Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2020 zu der Zukunft der Bildung in Europa vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie (2020/2760(RSP))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf die Artikel 165 und 166 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– gestützt auf Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und das Protokoll (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit,
– gestützt auf Artikel 14 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die interinstitutionelle Proklamation zur europäischen Säule sozialer Rechte(1),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. September 2020 zur Vollendung des europäischen Bildungsraums bis 2025 (COM(2020)0625),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. September 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für digitale Bildung 2021–2027: Neuaufstellung des Bildungswesens für das digitale Zeitalter“ (COM(2020)0624),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 1. Juli 2020 mit dem Titel „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“ (COM(2020)0274),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Januar 2018 zum Aktionsplan für digitale Bildung (COM(2018)0022),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. November 2017 mit dem Titel „Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur“ (COM(2017)0673),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID‑19-Pandemie und ihrer Folgen(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Dezember 2018 zu dem Thema „Bildung im digitalen Zeitalter: Herausforderungen, Chancen und Erkenntnisse für die Gestaltung der EU-Politik“(3),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juni 2018 zur Modernisierung des Bildungswesens in der EU(4),
– unter Hinweis auf die Anfragen an den Rat und die Kommission zur Zukunft der europäischen Bildung vor dem Hintergrund von COVID-19 (O‑000052/2020 – B9‑0020/2020 und O‑000053/2020 – B9‑0021/2020),
– gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Kultur und Bildung,
A. in der Erwägung, dass im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte, der Zugang zu hochwertiger und inkludierender Bildung und zu lebenslangem Lernen ein grundlegendes Menschenrecht ist und für den Erwerb und die Erhaltung von Kompetenzen, die umfassende und aktive Teilhabe an der Gesellschaft und den wirksamen Zugang zu einem sich wandelnden Arbeitsmarkt von wesentlicher Bedeutung ist;
B. in der Erwägung, dass nach Angaben der UNESCO beinahe 1,6 Milliarden Lernende in über 190 Ländern – 94 % der Lernenden weltweit – auf dem Höhepunkt der COVID‑19-Krise von der Schließung von Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung betroffen waren; in der Erwägung, dass über 60 % der Lernenden weltweit die Auswirkungen noch immer zu spüren bekommen; in der Erwägung, dass weniger als 25 % der Länder mit niedrigem Einkommen irgendeine Form des Fernunterrichts angeboten haben; in der Erwägung, dass der Zugang zu digitaler Bildung in den am weitesten entwickelten Ländern bei etwa 90 % lag, was bedeutet, dass dort 10 % der Schüler immer noch abgehängt sind(5);
C. in der Erwägung, dass es auf EU-Ebene nach wie vor erhebliche Unterschiede gibt, da in einigen Mitgliedstaaten bis zu 32 % der Schülerinnen und Schüler mehrere Monate lang keinen Zugang zur Bildung hatten; in der Erwägung, dass dieser fehlende Zugang für viele Lernende auf fehlende digitale Ausrüstung, unzureichende digitale Kompetenzen oder bereits bestehende Benachteiligungen zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass Lernende, selbst wenn sie Zugang zu digitaler Bildung hatten, immer noch häufig ohne Unterstützung durch Lehrkräfte, andere Lernende oder Familienangehörige und manchmal in einem instabilen häuslichen Umfeld lernen mussten;
D. in der Erwägung, dass die COVID‑19-Pandemie zu der vielleicht schwerwiegendsten Beeinträchtigung der weltweiten Schul- und Berufsbildungssysteme in der Geschichte geführt hat, wodurch einer ganzen Generation von Lernenden Lerndefizite drohen und möglicherweise Jahrzehnte des Fortschritts zunichte gemacht werden; in der Erwägung, dass infolge dieses Lernverlusts das künftige Einkommensniveau dieser Generation voraussichtlich sinkt und möglicherweise auch negative Auswirkungen auf das Wachstum der Arbeitsproduktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der Union insgesamt zu verzeichnen sind; in der Erwägung, dass dieselbe Generation mit einem Arbeitsmarkt konfrontiert ist, der von der durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufenen Wirtschaftskrise schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde;
E. in der Erwägung, dass Bildungseinrichtungen viel breitere Aufgaben in den Bereichen Gesellschaft und Betreuung übernehmen und zur körperlichen und psychischen Gesundheit der Lernenden beitragen; in der Erwägung, dass sich der Mangel an direkter Interaktion zwischen Lehrkräften und Lernenden häufig als Beeinträchtigung des Wohlbefindens und der psychischen Gesundheit der Lernenden erwiesen hat; in der Erwägung, dass die Pandemie verdeutlicht hat, dass den Lehrkräften eine entscheidende Aufgabe in Bildung und Gesellschaft zukommt; in der Erwägung, dass Lehrkräfte und anderes Bildungspersonal oft überlastet sind, was deutlich macht, dass sie stärker unterstützt und ihre Arbeitsleistungen besser anerkannt werden müssen;
F. in der Erwägung, dass die Krise den Übergang zu digitalem Lernen beschleunigt und Innovationen im Bereich der Bildung, wie etwa die Verbesserung der E-Learning-Angebote, vorangebracht hat; in der Erwägung, dass sich in den vergangenen Jahren die Online-Bildung und E-Learning-Lösungen dank der Investitionen in Unternehmen der Lerntechnologie verbessert haben; in der Erwägung, dass Partnerschaften zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen bei der Förderung von Innovationen im Bereich Bildung von Bedeutung sind; in der Erwägung, dass die endgültige Entscheidung über Bildungsinhalte auch künftig der Bildungseinrichtung obliegen sollte;
G. in der Erwägung, dass der plötzliche, durch die Krise ausgelöste Umstieg auf das Internet und Fernunterricht gleichzeitig enorme Lücken bei der Gestaltung und Umsetzung der digitalen Bildungspolitik in der Europäischen Union und in den einzelnen Mitgliedstaaten offenbart hat; in der Erwägung, dass die Krise auch gezeigt hat, dass eine stärkere Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten bei der Politik im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung erforderlich ist;
H. in der Erwägung, dass der digitale Wandel über Nacht in einem Kontext erfolgte, in dem 43 % der Unionsbürgerinnen und -bürger nicht über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen(6); in der Erwägung, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Mitgliedstaat, in dem die Menschen leben und ihrem dortigen Wohnort, ihrem sozioökonomischen Status, ihrem Alter, ihrem Einkommen, ihrem Bildungsniveau und ihrer Beschäftigung einerseits und dem Grad ihrer digitalen Kompetenz andererseits besteht; in der Erwägung, dass der digitale Wandel und der Einsatz neuer Technologien Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben, die ein höheres Maß an digitaler Kompetenz erforderlich machen;
I. in der Erwägung, dass die Pandemie eine Gelegenheit eröffnet, die Zukunft der Bildung zu überdenken;
J. in der Erwägung, dass die Kommission beabsichtigt, bis 2025 einen europäischen Bildungsraum zu schaffen;
K. in der Erwägung, dass die politische Einigung, die der Europäische Rat über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021–2027 erzielt hat, erhebliche Kürzungen bei wegweisenden Bildungsprogrammen wie Erasmus+ nach sich ziehen würde; in der Erwägung, dass das Parlament wiederholt einen ehrgeizigen Haushalt für Bildungsprogramme gefordert hat; in der Erwägung, dass die derzeitige Wirtschaftskrise nicht zu Kürzungen bei den öffentlichen Bildungsausgaben führen sollte;
L. in der Erwägung, dass die Bildungspolitik gemäß dem Subsidiaritätsprinzip in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, wobei die Union eine unterstützende und koordinierende Aufgabe übernimmt;
1. würdigt die Kreativität und den Einfallsreichtum der Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung, insbesondere ihres Lehr- und Bildungspersonals, sowie der Lernenden und Eltern bei der Anpassung an den Online- und Fernunterricht, insbesondere angesichts der sich rasch verändernden Umstände und unsicheren Zeiten; begrüßt in ähnlicher Weise, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Zivilgesellschaft und die Anbieter nichtformaler Bildung positive Beispiele geliefert haben, als sie ihre Bildungspraxis anpassten und Initiativen entwickelten, dank deren das Lernen fortgesetzt werden konnte; fordert, dass mehr Anstrengungen unternommen werden, um wirksame Initiativen auszuweiten und bekannter zu machen und bewährte Verfahren in allen Bildungsbereichen zu fördern; fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten eine Plattform für den Austausch bewährter Verfahren zu bieten und in diesem Zusammenhang Möglichkeiten für neue Initiativen wie die Einrichtung einer europäischen Online-Universität zu sondieren;
2. betont jedoch, dass der plötzliche digitale Wandel auch eklatante Lücken in den Bereichen Bildung und Ausbildung offengelegt hat, was den Zugang zur digitalen Infrastruktur und zu digitalen Geräten, die Qualität des Online-Unterrichts und die Kompetenzen von Lernenden, Lehr- und Ausbildungskräften anbelangt;
3. bedauert, dass es in der Union nach wie vor Schülerinnen und Schüler und Studierende gibt, die keinen Zugang zu digitaler Bildung haben; bekräftigt, dass die Konnektivität unionsweit, insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten, verbessert und der Zugang zu digitalen Geräten verstärkt werden muss; weist auf die fortschrittlichsten Innovationen bei Lehrcomputern, Tablets und Lernsoftware in der Union hin;
4. ist besorgt darüber, dass die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften und Lernenden Lücken aufweisen, wodurch eine effiziente digitale Bildung behindert wird; weist daher darauf hin, dass in Weiterbildungsmöglichkeiten und in Möglichkeiten der beruflichen Fortbildung für Lehr- und Ausbildungskräfte in der gesamten Union investiert werden muss, damit sie digitale Kompetenzen nicht nur haben, sondern auch vermitteln können; weist darauf hin, dass die Mobilität von Lehrkräften und der Wissensaustausch wichtige Instrumente in dieser Hinsicht sind, und fordert die Kommission auf, solche Aktivitäten weiter zu unterstützen;
5. stellt fest, dass sich die Krise in unterschiedlichem Ausmaß auf verschiedene Bereiche der allgemeinen und beruflichen Bildung ausgewirkt hat, wobei die Hochschulen häufig dank der vorhandenen Infrastruktur, Ressourcen und Erfahrungen mit digitalen Instrumenten besser zurechtkommen; hebt hervor, dass die Störung der frühkindlichen Bildung, der schulischen Bildung, der beruflichen Aus- und Weiterbildung, der Erwachsenenbildung und der nichtformalen Bildung gravierender war, und fordert mehr Anstrengungen, um einen effizienten Fernunterricht in diesen Bereichen sicherzustellen; weist erneut darauf hin, dass in diesem Zusammenhang eine angemessene finanzielle Unterstützung erforderlich ist;
6. fordert die Kommission auf, Daten aus allen Mitgliedstaaten über die Auswirkungen der Pandemie auf die Teilnahme von Lernenden am Fernunterricht zu erheben, zu bewerten und zu veröffentlichen und dabei insbesondere die Fälle zu berücksichtigen, wo die Teilnahme mangels digitaler Mittel nicht möglich war; fordert die Kommission ferner auf, Daten über die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften in allen Mitgliedstaaten zu erheben;
7. stellt mit Besorgnis fest, dass die Lücken im Bereich der digitalen Bildung die bestehende Ungleichheit – sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch in den Mitgliedstaaten – verschärft hat und unverhältnismäßige Auswirkungen auf diejenigen hatten, die bereits unter sozialen, wirtschaftlichen oder sonstigen Benachteiligungen leiden, Menschen mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen sowie Menschen aus anderen benachteiligten Gruppen oder Minderheiten; betont, dass es eine unmittelbare Priorität ist, diese digitale Kluft zu schließen;
8. weist ferner darauf hin, dass Schulen und andere Bildungseinrichtungen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernehmen, indem sie beispielsweise regelmäßige Mahlzeiten und Betreuung anbieten; hebt hervor, dass sich die Ausgangsbeschränkungen in Verbindung mit dem Stress, den Bewertung und Benotung einerseits und die Isolierung von Gleichaltrigen andererseits auslösen, negativ auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Lernenden ausgewirkt haben;
9. begrüßt daher die Bemühungen von Bildungsfachleuten und der Mitgliedstaaten, die darauf gerichtet sind, für die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts in einem COVID‑19-sicheren Umfeld zu sorgen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, alles Notwendige zu tun, um Präsenzunterricht für alle sicherzustellen; stellt fest, dass mit der Wiedereröffnung von Bildungseinrichtungen Herausforderungen verbunden sind, und bemängelt, dass es an Koordinierung oder Austausch bewährter Verfahren auf Unionsebene mangelt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eng zusammenzuarbeiten, um die Gesundheitsrisiken für Personal und Lernende zu minimieren und die Chancen zu maximieren, dass der Präsenzunterricht fortgesetzt werden kann; ist gleichzeitig der Ansicht, dass Bildungseinrichtungen im Fall erneuter Schließungen so ausgestattet sein müssen, dass sie allen Lernenden einen hochwertigen digitalen Unterricht bieten und in Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen einschlägigen Interessenträgern auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden eingehen;
10. betont, dass soziale und bildungsbezogene Ungleichheit häufig auf die frühe Kindheit zurückzuführen ist und sich im Laufe des Erwachsenenalters meist ausweitet, da ein niedrigeres Bildungsniveau in der Regel zu schlechteren Beschäftigungsaussichten führt, durch die wiederum meist der Zugang zu berufsbegleitenden Schulungen und die Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung eingeschränkt werden;
11. ist besorgt über das ungleiche Niveau des digitalen Analphabetismus, das durch die Krise in den Vordergrund gerückt wurde, wobei viele Menschen sich mit grundlegenden Fragen des Online-Datenschutzes, der Cybersicherheit und der Informationskompetenz auseinandersetzen müssen; hebt in diesem Zusammenhang die besondere Herausforderung durch Desinformationen und gezielte Falschmeldungen hervor; erachtet es als sehr wichtig, grundlegende digitale Kompetenzen und Informationskompetenz durch einen echten Ansatz des lebenslangen Lernens zu vermitteln, und betont, dass der Zugang von älteren Menschen und Menschen aus benachteiligten Gruppen zur Vermittlung digitaler Kompetenzen verbessert werden muss; fordert, dass groß angelegte Initiativen der Union zur digitalen Kompetenz im überarbeiteten Aktionsplan für digitale Bildung verankert werden;
12. ist der Ansicht, dass die wichtigste Lehre aus der Krise darin besteht, dass Inklusion und Chancengleichheit, sowohl in Bezug auf den Zugang als auch auf die Qualität, in den Mittelpunkt der künftigen Politik der Union im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung gestellt werden müssen;
13. betont, dass die Krise gezeigt hat, dass es eines alle Beteiligten einbeziehenden Ansatzes zur Bildungspolitik und eines Ansatzes der Mitgestaltung bedarf, bei denen Lehr- und Ausbildungskräfte, Lernende, Anbieter nichtformaler allgemeiner und beruflicher Bildung, Eltern, Unternehmen, die Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und lokale Gebietskörperschaften sowohl in die Gestaltung als auch in die Umsetzung einbezogen werden; weist darauf hin, dass das Lernen in formalen, nicht formalen und informellen Kontexten stattfindet und die Politikgestaltung auf ein Konzept ausgerichtet sein muss, bei dem diese Kontexte berücksichtigt werden;
14. ist davon überzeugt, dass die Krise eine Gelegenheit für eingehende Überlegungen bietet, wie die Politik im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung künftig ausgerichtet sein soll und welchen Platz sie in der breiter angelegten Agenda für die Erholung nach der Pandemie einnimmt; betont, dass Bildung beim ökologischen und digitalen Wandel von zentraler Bedeutung ist; weist darauf hin, dass im europäischen Grünen Deal die Schlüsselfunktion von Schulen, Ausbildungseinrichtungen und Universitäten für den Wandel anerkannt wird;
15. ist ferner der Ansicht, dass es jetzt an der Zeit ist, die Lehrpläne und Lernmethoden zu überdenken und zu modernisieren und das Tempo des Wandels zu beschleunigen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Digitalisierung und Innovation zu berücksichtigen und neue und aufkommende Technologien wie künstliche Intelligenz, Blockkettensysteme, adaptive Lernlösungen und Spielifizierung in ihre Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung auf intelligente und lernzentrierte Weise zu integrieren; betont, dass die Auswirkungen innovativer Technologien in der Bildung untersucht und Beispiele für bewährte Verfahren auf Unionsebene gefördert werden müssen; weist erneut darauf hin, dass die rechtlichen und ethischen Grundsätze, die dem geistigen Eigentum im Zusammenhang mit digitalen Bildungsinhalten zugrunde liegen, bedeutsam sind; betont, dass der Einsatz digitaler Technologien unter angemessener Aufsicht von Erwachsenen und Lehrpersonal und unter Wahrung der strengsten Normen in den Bereichen Datenschutz und Urheberrechtsschutz von frühester Kindheit an in die Bildung integriert sein sollte;
16. betont, dass es keinen Ersatz für direkte Interaktion zwischen Lehrkräften und Lernenden gibt und dass nur durch Präsenzunterricht der Erwerb zwischenmenschlicher und sozialer Kompetenzen tatsächlich sichergestellt werden kann; ist daher der Ansicht, dass die Pandemie zwar wahrscheinlich den Übergang zu einem stärker gemischten Bildungsmodell bewirkt, bei dem Präsenzunterricht im Klassenraum mit Fernunterrichtslösungen kombiniert wird, dass jedoch der Präsenzunterricht auch künftig im Mittelpunkt der allgemeinen und beruflichen Bildung stehen muss; weist erneut auf die Bedeutung der Studie über die Geisteswissenschaften hin und ist der Ansicht, dass sie als Ergänzung der MINT-Fächer und der unternehmerischen Fähigkeiten von wesentlicher Bedeutung sind;
17. ist der Ansicht, dass eine bessere Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und eine anspruchsvollere Politik der Union im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung die Wirksamkeit der Reaktion auf die COVID-19-Krise verbessert hätten, und fordert die Union nachdrücklich auf, künftig eine aktivere Koordinierungsfunktion zu übernehmen;
18. fordert die Kommission daher auf, einen ehrgeizigen politischen Rahmen für die künftige Bildungspolitik der Union vorzuschlagen, mit dem der europäische Bildungsraum von einer lockeren, auf allgemeinen Grundsätzen beruhenden Vorstellung in ein konkretes Arbeitsprogramm mit einer Reihe messbarer Ziele umgewandelt wird, wozu auch gehört, dass die automatische gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen, Abschlüssen und Lernzeiten im Ausland bis spätestens 2025 in der Union Realität wird; fordert die Kommission nachdrücklich auf, einen ebenfalls ehrgeizigen Ansatz beim aktualisierten Aktionsplan für digitale Bildung zu verfolgen und von einem Bündel uneinheitlicher Maßnahmen zu einer vollwertigen Strategie für digitale Kompetenzen und Bildung überzugehen; besteht darauf, dass die Kommission das Parlament in allen Phasen der Politikgestaltung aktiv einbezieht;
19. besteht darauf, dass die künftige europäische Bildungspolitik auf einem gemeinsamen politischen Rahmen aufbaut, durch den sichergestellt ist, dass durch die einschlägigen politischen Initiativen – etwa die Europäische Kompetenzagenda, den europäischen Bildungsraum, den Aktionsplan für digitale Bildung, die Jugendgarantie und die Kindergarantie – klare allgemeine politische Ziele ergänzt und unterstützt werden; ist der Ansicht, dass der Bereich Bildung Teil des Dialogs mit den Bürgerinnen und Bürgern sein muss, beispielsweise im Rahmen der künftigen Konferenz zur Zukunft Europas;
20. stellt fest, dass die Fortschritte auf dem Weg zu einem Europäischen Hochschulraum wesentlich größer sind als vergleichbare Prozesse in anderen Bildungsbereichen; fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, durch einen Ansatz des lebenslangen Lernens größere Anstrengungen auf andere Bildungsbereiche zu richten, insbesondere auf die frühkindliche Bildung, die Schulbildung, die Erwachsenenbildung und die berufliche Aus- und Weiterbildung;
21. weist erneut darauf hin, dass das Programm Erasmus+ das Hauptfinanzierungsinstrument zur Unterstützung des Aufbaus eines europäischen Bildungsraums ist; hebt den Wert von Instrumenten hervor, die mit Unterstützung von Erasmus+ entwickelt wurden, um Lehrmittel (zum Beispiel durch Internet-Partnerschaften) zu erstellen und gemeinsam zu nutzen und um Lehrkräfteausbildungsmodule (zum Beispiel durch das School Education Gateway) zu entwickeln; ist der Ansicht, dass solche Instrumente innerhalb der Bildungsgemeinschaft ausgebaut, besser finanziert und aktiv gefördert werden sollten, um einen echten Beitrag zum Online-Unterricht und -Lernen zu leisten; bekräftigt seine Unterstützung für das Programm Erasmus+, um die Mobilität durch virtuelle Lern- und Kooperationsinstrumente zu ergänzen, sie aber nicht zu ersetzen; weist darauf hin, dass durch eine Reihe von Pilotprojekten und vorbereitenden Maßnahmen im Bereich Bildung, die vom Europäischen Parlament vorgeschlagen wurden, ein wertvoller Beitrag geleistet wurde, und fordert, dass erfolgreiche Pilotprojekte und vorbereitende Maßnahmen in die Politik und die Programme integriert werden;
22. betont zudem den potenziellen Beitrag der Initiativen „Exzellenzzentren für die berufliche Aus- und Weiterbildung“, „DiscoverEU“ und „Netzwerke Europäischer Hochschulen“ zum europäischen Bildungsraum; bedauert jedoch, dass durch den überarbeiteten MFR-Vorschlag der Kommission vom Mai 2020 – der vom Europäischen Rat im Juli 2020 noch weiter gekürzt wurde – das Programm Erasmus+ die für die Umsetzung dieser Leitinitiativen erforderlichen Mitteln verliert, was negative Auswirkungen auf Kernbereiche des Programms hat, insbesondere auf die Ausweitung der Mobilitätsmöglichkeiten zu Lernzwecken und auf eine inkludierendere Gestaltung des Programms;
23. weist darauf hin, dass die Bildungspolitik durch eine Reihe von Finanzierungsprogrammen der Union unterstützt werden kann; fordert die Kommission auf, gezielten Investitionen in digitale Infrastruktur und Ausrüstung für Bildungseinrichtungen und Lernende Vorrang einzuräumen, um Fernunterricht und Online-Lernen zu ermöglichen, wobei besonderes Augenmerk auf digitale Geräte und Internetzugang in abgelegenen und ländlichen Gebieten zu legen ist; betont, dass die Fazilität „Connecting Europe“, die Aufbau- und Resilienzfazilität und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung zu diesem Zweck genutzt werden sollten;
24. betont, dass hochwertige Bildungssysteme die Grundlage für die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU bilden, und weist erneut darauf hin, dass gut funktionierende Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung hohe öffentliche Investitionen erfordern; betont in diesem Zusammenhang, dass es ehrgeizigen Maßnahmen an Glaubwürdigkeit fehlt, wenn keine entsprechenden Finanzmittel bereitgestellt werden; bedauert zutiefst, dass die Programme, die im Rahmen der auf der Juli-Tagung des Europäischen Rates erzielten politischen Einigung über den nächsten MFR gekürzt werden, insbesondere jene Programme umfassen, die Maßnahmen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung unterstützen – insbesondere Erasmus+, Horizont Europa und der Europäische Sozialfonds Plus; bekräftigt seine Forderung nach einer Verdreifachung des Budgets für Erasmus+ im Vergleich zum Haushaltsplan im MFR 2014–2020; fordert die Mitgliedstaaten auf, die im Rahmen des Aufbauplans zur Verfügung stehenden Mittel ambitioniert zu nutzen, um Investitionen in Bildung anzukurbeln; fordert die Mitgliedstaaten auf, die öffentlichen Bildungsausgaben erheblich zu erhöhen;
25. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.