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Verfahren : 2020/2777(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B9-0280/2020

Aussprachen :

PV 15/09/2020 - 7
CRE 15/09/2020 - 7

Abstimmungen :

PV 17/09/2020 - 2
PV 17/09/2020 - 12

Angenommene Texte :

P9_TA(2020)0232

Angenommene Texte
PDF 141kWORD 49k
Donnerstag, 17. September 2020 - Brüssel
Lage in Russland, der Giftanschlag auf Alexei Nawalny
P9_TA(2020)0232RC-B9-0280/2020

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 2020 zur Lage in Russland: Vergiftung von Alexei Nawalny (2020/2777(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Russland,

–  unter Hinweis auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

–  unter Hinweis auf die Verfassung der Russischen Föderation, insbesondere auf Kapitel 2 und konkret Artikel 29, der die Meinungsfreiheit schützt, sowie auf die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen, zu deren Einhaltung sich Russland als Mitglied des Europarates, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Vereinten Nationen verpflichtet hat,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik im Namen der EU vom 3. September 2020 zur Vergiftung von Alexei Nawalny,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 24. August und 2. September 2020 zur Vergiftung von Alexei Nawalny,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Michelle Bachelet, vom 8. September 2020, in der sie eine unabhängige Untersuchung der Vergiftung von Alexei Nawalny gefordert hat;

–  unter Hinweis auf die Erklärung der G7-Außenminister vom 8. September 2020 zur Vergiftung von Alexei Nawalny,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (Chemiewaffenübereinkommen, CWÜ), das die Verwendung, Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Verbreitung von chemischen Waffen untersagt,

–  unter Hinweis auf die einstimmige Annahme der Beschlüsse C-24/DEC.4 und C-24/DEC.5 durch die 24. Tagung der Konferenz der Vertragsstaaten des Chemiewaffenübereinkommens vom 27. November 2019, durch die die phosphororganischen Nervenkampfstoffe Nowitschok in die Liste 1 des Anhangs über Chemikalien des Übereinkommens aufgenommen wurden, und auf das Inkrafttreten dieser Beschlüsse am 7. Juni 2020,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Krankenhauses Charité – Universitätsmedizin Berlin vom 24. August 2020, wonach Alexei Nawalny Opfer einer Vergiftung mit einem chemischen Nervenkampfstoff ist,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der deutschen Bundesregierung vom 2. September 2020, in der die russische Regierung nachdrücklich aufgefordert wurde, eine Erklärung zu dem Vorfall abzugeben, und in der der Anschlag aufs Schärfste verurteilt wurde,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Generaldirektors der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) vom 3. September 2020 zu den Vorwürfen des Einsatzes chemischer Waffen gegen Alexei Nawalny, wonach „gemäß dem Chemiewaffenübereinkommen jede Vergiftung eines Menschen durch den Einsatz eines Nervenkampfstoffs als Einsatz chemischer Waffen gilt“,

–  unter Hinweis auf Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Artikel 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, wonach niemand der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf und denen die Russische Föderation beigetreten ist,

–  unter Hinweis auf die Erklärung über das Recht und die Verpflichtung von Einzelpersonen, Gruppen und Organen der Gesellschaft, die allgemein anerkannten Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 9. Dezember 1998 verabschiedet wurde,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Alexei Nawalny, ein führender russischer Oppositionspolitiker, Anwalt, Blogger und Bekämpfer der Korruption, zahlreiche Korruptionsfälle aufgedeckt hat, in die Unternehmen und russische Politiker verwickelt sind, mehrere öffentliche Proteste in ganz Russland angeführt hat und zu einem der wenigen schlagkräftigen Wortführer der russischen Opposition geworden ist; in der Erwägung, dass er zuvor in Gewahrsam genommen, verhaftet und verurteilt worden war, womit versucht wurde, seine politischen und öffentlichen Aktivitäten zu unterbinden; in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Reihe dieser Verfahren für missbräuchlich und als Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens erklärt hat; in der Erwägung, dass es 2017 mit einem medizinischen Desinfektionsmittel, durch das er beinahe erblindete, und im Jahr 2019 durch eine mutmaßliche Vergiftung während seiner Haft Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit von Alexei Nawalny gegeben hat; in der Erwägung, dass in keinem dieser Fälle die Täter vor Gericht gestellt wurden;

B.  in der Erwägung, dass Alexei Nawalny Berichten zufolge am 20. August 2020 während eines Inlandsflugs in Russland ins Koma gefallen ist, anschließend in ein Krankenhaus in der russischen Stadt Omsk gebracht wurde und seit dem 22. August 2020 auf Wunsch seiner Familie im Berliner Krankenhaus Charité medizinisch behandelt wird;

C.  in der Erwägung, dass sich der versuchte Mord an Alexei Nawalny im Vorfeld der Kommunal- und Regionalwahlen in Russland vom 13. September 2020 ereignete, bei denen er und sein Team aktiv involviert gewesen waren, indem sie eine Strategie der intelligenten Stimmabgabe einführten, um die Kandidaten des Putin-Regimes zu besiegen; in der Erwägung, dass dies ein besonders besorgniserregendes Licht auf den Zustand der Demokratie, der Grundfreiheiten und der Menschenrechte in dem Land wirft;

D.  in der Erwägung dass sich Alexei Nawalny kurz vor dem Giftanschlag auf ihn in Nowosibirsk und Tomsk aufhielt, wo er Fälle von Korruption unter den örtlichen Gouverneuren untersuchte; in der Erwägung, dass Alexei Nawalny durch seine Aktivitäten zur Korruptionsbekämpfung in den Regionen das Bewusstsein der Öffentlichkeit vor Ort für solche Fälle geschärft und infolgedessen die Wahlbeteiligung bei den Regionalwahlen erhöht und die Wähler der Opposition mobilisiert hat; in der Erwägung, dass Alexei Nawalny ein System von 40 Regionalbüros im ganzen Land eingerichtet hat, die die lokalen Behörden ständig überwachen, aber auch Einschüchterungen und Verfolgung durch die russischen Behörden ausgesetzt sind;

E.  in der Erwägung, dass Alexei Nawalny seine nachdrückliche Unterstützung für die Demonstranten in Chabarowsk und Belarus zum Ausdruck gebracht und die Veränderungen in Belarus als Inspiration für die Menschen in Russland betrachtet hat;

F.  in der Erwägung, dass politische Morde und Giftanschläge in Russland systemimmanente Instrumente des Regimes sind, die sich gezielt gegen die Opposition richten; in der Erwägung, dass dies durch die mangelnde Bereitschaft der Behörden noch verschlimmert wird, die politisch motivierten Morde bzw. versuchten Morde an Anna Politkowskaja, Boris Nemzow, Sergei Protasanow, Wladimir Kara-Mursa und anderen gründlich zu untersuchen; in der Erwägung, dass Vertreter der Opposition systematisch verbalen Angriffen, der Ablenkung dienenden persönlichen Verleumdungskampagnen und der Herabsetzung ihrer Menschenwürde vonseiten der Regierung oder regierungsnaher Medien ausgesetzt sind;

G.  in der Erwägung, dass dieser jüngste Mordversuch nur ein weiteres Beispiel für die gravierenden Rückschritte beim Schutz der Menschenrechte und der Achtung gemeinsam vereinbarter demokratischer Grundsätze und der Rechtsstaatlichkeit in der Russischen Föderation ist;

H.  in der Erwägung, dass dieser anhaltenden Unterdrückung abweichender Meinungen in der Gesellschaft durch die Straflosigkeit der Polizei- und Sicherheitskräfte sowie durch die mangelnde Bereitschaft der Gerichte, die wirklichen Täter dieser Verbrechen zu verfolgen – die nicht nur straflos ausgehen, sondern vom Kreml sogar ausgezeichnet werden –, Vorschub geleistet wird;

I.  in der Erwägung, dass es dem anerkannten russischen Menschenrechtszentrum Memorial zufolge in der Russischen Föderation über 300 Gefangene aus politischen oder religiösen Gründen gibt; in der Erwägung, dass sich die Europäische Union mit allen Dissidenten und dem russischen Volk solidarisch zeigt, die sich trotz der Bedrohung ihrer Freiheit und ihres Lebens und trotz des Drucks seitens des Kremls und des russischen Staates weiterhin für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie einsetzen;

J.  in der Erwägung, dass politisch motivierte Morde und Mordversuche des russischen Geheimdienstes direkte Auswirkungen auf die innere Sicherheit der EU haben;

K.  in der Erwägung, dass das Krankenhaus Charité – Universitätsmedizin Berlin zu dem Schluss gelangt ist, dass Alexei Nawalny mit einem Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe, einem von der Sowjetunion und der Russischen Föderation entwickelten Nervenkampfstoff in Militärqualität, vergiftet wurde; in der Erwägung, dass dieser Befund von einem Speziallabor der deutschen Bundeswehr und mehreren unabhängig voneinander arbeitenden Laboren bestätigt worden ist; in der Erwägung, dass der Nervenkampfstoff Nowitschok kürzlich noch im März 2018 in Salisbury im Vereinigten Königreich, also im Unionsgebiet, bei einem Anschlag gegen den ehemaligen russischen Geheimdienstmitarbeiter Sergei Skripal und seine Tochter Julija Skripal verwendet wurde, wobei versehentlich die in Amesbury wohnhafte Dawn Sturgess ums Leben kann;

L.  in der Erwägung, dass russische Ärzte Alexei Nawalny als Erste wegen der Vergiftung behandelten und später behaupteten, in seinem Körper gebe es keine Giftspuren, und dass sie zu verhindern versuchten, dass er außer Landes gebracht wird, sowie dass der russische Staat jede Beteiligung an dem Vorfall abstreitet;

M.  in der Erwägung, dass der Nervenkampfstoff Nowitschok ein Instrument ist, das für militärische Strukturen und Geheimdienste in Russland entwickelt wird und nur ihnen zur Verfügung steht; in der Erwägung, dass solche Substanzen durch russisches Recht geregelt sind; in der Erwägung, dass der Nervenkampfstoff Nowitschok eine chemische Waffe ist, die nur in staatlichen Militärlabors entwickelt und von Privatpersonen nicht erworben werden kann; in der Erwägung, dass es sich, falls Letzteres doch der Fall sein sollte, um einen Verstoß gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Russlands handeln würde;

N.  in der Erwägung, dass der Rat die russischen Staatsorgane aufgefordert hat, eine gründliche Untersuchung des versuchten Mordes an Alexei Nawalny durchzuführen, eine gemeinsame internationale Reaktion gefordert und sich das Recht vorbehalten hat, geeignete Maßnahmen, einschließlich restriktiver Maßnahmen, zu ergreifen;

O.  in der Erwägung, dass die Vergiftung eines Menschen mit einem Nervenkampfstoff gemäß dem Chemiewaffenübereinkommen als Einsatz chemischer Waffen zu betrachten ist, der unabhängig davon, durch wen und unter welchen Umständen er erfolgt, einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen darstellt; in der Erwägung, dass Nowitschok nach der einstimmigen Annahme von zwei diesbezüglichen Vorschlägen, darunter ein Vorschlag der Russischen Föderation, in die Liste der durch das Chemiewaffenübereinkommen geregelten Stoffe aufgenommen wurde und daher den strengsten Kontrollrichtlinien des Übereinkommens unterliegt;

P.  in der Erwägung, dass die Rechte auf Gedanken- und Redefreiheit sowie auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in der Verfassung der Russischen Föderation verankert sind;

Q.  in der Erwägung, dass staatlich kontrollierte russische Informationsstellen versuchen, die Verantwortung des russischen Staates für den versuchten Mord an Alexei Nawalny abzustreiten, indem sie Fehlinformationen verbreiten und von den anhaltenden Verstößen gegen die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Grundfreiheiten und die Menschenrechte in der Russischen Föderation ablenken;

R.  in der Erwägung, dass die Regionalwahlen vom 13. September 2020 in Russland zu einer Rekordzahl von Beschwerden über die Fälschung von Wahlergebnissen geführt haben; in der Erwägung, dass sich in Städten, in denen sich Alexei Nawalny vor dem Giftanschlag auf ihn aufgehalten hatte (Nowosibirsk und Tomsk), seine Methode der intelligenten Stimmabgabe als effektiv erwiesen und dazu beigetragen hat, gegen die Kandidaten Wladimir Putins einen Wahlsieg zu erringen;

S.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament offiziell zu dem Schluss gekommen ist, dass Russland auch angesichts seiner antagonistischen Außenpolitik, wozu militärische Interventionen und rechtswidrige Besetzungen in Drittländern gehören, nicht länger als „strategischer Partner“ betrachtet werden kann;

1.  verurteilt den versuchten Mord an Alexei Nawalny aufs Schärfste und ist zutiefst besorgt über den wiederholten Einsatz chemischer Nervenkampfstoffe gegen russische Bürger;

2.  weist erneut darauf hin, dass der Einsatz von Chemiewaffen in allen Fällen ein verwerfliches Verbrechen gemäß dem Völkerrecht und insbesondere gemäß dem Chemiewaffenübereinkommen darstellt;

3.  betont, dass der versuchte Mord an Alexei Nawalny Teil einer systemischen Bemühung war, ihn und andere regimekritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und ihn und die anderen Regimekritiker davon abzuhalten, weiter Fälle schwerer Korruption innerhalb des Regimes aufzudecken, sowie grundsätzlich die politische Opposition in dem Land abzuschrecken, insbesondere im Hinblick auf die Beeinflussung der kommunalen und regionalen Nachwahlen in Russland vom 11. bis 13. September 2020;

4.  bekräftigt, dass der Fall Alexei Nawalny ein Bestandteil einer breiter angelegten russischen Politik ist, die auf eine repressive Politik im Inneren und aggressive Handlungen weltweit, die Verbreitung von Instabilität und Chaos, die Wiederherstellung der russischen Einflusssphäre und Dominanz sowie auf die Untergrabung der regelbasierten internationalen Ordnung ausgerichtet ist;

5.  fordert die sofortige Aufnahme einer internationalen Untersuchung (unter Einbeziehung der EU, der Vereinten Nationen, des Europarates, ihrer Verbündeten und der OVCW) und unterstreicht seine Entschlossenheit, zu einer derartigen Untersuchung beizutragen; fordert die OVCW auf, eine gründliche Untersuchung der Verstöße gegen Russlands internationale Verpflichtungen im Bereich der chemischen Waffen vorzunehmen; fordert die russischen Staatsorgane auf, uneingeschränkt mit der OVCW zusammenzuarbeiten, damit eine unparteiische internationale Untersuchung sichergestellt ist und die Urheber des an Alexei Nawalny begangenen Verbrechens zur Rechenschaft gezogen werden;

6.  fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten) auf, auf seiner Tagung am 21. September 2020 eine aktive Haltung in dieser Angelegenheit einzunehmen; fordert, dass die EU möglichst rasch eine Liste ambitionierter restriktiver Maßnahmen gegen Russland aufstellt und ihre bestehenden Sanktionen gegen Russland verstärkt; drängt auf den Einsatz solcher Sanktionsmechanismen, die die Einziehung und das Einfrieren europäischer Vermögenswerte korrupter Personen gemäß den Erkenntnissen des „Fonds zur Korruptionsbekämpfung“ von Alexei Nawalny ermöglichen würden;

7.  fordert die russischen Staatsorgane auf, die gegen ihre politischen Gegner angewandte Drangsalierung, Einschüchterung, Gewalt und Unterdrückung einzustellen, indem sie dem vorherrschenden Klima der Straflosigkeit ein Ende setzen, die bereits viele Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Oppositionspolitiker das Leben gekostet hat; betont, dass dafür gesorgt werden muss, dass diese Personen in der Lage sind, ihre legitime und nützliche Tätigkeit ohne Beeinträchtigung und ohne Angst um ihr Leben oder das ihrer Familienmitglieder und Freunde auszuüben;

8.  fordert die EU auf, Russland fortwährend anzuhalten, sämtliche Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern, die nicht mit internationalen Standards vereinbar sind, auch die unrechtmäßig verabschiedeten jüngsten Änderungen der russischen Verfassung und seinen Rechtsrahmen für Wahlen und die Rechtsvorschriften über ausländische Agenten und unerwünschte Organisationen, damit Pluralismus sowie freie und faire Wahlen ermöglicht und gleiche Ausgangsbedingungen für die Kandidaten der Opposition geschaffen werden;

9.  bekundet seine Solidarität mit den demokratischen Kräften in Russland, die sich für eine offene und freie Gesellschaft einsetzen, sowie seine Unterstützung für alle Personen und Organisationen, die Ziel von Angriffen und Repressionen sind;

10.  unterstreicht die Pflicht der Russischen Föderation als Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, das Völkerrecht sowie die einschlägigen Vereinbarungen und Übereinkommen zu achten und ihren internationalen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen, einschließlich der Zusammenarbeit mit der OVCW bei der Untersuchung von Verstößen gegen das Chemiewaffenübereinkommen;

11.  fordert die Russische Föderation nachdrücklich auf, die von der internationalen Gemeinschaft aufgeworfenen Fragen umgehend anzugehen und der OVCW ihr Nowitschok-Programm unverzüglich, uneingeschränkt und vollständig offenzulegen;

12.  betont, dass sich die Russische Föderation als Mitglied des Europarats und der OSZE dazu verpflichtet hat, die Grundfreiheiten, die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit zu achten, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verankert sind;

13.  fordert den VP/HR und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, dafür zu sorgen, dass alle Fälle politischer Verfolgung im Rahmen der Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland angesprochen werden, sobald diese Konsultationen wieder aufgenommen werden, und dass die Vertreter Russlands bei diesen Konsultationen förmlich aufgefordert werden, sich zu jedem Fall zu äußern; fordert den Präsidenten des Rates, die Präsidentin der Kommission und den VP/HR auf, diese Fälle auch künftig genau zu verfolgen, sie in unterschiedlichen Foren und Treffen mit der russischen Seite zur Sprache zu bringen und dem Parlament über den Austausch mit den russischen Staatsorganen zu berichten;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Standpunkte gegenüber Russland untereinander zu koordinieren und in bilateralen und multilateralen Foren mit den russischen Staatsorganen mit einer Stimme zu sprechen;

15.  bekräftigt, dass es äußerst dringlich ist, eine gründliche und strategische Neubewertung der Beziehungen der EU zu Russland vorzunehmen, die folgende Grundsätze beinhalten würde:

   a) Aufforderung an den HR/VP, die Politik der EU gegenüber Russland sowie die fünf Grundsätze der EU für die Beziehungen zu Russland auf den Prüfstand zu stellen und eine neue umfassende Strategie auszuarbeiten, die von weiteren Entwicklungen im Bereich der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte durch die russische Führung und die russischen Staatsorgane abhängen wird;
   b) Aufforderung an die Mitgliedstaaten, Russland weiterhin in internationalen Foren (wie den G7 und anderen Formaten) zu isolieren und die Zusammenarbeit der EU mit Russland über verschiedene außenpolitische Plattformen kritisch zu überprüfen;
   c) Aufforderung an den Rat, die Billigung des vom Magnitsky Act inspirierten Mechanismus der EU für die Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte und seiner Anwendung in naher Zukunft, wozu eine Liste von Einzelpersonen gehören wird und womöglich auch gegen das russische Regime gerichtete sektorale Sanktionen gehören könnten, vorrangig zu behandeln;
   d) in Anbetracht des Falls Alexei Nawalny Bekräftigung seines früheren Standpunkts, das Projekt Nord Stream 2 zu stoppen;
   e) Aufforderung an den Rat, eine EU-Strategie anzunehmen, um russische Dissidenten, nichtstaatliche Organisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft sowie unabhängige Medien bzw. Berichterstatter zu unterstützen, wobei er uneingeschränkt auf Mechanismen für Menschenrechtsverteidiger zurückgreifen, zusätzliche Möglichkeiten für junge Russen, in der EU zu studieren, schaffen und die Gründung einer russischen Exiluniversität in einem der Mitgliedstaaten unterstützen soll;
   f) Aufforderung an den Rat, sofort mit den Vorbereitungen zu beginnen und eine EU-Strategie für künftige Beziehungen zu einem demokratischen Russland anzunehmen, die auch ein breites Angebot an Anreizen und Bedingungen für die Stärkung von Tendenzen hin zu Freiheit und Demokratie im Inland enthält;

16.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2021Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen