Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2021 zu dem Thema „Auf dem Weg zu einem mit den WTO-Regeln zu vereinbarenden CO2-Grenzausgleichssystem“ (2020/2043(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Konferenz der Vertragsparteien (COP21) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) in Paris geschlossene Übereinkommen (Übereinkommen von Paris),
– unter Hinweis auf den Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen 2019 über die Emissionslücke („Emissions Gap Report“),
– unter Hinweis auf den Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) mit dem Titel „Global Warming of 1.5 °C“ (Globale Erwärmung um 1,5 °C) sowie auf dessen Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. September 2020 mit dem Titel „Mehr Ehrgeiz für das Klimaziel Europas bis 2030“ (COM(2020)0562) und die dazugehörige Folgenabschätzung (SWD(2020)0176),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 12. Dezember 2019 und vom 17. bis 21. Juli 2020,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juli 2020 zu den Schlussfolgerungen der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020(1),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Rechnungshofs in seinem Sonderbericht Nr. 18/2020 vom 15. September 2020 mit dem Titel „Das Emissionshandelssystem der EU: kostenlose Zuteilung von Zertifikaten sollte gezielter erfolgen“,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. November 2019 zum Klima- und Umweltnotstand(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zum europäischen Grünen Deal(3),
– unter Hinweis auf seinen Standpunkt zum Klimaziel für 2030, nämlich eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 60 % gegenüber dem Stand von 1990(4),
– gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A9‑0019/2021),
A. in der Erwägung, dass die negativen Auswirkungen des Klimawandels eine unmittelbare Bedrohung für die Lebensgrundlage des Menschen und die terrestrischen und marinen Ökosysteme sind, was in den Sonderberichten des IPCC über die globale Erwärmung um 1,5 °C und über den Ozean und die Kryosphäre bestätigt wurde; in der Erwägung, dass diese Auswirkungen ungleich verteilt sind, wobei die meisten negativen Auswirkungen in den ärmeren Ländern und bei ärmeren Menschen zum Tragen kommen;
B. in der Erwägung, dass der Klimawandel nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ab 2030 voraussichtlich zu etwa 250 000 zusätzlichen Todesfällen jährlich aufgrund von Mangelernährung, Malaria, Durchfall und Wärmebelastung beiträgt;
C. in der Erwägung, dass die durchschnittliche globale Temperatur bereits um mehr als 1,1 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau gestiegen ist(5);
D. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen des Übereinkommens von Paris verpflichtet sind, Klimaschutzmaßnahmen auf der Grundlage der neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu ergreifen, und nun das Ziel haben, bis spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen;
E. in der Erwägung, dass es der EU in den vergangenen Jahrzehnten gelungen ist, die territorialen Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) erfolgreich vom Wirtschaftswachstum abzukoppeln, wobei die THG-Emissionen um 24 % gesunken sind, während das BIP zwischen 1990 und 2019 um mehr als 60 % gewachsen ist; in der Erwägung, dass dabei die im Rahmen des internationalen Handels entstehenden Emissionen der EU nicht berücksichtigt werden und daher ihr globaler CO2-Fußabdruck unterschätzt wird;
F. in der Erwägung, dass im Jahr 2015 das Verhältnis von importierten zu exportierten Emissionen in der EU etwa 3:1 betrug, wobei 1,317 Mrd. Tonnen CO2-Emissionen importiert und 424 Mio. Tonnen CO2-Emissionen exportiert wurden(6);
G. in der Erwägung, dass das geltende Unionsrecht bei der Verwirklichung der bisher beschlossenen Klimaziele wirksam war; in der Erwägung, dass die derzeitige Ausgestaltung des Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (EU-EHS), insbesondere die geltenden Bestimmungen über die Verlagerung von CO2-Emissionen, keine wirksamen Anreize für die notwendige Dekarbonisierung bestimmter Wirtschaftszweige, insbesondere in der Industrie, bietet und in einigen Fällen zu ungerechtfertigten Marktlagengewinnen für die begünstigten Unternehmen führte, wie der Europäische Rechnungshof hervorhob(7);
H. in der Erwägung, dass die Kommission ihre Ausarbeitung von Methoden zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks und des ökologischen Fußabdrucks eines Produkts fortsetzen sollte, indem sie einen auf den vollständigen Lebenszyklus bezogenen Ansatz verfolgt und sicherstellt, dass bei der Bilanzierung der mit Produkten verbundenen Emissionen die Realität so gut wie möglich abgebildet wird, wozu auch die Emissionen aus dem internationalen Verkehr zählen;
I. in der Erwägung, dass sich die Kommission mit der Rückverfolgbarkeit von Produkten und Dienstleistungen auseinandersetzen sollte, um die Auswirkungen von deren Lebenszyklen – etwa mit Blick auf die Gewinnung und den Verbrauch von Rohstoffen, das Herstellungsverfahren, den Energieverbrauch und die Verkehrsträger – genauer zu bestimmen und Datenbanken aufzubauen;
J. in der Erwägung, dass etwa 27 % der weltweiten CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Brennstoffen derzeit auf international gehandelte Güter entfallen(8); in der Erwägung, dass 90 % des internationalen Güterverkehrs auf dem Seeweg abgewickelt werden, was zu erheblichen THG-Emissionen führt; in der Erwägung, dass nur die THG-Emissionen aus der inländischen Schifffahrt in den ursprünglichen national festgelegten Beitrag der EU einbezogen wurden; in der Erwägung, dass dies im Hinblick auf das erweiterte Ziel der EU für 2030 überarbeitet wird;
K. in der Erwägung, dass aus der COVID-19-Krise einige wichtige Lehren gezogen werden konnten, weshalb in dem Vorschlag der Kommission für ein neues Aufbauinstrument – NextGenerationEU – hervorgehoben wird, dass die Autonomie und Resilienz der Union gestärkt werden muss und dass kurze Kreisläufe, insbesondere kürzere Lebensmittelversorgungsketten, benötigt werden;
L. in der Erwägung, dass die Kommission die Klimaschutzpolitik unbedingt von allen Seiten betrachten sollte, beispielsweise indem die Emissionsreduktionsziele, etwa für den Seeverkehr, in Abstimmung mit Strategien zur CO2-Bepreisung verfolgt werden;
M. in der Erwägung, dass eine wirksame und sinnvolle CO2-Bepreisung im Rahmen eines breiter angelegten Regelungsumfelds als wirtschaftlicher Anreiz für Herstellungsverfahren mit einem niedrigeren THG-Fußabdruck wirken und Investitionen in Innovation und neue Technologien zur Dekarbonisierung der Wirtschaft der Union und zur Einführung des Kreislaufprinzips anregen kann; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang ein wirksames CO2-Grenzausgleichssystem von Bedeutung sein kann;
N. in der Erwägung, dass der Handel ein wichtiges Instrument zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung und zur Bekämpfung des Klimawandels sein kann; in der Erwägung, dass der Unionsbinnenmarkt der zweitgrößte Verbrauchermarkt der Welt ist, wodurch die Union als Organisation, die weltweit Maßstäbe setzt, eine einzigartige Position innehat;
O. in der Erwägung, dass sich die Bekämpfung des Klimawandels auf die Wettbewerbsfähigkeit und die soziale Gerechtigkeit auswirkt und ein erhebliches Potenzial in Bezug auf die industrielle Entwicklung, die Schaffung von Arbeitsplätzen, Innovation und die regionale Entwicklung birgt;
P. in der Erwägung, dass die Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) nach Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) für den Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Personen und Tieren oder die Erhaltung des Pflanzenwuchses (Buchstabe b) oder zum Schutz natürlicher Hilfsquellen (Buchstabe g) erforderliche Maßnahmen ergreifen dürfen;
Q. in der Erwägung, dass die EU die Einrichtung eines CO2-Grenzausgleichssystems durch ein Drittland akzeptieren sollte, wenn es dabei einen höheren CO2-Preis zugrunde legt;
R. in der Erwägung, dass sich US-Präsident Biden in seinem Wahlprogramm dafür ausgesprochen hat, CO2-Anpassungsabgaben oder -quoten für CO2-intensive Güter aus Ländern aufzuerlegen, die ihren Klima- und Umweltverpflichtungen nicht nachkommen; in der Erwägung, dass dies eine neue Gelegenheit für die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Wiederherstellung dieser wichtigen Partnerschaft bieten könnte;
S. in der Erwägung, dass die höheren Bestrebungen der EU in Bezug auf den Klimawandel nicht zu dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen durch die Industriezweige aus der Union führen sollte;
Allgemeine Bemerkungen
1. ist zutiefst besorgt darüber, dass derzeit keiner der übermittelten national festgelegten Beiträge, auch nicht die der EU und ihrer Mitgliedstaaten, dem Ziel gerecht wird, die globale Erwärmung wie im Übereinkommen von Paris vorgesehen weit unter 2 °C zu halten und sich weiter dafür einzusetzen, dass der weltweite Temperaturanstieg auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau beschränkt wird;
2. ist besorgt darüber, dass bei den internationalen Klimaschutzverhandlungen in den vergangenen Jahren einige Handelspartner der EU es an Zusammenarbeit mangeln ließen, wodurch – wie kürzlich auf der COP25 festzustellen war – die Möglichkeiten der Weltgemeinschaft, die Ziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen, gefährdet werden; legt allen Parteien nahe, die kollektiven und wissenschaftlich fundierten globalen Anstrengung zu unterstützen, damit diese Ziele doch noch erreicht werden können; fordert die Kommission und den Rat auf, im Rahmen des UNFCCC eine transparente, faire und alle Seiten einbeziehende Entscheidungsfindung beizubehalten;
3. betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Verantwortung und die Möglichkeit haben, zusammen mit den anderen weltweit größten Emittenten in der globalen Klimaschutzpolitik auch künftig mit gutem Beispiel voranzugehen; weist darauf hin, dass die EU in der globalen Klimaschutzpolitik als Vorreiterin agiert, wie ihre Annahme des Ziels, bis spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen, und ihr Plan, sich ein anspruchsvolleres Ziel für die Verringerung der THG-Emissionen bis 2030 zu setzen, belegen; legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nachdrücklich nahe, ihre Klimadiplomatie vor und nach der Verabschiedung des Gesetzgebungsvorschlags für ein CO2-Grenzausgleichssystem zu intensivieren und insbesondere für einen kontinuierlichen Dialog mit den Handelspartnern zu sorgen, damit Anreize für globale Klimaschutzmaßnahmen geschaffen werden; betont, dass gleichzeitig diplomatische Bemühungen erforderlich sind, damit auch die Nachbarländer der EU frühzeitig mit ins Boot geholt werden;
4. betont die zentrale Funktion der Bürger und Verbraucher bei der Energiewende und erachtet es als besonders wichtig, die Verbraucher zu Entscheidungen im Sinne der Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels anzuregen und sie in diesen Entscheidungen zu bestärken, indem nachhaltiges Handeln gefördert wird und positive Nebeneffekte erzielt werden, die zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen;
5. nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, das Klimaziel der EU für 2030 auf eine Verringerung der Nettoemissionen um mindestens 55 % im Vergleich zu den Werten von 1990 festzusetzen; betont jedoch, dass das Parlament ein höheres Ziel von 60 % beschlossen hat;
6. stellt fest, dass die EU zwar ihre internen THG-Emissionen erheblich reduziert hat, die in den Einfuhren in die EU enthaltenen THG-Emissionen jedoch ständig gestiegen sind, was den Bemühungen der Union um eine Verringerung ihres globalen THG-Fußabdrucks zuwiderläuft; betont, dass mehr als 20 % der internen CO2-Emissionen der Union auf die Nettoeinfuhren von Waren und Dienstleistungen in die EU entfallen; ist der Auffassung, dass der THG-Gehalt von Einfuhren besser überwacht werden sollte, um mögliche Maßnahmen zur Verringerung des globalen THG-Fußabdrucks der EU zu ermitteln;
Gestaltung eines WTO‑konformen CO2-Grenzausgleichssystems
7. unterstützt die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems unter der Voraussetzung, dass es insofern mit den WTO-Regeln und den EU-Freihandelsabkommen vereinbar ist, als es weder diskriminierend wirkt noch eine verschleierte Beschränkung des internationalen Handels ist; ist der Ansicht, dass mit dem CO2-Grenzausgleichssystem ein Anreiz für die Wirtschaft der Union und die Handelspartner der Union geschaffen werden sollte, ihre Wirtschaftszweige zu dekarbonisieren, und mit diesem System deshalb sowohl die globale Klimaschutzpolitik als auch die Klimaschutzpolitik der EU im Hinblick auf THG-Neutralität im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens von Paris vorangebracht würde; stellt unmissverständlich fest, dass ein CO2-Grenzausgleichssystem nicht als Instrument zur Förderung von Protektionismus, ungerechtfertigter Diskriminierung oder ungerechtfertigten Beschränkungen missbraucht werden, sondern ausschließlich Klimaschutzzielen dienen sollte; betont, dass mit diesem System die ökologischen Ziele der EU unterstützt werden sollten, insbesondere um die in der Industrie der Union und im internationalen Handel entstehenden THG-Emissionen besser in den Griff zu bekommen, wobei es nicht diskriminierend sein sollte und weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen angestrebt werden sollten;
8. betont, dass auf die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern gesondert eingegangen werden sollte, um ihren Besonderheiten und den möglichen negativen Auswirkungen des CO2-Grenzausgleichssystems auf ihre Entwicklung Rechnung zu tragen;
9. weist auf die besonderen Zwänge und Herausforderungen hin, mit denen die Gebiete in äußerster Randlage insbesondere aufgrund ihrer Abgelegenheit, ihrer Insellage und der beschränkten Größe ihrer Märkte konfrontiert sind, und fordert, dass im CO2-Grenzausgleichssystem im Einklang mit Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ihren besonderen Merkmalen gebührend Rechnung getragen wird;
10. bekräftigt, dass die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems Teil eines Pakets von Legislativmaßnahmen sein sollte, mit denen für eine rasche Verringerung der THG-Emissionen aus Produktion und Verbrauch in der EU gesorgt wird, insbesondere durch die Erhöhung der Energieeffizienz und den verstärkten Einsatz von Energie aus erneuerbaren Quellen; betont, dass das CO2-Grenzausgleichssystem an politische Maßnahmen gekoppelt werden sollte, die darauf abzielen, Investitionen in CO2-arme Industrieprozesse zu ermöglichen und zu fördern, etwa durch innovative Finanzierungsinstrumente, den neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft und eine umfassendere EU-Industriepolitik, die sowohl ökologisch ehrgeizig als auch sozial gerecht ist, um eine dekarbonisierte Reindustrialisierung der Union anzusteuern, hochwertige Arbeitsplätze auf lokaler Ebene zu schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Union zu wahren, wobei gleichzeitig die klimapolitischen Ambitionen der EU erfüllt sowie Vorhersehbarkeit und Sicherheit geboten werden müssen, damit Investitionen in die Klimaneutralität getätigt werden;
11. betont, dass mit Produktnormen für eine CO2-arme, ressourcenschonende Herstellung gesorgt und dazu beigetragen werden kann, dass die negativen Umweltauswirkungen durch den Produktgebrauch möglichst gering bleiben; fordert daher die Kommission auf, ergänzend zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems ehrgeizigere und rechtlich bindende Normen und Vorschriften für in der EU in Verkehr gebrachte Produkte hinsichtlich der Reduzierung von THG-Emissionen und der Einsparung von Ressourcen und Energie vorzuschlagen, um den Rahmen für eine nachhaltige Produktpolitik und den neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen;
12. ist der Ansicht, dass in einem CO2-Grenzausgleichssystem alle Einfuhren von Produkten und Rohstoffen, die unter das EU-EHS fallen, erfasst werden sollten, auch wenn sie bei der Herstellung von Zwischen- oder Endprodukten angefallen sind, damit im Binnenmarkt und entlang der Wertschöpfungskette keine Verzerrungen entstehen; betont, dass im CO2-Grenzausgleichssystem als Ausgangspunkt (bereits ab 2023) und nach einer Folgenabschätzung die Energiewirtschaft und energieintensive Industriezweige wie Zement, Stahl, Aluminium, Ölraffinerien, Papier, Glas, Chemikalien und Düngemittel erfasst werden sollten, die nach wie vor in erheblichem Umfang kostenlose Zuteilungen erhalten und nach wie vor 94 % der Industrieemissionen in der EU ausmachen;
13. hebt hervor, dass der Gehalt an THG-Emissionen von Einfuhren auf der Grundlage transparenter, zuverlässiger und aktueller produktspezifischer Vergleichsmaßstäbe auf der Ebene der Anlagen in Drittländern berechnet werden sollte und dass in Fällen, in denen der Einführer keine Daten zur Verfügung stellt, stets dem globalen durchschnittlichen Gehalt an THG-Emissionen einzelner Produkte – aufgeschlüsselt nach verschiedenen Produktionsmethoden mit unterschiedlicher Emissionsintensität – Rechnung getragen werden sollte; ist der Ansicht, dass bei der CO2-Bepreisung von Einfuhren sowohl die direkten als auch die indirekten Emissionen erfasst werden sollten und daher auch die länderspezifische CO2-Intensität des Stromnetzes oder, wenn der Einführer entsprechende Daten zur Verfügung stellt, die CO2-Intensität des Energieverbrauchs der Anlage berücksichtigt werden sollte;
14. stellt fest, dass die Kommission derzeit alle einzelnen Optionen für die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems prüft, die von steuerlichen Instrumenten bis hin zu Mechanismen reichen, die auf das EU-EHS abstellen; betont, dass die Modalitäten für die Gestaltung eines CO2-Grenzausgleichssystems parallel zur Überarbeitung des EU-EHS geprüft werden sollten, damit sie einander ergänzen und kohärent sind und keine Überschneidungen entstehen, die zu einem doppelten Schutz der Industrie der Union führen würden; hält es für wichtig, dass das Verfahren für die Einführung des CO2-Grenzausgleichssystems transparent gestaltet wird, auch durch die Einbeziehung der WTO und der Handelspartner der EU in Abstimmung mit dem Europäischen Parlament und durch eine sorgfältige Bewertung und einen Vergleich der Wirksamkeit, der Effizienz und der rechtlichen Durchführbarkeit verschiedener Formen eines CO2-Grenzausgleichssystems im Hinblick auf die Verringerung der gesamten globalen THG-Emissionen; betont, dass das Hauptziel des CO2-Grenzausgleichssystems der Umweltschutz ist und dass daher Umweltkriterien bei der Wahl des Instruments einen entscheidenden Stellenwert erhalten sollten, damit ein vorhersehbarer und ausreichend hoher CO2-Preis entsteht, mit dem Anreize für Investitionen in die Dekarbonisierung gesetzt werden und so die Ziele des Übereinkommens von Paris verwirklicht werden können;
15. betont, dass die Auswirkungen aller Optionen auf den Lebensstandard der Verbraucher – insbesondere derjenigen, die schutzbedürftigeren Gruppen angehören – sowie auf die Einkommen analysiert werden müssen; fordert die Kommission auf, in die Folgenabschätzung je nach dem gewählten Konzept und den gewählten Modalitäten auch die Auswirkungen der Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleichssystem als Eigenmittel auf den Unionshaushalt aufzunehmen;
16. ist der Auffassung, dass über das CO2-Grenzausgleichssystem – um dem potenziellen Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen entgegenzuwirken und gleichzeitig die WTO-Regeln einzuhalten – der CO2-Gehalt von Einfuhren in einer Weise in Rechnung gestellt werden muss, dass dabei die von den EU-Erzeugern getragenen CO2-Kosten zum Ausdruck kommen; betont, dass bei der CO2-Bepreisung im Rahmen des CO2-Grenzausgleichssystems die dynamische Entwicklung des Preises für Zertifikate im Rahmen des EU-EHS berücksichtigt und gleichzeitig für Vorhersehbarkeit und geringere Volatilität des CO2-Preises gesorgt werden sollte; ist der Ansicht, dass Einführer Zertifikate aus einem Pool erwerben sollten, der vom EU-EHS getrennt ist und deren CO2-Preis dem Preis im EU-EHS am Tag der Transaktion entspricht; unterstreicht, dass die Einführung des CO2-Grenzausgleichssystems nur eine der Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele des europäischen Grünen Deals ist und auch mit den notwendigen Maßnahmen in den nicht unter das EU-EHS fallenden Wirtschaftszweigen und einer ehrgeizigen Reform des EU-EHS einhergehen werden muss, damit CO2-Emissionen sinnvoll bepreist werden und dabei dem Verursacherprinzip in vollem Umfang Rechnung getragen und damit zur notwendigen Verringerung der THG-Emissionen im Einklang mit dem aktualisierten EU-Klimaschutzziel für 2030 und dem Netto-Null-THG-Emissionsziel für 2050 beigetragen wird, auch durch Überlegungen zum linearen Kürzungsfaktor, eine Umstellung auf ein neues Basisjahr und die Prüfung der Frage, ob ein Mindestpreis für CO2-Emissionen festgelegt werden muss;
17. betont, dass mit einer Verbrauchsabgabe oder Verbrauchsteuer auf den CO2-Gehalt aller inländischen und eingeführten Konsumgüter das Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen möglicherweise nicht in vollem Umfang eingedämmt werden kann, dass sie angesichts der Komplexität der Rückverfolgung von CO2-Emissionen in den globalen Wertschöpfungsketten eine technische Herausforderung darstellen würde und dass sie für die Verbraucher eine erhebliche Belastung bedeuten könnte; stellt fest, dass eine feste Abgabe oder Steuer auf Einfuhren ein einfaches Instrument sein könnte, um ein starkes und stabiles ökologisches Preissignal für den CO2-Gehalt eingeführter Produkte zu geben; vertritt jedoch die Auffassung, dass eine solche Steuer – weil sie eine feste Steuer ist – ein weniger flexibles Instrument für die Wiedergabe des schwankenden Preises des EU-EHS wäre; betont, dass eine schwankende Steuer, die automatisch dem Preis des EU-EHS entspricht, in der Praxis einem fiktiven EHS gleichkäme; stellt fest, dass ein System auf der Grundlage von Artikel 192 Absatz 2 AEUV eingeführt werden könnte, wenn das CO2-Grenzausgleichssystem auf Steuern beruhen würde;
18. betont, dass Einführer die Möglichkeit haben sollten, im Einklang mit den EU-Normen für Überwachung, Berichterstattung und Prüfung des EU-EHS nachzuweisen, dass der CO2-Gehalt ihrer Produkte unter diesen Werten liegt, und dass sie in diesem Fall ein Anrecht auf einen entsprechend angepassten zu zahlenden Betrag haben sollten, damit Innovationen und Investitionen in nachhaltige Technologien in der ganzen Welt gefördert werden; vertritt die Auffassung, dass dies keine unverhältnismäßige Belastung für KMU darstellen sollte; hebt hervor, dass die Einführung des Systems durch eine Reihe von EU-Vorschriften abgesichert werden muss, damit es nicht umgangen oder missbraucht werden kann, und dass für seine Verwaltung eine starke unabhängige Infrastruktur erforderlich ist;
19. betont, dass durch das CO2-Grenzausgleichssystem sichergestellt werden sollte, dass Einführer aus Drittländern wegen des CO2-Gehalts ihrer Produkte nicht doppelt belastet werden, damit Gleichbehandlung und das Diskriminierungsverbot gewahrt werden; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der verschiedenen Optionen für ein CO2-Grenzausgleichssystem auf die am wenigsten entwickelten Länder sorgfältig zu prüfen;
20. unterstreicht, dass in dem System – im Gegensatz zum EU-EHS – das Verbrennen von Holz als Brennstoff nicht als CO2-neutral behandelt werden sollte und in dem überarbeiteten und aktualisierten Rahmen das in geschlagenem Holz enthaltene CO2 und die ausgelaugten Böden einen Preis haben sollten;
21. fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass das Risiko, dass in die EU ausführende Unternehmen versuchen, das System zu umgehen oder seine Wirksamkeit zu schwächen, beispielsweise durch die Umlenkung der Produktion zwischen Märkten oder die Ausfuhr von Halbfertigerzeugnissen, minimiert wird;
Handelsbezogene Aspekte des CO2-Grenzausgleichssystems
22. fordert, dass das Übereinkommen von Paris und seine Ziele zu einem der wichtigsten Leitprinzipien der Handelspolitik wird, an das alle Handelsinitiativen und deren politischen Instrumente angepasst werden müssen, indem es unter anderem als wesentliches Element in Freihandelsabkommen (FHA) aufgenommen wird; ist überzeugt, dass mit solch einer zielgerichteten Handelspolitik die Dekarbonisierung der Volkswirtschaften beträchtlich vorangetrieben werden kann, um die Klimaziele des Übereinkommens von Paris und den europäischen Grünen Deal zu verwirklichen;
23. bringt seine tiefe Besorgnis über die Erosion des multilateralen Handelssystems zum Ausdruck; fordert die Kommission auf, aktiv mit den Regierungen der Handelspartner zusammenzuarbeiten, um für einen kontinuierlichen Dialog über diese Initiative zu sorgen und so Anreize für Klimaschutzmaßnahmen sowohl in der Union als auch bei den Handelspartnern zu schaffen; betont, dass die Handelspolitik dazu genutzt werden kann und sollte, eine positive Umweltagenda zu fördern und keine großen Unterschiede bei den Umweltambitionen zwischen der EU und dem Rest der Welt entstehen zu lassen, und dass ein CO2-Grenzausgleichssystem als Maßnahme ausgestaltet werden sollte, mit der die Maßnahmen im Rahmen der Kapitel zum Handel und zur nachhaltigen Entwicklung in den FHA der Union ergänzt werden; betont ferner, dass das letztendliche Ziel der Initiative globale Maßnahmen sein müssen, durch die das CO2-Grenzausgleichssystem überflüssig wird, da sich der Rest der Welt an die Zielvorgaben der EU zur Reduzierung der CO2-Emissionen angleicht; ist daher der Ansicht, dass das CO2-Grenzausgleichssystem nicht als Instrument des Protektionismus, sondern als Mittel zur Beschleunigung dieser Angleichung betrachtet werden sollte; erwartet, dass die Kommission Verhandlungen über einen globalen Ansatz im Rahmen der WTO oder der G20 in die Wege leitet;
24. vertritt die Auffassung, dass der internationale Handel und die Handelspolitik wichtige Faktoren für den Übergang zu einer klimaneutralen, ressourceneffizienten globalen Kreislaufwirtschaft sind und als solche zur Unterstützung der globalen Bemühungen um die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und des Übereinkommens von Paris dienen; hält es für dringend erforderlich, eine umfassende Reform der WTO voranzutreiben, wodurch sie in die Lage versetzt wird, für fairen Handel zu sorgen und gleichzeitig die Erderwärmung zu bekämpfen; stellt fest, dass die Vorschriften des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) auf das Jahr 1947 zurückgehen, und ist der Ansicht, dass sie im aktuellen Kontext der Klimakrise überarbeitet werden müssen; erwartet, dass die Kommission umgehend Maßnahmen zur Reform der WTO ergreift, um die Vereinbarkeit mit den Klimazielen herbeizuführen; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen um eine globale CO2-Bepreisung und die Erleichterung des Handels mit Klima- und Umweltschutztechnologien zu intensivieren, beispielsweise durch handelspolitische Initiativen wie das WTO-Abkommen über den Handel mit Umweltschutzgütern;
25. fordert die Kommission auf, multilaterale WTO-Reformen voranzutreiben, mit denen das internationale Handelsrecht mit den Zielen des Übereinkommens von Paris und anderen Aspekten des Völkerrechts, insbesondere den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), in Einklang gebracht wird; weist darauf hin, dass ein CO2-Grenzausgleichssystem mit den WTO-Regeln vereinbar ist, wenn es mit einem klaren Umweltziel zur Verringerung der globalen THG-Emissionen konzipiert und die höchste Umweltintegrität gewahrt ist;
26. betont, dass das CO2-Grenzausgleichssystem dabei helfen kann, einen Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung zu leisten; weist darauf hin, dass die Förderung menschenwürdiger Arbeit ebenfalls ein Ziel für nachhaltige Entwicklung ist, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass Waren, die auf dem Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden, unter Bedingungen hergestellt werden, die den Übereinkommen der IAO entsprechen;
27. stellt fest, dass GATT-Bestimmungen wie Artikel I (das Prinzip der Meistbegünstigung), Artikel III (das Prinzip der Gleichbehandlung mit Inlandswaren) und, falls erforderlich, Artikel XX (allgemeine Ausnahmen) die Grundlage für die Ausgestaltung eines mit den WTO-Regeln vereinbaren CO2-Grenzausgleichssystems sein könnten, das ausschließlich und strikt mit einer ökologischen Zielsetzung – Reduzierung der globalen CO2-Emissionen und Verhinderung der Verlagerung von CO2-Emissionen – geschaffen wird;
28. verweist auf den Grundsatz des Diskriminierungsverbots im Sinne von Artikel III GATT; betont, dass für Einfuhren und inländische Erzeugung unbedingt Gleichbehandlung gelten muss, damit etwaige Maßnahmen mit der WTO vereinbar sind; betont, dass das CO2-Grenzausgleichssystem gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU für inländische und ausländische Herstellerschaffen sollte, indem in diesen Wirtschaftszweigen eine herkunftsunabhängige Abgabe, die dem EHS gleichwertig ist, auf die in eingeführten Waren enthaltenen CO2-Emissionen eingeführt wird, wodurch ein umfassender Schutz gegen die Verlagerung von CO2-Emissionen durch die Industrie der Union sichergestellt und die Verlagerung von Emissionen in Drittländer verhindert würde; betont, dass die Umsetzung des CO2-Grenzausgleichssystems verhindern sollte, dass Anlagen in der EU doppelt geschützt werden, wobei die Auswirkungen auf die Ausfuhren und davon abhängige Wirtschaftszweige entlang der Wertschöpfungskette zu bewerten sind; betont, dass die Gestaltung des CO2-Grenzausgleichssystems dem einfachen Grundsatz folgen sollte, wonach eine Tonne CO2 nicht doppelt geschützt werden sollte;
29. erachtet es als sehr wichtig, im Interesse die Wettbewerbsfähigkeit der Industriezweige der EU für weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, ohne dabei schädliche Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt zu verursachen; fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, die mögliche Einführung von Ausfuhrrabatten in Erwägung zu ziehen, jedoch nur, wenn sie deren positive Auswirkungen auf das Klima und ihre Vereinbarkeit mit den WTO-Regeln lückenlos nachweisen kann; betont, dass zur Abwendung falscher Klimaauswirkungen durch Anreize für weniger effiziente Produktionsmethoden in den ausfuhrorientierten Industriebetrieben der Union und zur Wahrung der WTO-Konformität jedwede Ausfuhrunterstützung transparent und verhältnismäßig sein, keinesfalls zu Wettbewerbsvorteilen für in Drittländer exportierende Industriezweige aus der Union führen und strikt auf die effizientesten Anlagen beschränkt sein sollte, damit die Anreize zur Verringerung der THG-Emissionen für ausführende Unternehmen aus der Union erhalten bleiben;
30. betont, dass mit einem solchen System Anreize für die Industriezweige in der Union und in Drittländern geschaffen werden müssen, saubere und wettbewerbsfähige Produkte herzustellen und die Verlagerung von CO2-Emissionen zu verhindern, ohne dabei Handelsmöglichkeiten zu gefährden;
31. weist darauf hin, dass das CO2-Grenzausgleichssystem Teil des europäischen Grünen Deals und ein Instrument zur Verwirklichung des Netto-Null-THG-Emissionsziels der EU bis 2050 ist; stellt fest, dass sich das CO2-Grenzausgleichssystem direkt oder indirekt auf die CO2- und handelsintensivsten Industriezweige auswirken könnte und dass diese Industriezweige während des gesamten Prozesses konsultiert werden sollten; stellt zudem fest, dass durch das CO2-Grenzausgleichssystem die Lieferketten so beeinflusst werden könnten, dass eine Internalisierung der CO2-Kosten bewirkt wird; betont, dass das CO2-Grenzausgleichssystem leicht zu handhaben sein sollte und keine unnötige finanzielle und verwaltungstechnische Belastung für Unternehmen, insbesondere KMU, bedeuten darf;
Das CO2-Grenzausgleichssystem und die Eigenmittel
32. stellt fest, dass das CO2-Grenzausgleichssystem entweder als Erweiterung der derzeitigen Zollregelung oder als zusätzliche Regelung innerhalb des bestehenden EU-EHS eingerichtet werden könnte; betont, dass beide Ansätze durchaus mit einer Eigenmittelinitiative vereinbar sein könnten;
33. unterstützt die Absicht der Kommission, vom CO2-Grenzausgleichssystem generierte Erträge als neue Eigenmittel für den Unionshaushalt zu verwenden, und fordert die Kommission auf, in Bezug auf die Verwendung dieser Erträge für uneingeschränkte Transparenz zu sorgen; betont jedoch, dass die haushaltspolitische Funktion des CO2-Grenzausgleichssystems nur ein Nebenprodukt des Instruments sein sollte; vertritt die Auffassung, dass diese neuen Einnahmen es ermöglichen sollten, Klimaschutzmaßnahmen und die Ziele des Grünen Deals wie den gerechten Übergang und die Dekarbonisierung der Wirtschaft der Union stärker zu unterstützen und den Beitrag der EU zu den internationalen Finanzmitteln für den Klimaschutz zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder und der kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern, die durch den Klimawandel am stärksten gefährdet sind, zu erhöhen, um diese Länder insbesondere dabei zu unterstützen, ihre Industrialisierung auf der Grundlage sauberer und CO2-freier Technologien zu bewerkstelligen; fordert die Kommission auf, in ihrem bevorstehenden Vorschlag die sozialen Auswirkungen des Systems zu berücksichtigen und dabei so gering wie möglich zu halten; betont, dass die Einnahmen aus einem CO2-Grenzausgleichssystem auf keinen Fall als verdeckte Subventionen für Industriezweige aus der Union mit hohem Verschmutzungsgrad verwendet werden sollten, da dadurch letztlich die Vereinbarkeit mit den WTO-Regeln gefährdet würde;
34. weist darauf hin, dass sich das Parlament, der Rat und die Kommission im Rahmen der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans für die Einführung neuer Eigenmittel(9) (IIV) darauf geeinigt haben, dass während der Laufzeit des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens neue Eigenmittel, auch durch das CO2-Grenzausgleichssystem, eingeführt werden; betont, dass ein Beitrag zur Minderung der Probleme im Zusammenhang mit der haushaltspolitischen Äquivalenz geleistet, für eine gerechte Verteilung der Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten gesorgt und zudem eine schlanke Struktur mit minimalen administrativen Gemeinkosten gewahrt werden könnte, wenn die Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleichssystem in den Unionshaushalt flössen; kommt daher zu dem Schluss, dass der Anteil der BNE-basierten Beiträge an der Finanzierung des Unionshaushalts verringert und somit dazu beigetragen würde, die Wirkungen des CO2-Grenzausgleichssystems in gerechter Weise auf alle Mitgliedstaaten zu verteilen, wenn die Erlöse zu Eigenmitteln der Union erklärt würden; ist der Ansicht, dass sich durch etwaige Einsparungen auf nationaler Ebene im Zuge geringerer BNE-Beiträge der haushaltspolitische Spielraum der Mitgliedstaaten vergrößern dürfte;
35. nimmt zur Kenntnis, dass die verschiedenen vorsichtigen Voranschläge der Einnahmen je nach Geltungsbereich und Auslegung des neuen Instruments zwischen 5 und 14 Mrd. EUR jährlich betragen; hebt hervor, dass der Unionshaushalt jedenfalls auf einzigartige Weise dazu geeignet ist, Schwankungen bei den Einnahmen oder auch langfristige regressive Effekte abzufedern;
36. ist entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Eigenmittel aus dem CO2-Grenzausgleichssystem Teil eines Korbs von Eigenmitteln sind, der ausreicht, um die Höhe der voraussichtlichen Gesamtausgaben für die Rückzahlung des Kapitals und der Zinsen der im Rahmen des Instruments NextGenerationEU aufgenommenen Anleihen zu decken, wobei der Grundsatz der Gesamtdeckung zu beachten ist; weist überdies nochmals darauf hin, dass ein etwaiger Überschuss aus dem Tilgungsplan als allgemeine Einnahme im Unionshaushalt verbleiben muss;
37. betont, dass die Einführung eines Korbs von neuen Eigenmitteln gemäß dem Fahrplan für die Einführung neuer Eigenmittel im Rahmen der IIV bewirken könnte, dass der Schwerpunkt der Ausgaben auf Unionsebene vermehrt auf prioritären Bereichen und Gemeingütern mit einem hohen Effizienzgewinn im Vergleich zu nationalen Ausgaben liegt; weist darauf hin, dass ein Verstoß gegen die in der IIV vereinbarten Bestimmungen durch eines der drei Organe rechtliche Schritte der anderen Organe nach sich ziehen könnte;
38. fordert die Organe auf, nach Geist und Wortlaut des Fahrplans für die Einführung neuer Eigenmittel gemäß der IIV zu handeln, wonach diese neue Eigenmittelquelle spätestens am 1. Januar 2023 in Kraft treten soll;
Einrichtung des CO2-Grenzausgleichssystems und sonstige Aspekte
39. hebt hervor, dass die Einrichtung des CO2-Grenzausgleichssystems mit der Abschaffung aller Formen umweltschädlicher Subventionen einhergehen muss, die energieintensiven Industriezweigen auf nationaler Ebene gewährt werden; fordert die Kommission auf, die diesbezüglichen unterschiedlichen Vorgehensweisen der Mitgliedstaaten unter dem Gesichtspunkt des Verursacherprinzips zu bewerten;
40. verlangt, dass das CO2-Grenzausgleichssystem durch ein unabhängiges Gremium unter der Leitung der Kommission überwacht wird, das dem Parlament, dem Rat und der Kommission auf Antrag und mindestens zweimal pro Jahr regelmäßig Bericht erstattet und transparente Informationen liefert;
41. stellt fest, dass mit den Einfuhren in die EU weltweit die höchsten CO2-Emissionen verbunden sind und dass der CO2-Gehalt aus der EU ausgeführter Waren weit unter dem CO2-Gehalt in die EU eingeführter Waren liegt; schließt daraus, dass die Bemühungen der Union um die Bekämpfung des Klimawandels über dem internationalen Durchschnitt liegen; betont, dass es für die Messung der gesamten Auswirkungen der Union auf das Klima einer robusten Berichterstattungsmethode bedarf, bei der die Emissionen der in die EU eingeführten Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden;
42. hebt hervor, dass ausreichende internationale Klimaschutzbemühungen wie etwa eine robuste, weit verbreitete und kohärente internationale CO2-Bepreisung und in hohem Maße wettbewerbsfähige emissionsarme Technologien, Erzeugnisse und Herstellungsverfahren das System im Laufe der Zeit hinfällig machen dürften; ist der Ansicht, dass der Klimawandel ein globales Problem ist, das globale Lösungen erfordert, und vertritt deshalb die Auffassung, dass die EU im Einklang mit Artikel 6 des Übereinkommens von Paris auch künftig für die Schaffung eines globalen Rahmens für die CO2-Bepreisung eintreten sollte; hält die Kommission dazu an, das System mit einem klaren und ambitionierten Zeitplan für seine Einrichtung und Weiterentwicklung auszustatten; weist darauf hin, dass sich manche technischen Lösungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen noch in der Pilotphase befinden, und fordert die Kommission daher auf, ihre Bemühungen um ihre Weiterentwicklung fortzusetzen; fordert die Kommission auf, das System als Teil eines umfassenden und langfristig ausgerichteten Bündels politischer Maßnahmen zu konzipieren, das mit dem Ziel, bis spätestens 2050 eine hochgradig energie- und ressourceneffiziente Wirtschaft mit Netto-Null-THG-Emissionen zu erreichen, im Einklang steht;
43. weist darauf hin, dass die Klima- und Industriepolitik der EU und das Ziel der EU, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten und zu steigern, Hand in Hand gehen müssen; betont, dass das künftige System in die Industriestrategie der Union integriert werden muss, sodass Anreize für die Industrie zur Herstellung umweltverträglicher und wettbewerbsfähiger Produkte gesetzt werden;
44. hebt hervor, dass ein ordnungsgemäß funktionierendes System die Senkung der in die EU eingeführten Emissionen sicherstellen, einen möglichst wirksamen Schutz des Klimas vor dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen bieten und gleichzeitig mit den WTO-Regeln vereinbar sein sollte; betont, dass das System so konzipiert sein sollte, dass es wirksam und einfach anzuwenden ist und gleichzeitig nicht durch den Rückgriff auf Methoden wie die Vermengung von Rohstoffen oder die Einfuhr von Halbfabrikaten oder Endprodukten, die nicht in den Geltungsbereich des Systems fallen, umgangen werden kann;
45. fordert die Kommission auf, die Industriebetriebe in der Union und in Drittländern und dabei insbesondere KMU im Hinblick auf die Einführung zuverlässiger Systeme zur Abrechnung von THG-Emissionen bei Einfuhren zu beraten und zu unterstützen, um eine starke Industrie in der Union zu erhalten, ohne technische Hindernisse für die Handelspartner zu schaffen;
46. fordert eine gesonderte Bewertung der Auswirkungen des Systems auf KMU und auf den Wettbewerb im Binnenmarkt; fordert, dass nötigenfalls ein Mechanismus zur Unterstützung von KMU geschaffen wird, damit sie sich erfolgreich an die neue Marktrealität anpassen können und auf diese Weise verhindert wird, dass größere Marktteilnehmer unfaire Praktiken gegenüber ihnen anwenden;
47. weist ferner darauf hin, dass durch das System keine Wettbewerbsnachteile zwischen konkurrierenden Materialien entstehen sollten, damit es auf dem Unionsmarkt nicht zu unlauterem Wettbewerb kommt; hebt hervor, dass die klimaschonendsten Materialien keine Wettbewerbsnachteile erleiden sollten;
48. betont seine herausragende Funktion bei der Vertretung der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und ihrer Interessen sowie bei der Verwirklichung der Prioritäten der Union, zu denen der Klimaschutz, nachhaltiges Wachstum und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zählen; fordert daher die Kommission und den Rat auf, das Parlament als Mitgesetzgeber vollumfänglich in das Gesetzgebungsverfahren zur Einrichtung des Systems einzubeziehen;
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49. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 8. Oktober 2020 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1999 (Europäisches Klimagesetz) (Angenommene Texte, P9_TA(2020)0253).
Fezzigna, P., Borghesi, S., Caro, D., „Revising Emission Responsibilities through Consumption-Based Accounting: A European and Post-Brexit Perspective“ in Sustainability, 17. Januar 2019.
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), „CO2 emissions embodied in international trade and domestic final demand: methodology and results using the OECD inter-country input-output database“, 23. November 2020.