2, Artikel 130 und Artikel 284 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Anhörung der Kandidatin für das Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, am 4. September 2019,

–  unter Hinweis auf den geld- und währungspolitischen Dialog zwischen EZB-Präsident Mario Draghi und dem Europäischen Parlament am 23. September 2019,

–  unter Hinweis auf den Bericht der G7-Arbeitsgruppe zu Stable Coins vom 18. Oktober 2019 mit dem Titel „Investigating the impact of global stablecoins“ (Untersuchung der Auswirkungen globaler Stable Coins),

–  unter Hinweis auf die Rückmeldung der EZB zu den Ausführungen des Europäischen Parlaments im Rahmen seiner Entschließung zum Jahresbericht der EZB 2017,

–  unter Hinweis auf den Abschlussbericht der hochrangigen Sachverständigengruppe für ein nachhaltiges Finanzwesen vom 31. Januar 2018 mit dem Titel „Financing a Sustainable European Economy“ (Wie ließe sich eine nachhaltige europäische Wirtschaft finanzieren?),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. Mai 2018 zu einem nachhaltigen Finanzwesen(1) und seine legislative Entschließung vom 28. März 2019 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen(2),

–  unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung,

–  unter Hinweis auf das im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) geschlossene Übereinkommen von Paris,

–  gestützt auf Artikel 142 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0016/2020),

A.  in der Erwägung, dass gemäß der Wirtschaftsprognose der Kommission vom Herbst 2019 die jüngsten Zahlen für 2019 eine Verlangsamung des BIP-Wachstums widerspiegeln, von 1,9 % im Jahr 2018 auf 1,1 % im Jahr 2019 im Euro-Währungsgebiet und von 2,1 % im Jahr 2018 auf 1,4 % im Jahr 2019 in der EU-27, was auf die kürzliche Eskalation der Handelsspannungen, die damit einhergehende Unsicherheit und den Brexit zurückzuführen ist;

B.  in der Erwägung, dass die Arbeitslosenquote nach Angaben von Eurostat im August 2019 in der EU bei 6,2 % und im Euro-Währungsgebiet bei 7,4 % lag, die niedrigsten Quoten seit Juli 2008; in der Erwägung, dass die Arbeitslosenquoten in der Europäischen Union weiterhin ungleich sind; in der Erwägung, dass eine hohe Jugendarbeitslosenquote, die mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt ist, weiterhin ein schwerwiegendes Problem in der EU ist, das angegangen werden muss; in der Erwägung, dass bei der Arbeitslosigkeit sowohl innerhalb als auch zwischen den Mitgliedstaaten weiterhin außerordentliche regionale Ungleichheiten bestehen;

C.  in der Erwägung, dass sich die jährliche Inflation im Euro-Währungsgebiet im harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemäß den von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen vom September 2019 in den Jahren 2019, 2020 und 2021 voraussichtlich auf 1,2 %, 1,0 % und 1,5 % belaufen und somit hinter dem Ziel, die Inflationsraten unter, aber nahe bei 2 % zu halten, zurückbleiben wird; in der Erwägung, dass die Inflationsprognosen innerhalb des gesamten Euro-Währungsgebiets erhebliche Unterschiede aufweisen;

D.  in der Erwägung, dass die Bilanzsumme des Eurosystems Ende 2018 auf einen historischen Höchststand von 4,7 Billionen EUR und somit mehr als 40 % des BIP des Euro-Währungsgebiets angewachsen ist, was einer Zunahme um 4,25 % (0,2 Billionen EUR) gegenüber Ende 2017 entspricht;

E.  in der Erwägung, dass der Nettogewinn der EZB im Jahr 2018 1,575 Mrd. EUR betrug (2017: 1,275 Mrd. EUR); in der Erwägung, dass dieser Anstieg hauptsächlich auf den Anstieg der Nettozinserträge auf das US-Dollar-Portfolio und auf das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) zurückzuführen ist;

F.  in der Erwägung, dass eine stärkere Rolle des Euro und seine zunehmende Verwendung als Reservewährung die Fähigkeit der EU stärken würden, ihren politischen Kurs unabhängig von anderen globalen Mächten festzulegen, und Schlüsselelemente für die Wahrung der europäischen wirtschaftlichen Souveränität sind;

G.   in der Erwägung, dass der Euro global nur dann eine stärkere Rolle spielen kann, wenn das Euro-Währungsgebiet zunächst unter Beweis stellt, dass es eine Rezession bewältigen kann, ohne dass einer seiner Mitgliedstaaten (freiwillig oder unfreiwillig) auf Abschreibungen von Staatsschulden zurückgreift;

H.  in der Erwägung, dass das ESZB gemäß Artikel 127 Absatz 5 AEUV zur Wahrung der Stabilität des Finanzsystems beitragen muss;

I.  in der Erwägung, dass KMU, die weiterhin das Rückgrat der Wirtschaft und Gesellschaft der EU bilden und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt stärken, zusätzlicher Unterstützung bedürfen;

J.  in der Erwägung, dass der Wert der weltweiten Emission grüner Anleihen von weniger als 1 Mrd. EUR im Jahr 2008 auf mehr als 120 Mrd. EUR im Jahr 2017 angestiegen ist und die Emission von auf Euro lautenden grünen Anleihen netto seit 2013 um das Zehnfache gestiegen ist; in der Erwägung, dass die Differenz zwischen den Spreads grüner Anleihen und jenen der Gesamtindustrie nach und nach zusammengeschrumpft ist;

K.  in der Erwägung, dass grüne Anleihen trotz dieser positiven Entwicklung immer noch nur 1 % des gesamten Angebots an auf Euro lautenden Anleihen ausmachen;

L.  in der Erwägung, dass der Umfang der Transaktionen, die mit virtuellen Währungen abgewickelt werden, drastisch zugenommen hat und die Vorherrschaft der traditionellen, auf gesetzlichen Zahlungsmitteln beruhenden Systeme infrage stellt; in der Erwägung, dass es sich bei virtuellen Währungen um alternative Zahlungsmodalitäten und nicht um gesetzliche Zahlungsmittel handelt;

M.  in der Erwägung, dass die Unterstützung der Öffentlichkeit für den Euro im Jahr 2018 der Eurobarometer-Umfrage vom Dezember 2018 zufolge auf 75 % gestiegen ist;

Allgemeiner Überblick

1.  begrüßt die Rolle der EZB bei der Wahrung der Stabilität des Euro; betont, dass die satzungsgemäße und in den Verträgen verankerte Unabhängigkeit der EZB eine Voraussetzung für die Erfüllung ihres Mandats ist, die Preisstabilität zu wahren;

2.  betont, dass der Euro kein rein wirtschaftliches, sondern auch ein politisches Projekt ist; betont die Unumkehrbarkeit der gemeinsamen Währung; weist darauf hin, dass gemäß den Verträgen jeder Mitgliedstaat außer Dänemark verpflichtet ist, die gemeinsame Währung einzuführen, sobald er die Konvergenzkriterien von Maastricht erfüllt; ist der Auffassung, dass die Beteiligung an der Bankenunion als Vorteil für die Staaten angesehen werden muss, die Teil des Euro-Währungsgebiets werden wollen;

3.  ist besorgt darüber, dass sich das Wachstum nach einer kurzfristigen Konjunkturerholung auf 1,1 % des BIP im Euro-Währungsgebiet verlangsamt hat; ist darüber hinaus besorgt über die Abnahme des Wachstums der Industrieproduktion und des Welthandels; stellt daher fest, dass – wie Mario Draghi betont hat – sowohl angemessene Liquiditätsbedingungen als auch ein gewisses Maß an geldpolitischer Akkommodierung aufrechterhalten werden müssen;

4.  betont, dass nachhaltiges Wachstum und Preisstabilität nicht durch Geldpolitik allein erreicht werden können und dass auch eine unterstützende Fiskalpolitik sowie sozial ausgewogene und produktivitätssteigernde Strukturreformen erforderlich sind;

5.  weist darauf hin, dass eine akkommodierende Geldpolitik nicht als Ersatz für Strukturreformen angesehen werden darf;

6.  hebt die Ergebnisse der ESZB-Expertengruppe zu niedrigem Lohnwachstum(3) hervor, die die Diskrepanz zwischen dem Lohnwachstum und der Erholung auf dem Arbeitsmarkt analysiert hat; weist darauf hin, dass daraus hervorgeht, dass das niedrige Lohnwachstum der letzten Jahre vor allem auf Technologieschocks und Schocks bei Tarifverhandlungen (wobei letztere durch Veränderungen in der Struktur von Tarifverhandlungen – die die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer verringern – beeinflusst werden) und auf Arbeitsmarktregelungen – vor allem in den Ländern, die am stärksten von der Krise betroffen sind – sowie auf die Kombination aus unzureichender Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials, niedriger Inflation und gedämpftem Produktivitätswachstum zurückzuführen ist;

7.  betont, dass die Stärkung der Rolle des Euro die richtigen strukturellen Bedingungen erfordert, darunter:

   die Vertiefung der Europäischen Währungsunion, einschließlich einer Fiskalkapazität für das Euro-Währungsgebiet, die eine antizyklische Stabilisierungsfunktion übernehmen kann,
   die Vollendung der Bankenunion,
   die Vollendung der Kapitalmarktunion;

8.  betont, dass außer Dänemark jeder Mitgliedstaat verpflichtet ist, die gemeinsame Währung einzuführen, sobald er die Konvergenzkriterien von Maastricht erfüllt; fordert die EZB auf, ihre fruchtbare Zusammenarbeit auch mit den EU-Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, fortzusetzen;

Geldpolitik

9.  betont, dass die Offenmarktgeschäfte und die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen der EZB einen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung und zu einer Verbesserung der Finanzierungsbedingungen über mehrere Transmissionskanäle geleistet sowie zu einer Verringerung der Renditen in einem breiten Spektrum von Anlageklassen geführt haben; fordert die EZB auf, potenzielle Risiken für ihre Bilanzen, die Inflation der Vermögenspreise, eine mögliche Fehlallokation von Ressourcen und Nachteile für Sparer weiter zu überwachen;

10.  nimmt zur Kenntnis, dass die EZB am 12. September 2019 ein umfassendes Konjunkturpaket angekündigt hat, das Nettoankäufe im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) im Umfang von 20 Mrd. EUR pro Monat, eine Senkung des Zinssatzes für die Einlagefazilität um 10 Basispunkte, ein zweistufiges System für die Verzinsung der Reserveguthaben und günstigere Bedingungen für gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III) umfasst; stellt fest, dass keine Einstimmigkeit herrscht, und ist der Ansicht, dass die Führung der EZB und Präsidentin Lagarde darauf hinarbeiten sollten, die Spaltungen im EZB-Rat zu überbrücken;

11.  stellt fest, dass die emittentenbezogene Obergrenze von 33 %, die beim Programm der quantitativen Lockerung der EZB Anwendung findet, die Möglichkeiten der EZB, die Anleihen mehrerer Mitgliedstaaten zu erwerben, einschränken kann; ist der Ansicht, dass diese emittentenbezogene Obergrenze möglicherweise geändert werden muss, da das erneuerte Programm der quantitativen Lockerung unbefristet ist und möglicherweise Anleihekäufe erfordert, die in Bezug auf einige Mitgliedstaaten über die Grenze von 33 % hinausgehen; stellt fest, dass das Programm der quantitativen Lockerung für den Ankauf von Anleihen der Mitgliedstaaten im Verhältnis zur Größe einer Volkswirtschaft und ihrer Bevölkerungszahl ausgelegt war;

12.  nimmt die Absicht des EZB-Rates zur Kenntnis, die Tilgungszahlungen fällig werdender Wertpapiere so lange wieder anzulegen, wie es erforderlich ist;

13.  stellt fest, dass die negativen Auswirkungen auf die Nettozinserträge der Banken bislang durch die Vorteile, die sich daraus ergeben, dass mehr Bankkredite vergeben werden und geringere Kosten für Rückstellungen und Wertminderungen anfallen, ausgeglichen wurden; ist besorgt über die Schwierigkeiten, mit denen insbesondere kleine Banken konfrontiert sind; fordert die EZB auf, das mögliche Entstehen einer Vermögenspreisblase zu überwachen;

14.  betont, dass sehr niedrige oder negative Zinssätze Chancen für Verbraucher, Unternehmen, einschließlich KMU, Arbeitnehmer und Kreditnehmer bieten, da diese von einer stärkeren wirtschaftlichen Dynamik, geringerer Arbeitslosigkeit und geringeren Kreditkosten profitieren können; weist jedoch darauf hin, dass es Bedenken in Bezug auf die möglichen Auswirkungen auf die Renten- und Versicherungssysteme infolge geringer Renditen, wirtschaftlicher Ungleichheiten und Herausforderungen für private Sparer gibt; stellt ferner fest, dass einige Mitgliedstaaten das Niedrigzinsumfeld nicht genutzt haben, um ihre Haushalte zu konsolidieren und Strukturreformen durchzuführen;

15.  nimmt die Absicht des EZB-Rates zur Kenntnis, die Tilgungszahlungen fällig werdender Wertpapiere so lange wieder anzulegen, wie es erforderlich ist, um günstige Liquiditätsbedingungen und eine umfangreiche geldpolitische Akkommodierung aufrechtzuerhalten;

16.  ist besorgt über den anhaltenden gedämpften Inflationsdruck, die übermäßige Abhängigkeit von der Geldpolitik der EZB zur Stützung des Wachstums sowie ihre zunehmend begrenzten Optionen im Rahmen ihres derzeitigen Instrumentariums;

17.  nimmt Präsident Draghis Forderung zur Kenntnis, die Geldpolitik der EZB und die Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten besser aufeinander abzustimmen, und hebt hervor, dass mit niedrigen Zinssätze vor dem Hintergrund eines ausgewogeneren gesamtwirtschaftlichen Policy-Mix derselbe Grad von Anreizen geschaffen werden könnte wie in der Vergangenheit, allerdings mit weniger Nebenwirkungen;

18.  betont, dass die Zentralbanken in der Europäischen Union, aber auch weltweit zusammenarbeiten müssen, damit die Inflationsziele mittelfristig erreicht werden;

Maßnahmen gegen den Klimawandel

19.  weist darauf hin, dass die EZB als Organ der EU an das Pariser Klimaschutzübereinkommen gebunden ist und dass sich dies in ihrer Politik widerspiegeln sollte, wobei ihr Mandat und ihre Unabhängigkeit uneingeschränkt zu achten sind; begrüßt, dass inzwischen eine Diskussion über die Rolle der Zentralbanken und Aufsichtsbehörden bei der Unterstützung der Bekämpfung des Klimawandels geführt wird; fordert die EZB auf, unter uneingeschränkter Achtung ihres Mandats und ihrer Unabhängigkeit die Umwelt-, Sozial- und Governance-Grundsätze (ESG-Grundsätze) im Rahmen ihrer Maßnahmen umzusetzen;

20.  pflichtet den Standpunkten bei, die die Mitglieder des Direktoriums der EZB mit Blick auf die Bedeutung der Schaffung wirklich europäischer Zahlungssysteme, die gegen externe Störungen (einschließlich politischer Störungen) immun sind, geäußert haben; fordert die EZB auf, ihre Arbeiten am Projekt der europäischen Zahlungsinitiative (European Payment Initiative / EPI) mit dem Ziel fortzusetzen, die Souveränität der EU zu wahren und für wirtschaftliche Effizienz für alle Nutzer und Anbieter sowie für einen fairen Wettbewerb zu sorgen;

21.  nimmt die Erklärung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde vom 4. September 2019 aufmerksam zur Kenntnis, in der sie eine schrittweise Beseitigung von CO2-Aktiva aus dem Portfolio der EZB befürwortet und die Beteiligung der EZB im Network for Greening the Financial System (NGFS) ebenso begrüßt wie die Zusage, dazu beizutragen, die Risikopositionen des Finanzsystems in Bezug auf klimabedingte Risiken zu identifizieren und zu bemessen und ein ökologischeres Finanzsystem zu fördern, wobei das Mandat der EZB in Bezug auf Preisstabilität und andere Ziele uneingeschränkt geachtet werde;

22.  schlägt vor, dass die EZB die Frage, wie die Zentralbanken und die Bankenaufsicht zu einer nachhaltigen Wirtschaft und zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen können, zu einer ihrer Forschungsprioritäten macht; schlägt vor, dass die EZB zu diesem Zweck nicht nur mit dem NGFS, sondern auch mit anderen internationalen Netzwerken zusammenarbeitet, und zwar insbesondere mit dem Sustainable Banking Network und der Initiative der Vereinten Nationen „Grundsätze für ein verantwortungsvolles Bankwesen“;

23.  ist besorgt darüber, dass 62,1 % der Ankäufe von Unternehmensanleihen der EZB in den Sektoren erfolgen, die für 58,5 % der Treibhausgasemissionen im Euro-Währungsgebiet verantwortlich sind; fordert die EZB auf, als ersten Schritt zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Umgestaltung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) eine Studie über die Auswirkungen des APP und insbesondere des CSPP auf den Klimawandel durchzuführen; schlägt in diesem Zusammenhang einen Rahmen für die Abstimmung zwischen der EZB und der Europäischen Investitionsbank, einschließlich InvestEU, vor;

Sonstige Aspekte

24.  erkennt die Bedeutung von Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen in der EU an; fordert die EZB insbesondere angesichts der schleppenden Verbesserung der Finanzlage dieser Unternehmen auf, darauf zu achten, dass sie Zugang zu Krediten haben; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass öffentliche und private Investitionen in der EU gefördert werden müssen, und fordert daher weitere Bemühungen, um die Finanzierung der Realwirtschaft sicherzustellen;

25.  fordert die EZB auf, ihre vorbereitenden Arbeiten fortzusetzen, um die Stabilität der EU-Finanzmärkte angesichts aller Eventualfälle und negativen Folgen, insbesondere in Verbindung mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, sicherzustellen, wobei sie berücksichtigen muss, dass einige Regionen und Länder stärker betroffen sind als andere;

26.  ist besorgt angesichts der Risiken, die sich aus der Verzögerung beim Aufbau der Bankenunion ergeben, und fordert deren rasche Vollendung; nimmt die wiederholten Forderungen der EZB nach der Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems (EDIS) als dritte Säule der Bankenunion zur Kenntnis;

27.  betont, dass die besonderen Geschäftsprinzipien und die spezifische Aufgabe von Genossenschaftsbanken respektiert werden und in den Maßnahmen und Konzepten der EZB zum Ausdruck kommen sollten;

28.  fordert, das Projekt „Kapitalmarktunion“ zu beschleunigen, um die Finanzintegration zu vertiefen, den Zugang von KMU zu Finanzmitteln zu verbessern, eine wirksame Mobilisierung von Kapital in Europa zu ermöglichen, um so zur Förderung eines nachhaltigen Wachstums der Realwirtschaft zum Wohle aller Bürger beizutragen, und die Finanzstabilität sowie die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber Schocks zu verbessern; erkennt die starke Unterstützung der EZB bei der Schaffung einer echten Kapitalmarktunion an; begrüßt den diesbezüglichen Beitrag der Arbeitsgruppe „Next CMU“;

29.  fordert die EZB und alle Aufsichtsbehörden auf, ihre Überwachung von Kryptoanleihen und den erhöhten Risiken in Bezug auf Cybersicherheit und Geldwäsche zu verstärken, um negativen Auswirkungen auf die Stabilität, Integrität und Sicherheit des Finanzsektors vorzubeugen; stimmt der Stellungnahme 2014/08 der EBA zu, in der vorgeschlagen wird, von der Verwendung des Begriffs „virtuelle Währungen“ abzusehen, da die Verwendung des Begriffs „Währung“ aus verschiedenen Gründen irreführend sein kann;

30.  nimmt die Erklärungen von Christine Lagarde in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung vom 4. September 2019 zum Thema der neuen Regulierung von Kryptoanlagen zur Kenntnis, wonach die EZB und die Zentralbanken im Allgemeinen diese Entwicklungen offensichtlich beobachten und zu den laufenden internationalen Tätigkeiten in Bezug auf politische Maßnahmen beitragen sollten; fordert die EZB auf, in Zusammenarbeit mit der Kommission den Rechts- und Regulierungsrahmen der EU für E-Geld, Finanzinstrumente und virtuelle Vermögenswerte zu bewerten, um einen umfassenden Rahmen für die Aufsicht über Finanzinstrumente, Finanzeinrichtungen und Finanzinfrastrukturen, für die Bekämpfung der Geldwäsche und für Stabilitätszwecke sowie für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordinierung zu gewährleisten; fordert die EZB auf, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, was die Schaffung eines Rahmens für diese neuen Währungen angeht, der Innovationsfähigkeit, die Bedürfnisse der Bürger, die Wahrung der Finanzstabilität und die Rechtsstaatlichkeit in Einklang bringt;

31.  begrüßt die kontinuierlichen Bemühungen der EZB, ihre Reaktions- und Wiederherstellungsfähigkeiten im Falle eines Cyberangriffs auf ihre eigene Organisation weiter zu stärken;

32.  fordert die EZB auf, für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Finanzinnovationen, einschließlich Finanztechnologien, und der Finanzstabilität zu sorgen;

33.  legt der EZB nahe, mit der Kommission und allen einschlägigen Interessenträgern zusammenzuarbeiten, um die Bedeutung des Euro als Reservewährung zu fördern; ist der Auffassung, dass dies über eine Vielzahl von Kanälen, etwa institutionelle Repräsentation oder leistungsfähige europäische Finanzprodukte, erreicht werden kann;

34.  stimmt der Erklärung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu, dass eine Überprüfung des geldpolitischen Handlungsrahmens der EZB an der Zeit und angebracht ist, um sicherzustellen, dass die EZB über die richtigen Instrumente verfügt, um unbeschadet ihres vorrangigen Ziels, der Erhaltung der Preisstabilität, die allgemeine Politik in der EU zu unterstützen; fordert die EZB auf, als Teil dieses Prozesses eine öffentliche Konsultation durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Überprüfung für Beiträge und Rückmeldungen einer breiten Palette unterschiedlicher Interessenträger aus der Zivilgesellschaft offen ist; fordert die EZB auf, auch das Europäische Parlament in dieses Überprüfungsverfahren einzubeziehen; stimmt ferner mit der EZB-Präsidentin darin überein, dass die EZB ihre an die Bürger gerichteten Kommunikationsmaßnahmen über die Auswirkungen ihrer Maßnahmen verbessern muss;

35.  weist auf die Bedeutung von Bargeld als Zahlungsmittel für die Unionsbürger hin; fordert die EZB auf, unbeschadet der Vorrechte der Mitgliedstaaten ein System einzurichten, um im Hinblick auf die Bekämpfung von Geldwäsche, Steuerhinterziehung und die Finanzierung von Terrorismus und organisierter Kriminalität große Transaktionen besser zu überwachen;

36.  begrüßt, dass die EZB seit 2017 ein vollständiges Verzeichnis aller CSPP-Bestände, einschließlich der Namen der Emittenten, zusammen mit aggregierten Daten zu diesen Beständen nach Land, Risiko, Rating und Branche, veröffentlicht; bedauert, dass keine ähnliche Politik in Bezug auf das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP) und das dritte Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP3) umgesetzt wird; weist erneut darauf hin, dass mehr Transparenz vonnöten ist, insbesondere in Bezug auf das CBPP3, zumal das Volumen dieses Programms erheblich ist;

37.  begrüßt die Einführung der Euro Short-Term Rate, des neuen Tagesgeldreferenzsatzes für die Geldmärkte des Euro-Währungsgebiets; fordert die EZB auf, in ihren nächsten Jahresbericht eine erste Bewertung der Entwicklung dieses Zinssatzes und seines Funktionierens auf dem Markt aufzunehmen;

38.  stellt fest, dass die EZB im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP) noch keine griechischen Anleihen ankauft, obwohl Griechenland in Bezug auf einen tragfähigen Schuldenstand und die Wiedererlangung des Zugangs zu Anleihemärkten Fortschritte gemacht hat;

39.  betont, dass die Beschlüsse der EZB zur Zinsfestsetzung technischer Natur sind und eine Entscheidungsfindung unter Führung von Experten in diesem Bereich unbedingt von öffentlicher Seite unterstützt werden muss; kritisiert daher, dass die Beschlüsse über Maßnahmen der EZB politisiert werden; fordert alle Politiker und nationalen Zentralbanker auf, in Bezug auf die Abgabe öffentlicher Erklärungen, die das Vertrauen in die Geldpolitik der EZB und die Unterstützung für diese Politik untergraben könnten, Vorsicht walten zu lassen;

Rechenschaftspflicht

40.  begrüßt, dass die Rechenschaftspflicht der EZB gegenüber dem Europäischen Parlament unter der Präsidentschaft von Mario Draghi verstärkt wurde, und sieht einer noch stärkeren Rechenschaftspflicht sowie einem Mehr an Dialog und Offenheit bei der Zusammenarbeit mit Präsidentin Christine Lagarde auf der Grundlage der Verpflichtungen, die sie bei ihrer Anhörung vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung am 4. September 2019 eingegangen ist, erwartungsvoll entgegen;

41.  ist der Auffassung, dass die EZB in Bezug auf Prüfungen des Europäischen Rechnungshofs im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht einen ausreichenden Zugang zu Dokumenten und Informationen gewähren sollte; begrüßt in diesem Zusammenhang die Absichtserklärung des Rechnungshofs und der EZB vom Oktober 2019, in der die praktischen Modalitäten für den Informationsaustausch im Zuge der Prüfungen der Aufsichtstätigkeit der EZB durch den Rechnungshof festgelegt wurden;

42.  weist darauf hin, dass die Nominierungen der Mitglieder des Direktoriums im Einklang mit den Verträgen sorgfältig und unter vollständiger Transparenz gemeinsam mit dem Parlament vorbereitet werden sollten; fordert den Europäischen Rat auf, für alle zukünftigen freien Stellen eine Auswahlliste mit Kandidaten aufzustellen, die ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis aufweist, und diese dem Parlament zu übermitteln, damit das Parlament seiner Beratungsfunktion im Zuge des Ernennungsverfahrens besser nachkommen kann; bedauert, dass bisher keine zufriedenstellenden Fortschritte erzielt wurden; weist auf die Bedeutung von Ziffer 4 der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2019 zum ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern bei Nominierungen für Positionen im Bereich Wirtschaft und Währung auf EU-Ebene(4) hin, in der sich das Parlament verpflichtet, keine Bewerberlisten zu berücksichtigen, bei denen dem Grundsatz der ausgewogenen Geschlechtervertretung nicht Rechnung getragen wurde;

43.  räumt zwar ein, dass die Bank in den letzten zehn Jahren mit einer Ausweitung ihrer Aufgaben und der Notwendigkeit, mehr Personal auf der Grundlage unterschiedlicher Bedingungen einzustellen, konfrontiert war, um die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen, fordert allerdings, dass die aufgetretenen Probleme in Bezug auf das Personal in Bezug auf alle Mitarbeiter fair, transparent und rasch gelöst werden;

44.  betont, dass vor dem Hintergrund, dass die Aufgaben der EZB seit Beginn der globalen Finanzkrise ausgeweitet wurden, eine stärkere und wirksamere Rechenschaftspflicht vonnöten ist; bekräftigt seine Forderung, dass die EZB gegenüber dem Parlament mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht walten lassen muss; ist zu diesem Zweck bereit, die Ausgestaltung des geld- und währungspolitischen Dialogs mit dem Präsidenten der EZB zu verbessern; erkennt die von der EZB in dieser Hinsicht unternommenen Schritte an, insbesondere die Annahme des einheitlichen Verhaltenskodex für alle hochrangigen Funktionsträger der EZB, der die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Interessenerklärungen der Mitglieder des EZB-Rates umfasst und klare Leitlinien und Transparenzanforderungen sowie angemessene Einschränkungen in Bezug auf Treffen mit Interessenträgern enthält; ist der Ansicht, dass Vorkehrungen für eine Stärkung der Transparenz mindestens die folgenden Elemente enthalten sollten:

   Sicherstellung, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses und des Ethikausschusses unabhängig sind,
   Verabschiedung einer neuen Strategie zur Meldung von Missständen,
   Festlegung spezifischer Anforderungen in Bezug auf die durch das Organ vertretenen Standpunkte im Rahmen der Finanzhilfeprogramme sowie in multilateralen Gremien wie dem Baseler Ausschuss;

45.  begrüßt, dass die EZB eine umfassende, detaillierte Rückmeldung zu der Entschließung des Parlaments zum Jahresbericht der EZB 2017 vorgelegt hat, in der auf alle Abschnitte einzeln eingegangen wird; fordert die EZB auf, der Rechenschaftspflicht auch künftig mit vergleichbarem Engagement nachzukommen und sie auszubauen und ihre schriftliche Rückmeldung zu der Entschließung des Parlaments zum Jahresbericht der EZB auch künftig jedes Jahr zu veröffentlichen;

46.  hebt hervor, dass die EZB ihre Kommunikationsmaßnahmen verbessert hat; ist allerdings der Ansicht, dass sie ihre Bemühungen fortsetzen sollte, ihre Entscheidungen allen Bürgern zugänglich zu machen und verständlich zu erläutern, was ebenso für ihre Maßnahmen zur Wahrung der Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet und damit zur Wahrung der Kaufkraft der Gemeinschaftswährung gilt;

o
o   o

47.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie der Europäischen Zentralbank zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P8_TA(2018)0215.
(2) Angenommene Texte, P8_TA(2019)0325.
(3) Occasional Paper der EZB Nr. 232/September 2019: Understanding low wage growth in the euro area and European countries (Das niedrige Lohnwachstum im Euro-Währungsgebiet und den europäischen Ländern verstehen). https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecb.op232~4b89088255.en.pdf
(4) Angenommene Texte, P8_TA(2019)0211.


Illegaler Handel mit Heimtieren in der EU
PDF 172kWORD 49k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 zum Schutz des EU-Binnenmarkts und der Verbraucherrechte vor den negativen Auswirkungen des illegalen Handels mit Heimtieren (2019/2814(RSP))
P9_TA(2020)0035B9-0088/2020

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen(1),

–  gestützt auf Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der besagt, dass die Union und die Mitgliedstaaten bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung tragen müssen,

–  gestützt auf Artikel 114 AEUV zur Errichtung und zum Funktionieren des Binnenmarkts und auf Artikel 169 AEUV zu Maßnahmen zum Verbraucherschutz,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen (Tiergesundheitsrecht)(2) und auf die der Kommission im Zuge dieser Verordnung übertragenen delegierten Befugnisse und Durchführungsbefugnisse,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003(3) und auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 577/2013 der Kommission vom 28. Juni 2013 zu den Muster-Identifizierungsdokumenten für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zu anderen als Handelszwecken, zur Erstellung der Listen der Gebiete und Drittländer sowie zur Festlegung der Anforderungen an Format, Layout und Sprache der Erklärungen zur Bestätigung der Einhaltung bestimmter Bedingungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2016 zur Einführung kompatibler Systeme für die Registrierung von Heimtieren in allen Mitgliedstaaten(5),

–  unter Hinweis auf die von der Kommission finanzierte Studie (SANCO 2013/12364) über das Wohlergehen von Hunden und Katzen im Rahmen von Geschäftspraktiken, die gemäß der der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 beigefügten Erklärung der Kommission durchgeführt wurde(6),

–  unter Hinweis auf die Ergebnisse des koordinierten Kontrollplans der EU für Online-Verkäufe von Hunden und Katzen(7),

–  unter Hinweis auf die Anfragen an die Kommission und den Rat zum Schutz des EU-Binnenmarkts und der Verbraucherrechte vor den negativen Auswirkungen des illegalen Handels mit Heimtieren (O-000011/2020 – B9-0004/2020 und O-000010/2020 – B9-0003/2020),

–  gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Entschließung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,

A.  in der Erwägung, dass nichtstaatliche Organisationen, Strafverfolgungsbehörden, zuständige Behörden und Tierärzte Nachweise dafür erbracht haben, dass immer mehr Heimtiere – oft von Netzen der organisierten Kriminalität – in den Mitgliedstaaten illegal gehandelt werden, indem Kontrollen umgangen und Dokumente gefälscht werden und laufend gegen die Verordnung (EU) Nr. 576/2013 verstoßen wird, die sich auf die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken bezieht, während Heimtiere eigentlich gemäß der Richtlinie 92/65/EWG des Rates verbracht werden sollten;

B.  in der Erwägung, dass der illegale Handel mit Heimtieren in der EU den Beteiligten, darunter illegalen Züchtern, Schätzungen zufolge zu sehr hohen Gewinnen verhelfen kann, während das Risiko, entdeckt zu werden, gering ist, was sich negativ auf die Rentabilität der legalen Tierzucht auswirkt;

C.  in der Erwägung, dass viele Annoncen, in denen Tiere online zum Verkauf angeboten werden, aus illegalen Quellen kommen;

D.  in der Erwägung, dass es auf EU-Ebene keine gemeinsamen Bestimmungen für die Zucht von Heimtieren gibt und dass die je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Gesetzgebung zu den Tierschutznormen, die von Züchtern einzuhalten sind, zu großen Unterschieden beim Preis für Heimtiere auf dem Binnenmarkt führt, was von illegalen Händlern ausgenutzt wird;

E.  in der Erwägung, dass Tiere in riesigen Massenzuchtbetrieben nicht in einer Weise behandelt werden, die ihren Bedürfnissen gerecht wird, was schwerwiegende und dauerhafte Folgen für ihre Gesundheit, ihr Wohlergehen und die Entwicklung ihres Verhaltens hat;

F.  in der Erwägung, dass illegale Schmuggler und Händler in den meisten Fällen ungeschoren davonkommen, da sie wissen, dass die meisten Kunden, die ein Tier in schlechtem Gesundheitszustand erworben haben, keine rechtlichen Schritte einleiten werden;

G.  in der Erwägung, dass die illegale Zucht von Katzen und Hunden häufig unter entsetzlichen Bedingungen erfolgt und dass die Kosten so niedrig wie möglich gehalten werden; in der Erwägung, dass illegal gezüchtete Tiere nach der Geburt häufig viel zu früh von der Mutter getrennt werden, kaum sozialisiert und krankheitsanfällig, gestresst, unterernährt und dehydriert sind sowie einem höheren Risiko ausgesetzt sind, eine Unterkühlung zu erleiden, während sie in überfüllten, verschmutzten und nicht klimatisierten Transporträumen, in denen weder Futter noch Wasser zur Verfügung stehen, ohne Pausen auf langen Reisen quer durch die EU befördert werden; in der Erwägung, dass Welpen und Katzenjunge in der Regel nicht abgesetzt sind und in keiner Weise sozialisiert wurden, wenn sie im Bestimmungsland ankommen;

H.  in der Erwägung, dass sich die Situation inzwischen zwar verbessert hat, dass jedoch weiterhin schwerwiegende Bedenken in Bezug auf Heimtierausweise bestehen, etwa was den Nachweis des Alters einzelner Tiere und die Möglichkeit, einen neuen Ausweis ausstellen zu lassen, betrifft; in der Erwägung, dass eine große Anzahl an gefälschten Heimtierausweisen registriert wurde und dass Tierärzte häufig mit den illegalen Händlern gemeinsame Sache machen und an dieser illegalen Praxis beteiligt sind, wodurch Kontrollen und Untersuchungen komplexer werden(8);

I.  in der Erwägung, dass illegal gezüchtete Heimtiere häufig nur zum Teil oder gar nicht geimpft sind oder ihnen bei einer Erkrankung nicht die erforderliche Behandlung zuteilwurde; in der Erwägung, dass mit dem illegalen Handel mit Heimtieren zahlreiche Risiken im Zusammenhang mit Zoonosen verknüpft sind, etwa die Einführung der Tollwut aus Teilen Europas, in denen diese Erkrankung verbreitet ist, in tollwutfreie Länder oder die Verbreitung von Parasiten wie dem Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis), der sich leicht verbreitet, aber nur schwer bekämpfen lässt(9);

J.  in der Erwägung, dass durch das Tiergesundheitsrecht, das ab dem 21. April 2021 gilt, der Online-Handel mit Katzen und Hunden transparenter werden wird und Tiergesundheit und Tierschutz verbessert werden sollen; in der Erwägung, dass nach dem Tiergesundheitsrecht alle Verkäufer, Züchter, Transportunternehmer und Sammelstellen von Hunden und Katzen der strengen Verpflichtung unterliegen, ihre Betriebe bei der entsprechenden zuständigen nationalen Behörde zu registrieren;

K.  in der Erwägung, dass der illegale Handel mit Heimtieren nicht nur dem Wohlergehen der Tiere schadet, sondern auch negative Auswirkungen auf den Verbraucherschutz sowie – aufgrund des unlauteren Wettbewerbs – auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes der EU und – aufgrund des Verlusts an Steuereinnahmen – auf die öffentlichen Finanzen hat;

L.  in der Erwägung, dass es heutzutage durchaus üblich ist, Heimtiere in der EU über Anzeigen im Internet zu erwerben, und dass der zweithäufigste Weg die sozialen Medien sind(10); in der Erwägung, dass die Rechte von Verbrauchern, die Heimtiere über Online-Anzeigen erwerben, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf EU-Ebene kaum geschützt sind; in der Erwägung, dass eine große Anzahl illegal gezüchteter Heimtiere auf Märkten in den Mitgliedstaaten oder an den Binnengrenzen der EU direkt aus Autos heraus verkauft wird;

M.  in der Erwägung, dass 65 % der Personen, die an einer Umfrage von Flash Eurobarometer zu illegalen Online-Inhalten teilnahmen, nicht der Ansicht waren, dass das Internet für die Nutzer sicher ist, und dass 90 % der Aussage zustimmten, Internet-Hosting-Dienste sollten Inhalte, die von der Öffentlichkeit oder von Strafverfolgungsbehörden als illegal gemeldet werden, unverzüglich löschen; in der Erwägung, dass 60 % der Internetnutzer angaben, mindestens einmal pro Woche ein soziales Netzwerk zu nutzen, und die meisten Internetnutzer zumindest gelegentlich auch Online-Marktplätze nutzen, wobei 30 % sie mindestens einmal pro Woche nutzen; in der Erwägung, dass 69 % der Internetnutzer in der EU angaben, online zu kaufen, und dass ihre Zahl jährlich steigt, auch in Bezug auf Tiere(11);

N.  in der Erwägung, dass viele Bürger nach wie vor sehr besorgt sind über die Misshandlung von Heimtieren, einschließlich von Tieren, die gezüchtet, gehalten und verkauft werden, um als Haustiere gehalten zu werden, von Heimtieren, die zu Unterhaltungs-, Sport- oder Arbeitszwecken eingesetzt werden, etwa der Greyhound und der Galgo, und von streunenden Tieren; in der Erwägung, dass die (bessere) Identifizierung und Registrierung von Haustieren ein nützliches Instrument im Kampf gegen Tierquälerei und zur Förderung einer verantwortungsbewussten Haltung von Haustieren sein kann; in der Erwägung, dass Identifizierung und Registrierung zentrale Bestandteile eines nichtletalen, humanen Umgangs mit Straßentieren sowie der allmählichen Reduzierung von Streunerpopulationen sind

O.  in der Erwägung, dass mehr als 70 % der neuen Krankheiten, die in den letzten Jahrzehnten beim Menschen festgestellt wurden, tierischen Ursprungs sind und Tiere, die im Allgemeinen als Heimtiere gehalten werden, Träger von 41 Zoonosen, einschließlich Tollwut, sind(12);

P.  in der Erwägung, dass Heimtiere der in Anhang I Teil A der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 genannten Arten nur dann aus einem Mitgliedstaat in einen anderen verbracht werden dürfen, wenn sie durch einen implantierten Transponder gekennzeichnet sind; in der Erwägung, dass es keine Vorschrift gibt, die besagt, dass für Katzen und Hunde, die innerhalb nationaler Grenzen bleiben und nicht in andere Mitgliedstaaten verbracht werden, eine harmonisierte Kennzeichnung obligatorisch ist; in der Erwägung, dass in den Mitgliedstaaten viele Katzen und Hunde nie identifiziert und registriert werden;

Q.  in der Erwägung, dass im Rahmen des Koordinierten Kontrollplans der EU für Online-Verkäufe von Hunden und Katzen bei 42 % der überprüften Anzeigen Inkongruenzen zwischen der Rechtsstellung von Händlern und ihren Aktivitäten festgestellt wurden(13);

R.  in der Erwägung, dass einige Betreiber von Online-Kleinanzeigenportalen inzwischen freiwillig dazu übergehen, bei der Prüfung der Identität von Internetverkäufern nach strengeren Regeln vorzugehen und das Wohlergehen der dort verkauften Tiere zu verbessern;

S.  in der Erwägung, dass die meisten Mitgliedstaaten bereits in gewissem Umfang Vorschriften für die Identifizierung und Registrierung von Katzen und Hunden erlassen haben; in der Erwägung, dass die Anforderungen im Zusammenhang mit der Identifizierung von Katzen, Hunden und Frettchen nicht harmonisiert sind, was unter anderem zur missbräuchlichen Verwendung von Ländercodes, zur Vergabe doppelter Codes und zu fehlerhaften Codes führt(14); in der Erwägung, dass die meisten Registrierungsdatenbanken nicht miteinander verknüpft sind, wodurch die Rückverfolgbarkeit in der EU eingeschränkt wird;

1.  betont, dass der illegale Handel mit Hunden und Katzen nicht nur katastrophale Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, sondern auch mit Risiken für die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz verbunden ist;

Identifizierung und Registrierung von Katzen und Hunden

2.  betont, dass ein harmonisiertes, EU-weites System zur obligatorischen Identifizierung und Registrierung von Katzen und Hunden ein wichtiger und notwendiger erster Schritt bei der Bekämpfung des illegalen Handels mit Heimtieren ist und dass die Registrierung und Identifizierung grundlegende Voraussetzungen für die Kontrolle, Durchsetzung und Rückverfolgbarkeit sind;

3.  hält es für wesentlich, Heimtiere von einem Tierarzt mit einem Mikrochip ausstatten zu lassen und in ein nationales Verzeichnis zur Identifizierung und Registrierung von Tieren einzutragen, damit ihre Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist; hält es für dringend geboten, dass in diesen Verzeichnissen die Registrierungsnummern aller Personen aufgeführt werden, die im Leben des Tieres eine Rolle gespielt haben, einschließlich der Züchter, Verkäufer, Tierärzte, Transportunternehmen und Eigentümer;

4.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre delegierten Befugnisse gemäß Artikel 109 Absatz 2 und Artikel 118 des Tiergesundheitsrechts voll auszuschöpfen und einen Vorschlag für ausführliche, EU-weite und kompatible Systeme für die Mittel und Methoden zur Identifizierung und Registrierung von Katzen und Hunden vorzulegen und dabei ein Minimum an Pflichtinformationen für die Identifizierung einzelner Tiere vorzugeben und Vorschriften für den Austausch elektronischer Daten zwischen den Datenbanken in den Mitgliedstaaten, die spätestens zum Ende der laufenden Wahlperiode miteinander verknüpft sein sollten, zu erlassen;

5.  fordert eine eindeutige Verknüpfung zwischen dem EU-Heimtierausweis und der Registrierung des Mikrochips für Heimtiere, damit die Herkunft des Heimtiers auch dann rückverfolgbar bleibt, wenn der Heimtierausweis neu ausgestellt wird;

6.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Politik zu betreiben, die darauf abzielt, Missbrauch von Tieren zu bekämpfen, indem alle Katzen und Hunde standardmäßig gekennzeichnet und registriert werden;

7.  betont, dass die Informationen, die zur Identifizierung von Heimtieren erhoben werden, auch personenbezogene Daten umfassen müssen und unter strikter Achtung der Bestimmungen der EU zum Schutz der Privatsphäre und zum Datenschutz geschützt werden sollten; ist der Auffassung, dass derartige personenbezogene Daten nicht zu kommerziellen Zwecken jeglicher Art verwendet werden sollten;

Aktionsplan der EU gegen den illegalen Handel mit Heimtieren

8.  fordert die Kommission auf, einen bereichsübergreifenden Aktionsplan der EU vorzulegen, um gegen den illegalen Handel mit Heimtieren in der EU vorzugehen; vertritt die Ansicht, dass in dem Aktionsplan den Ansichten des Europäischen Parlaments, der Mitgliedstaaten und der einschlägigen Akteure Rechnung getragen werden sollte und die Zuständigkeiten aller Beteiligten und Entscheidungsträger, darunter der Mitgliedstaaten, der Kommission, der Grenz-, Zoll- und Veterinärbehörden, der Tierärzte und der Organisationen der Zivilgesellschaft, eindeutig festgelegt werden sollten;

9.  empfiehlt, dass die Kommission ihre einzelnen Generaldirektionen, die sich mit Fragen des Tierschutzes, der öffentlichen Gesundheit, des Verbraucherschutzes, des Binnenmarkts und des illegalen Handels befassen, in den Aktionsplan einbezieht;

10.  vertritt die Ansicht, dass eine einheitliche Definition großer gewerblicher Tierzuchtbetriebe („Welpenfabriken“) auf EU-Ebene erforderlich ist, um gegen den illegalen Handel mit Heimtieren vorzugehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um Zucht- und Vermarktungspraktiken zu verbieten, die sich auf die Gesundheit, das Wohlergehen und die Entwicklung des Verhaltens von Haustieren negativ auswirken;

11.  hält es für notwendig, dass die Bürger besser über den Handel mit Heimtieren sowie über die möglichen Risiken informiert werden, denen sie sich aussetzen, wenn sie Tiere im Internet kaufen oder beim Kauf entsprechende rechtliche Verfahren außer Acht lassen;

12.  fordert die Kommission auf, im Rahmen ihrer digitalen Agenda den Schutz von Verbrauchern zu verbessern, die über Online-Anzeigen Heimtiere erwerben;

13.  unterstützt, dass der Verkauf lebender Tiere durch Händler an Verbraucher aus dem Geltungsbereich der geplanten Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren ausgenommen wird;

Kontrollen und bessere Durchsetzung der Rechtsvorschriften der EU

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Strafverfolgung zu verbessern und härtere Strafen – welche wirksam, angemessen und abschreckend sein sollten – gegen Wirtschaftsbeteiligte, Tierärzte und zuständige nationale Behörden in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern, die gefälschte Heimtierausweise ausstellen, zu verhängen, um den illegalen Handel mit Heimtieren wirksam einzudämmen;

15.  fordert die Mitgliedstaaten auf, gemäß der Verordnung (EU) 2017/625(15) Geldbußen anzuwenden, die höher sind als der Gewinn, nach dem Wirtschaftsbeteiligte, einschließlich Züchter und Verkäufer, streben, wenn sie als Gegenleistung für wirtschaftlichen Gewinn im Internet Tiere zum Verkauf anbieten und gegen Rechtsvorschriften der EU und gegen nationale Rechtsvorschriften verstoßen;

16.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Strategien für die Regulierung bzw. Selbstregulierung von Online-Anzeigen für Heimtiere auszuarbeiten, um irreführenden Anzeigen ein Ende zu setzen und den Online-Verkauf von Katzen und Hunden besser zu überwachen;

17.  fordert die Kommission auf, verbindliche Anforderungen zu erlassen, durch die Online-Plattformen verpflichtet werden, einen Mindestumfang an Überprüfungen zur Validierung der Identität der Nutzer, die Heimtiere online zum Verkauf anbieten, vorzunehmen; betont, dass jede potenzielle Überarbeitung der jeweiligen Rechtsrahmen zu einem besseren Schutz der Verbraucher und der Tiere führen muss;

18.  fordert, dass die Prüfprogramme der Direktion für Audits und Analyse in den Bereichen Gesundheit und Lebensmittel (Kommission, GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) Prüfungen der Einhaltung der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 durch die Mitgliedstaaten umfassen;

19.  fordert die Kommission auf, gemeinsame Normen für die Zucht und Vermarktung von Katzen und Hunden vorzuschlagen, die in der gesamten EU eingeführt werden sollen, damit unlautere Geschäftspraktiken und missbräuchliche Verkäufe solcher Heimtiere verhindert werden, die Fortsetzung rassenspezifischer Gesundheitsprobleme und von Problemen in Bezug auf das Tierwohl beschränkt wird und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaftsbeteiligten geschaffen werden;

20.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass es ausführliche Bestimmungen für die Kontrolle der Züchter von Heimtieren und die angemessene Überwachung durch Tierärzte gibt;

21.  vertritt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten darin bestärkt werden sollten, ein verpflichtendes Register zugelassener Züchter und Verkäufer von Heimtieren zu erstellen, das für befugte Personen in anderen Mitgliedstaaten einsehbar ist;

22.  fordert die Mitgliedstaaten auf, zusätzlich zu den gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97(16) erforderlichen Grenzkontrollen eine innerstaatliche Überwachung der Einhaltung einzuführen, die regelmäßige Kontrollen der Händler und Zulassungsinhaber – beispielsweise Geschäfte, die Heimtiere verkaufen, Züchter, Forschungszentren und Aufzuchtbetriebe – umfasst;

23.  vertritt die Ansicht, dass die Häufigkeit der Prüfungen in der EU ebenfalls vereinheitlicht werden sollte und dass diese in Zusammenarbeit mit den Zoll-, Polizei- und Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten erfolgen sollten;

24.  fordert die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf, sich im Falle von Verstößen gegen die Verordnung (EU) Nr. 576/2013 genau an die darin festgeschriebenen Verfahren zu halten und für die Rückverbringung beschlagnahmter Heimtiere zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, Tierrettungsstationen angemessen zu unterstützen;

25.  begrüßt die Ergebnisse, die im Rahmen der Europäischen Plattform für den Tierschutz und der auf einer freiwilligen Initiative beruhenden Arbeitsgruppe, die sich mit der Gesundheit und dem Wohl von gehandelten Heimtieren befasst, erzielt wurden; fordert die Einbeziehung des Europäischen Parlaments und eine ausgewogene Vertretung der Zivilgesellschaft, der zuständigen Behörden, von Unternehmen und Wissenschaftlern bei der künftigen Tätigkeit im Bereich des Tierschutzes auf EU-Ebene sowie ausreichend Ressourcen, damit optimale Fortschritte gewährleistet sind;

Zusammenarbeit, Kommunikation und Schulung

26.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf der konkreten Arbeit der auf einer freiwilligen Initiative beruhenden Arbeitsgruppe, die sich mit der Gesundheit und dem Wohl von gehandelten Heimtieren befasst, aufzubauen und sie im Rahmen der Europäischen Plattform für den Tierschutz zu verbreiten sowie Maßnahmen zu erlassen, um im Zuge der künftigen legislativen und nichtlegislativen Tätigkeit bis 2024 gegen den illegalen Handel mit Heimtieren vorzugehen; vertritt die Ansicht, dass in diesem Bereich alle Mitgliedstaaten unbedingt aktiv zusammenarbeiten und untereinander bewährte Verfahren austauschen müssen;

27.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die anderen betroffenen Mitgliedstaaten systematisch zu informieren, wenn sie ein Verfahren gegen einen Händler einleiten, der illegal mit Hunden und Katzen handelt und dessen Aktivitäten diese anderen Mitgliedstaaten betreffen könnten;

28.  setzt sich für eine behördenübergreifende Zusammenarbeit ein, um gegen den illegalen Handel mit Heimtieren vorzugehen und das damit verbundene Risiko von Zoonosen abzuschwächen, unter anderem durch die Entwicklung eines Ermittlungssystems, mit dessen Hilfe Daten über illegal gehandelte gewerbliche Tiertransporte erfasst und geteilt werden, und eines Warnsystems, falls Unregelmäßigkeiten aufgedeckt werden;

29.  fordert die Kommission auf, Maßnahmen vorzuschlagen, einschließlich technischer Lösungen und gezielter Schulungen, damit Zoll- und Veterinärbehörden besser gerüstet sind, um zu erkennen, wenn Heimtiere illegal gehandelt werden;

30.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, über die Entwicklung von Partnerschaften zwischen Behörden, Datenbanken, Websites und Tierschutzorganisationen auf den Empfehlungen des koordinierten Kontrollplans der EU für Online-Verkäufe von Hunden und Katzen aufzubauen und präzise Maßnahmen gegen irreführende Anzeigen und gegen den illegalen Online-Handel mit Hunden und Katzen zu erarbeiten;

31.  stellt fest, dass Tierschutzorganisationen und nichtstaatliche Organisationen bei der Bekämpfung des illegalen Handels mit Heimtieren eine wichtige Rolle spielen; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, Tierrettungsstationen und Tierschutzverbänden/nichtstaatlichen Organisationen angemessene finanzielle sowie sonstige materielle und nicht-materielle Unterstützung bereitzustellen;

32.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ausreichend Mittel für die Durchsetzung der durch das Tiergesundheitsrecht vorgeschriebenen Anforderung bereitzustellen, dass Unternehmer aller Betriebe, die Tiere züchten, halten oder mit ihnen handeln, registriert sein müssen, damit der illegale Online-Handel mit Heimtieren eingedämmt wird;

33.  vertritt die Ansicht, dass mehr unternommen werden sollte, um mögliche Käufer und Wirtschaftsteilnehmer – darunter auch Anbieter von Online-Diensten – im Hinblick auf den illegalen Verkauf von Heimtieren und die damit in Verbindung stehenden niedrigen Tierschutznormen zu sensibilisieren;

34.  hebt hervor, dass es zum Teil bereits nationale und in einigen Fällen auch regionale Datenbanken gibt, die Informationen zur Identifizierung von Heimtieren enthalten; ist der Auffassung, dass diese Datenbanken als miteinander verknüpfte, kompatible und interoperable Systeme eingesetzt werden sollten, um die Rückverfolgbarkeit EU-weit zu ermöglichen;

35.  hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen sollten, dass Grenzbeamte entsprechend zu den Verfahren und Vorschriften geschult sind, die für die Einfuhr von Heimtieren aus Drittländern gelten, die in der Liste der EU genannt bzw. nicht genannt sind, und dass sie diese Vorschriften auch durchsetzen;

36.  fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Informations- und Sensibilisierungskampagnen durchzuführen, um darauf hinzuwirken, dass Heimtiere nicht gekauft, sondern in erster Linie aus einem vertrauenswürdigen Tierheim adoptiert werden, und um die Bürger über die negativen Auswirkungen des illegalen Handels mit Heimtieren zu informieren und darüber, wie wichtig es ist, nur Heimtiere zu kaufen, die in verantwortungsvoller Weise und unter entsprechender Berücksichtigung des Tierwohls gezüchtet, gehalten und gehandelt werden;

o
o   o

37.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 268 vom 14.9.1992, S. 54.
(2) ABl. L 84 vom 31.3.2016, S. 1.
(3) ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 1.
(4) ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 109.
(5) ABl. C 35 vom 31.1.2018, S. 139.
(6) Studie über das Wohlergehen von Hunden und Katzen im Rahmen von Geschäftspraktiken (2015), die im Rahmen des Einzelauftrags SANCO 2013/12364 von der Kommission finanziert wurde. https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/animals/docs/aw_eu-strategy_study_dogs-cats-commercial-practices_en.pdf
(7) Europäische Kommission (2019). Analyse der Ergebnisse des koordinierten Kontrollplans der EU für Online-Verkäufe von Hunden und Katzen. https://ec.europa.eu/food/animals/welfare/other_aspects/online_dog-cat_en
(8) Bericht der Organisation VIER PFOTEN aus dem Jahre 2013, „Welpenhandel in Europa“. https://www.wuehltischwelpen.de/_assets/media/Welpenhandel-in-Europa_mit-Banderole.pdf
(9) Studie über das Wohlergehen von Hunden und Katzen im Rahmen von Geschäftspraktiken (2015), die im Rahmen des Einzelauftrags SANCO 2013/12364 von der Kommission finanziert wurde, S. 55-56. https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/animals/docs/aw_eu-strategy_study_dogs-cats-commercial-practices_en.pdf; EU Dog & Cat Alliance (2016): Briefing on the review of pet movement legislation under the “Animal Health Law” (Briefing zur Überprüfung der Rechtsvorschriften über die Verbringung von Heimtieren im Rahmen des Tiergesundheitsrechts). https://s3-eu-west-1.amazonaws.com/assets.dogandcatwelfare.eu/live/media/publicationtemp/EU_Dog_Cat_‌Alliance_briefing_AHL_pet_movement_review.pdf
(10) EU Dog & Cat Alliance und Blue Cross (2017): Online Pet Sales in the EU: What’s the cost? (Online-Verkäufe von Heimtieren in der EU: Was sind die Kosten?) https://s3-eu-west-1.amazonaws.com/assets.dogandcatwelfare.eu/live/media/publicationtemp/12195_-_EU_Pet_‌sales_report_spreads.pdf
(11) Flash Eurobarometer 469/2018, Bericht über illegale Online-Inhalte. http://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/index.cfm/ResultDoc/download/DocumentKy/83669
(12) Michael J. Day et al (2012). Surveillance of Zoonotic Infectious Disease Transmitted by Small Companion Animals (Überwachung von zoonotischen Infektionserkrankungen, die von kleinen Heimtieren übertragen werden). https://wwwnc.cdc.gov/eid/article/18/12/12-0664_article
(13) Koordinierter Kontrollplan der EU für Online-Verkäufe von Hunden und Katzen: https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/animals/docs/reg-com_ahw_20190612_asf_aw-control-coord-plan-sale-dog-cats_eur.pdf
(14) Bericht der Organisation VIER PFOTEN aus dem Jahr 2016, „Identification, vaccination and movement of dogs and cats in the EU: How to improve the Pet Passport and TRACES systems?“ (Kennzeichnung, Impfung und Verbringung von Hunden und Katzen in der EU: Wie können der Heimtierausweis und das TRACES-System verbessert werden?) http://www.lawyersforanimalprotection.eu/wp-content/uploads/2016/07/INSIDE-1.pdf
(15) Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1).
(16) Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1).

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