Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU im Hinblick auf die Informationspflichten, die Produktüberwachung und die Positionslimits zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0280 – C9-0210/2020 – 2020/0152(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0280),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 53 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0210/2020),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 29. Oktober 2020(1),
– unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 744f Absatz 4 seiner Geschäftsordnung von dem zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9‑0208/2020),
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;
2. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
3. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 11. Februar 2021 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie (EU) 2021/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU im Hinblick auf die Informationspflichten, die Produktüberwachung und die Positionslimits sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/878 im Hinblick auf ihre Anwendung auf Wertpapierfirmen, zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 im Hinblick auf den EU-Wiederaufbauprospekt und gezielte Anpassungen für Finanzintermediäre zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0281 – C9-0206/2020 – 2020/0155(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0281),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0206/2020),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 29. Oktober 2020(1),
– unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9‑0228/2020),
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;
2. nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung der Kommission zur Kenntnis;
3. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
4. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 11. Februar 2021 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2021/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 im Hinblick auf den EU-Wiederaufbauprospekt und gezielte Anpassungen für Finanzintermediäre und der Richtlinie 2004/109/EG im Hinblick auf das einheitliche elektronische Berichtsformat für Jahresfinanzberichte zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID‑19-Krise
(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2021/337.)
ANHANG ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
Erklärung der Kommission
Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die politische Einigung in Bezug auf den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Prospektverordnung zur Einführung eines EU-Wiederaufbauprospekts eine Änderung der Transparenzrichtlinie enthält, mit der die Verpflichtung zur Erstellung von Finanzberichten unter Verwendung des einheitlichen europäischen elektronischen Formats (ESEF) verschoben wird. Diese Verschiebung war im ursprünglichen Vorschlag der Kommission nicht enthalten. Nach Ansicht der Kommission steht die Verschiebung der Anwendung der Anforderungen des ESEF mit den Grundsätzen der Union für eine bessere Rechtsetzung und dem Initiativrecht der Kommission nicht im Einklang. Er sollte daher keinen Präzedenzfall darstellen. Da die Verschiebung der Anwendung der Anforderungen des ESEF keine wesentliche Änderung der Politik darstellt und darin die schwierigen Umstände zum Ausdruck kommen, mit denen sich die Unternehmen aufgrund der COVID‑19-Pandemie konfrontiert sehen, steht die Kommission der Verabschiedung des ESEF nicht im Wege.
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates hinsichtlich der vorübergehenden Entlastung von den Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Gemeinschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0818 – C9-0420/2020 – 2020/0358(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0818),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 100 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9‑0420/2020),
— gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27. Januar 2021(1),
– nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
– unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 27. Januar 2021 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf die Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;
2. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
3. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 11. Februar 2021 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2021/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates hinsichtlich der vorübergehenden Entlastung von den Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Union aufgrund der COVID-19-Krise
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen im Hinblick auf die anhaltende COVID-19-Krise hinsichtlich der Erneuerung oder Verlängerung bestimmter Bescheinigungen, Lizenzen und Genehmigungen, der Verschiebung bestimmter regelmäßiger Kontrollen und Weiterbildungen in bestimmten Bereichen des Verkehrsrechts und für die Verlängerung bestimmter in der Verordnung (EU) 2020/698 vorgesehenen Zeiträume (COM(2021)0025 – C9-0004/2021 – 2021/0012(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0025),
– gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und die Artikel 91 und 100 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9‑0004/2021),
— gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27. Januar 2021(1),
– nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
– unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 3. Februar 2021 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,
– gestützt auf die Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,
1. legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;
2. fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;
3. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 11. Februar 2021 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2021/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen im Hinblick auf die anhaltende COVID-19-Krise hinsichtlich der Erneuerung oder Verlängerung bestimmter Bescheinigungen, Lizenzen und Genehmigungen, der Verschiebung bestimmter regelmäßiger Kontrollen und Weiterbildungen in bestimmten Bereichen des Verkehrsrechts und für die Verlängerung bestimmter in der Verordnung (EU) 2020/698 vorgesehenen Zeiträume
Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine
285k
91k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zur Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine (2019/2202(INI))
– unter Hinweis auf Artikel 8 und Titel V, insbesondere Artikel 21, 22, 36, 37 und 49, des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sowie den Fünften Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– unter Hinweis auf das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits, einschließlich eines vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens, das am 1. September 2017 in Kraft getreten ist, und auf die dazugehörige Assoziierungsagenda,
– unter Hinweis auf das Inkrafttreten der Regelung für visumfreies Reisen für Staatsangehörige der Ukraine am 11. Juni 2017 als Ergebnis von Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates, die vom Europäischen Parlament und dem Rat vorgenommen wurden,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind(1),
– unter Hinweis auf seine vorherigen Entschließungen zur Ukraine, insbesondere die Entschließungen vom 12. Dezember 2018 zur Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine(2) und vom 21. Januar 2016 zu Assoziierungsabkommen sowie den vertieften und umfassenden Freihandelszonen mit Georgien, der Republik Moldau und der Ukraine(3) sowie auf seine Empfehlung vom 19. Juni 2020 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Östlichen Partnerschaft im Vorfeld des Gipfeltreffens im Juni 2020(4),
– unter Hinweis auf die Berichte des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) über die Ukraine, insbesondere den 30. Bericht von September 2020 über die Lage der Menschenrechte in der Ukraine,
– unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 19. Juni 2020 mit dem Titel „Lage der Menschenrechte in der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol (Ukraine)“,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Arbeitsunterlage der Kommission und des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 12. Dezember 2019 zum Bericht über die Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine (SWD(2019)0433),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung im Anschluss an das 22. Gipfeltreffen zwischen der EU und der Ukraine vom 6. Oktober 2020,
– unter Hinweis auf die Empfehlungen und Tätigkeiten der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST, des zivilgesellschaftlichen Forums der Östlichen Partnerschaft und weiterer Vertreter der Zivilgesellschaft in der Ukraine,
– unter Hinweis auf die Abschlusserklärungen und Empfehlungen der Sitzung des Parlamentarischen Assoziationsausschusses EU-Ukraine vom 19. Dezember 2019,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen seiner Wahlbeobachtungsmissionen in der Ukraine zu der Präsidentschaftswahl vom 31. März und 21. April 2019 und der vorgezogenen Parlamentswahl vom 21. Juli 2019,
– unter Hinweis auf die am 29. Mai 2020 erfolgte Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 500 Mio. EUR an die Ukraine im Rahmen des vierten Makrofinanzhilfeprogramms der Kommission,
– unter Hinweis auf die beispiellosen Hilfspakete, die die EU zur Unterstützung der Nachbarländer bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie eingerichtet hat, und insbesondere auf die langfristigen Darlehen in Höhe von 1,2 Mrd. EUR, die der Ukraine mit dem Beschluss (EU) 2020/701 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 2020 über die Bereitstellung einer Makrofinanzhilfe für Erweiterungs- und Nachbarschaftspartner vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie zu sehr vorteilhaften Konditionen zur Verfügung gestellt wurden(5),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des NATO-Ukraine-Ausschusses vom 31. Oktober 2019,
– unter Hinweis auf den fünften Länderbericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), der im September 2017 veröffentlicht wurde, und auf die Schlussfolgerungen zur Ukraine hinsichtlich des Stands der Umsetzungen der Empfehlungen aus dem Jahr 2017, die im Juni 2020 veröffentlicht wurden;
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität(6) und die von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats angenommenen Standards,
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Wahlbeobachtungsmission des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE vom 21. Juli 2019 über die vorgezogene Parlamentswahl in der Ukraine,
– unter Hinweis auf den Korruptionswahrnehmungsindex 2019 von Transparency International, in dem die Ukraine unter 180 bewerteten Ländern und Gebieten den 126. Rang belegt (wobei der erste Rang der beste ist),
– unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, die am 5. November 1992 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission zum Gesetz zur Unterstützung der Verwendung der ukrainischen Sprache als Staatssprache und ihre Stellungnahme zu den Bestimmungen des Bildungsgesetzes vom 5. September 2017, die den Gebrauch der Staatssprache und von Minderheitensprachen und anderen Sprachen im Bildungswesen betreffen,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission vom 10. Dezember 2020 zum Verfassungsgericht der Ukraine,
– gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 zum Verfahren für die Genehmigung der Ausarbeitung von Initiativberichten,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9‑0219/2020),
A. in der Erwägung, dass das Assoziierungsabkommen einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens der Eckpfeiler der auf politischer Assoziierung und wirtschaftlicher Integration beruhenden Beziehungen der Europäischen Union zur Ukraine und ein Fahrplan für Reformen ist, dessen vollständige Umsetzung als Befähigung zur stetigen Annäherung an die Union betrachtet werden sollte, was in der Folge zur allmählichen Integration in den Binnenmarkt der Union und zur umfassenden Entfaltung des Potenzials und der Vorteile des Assoziierungsabkommen einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens führt;
B. in der Erwägung, dass die Ukraine gemäß Artikel 49 EUV eine europäische Perspektive hat und beantragen kann, Mitglied der Union zu werden, sofern sie alle Kopenhagener Kriterien und die Grundsätze der Demokratie erfüllt und die Grundfreiheiten sowie die Menschen- und Minderheitenrechte achtet und die Rechtsstaatlichkeit wahrt;
C. in der Erwägung, dass auf dem 22. Gipfeltreffen EU-Ukraine die auf Europa gerichteten Bestrebungen der Ukraine gewürdigt und ihre Entscheidung für Europa begrüßt, die von der Ukraine in ihrem Reformprozess erzielten erheblichen Fortschritte anerkannt und die bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens bereits erzielten Ergebnisse und der Erfolg des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens begrüßt wurden;
D. in der Erwägung, dass in der Ukraine 2019 sowohl vor der Präsidentschafts- als auch vor der Parlamentswahl schwierige Wahlkämpfe stattfanden und dass das Land für die Handhabung der Verfahren und die anschließende friedliche und geordnete Machtübergabe belobigt werden sollte;
E. in der Erwägung, dass die landesweiten Kommunalwahlen am 25. Oktober 2020 einen weiteren Test für den Stand der Demokratie und eine Gelegenheit zur weiteren Konsolidierung darstellten; in der Erwägung, dass im Vorfeld der Kommunalwahlen vom 25. Oktober 2020 versucht wurde, während des laufenden Wahlkampfs das Wahlgesetz zu ändern, und dass das Fehlen klarer Maßnahmen zur Reaktion auf die COVID-19-Krise nach wie vor Anlass zu erheblicher Sorge hinsichtlich der Annahme neuer Vorgaben für eine sichere Stimmabgabe gibt;
F. in der Erwägung, dass die beschränkte Wahlbeobachtungsmission des BDIMHR zu dem Schluss kam, dass die Kommunalwahlen vom 25. Oktober 2020 in der Ukraine nach den jüngsten Dezentralisierungsreformen, in deren Rahmen beträchtliche Befugnisse und Ressourcen an die Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung übertragen wurden, besonders wichtig waren, dass der Wahlprozess im Allgemeinen ruhig, gut organisiert und transparent verlief und dass die Zentrale Wahlkommission der Ukraine insgesamt alle gesetzlichen Fristen eingehalten und in unparteiischer, offener und transparenter Weise agiert hat;
G. in der Erwägung, dass sich örtliche Parteiorganisationen, Kandidatinnen und Kandidaten und Mitglieder der Wahlkommissionen der Zivilgesellschaft und Wahlexperten zufolge nicht angemessen auf die Registrierung der Kandidatinnen und Kandidaten vorbereiten konnten, da das Wahlgesetz unmittelbar vor dem Wahlverfahren angenommen wurde;
H. in der Erwägung, dass durch die Einführung von Kontrollmechanismen, die von oben nach unten ausgerichtet sind, und durch die Einführung des imperativen Mandats und eines Mindestschwellenwerts von 10 000 Wählerinnen und Wählern für Parteilisten der demokratische Charakter der Wahlen geschwächt wird;
I. in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft Kritik an der von der Zivil- und Militärverwaltung ohne schlüssige Begründung getroffenen Entscheidung äußerte, in 18 Gemeinden in den Oblasten Donezk und Luhansk, die sich unter der Kontrolle der Regierung befinden, keine Wahlen abzuhalten, wodurch faktisch rund 475 000 Wählerinnen und Wählern, die in diesen Gemeinden leben, die Ausübung ihres Stimmrechts verweigert wurde;
J. in der Erwägung, dass insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2019 in dem Bestreben, die im Wahlkampf versprochenen Reformen rasch umzusetzen, ein besonders hohes Tempo bei der Gesetzgebungstätigkeit zu verzeichnen war und dies nach wie vor der Fall ist, was mitunter zulasten der parlamentarischen Kontrolle, der Transparenz und der Qualität der Gesetzgebung geht;
K. in der Erwägung, dass die Ukraine bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen aus dem Assoziierungsabkommen und der Integration in die Union zwar erhebliche Fortschritte erzielt hat, mehrere der eingeleiteten Reformen jedoch noch abgeschlossen werden müssen, insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Staatsführung und Korruptionsbekämpfung; in der Erwägung, dass die Reformen in der Ukraine trotz erkennbarer Fortschritte nach wie vor durch weitverbreitete Korruption gehemmt werden; in der Erwägung, dass die anhaltende Verfassungskrise die Fähigkeit des Präsidenten und der Werchowna Rada, Reformen durchzuführen, gefährdet; in der Erwägung, dass Oligarchen offenbar wieder politischen Einfluss erlangen; in der Erwägung, dass noch einige zusätzliche Maßnahmen – unter besonderer Berücksichtigung der Justiz – ergriffen werden müssen, damit es nicht zu Rückschritten kommt;
L. in der Erwägung, dass das volle Potenzial der beschlossenen Reformen aufgrund der Dynamik der Reformen und der damit einhergehenden institutionellen Herausforderungen nicht ausgeschöpft wird; in der Erwägung, dass Reformen zudem durch interne institutionelle Instabilität und Widersprüche, das Fehlen eindeutiger Bezugswerte, unzureichende Kapazitäten, begrenzte Ressourcen und externe Faktoren wie die COVID-19-Pandemie sowie durch einen Mangel an politischer Entschlossenheit, die uneingeschränkte Unabhängigkeit der Justiz und der Wirtschaft anzuerkennen und sicherzustellen sowie den selektiven Einsatz der Justiz zu verhindern, beeinträchtigt werden;
M. in der Erwägung, dass die Ukraine in der gemeinsamen Erklärung des NATO-Ukraine-Ausschusses vom 31. Oktober 2019 aufgefordert wird, ihre internationalen Verpflichtungen und Zusagen einzuhalten, die Menschenrechte und die Minderheitenrechte zu achten und die Empfehlungen und Schlussfolgerungen der Venedig-Kommission zum Bildungsgesetz umfassend umzusetzen;
N. in der Erwägung, dass im jüngsten Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) hervorgehoben wird, dass bei Strafverfahren im Zusammenhang mit schweren Menschenrechtsverletzungen, die mutmaßlich von ukrainischen Kräften begangen wurden, unzureichende Fortschritte zu verzeichnen sind und dass die Ermittlungen zu Straftaten im Zusammenhang mit den Majdan-Protesten nach wie vor zögerlich und unzureichend geführt werden;
O. in der Erwägung, dass der Korruptionswahrnehmungsindex in der Ukraine laut dem jüngsten Bericht von Transparency International auf den Stand des Jahres 2017 zurückgefallen ist;
P. in der Erwägung, dass die Unterstützung für Modernisierung, Entoligarchisierung, Reformen und Korruptionsbekämpfung unter den Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine nach wie vor sehr hoch ist und dass ihre Erwartungen umgehend erfüllt werden sollten;
Q. in der Erwägung, dass sich die Wirtschaft der Ukraine vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie stabilisierte und zufriedenstellendes Wachstum sowie sinkende Arbeitslosigkeit aufwies, was durch die Fortschritte bei der Nutzung des Potenzials des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens genährt wurde;
R. in der Erwägung, dass es notwendig ist, dass die Ukraine ihre makroökonomische Stabilität erhält, indem sie ihre Zusagen an den Internationalen Währungsfonds einhält und sämtliche im Rahmen des Makrofinanzhilfeprogramms der EU vereinbarten mittelfristigen Strukturreformen umsetzt und indem sichergestellt wird, dass die Nationalbank der Ukraine stark und unabhängig ist;
S. in der Erwägung, dass angesichts der anhaltenden weltweiten Krise ein koordinierter Ansatz und außerordentliche Pakete von Unterstützungsmaßnahmen erforderlich sind; in der Erwägung, dass etwaige Notmaßnahmen angemessen und zeitlich befristet sein sowie unter Achtung der Grundfreiheiten getroffen werden müssen;
T. in der Erwägung, dass die EU der ukrainischen Bevölkerung seit Beginn der COVID-19-Pandemie beigestanden und finanzielle und materielle Unterstützung im Rahmen bilateraler und regionaler Programme bereitgestellt hat, beispielsweise die Pakete, die die Union der Ukraine im März, April und Mai 2020 zur Verfügung gestellt hat;
U. in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die Probleme im ukrainischen Gesundheitswesen verschärft hat; in der Erwägung, dass die Gesundheitsversorgung nach ukrainischem Gesetz zwar kostenlos ist, viele Bürgerinnen und Bürger des Landes in der Realität aufgrund des unverhältnismäßig langwierigen Reformprozesses des ukrainischen Gesundheitsministeriums aber andere Erfahrungen machen, wenn sie medizinische Behandlung benötigen;
V. in der Erwägung, dass es angesichts der COVID-19-Pandemie von noch dringlicherer Bedeutung ist, dass auch künftig humanitäre Hilfe erbracht wird und dass die OSZE-Sonderbeobachtermission, die Agenturen der Vereinten Nationen, nichtstaatliche Organisationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ungehinderten Zugang zu den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten haben;
W. in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen sowie ihre Fähigkeit, erforderliche wirtschaftliche und soziale Reformen umzusetzen, nach wie vor durch gezielte Desinformationskampagnen, Cyberangriffe und andere hybride Bedrohungen sowie durch den ungelösten Konflikt im Osten des Landes, der durch die anhaltende militärische Aggression Russlands und die anhaltende Besetzung großer Teile der Oblaste Donezk und Luhansk durch Russland sowie durch die anhaltende rechtswidrige Besetzung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol durch Russland verursacht worden ist, erheblich untergraben wird, was zu einer Verschärfung der Menschenrechtslage führt und sich hinderlich auf den Wohlstand, die Stabilität und das Wirtschaftswachstum des Landes auswirkt;
X. in der Erwägung, dass die EU die anhaltende Aggression Russlands gegen die Ukraine, einschließlich der unter Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Landes erfolgten rechtswidrigen Annexion der Krim und Sewastopols, scharf verurteilt hat, eine Politik der Nichtanerkennung verfolgt und daran festhalten wird und in dieser Hinsicht nach wie vor restriktive Maßnahmen gegen Einzelpersonen und Organisationen durchsetzt, die an dieser Verletzung des Völkerrechts beteiligt sind;
Y. in der Erwägung, dass die EU unverändert hinter den Bemühungen des Normandie-Formats, der OSZE, der trilateralen Kontaktgruppe und der OSZE-Sonderbeobachtermission in der Ukraine steht, den konstruktiven Ansatz der Ukraine im Normandie-Format und in der trilateralen Kontaktgruppe begrüßt und Russland aufgefordert hat, dem Beispiel der Ukraine zu folgen;
Z. in der Erwägung, dass am 17. Juli 2014 der Flug MH17 der Malaysia Airlines von Amsterdam nach Kuala Lumpur über der Oblast Donezk im Zusammenhang mit russischen Anstrengungen, die territoriale Integrität der Ukraine zu untergraben, abgeschossen wurde und dabei alle 298 Passagiere und die Besatzungsmitglieder ums Leben kamen; in der Erwägung, dass die unter niederländische Leitung tätige Gemeinsame Ermittlungsgruppe (GEG) zu der Erkenntnis gelangte, dass der Flug MH17 mit einer Boden-Luft-Rakete des Typs Buk abgeschossen wurde, die von der in Kursk stationierten 53. Luftabwehrbrigade des russischen Heeres bereitgestellt wurde;
AA. in der Erwägung, dass dank der Zusammenarbeit der Ukraine mit der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG) am 9. März 2020 ein Gerichtsverfahren nach niederländischem Recht gegen vier Hauptverdächtige im Zusammenhang mit dem Abschuss des Flugs MH17 der Malaysia Airlines eröffnet werden konnte; in der Erwägung, dass die Niederlande am 10. Juli 2020 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine zwischenstaatliche Klage gegen die Russische Föderation wegen deren Rolle beim Abschuss des Flugs MH17 eingereicht haben; in der Erwägung, dass Russland Druck auf die Ukraine ausgeübt hat, in einen Gefangenaustausch am 7. September 2019 eine fünfte Person aufzunehmen, die Gegenstand der genannten Untersuchungen ist, nämlich Wolodymyr Zemach; in der Erwägung, dass Russland am 15. Oktober 2020 seine Mitwirkung in den mit Australien und den Niederlanden geführten trilateralen Konsultationen zur Wahrheitsfindung einseitig eingestellt hat; in der Erwägung, dass Russland sämtliche Anstrengungen, die Täter vor Gericht zu stellen, konsequent behindert, unter anderem indem es die Ergebnisse der GEG zurückweist, Desinformationen über den Flug MH17 verbreitet und sein Vetorecht im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu missbraucht, die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofs zu verhindern;
AB. in der Erwägung, dass die EU Russland dafür verurteilt hat, dass es die Zusammenarbeit hinsichtlich der Rechtssachen im Zusammenhang mit dem Flug MH17 eingestellt hat; in der Erwägung, dass die EU Russland nachdrücklich zu einer umfassenden Zusammenarbeit bei den Untersuchungen und Rechtssachen im Zusammenhang mit dem Flug MH17 aufgefordert hat;
AC. in der Erwägung, dass seit Beginn des Krieges in der Ostukraine 13 000 Menschen – ein Viertel von ihnen Zivilisten – getötet und 30 000 verletzt worden sind; in der Erwägung, dass rund 1,5 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer aufgrund des bewaffneten Konflikts mit von Russland unterstützen bewaffneten Gruppen gezwungen waren, aus ihren Heimatorten zu fliehen; in der Erwägung, dass Hunderte von Ukrainerinnen und Ukrainern von Russland und seinen Statthaltern inhaftiert wurden und der Aufenthaltsort zahlreicher weiterer Menschen nach wie vor ungeklärt ist; in der Erwägung, dass der anhaltende militärische Konflikt eine humanitäre Krise mit verheerenden Auswirkungen für 4,4 Millionen Menschen – darunter rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene – verursacht hat; in der Erwägung, dass 3,4 Millionen Menschen, die an der Kontaktlinie leben, humanitäre Hilfe und Schutz benötigen; in der Erwägung, dass sich die örtliche Bevölkerung infolge von Angriffen auf die öffentliche Infrastruktur mit eingeschränktem Zugang zu Gesundheitsversorgungseinrichtungen, Schulen, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung konfrontiert sieht;
AD. in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten im Osten der Ukraine und auf der besetzten Halbinsel Krim deutlich verschlechtert hat, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Religionsfreiheit und Eigentumsrechte systematisch verletzt werden, Bildungs- und Sprachrechte gravierend eingeschränkt werden, die Medien zielgerichtet missbräuchlich eingesetzt werden, die Annahme der russischen Staatsbürgerschaft nach einem festen System erzwungen wird und die Achtung der grundlegenden Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht sichergestellt ist; in der Erwägung, dass die selbsternannten Behörden auf der besetzten Krim weiterhin Angehörige der krimtatarischen Bevölkerung schikanieren und Dutzende von Menschen mittels erfundener Terrorismusanschuldigungen strafrechtlich verfolgen; in der Erwägung, dass laut Schätzungen des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten mindestens 94 ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus politischen Gründen auf der Krim oder in Russland verfolgt wurden, von denen 71 Krimtataren sind, darunter Marlen Asanov, Memet Belyalov, Timur İbragimov, Seyran Saliyev, Server Mustafayev, Server Zekiryayev und Edem Smailov, die im September 2020 zu Haftstrafen zwischen 13 und 19 Jahren verurteilt wurden;
AE. in der Erwägung, dass die Ukraine auf der Rangliste der Pressefreiheit 2020 den 96. Platz belegt; in der Erwägung, dass die Ukraine eine Reihe von Reformen – darunter ein Gesetz zur Transparenz der Eigentumsverhältnisse im Medienbereich – angenommen hat, wobei jedoch noch wesentlich mehr erforderlich ist, um den festen Griff, in dem die Oligarchen die Medien halten, zu lockern, die redaktionelle Unabhängigkeit zu stärken und der Straflosigkeit von Gewaltverbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten entgegenzutreten;
AF. in der Erwägung, dass die Medienlandschaft in der Ukraine nach wie unter dem starken Einfluss von Medieneigentümern oligarchischer Art steht, und in der Erwägung, dass Medienschaffende – insbesondere Journalistinnen und Journalisten, die Recherchen zu Korruption und Betrug durchführen, – sich laufend mit Gewaltandrohungen und Einschüchterungen konfrontiert sehen und vom Tod bedroht sind, wie im Fall des Journalisten Wadym Komarow im Jahr 2019, und dass ihre journalistische Arbeit häufig durch begrenzten Zugang zu Informationen, rechtlichen Druck, z. B. in den Strafverfahren gegen Bihus.info, und – unter anderem – durch Cyberangriffe behindert wird;
AG. in der Erwägung, dass die Ukraine ein erhebliches Problem im Bereich der geschlechtsspezifischen Ungleichheit hat; in der Erwägung, dass Gleichheit vor dem Gesetz nicht gleichbedeutend mit tatsächlicher Gleichheit ist, sondern dass sich Frauen in der Praxis nach wie vor mit erheblichen Hindernissen insbesondere am Arbeitsplatz konfrontiert sehen; in der Erwägung, dass die Ukraine im globalen Index des Weltwirtschaftsforums zur Gleichstellung der Geschlechter 2018 auf Platz 65 von 149 Ländern liegt; in der Erwägung, dass laut dem Indikator für Einkommensungleichheit in der Ukraine pro 100 USD, die von Männern verdient werden, Frauen nur 63,10 USD verdienen;
AH. in der Erwägung, dass LGBTI-Personen sowie feministische Aktivistinnen und Aktivisten laufend unter Hetze und gewalttätigen Angriffen zu leiden haben und dass sich Roma mit diskriminierendem Sprachgebrauch und Hetze seitens des Staates, der örtlichen Verwaltung und der Medien konfrontiert sehen;
AI. in der Erwägung, dass die Strafverfolgungsorgane es in zahlreichen Fällen abgelehnt haben, Strafanzeigen von LGBTI-Personen, insbesondere von Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Pride-Paraden, im Zusammenhang mit Hassverbrechen oder Hetze nachzugehen, weil im Strafgesetzbuch Bestimmungen fehlen, durch die die Aufstachelung zu Hass oder Gewalt aufgrund der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechteridentität unter Strafe gestellt werden; in der Erwägung, dass die ECRI empfohlen hat, dass Strafgesetzbuch so zu ändern, dass die genannten Gründe aufgeführt und als erschwerende Umstände eingestuft werden;
AJ. in der Erwägung, dass das Parlament zu würdigen weiß, dass die staatlichen Stellen der Ukraine bei der Gewährung ausreichenden Schutzes für nationale Pride-Paraden mit gutem Beispiel vorangehen und den entsprechenden politischen Willen zeigen; in der Erwägung, dass Hetze und Hassverbrechen gegen LGBTI-Personen trotzdem nach wie vor weit verbreitet sind und polizeilicher Schutz nicht immer zur Stelle ist, wie bei den gewalttägigen Angriffen während der Parade in Kiew zu sehen war, bei der es den Demonstrantinnen und Demonstranten nicht möglich war, von ihrem Grundrecht auf friedliche Versammlung umfassend Gebrauch zu machen und zugleich vor Gewalt geschützt zu sein;
AK. in der Erwägung, dass mit dem Assoziierungsabkommen einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens das Ziel verfolgt wird, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Normen der Ukraine an jene der EU heranzuführen, auch im sozialen Bereich; in der Erwägung, dass trotz der genannten Zusagen die Umsetzung im sozialen Bereich nach wie vor nicht zufriedenstellend ist; in der Erwägung, dass die Ukraine die wichtigsten internationalen Instrumente zwar ratifiziert, aber noch immer nicht umgesetzt hat;
AL. in der Erwägung, dass trotz der Verpflichtungen gemäß dem Assoziierungsabkommen und der zahlreichen Appelle der Gewerkschaften an die Regierung, die erforderlichen Maßnahmen zur Förderung des sozialen Dialogs zu ergreifen, das Konzept der dreigliedrigen Beratung im Grunde nach wie vor nicht funktioniert; in der Erwägung, dass der drittelparitätisch besetzte Wirtschafts- und Sozialrat der Ukraine fast ein Jahrzehnt nach seiner Gründung unverändert schwach und unwirksam ist, keinen echten Einfluss auf den sozialen Dialog hat und laufend unter einer unzureichenden Personalausstattung und einer uneinheitlichen Koordinierung seiner Tätigkeiten leidet; in der Erwägung, dass im Jahr 2019 von 177 gesamtukrainischen Gewerkschaften, die beim Justizministerium registriert sind, nur ein Drittel die Gelegenheit erhielt, an Tarifverhandlungen mitzuwirken;
Gemeinsame Werte und allgemeine Grundsätze
1. stellt fest, dass das Assoziierungsabkommen einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens dem gemeinsamen Streben der EU und der Ukraine nach politischer Assoziation und wirtschaftlicher Integration entspringt, was als Blaupause für Reformen dienen kann, und betont, dass ihm insbesondere in den derzeitigen außergewöhnlichen Zeiten herausragende Bedeutung zukommt; fordert nachdrücklich, dass das Abkommen vollständig umgesetzt und sein Potenzial vollumfänglich ausgeschöpft wird; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine zudem auf, die Umsetzung des Abkommens trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie auch künftig ganz oben auf ihrer Agenda zu belassen; betont, dass die Unterstützung der Ukraine seitens der EU an strikte Bedingungen geknüpft ist, und bekräftigt, dass die Ukraine neuerlich zeigen muss, dass sie sich für Reformen engagiert und den Grundsätzen der Union verpflichtet fühlt; weist erneut darauf hin, dass das Assoziierungsabkommen einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens einer Aktualisierung bedarf, um die notwendige Weiterentwicklung des Regelungsrahmens und der Wirtschaft zu berücksichtigen und die Überwachungsmechanismen zu stärken; empfiehlt, dass die EU und die Ukraine die anstehende regelmäßige Überprüfung der Verwirklichung der Ziele des Assoziierungsabkommens nutzen, um Möglichkeiten zur Aktualisierung der handelsbezogenen und sektorspezifischen Elemente zu prüfen;
2. begrüßt, dass die Union der Ukraine – als Mitglied von Team Europe – beispiellose Hilfspakete einschließlich Makrofinanzhilfe zur Verfügung gestellt hat, mit denen darauf abgezielt wird, die Partnerländer bei der Bewältigung der COVID-19-Notlage zu unterstützen; stellt fest, dass dies in Zeiten dieser beispiellosen Krise ein wichtiges Zeichen der Solidarität der EU ist; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, für ein Umfeld zu sorgen, das Investitionen zuträglich ist, und die für die Auszahlung der Makrofinanzhilfe der EU in der Vereinbarung festgelegten Bedingungen rasch umzusetzen; erinnert die ukrainische Regierung daran, dass die im Dezember 2020 ohne spezifische politische Auflagen erfolgte Auszahlung der ersten Tranche der 1,2 Mrd. EUR umfassenden Makrofinanzhilfe in Höhe von 600 Mio. EUR eine einmalige Ausnahme darstellt, die auf den Notfallcharakter dieser Unterstützung zurückgeht, und nicht dazu missbraucht werden darf, vereinbarte Reformen rückgängig zu machen;
3. ist zufrieden, dass die Wahlbeobachtungsmissionen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), an denen auch das Europäische Parlament mitwirkte, die Präsidentschaftswahl 2019 und die Parlamentswahl 2019 insgesamt als wettbewerbsgeprägt, gut organisiert und effizient durchgeführt bewertet haben, was belegt, dass sich die Ukraine den demokratischen Werten der Union verpflichtet fühlt, und angesichts der anhaltenden Anstrengungen Russlands zur Destabilisierung der Ukraine besonders bemerkenswert ist; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine nachdrücklich auf, gegen die Mängel anzugehen, die in den Erklärungen der Leitung der Delegationen des Europäischen Parlaments festgestellt wurden, und den Empfehlungen zu folgen, die in den Abschlussberichten der Wahlbeobachtungsmission des BDIMR der OSZE enthalten sind; beobachtet weiterhin aufmerksam, inwieweit die demokratischen Standards hinsichtlich der Abhaltung von freien und fairen Wahlen in der Ukraine eingehalten werden, während das Land seine ersten Kommunalwahlen nach der begrüßenswerten Dezentralisierungsreform abgehalten hat; fordert die ukrainische Regierung auf, für freie und faire Wahlkämpfe – ohne unzulässige Methoden zur Wahlkampffinanzierung – zu sorgen, in denen kein Platz für Stimmenkauf ist; betont, dass das Wahlverfahren und die Stimmabgabe am Wahltag höheren Sicherheitsstandards genügen sollten und dass besondere Sicherheitsvorkehrungen in Erwägung gezogen werden sollten, um die Verbreitung von COVID-19 zu verhindern; stellt fest, dass bei der vorgezogenen ukrainischen Parlamentswahl 2019 die Wahlkreise für Einzelmandate in einer für die Vertretung der nationalen Minderheiten ungünstigen Weise abgegrenzt worden waren; stellt fest, dass in einigen Oblasten, etwa Transkarpatien, Fälle von Wahlmissbrauch zu beobachten waren, wie etwa die Aufstellung von „Klon-Kandidaten“, wodurch die Chancen der ungarischen Minderheit, im Parlament vertreten zu sein, verringert wurden;
4. begrüßt, dass im Dezember 2019 ein neues Wahlgesetz mit Bestimmungen zu den Rechten von Binnenvertriebenen angenommen wurde; weist jedoch darauf hin, dass immer neue Änderungen am Wahlgesetz während eines laufenden Wahlverfahrens im Widerspruch zu den Empfehlungen der Venedig-Kommission stehen, Rechtsunsicherheit auslösen und sich negativ auf die Arbeit der Wahlkommissionen auswirken; fordert die Ukraine nachdrücklich auf, auch künftig gegen illegale Wahlkampfmethoden, Stimmenkauf, missbräuchliche Nutzung von Ressourcen der Verwaltung und die Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit Wahlkampfaktivitäten in den sozialen Medien vorzugehen;
5. betont nachdrücklich, dass das Wahlgesetz verbessert und mit internationalen Normen in Einklang gebracht werden sollte, um Fragen wie Wahlkampfaktivitäten in den sozialen Medien, Transparenz der Wahlkampfausgaben und Zugang von unabhängigen Kandidaten zur Wahl anzugehen; erachtet es mit Blick auf die Kommunalwahlen zudem als sehr wichtig, bürokratische Schranken bei der Wählerregistrierung von Binnenvertriebenen zu beseitigen, Obergrenzen für Wahlkampfausgaben festzulegen und die Teilnahme von einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten zu ermöglichen, indem auch die Absicht, Kandidatinnen und Kandidaten in kleinen Gemeinden zur Hinterlegung von Barsicherheiten zu verpflichten, nochmals überdacht wird;
Reformen und institutioneller Rahmen
6. hebt hervor, dass prodemokratische Reformen und das Vertrauen in die Institutionen die wirksamsten Sicherheitsmechanismen und mithin wichtig sind; fordert die Kommission auf, die Umsetzung von Reformen durch die Ukraine mittels der bestehenden Mechanismen zu erleichtern und zu unterstützen; schlägt vor, in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft qualitative und quantitative Mechanismen zur Überwachung der Umsetzung von Reformen durch die Ukraine, die auch klare Richtwerte, Empfehlungen und Grundsätze der Konditionalität enthalten, auszuarbeiten und umzusetzen und die Methodik der jährlichen Umsetzungsberichte mit diesen Mechanismen zu verbessern, die wirksame Instrumente zur Steuerung der Reformen werden sollten;
7. betont, dass verbesserte Lenkungs- und Berichtsmechanismen erforderlich sind, um die von der Ukraine erzielten Fortschritte – insbesondere in den Bereichen Reform des Justizwesens, Korruptionsbekämpfung, staatseigene Unternehmen, Unternehmensführung und Energiereformen – zu bewerten, wobei eine Verknüpfung mit der wirtschaftlichen Unterstützung und der Investitionsförderung erfolgen sollte;
8. empfiehlt eine Fokussierung auf eine begrenzte Anzahl von Prioritäten, auf die die politischen Anstrengungen, die finanzielle Unterstützung und die technische Hilfe konzentriert werden sollten, um wirksam die institutionellen Kapazitäten aufzubauen, die erforderlich sind, um den langfristigen Erfolg der Reformen – nicht nur in der Gesetzgebung, sondern auch in der Praxis – sicherzustellen; unterstützt die Stärkung der branchenspezifischen Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine in vorrangigen Bereichen wie beispielsweise digitale Wirtschaft, Energie, Klimawandel und Handel; begrüßt die Bestrebungen der Ukraine, sich durch Übernahme des einschlägigen Besitzstands an den digitalen Binnenmarkt der EU sowie an die politischen Maßnahmen und Strategien des europäischen Grünen Deals anzunähern;
9. würdigt den Status der Ukraine und der anderen Unterzeichner von Assoziierungsabkommen und vertieften und umfassenden Freihandelsabkommen als assoziierte Partner und fordert einen verstärkten politischen Dialog mit ihnen, damit die weitere wirtschaftliche Integration und die Harmonisierung der Rechtsvorschriften vorangetrieben werden; fordert die EU im Hinblick auf die Umsetzung des Grundsatzes „mehr für mehr“ auf, für die drei assoziierten Länder, einschließlich der Ukraine, die Schaffung einer Strategie für eine an Bedingungen geknüpfte verstärkte Zusammenarbeit in Bezug auf Reformen und Investitionen in Erwägung zu ziehen, die unter anderem Bereiche wie den Aufbau von Investitionskapazitäten, Verkehr, Energie, Justiz und die digitale Wirtschaft umfassen und den Weg für eine ehrgeizige Agenda zur Integration in die EU ebnen würde; fordert die Kommission auf, bis Ende 2020 in Abstimmung mit internationalen Finanzierungsinstitutionen für die Ukraine und andere mit der EU assoziierte Länder einen detaillierten, an Bedingungen geknüpften und maßgeschneiderten Wirtschafts- und Investitionsplan im Zusammenhang mit der Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie zu erstellen; fordert die Organe der EU ferner auf, die Möglichkeit zu prüfen, die Ukraine und die anderen assoziierten Länder als Beobachter in die Arbeiten der nach Artikel 291 AEUV und der Verordnung (EU) Nr. 182/2011(7) eingesetzten Ausschüsse sowie in die Sitzungen der Arbeitsgruppen und Ausschüsse des Europäischen Rates einzubeziehen, um das Engagement der EU für eine weitere Integration auszudrücken und die Reformorientierung zu stärken und die Kenntnisse der Verwaltung in diesen Ländern zu mehren;
10. bringt seine Unterstützung für eine umfassende Überarbeitung des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens zum Ausdruck, die gemäß den Bestimmungen des Abkommens und im Hinblick auf die vollständige Nutzung des Potenzials der politischen Assoziierung und wirtschaftlichen Integration erfolgen sollte, was auch eine verstärkte branchenspezifische Integration der Ukraine in die EU einschließt;
11. fordert die Kommission auf, die vernachlässigten Bereiche der Assoziierungsabkommen einschließlich der vertieften und umfassenden Freihandelsabkommen im Hinblick auf wichtige Politikbereiche wie die durchgängige Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung und den Umgang mit Gesundheitskrisen zu aktualisieren und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sie den unbedingt erforderlichen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen oder Initiativen im Rahmen des europäischen Grünen Deals nicht zuwiderlaufen;
12. fordert die Kommission auf, Investitionen in Bereiche zu fördern, die Potenzial für Entwicklung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in der EU aufweisen und in denen die wirtschaftliche Diversifizierung weiter vorangetrieben werden könnte, beispielsweise nachhaltige Energie und Klimaschutz, digitaler Binnenmarkt, Cybersicherheit und Verkehr;
13. begrüßt, dass die Ukraine bei der Erfüllung ihrer im Assoziierungsabkommen verankerten Verpflichtungen Fortschritte erzielt hat, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Energie, Banken, Dezentralisierung, digitale Wirtschaft, Umwelt und Wahlverfahren; stellt jedoch fest, dass gemäß dem Überprüfungsmechanismus des Assoziierungsabkommens („Puls des Assoziierungsabkommens“) im Jahr 2019 nur 37 % der umsetzungsbezogenen Aufgaben des Assoziierungsabkommens abgeschlossen wurden (während es im Jahr 2018 noch 52 % waren); nimmt zur Kenntnis, dass in der zweiten Jahreshälfte 2019 Anstrengungen unternommen wurden, um die Reformen rascher voranzutreiben; fordert die zuständigen ukrainischen Institutionen jedoch auf, der Geschwindigkeit der Reformen nicht den Vorrang gegenüber der Qualität der angenommenen Rechtsvorschriften einzuräumen, und hält es für sehr wichtig, dass das Land seine Verpflichtungen auch künftig umsetzt;
14. betont in diesem Zusammenhang, dass die Ukraine nicht übersehen darf, dass der Umfang der politischen, technischen und finanziellen Unterstützung durch die EU davon abhängt, inwieweit sie die Verpflichtungen erfüllt, die sie gegenüber der Union und ihren Mitgliedstaaten eingegangen ist, insbesondere im Hinblick auf die Reformen, die Achtung der Menschenrechte, der Minderheiten und der Grundfreiheiten sowie die Schaffung einer echten und wirksamen Rechtsstaatlichkeit;
15. begrüßt, dass Regierung und Parlament 2018 einen gemeinsamen Fahrplan angenommen und im November 2019 eine gemeinsame Plattform für die europäische Integration eingerichtet haben, und hofft, dass sich aus diesen Initiativen eine verstärkte Abstimmung zwischen den verschiedenen Organen ergeben wird, die an der Gestaltung, Annahme und Umsetzung von Reformen beteiligt sind; fordert das Parlament und die Regierung der Ukraine auf, dieses Instrument wirksamer zu nutzen und ihre Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Assoziierungsabkommen und bei der Angleichung der Rechtsvorschriften zu überarbeiten, um möglichst viele Synergieeffekte zu nutzen, insbesondere bei den Kompetenzen in den Bereichen EU-Rechtsvorschriften und Konformitätsbewertungen;
16. belobigt die Ukraine für die Fortschritte bei der Reform ihrer öffentlichen Verwaltung und erachtet es als sehr wichtig, die derzeitige Geschwindigkeit beizubehalten, um weitere Fortschritte zu erzielen, sowie etwaige während des COVID-19-Zeitraums erfolgte vorläufige Ernennungen so bald wie möglich durch leistungsabhängige Einstellungsverfahren zu überprüfen; ist sich bewusst, dass dies eine große Herausforderung für die Staatsführung, die Institutionen und die öffentliche Verwaltung in der Ukraine darstellt, und fordert die Kommission auf, angemessene fachliche und finanzielle Unterstützung zu leisten;
17. begrüßt, dass die 2014 eingeleitete Reform zur Dezentralisierung und zur Stärkung der Gemeinden gelungen ist und sich bisher als eine der erfolgreichsten Reformen erwiesen hat; stellt fest, dass das Projekt U-LEAD breite Unterstützung gefunden hat und dass im Rahmen dieses Projekts fast 1 000 freiwillig zusammengelegte Gemeinden mit etwa 11,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gebildet worden sind; bewertet die Schritte positiv, die bislang unternommen wurden, um die staatlichen Stellen und die öffentlichen Finanzen durch ein Paket von Rechtsakten und deren praktische Umsetzung zu dezentralisieren; fordert die Kommission auf, die Einzelheiten der Dezentralisierungsreform eingehend zu analysieren und sie möglicherweise als erfolgreiche Fallstudie für andere Länder zu nutzen ;
18. fordert die Ukraine nachdrücklich auf, die Dezentralisierungsreform im Rahmen eines breiten und offenen Dialogs, insbesondere mit den Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung und ihren Verbänden, abzuschließen, wobei das Ziel verfolgt werden sollte, die Autonomie und die Zuständigkeiten der Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung auszuweiten und den regelmäßigen Austausch zwischen den Einrichtungen der Zentralregierung und den landesweiten Verbänden der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über alle politischen Maßnahmen und Strategien, die möglicherweise Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften haben, zu fördern;
19. begrüßt die Organisation der ersten Runde der Kommunalwahlen am 25. Oktober 2020, bei der die Wahlbeteiligung bei über 36 % lag und die frei und gerecht waren, jedoch mit einer parallel durchgeführten öffentlichen Konsultation einhergingen, die dem BDIMR der OSZE zufolge einen unrechtmäßigen politischen Vorteil schufen und die Grenzen zwischen Staat und Partei verschwimmen ließen; fordert die staatlichen Stellen auf, die Autonomie der kommunalen Selbstverwaltung zu achten und die Verwaltungskapazitäten der Städte und Gemeinden zu unterstützen; fordert die Einführung des Konzepts einer Gebietskörperschaft als juristische Person, was in der Europäischen Union gängige Praxis und in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung anerkannt ist; begrüßt, dass am Haushaltsgesetz Änderungen vorgenommen wurden, gemäß denen die Gemeinden einen garantierten Anteil von 60 % aus der Einkommensteuer als notwendigen Beitrag zu gesunden öffentlichen Finanzen auf kommunaler Ebene erhalten; warnt vor der Einrichtung von Parallelstrukturen auf lokaler Ebene, durch die Auseinandersetzungen über Zuständigkeiten hervorgerufen werden könnten, regt jedoch an, die Übertragung doppelter Zuständigkeiten auf Amtsinhaber, die lokale Zuständigkeiten übernehmen und gleichzeitig als die unterste Verwaltungsebene des Staates fungieren, zu prüfen; nimmt die Entschließung der Werchowna Rada vom 17. Juli 2020 über die Bildung und Auflösung von Rajonen zur Kenntnis, wonach die Regelungen hinsichtlich der Zusammenlegung von Rajonen grundsätzlich auch für das Gebiet der Krim und die Rajone der Oblaste Donezk und Luhansk gelten, die derzeit nicht unter der Kontrolle der Regierung der Ukraine stehen;
Zusammenarbeit im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
20. würdigt den einzigartigen Erfahrungsschatz und Sachverstand der Ukraine, begrüßt die Teilnahme der Ukraine an Missionen, Gefechtsverbänden und Operationen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), ihre Beiträge zu EU-Gefechtsverbänden, ihre zunehmende Ausrichtung an den Feststellungen und Erklärungen der EU zu internationalen und regionalen Fragen sowie ihre Beiträge dazu und beglückwünscht die Ukraine zu ihrem neuen Status als Partnerstaat der NATO mit erweiterten Möglichkeiten;
21. begrüßt, dass im Bereich der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit – einschließlich der Raumfahrtindustrie – und im Verteidigungsbereich Fortschritte erzielt wurden, insbesondere die Konvergenz im operativen Bereich, in der Aus- und Weiterbildung und im institutionellen Bereich, und dass die erforderlichen internen Veränderungen in den genannten Bereichen vorgenommen wurden; belobigt die Bereitschaft der Ukraine zur Teilnahme an den Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation der EU „Horizont Europa“ und den Forschungsprogrammen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA); stellt fest, dass das Verteidigungsministerium der Ukraine und die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) fruchtbar zusammenarbeiten, und regt an, diese Zusammenarbeit weiter auszubauen; fordert die EU und die Ukraine auf, ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung zu intensivieren und dabei besonderes Augenmerk auf den Konflikt in der Ostukraine und auf die Anstrengungen Russlands zur Aushöhlung der Souveränität der Ukraine und zur Verletzung ihrer territorialen Integrität zu richten; fordert die EU und die Ukraine auf, dabei auf Versöhnung und auf Zusammenarbeit in den Bereichen Cybersicherheit und Bekämpfung von Desinformationen zu setzen sowie die Widerstandsfähigkeit von Familien, Gemeinschaften und staatlichen Einrichtungen zu stärken;
22. unterstützt die mögliche Teilnahme der Ukraine an ausgewählten Projekten der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), einschließlich der Zusammenarbeit mit der EDA, und insbesondere der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ), sofern sie– wie andere Drittländern auch – einen vereinbarten Katalog von politischen, inhaltlichen und rechtlichen Bedingungen erfüllt; begrüßt, dass die EU kürzlich entschieden hat, die Ukraine zur Teilnahme an der EU-Operation Althea in Bosnien und Herzegowina einzuladen, und fordert beide Seiten – die EU und die Ukraine – dazu auf, die Teilnahme der Ukraine an Missionen und Operationen der Europäischen Union auszuweiten;
23. begrüßt die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Stellen der Ukraine und dem europäischen öffentlichen und privaten Sektor bei der Bekämpfung hybrider Bedrohungen – vor allem aus Russland –, mit denen unter anderem darauf abgezielt wird, falsche Informationen zu verbreiten, zu Gewalt aufzurufen sowie gegen die Regierung und gegen die EU gerichtete Ressentiments zu schüren; vertritt die Auffassung, dass die EU und die Ukraine so bald wie möglich einen Dialog über Cyberfragen aufnehmen sollten und erachtet einen solchen Schritt angesichts der derzeitigen Lage als angemessen; bringt seine Unterstützung dafür zum Ausdruck, das Spektrum des Dialogs über Sicherheit und Verteidigung auszuweiten, um auf derzeitige und künftige Bedrohungen – insbesondere im Einklang mit der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union – angemessen reagieren zu können;
Territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine
24. bekräftigt die uneingeschränkte Unterstützung und das Engagement der Union für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen und seine Unterstützung für international abgestimmte Sanktionen gegen die Regierung Russlands und Akteure, die die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine untergraben, wobei diese Unterstützung gilt, bis alle einschlägigen Bedingungen für die Aufhebung der Sanktionen erfüllt sind, einschließlich der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen und der Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen;
25. verurteilt weiterhin die rechtswidrige Annexion der Krim und Sewastopols und die faktische Besetzung bestimmter Gebiete in den Oblasten Donezk und Luhansk; fordert die Russische Föderation auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, ihre Streitkräfte aus dem Territorium der Ukraine abzuziehen und die Resolutionen der Vollversammlung der Vereinten Nationen zur territorialen Integrität der Ukraine sowie zur Krim und zu der Stadt Sewastopol vollständig umzusetzen;
26. betont, dass bei allen Abkommen mit der Russischen Föderation der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen, der Einhaltung der Resolutionen der Vereinten Nationen zum Status der Krim und der Achtung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine durch die Russische Föderation Rechnung getragen werden muss;
27. begrüßt, dass die Friedensgespräche im Normandie-Format am 9. Dezember 2019 in Paris nach dreijährigem Stillstand wieder aufgenommen wurden; fordert alle Seiten auf, sich an die Waffenstillstandsvereinbarung zu halten; erachtet es als sehr wichtig, weitere Entflechtungsgebiete auszuweisen, die Minenräumung voranzutreiben und Übergangsstellen entlang der Kontaktlinie zu eröffnen, und fordert Russland auf, seinen entscheidenden Einfluss auf die von ihm unterstützten bewaffneten Gruppierungen geltend zu machen, sodass die Verpflichtungen, die im Rahmen der Minsker Vereinbarungen und im Rahmen der kürzlich abgehaltenen Treffen im Normandie-Format und in der trilateralen Kontaktgruppe eingegangen worden sind, eingehalten und vollständig umgesetzt werden; bekräftigt, dass in den besetzten Gebieten in der Ostukraine – wie in Minsk und in der sogenannten Steinmeier-Formel vereinbart – Kommunalwahlen gemäß den ukrainischen Rechtsvorschriften und unter der Aufsicht der OSZE durchgeführt werden müssen; hebt hervor, dass die Voraussetzungen für freie und faire Wahlen in der derzeitigen Situation in den Oblasten Donezk und Luhansk nicht gegeben sind; begrüßt, dass der Plan verworfen worden ist, die von Russland unterstützten Separatisten als Partei in die Gespräche der trilateralen Kontaktgruppe aufzunehmen; bedauert Äußerungen von hochrangigen Mitgliedern der ukrainischen Delegation in der trilateralen Kontaktgruppe, in denen die militärische Beteiligung Russlands am Konflikt im Donezbecken abgestritten wird;
28. verurteilt die destabilisierenden Handlungen Russlands und sein militärisches Eingreifen in der Ukraine scharf; äußert sich besorgt über Russlands anhaltenden Ausbau militärischer Einrichtungen und Anlagen auf der Halbinsel Krim, darunter weit über 30 000 Soldaten, neue Boden-Luft- und Boden-Boden-Raketen-Systeme, U-Boote, die als Träger für Kernwaffen eingesetzt werden können, und strategische Bomber; verurteilt die rechtswidrigen Handlungen, mit denen Russland darauf abzielt, die Kontrolle über die Straße von Kertsch zu erlangen, da diese Handlungen einen Verstoß gegen internationales Seerecht und Russlands internationale Verpflichtungen darstellen, insbesondere den Bau der Brücke über die Straße von Kertsch und ihre Anbindung an das Eisenbahnnetz ohne Einwilligung der Ukraine, das Verlegen von Unterseekabeln sowie die Schließung und Militarisierung der Durchfahrt ins Asowsche Meer, durch die die Wirtschaftstätigkeit der Ukraine erheblich behindert wird; fordert Russland auf, im Einklang mit dem Völkerrecht die ungehinderte und freie Einfahrt in das Asowsche Meer und Ausfahrt aus dem Asowschen Meer sicherzustellen und internationalen nichtstaatlichen Organisationen und internationalen humanitären Organisationen Zugang zu den besetzten ukrainischen Gebieten im Donezbecken und auf der annektierten Krim zu gewähren; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das 2018 eingeführte russische System zur Kontrolle der Seewege für alle Schiffe, die die von Russland kontrollierte Straße von Kertsch auf ihrem Weg zum und vom Asowschen Meer durchqueren, weiterhin negative wirtschaftliche Folgen für die Region hat; fordert die Freilassung aller ukrainischen politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen, die in Russland, auf der Krim und in den Teilen des Donezbeckens, die derzeit nicht unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung stehen, festgehalten werden; äußert sich allerdings besorgt hinsichtlich der aufgezwungenen Einbeziehung von russischen Staatsbürgern, die mutmaßlich am Abschuss des Flugs MH17 der Malaysia Airlines beteiligt waren, in den Gefangenenaustausch zwischen der Ukraine und Russland;
29. hebt hervor, dass eine politische Lösung für den Konflikt in der Ostukraine gefunden werden muss; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, ihre Anstrengungen zur friedlichen Beilegung des Konflikts zu intensivieren, indem sie die Anstrengungen aller Seiten im Friedensprozess unterstützen sowie die vertrauensbildenden Maßnahmen verstärken und ein Mandat zur Entsendung einer friedenssichernden Mission der Vereinten Nationen im gesamten besetzten Territorium der Ukraine unterstützen; fordert, den Konfliktparteien im Rahmen der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen den Einsatz einer EU-geführten zivilen GSVP-Mission zur Unterstützung bei Aufgaben wie der Minenräumung, der Vorbereitung von Kommunalwahlen und der Sicherstellung des ungehinderten Zugangs für Hilfsorganisationen anzubieten, sobald die Lage dies gestattet; fordert die Organe der EU gleichzeitig auf, sich erforderlichenfalls auf eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland vorzubereiten, beispielsweise falls Russland seinen Verpflichtungen aus dem Minsker Protokoll – insbesondere im Bereich Sicherheit – nicht nachkommt;
30. fordert die Ukraine nachdrücklich auf, ihren Verpflichtungen zur Reform staatlicher Ausfuhrkontrollen im Einklang mit den Anforderungen und Normen der EU sowie im Sinne der Umsetzung einer konsequenten und systematischen Sanktionspolitik nachzukommen; fordert den EAD und die Kommission auf, die Umsetzung von EU-Sanktionen besser zu überwachen und zu diesem Zweck unter anderem die Tätigkeit der staatlichen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten, die für die Umsetzung der gemeinsamen EU-Regeln zuständig sind, besser zu beaufsichtigen;
31. fordert den EAD auf, eine – durch den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) verkörperte – aktivere Funktion für die EU bei der friedlichen Beilegung des anhaltenden Kriegs in der Ostukraine auszuarbeiten, auch im Rahmen des Normandie-Formats; empfiehlt, die Ernennung eines EU-Sondergesandten für die Krim und das Donezbecken zu prüfen;
32. bekräftigt seine Forderung nach einem internationalen Format unter aktiver Beteiligung der EU für Verhandlungen über die Beendigung der Besetzung der Halbinsel Krim; fordert den VP/HR, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle erforderliche Unterstützung zur Einrichtung einer internationalen Plattform für die Krim zu gewähren, auf der die Anstrengungen zur Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine koordiniert, formalisiert und systematisiert werden könnten; erachtet es als wichtig, den Medschlis des krimtatarischen Volkes als einziges international anerkanntes Vertretungsorgan der Krimtataren in die Aktivitäten dieser Plattform einzubeziehen;
33. weist darauf hin, dass gemäß dem humanitären Völkerrecht inzwischen die Russische Föderation – als Besatzungsmacht – umfassend dafür verantwortlich ist, den Bedürfnissen der Bevölkerung der vorübergehend besetzten Halbinsel Krim, einschließlich ihrer Wasserversorgung, gerecht zu werden; weist ferner darauf hin, dass gemäß dem IV. Genfer Abkommen, dessen Vertragspartei Russland ist, die Einwohner eines besetzten Gebietes nicht zum Dienst in den bewaffneten Streitkräften oder Hilfskräften der Besatzungsmacht gezwungen werden dürfen;
34. verurteilt die Russische Föderation wegen der Ansiedelung russischer Staatsangehöriger auf der besetzen Krim und in den Oblasten Donezk und Luhansk, um auf diese Weise das Zahlenverhältnis zwischen den Inhabern von russischen Pässen und Ukrainern zu verändern, wegen der fortgesetzten Ausstellung russischer Pässe an Bewohner der vorübergehend besetzten Gebiete der Ukraine, was gegen die Souveränität der Ukraine und die Ziele und Bestimmungen der Minsker Vereinbarungen verstößt, sowie wegen ihrer Versuche, am 13. September 2020 in der zur Ukraine gehörenden Autonomen Republik Krim Kommunalwahlen abzuhalten; stellt fest, dass die Wahl des Gouverneurs von Sewastopol sowie die Wahl von Vertretern für den sogenannten Staatsrat der „Republik Krim“, die sogenannte Gesetzgebende Versammlung der Stadt Simferopol und den sogenannten Rajonsrat des Rajons Rosdolne rechtswidrig und unter Verstoß gegen das Völkerrecht erfolgt sind; fordert die EU auf, Sanktionen gegen die Personen zu verhängen, die für die Organisation und Durchführung dieser Wahlen verantwortlich sind; bedauert das Vorgehen Russlands, junge Männer auf der besetzten Krim zum Wehrdienst in den russischen Streitkräften einzuziehen, von denen 85 % zur Ableistung des Dienstes in die Russische Föderation entsandt wurden; fordert Russland auf, die Rekrutierungen auf der Krim zu beenden und ihre Verpflichtungen im Rahmen der Genfer Abkommen umfassend einzuhalten;
35. bringt seine umfassende Unterstützung für alle Anstrengungen zum Ausdruck, allen 298 Opfern des Abschusses des Flugs MH17 der Malaysia Airlines mit einer von Russland bereitgestellten Boden-Luft-Rakete und ihrer Angehörigen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, was das von der internationalen Gemeinschaft getragene Strafverfahren nach niederländischem Recht gegen vier Tatverdächtige und die beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Russland eingereichte Klage umfasst; belobigt die Ukraine für ihre kontinuierliche Zusammenarbeit mit der gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG), um die Wahrheit ans Licht zu bringen, die Tatverdächtigen zu identifizieren und vor Gericht zu bringen; verurteilt Russland dafür, dass es sich einseitig aus den mit Australien und den Niederlanden geführten trilateralen Konsultationen zur Wahrheitsfindung zurückgezogen hat; fordert Russland zur umfassenden Zusammenarbeit bei allen laufenden Anstrengungen auf, mit denen darauf abgezielt wird, sämtliche Einzelpersonen oder Organisationen, die am Abschuss des Flugs MH17 beteiligt waren, zur Rechenschaft zu ziehen; fordert Russland daher unter anderem auf, den mit Australien und den Niederlanden geführten Dialog zur Wahrheitsfindung wiederaufzunehmen, hinsichtlich der von den Niederlanden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereichten zwischenstaatlichen Klage seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen sowie Wolodymyr Zemach an die Niederlande auszuliefern; fordert Russland nachdrücklich auf, nicht länger Desinformationen hinsichtlich des Fluges MH17 zu verbreiten;
36. fordert die Ukraine auf, die Zentralregierung der Republik Moldau bei ihren Anstrengungen zu unterstützen, gemäß dem Grundsatz der territorialen Integrität der Republik Moldau die Kontrolle über Transnistrien wiederzuerlangen;
37. nimmt zur Kenntnis, dass im Juni 2018 das Gesetz über die nationale Sicherheit und im Jahr 2020 das Gesetz über die Beschaffung von Verteidigungsgütern und Geheimdienste angenommen wurden; fordert jedoch nachdrücklich, dass zusätzliche Rechtsvorschriften, mit denen die Zuständigkeiten des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) eingeschränkt werden, verabschiedet werden, um ihn in einen reinen Dienst für Spionageabwehr und Terrorismusbekämpfung umzuwandeln, und dass eine parlamentarische Aufsicht über sämtliche Sicherheitsorgane eingerichtet wird;
Recht, Freiheit, Sicherheit und Korruptionsbekämpfung
38. bekräftigt, dass greifbare Ergebnisse bei der Korruptionsbekämpfung von wesentlicher Bedeutung sind, um bei den Bürgerinnen und Bürgern einen hohen Grad an Unterstützung für die Reformen aufrechtzuerhalten, das Geschäftsumfeld zu verbessern und ausländische Direktinvestitionen anzuziehen; bestärkt die staatlichen Stellen der Ukraine darin, auf dem Weg der Reformen – insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung – weiter voranzuschreiten und für die Unabhängigkeit und fortgesetzte Tätigkeit der zentralen auf Korruptionsbekämpfung spezialisierten Einrichtungen Sorge zu tragen; erklärt sich in diesem Zusammenhang erfreut darüber, dass die Nationale Agentur für Korruptionsprävention wieder eingerichtet wurde, dass im Januar 2020 neue Gesetze zur unrechtmäßigen Bereicherung und zu Hinweisgebern in Kraft getreten sind und dass im September 2019 das Oberste Antikorruptionsgericht seine Tätigkeit aufgenommen hat;
39. ist jedoch besorgt über das Ergebnis des Urteils des Verfassungsgerichts vom 27. Oktober 2020, durch das ein Rechtsvakuum in der ukrainischen Struktur zur Korruptionsbekämpfung entstanden ist und die Nationale Agentur für Korruptionsprävention geschwächt wurde; erkennt die aktiven Bemühungen an, die von Präsident Selenskyj eingeleitet und von politischen Interessenträgern aufgegriffen wurden, um den Rechtsvorschriften wieder zur Geltung zu verhelfen und die Glaubwürdigkeit der ukrainischen Struktur zur Korruptionsbekämpfung wiederherzustellen; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine nachdrücklich auf, mit ihren Bemühungen fortzufahren, um eine uneingeschränkt funktionsfähige und wirksame institutionelle Gesamtstruktur wiederherzustellen, einschließlich der Judikative, und gleichzeitig die Unabhängigkeit der Judikative von Exekutive und Legislative zu wahren; betont, dass eine Nationale Agentur für Korruptionsprävention mit uneingeschränkter Befugnis in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung ist und dass das Urteil des Verfassungsgerichts nicht als Vorwand herangezogen werden sollte, um sie zu schwächen oder außer Gefecht zu setzen; äußert seine tiefe Besorgnis über die offensichtlichen Versuche von Interessengruppen, die Erfolge des Landes bei der Bekämpfung von Korruption und den demokratischen Reformen insgesamt zu untergraben, insbesondere da ukrainische Oligarchen politische Macht zurückgewonnen haben, was dazu beigetragen hat, dass die reformorientierte Mehrheit in der Werchowna Rada geschwächt wurde, wie dies auch in den Schwierigkeiten zum Ausdruck kam, die auftraten, als die Gesetzeslücke nach dem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts vom 27. Oktober 2020 geschlossen werden sollte; fordert alle politischen Akteure nachdrücklich auf, sich erneut zu ihrem Engagement für die Reformen, die die ukrainischen Wähler eingefordert haben, zu bekennen, die wesentlich sind, um die Rechtsstaatlichkeit zu stärken, die Korruption auszumerzen und ein größeres Maß an Wohlstand für die Bevölkerung der Ukraine zu generieren;
40. erachtet es als sehr wichtig, die Unabhängigkeit des Obersten Antikorruptionsgerichts und anderer Einrichtungen zur Korruptionsbekämpfung sicherzustellen, und fordert, dass im Rahmen der Tätigkeiten der Einrichtungen zur Korruptionsbekämpfung eine unvoreingenommene und unparteiische Herangehensweise gewählt wird, um das Vertrauen in und die öffentliche Unterstützung für die Korruptionsbekämpfung zu sichern; stellt fest, dass die ersten Urteile des Obersten Antikorruptionsgerichts ergangen sind und dass das Gericht im Einklang mit hohen berufsständischen Normen handelt; fordert jedoch, die Tätigkeit des Obersten Antikorruptionsgerichts zu intensivieren, um die Verurteilungsquote – auch in Fällen hochrangiger Personen – zu steigern;
41. ist erfreut über die Arbeit des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU), das wohl die wirksamste Korruptionsbekämpfungseinrichtung des Landes ist; betont ferner, dass die Unabhängigkeit des NABU gestärkt werden muss; fordert daher nachdrücklich, dass das Gesetz über das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) mit der Verfassung und mit dem jüngst ergangenen Urteil des Verfassungsgerichts in Einklang gebracht wird, und dass für die Leitungsfunktionen des NABU und der Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung sowie des Staatlichen Untersuchungsbüros der Ukraine ein transparentes, entpolitisiertes und leistungsabhängiges Auswahlverfahren, einschließlich einer glaubwürdigen Überprüfung der Integrität, angewandt wird;
42. bedauert, dass Mitglieder der Werchowna Rada den Versuch unternommen haben, die Einrichtungen zur Korruptionsbekämpfung anzugreifen und zu schwächen sowie insbesondere den Direktor des NABU zu entlassen, und bedauert das undurchsichtige Auswahlverfahren für den Direktor der Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung; stellt fest, dass Mitglieder nichtstaatlicher Organisationen und Journalisten, die Korruption aufdecken und anprangern, mangelhaft geschützt sind, und fordert die wirksame Umsetzung des neuen Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern, das im Januar 2020 in Kraft getreten ist;
43. begrüßt, dass der Entwurf für eine Strategie zur Bekämpfung der Korruption für den Zeitraum 2020–2024 veröffentlicht wurde, und erwartet, dass die Werchowna Rada diese umfassende Strategie in Kürze unter Beibehaltung aller entscheidenden Elemente des Entwurfs annehmen wird; stellt fest, dass sich die Einrichtungen zur Korruptionsbekämpfung Druck und Sabotage in vielfältiger Form ausgesetzt sehen und betrachtet dies als Beleg dafür, dass die Bekämpfung der Korruption zunehmend wirksam und erfolgreich ist; hebt nachdrücklich hervor, dass die Einrichtungen zur Korruptionsbekämpfung – Nationales Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU), Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung und Oberstes Antikorruptionsgericht – auch künftig unabhängig, wirksam und mit angemessenen Ressourcen ausgestattet sein müssen; erklärt sich sehr erfreut darüber, dass im Dezember 2019 das Geldwäschebekämpfungsgesetz angenommen wurde, durch das für mehr Transparenz hinsichtlich des Eigentums an Unternehmen in der Ukraine gesorgt wird und das eine erhebliche Verbesserung des einschlägigen Rechtsrahmens darstellt;
44. äußerst sich zutiefst besorgt über den hohen Grad an systematischem politischem Druck und die Einschüchterungsversuche, denen sich der Vorsitzende der Nationalbank der Ukraine – leider nicht zum ersten Mal – ausgesetzt sieht und die zu seinem Rücktritt im Juli 2020 geführt haben; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine nachdrücklich auf, sich jeglichen politischen Drucks auf unabhängige Einrichtungen des Wirtschaftslebens und Strafverfolgungsorgane zu enthalten und dafür Sorge zu tragen, dass die Unabhängigkeit der genannten Einrichtungen und Organe gewahrt ist, da dies die Gewähr für das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes und für gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Wirtschaftsakteure bietet;
45. bedauert, dass die Justiz nach wie vor eine der Institutionen in der Ukraine ist, der am wenigsten Vertrauen entgegengebracht wird, und ist zutiefst besorgt über ihren Zustand seit der Reform vom Oktober 2019, die zur Auflösung und Neueinsetzung der Obersten Qualifizierungskommission der Richter führte und zur Folge hatte, dass das Verfahren zur Neubewertung und Anstellung von Richtern zum Erliegen gekommen ist, während rund 2 000 Richterstellen unbesetzt sind; bedauert, dass die Oberste Qualifizierungskommission der Richter in der Vergangenheit die Stellungnahmen des Rates für Integrität in öffentlichen Ämtern bei ihrer Neubewertung von Richtern nicht berücksichtigte, und fordert sie nachdrücklich auf, dies künftig zu tun, sodass die vakanten Stellen bei den Gerichten niedrigerer Instanzen in vollständiger Übereinstimmung mit der Stellungnahme Nr. 969/2019 der Venedig-Kommission mit Richtern besetzt werden können, die den Ethik- und Integritätsstandards genügen; besteht auf einer baldigen Wiedereinsetzung der Obersten Qualifizierungskommission der Richter auf der Grundlage einer Änderung des Gesetzes Nr. 3711 im Einklang mit dem Beschluss Nr. 4‑p/2020 des ukrainischen Verfassungsgerichts vom 11. März 2020, damit eine unabhängige Oberste Qualifizierungskommission der Richter auf der Grundlage eines transparenten Auswahlverfahrens unter Beteiligung internationaler Experten eingerichtet werden kann; ist der Ansicht, dass eine gestärkte Oberste Qualifizierungskommission der Richter in der Lage sein sollte, die Auswahl neuer und die Bestätigung amtierender Richter gemäß den von der Qualifizierungskommission selbst im Einklang mit ihrem Mandat festgelegten Regeln und Verfahren wirksam durchzuführen; beharrt nachdrücklich auf einer Integritätsprüfung des nicht reformierten Obersten Justizrates; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine eindringlich auf, die Justizreform fortzusetzen und zu beschleunigen, um zu verhindern, dass die Tätigkeit der neu eingerichteten Korruptionsbekämpfungseinrichtungen geschwächt wird, von politisch motivierten Gerichtsverfahren und der Instrumentalisierung der Justiz gegen politische Gegner abzusehen und den Rechtsrahmen für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu vervollständigen;
46. fordert die Kommission auf, bestehende Instrumente im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsvollen Staatsführung weiterzuentwickeln – wobei insbesondere das EU-Justizbarometer und der Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit zu nennen sind – und neue Instrumente auszuarbeiten, um die Fortschritte der Ukraine zu überwachen und zu bewerten, damit eine engmaschige Überwachung der laufenden Reformen sichergestellt wird und etwaige Mängel bei diesen Reformen ordnungsgemäß erkannt und behoben werden;
47. begrüßt die im September 2019 eingeleitete Reform der Generalstaatsanwaltschaft und fordert, dass die Bestätigung der Staatsanwälte abgeschlossen wird, wobei sicherzustellen ist, dass die neuen Staatsanwälte auf allen Ebenen in einem transparenten und politisch unparteiischen Verfahren ausgewählt werden; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu verstärken und den Rechtsrahmen und die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den zuständigen Strafverfolgungsorganen zu verbessern;
48. fordert die staatlichen Stellen der Ukraine mit Nachdruck auf, von ihren früheren schlechten Praktiken Abstand zu nehmen, politisch motivierte Gerichtsverfahren durchzuführen; betont in diesem Zusammenhang, dass Meinungsverschiedenheiten bei politischen Themen in den zuständigen politischen Foren und nicht im Rahmen der Justiz behandelt werden sollten;
49. ist besorgt darüber, dass die Ukraine von der Kommission als vorrangiges Land der „Kategorie 2“ aufgeführt ist, was bedeutet, dass die Rechte des geistigen Eigentums nicht hinreichend geschützt und durchgesetzt werden; betont, dass die Zollkontrollen und -infrastruktur verstärkt werden müssen, um der Ein- und Durchfuhr von gefälschten Produkten in bzw. durch die Ukraine besser vorzubeugen; fordert die Kommission auf, die Ukraine bei der Ausarbeitung neuer Gesetzesentwürfe im Zusammenhang mit den Rechten des geistigen Eigentums auch künftig zu unterstützen;
50. fordert die ukrainische Regierung auf, die von Angehörigen der ukrainischen Polizeikräfte gegenüber Aktivisten während der Euromajdan-Proteste begangenen Straftaten weiter zu untersuchen und den Opfern und ihren Familien rasch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen;
51. fordert die Ukraine nachdrücklich auf, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und das Übereinkommen von Istanbul zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu ratifizieren;
52. begrüßt die Änderungen am ukrainischen Strafgesetzbuch, mit denen Vergewaltigung und sexuelle Gewalt mittels nicht erteilter Zustimmung definiert werden, und fordert nachdrücklich, rasch eine Methodik zur Untersuchung von Straftaten im Bereich der sexuellen Gewalt auszuarbeiten; bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass es im Jahr 2019 in Ermangelung einer solchen Methodik zu keiner einzigen strafrechtlichen Verfolgung von Vergewaltigung oder sexueller Gewalt im Sinne nicht erteilter Zustimmung gekommen ist;
Menschenrechte und Grundfreiheiten
53. verurteilt in aller Schärfe die umfangreichen und anhaltenden Verletzungen der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, etwa der Freiheit der Meinungsäußerung, der Religion oder der Weltanschauung und der Vereinigung sowie des Rechts auf friedliche Versammlung, durch die russische Besatzungsmacht auf der derzeit besetzten Krim und durch die von Russland unterstützten bewaffneten Gruppen in den nicht unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten des Donezbeckens, darunter Zwangsrekrutierungen, Deportationen, die illegale und erzwungene Ausstellung von Pässen, die Einschränkung von Bildungs- und Sprachrechten, willkürliche Festnahmen, Folter und sonstige schwere Haftbedingungen sowie restriktive Maßnahmen wie die einseitige Schließung von Übergangsstellen und die Verweigerung des Zugangs für die Vereinten Nationen und für humanitäre Missionen, was angesichts der derzeitigen Pandemie besonders besorgniserregend ist;
54. weist erneut darauf hin, dass durch den Krieg in der Ostukraine das Leben und das Wohlergehen von Zivilisten unverändert bedroht ist, und stellt fest, dass der Rückgang der Feindseligkeiten im Zuge der am 27. Juli 2020 in Kraft getretenen Waffenruhe dazu beigetragen hat, dass die Anzahl der Sicherheitsvorfälle um 53 % abgenommen hat und die Zahl der zivilen Opfer gesunken ist; begrüßt, dass das Programm „EU4ResilientRegions“ eingerichtet wurde, das mit Finanzmitteln im Umfang von 30 Mio. EUR ausgestattet ist und darauf abzielt, die Widerstandsfähigkeit der östlichen und südlichen Ukraine gegenüber den negativen Auswirkungen des anhaltenden Konflikts zu stärken, auch was hybride Bedrohungen und sonstige destabilisierende Faktoren betrifft;
55. ist – insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen COVID-19-Notlage – jedoch äußerst besorgt über die sich verschlechternde humanitäre Lage in den östlichen Gebieten, die derzeit nicht unter der Kontrolle der Regierung der Ukraine stehen; fordert die lokalen De-facto-Organe nachdrücklich dazu auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die grundlegenden Bedürfnisse der Bevölkerung, einschließlich des Zugangs zu hochwertigen Gesundheitseinrichtungen und hochwertiger medizinischer Behandlung, erfüllt werden können, und zu diesem Zweck umfassend mit der rechtmäßigen Regierung der Ukraine zusammenzuarbeiten;
56. hebt hervor, dass in der Ostukraine mehr als 3,5 Millionen Menschen auf beiden Seiten der Kontaktlinie nach wie vor auf humanitäre Hilfe und humanitären Schutz angewiesen sind und unter Unterbrechungen der Wasserversorgung und Stromausfällen zu leiden haben; stellt fest, dass sich die Herausforderungen, mit denen sich diese Menschen konfrontiert sehen, durch die derzeitige COVID-19-Pandemie verschärft haben; fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen in Abstimmung mit den Gremien der Vereinten Nationen zu intensivieren, um während dieser humanitären Krise entsprechend der Vorausschau auf den humanitären Bedarf Unterstützung zu leisten;
57. bedauert die sich seit Beginn der Besatzung verschlechternde Menschenrechtslage auf der Krim, da Russland die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, den Zugang zu Informationen sowie die Religionsfreiheit zu Anfang der Besatzung drastisch eingeschränkt hat; bedauert die diskriminierenden Maßnahmen der selbsternannten russischen Organe, die sich insbesondere gegen die ethnische Minderheit der Krimtataren richten, die Verletzung ihrer Eigentumsrechte, die zunehmende Einschüchterung dieser Bevölkerungsgruppe und aller Menschen, die sich der rechtswidrigen Annexion widersetzen, durch Zwangsrekrutierung, Verfolgung, Durchsuchungen, Inhaftierungen und Fälle von Verschwindenlassen sowie die – wie bereits erwähnt – mangelnde Meinungs-, Vereinigungs- und Bewegungsfreiheit auf der Halbinsel; fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller auf der Halbinsel Krim und in Russland rechtswidrig festgehaltenen und inhaftierten ukrainischen Staatsbürger, einschließlich Aktivisten der Krimtataren; fordert Russland darüber hinaus auf, an Krimtataren begangene Gräueltaten zu untersuchen sowie das Recht der Krimtataren, Ukrainer und aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften auf Pflege und Entfaltung ihrer eigenen Kultur, ihrer eigenen Traditionen, ihres eigenen Bildungswesens und ihrer eigenen Identität zu gewährleisten und zu schützen,
58. bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass es in der Ukraine rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene gibt, womit das Land bei der Anzahl der Binnenvertriebenen weltweit auf Platz neun liegt; stellt fest, dass die Hauptverantwortung dafür bei der Russischen Föderation und ihren Statthaltern liegt; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um das Leid der von dem Konflikt betroffenen Menschen zu lindern, und Maßnahmen zum Schutz der Rechte von Binnenvertriebenen umzusetzen; fordert die Ukraine auf, den Binnenvertriebenen umfassende bürgerliche und politische Rechte zu gewähren sowie die internationalen Normen hinsichtlich der Behandlung von Binnenvertriebenen einzuhalten; erachtet es als sehr wichtig, die ukrainischen Bürgerrechte in den vorübergehend besetzten Gebieten zu schützen und zu garantieren, auch indem die Verfahren für den Erhalt von Renten vereinfacht und Geburtsurkunden für Kinder ausgestellt werden, sodass das Risiko umgangen wird, dass diese staatenlos werden und gefährdet sind;
59. fordert die OSZE-Sonderbeobachtermission auf, ihr Mandat wahrzunehmen und einen regelmäßigen Austausch mit Opfern und Zeugen von Verfolgung, Rechtsanwälten, nichtstaatlichen Organisationen und Medienvertretern durchzuführen, zumal dies ein weiteres Mittel darstellt, um die Lage in den derzeit besetzten Gebieten auf der Krim und im Osten der Ukraine zu bewerten; fordert den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, die Menschenrechtslage auf der Halbinsel Krim und in den Gebieten der Ostukraine, die nicht unter der Kontrolle der Regierung stehen, ununterbrochen aufmerksam zu beobachten;
60. stellt fest, dass der auf fünf Jahre angelegte Aktionsplan für die Umsetzung der Nationalen Menschenrechtsstrategie der Ukraine im Jahr 2020 ausläuft, und fordert eine gründliche Prüfung der wichtigsten damit erzielten Erfolge, bevor Ziele für den anschließenden Aktionsplan festgelegt werden; achtet genau darauf, welche Unterstützung die ukrainische Regierung dem krimtatarischen Volk gewährt, und zeigt sich besorgt über die mangelnde Finanzierung im Entwurf des Haushaltsplans 2021, der im September 2020 in der Werchowna Rada für das Programm zur Neuansiedlung und Betreuung von Krimtataren und Personen anderer Nationalitäten eingebracht wurde, die aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine deportiert wurden; fordert die Ukraine auf, die Gesetze zu den autochthonen Völkern der Ukraine, den Status des autochthonen Volkes der Krimtataren und der Änderung der Verfassung des Landes zu verabschieden, um die nationale und territoriale Autonomie des Volkes der Krimtataren innerhalb der Ukraine und insbesondere auf der Krim anzuerkennen, die durch das unveräußerliche Recht des autochthonen Volkes der Krimtataren auf Selbstbestimmung begründet ist; betont, dass die staatlichen Stellen der Ukraine die Probleme des einzigen Fernsehkanals in krimtatarischer Sprache – ATR – beheben und einen stabilen Mechanismus für seine finanzielle und technische Unterstützung bereitstellen müssen, damit der Fernsehkanal sein Programm so ausstrahlen kann, dass es auf der von Russland besetzten Krim empfangen werden kann; begrüßt die Initiative der Ukraine zur Ausarbeitung einer Strategie für die Weiterentwicklung und Verbreitung der krimtatarischen Sprache für den Zeitraum bis 2032;
61. fordert den EAD und die Kommission auf, die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte (eine EU-Rechtsvorschrift nach dem Vorbild des Magnitski-Rechtsakts) rasch einsatzfähig zu machen und durchzusetzen, damit Sanktionen gegen Einzelpersonen und Unternehmen verhängt werden können, die an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt, wobei der Lage in den vorübergehend besetzten Gebieten der Ukraine auf der Krim und in Teilen der Regionen Donezk und Luhansk besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, und Sanktionen gegen diejenigen verhängt werden, die für anderweitige Verbrechen, darunter Korruption, verantwortlich sind; fordert die Ukraine auf, diesem Beispiel zu folgen und ebenfalls einen derartigen Rechtsakt zu erlassen;
62. nimmt das Gesetz über die Unterstützung der Funktion der ukrainischen Sprache als Staatssprache zur Kenntnis und fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, das Gesetz in vollständigem Einklang mit den internationalen Verpflichtungen des Landes und gemäß den Empfehlungen in der Stellungnahme Nr. 960/2019 der Venedig-Kommission umzusetzen, d. h. das Recht von Gemeinschaften auf Pflege und umfassenden Gebrauch ihrer eigenen Sprache zu achten und dabei mit größtmöglicher Rücksicht und Ausgewogenheit gegenüber nationalen Minderheiten, ihren Sprachen und ihrem Recht auf Bildung vorzugehen;
63. fordert die Ukraine auf, dem Kommissar für den Schutz der Amtssprache oder einer zu diesem Zweck geschaffenen Einrichtung die Befugnis zu erteilen, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen über den Gebrauch von Minderheitensprachen und über autochthone Völker zu überwachen;
64. tritt für die Glaubensfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung ein und erachtet es als besonders wichtig, für alle nationalen, ethnischen und sprachlichen Minderheiten einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen sicherzustellen, da es sich hierbei um entscheidende Elemente einer jeden Demokratie handelt; verurteilt Hetze und Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit oder Sprache sowie Falschmeldungen und Fehlinformationen, die sich gegen nationale, ethnische und sprachliche Minderheiten richten;
65. stellt fest, dass Maßnahmen erforderlich sind, um die Strukturen zum Schutz der Minderheitenrechte zu stärken und um Vertrauen aufzubauen, dass de jure und de facto für den Schutz der Minderheitenrechte Sorge getragen wird; weist darauf hin, dass derartige Maßnahmen die Stärkung des Rechtsschutzes, eine größere Aufmerksamkeit für die Probleme von Minderheiten durch Institutionen und die Einrichtung von robusten und dauerhaften Konsultationsmechanismen umfassen sollten; äußerst sich besorgt darüber, dass die staatlichen Stellen der Ukraine nur unzureichende Maßnahmen ergreifen, um gegen Diskriminierung und Hetze vorzugehen, denen sich Minderheiten – insbesondere die Roma-Gemeinschaft – ausgesetzt sehen, die Opfer von Diskriminierung, rassistisch motivierter Gewalt und anderen Erscheinungsformen von Intoleranz geworden sind; fordert die Ukraine auf, das Gedenken an die Opfer des Holocaust zu stärken, indem das Land der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken („International Holocaust Remembrance Alliance“ – IHRA) beitritt und die Definition des Begriffs „Antisemitismus“ von der IHRA übernimmt und anwendet; fordert die Ukraine überdies auf, den Opfern des Totalitarismus auch künftig zu gedenken; fordert die Kommission auf, die Ukraine zur Teilnahme am Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ einzuladen;
66. begrüßt die Arbeit der europäischen politischen Stiftungen, die sich darum bemühen, die nächste Generation von politischen Führungskräften in der Ukraine zu fördern;
67. fordert, den Dialog und die Zusammenarbeit mit Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie mit Organisationen zu intensivieren, die in Bereichen wie Friedenskonsolidierung und Aussöhnung tätig sind, wodurch das Vertrauen in eine gerechte und freie Gesellschaft und in das Bildungswesen, die Gesundheitsversorgung und grundlegende Sozialleistungen gestärkt wird;
Medienlandschaft
68. nimmt die laufenden Reformbemühungen im Bereich der Medien zur Kenntnis; betont, dass mit der Reform insbesondere die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Rechenschaftspflicht der Regulierungsbehörde, die Transparenz der Eigentumsverhältnisse im Medienbereich und die Chancengleichheit für Medien durch einen fairen Wettbewerb auf dem Markt sichergestellt werden sollte; äußert sich besorgt über Pläne, der Regulierungsbehörde neue und umfassende Kompetenzen zu übertragen, durch die die Medienfreiheit und der Inhalt von Online- und Printmedien beeinträchtigt werden könnten; betont in Bezug auf den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Desinformationen, dass der derzeitige Entwurf zu weitreichenden staatlichen Eingriffen in Medieninhalte und in die journalistische Tätigkeit auf Kosten der Medienfreiheit führen könnte und Desinformationen nicht effizient entgegenwirkt; fordert nachdrücklich, dass eine umfassendere Konsultation der Mediengemeinschaft und der einschlägigen internationalen Organisationen durchgeführt wird, um Risiken für die Meinungsfreiheit abzuwenden;
69. stellt besorgt fest, dass der Fernsehmarkt in der Ukraine zwar pluralistisch ist, aber nach wie vor durch den übermäßigen Einfluss von Oligarchen gekennzeichnet ist; fordert die Ukraine auf, freie und unabhängige Medien zu fördern und den Medienpluralismus zu stärken; betont, dass ein tragfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk, eine unabhängige Medienaufsicht und die Zivilgesellschaft wichtig sind, wenn es darum geht, Widerstandsfähigkeit gegenüber Desinformationen und weiteren destabilisierenden Faktoren aufzubauen; fordert die Werchowna Rada und die Regierung auf, an den Verpflichtungen des Staates gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk festzuhalten und die finanzielle und politische Unterstützung für seine weitere Modernisierung und Unabhängigkeit und seine Fähigkeit zu Investigativjournalismus zu sichern;
70. bekräftigt, dass die EU die Ukraine auch künftig dabei unterstützen muss, hybride Bedrohungen abzuwehren und gegen Desinformationen und Falschmeldungen vorzugehen, unter anderem durch die Stärkung unabhängiger Medien und der strategischen Kommunikation im Bereich der Medienkompetenz, um die Widerstandsfähigkeit der Ukraine zu erhöhen; begrüßt die angekündigte Einleitung des Cyberdialogs zwischen der EU und der Ukraine;
71. ist besorgt über das sich verschlechternde Arbeitsumfeld für Medienvertreter, wovon Investigativjournalisten betroffen sind, die über Korruptions- und Betrugsfälle berichten; missbilligt Handlungen aller Art, die darauf abzielen, die Arbeit von Journalisten einzuschränken, wozu beispielsweise die Einschränkung des Zugangs zu Informationen, strafrechtliche Ermittlungen, Druck zur Preisgabe von Quellen und Hetze – insbesondere die Hetze gegen unabhängige Medien – zählen; ist besorgt darüber, dass Mitglieder der Werchowna Rada laut einer unlängst von ukrainischen Investigativjournalismusplattformen durchgeführten Analyse auf gezielte Desinformationskampagnen hereingefallen sind oder sogar vorsätzlich zu ihrer Verbreitung beigetragen haben;
72. bedauert die zahlreichen Übergriffe auf Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft, die im Zeitraum 2017–2019 zu verzeichnen waren; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, die Täter strafrechtlich zu verfolgen und für die Sicherheit von Medienschaffenden und Journalisten zu sorgen, und fordert die staatlichen Stellen der Ukraine eindringlich auf, bei der Regulierung der Medien einen verhältnismäßigen Ansatz zu verfolgen;
73. bedauert, dass sich das politische Klima im Land verschlechtert hat, wobei Einschüchterung, Hetze und politischer Druck häufig für politische Zwecke genutzt werden; fordert die staatlichen Stellen nachdrücklich auf, extremistische und Hass schürende Gruppen und Websites wie „Myrotvorets“, die für Spannungen in der Gesellschaft sorgen und personenbezogene Daten von Hunderten von Menschen, darunter Journalisten, Politiker und Angehörige von Minderheitengruppen, missbrauchen, scharf zu verurteilen und ihre Tätigkeit zu verbieten;
74. fordert nachdrücklich die Entwicklung einer demokratischen, unabhängigen, pluralistischen und ausgewogenen Medienlandschaft in der Ukraine, in der der politisch motivierten Verfolgung von Medienkanälen, einschließlich des Widerrufs von Lizenzen, ein Ende gesetzt und der Schutz von Journalisten vor Ort, Meinungsbildnern und Andersdenkenden vor Bedrohung und Einschüchterung sichergestellt wird, ein diskriminierungsfreier Zugang zu Online- und Offline-Informationen und eine sinnvolle Bürgerbeteiligung ermöglicht wird und die Menschenrechte und Bürgerrechte geschützt und gewährleistet werden; hebt hervor, dass Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Rechtsanwälte ihrer Arbeit unabhängig und ohne ungebührliche Einmischung und Einschüchterung nachgehen können sollten; begrüßt die Arbeit der ukrainischen Menschenrechtsorganisationen und des Staatsanwalts der Krim, der vorübergehend vom ukrainischen Festland aus arbeitet und Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Menschenrechte protokolliert; betont, dass alle Menschenrechtsverletzungen untersucht und die Täter vor Gericht gestellt werden müssen;
Gleichstellung der Geschlechter und Rechte von LGBTI
75. betont, dass die Gleichstellung der Geschlechter eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige und alle Menschen einbeziehende Entwicklung ist; fordert die Regierung und die staatlichen Stellen der Ukraine dringend auf, Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Vertretung und Gleichbehandlung von Frauen auf allen Ebenen des politischen und gesellschaftlichen Lebens umzusetzen und geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen; fordert die Kommission und den EAD auf, die Gleichstellung der Geschlechter bei all ihren Maßnahmen, ihrer finanziellen Unterstützung sowie ihren Programmen und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ukraine durchgängig zu berücksichtigen, insbesondere wenn die durch die COVID-19-Pandemie verursachten negativen Auswirkungen abgeschwächt werden sollen, da Frauen, etwa Unternehmerinnen, mit am stärksten von den strengen Ausgangsbeschränkungen betroffen sind;
76. verurteilt gewalttätige Übergriffe und Hasskriminalität gegen LGBTI-Personen und fordert die ukrainischen Strafverfolgungsorgane dazu auf, derartige Übergriffe tatsächlich zu untersuchen; fordert die Ukraine nachdrücklich auf, umfassende sekundäre Rechtsvorschriften zu erlassen und wirksam umzusetzen, mit denen die Religionsfreiheit gewahrt und der anhaltenden Diskriminierung von LGBTI-Personen, feministischen Aktivisten, Menschen mit Behinderungen und Minderheiten entgegengetreten wird, und den Schutz der Rechte der genannten Personen zu stärken; fordert die ukrainische Regierung und alle politischen Akteure auf, sich um die Schaffung einer inklusionsgeprägten und toleranten Gesellschaft zu bemühen;
77. bedauert, dass in Artikel 161 des Strafgesetzbuchs nach wie vor keine Strafbarkeit der Aufstachelung zu Hass oder Gewalt aufgrund der sexuellen Ausrichtung oder Geschlechteridentität vorgesehen ist und dass die genannten Gründe weder als erschwerende Umstände bei Straftaten erwähnt noch in den allgemeinen Bestimmungen zu erschwerenden Umständen gemäß Artikel 67 Absatz 1 Ziffer 3 aufgeführt werden; weist erneut darauf hin, dass im Aktionsplan der Regierung zur Umsetzung der Nationalen Menschenrechtsstrategie vorgesehen war, die Beweggründe „sexuelle Ausrichtung des Opfers“ sowie „Geschlechteridentität des Opfers“ als erschwerende Umstände in Artikel 67 des Strafgesetzbuchs aufzunehmen; weist erneut auf die Empfehlungen der ECRI hin und fordert die Ukraine auf, das Strafgesetzbuch entsprechend zu ändern;
Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit, öffentliche Gesundheit, Beschäftigung und Soziales, Mobilität der Arbeitnehmer
78. hebt hervor, dass die Ukraine ein wichtiger geopolitischer und geostrategischer Partner sowie ein wichtiger Handelspartner für die Union ist; begrüßt, dass die Handelsströme zwischen der EU und der Ukraine deutlich zugenommen haben, weshalb die Union derzeit der größte Handelspartner der Ukraine ist; bedauert jedoch den relativ geringen Umfang der ausländischen Direktinvestitionen, die in das Land fließen;
79. begrüßt die anhaltend positiven Ergebnisse, die im Rahmen der bilateralen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen im Jahr 2019 erzielt wurden – die ukrainischen Einfuhren sind um 12,3 % und die Ausfuhren um 9,7 % gestiegen und belaufen sich damit auf insgesamt 43,3 Mrd. EUR; hebt hervor, dass der Handel zwischen der EU und der Ukraine einen Anstieg um 49 % verzeichnet hat und dass auf die EU, die nach wie vor der wichtigste Handelspartner der Ukraine ist, im Jahr 2019 40 % des Handelsvolumens entfielen, während die Ukraine als Handelspartner der EU an achtzehnter Stelle steht und 1,1 % des gesamten Handels der EU auf sie entfällt; stellt fest, dass das Handelsdefizit der Ukraine gegenüber der EU auf 5,1 Mrd. EUR angestiegen ist;
80. hält beide Seiten dazu an, die Zusammenarbeit auf bilateraler Ebene und in internationalen Foren im Hinblick auf die Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit COVID-19 zu intensivieren, insbesondere indem die Lieferketten resilienter und diversifizierter gestaltet werden und gemeinsam gegen protektionistische Tendenzen vorgegangen wird; stellt fest, dass durch die Zielsetzung der EU, eine offene strategische Autonomie zu erreichen, Möglichkeiten für eine noch engere Zusammenarbeit mit ihren Nachbarländern geschaffen werden könnten;
81. bestärkt die Kommission darin, die Ukraine dabei zu unterstützen, die Bereiche zu ermitteln, in denen die Diversifizierung der Wirtschaft weiter vorangetrieben werden könnte, und diesen Bereichen bei der vollständigen Umsetzung des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens Vorrang einzuräumen;
82. bekräftigt, dass die schrittweise Integration der Ukraine in den EU-Binnenmarkt, wie sie im Assoziierungsabkommen vorgesehen ist, eines der Hauptziele der Assoziierung darstellt, und unterstützt in diesem Zusammenhang die Schaffung der Voraussetzungen für verstärkte Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der Ukraine und der EU sowie einen umfassenderen Prozess der Rechtsangleichung, der von der vollständigen Umsetzung des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens und der Einhaltung der einschlägigen rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Vorschriften und Normen abhängt;
83. stellt fest, dass eine Reihe von Reformen eingeführt wurde, die zu einer Deregulierung der Wirtschaft, einer größeren Transparenz der öffentlichen Finanzen und einer Verbesserung der Vorschriften in den Bereichen Konzessionen und öffentlich-private Partnerschaften führen und sowohl einheimischen als auch ausländischen Investoren neue Möglichkeiten bieten;
84. stellt jedoch fest, dass bei den Maßnahmen zur Beseitigung der oligarchischen Strukturen im Land keine merklichen Erfolge erzielt wurden, zumal Oligarchen nach wie vor einen starken Einfluss auf die ukrainische Wirtschaft und Politik ausüben, wobei insbesondere die Eigentumsverhältnisse im Medienbereich sowie die Einflussnahme auf Justiz und Strafverfolgung zu nennen sind; ist der Ansicht, dass sich die Festlegung von klaren und für alle gleichen Regeln in Wirtschaft und Politik als wirksame Methode erweisen kann, um den hinter den Kulissen wirksamen Einfluss einer kleinen Gruppe sehr reicher Unternehmer auf die Abläufe im Staat, darunter auf die Gesetzgebung, zu verringern, und fordert die staatlichen Stellen der Ukraine daher auf, den Prozess der Entoligarchisierung voranzutreiben;
85. bedauert überdies die Zunahme staatseigener Unternehmen und fordert die Ukraine nachdrücklich auf, die Privatisierung staatseigener Unternehmen weiter voranzutreiben, um das Funktionieren ihrer Volkswirtschaft zu modernisieren und zu verbessern und die Oligarchisierung zu unterbinden; hebt hervor, dass sich die Ukraine erneut dazu verpflichten muss, gegen Einflussnahme durch Partikularinteressen vorzugehen, durch die – sollte sie vernachlässigt werden – die bisherige Bilanz der Reformen und der Unterstützungsmaßnahmen der Ukraine insgesamt erheblich gefährdet werden könnte;
86. fordert die Ukraine und die EU auf, die Zusammenarbeit bei der weiteren Liberalisierung des bilateralen Handels, darunter beim Abschluss des Abkommens über die Konformitätsbewertung und die Anerkennung gewerblicher Produkte, sowie die Zusammenarbeit bei gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen und im Zollwesen zu verstärken; fordert ferner eine verstärkte branchenspezifische Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine in den Bereichen Bildung und Forschung, Innovation, IKT und Digitalisierung sowie bei umweltfreundlichen Technologien, um Know-how und bewährte Verfahren auszutauschen; fordert darüber hinaus eine verstärkte Zusammenarbeit und die schrittweise differenzierte branchenspezifische Integration der Ukraine in die Energieunion, die Verkehrsgemeinschaft und den digitalen Binnenmarkt sowie in andere Bereiche;
87. fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, den Luftverkehrsmarkt des Landes für Unternehmen aus der Union, auch für Billigfluggesellschaften, zu öffnen, und unterstützt die Unterzeichnung des Übereinkommens über die Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums zum frühesten möglichen Zeitpunkt;
88. begrüßt die Fortschritte bei der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU im digitalen Bereich und fordert eine weitere Vertiefung dieser Zusammenarbeit mit dem Ziel, sich gegenseitig eine Binnenmarktbehandlung zuzuerkennen, auch in anderen Bereichen von beiderseitigem Interesse; erachtet die Schritte als wichtig, die mit Blick auf den digitalen Wandel und elektronische Behördendienste unternommen wurden, und hält die Fortschritte für bedeutsam, die bei der Angleichung der ukrainischen Rechtsvorschriften über elektronische Vertrauensdiensten und die elektronische Kommunikation an jene der EU erzielt wurden; fordert die Kommission auf, die Bemühungen der Ukraine um Medien- und Informationskompetenz, elektronische Behördendienste und digitale Wirtschaft weiter zu unterstützen, um dem derzeitigen digitalen Zeitalter und der allmählichen Integration in den digitalen Binnenmarkt der EU Rechnung zu tragen, und Möglichkeiten zur Senkung der Roaminggebühren zwischen der EU und der Ukraine zu prüfen; begrüßt in diesem Zusammenhang das neue Programm der EU mit einem Umfang von 25 Mio. EUR, mit dem elektronische Behördendienste und die digitale Wirtschaft in der Ukraine unterstützt werden; befürwortet die Ausdehnung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA) auf die Ukraine, sobald das Land alle technischen und rechtlichen Anforderungen erfüllt;
89. fordert die Kommission und den EAD auf, eine zuverlässige Bedarfsanalyse für das Donezbecken durchzuführen, um eine Strategie für seinen sozioökonomischen Wiederaufbau festzulegen, und schlägt die Schaffung eines geeigneten internationalen Rahmens für den Wiederaufbau des Donezbeckens vor;
90. fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, die Reformen im öffentlichen Gesundheitswesen insbesondere angesichts der verheerenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das ukrainische Gesundheitswesen fortzusetzen; stellt fest, dass die COVID-19-Pandemie nach Angaben von UNICEF nicht nur eine Krise der öffentlichen Gesundheitsversorgung, sondern auch eine sozioökonomische Krise mit sich bringt, in deren Verlauf sich die Armutsquote in der Ukraine von 27,2 % auf 43,6 % oder sogar auf 50,8 % erhöhen könnte; fordert die ukrainische Regierung daher auf, umfassende Sozialschutzmaßnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie durchzuführen;
91. begrüßt den Beitritt der Ukraine zum Gesundheitssicherheitsausschuss und zum Frühwarn- und Reaktionssystem der EU, um an der gesamteuropäischen Koordinierung der Maßnahmen als Reaktion auf COVID-19 im öffentlichen Gesundheitswesen mitzuwirken; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Ukraine mit Nachdruck auf, die Zusammenarbeit hinsichtlich der Resilienz im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu intensivieren, bewährte Verfahren auszutauschen und mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um Strategien für Epidemien festzulegen, die auf die am stärksten gefährdeten Personengruppen ausgerichtet sind; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Regierung der Ukraine beim Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zu unterstützen;
92. fordert die ukrainische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass sämtliche restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie eine Rechtsgrundlage haben, unbedingt erforderlich sind und zu dem Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und der Rettung von Menschenleben (auf der Grundlage wissenschaftlicher Gutachten) in einem angemessenen Verhältnis stehen, einer ständigen Überprüfung unterzogen und aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr erforderlich sind, sowie diskriminierungsfrei angewendet werden; fordert die staatlichen Stellen auf, dafür zu sorgen, dass gefährdete und ausgegrenzte Gruppen durch die Reaktion auf die COVID-19-Pandemie nicht unverhältnismäßig stark benachteiligt werden, und Maßnahmen zu ergreifen, um die bereits bestehende Ungleichheit zu beseitigen;
93. fordert die Ukraine nachdrücklich auf, die nach wie vor weit verbreitete Vetternwirtschaft und Korruption in ihrem Gesundheitswesen und vor allem im Gesundheitsministerium zu bekämpfen und alle korrupten Machenschaften, insbesondere Versuche, inmitten der Pandemie medizinische Geräte und COVID-19-Impfstoffe zu unverhältnismäßig hohen Kosten zu beschaffen, konkret zu untersuchen;
94. würdigt die gute Arbeit des ukrainischen Gesundheitsdienstes bei der Einrichtung eines transparenten Systems zur Finanzierung der spezifischen Behandlungen von Patienten; fordert das Gesundheitsministerium auf, die Arbeit des ukrainischen Gesundheitsdienstes zu unterstützen;
95. würdigt die Fortschritte bei der Angleichung der Rechtsvorschriften an den Besitzstand der Union und die Annahme einer gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Strategie im November 2019, die über 200 normative Rechtsakte der Union umfasst, die in ukrainisches Recht umgesetzt werden sollen;
96. stellt mit Besorgnis fest, dass bei der Angleichung an die Tierschutznormen der EU keine ausreichenden Fortschritte erzielt wurden;
97. begrüßt, dass im März 2020 das Gesetz über den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen verabschiedet wurde, mit dem dazu beigetragen werden dürfte, das enorme Potenzial der Ukraine in der Landwirtschaft zu erschließen, und dass im Mai 2020 das Gesetz über die Verbesserung bestimmter Instrumente zur Regulierung der Bankentätigkeit verabschiedet wurde, mit dem das Bankensystem gestärkt und verhindert wird, dass die PrivatBank ihren früheren Eigentümern zurückgegeben wird;
98. begrüßt, dass die Ukraine der Mehrparteien-Interimsvereinbarung (MPIA) beigetreten ist und so dazu beiträgt, die derzeitige Handlungsunfähigkeit des WTO-Berufungsgremiums zu überwinden und sicherzustellen, dass die Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) ein zweistufiges Streitbeilegungssystem im Rahmen der WTO nutzen können, bis das Berufungsgremium seine Arbeit fortsetzt;
99. fordert die Ukraine auf, die künftigen Entscheidungen des Vermittlungsausschusses in Bezug auf das Moratorium für Ausfuhren von unverarbeitetem Holz zu beachten und gleichzeitig die obligatorische Sorgfaltspflicht für die gesamte Wertschöpfungskette von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen durchzusetzen und die Überwachung in der Forstwirtschaft zu verbessern;
100. stellt besorgt fest, dass die Ukraine kürzlich zwei Untersuchungen im Hinblick auf Schutzmaßnahmen zu Einfuhren von Stickstoff- und Mehrnährstoffdüngern aus der EU angestrengt hat; nimmt zur Kenntnis, dass die Ukraine in allerletzter Minute beschlossen hat, beide Untersuchungen einzustellen, wobei weitere derartige Untersuchungen anstehen; warnt davor, dass durch ähnliche Maßnahmen das gegenseitige Vertrauen auf beiden Seiten untergraben werden könnte;
101. weist darauf hin, dass Geflügelfleisch eine für die EU sensible Ware ist; begrüßt die Lösung, die für die Ausfuhr „sonstiger“ Geflügelteile gefunden wurde und die darin besteht, die Handelspräferenzen für Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen zu ändern, wodurch die Lücke in dem Abkommen geschlossen wurde; fordert die Ukraine auf, von ähnlichen Praktiken Abstand zu nehmen und sämtliche Bestimmungen des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens nach Treu und Glauben uneingeschränkt einzuhalten und umzusetzen; fordert die Kommission auf, die Umsetzung des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens eingehend zu überwachen und alle verfügbaren Maßnahmen zu ergreifen, um etwaigen marktverzerrenden Praktiken und der möglichen Ausnutzung von Rechtslücken entgegenzuwirken;
102. fordert nachdrücklich, dass gegen die Kluft zwischen Stadt und Land in der Ukraine vorgegangen wird, indem wirksame finanzielle und technische Anreize für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU), Kleinlandwirte und Familienunternehmen in ländlichen und vorstädtischen Gebieten gesetzt und die Vernetzung der Menschen und die Infrastruktur zwischen Städten und ländlichen Gebieten verbessert werden, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern;
103. begrüßt, dass im Rahmen der KMU-Fazilität des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens Fortschritte im Hinblick auf die Verbesserung des Zugangs zu Finanzierung und die Schaffung von Handelsmöglichkeiten erzielt wurden; betont, dass KMU durch eine geeignete Informationskampagne in die Lage versetzt werden könnten, stärker von den Chancen zu profitieren, die das vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen bietet;
104. fordert die Kommission auf, regionale Arbeitsagenturen technisch zu unterstützen, um Anreize für die Beschäftigung zu schaffen, junge Menschen und Programme für nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, die soziales Unternehmertum begünstigen, zu fördern und in sie zu investieren und dabei den Fokus auf junge Menschen aus ländlichen Gebieten zu richten, damit das Bildungssystem durch die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt gestärkt wird, sodass die am stärksten gefährdeten Personen geschützt werden und einem Mangel an sozioökonomischen Chancen vorgebeugt wird;
105. hält die Kommission dazu an, die Auswirkungen des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens auf Arbeitsrechte und das Recht auf Vereinigungsfreiheit im Zusammenhang mit dem Handel mit der EU zu überwachen; fordert die Regierung der Ukraine auf, sich auch auf die soziale Dimension von Handel und nachhaltiger Entwicklung zu konzentrieren und die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Umsetzung des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens genau zu überwachen; fordert die Regierung der Ukraine auf, die Arbeitsnormen zu achten und durchzusetzen und alle Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zu ratifizieren und vollständig umzusetzen; legt der Regierung der Ukraine nahe, mit der Angleichung ihrer Arbeitsnormen an diejenigen der EU fortzufahren, insbesondere was die Versammlungsfreiheit und den sozialen Dialog betrifft; begrüßt die Initiative für eine Arbeitsreform, betont jedoch, dass umfassende Konsultationen mit den Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft abgehalten werden müssen, und empfiehlt, das Know-how der IAO in dieser Angelegenheit zu nutzen;
106. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Gewerkschaften sowie die Zivilgesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt an der Überwachung der Umsetzung des Assoziierungsabkommens beteiligt werden; fordert die Regierung der Ukraine und die Kommission auf, nichtstaatliche Organisationen, die Verstöße gegen das vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen – insbesondere im sozialen Bereich – untersuchen, zu unterstützen;
107. fordert die Regierung der Ukraine auf, ein System von Anreizen und Sanktionen einzuführen, um gegen die offenkundig hohe Zahl informeller Beschäftigungsverhältnisse vorzugehen;
108. stellt fest, dass sich die Mobilität der Arbeitskräfte zwischen der Ukraine und der EU erhöht, wobei die Abwanderung in Zahlen zwischen 2,2 und 2,7 Millionen Menschen beträgt, was zwischen 13 % und 16 % der Gesamtzahl der Erwerbstätigen in der Ukraine ausmacht, und dass diese Mobilität einerseits zur Verringerung des Arbeitskräfteangebots in der Ukraine und zu einem Arbeitskräftemangel in bestimmten Berufen beiträgt und andererseits einen Faktor darstellt, der das Lohnwachstum für im Land verbleibende Arbeitnehmer erhöht, sowie eine Quelle für den Mittelzufluss durch Geldüberweisungen von Migranten, der einen beachtlichen Einfluss auf die ukrainische Volkswirtschaft hat und über 8 % des BIP entspricht; fordert eine weitere Analyse des Nutzens und der Auswirkungen, die die Abwanderungswelle von Arbeitskräften nach 2014 in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht sowohl auf die Volkswirtschaften als auch auf die Systeme der sozialen Sicherheit in der Ukraine und den Mitgliedstaaten hatte; hält es für wesentlich, einen staatlichen Ansatz bei der Entwicklung eines Arbeitsumfelds zu verfolgen, in dem den Beschäftigten in ukrainischen Unternehmen angemessene Arbeitsbedingungen geboten werden, auch was die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, regulär angemeldete Arbeitsplätze mit staatlichem Sozialversicherungsschutz, pünktlich und in voller Höhe gezahlte Löhne, das Recht auf Gewerkschaftsmitgliedschaft und Interessenvertretung sowie zielführende Tarifverhandlungen betrifft, die in verbindliche Tarifverträge münden; bekräftigt, dass gegen die Abwanderung hochqualifizierter Kräfte aus der Ukraine durch die Förderung hochwertiger und inklusionsgeprägter Bildungs- und Berufsbildungsprogramme und die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten vorgegangen werden muss, um jungen Menschen und Familien in ihren Gemeinden vor Ort sozioökonomische Perspektiven zu bieten;
109. begrüßt die von der EU finanzierten Programme, die sowohl für die Modernisierung des beruflichen Bildungssystems in der Ukraine („EU4Skills: Better Skills for Modern Ukraine“ – EU4Skills: Höhere Qualifikation für die moderne Ukraine) als auch für das Geschäftsumfeld Unterstützung bereitstellen, das für potenzielle Rückkehrer und für inländische Unternehmer (in Bezug auf Korruptionsbekämpfung, Unterstützung von KMU, Steuer- und Zollreform usw.) von wesentlicher Bedeutung ist – sowohl im Rahmen branchenbezogener Beihilfen als auch als Voraussetzung für die Makrofinanzhilfeprogramme der EU, und fordert die Weiterentwicklung dieser Programme;
110. fordert den Assoziationsrat auf, der Umsetzung der internationalen Arbeitsnormen und den Rechtsvorschriften und Verfahren der EU in den Bereichen Sozialpolitik, Beschäftigung und Arbeit, Vorschriften in Bezug auf Tarifverhandlungen, sozialer Dialog, Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Diskrepanz und Reform der Arbeitsgesetzgebung Vorrang einzuräumen, damit die Interessen der Sozialpartner ausgewogen sind und die Rechte der Arbeitnehmer gemäß den Bestimmungen des Assoziierungsabkommens (Artikel 419–421 und 424) und der einschlägigen Übereinkommen der IAO (81, 87, 98, 117, 122, 129, 144, 154 und 173) geschützt werden; weist die Regierung der Ukraine darauf hin, dass ihre Bemühungen um die Verbesserung des Geschäftsklimas, die Anziehung von Direktinvestitionen und die Förderung des Wirtschaftswachstums nicht auf Kosten der Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Arbeitsbedingungen gehen dürfen; fordert die Regierung der Ukraine auf, den sozialen Dialog systematisch anzugehen und institutionell zu unterstützen sowie Anstrengungen zu unternehmen, um den drittelparitätisch besetzten Wirtschafts- und Sozialrat der Ukraine zu einem wirksamen Instrument des sozialen Dialogs zu machen;
111. stellt mit Besorgnis fest, dass die Gewerkschaften aufgrund unvollständiger und vager Rechtsvorschriften nur eingeschränkt in der Lage sind, ihre Rechte in der Ukraine wahrzunehmen;
Energie, Umweltschutz und Klimawandel
112. begrüßt, dass die Entflechtung von Naftohas im Jahr 2019 vollendet und ein rechtlich unabhängiger Erdgasfernleitungsnetzbetreiber geschaffen wurde, was mit dem dritten Energiepaket der EU im Einklang steht; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine jedoch auf, die technische Unabhängigkeit des Erdgasfernleitungsnetzbetreibers von Naftohas zu stärken; begrüßt die Liberalisierung und Öffnung eines wettbewerbsfähigen Erdgasmarktes für Haushalte; bedauert jedoch das jüngste Vorgehen gegen die Leitung von Naftohas, auch gegen den Aufsichtsrat des Unternehmens, mit dem dessen Unabhängigkeit und die bislang erzielten Reformfortschritte in diesem Bereich untergraben werden;
113. betont, dass die Ukraine als strategisches Transitland für Erdgas fungiert, ihr Erdgasfernleitungsnetz modernisieren muss und es zudem wichtig ist, sie auf der Grundlage der wirksamen Umsetzung des aktualisierten Anhangs XXVII des Assoziierungsabkommens in den EU-Energiemarkt zu integrieren; begrüßt die Unterzeichnung des von der EU ermöglichten langfristigen Vertrags über den Gastransit; erklärt sich besorgt über den Bau der Erdgasfernleitung Nord Stream 2 und weist erneut auf die langfristigen grundlegenden politischen und wirtschaftlichen Risiken sowie auf die sicherheitspolitischen Risiken dieser Erdgasfernleitung hin; stellt fest, dass sich mit dieser Erdgasfernleitung die Abhängigkeit der EU von russischen Erdgaslieferungen verstärkt, dass sie eine Gefahr für den EU-Binnenmarkt darstellt, weder mit der Energiepolitik der EU noch ihren strategischen Interessen im Einklang steht und möglicherweise negative Folgen für die vom Krieg betroffene Ukraine nach sich zieht; fordert daher im Einklang mit seinen früheren Standpunkten alle Interessenträger und insbesondere die Interessenträger in den Mitgliedstaaten und in Europa auf, auf die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen zurückzugreifen, um das Projekt einzustellen;
114. fordert die Kommission auf, im Hinblick auf die weitere Integration der Energiemärkte zu überprüfen, ob die Ukraine den Besitzstand der Europäischen Union im Energiebereich einhält; unterstützt uneingeschränkt die Integration der Ukraine in das europäische kontinentale Stromnetz (ENTSO (Strom)); fordert die Ukraine nachdrücklich auf, die Koordinierung der politischen Strategien und Maßnahmen der internationalen Institutionen (z. B. Kommission, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Europäische Investitionsbank, Weltbank, KfW, ENTSO (Strom) und Energiegemeinschaft) und der ukrainischen Institutionen, die die ukrainische Energiewirtschaft unterstützen, zu verbessern;
115. verurteilt die Erdgasförderung Russlands aus dem ukrainischen Schelf in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Ukraine und stellt fest, dass die EU die Beschlagnahme der Erdgasfelder im Asowschen Meer und im Schwarzen Meer durch die Russische Föderation nicht anerkennt und rechtliche Schritte der staatlichen Stellen der Ukraine zur Beendigung dieser illegalen Förderung unterstützten sollte;
116. bedauert, dass der neue Stromgroßhandelsmarkt, der in der Ukraine im Juli 2019 in Betrieb genommen wurde, nach EU-Maßstäben immer noch nicht wettbewerbsfähig ist; fordert die Ukraine daher nachdrücklich auf, ihre Reformen zu vollenden und die Einhaltung des EU-Rechts zu verbessern, in erster Linie durch die Stärkung der Unabhängigkeit von Ukrenergo und die Verhinderung von Quersubventionen; fordert die Ukraine auf, ihre bestehenden Kraftwerke so umzurüsten, dass sie den strengen europäischen Umwelt- und Sicherheitsnormen entsprechen;
117. begrüßt den Standpunkt der Regierung der Ukraine, der im Rahmen der Energiegemeinschaft eingegangenen Verpflichtung zur Einhaltung des geltenden EU-Rechts, auch in der Umwelt- und Sicherheitspolitik, nachzukommen und somit die Einfuhr von Strom aus Kraftwerken in den Nachbarländern, die gebaut werden und dabei den Anforderungen internationaler Übereinkommen und den höchsten internationalen Umweltschutz- und Sicherheitsnormen nicht entsprechen, nicht zuzulassen;
118. bedauert, dass die Ukraine im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen ihren Verpflichtungen gegenüber den Investoren noch nicht nachkommt und dass durch die Verzögerungen bei den Zahlungen an Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen die weitere Entwicklung sauberer Energiequellen in der Ukraine gefährdet wird;
119. fordert die staatlichen Stellen der Ukraine nachdrücklich auf, die Modernisierung der Kernkraftwerke dringend abzuschließen und die Verzögerungen bei diesen Verfahren zu untersuchen, insbesondere hinsichtlich der Nachrüstung des Kernkraftwerks Saporischschja;
120. erachtet es als sehr wichtig, die Zusammenarbeit im Bereich Infrastruktur in der Region zu intensivieren, die Energieversorgung, die Energieeffizienz und die erneuerbaren Energiequellen in der Ukraine weiter zu diversifizieren und die ukrainische Energiewirtschaft unter Wahrung der ökologischen Nachhaltigkeit zu vernetzen; stellt fest, dass durch die Unterstützung und Förderung des intraregionalen Handels zwischen den Ländern der Östlichen Partnerschaft auch neue wirtschaftliche Chancen, unter anderem für KMU, geschaffen werden;
121. begrüßt, dass die Regierung der Ukraine im Februar 2019 die Strategie für die staatliche Umweltpolitik bis 2030 und den nationalen Abfallbewirtschaftungsplan, die Gesetze zur Umweltverträglichkeitsprüfung und zur strategischen Umweltprüfung und die Gesetze im Bereich der Klimapolitik angenommen hat; fordert die Ukraine nachdrücklich auf, ihr Engagement im Kampf gegen den Klimawandel, bei ihrer Umsetzung der Klimaschutzpolitik und der Einbeziehung des Klimawandels in alle Bereiche der Politikgestaltung weiter zu stärken und ihre Anstrengungen im Rahmen der nationalen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Übereinkommen von Paris aus dem Jahr 2015 zu intensivieren;
122. fordert die Ukraine eindringlich auf, illegalen Holzeinschlag gemäß den Standards für nachhaltige Forstwirtschaft und Umweltschutz wirksam zu bekämpfen und Maßnahmen zu ergreifen, mit denen der Umweltschädigung ein Ende gesetzt wird, die durch die illegale und nicht nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen verursacht wird, etwa durch den illegalen Holzeinschlag in den Urwäldern der Karpaten, da dieser die Hauptursache für die Überschwemmungen in der Region ist; fordert die EU auf, einen Beitrag zur Verhinderung des illegalen Holzeinschlags im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Projekt des Wintersportgebiets in der Swydiwez sowie zur Unterbindung der Anwendung illegaler und umweltschädlicher Methoden der Bernsteingewinnung zu leisten; legt der Ukraine nahe, in eine umweltfreundliche und ökologisch unbedenkliche und nachhaltige touristische Infrastruktur zu investieren, und fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, zu verhindern, dass die Umwelt durch künftige Projekte geschädigt wird, indem die staatlichen Stellen die genaue Untersuchung, Transparenz und Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und Sorgfaltspflichten verbessern; fordert die Ukraine nachdrücklich auf, einen offenen und unkomplizierten Zugang zu Umweltinformationen zu gewähren, Schutzgebiete zu erweitern und die Umsetzung des Nationalen Plans zur Emissionsverringerung für die wichtigsten aus Großfeuerungsanlagen freigesetzten Schadstoffe voranzutreiben; legt der Ukraine nahe, eine Gesetzgebung zum Ausbau eines nachhaltigen Verkehrs zu verabschieden; fordert die Ukraine eindringlich auf, hochgefährliche landwirtschaftliche Chemikalien auf unbedenkliche und umweltbewusste Weise zu reinigen und zu entsorgen, insbesondere die veralteten Pestizide in der Oblast Cherson und in anderen Oblasten der Ukraine;
123. ist zutiefst besorgt über die Umweltauswirkungen des Konflikts in der Ostukraine, darunter über die Gefahren, die von der Überflutung miteinander verbundener Minen ausgehen; fordert eine eingehende Bewertung der Umweltauswirkungen des Konflikts, die anhand eines Reaktionsplans zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der Ökosysteme weiterverfolgt werden sollte; regt an, ein Minenräumprogramm für das Donezbecken aufzulegen, an dem die staatlichen Stellen der Ukraine und die internationale Gemeinschaft beteiligt sind;
124. ist überdies zutiefst besorgt über die etwa 1 200 radioaktiven Quellen im Donezbecken und in der Umgebung, die für medizinische, industrielle oder wissenschaftliche Zwecke genutzt werden und schwerwiegende Risiken für Gesundheit, Sicherheit und Umwelt darstellen; fordert die OSZE, die trilaterale Kontaktgruppe und die vier am Normandie-Format beteiligten Länder auf, der starken Zunahme radioaktiver Tätigkeiten und dem Schmuggel radioaktiver Stoffe im Einklang mit dem System der Nichtverbreitung von Kernwaffen entgegenzuwirken; fordert alle Parteien nachdrücklich auf, mit den entsprechenden Interessenträgern zusammenzuarbeiten, um nicht mehr genutzte radioaktive Quellen mit hoher Strahlungsaktivität sicher aus dem Donezbecken zu verbringen;
125. begrüßt den Ehrgeiz der Ukraine, einen Beitrag zu den Zielen des europäischen Grünen Deals zu leisten, und fordert die Kommission auf, die Bemühungen der Ukraine angemessen zu unterstützen, unter anderem durch die Einrichtung eines relevanten strukturierten Dialogs, einen Fahrplan und einen Austausch von Informationen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass das vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen nicht im Widerspruch zu den im Grünen Deal festgelegten Umweltzielen und -initiativen steht;
126. begrüßt das mit 10 Mio. EUR ausgestattete EU-Programm „Klimaschutzpaket für eine nachhaltige Wirtschaft“, in dessen Rahmen der Ukraine bei der Entwicklung eines ganzheitlichen Ansatzes zur Umstrukturierung ihrer wichtigsten Wirtschaftszweige hin zu einer CO2-armen Wirtschaft Unterstützung angeboten wird;
Kontakte zwischen den Menschen und Grenzschutz
127. würdigt die Bedeutung grenzüberschreitender Mobilität für die Stärkung der Kontakte zwischen den Menschen und begrüßt, dass die Regelung für visumfreies Reisen für die Bürger der Ukraine unverändert erfolgreich umgesetzt wird, die es ukrainischen Bürgerinnen und Bürgern seit Juni 2017 ermöglicht hat, über 40 Millionen Reisen in EU-Länder zu unternehmen; erachtet es als wichtig, die Vorgaben für die Visaliberalisierung auch künftig einzuhalten und die damit verbundenen Reformanstrengungen zu beschleunigen; vertritt die Ansicht, dass die Regelung für visumfreies Reisen zu vermehrten Reisen von der Ukraine in die EU und somit zu einem besseren Verständnis zwischen den jeweiligen Gesellschaften geführt hat, was die beste Grundlage für eine weitere Annäherung ist; hebt hervor, dass dieser Ansatz weitergeführt und mit der Zeit ausgeweitet werden muss;
128. bekräftigt, dass die Integration der Ukraine in EU-Rahmenprogramme wie Erasmus+, Horizont Europa und Kreatives Europa wichtig ist und die entsprechende Zusammenarbeit im Rahmen der laufenden und künftigen Programme intensiviert werden muss; ist der Ansicht, dass die Beteiligung ukrainischer Studierender und Lehrkräfte an Universitäten und Schulen an den Erasmus+-Programmen erkennbar ausgeweitet werden sollte;
129. stellt fest, dass die zunehmende Anzahl der Besuche ukrainischer Bürgerinnen und Bürger in den Ländern des Schengen-Raums für die überlasteten Grenzübergangsstellen zwischen der EU und der Ukraine eine Herausforderung ist und dass weder deren Infrastruktur noch deren Kapazität ausreicht, um den Menschen, die die Grenze überqueren, angemessene und menschenwürdige Bedingungen zu bieten; stellt fest, dass die langen Wartezeiten beim Grenzübertritt eines der dringlichsten Probleme an der Grenze zwischen der EU und der Ukraine sind, insbesondere an den Grenzen des Landes zu Ungarn und zu Polen; legt der Kommission nahe, einen Dialog aufzunehmen, damit die Grenzübertrittsverfahren schnell und frei von Korruption sind, unter anderem durch Investitionen, Schulung des Personals und einen wirksamen Mechanismus für Beschwerden bei Grenzübertritten; fordert die EU auf, die Einrichtung neuer Grenzübergangsstellen und die Erweiterung bestehender Grenzübergangsstellen an der Grenze zwischen der EU und der Ukraine durch eine strenge Überwachung der Finanzierung zu unterstützen, damit frühere Verstöße nicht mehr vorkommen;
130. unterstützt die verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine, insbesondere in den Bereichen Grenzmanagement, nationale Asyl- und Identitätsmanagementsysteme auf biometrischer Grundlage, Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Bekämpfung der organisierten Kriminalität und schwerer internationaler Straftaten sowie die vertiefte Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex);
131. stellt fest, dass bei der Angleichung der ukrainischen Zoll- und Grenzverfahren an die Verfahren der Union sowie bei den laufenden institutionellen Reformen der Steuer- und Zollverwaltungen weitere Fortschritte erzielt wurden; begrüßt, dass im Herbst 2019 das Gesetz über die einheitliche Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Zolldienst, das Gesetz über zugelassene Wirtschaftsbeteiligte und das Gesetzt über die Einführung des nationalen EDV-gestützten Versandverfahrens erlassen wurden; begrüßt zudem, dass im Juli 2019 eine Strategie für ein integriertes Grenzmanagement bis 2025 und der daran anschließende Aktionsplan 2020–2022 angenommen wurden; bedauert jedoch, dass das von der EU finanzierte Projekt zur Modernisierung von sechs Kontrollstellen an der Grenze zur Union ins Stocken geraten ist, und beklagt die nach wie vor sehr langen Wartezeiten an diesen Grenzübergangsstellen; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine darüber hinaus nachdrücklich auf, alle ausstehenden Maßnahmen zu beschließen und alle ausstehenden Rechtsvorschriften zu verabschieden, die erforderlich sind, damit die zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten und die nationalen EDV-gestützten Versandverfahren voll einsatzfähig werden, und sicherzustellen, dass die neue Leitung des staatlichen Zolldienstes im Zuge eines transparenten und ergebnisoffenen öffentliches Auswahlverfahrens unter den kompetenten Bewerbern rasch ernannt wird; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine mit Nachdruck auf, den Schmuggel sämtlicher Waren als wesentliches Element des integrierten Grenzmanagements unter Strafe zu stellen;
132. fordert die EU sowie die staatlichen Stellen der Ukraine und der Republik Moldau auf, das Verfahren zu beschleunigen, mit dem darauf abgezielt wird, den illegalen Handel zu unterbinden und die Schmuggelrouten in Transnistrien zu sperren, das derzeit ein Zufluchtsort für Schmuggler ist, was von Kriminellen und Oligarchen ausgenutzt wird, dazu dient, den russischen Einfluss zu stärken, und wesentlich dazu beiträgt, dass der Konflikt fortdauert;
Institutionelle Bestimmungen
133. begrüßt die Ergebnisse des Gipfeltreffens vom 6. Oktober 2020 zwischen der EU und der Ukraine, des ersten bilateralen Gipfeltreffens seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie, bei dem die Teilnehmer wieder persönlich in Brüssel zusammenkamen, sowie die unmissverständlichen Erklärungen beider Seiten, sich auch künftig dafür einsetzen zu wollen, die politische Assoziierung der Ukraine mit der Europäischen Union und die wirtschaftliche Integration des Landes in die Europäische Union zu stärken;
134. ist erfreut über die Ergebnisse der laufenden Sitzungen und Aktivitäten im Rahmen der Jean-Monnet-Dialoge für Frieden und Demokratie, die das Europäische Parlament mit der Werchowna Rada der Ukraine führt, und unterstützt deren Fortsetzung uneingeschränkt; ist davon überzeugt, dass durch eine Vertiefung der parlamentarischen Kultur des Dialogs für eine starke, unabhängige, transparente und effiziente Werchowna Rada der Ukraine gesorgt wird, die für die demokratische und europäische Zukunft des Landes von wesentlicher Bedeutung ist und den Bestrebungen der ukrainischen Bürgerinnen und Bürger entspricht;
135. legt in diesem Zusammenhang der Werchowna Rada nahe, ihre institutionelle Reform aktiv fortzusetzen, die unter anderem die Erhöhung der gesetzgeberischen Leistungsfähigkeit und Qualität, die politische Kontrolle über die Exekutive sowie die Transparenz und Rechenschaftspflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zum Ziel hat, um die Annahme von Gesetzentwürfen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Assoziierungsabkommens zu straffen und zu priorisieren und um institutionelle Schutzvorkehrungen – beispielsweise durch eine stärkere Rolle des Ausschusses für die europäische Integration, dessen Stellungnahmen verbindlich sein sollten – zu treffen, damit Gesetzesvorhaben blockiert werden können, die den im Rahmen des Assoziierungsabkommens eingegangenen Verpflichtungen zuwiderlaufen; betont, dass das fortgesetzte Engagement des Europäischen Parlaments gegenüber der Werchowna Rada wichtig ist, um diese Reformen zu unterstützen; erachtet es als wichtig, die interparlamentarische Zusammenarbeit und die Kontakte zwischen den Menschen vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie so gut wie möglich fortzusetzen;
136. hält es für bedeutsam, die Beratende Mission der Europäischen Union (EUAM) in der Ukraine und ihre Rolle bei der Reform der Gestaltung der zivilen Sicherheit auch künftig zu unterstützen; begrüßt, dass sie in Mariupol ein Büro eröffnet hat, und hofft auf greifbare Ergebnisse unter Wahrung des Mandats der Mission; fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren, wenn es darum geht, die Kapazitäten der staatlichen Stellen der Ukraine, die an der Umsetzung des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens beteiligt sind, zu stärken; fordert die Kommission auf, Instrumente auszuarbeiten, die erforderlich sind, um die Ukraine bei der laufenden Angleichung ihrer Rechtsvorschriften an den Besitzstand der Union zu unterstützen, wie es in den einschlägigen Beschlüssen des 22. Gipfeltreffens zwischen der Ukraine und der EU vorgesehen ist;
137. bekräftigt seine Forderung nach der Gründung einer Universität der Östlichen Partnerschaft in der Ukraine; fordert die Organe der Union auf, die Fortbildungsprogramme für ukrainische Angehörige von Rechtsberufen, die sich auf Unionsrecht spezialisieren wollen, zu verstärken und auszuweiten und die Möglichkeiten der Ukraine zur Teilnahme an Horizont Europa zu verbessern, da so die Kontakte zwischen den Menschen und die akademische und bildungspolitische Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine vorangebracht werden können;
138. begrüßt, dass die EU den Aufbau institutioneller Kapazitäten und die Schulungen ukrainischer Beamter, die vom Europakolleg in Natolin durchgeführt werden, unterstützt;
139. fordert alle Organe der Union, die Mitgliedstaaten und die staatlichen Stellen der Ukraine auf, Kampagnen auszuarbeiten, in deren Rahmen die Bürger besser über die Chancen informiert werden, die sich aus der Östlichen Partnerschaft und der Umsetzung des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens ergeben, und für die Vorteile einer engeren Assoziierung sensibilisiert und ein Zusammenhang mit den positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt der Ukraine und der anderen assoziierten Länder hergestellt wird; legt den staatlichen Stellen der Ukraine nahe, ihren Bürgerinnen und Bürgern die Vorteile des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens sowie der EU-Unterstützung besser zu vermitteln und mehr Anstrengungen zu unternehmen, damit die Möglichkeiten im Rahmen des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens sowie der Unterstützung und der Programme der EU die lokale Ebene, auch die entlegenen Teile des Landes und insbesondere die ländlichen Gebiete, erreichen, damit die Bevölkerung in die Lage versetzt wird, positive Veränderungen in ihren Gemeinden herbeizuführen;
140. lobt die ukrainische Zivilgesellschaft, junge Menschen und nichtstaatliche Organisationen für ihre Tätigkeiten in allen Bereichen des öffentlichen und politischen Lebens und insbesondere für ihre Unterstützung bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens einschließlich des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens, für die Bewältigung der Herausforderungen der COVID-19-Pandemie, für die Bekämpfung von Desinformationskampagnen, für die Bereitstellung von Unterstützung und Hilfe zugunsten von Binnenvertriebenen und weiteren gefährdeten Bevölkerungsgruppen sowie für die Stärkung der gesellschaftlichen Resilienz und der Medienkompetenz in der ukrainischen Bevölkerung; fordert die ukrainische Zentralregierung und die lokalen Gebietskörperschaften auf, auch künftig eng mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, auch indem die finanzielle Unterstützung für ihre Tätigkeiten ausgeweitet wird; fordert die Kommission auf, der Unterstützung dieser nichtstaatlichen Organisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen Vorrang einzuräumen; begrüßt in diesem Zusammenhang das Programm „Fazilität zur Förderung der Zivilgesellschaft im Rahmen der Nachbarschaftspolitik“, das eine Mittelausstattung von 20 Mio. EUR aufweist und mit dem dazu beigetragen wird, die Fähigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen zu stärken, sich an der Entscheidungsfindung und am öffentlichen Leben zu beteiligen; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine angesichts mehrerer Gesetzentwürfe zur Funktionsweise und Tätigkeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen und sonstigen Vereinigungen mit Nachdruck auf, keine Gesetze zu erlassen, die mit den innerstaatlichen und internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des Landes nicht im Einklang stehen, und das Funktionieren der Zivilgesellschaft ohne unzulässige Einflussnahme sicherzustellen;
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141. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln.
Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz
194k
68k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz (2020/2818(RSP))
– gestützt auf Artikel 165 und 166 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 14 und 15,
– unter Hinweis auf die vom Europäischen Rat, vom Europäischen Parlament und von der Kommission im November 2017 proklamierte europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere deren Grundsätze 1 „allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen“ und 4 „aktive Unterstützung für Beschäftigung“,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den bezahlten Bildungsurlaub von 1974,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“ (COM(2020)0274) und die begleitenden Arbeitsdokumente der Kommissionsdienststellen (SWD(2020)0121) und (SWD(2020)0122),
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz (COM(2020)0275),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Achieving the European Education Area by 2025“ (Verwirklichung eines europäischen Bildungsraums bis 2025) (COM(2020)0625) und das begleitende Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (SWD(2020)0212),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027 – Neuaufstellung des Bildungswesens für das digitale Zeitalter“ (COM(2020)0624) und das begleitende Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (SWD(2020)0209),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission mit dem Titel „Digital Economy and Society Index (DESI) 2020 Human capital“ (Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) – Humankapital 2020)(1),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Eine neue Industriestrategie für Europa“ (COM(2020)0102), in der es heißt, dass „der zweifache ökologische und digitale Wandel alle Teile unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft und unserer Industrie betreffen wird“, „die Anwerbung und die Erhaltung von Fachkräften für eine wettbewerbsfähige Industrie von grundlegender Bedeutung sind“ und in der prognostiziert wird, dass „allein in den kommenden fünf Jahren 120 Millionen Menschen in Europa ihre Kompetenzen erweitern oder eine Umschulung durchlaufen müssen“,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europäischer Grüner Deal“ (COM(2019)0640), in der es heißt, dass „eine proaktive Umschulung und Weiterqualifizierung notwendig sind, um die Vorteile des ökologischen Wandels zu nutzen“, sodass alle in der Mitteilung genannten Veränderungen verwirklicht werden können,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2020 zur Umschulung und Weiterbildung als Grundlage für mehr Nachhaltigkeit und eine bessere Beschäftigungsfähigkeit im Kontext der Förderung der wirtschaftlichen Erholung und des sozialen Zusammenhalts,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Juni 2020 zur Bewältigung der COVID-19-Krise im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung,
– unter Hinweis auf die Entschließung des Rates vom 8. November 2019 zur Weiterentwicklung des europäischen Bildungsraums zur Unterstützung zukunftsorientierter Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung(2),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 3. März 2017 zur Verbesserung der Kompetenzen von Frauen und Männern auf dem EU-Arbeitsmarkt(3),
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 19. Dezember 2016 für Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene(4),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Dezember 2017 zu einer erneuerten EU-Agenda für die Hochschulbildung(5),
– unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2018/646 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. April 2018 über einen gemeinsamen Rahmen für die Bereitstellung besserer Dienste für Fertigkeiten und Qualifikationen (Europass) und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2241/2004/EG(6),
– unter Hinweis auf den strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET2020),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 5. Mai 2020 zu dem Thema „Nachhaltige Finanzierung des lebenslangen Lernens und der Kompetenzentwicklung vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels“ (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des kroatischen Ratsvorsitzes),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 15. März 2018 zu dem Thema „Zukunft der Arbeit – Aneignung der für die künftige Arbeitswelt notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen“ (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des bulgarischen Ratsvorsitzes)(7),
– unter Hinweis auf die Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen(8),
– unter Hinweis auf die Untersuchungen von Eurofound über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Nutzung und Entwicklung von Kompetenzen(9),
– unter Hinweis auf die Cedefop-Studie mit dem Titel „Empowering adults through upskilling and reskilling pathways“ (Befähigung von Erwachsenen durch Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten), Bände 1 und 2,
– unter Hinweis auf den Cedefop-Bericht mit dem Titel „Skills forecast trends and challenges to 2030“ (Prognose zum Qualifikationsbedarf und Herausforderungen für 2030)(10),
– unter Hinweis auf das Cedefop-Kompetenzpanorama(11) und den EU-Qualifikationsindex(12),
– unter Hinweis auf die Studie des Lenkungsgruppe zur Zukunft von Wissenschaft und Technologie (STOA) mit dem Titel „Rethinking education in the digital age“ (Neue Denkansätze für die Bildung im digitalen Zeitalter)(13),
– unter Hinweis auf die Datenbank der OECD „Skills for jobs“ (Kompetenzen für Beschäftigung)(14),
– unter Hinweis auf die OECD-Studie mit dem Titel „Getting Skills Right. Increasing Adult Learning Participation. Learning from successful reforms“ (Höhere Teilnahme an der Erwachsenenbildung: Von erfolgreichen Reformen lernen, die richtigen Kompetenzen erwerben)(15),
– unter Hinweis auf das Kurzdossier der OECD vom 10. Juli 2020 mit dem Titel „Skill measures to mobilise the workforce during the COVID-19 crisis“ (Maßnahmen im Bereich Kompetenzen zur Mobilisierung der Arbeitskräfte während der COVID-19-Krise)(16),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2020 zu der Zukunft der Bildung in Europa vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie(17),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 zu der Jugendgarantie(18),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juni 2018 zur Modernisierung des Bildungswesens in der EU(19),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. September 2017 zu einer neuen europäischen Agenda für Kompetenzen(20),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2016 zu bildungs- und ausbildungspolitischen Maßnahmen zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit(21),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. September 2015 zu dem Thema „Schaffung eines von Wettbewerb gekennzeichneten Arbeitsmarkts der EU für das 21. Jahrhundert: Abstimmung von Kompetenzen und Qualifikationen auf die Nachfrage und auf Beschäftigungsmöglichkeiten als Weg aus der Krise“(22),
– unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Europäischen Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz (O-000006/2021 – B9-0004/2021),
– gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,
A. in der Erwägung, dass der grüne und der digitale Wandel sowie die demografischen Entwicklungen und die Globalisierung die Natur der Arbeit, den Arbeitsinhalt und die dafür erforderlichen Kompetenzen und Qualifikationen verändern; in der Erwägung, dass die Weiterqualifizierung und Umschulung von entscheidender Bedeutung sein werden, um die Herausforderungen und Chancen zu bewältigen, die sich aus den sich beschleunigenden Makrotrends ergeben, und dass sie der Schlüssel zur Beseitigung des zunehmenden Qualifikationsdefizits auf dem Arbeitsmarkt der EU sein werden;
B. in der Erwägung, dass die „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“ uneingeschränkt mit der europäischen Säule sozialer Rechte im Einklang steht, insbesondere mit ihrem ersten Grundsatz, wonach „jede Person das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form hat, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen“;
C. in der Erwägung, dass Bildung im digitalen Zeitalter die digitale formale Bildung sowie die informelle und nicht formelle Bildung in technischen, persönlichen und staatsbürgerlichen Kompetenzen während des gesamten Lebens der europäischen Bürgerinnen und Bürger umfasst;
D. in der Erwägung, dass es für die formellen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung immer schwieriger wird, auf alle individuellen und sozialen Bedürfnisse und Anforderungen einer sich ständig verändernden Welt zu reagieren;
E. in der Erwägung, dass die COVID-19-Krise die Arbeitswelt verändert, die Redundanz und Obsoleszenz vieler Arbeitsplätze beschleunigt, die Bedeutung digitaler Fähigkeiten und Kompetenz veranschaulicht, die digitale Kluft vergrößert und die Notwendigkeit verstärkt hat, die Kompetenzen der Arbeitskräfte in Europa auf den neuesten Stand zu bringen, insbesondere was den drastisch gestiegenen Bedarf an digitalen und technologischen Fähigkeiten sowie persönliche Kompetenzen wie Resilienz und Anpassungsfähigkeit betrifft; in der Erwägung, dass diese Notwendigkeit mit dem zunehmenden Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), die die Arbeitsmuster vollständig verändern und bestimmte Tätigkeiten ersetzen könnte, noch dringlicher wird; in der Erwägung, dass die Pandemie die allgemeine und berufliche Bildung unterbrochen hat, was insbesondere die Lernenden in der beruflichen Aus- und Weiterbildung betrifft, und zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, insbesondere bei jungen Menschen, die Schwierigkeiten beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf haben, geführt hat; in der Erwägung, dass die obligatorischen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen während der COVID-19-Krise den Arbeitnehmern die Möglichkeit eröffnet haben, ihre Kompetenzen auf den neuesten Stand zu bringen;
F. in der Erwägung, dass Kernkompetenzen in der Wissensgesellschaft und in einem Kontext des lebenslangen Lernens von entscheidender Bedeutung sind, da sie mehr Flexibilität bei der Anpassung an sich verändernde Gesellschaften und Arbeitsmärkte gewährleisten;
G. in der Erwägung, dass nach wie vor zahlreiche Ungleichheiten beim Zugang zu Bildung und Kompetenzen für schutzbedürftige Gruppen in der Gesellschaft sowie zwischen den Geschlechtern bestehen, wobei Bürger unterschiedlicher ethnischer Abstammung, Menschen mit Behinderungen oder Frauen seltener die Möglichkeit haben, sich neue Fähigkeiten anzueignen;
H. in der Erwägung, dass jeder Einzelne mit den auf dem Arbeitsmarkt erforderlichen Kompetenzen und der Fähigkeit, sich ein Leben lang rasch an Veränderungen bei den Qualifikationsanforderungen anzupassen, ausgerüstet werden muss; in der Erwägung, dass 37 % bis 69 % der Aufgaben in der EU in vielen Branchen automatisiert werden könnten, was eine wesentliche Veränderung der Leistung zur Folge hätte(23); in der Erwägung, dass laut Untersuchungen von Eurofound 28 % der Arbeitnehmer angeben, dass sie über die Fähigkeiten verfügen, anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen;
I. in der Erwägung, dass die berufliche Weiterbildung und Umschulung nicht nur eine individuelle, sondern auch eine soziale Verantwortung darstellen, da geringe Grundkompetenzen und eine geringe Beteiligung von Erwachsenen an Ausbildungsmaßnahmen ihre Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verringern, soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten erzeugen und zu einem hohen Maß an Armut beitragen;
J. in der Erwägung, dass das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage und der Fachkräftemangel große Herausforderungen für den Arbeitsmarkt und die Bildungssysteme der EU darstellen; in der Erwägung, dass in der Erwerbsbevölkerung ein erheblicher Mangel an digitalen Kompetenzen besteht und dass es 42 % der Unionsbürger an grundlegenden digitalen Kompetenzen fehlt(24); in der Erwägung, dass erhebliche Investitionen erforderlich sind, um den Mangel an digitalen Kompetenzen zu beheben;
K. in der Erwägung, dass die heutige Generation junger Menschen hoch qualifiziert ist; in der Erwägung, dass Qualifizierung, Umschulung, Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen nicht die einzige Lösung sind, wenn es gilt, gegen den Mangel an Arbeitsplätzen für junge Menschen vorzugehen; in der Erwägung, dass zusätzliche Beschäftigungsmaßnahmen erforderlich sind, um die Schaffung hochwertiger und nachhaltiger Arbeitsplätze sicherzustellen; in der Erwägung, dass sich die Beschäftigungslandschaft rasch weiterentwickelt und Schätzungen zufolge 65 % der Kinder, die heute in die Grundschule kommen, letztendlich völlig neue Berufe ausüben werden, die es noch gar nicht gibt(25); in der Erwägung, dass im Jahr 2019 bereits 85 % der Bürger das Internet nutzten und nur 58 % zumindest über grundlegende digitale Kompetenzen verfügten(26);
L. in der Erwägung, dass das Ziel des europäischen Grünen Deals, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, und das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 um 60 % zu senken, einen Übergang zu einer klimaneutralen und energieeffizienten Kreislaufwirtschaft bedeuten werden; in der Erwägung, dass sich dies grundlegend auf alle Wirtschaftszweige auswirken wird und die Umschulung der Arbeitskräfte und die Konzentration auf ökologische Kompetenzen auf allen Bildungswegen von entscheidender Bedeutung sein werden, um einen gerechten Übergang zu erreichen, bei dem niemand zurückgelassen wird;
M. in der Erwägung, dass kritisches Denken neben den technologischen und digitalen Kompetenzen zu den Kernkompetenzen gehört, die Menschen im digitalen Zeitalter benötigen; in der Erwägung, dass es zwingend erforderlich ist, das kritische Denken aller Bürgerinnen und Bürger zu stärken, damit sie das volle Potenzial der digitalen Werkzeuge nutzen und sich vor ihren Gefahren schützen können;
N. in der Erwägung, dass moderne, innovative und integrative Bildungssysteme, bei denen digitale Technologien im Mittelpunkt stehen, gut geeignet sind, um neue Generationen von Fachkräften auf künftige Herausforderungen und Chancen vorzubereiten;
O. in der Erwägung, dass der gleichberechtigte Zugang zu hochwertigen und integrativen Qualifizierungs-, Weiterqualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen sowie zu Informationen über Kompetenzen, zu Beratung, Bildung und Berufsbildung für alle Menschen, auch für schutzbedürftige Gruppen, ältere Menschen und Menschen in benachteiligten städtischen Gebieten oder in dünn besiedelten und entvölkerten ländlichen und abgelegenen Gebieten und auf Inseln, für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz von wesentlicher Bedeutung ist; in der Erwägung, dass Untersuchungen von Eurofound zeigen, dass die Ungleichheit beim Zugang der Arbeitnehmer zu Weiterbildung zugenommen hat(27);
P. in der Erwägung, dass sich in einigen EU-Ländern die Zeit, die Kinder für schulische Aktivitäten aufgewendet haben, während der COVID-19-Krise halbiert hat; in der Erwägung, dass die Schließung allgemeiner und beruflicher Bildungseinrichtungen, auch wenn sie nur vorübergehend ist, erhebliche Folgen für die Lernenden haben, sich negativ auf die Lernergebnisse auswirken und die bestehenden Ungleichheiten verstärken kann;
Q. in der Erwägung, dass die Erwachsenenbildung im Gegensatz zum System der Schulpflicht eine freiwillige Verpflichtung ist, die aus persönlicher oder beruflicher Motivation eingegangen wird und eine größere Herausforderung für die Anbieter allgemeiner und beruflicher Bildung darstellt;
R. in der Erwägung, dass es für Menschen, die über Kompetenzen auf dem neuesten Stand verfügen, leichter ist, auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt zu bleiben und sozial integriert zu sein, was auch für die psychische Gesundheit und das Leben von Millionen unserer Bürgerinnen und Bürger von grundlegender Bedeutung ist;
S. in der Erwägung, dass es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede hinsichtlich der Kompetenzen gibt, aber geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Wahlmöglichkeiten und berufliche Entwicklung bestehen;
T. in der Erwägung, dass Strategien im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und Kompetenzen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen; in der Erwägung, dass die EU eine wichtige Rolle bei der Unterstützung, Koordinierung und Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen spielt; in der Erwägung, dass neue Herausforderungen die Inanspruchnahme europäischer Instrumente und die Unterstützung von Maßnahmen innerhalb des europäischen Bildungsraums erfordern; in der Erwägung, dass Programme der Union wie Erasmus+, die Europäische Jugendgarantie und das Europäische Solidaritätskorps eine wichtige Rolle bei der beruflichen Entwicklung junger Menschen spielen;
U. in der Erwägung, dass digitale Technologien gleichwohl als Instrumente für die Bereitstellung hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildungsangebote betrachtet werden sollten; in der Erwägung, dass in Zukunft ein erhöhter Bedarf an digitalen Kompetenzen (Codierung, Logistik und Robotik) bestehen wird, und zwar nicht nur für die Ausbildung im IT-Bereich, sondern für den gesamten Lehrplan;
V. in der Erwägung, dass Möglichkeiten der digital gestützten Schulung und Kompetenzentwicklung besser untersucht und erleichtert werden sollten, beispielsweise Online-Schulungen für schutzbedürftige Gruppen oder Mitarbeiter von KMU, die in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen regionalen Institutionen und Einrichtungen flexiblere Schulungsangebote benötigen;
W. in der Erwägung, dass die Beteiligungsquoten an der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern unter drei Jahren in Europa in der Hälfte der EU-Länder immer noch unter 33 % liegen(28);
X. in der Erwägung, dass Eurofound zufolge die Auswirkungen auf die Kompetenzen im Zusammenhang mit der Entwicklung digital unterstützter Geschäftsmodelle, wie der Arbeit auf Plattformen, besser untersucht und strategisch angegangen werden sollten, entweder durch die Beseitigung von Qualifikationsungleichgewichten und Dequalifizierung oder durch die Kompetenzentwicklung, beispielsweise von Querschnittskompetenzen und unternehmerischen Kompetenzen;
Y. in der Erwägung, dass im Jahr 2019 10,2 % der 18- bis 24-Jährigen in der EU höchstens eine Sekundarstufe I abgeschlossen hatten und sich nicht in einer weiterführenden Bildung oder Ausbildung befanden (vorzeitige Schulabgänger)(29);
Z. in der Erwägung, dass die wichtige Rolle, die das Lernen am Arbeitsplatz für die Nutzung und Entwicklung von Kompetenzen spielt, zwar seit langem anerkannt ist, die Europäische Unternehmenserhebung (ECS) 2019 aber zeigt, dass nur die wenigsten Unternehmen die Praxis am Arbeitsplatz kohärent verbinden, um die Nutzung von Kompetenzen zu optimieren und die Entwicklung von Kompetenzen zu fördern;
AA. in der Erwägung, dass im Jahr 2017 72 % der Lehrkräfte in Europa Frauen waren; in der Erwägung, dass 9 % der in der EU tätigen Lehrkräfte jünger als 30 Jahre waren, während 36 % 50 Jahre oder älter waren(30);
1. begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“, die Kompetenzen in den Mittelpunkt der politischen Agenda der EU rückt und sicherstellt, dass das im ersten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte verankerte Recht auf eine hochwertige und inklusive Aus- und Weiterbildung und lebenslanges Lernen für alle und in allen Bereichen und Wirtschaftszweigen in der gesamten Union verwirklicht wird;
2. begrüßt die in der Mitteilung dargelegten zwölf Leitaktionen sowie die quantitativen Ziele, die bis 2025 erreicht werden sollen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, schutzbedürftigen Gruppen, einschließlich Menschen mit Behinderungen, gering qualifizierten Erwachsenen, Minderheiten, einschließlich der Roma, sowie Menschen mit Migrationshintergrund einen breiten Zugang zu Qualifizierung und beruflicher Fortbildung zu ermöglichen; fordert die Kommission auf, zu untersuchen, wie dieses Recht umgesetzt werden kann, und einen Überwachungsmechanismus einzuführen, der die Mitgliedstaaten dazu anregt, nationale Aktionsprogramme einzurichten und regelmäßig nationale Berichte darüber vorzulegen, wie dieses Recht gewahrt wird;
3. betont, wie wichtig der Zugang zu Ausbildung und Umschulung für Arbeitnehmer in Wirtschaftszweigen und Branchen ist, in denen grundlegende Veränderungen mit Blick auf den ökologischen und den digitalen Wandel stattfinden müssen; hebt hervor, dass Qualifikationen und zertifizierte Kompetenzen den Arbeitnehmern einen Mehrwert bieten, der ihre Position auf dem Arbeitsmarkt verbessert und es ihnen ermöglicht, an Arbeitsmarktübergängen teilzunehmen; fordert, dass die öffentliche Qualifikationspolitik auf die Anerkennung, Zertifizierung und Validierung von Qualifikationen und Kompetenzen ausgerichtet ist;
4. hebt hervor, dass Kompetenzen und lebenslanges Lernen für nachhaltiges Wachstum, Produktivität, Investitionen und Innovation von entscheidender Bedeutung sind und daher Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere von KMU, darstellen; hebt hervor, dass die enge Zusammenarbeit und der Austausch bewährter Verfahren zwischen allen einschlägigen Akteuren, die an der Entwicklung von Kompetenzen beteiligt sind, darunter Sozialpartner und alle Regierungsebenen, wesentlich ist, um sicherzustellen, dass jeder die auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft insgesamt erforderlichen Kompetenzen erwerben kann; betont in diesem Zusammenhang, dass aktuelle Daten, Informationen und Prognosen zum Qualifikationsbedarf und der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, auch auf lokaler Ebene, erhoben werden müssen; unterstützt die Einführung des Kompetenzpakts, der darauf abzielt, die Maßnahmen der Unternehmen zur Weiterbildung und Umschulung der Arbeitskräfte in Europa zu verbessern; fordert lokale Kompetenzpakte, um Menschen aus den am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Branchen besser zu erreichen und ihnen zu helfen, sich neu zu qualifizieren, damit sie auf dem Arbeitsmarkt aktiv bleiben;
5. weist darauf hin, dass die Modernisierung der Systeme der beruflichen Aus- und Weiterbildung von entscheidender Bedeutung ist, um junge Menschen und Erwachsene auf den grünen und digitalen Wandel vorzubereiten und sicherzustellen, dass Arbeitnehmer der Kernaltersgruppe sowie ältere Arbeitnehmer die erforderlichen Kompetenzen erhalten und entwickeln, um die Beschäftigungsfähigkeit zu sichern und das Arbeitsleben zu verlängern; weist ferner darauf hin, dass diese Modernisierung für die Erholung von der COVID-19-Pandemie von entscheidender Bedeutung ist; begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz; unterstreicht, dass Programme der beruflichen Aus- und Weiterbildung zielgerichtet, zukunftsorientiert, zugänglich, durchlässig, auf EU-Ebene miteinander vernetzt und auf die Lernenden ausgerichtet sein, flexible individuelle Wege ermöglichen und Personen, die sich in beruflicher Aus- und Weiterbildung befinden, die Fähigkeiten vermitteln müssen, die sie benötigen, um aktive und demokratische Bürger zu werden und auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft erfolgreich zu sein; weist darauf hin, dass die Modernisierung der Programme der beruflichen Aus- und Weiterbildung mit einer Steigerung ihrer Attraktivität einhergehen muss, damit sich mehr junge Menschen dafür entscheiden; betont, wie wichtig bewährte Verfahren im Zusammenhang mit Systemen der dualen Ausbildung und der beruflichen Aus- und Weiterbildung sind, die zu strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt beitragen und zu einer höheren Beschäftigungsquote bei jungen Menschen führen könnten;
6. ist der Ansicht, dass die Lehrlingsausbildung in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle spielen kann, da sie junge Menschen auf stark nachgefragte Arbeitsplätze vorbereitet und so zu ihrer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt beitragen kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die EU-Mittel zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu nutzen und die Arbeitgeber zu ermutigen, bezahlte Praktikums- und Ausbildungsprogramme für Berufsschüler zu schaffen und Wettbewerbe und Branchenturniere für sie zu veranstalten; fordert die Unternehmen auf, die Weiterqualifizierung und Umschulung ihrer Arbeitskräfte sicherzustellen und das Angebot an Lehrstellen im Einklang mit dem Qualitätsrahmen für Praktika und dem Europäischen Rahmen für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung zu verbessern; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, bestehende europäische Instrumente wie den Qualitätsrahmen für Praktika und den Europäischen Rahmen für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung zu überprüfen und Qualitätskriterien für die Angebote einzuführen, einschließlich des Grundsatzes der angemessenen Entlohnung für Auszubildende und Praktikanten sowie des Zugangs zu sozialem Schutz, nachhaltiger Beschäftigung und sozialen Rechten; betont, dass diese Kriterien den Übergang von Praktikanten und Lehrlingen in stabile und hochwertige Beschäftigungsverhältnisse sicherstellen und für geschlechterbezogene Chancengleichheit für Menschen in allen Branchen sowie für Möglichkeiten sorgen würden, die langfristige Sicherheit, sozialen Schutz und gleiche und angemessene Arbeitsbedingungen bieten und nicht zur Schaffung prekärer Beschäftigungsverhältnisse beitragen;
7. weist darauf hin, dass berufliche Kompetenzen zu den treibenden Kräften der europäischen Wirtschaft gehören, und fordert eine Korrelation zwischen konventioneller Bildung und beruflicher Aus- und Weiterbildung, wobei die Entwicklung von Fertigkeiten in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, entweder als zentraler Schwerpunkt oder als Ergänzung der sowohl für Schüler und Studierende als auch für Erwachsene zur Verfügung stehenden Optionen, die verfügbaren Möglichkeiten für Arbeitssuchende verbessern kann, die berufliche Mobilität fördern und die Resilienz des Arbeitsmarktes in Krisensituationen verbessern würde;
8. rät der Kommission, Empfehlungen an die Mitgliedstaaten abzugeben, die die berufliche Aus- und Weiterbildung in eine Beziehung zur Kompetenzagenda setzen, wobei die nationalen Kompetenzen und das Subsidiaritätsprinzip zu berücksichtigen sind und der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Berufsberatung in der beruflichen Ausbildung und der Maximierung der Möglichkeiten liegen sollte, die europäischen Jugendlichen für ihre Kompetenzentwicklung zur Verfügung stehen; begrüßt in diesem Zusammenhang den Beitrag, den Cedefop und Eurofound zu diesem Thema geleistet haben;
9. betont, dass es von größter Bedeutung ist, Lehrkräfte und Ausbilder durch die Annahme eines wirksamen Maßnahmenpakets aktiv zu unterstützen, um sicherzustellen, dass sie für den digitalen und grünen Wandel von Schulen und Bildungseinrichtungen gut vorbereitet und qualifiziert sind; ist der Ansicht, dass die Bildungsgewerkschaft an der Festlegung der erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen beteiligt werden muss, die von Lehrkräften und Ausbildern im Rahmen der beruflichen Erstausbildung und kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung in Bezug auf den grünen und digitalen Wandel erworben werden müssen; ist der Ansicht, dass die Investitionen in die öffentliche Bildung deutlich aufgestockt werden müssen und dass der soziale Dialog mit den Gewerkschaften eine wichtige Säule sein muss, um für die Fachkräfte im Bildungs- und Ausbildungswesen angemessene Gehälter, Renten und faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten;
10. betont, dass das System zur Antizipation des Kompetenzbedarfs unter Einbeziehung der Sozialpartner verbessert werden muss, um neu auftretende Veränderungen hinsichtlich der Qualifikationserfordernisse besser erkennen zu können, bei Bedarf die allgemeine, branchen- und berufsspezifische Qualifikation zu gewährleisten und Qualifikationsengpässe sowie Ungleichgewichte bei den Qualifikationen zu minimieren; begrüßt in diesem Zusammenhang die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen, um die Erkenntnisse über Kompetenzen zu verbessern; betont, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Big-Data-Analysen bei der Erfassung von Daten über Kompetenzen im Rahmen der Ausarbeitung neuer Anforderungsprofile regelmäßig und systematisch überwacht werden muss, um Verzerrungen sowie direkte und indirekte Diskriminierung zu verhindern, und dass Korrekturmaßnahmen sichergestellt werden sollten; hebt hervor, dass die frühzeitige Stärkung der Berufsberatung und des gleichberechtigten Zugangs zu Informationen für Studierende und erwachsene Lernende ihnen dabei helfen kann, geeignete Bildungs- und Berufswege zu wählen, die zu Beschäftigungsmöglichkeiten führen, die ihren Interessen, Talenten und Kompetenzen entsprechen, und das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu verringern; betont, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsvermittlungs- und Sozialdiensten ist, um Menschen zu ermitteln und zu unterstützen, die kürzlich ihren Arbeitsplatz verloren haben oder von Arbeitsplatzverlust bedroht sind; hebt hervor, wie wichtig eine lebensbegleitende Beratung im Rahmen der europäischen Kompetenzagenda ist, und dass der Zugang zu hochwertiger Beratung verbessert werden muss;
11. begrüßt die Empfehlung an die Mitgliedstaaten, Frühwarnsysteme auszubauen, damit junge Menschen ermittelt werden können, die Gefahr laufen, in die Gruppe der NEET (junge Menschen, die weder arbeiten noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren) abzurutschen; ist davon überzeugt, dass gut durchgeführte Präventivmaßnahmen wie Kompetenzbewertungen und Berufsberatung, bei denen der Schwerpunkt darauf liegt, Schulabbrechern zu helfen, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden, bevor sie arbeitslos werden, und ein inklusives und diskriminierungsfreies allgemeines Bildungsangebot langfristig zu einer Verringerung der NEET führen könnten;
12. betont, dass die Rolle der Sozialpartner gestärkt werden muss, indem sichergestellt wird, dass die politischen Maßnahmen im Bereich Kompetenzen Tarifverträge über die Definition und Regulierung der Kompetenzen und die Weiterbildung fördern, indem die Sozialpartner zum Kompetenzbedarf und zur Aktualisierung der Lehrpläne für die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung konsultiert werden und indem die Ausbildung am Arbeitsplatz gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern gestaltet wird, um sie an die Bedürfnisse der Arbeitskräfte anzupassen;
13. fordert die Kommission auf, im Einklang mit den Zielen und der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte einen Indikator für Qualifikationsdefizite in das sozialpolitische Scoreboard einzufügen, der für politische Entscheidungsträger auf nationaler Ebene nützlich sein kann, um festzustellen, in welchen Bereichen weitere Anstrengungen erforderlich sind, und um eine bessere Koordinierung auf EU-Ebene zu erreichen, wobei die Entwicklungen und Fortschritte bei den Qualifikationsdefiziten verfolgt und Anreize für eine Aufwärtskonvergenz zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen werden sollten;
14. vertritt die Ansicht, dass die gegenseitige Anerkennung von Lernergebnissen, Diplomen, Berufsqualifikationen und Kompetenzen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Wohnsitzes erworben wurden, verbessert werden muss und dazu beitragen wird, den Fachkräftemangel und die Diskrepanz zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu beseitigen; ist der Auffassung, dass Erwachsene dadurch ferner in die Lage versetzt werden, vollwertige Qualifikationen zu erwerben, die Mobilität gefördert, ein stärker integrierter und widerstandsfähigerer Arbeitsmarkt in der EU geschaffen und die Wettbewerbsfähigkeit Europas gestärkt wird; betont, wie wichtig es ist, die Diskrepanz zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu bewältigen, indem die Mobilität der Lernenden und die grenzüberschreitende Anerkennung von Qualifikationen durch eine bessere Nutzung von Instrumenten wie dem Europäischen Qualifikationsrahmen, dem Europass-Lebenslauf, dem Europäischen Leistungspunktesystem für die Berufsbildung (ECVET), dem Kompetenzpanorama, der europäischen Klassifizierung für Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO) und dem Europäischen Netz der Arbeitsvermittlungen (EURES) erleichtert werden; begrüßt die Mitteilung der Kommission über die Verwirklichung des Europäischen Bildungsraums bis zum Jahr 2025;
15. betont, dass viele Bürgerinnen und Bürger außerhalb des formalen Bildungs- oder Ausbildungssystems wertvolle Kompetenzen erwerben und Erfahrungen sammeln, wie beispielsweise Pflegepersonen, die Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen betreuen; ist der Ansicht, dass diese informellen Kompetenzen anerkannt werden sollten, da sie dazu beitragen können, dass Pflegepersonen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten;
16. fordert die vollständige Umsetzung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, da der darin enthaltene gemeinsame Ausbildungsrahmen die Zahl der Fachkräfte erhöhen kann, die von dem automatischen System der Anerkennung profitieren, und dessen Korrelation mit der Entwicklung eines digitalen und gesamteuropäischen EU-Qualifikationspasses durch die Europäische Kommission unterstützt;
17. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um ausländische Studierende nach ihrem Abschluss an einer Universität der EU zu halten; betont, dass die Attraktivität der EU insgesamt gesteigert werden könnte, wenn Hochschulabsolventen Zugang zu Mobilität innerhalb der EU und ein Visum für Arbeitsuchende gewährt wird;
18. fordert, die Blockade des aktuellen Vorschlags einer Blauen Karte aufzuheben, um den europäischen Unternehmen die Kompetenzen zu vermitteln, die sie benötigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder zu werden;
19. stellt fest, dass die COVID-19-Pandemie verdeutlicht hat, wie wichtig sowohl grundlegende als auch fortgeschrittene digitale Kompetenzen und belastbare Bildungssysteme sind, die die Fähigkeit zur Anpassung zwischen Präsenz-, Fern- und Online-Unterricht sowie hybriden Unterrichtsmethoden besitzen; stellt ferner fest, dass die COVID-19-Pandemie den Qualifikationsbedarf auf dem Arbeitsmarkt verändert hat, wodurch der Mangel an digitalen Kompetenzen verstärkt und die bereits bestehenden Ungleichheiten und Defizite im Bildungsbereich verschärft wurden; betont, dass jeder Bürger zumindest über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen muss und dass hochqualifizierte Fachkräfte ausgebildet und mit fortgeschrittenen digitalen Kompetenzen sowie innovativem und unternehmerischem Denken ausgestattet werden müssen;
20. bedauert, dass nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich des Zugangs von Frauen zur Entwicklung von Kompetenzen und der Beteiligung am Arbeitsmarkt bestehen(31); betont, dass zu den wichtigsten Herausforderungen für Frauen Hindernisse bei der allgemeinen und beruflichen Bildung in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), soziokulturelle und wirtschaftliche Zwänge, insbesondere in der ländlichen und informellen Wirtschaft, sowie ein gravierender Mangel bei der Förderung der Chancengleichheit für Frauen bei der Wahl von häufig durch Männer dominierten Berufen gehören; fordert die Kommission auf, Mentoring-Netzwerke zu fördern und damit mehr weibliche Vorbilder zu schaffen, die Frauen ermutigen, alternative Entscheidungen zu klassisch geschlechterstereotypen Berufen zu treffen(32); fordert die Vermeidung von Stereotypen und geschlechtlicher Stereotypisierung durch Ausbildung, da dies mit der Beschäftigungsfähigkeit verknüpft ist und einen Teufelskreis schafft, wodurch ausgeprägte geschlechtsspezifische Diskrepanzen auf dem Arbeitsmarkt aufrechterhalten werden; betont, dass 90 % der Arbeitsplätze grundlegende digitale Kompetenzen erfordern und dass Frauen nur 17 % der Studierenden in Studiengängen und Berufen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in der EU(33) und nur 36 % der Absolventen von MINT-Studiengängen(34) ausmachen‚ obwohl Mädchen bei der digitalen Kompetenz besser abschneiden als Jungen(35);
21. hebt hervor, dass die Bildung und die Entwicklung von Kompetenzen wichtig sind, um gegen geschlechtsspezifische Verzerrung vorzugehen und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, und fordert verstärkte Anstrengungen auf nationaler und europäischer Ebene, um das unausgewogene Geschlechterverhältnis zu beseitigen und sicherzustellen, dass Frauen der Zugang zu hochwertigen lebenslangen Lern- und Bildungsangeboten ermöglicht wird, insbesondere nach Abwesenheitszeiten aus Betreuungsgründen; betont, dass geschlechtersensible Einstellungs- und Auswahlverfahren im öffentlichen Sektor und in der Privatwirtschaft und insbesondere in zukunftsorientierten Wirtschaftszweigen wie dem MINT-Sektor und der digitalen Wirtschaft, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, erforderlich sind; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht nur der betroffenen Person, sondern auch der Gesellschaft insgesamt schadet; weist darauf hin, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit die Auswirkungen der Krise das Geschlechtergefälle nicht verstärken, die unverhältnismäßigen und dauerhaften Auswirkungen auf die Rechte, das Einkommen und den sozialen Schutz von Frauen abgemildert und weitere Ungleichheiten und Diskriminierung in der Arbeitswelt verhindert werden, wobei dem stark geschlechtsspezifischen Arbeitsmarkt, dem digitalen und grünen Wandel und der ungleichen Verteilung der unbezahlten Haushalts- und Pflegeaufgaben besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist;
22. betont, dass gleiche Chancen für alle von entscheidender Bedeutung sind, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, es zu einer Priorität zu machen, den Mangel an digitalen Kompetenzen zu beheben, indem sichergestellt wird, dass gefährdete Regionen und benachteiligte Bürgerinnen und Bürger sowie Menschen, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, einschließlich Menschen mit Behinderungen oder Angehörige ethnischer Minderheiten, Zugang zu digitaler allgemeiner und beruflicher Bildung, die mindestens erforderliche Hardware, einen umfassenden Zugang zum Internet, digitale Unterstützung und andere technologische Lernmittel erhalten; hebt hervor, dass diese Menschen unterstützt werden müssen, um die digitalen Kompetenzen zu steigern, die sie benötigen, um erfolgreich zu sein und zu vermeiden, dass sich die Ungleichheiten vertiefen, wobei sichergestellt werden muss, dass niemand zurückgelassen wird;
23. nimmt mit großem Interesse die Chancen und Herausforderungen zur Kenntnis, die sich aus der Verbreitung digitaler Lösungen wie der Telearbeit ergeben, für die die Entwicklung digitaler Kompetenzen von entscheidender Bedeutung ist; weist erneut auf die Bedeutung eines europäischen Rechtsrahmens hin, der darauf ausgerichtet ist, die Bedingungen für Telearbeit und das Recht auf Nichterreichbarkeit in der gesamten Union zu regeln und menschenwürdige Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in der digitalen Wirtschaft zu gewährleisten, die durch den Erwerb neuer Kompetenzen angetrieben wird;
24. hebt die zahlreichen Möglichkeiten hervor, die das digitale Arbeiten bietet, um die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer, einschließlich derjenigen, die bald das Renteneintrittsalter erreichen, und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu verbessern; bedauert, dass Menschen mit Behinderungen nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden und dass ihr mangelnder Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung allzu häufig für ihre Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt verantwortlich sein kann; fordert, dass die Kommission in ihren Empfehlungen an die Mitgliedstaaten einen besonderen Schwerpunkt auf Möglichkeiten legt, den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu digitaler Qualifikation oder Umschulung zu verbessern und dies mit den neuen Bedürfnissen der entstehenden digitalen Weltwirtschaft zu koordinieren;
25. stellt fest, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten im Rahmen der zunehmenden Telearbeit die Kompetenzen, die diese neue Art der Arbeit fördert, in den Mittelpunkt ihrer Strategien stellen müssen; unterstreicht, dass Fernunterricht und Fernschulen sowohl für die Akteure im Bildungswesen als auch für Bildungsempfänger eine Herausforderung darstellen und dass die Kompetenzen, die für die Durchführung von Fernunterricht und die Ausbildung der Ausbilder und der Akteure im Bildungswesen erforderlich sind, für Europa derzeit eine kurzfristige Priorität darstellen;
26. fordert die Kommission auf, das Ausbildungsangebot für Arbeitskräfte, die Kurzarbeiter- oder Teilarbeitslosengeld erhalten, auch mithilfe des Programms SURE zu unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Ausbildungsmaßnahmen für betroffene Arbeitskräfte anzubieten;
27. fordert die Arbeitgeber auf, die betriebliche Praxis, in deren Rahmen die Kompetenzen der Arbeitskräfte genutzt werden und die Entwicklung von Kompetenzen unterstützt wird, anzupassen, indem sie sich auf die Ausbildung der nächsten Generation von Führungskräften im Hinblick auf den Einsatz organisatorischer Verfahren, die die Nutzung und Entwicklung von Kompetenzen wirksam einsetzen, sowie auf die Unterstützung nationaler Regierungen und Sozialpartner konzentrieren, indem sie Netzwerke und unterstützende Strukturen entwickeln, die Organisationen hinsichtlich der für ihre Umstände am besten geeigneten Verknüpfung betrieblicher Praxis beraten;
28. fordert, die Anerkennung, Validierung und Übertragbarkeit von Kenntnissen im Bereich des nichtformalen und informellen Lernens, einschließlich der Kenntnisse, die in digital gestützten Beschäftigungsformen wie der Arbeit auf Plattformen entwickelt wurden;
29. fordert sofortige und mutige europäische nationale, regionale und lokale Maßnahmen, Bewertungsmechanismen und Mittel, um digitale Kompetenzen in den Mittelpunkt der Strategien für allgemeine und berufliche Bildung zu rücken und gleichzeitig ein hohes Maß an Lesekompetenz und mathematischen Kenntnissen bei den Lernenden zu gewährleisten, indem digitale Kompetenzen, IT-Instrumente und Internetzugänge für alle verfügbar gemacht, die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften und Ausbildern verbessert und Schulen, Ausbildungseinrichtungen, Berufsbildungsanbieter, Organisationen, die im Bereich der Erwachsenenbildung tätig sind, und Hochschulen mit öffentlichen und unabhängigen Online-Lernplattformen und anderen Technologien ausgestattet werden, die für Online- und Fernunterricht sowie für gemischte Lernmodule erforderlich sind; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig ein echter Ansatz des lebenslangen Lernens ist; unterstützt die geplanten Maßnahmen der Kommission, wie sie in der Kompetenzagenda und im Aktionsplan für digitale Bildung 2021–2027 festgelegt sind, und fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in diesem Bereich; betont, dass Anreize für die Entwicklung digitaler Lerninhalte und Kernlehrplanmodule im Einklang mit den Arbeitsmarktbedürfnissen wichtig sind, auch über Online-Schulungsplattformen, wobei der Schwerpunkt auf digitalen und ökologischen Kompetenzen liegt;
30. stellt mit Bedauern fest, dass es in Europa nach wie vor Kinder gibt, die keinen Zugang zu Bildung haben, sowie Schüler und Studierende, die keinen oder keinen angemessenen Zugang zu digitaler Bildung haben, weil keine oder keine angemessene digitale Ausrüstung, Software oder Internetverbindung vorhanden ist; bekräftigt die Notwendigkeit, die Konnektivität auf allen Ebenen zu verbessern, insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten, in denen sie häufig fehlt, und den Zugang zu digitalen Geräten zu verbessern; weist auf die fortschrittlichsten Innovationen bei Computern, Tablets und Software für Lehrzwecke in der Union hin;
31. unterstreicht, dass die Auswirkungen von COVID-19 eine einzigartige Gelegenheit bieten, die digitale und technologische Revolution im Bereich des lebenslangen Lernens zu beschleunigen, wodurch nach Möglichkeit physische Barrieren überwunden und die Reichweite und Wirkung erheblich gesteigert werden können; fordert die Mitgliedstaaten und Bildungsträger auf, die Möglichkeiten des ortsunabhängigen Lernens zu verbessern und Studierenden in abgelegenen und ländlichen Gebieten oder im Ausland ohne örtliche Beschränkungen einen Zugang zu Kursen in der gesamten EU zu ermöglichen;
32. betont, dass europäische und nationale Maßnahmen, einschließlich Bildungsprogramme und gezielte Investitionen, mit dem letztendlichen Ziel entwickelt und umgesetzt werden sollten, die Bereitschaft und Vorbereitung der Bürgerinnen und Bürger auf künftige Arbeitsplätze, die digitale Kompetenzen erfordern, zu gewährleisten, um das Potenzial des digitalen Wandels auf dem EU-Arbeitsmarkt voll auszuschöpfen und es Unternehmen zu ermöglichen, neue Arbeitsmethoden wie Telearbeit in vollem Umfang zu nutzen;
33. weist auf die Notwendigkeit hin, die Initiative Netzwerke Europäischer Hochschulen und ihr Ziel, Standards für die Hochschulbildung in der EU festzulegen, weiter zu präzisieren; bekräftigt, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen immer auf einem von der Basis ausgehenden Ansatz, akademischer Unabhängigkeit und Exzellenz beruht hat und dass der Bologna-Prozess ein wichtiges Instrument für die universitäre Zusammenarbeit in der EU und darüber hinaus ist;
34. stellt fest, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft eine wichtige Triebkraft für die Nachfrage nach Arbeitskräften in allen Branchen ist und Millionen von Arbeitsplätzen schaffen kann; weist darauf hin, dass ein erfolgreicher Übergang zu einer grünen Wirtschaft mit Maßnahmen zur Qualifizierung, Weiterqualifizierung und Umschulung einhergehen muss, um die für eine umweltverträgliche Wirtschaft erforderlichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen zu entwickeln; begrüßt in diesem Zusammenhang die Maßnahmen der Kommission zur Förderung des Erwerbs von Kompetenzen für den grünen Wandel; fordert, dass rasch gehandelt wird, um Qualifikationsengpässe in diesem Bereich zu vermeiden und es der EU zu ermöglichen, weltweit weiterhin eine Führungsrolle im Bereich der umweltverträglichen Wirtschaft einzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, die nachhaltige Entwicklung sowie ökologische Kenntnisse und Kompetenzen in die Bildungs- und Ausbildungssysteme aufzunehmen;
35. hebt hervor, dass die Mobilität von Studierenden und Lehrkräften eines der wichtigsten Instrumente ist, um Ideen und bewährte Verfahren auszutauschen und die Qualität der Ausbildung in der gesamten Union zu verbessern; besteht darauf, dass diese Mobilität zugänglich und integrativ sein muss; stellt fest, dass die physische Mobilität zwar stets eine vorrangige Rolle einnehmen sollte, virtuelles Lernen jedoch als Ergänzung und, wie die COVID-19-Maßnahmen gezeigt haben, im Extremfall auch als Ersatz, zunehmend an Bedeutung gewinnt;
36. stellt fest, dass kreative und künstlerische Fähigkeiten für die Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind, und fordert die Einführung eines stärker horizontal ausgerichteten Ansatzes im Rahmen der Kompetenzagenda, um sie in alle Lehrpläne aufzunehmen;
37. hebt hervor, dass für die Umsetzung der Kompetenzagenda eine angemessene Finanzierung sowohl auf europäischer als auch auf nationaler und lokaler Ebene erforderlich ist; erwartet, dass der Mehrjährige Finanzrahmen 2021–2027 und das Aufbauinstrument Next Generation EU eine deutliche Aufstockung der Ressourcen für die Entwicklung von Kompetenzen vorsehen; weist darauf hin, dass die Weiterqualifizierung und Umschulung in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und der Unternehmen fallen, und fordert die Mitgliedstaaten daher auf, verstärkt in die Entwicklung von Kompetenzen und mehr Haushaltsmittel im Bereich Bildung zu investieren, da erhebliche Investitionen in Humankapital von entscheidender Bedeutung sind, um die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz sicherzustellen;
38. unterstreicht die Bedeutung von Programmen und Instrumenten wie Erasmus+, Horizont Europa, dem Europäischen Solidaritätskorps, Kreatives Europa, dem Programm „Digitales Europa“, der Jugendgarantie und der Kindergarantie für die Unterstützung junger Menschen und Erwachsener beim Erwerb neuer Kompetenzen und hochwertiger Qualifikationen, die in der digitalen und grünen Wirtschaft und in der Arbeitswelt erforderlich sind, und bei der Bereitstellung von Möglichkeiten der Lernmobilität; fordert, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten das Potenzial dieser Programme kontinuierlich ausloten, um die dauerhafte Korrelation zwischen den Qualifikationen und Anforderungen des Arbeitsmarktes zu fördern;
39. betont die potenziellen Chancen, die das Programm Erasmus+ insbesondere im Bereich der Erwachsenenbildung bietet, sowie die Notwendigkeit, die Mittelausstattung des Programms für 2021–2027 zu erhöhen;
40. fordert die Mitgliedstaaten auf, der Umschulung und Weiterbildung im Rahmen ihrer Aufbau- und Resilienzpläne Vorrang einzuräumen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass der Fonds für einen gerechten Übergang und der ESF+ über ausreichende Finanzmittel verfügen und integrierte Pläne auf lokaler Ebene unterstützen, um die Umschulung und Weiterbildung insbesondere für die am stärksten gefährdeten Gruppen – einschließlich der von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen – zu fördern und um sicherzustellen, dass sich jeder in gefährdeten Branchen neu qualifizieren und neue Fähigkeiten entwickeln kann, um auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu bleiben und vom grünen und digitalen Wandel zu profitieren; verweist auf das Potenzial individueller Lernkonten, eines Finanzierungsmechanismus, der für die Umsetzung der Kompetenzagenda als Schritt in Richtung allgemeiner Ansprüche auf lebenslanges Lernen, von entscheidender Bedeutung ist;
41. unterstreicht, dass die Berufs- und Laufbahnberatung unverzichtbar ist, um eine motivierte, kluge Berufswahl zu unterstützen und zu verhindern, dass Lernende die Schule oder die Ausbildung vorzeitig beenden, und dass die Unterstützung während des Studiums und der Ausbildung darüber hinaus für einen erfolgreichen Bildungsweg und die Entwicklung von Kompetenzen von entscheidender Bedeutung ist; bestärkt die Kommission und die Mitgliedstaaten darin, die Verfügbarkeit einer solchen Beratung, die die Entwicklung unternehmerischer Kompetenzen umfasst, für junge Menschen sicherzustellen;
42. betont, wie wichtig Investitionen in formale und informelle Ausbildung sowie in lebenslanges Lernen sind, um eine gerechte Ausbildung und einen gerechten Übergang der Arbeitskräfte sowie die Förderung der Ausbildung und des Lernens während der Arbeitszeit sicherzustellen;
43. stellt fest, dass der Europäische Sozialfonds+ die wichtigste Finanzierungsquelle für die Bildung in der EU ist, und betont, wie wichtig es ist, sicherzustellen, dass diese Mittel, insbesondere in Krisenzeiten, für diesen Zweck verfügbar bleiben;
44. fordert die Einführung politischer Maßnahmen für einen bezahlten Bildungsurlaub gemäß dem Übereinkommen der IAO über den bezahlten Bildungsurlaub, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, während der Arbeitszeit an Bildungsmaßnahmen teilzunehmen, ohne dass persönliche Kosten entstehen, und somit das lebenslange Lernen zu fördern;
45. betont, dass Bildungs-, Informations-, Beratungs- und Motivationsstrategien sowie die Systeme des lebenslangen Lernens von hoher Qualität sowie inklusiv, flexibel und für alle zugänglich sein müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt, die soziale Inklusion und die Chancengleichheit zu fördern; fordert die Kommission und insbesondere die Mitgliedstaaten auf, den gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger Bildung zu gewährleisten und den Zugang zu hochwertigen Programmen im Bereich Kompetenzentwicklung für erwachsene Lernende, darunter Erwachsene mit geringem Qualifikationsniveau und geringen Kompetenzen, sowie benachteiligte Gruppen und schutzbedürftige Bürger wie Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Wohnungslose, junge Menschen, die weder arbeiten noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren (NEET), und Menschen mit Migrationshintergrundunabhängig zu erleichtern; hebt hervor, dass das Bewusstsein für die Bedeutung der lebenslangen Entwicklung von Kompetenzen für den persönlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen geschärft werden muss; fordert die Einbeziehung verschiedener Interessenträger im Bildungsbereich, darunter Sozialdienste, die Zivilgesellschaft und nicht formale Bildungsanbieter, um diejenigen zu ermitteln und zu erreichen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind; unterstreicht, dass innovative ortsbezogene Lösungen erforderlich sind, um zu überdenken, wie Kompetenzdefizite und die Diskrepanz zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu bewältigen sind;
46. betont, dass das Potenzial der Teilnehmenden am Bildungswesen in der Praxis gesteigert werden kann, und betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, den Einfluss der Arbeitgeber auf das Modell des beruflichen Ausbildungssystems zu erhöhen; betont, dass die Arbeitgeber eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Möglichkeiten für Lehrkräfte und Ausbilder sowie von Praktika in Unternehmen spielen und somit zur Verbesserung der beruflichen Kompetenzen von Lehrkräften und Ausbildern beitragen sollen; fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Bildung auf allen Ebenen, indem Praktikums- und Ausbildungsprogramme in Unternehmen für Lernende und Studierende der beruflichen Aus- und Weiterbildung angeboten werden;
47. betont, wie wichtig es ist, die Menschen in ländlichen und abgelegenen Gebieten zu erreichen und Qualifizierungs- und Umschulungsmöglichkeiten für Menschen, die in der Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft und anderen Berufen in diesen Regionen tätig sind, zugänglicher zu machen und stärker auf diese Menschen zuzuschneiden, sie mit grünen, digitalen und allen erforderlichen Kompetenzen auszustatten, damit sie die gegenwärtigen und zukünftigen Chancen der grünen und blauen Wirtschaft besser nutzen können, und sie in die Lage zu versetzen, einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Umwelt zu leisten;
48. weist darauf hin, dass außerschulische Programme und nichtformales und informelles Lernen, einschließlich ehrenamtlicher Tätigkeiten, wichtig sind, um der Mehrheit der Menschen, die sich außerhalb der Reichweite der formalen Bildung befinden, anpassungsfähige Lernmöglichkeiten sowie neue Kompetenzen und Kenntnisse zu bieten;
49. betont, dass die Attraktivität des Lehrerberufs gesteigert und der hohe soziale Status der Lehrkräfte als strategische Richtung für die Maßnahmen in den einzelnen EU-Ländern betrachtet werden muss; betont, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten der Gewinnung der besten Bewerber für den Lehrerberuf sowie der Verbesserung der Qualifikationen und der Weiterqualifizierung von älteren Lehrkräften Vorrang einräumen sollten;
50. hebt hervor, dass die Weiterqualifizierung und die Umschulung in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen; ist der Ansicht, dass für die Verwirklichung des ökologischen und des digitalen Wandels eine echte Chance für die und ein echter Nutzen in der Entwicklung einer EU-weiten zentralen Anlaufstelle für High-Tech-Kompetenzen besteht, die bewährte Verfahren und die Aus- und Weiterbildung im High-Tech-Bereich unter Federführung der Industrie koordiniert und einen datengesteuerten Ansatz nutzt, um den Qualifikationsbedarf in der gesamten EU zu ermitteln;
51. betont die Bedeutung bereichsübergreifender, zwischenmenschlicher und interkultureller Fähigkeiten sowie digitaler und technischer Kompetenzen, wenn es darum geht, eine ganzheitliche Ausbildung sicherzustellen, gegenwärtige und künftige globale Herausforderungen zu bewältigen und den digitalen Wandel und den Übergang zu einer grünen Wirtschaft zu fördern, um sie integrativer und gerechter zu gestalten;
52. verweist auf die geplanten Maßnahmen der Kommission zur Förderung von „Skills for Life” (Kompetenzen für das Leben), insbesondere die Aktualisierung der europäischen Agenda für die Erwachsenenbildung; fordert die Kommission auf, diesen Schwerpunkt zu vertiefen, indem sie Lebenskompetenzen in alle Bildungs- und Ausbildungsbereiche einbettet; betont, dass Lebenskompetenzen auch außerhalb der Anforderungen des Arbeitsmarkts zu verstehen sind; hebt hervor, dass alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu Kompetenzen für die persönliche Entwicklung haben sollten, um in der sich schnell verändernden Gesellschaft von heute handlungsfähig zu sein; weist darauf hin, dass dies besonders wichtig ist, um die Resilienz der Bürgerinnen und Bürger in Krisenzeiten zu stärken, in denen auf das Wohlergehen geachtet werden muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Entwicklung persönlicher Kompetenzen, wie etwa analytische Fähigkeiten, emotionale Intelligenz, Führungsstärke, unternehmerische und finanzielle Kompetenzen, Befähigung zu aktiver Mitgestaltung, Teamarbeit, Kommunikation, Zusammenarbeit, Verantwortung, Anpassungsfähigkeit, Kreativität, Innovation, kritisches Denken und Sprachkenntnisse, die für bürgerschaftliches Engagement und die Arbeitswelt in der Zeit nach der COVID-19-Krise noch weiter an Bedeutung gewinnen werden, besondere Aufmerksamkeit zu widmen;
53. weist darauf hin, dass es in einer alternden Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist, lebenslanges Lernen sicherzustellen und eine Kultur des lebenslangen Lernens von jungen Jahren bis ins fortgeschrittene Alter zu verankern; weist darauf hin, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unter älteren Menschen in der EU weiterhin wichtig ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ein stärkeres Augenmerk auf ältere Arbeitnehmer zu richten und dafür Sorge zu tragen, dass sie an maßgeschneiderten Programmen der Weiterqualifizierung und Umschulung teilnehmen können, die es ihnen ermöglichen, sich an einen sich wandelnden Qualifikationsbedarf anzupassen und somit länger auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu bleiben sowie eine gute Lebensqualität und ein ausreichendes Maß an Unabhängigkeit zu genießen; betont, dass besonderes Augenmerk darauf gelegt werden sollte, die digitalen Kompetenzen und Technologien, die auch neue Ansätze und Möglichkeiten für die Bildung von Erwachsenen und älteren Menschen eröffnen können, zu verbessern, den Internetzugang sicherzustellen und die digitale Infrastruktur, insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten, zu verbessern; verweist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Gemeindezentren, Bibliotheken und maßgeschneiderten Lösungen des ortsunabhängigen Lernens, um das lebenslange Lernen für ältere Menschen zugänglicher zu machen; betont, dass die älteren Generationen aufgrund ihrer Erfahrung auch eine wertvolle Ressource sind, und dass sie ermutigt werden sollten, diese zu teilen, um die Kompetenzen jüngerer Generationen von Arbeitnehmern zu steigern;
54. betont, dass die Zahl der Kinder unter drei Jahren, die an der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE) teilnehmen, erhöht und der Entwicklung in den ersten Lebensjahren eines Kindes, den Forschungskompetenzen und einem kreativen Ansatz für das Lernen über die Welt mehr Bedeutung beigemessen werden muss; weist darauf hin, dass der frühe Beginn der Vorschulerziehung einen erheblichen Einfluss auf die Erzielung besserer Ergebnisse in den späteren Bildungsstufen hat und die unausgewogene Teilnahme an der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung zu Unterschieden hinsichtlich der Möglichkeiten und schulischen Aktivitäten beitragen kann, die Kindern in den frühesten Entwicklungsstadien zur Verfügung stehen;
55. betont, dass die von der Kommission angekündigten Maßnahmen, mit denen auf den Qualifikationsbedarf des Arbeitsmarkts reagiert und zu einer raschen Erholung von der COVID-19-Krise beigetragen werden soll, rasch umgesetzt werden müssen; fordert die Kommission auf, einen klaren Zeitplan für die geplanten Maßnahmen vorzulegen;
56. betont, dass Lösungen erforderlich sind, die es Unternehmen und privaten Arbeitgebern ermöglichen, Schulungen am Arbeitsplatz und Bildungsurlaub zu fördern und zu unterstützen, unter anderem durch die Prüfung von Bildungsgutscheinen oder die automatische Anerkennung der am Arbeitsplatz erworbenen Kompetenzen; verweist auf die strategische Bedeutung von Initiativen wie EuroSkills und WorldSkills, die Modellbeispiele für Partnerschaften zwischen Unternehmen, Regierung sowie regionalen Behörden und Bildungsbehörden sind; fordert, dass die Weiterentwicklung der Initiative EuroSkills durch die Finanzierung gemeinsamer Projekte, den Austausch von Erfahrungen, den Aufbau des Potenzials von Einrichtungen, die Schulungen für die Bedürfnisse von EuroSkills anbieten, die Schaffung von EuroSkills-Meisterklassen sowie Industriecampus für talentierte Jugendliche und ein System zur Ausbildung der Ausbilder und Branchenfachkräfte unterstützt wird;
57. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Sechste Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen, Eurofound. https://www.eurofound.europa.eu/sites/default/files/ef_publication/field_ef_document/ef1634en.pdf
Auswirkungen der Computerisierung auf die Berufsbilder (Veränderung der Aufgaben innerhalb der Berufe, die daher andere Kompetenzen erfordern): https://www.eurofound.europa.eu/sites/default/files/wpef19007.pdf.
„Wie sich der Geburtsort auf den Arbeitsplatz auswirkt“, Eurofound (2019), https://www.eurofound.europa.eu/sites/default/files/ef_publication/field_ef_document/ef19004de.pdf.
„Key Data on Early Childhood Education and Care Education and Training in Europe - Edition 2019“ (Schlüsselzahlen zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung in Europa – Ausgabe 2019), Eurydice-Bericht, S. 26.
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 10./11. Dezember 2020,
– unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zur Sicherheit des Kernkraftwerks in Astrawez (Belarus) (O‑000004/2021 – B9‑0003/2021),
– gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie,
A. in der Erwägung, dass die nukleare Sicherheit für die Europäische Union sowohl in der Union selbst als auch jenseits ihrer Grenzen eine zentrale Priorität ist;
B. in der Erwägung, dass in der Gruppe der europäischen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSREG) das umfangreiche Fachwissen zusammenkommt, das im Zuge der Peer-Review von in der EU und in Drittstaaten gelegenen Kernkraftwerken erworben wurde;
C. in der Erwägung, dass ein Peer-Review-Team der ENSREG im März 2018 in Belarus und im Kernkraftwerk Astrawez zugegen war, nachdem es die erforderlichen Vorbereitungstätigkeiten abgeschlossen hatte, wozu auch die Entgegennahme der Antworten auf seine schriftlichen Fragen zählte, und im Juli 2018 seinen Peer-Review-Abschlussbericht veröffentlichte;
D. in der Erwägung, dass die ENSREG die belarussischen Behörden aufforderte, einen nationalen Aktionsplan auszuarbeiten, damit alle in dem Peer-Review-Bericht genannten Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit rasch umgesetzt werden – vorbehaltlich einer künftigen unabhängigen Begutachtung, die in allen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten durchgeführt wird, die an dem Verfahren der kerntechnischen Risiko- und Sicherheitsbewertung teilnehmen;
E. in der Erwägung, dass Belarus seinen nationalen Aktionsplan im August 2019 veröffentlichte, aber erst im Juni 2020 einer weiteren Peer-Review der ENSREG zustimmte, nachdem es seitens der EU mehrmals dazu aufgefordert und erheblicher Druck auf hoher Ebene ausgeübt worden war;
F. in der Erwägung, dass dieses weitere Peer-Review-Verfahren im Gange ist und die ENSREG ihre Erkenntnisse in den kommenden Monaten vervollständigt und veröffentlicht, wobei angestrebt wird, dass das Plenum der ENSREG einen vorläufigen Bericht veröffentlicht und ihn Belarus vor der kommerziellen Inbetriebnahme des Kernkraftwerks übermittelt, die von den belarussischen Behörden für März 2021 vorgesehen ist;
G. in der Erwägung, dass die Stromerzeugung in dem Kernkraftwerk am 3. November 2020 aufgenommen wurde, obwohl noch zahlreiche Sicherheitsbedenken bestehen und keine Belege dafür vorliegen, inwieweit die Empfehlungen umgesetzt wurden, die die EU im Rahmen der Peer-Review von 2018 und die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) ausgesprochen haben;
H. in der Erwägung, dass die physikalische Inbetriebnahme des Kernkraftwerks ohne Betriebsgenehmigung erfolgte, da das Genehmigungsverfahren im Juli 2020 geändert wurde;
I. in der Erwägung, dass die baltischen Staaten im August 2020 gemeinsam beschlossen hatten, den kommerziellen Stromhandel mit Belarus einzustellen, sobald die Stromerzeugung im Kernkraftwerk Astrawez aufgenommen wird, und gemäß diesem Beschluss der Stromhandel zwischen Belarus und der EU am 3. November 2020 – als das Kernkraftwerk Astrawez an das Stromnetz angeschlossen wurde – eingestellt wurde;
1. ist besorgt darüber, dass sich das Kernkraftwerk Astrawez nur 50 km von Vilnius (Litauen) entfernt und in unmittelbarer Nähe zu anderen EU-Mitgliedstaaten wie Polen, Lettland und Estland befindet;
2. bedauert, dass das Projekt trotz der Proteste belarussischer Bürgerinnen und Bürger umgesetzt wird und dass Mitglieder belarussischer nichtstaatlicher Organisationen, die den Bau des Kernkraftwerks in Astrawez bekannter machen wollen, strafrechtlich verfolgt und unrechtmäßig festgenommen werden;
3. stellt mit Besorgnis fest, dass Belarus und Russland mit dem Kernkraftwerk ein geopolitisches Projekt umsetzen und dass der Bau und der künftige Betrieb des Kernkraftwerks eine mögliche Bedrohung für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten im Hinblick auf Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz darstellen;
4. ist nach wie vor besorgt über die übereilte Inbetriebnahme eines Kernkraftwerks, das nicht den höchsten internationalen Normen in den Bereichen Umweltschutz und nukleare Sicherheit und auch nicht den IAEO-Empfehlungen entspricht;
5. bedauert den anhaltenden Mangel an Transparenz und offiziellen Informationen über immer wieder vorgenommene Notabschaltungen des Reaktors und den Ausfall von Anlagen während der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks im Jahr 2020, etwa den Ausfall von vier Spannungstransformatoren und Fehlfunktionen der Kühlsysteme, während sich in der Bauphase acht bekannte Zwischenfälle ereigneten, darunter zwei im Zusammenhang mit dem Reaktordruckbehälter;
6. stellt fest, dass bei der Peer-Review der EU im Jahr 2018 zahlreiche Mängel aufgedeckt wurden, dass bislang nur eine begrenzte Anzahl der darin enthaltenen Empfehlungen umgesetzt worden sein soll und dass deren Umsetzung von den EU-Sachverständigen überprüft werden muss;
7. stellt fest, dass die Anzahl und Häufigkeit von Sicherheitsvorfällen Anlass zu großer Besorgnis geben, was die unzureichende Qualitätssicherung und -kontrolle in der Entwurfs-, Bau- und Montagephase des Kernkraftwerks und seine geringe Betriebssicherheit anbelangt, und dass diese Probleme im Rahmen der Peer-Review der EU angemessen angegangen werden müssen;
8. fordert Belarus nachdrücklich auf, umgehend für die uneingeschränkte Einhaltung internationaler Normen im Bereich der nuklearen Sicherheit und des Umweltschutzes sowie die transparente und konstruktive Zusammenarbeit mit den internationalen Behörden unter Einbeziehung aller Beteiligten zu sorgen; legt Belarus nahe, künftig von der selektiven Anwendung der IAEO-Normen und der Peer-Review-Empfehlungen abzusehen;
9. stellt fest, dass den nuklearen Sicherheitsstandards höchste Priorität eingeräumt werden muss, und zwar nicht nur während der Planungs- und Bauphase, sondern auch während des Betriebs des Kernkraftwerks, und dass deren Einhaltung ständig von einer unabhängigen Aufsichtsbehörde überwacht werden muss;
10. ist besorgt darüber, dass die derzeitige belarussische Aufsichtsbehörde (Gosatomnadsor – Abteilung für nukleare Sicherheit und Strahlensicherheit des Ministeriums für Notsituationen) ständigem politischen Druck ausgesetzt ist und sowohl formal als auch inhaltlich nicht ausreichend unabhängig ist; betont daher, dass transparente und sorgfältige Peer-Reviews auch während der Betriebsphase des Kernkraftwerks von entscheidender Bedeutung sind;
11. nimmt den Beschluss der Vertragsparteien des Übereinkommens der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Übereinkommen von Espoo) vom 11. Dezember 2020 zur Kenntnis, wonach Belarus seinen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen in Bezug auf das belarussische Kernkraftwerk in Astrawez nachkommt, und fordert Belarus nachdrücklich auf, die vollständige Umsetzung des Übereinkommens von Espoo sicherzustellen;
12. betont, dass ein Frühwarnsystem für die Messung der Strahlung in den Mitgliedstaaten der EU in der Nähe des Kernkraftwerks errichtet und betrieben werden muss;
13. fordert die belarussischen Behörden nachdrücklich auf, bei den Verfahren der kerntechnischen Risiko- und Sicherheitsbewertung uneingeschränkt mit der ENSREG zusammenzuarbeiten, was auch eine förmliche Überprüfung und die dringende Umsetzung des nationalen Aktionsplans von Belarus einschließt;
14. bedauert, dass eine Peer-Review-Mission der ENSREG im Kernkraftwerk Astrawez, die ursprünglich im Dezember 2020 stattfinden sollte, aus organisatorischen Gründen seitens des Gastgebers und infolge der COVID-19-Pandemie abgesagt werden musste;
15. begrüßt, dass Anfang Februar 2021 die erste Phase der derzeitigen Peer-Review der EU in Form eines Besuchs vor Ort stattfindet; erachtet es als sehr wichtig, dass das Peer-Review-Verfahren rasch abgeschlossen wird und seine Ergebnisse veröffentlicht werden, und betont, dass Belarus bereits vor März 2021 – dem von den belarussischen Behörden geplanten Zeitpunkt der kommerziellen Inbetriebnahme des Kernkraftwerks – zumindest ein vorläufiger Bericht übermittelt werden sollte; stellt fest, dass alle Sicherheitsprobleme gleichermaßen wichtig sind und vor der kommerziellen Inbetriebnahme des Kernkraftwerks angegangen werden müssen;
16. bedauert zutiefst die übereilte kommerzielle Inbetriebnahme des Kernkraftwerks im März 2021 und betont, dass alle Sicherheitsempfehlungen der ENSREG umgesetzt werden müssen, bevor das Kernkraftwerk seinen kommerziellen Regelbetrieb aufnimmt; fordert die Kommission auf, eng mit den belarussischen Behörden zusammenzuarbeiten, damit das Inbetriebnahmeverfahren ausgesetzt wird, bis alle Empfehlungen aus dem Verfahren der kerntechnischen Risiko- und Sicherheitsbewertung der EU vollständig umgesetzt, alle erforderlichen Sicherheitsverbesserungen vorgenommen und die belarussische Gesellschaft und die Nachbarländer ordnungsgemäß über die ergriffenen Maßnahmen informiert worden sind;
17. fordert die Kommission und die ENSREG nachdrücklich auf, die transparente und sorgfältige Peer-Review des Kernkraftwerks fortzusetzen, auf der umgehenden Umsetzung aller Empfehlungen zu bestehen und für deren wirksame Überwachung zu sorgen, auch durch regelmäßige Besuche des Peer-Review-Teams auf dem Gelände des Kernkraftwerks Astrawez und auch während des Betriebs der Anlage; erachtet in diesem Zusammenhang die effiziente Zusammenarbeit mit der IAEO als sehr wichtig;
18. stellt fest, dass trotz der gemeinsamen Vereinbarung der baltischen Staaten, den kommerziellen Stromhandel mit Belarus einzustellen, nach wie vor Strom aus Belarus über das russische Netz auf den Binnenmarkt gelangen kann;
19. weist erneut auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 10./11. Dezember 2020 hin und spricht sich dafür aus, weiter zu prüfen, mit welchen Maßnahmen verhindert werden könnte, dass in Drittstaaten kommerziell erzeugter Strom aus Kernkraftwerken, die – wie auch das Kernkraftwerk Astrawez – nicht den anerkannten Sicherheitsstandards der EU entsprechen, in die EU eingeführt wird;
20. fordert die Kommission auf, mit den Verpflichtungen aus dem internationalen Handels-, Energie- und Atomrecht im Einklang stehende Maßnahmen zur Aussetzung des Stromhandels mit Belarus zu prüfen und vorzuschlagen, damit der im Kernkraftwerk Astrawez erzeugte Strom nicht auf den EU-Energiemarkt gelangt, während Estland, Lettland und Litauen noch Teil des BRELL-Verbundnetzes sind;
21. bekräftigt, dass es von strategischer Bedeutung ist, die Synchronisierung des baltischen Stromnetzes mit dem kontinentaleuropäischen Verbundnetz zu beschleunigen, und betont, dass der künftige Betrieb des Kernkraftwerks Astrawez die Desynchronisierung der Stromnetze Estlands, Lettlands und Litauens aus dem BRELL-Verbundnetz in keiner Weise behindern sollte und dass die Europäische Union die Einbindung der drei baltischen Staaten in das Stromnetz der EU fortsetzen sollte;
22. bringt seine uneingeschränkte Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern der Republik Belarus und der EU-Mitgliedstaaten zum Ausdruck, die unmittelbar vom Bau und Betrieb des Kernkraftwerks Astrawez betroffen sind, und fordert, dass die EU und ihre Organe auch künftig auf hoher Ebene in diese Angelegenheit von höchster europäischer Bedeutung einbezogen werden;
23. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Humanitäre und politische Lage in Jemen
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zur humanitären und politischen Lage im Jemen (2021/2539(RSP))
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Jemen, insbesondere die Entschließungen vom 4. Oktober 2018(1), vom 30. November 2017(2), vom 25. Februar 2016(3) und vom 9. Juli 2015(4) zur Lage im Jemen, und auf seine Entschließung vom 28. April 2016 zum Thema „Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“(5),
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 8. Februar 2021 zu den jüngsten Angriffen der Ansar-Allah-Miliz,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers desEAD vom 12. Januar 2021 zur Einstufung der Ansar-Allah-Miliz als terroristische Vereinigung durch die USA,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des EAD vom 30. Dezember 2020 zu dem Anschlag in Aden, vom 19. Dezember 2020 zur Bildung der neuen Regierung, vom 17. Oktober 2020 zur Freilassung von Häftlingen, vom 28. September 2020 zu dem Austausch von Gefangenen und vom 31. Juli 2020 zur Freilassung von Angehörigen der Bahai-Gemeinschaft,
– unter Hinweis auf das gemeinsame Kommuniqué Deutschlands, Kuwaits, Schwedens, des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten, Chinas, Frankreichs, Russlands und der Europäischen Union vom 17. September 2020 zum Konflikt im Jemen,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 9. April 2020 zur Ankündigung einer Waffenruhe im Jemen,
– unter Hinweis auf die gemeinsamen Erklärungen des für Krisenmanagement zuständigen Kommissionsmitglieds der EU, Janez Lenarčič, und des ehemaligen schwedischen Ministers für internationale Entwicklungszusammenarbeit, Peter Eriksson, vom 14. Februar 2020 und vom 24. September 2020 mit dem Titel: „UNGA: EU and Sweden join forces to avoid famine in Yemen“ (VN-Generalversammlung: Die EU und Schweden bündeln ihre Kräfte, um einer Hungersnot im Jemen vorzubeugen),
– unter Hinweis auf die einschlägigen Schlussfolgerungen des Rates und des Europäischen Rates zum Jemen, insbesondere die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Juni 2018,
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Sachverständigengruppe der Vereinten Nationen für den Jemen vom 22. Januar 2021,
– unter Hinweis auf die einschlägigen Erklärungen von Sachverständigen der Vereinten Nationen für den Jemen, insbesondere die Erklärungen vom 3. Dezember 2020 mit dem Titel „UN Group of Eminent International and Regional Experts Briefs the UN Security Council Urging an end to impunity, an expansion of sanctions, and the referral by the UN Security Council of the situation in Yemen to the International Criminal Court“ (VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger unterrichtet den VN-Sicherheitsrat und fordert nachdrücklich ein Ende der Straflosigkeit, eine Ausweitung der Sanktionen und die Überweisung der Lage im Jemen an den Internationalen Strafgerichtshof durch den VN-Sicherheitsrat), vom 12. November 2020 mit dem Titel „UN experts: technical team must be allowed to avert oil spill disaster threatening Yemen“ (Sachverständige der Vereinten Nationen: Technisches Team muss die drohende Ölkatastrophe im Jemen abwenden dürfen), vom 15. Oktober 2020 mit dem Titel „UAE: UN experts say forced return of ex-Guantanamo detainees to Yemen is illegal, risks lives“ (VAE: Sachverständige der Vereinten Nationen sagen, dass die erzwungene Rückkehr von Ex-Guantanamo-Häftlingen in den Jemen illegal ist und Lebensgefahr bedeutet), und vom 23. April 2020 mit dem Titel „UN experts appeal for immediate and unconditional release of the Baha’is in Yemen“ (Sachverständige der Vereinten Nationen fordern sofortige und bedingungslose Freilassung der Angehörigen der Bahai-Gemeinschaft im Jemen),
– unter Hinweis auf den Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 2. September 2020 über die Umsetzung der technischen Hilfe für die nationale Kommission für die Untersuchung mutmaßlicher Verstöße und Missbräuche durch alle Konfliktparteien im Jemen (A/HRC/45/57),
– unter Hinweis auf den Bericht der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Kinder und bewaffnete Konflikte vom 23. Dezember 2020 über Kinder und bewaffnete Konflikte,
— unter Hinweis auf den dritten Bericht der VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger für den Jemen vom 28. September 2020 über die Lage der Menschenrechte im Jemen, einschließlich der Verstöße und Missbräuche seit September 2014,
– unter Hinweis auf den interaktiven Dialog des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen mit der VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger für den Jemen vom 29. September 2020,
– unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, insbesondere die Resolution 2534 vom 14. Juli 2020, mit der das Mandat der Mission der Vereinten Nationen zur Unterstützung des Hudaida-Abkommens bis zum 15. Juli 2021 verlängert wurde, und die Resolution 2511 vom 25. Februar 2020, mit der die Sanktionen gegen den Jemen um ein Jahr verlängert wurden,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zum zweiten Jahrestag des Übereinkommens von Stockholm vom 14. Dezember 2020,
– unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts(6),
– unter Hinweis auf das Übereinkommen von Stockholm vom 13. Dezember 2018,
– unter Hinweis auf das Abkommen von Riad vom 5. November 2019,
– unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,
— unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,
— unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,
— unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass vor zehn Jahren, im Februar 2011, Massenproteste begannen, die später als die jemenitische Revolution bezeichnet wurden und zum Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Salih nach 33 Jahren Diktatur führten; in der Erwägung, dass dieser Aufstand die tiefe Sehnsucht des jemenitischen Volkes nach Demokratie, Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Menschenwürde widerspiegelt;
B. in der Erwägung, dass seit dem Beginn des bewaffneten Konflikts im März 2015 mindestens 133 000 Menschen getötet und 3,6 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben wurden; in der Erwägung, dass das im Dezember 2018 unterzeichnete Übereinkommen von Stockholm die Schaffung sicherer humanitärer Korridore, den Austausch von Gefangenen und einen Waffenstillstand im Gebiet des Roten Meers vorsieht; in der Erwägung, dass die Parteien seitdem gegen das Waffenstillstandsabkommen verstoßen haben und mehr als 5 000 Zivilisten getötet wurden; in der Erwägung, dass die meisten Zivilisten bei Luftangriffen der von Saudi-Arabien geführten Koalition ums Leben kamen;
C. in der Erwägung, dass sich die Analysten überwiegend einig sind, dass der Jemen aufgrund der Tatsache, dass er keinen politischen Weg verfolgt, bei dem sämtliche Kräfte einbezogen werden, in zunehmenden Spannungen zwischen den Stämmen, zunehmenden politischen Spannungen und einem erbitterten Stellvertreterkrieg zwischen den vom Iran unterstützten Huthi‑Rebellen und Saudi‑Arabien gefangen ist, wodurch die gesamte Region unmittelbar in einen komplexen Konflikt verwickelt wird; in der Erwägung, dass Saudi‑Arabien die Huthi‑Rebellen im Jemen als Stellvertreterkräfte des Iran ansieht und der Iran die von Saudi‑Arabien geführte Offensive verurteilt und ein sofortiges Ende der von Saudi‑Arabien geführten Luftangriffe fordert;
D. in der Erwägung, dass während des Jahres 2020 die Kampftätigkeiten insbesondere in und um Dschauf, Ma‘rib, Nihm, Ta‘is, Hudaida, Baida‘ und Abjan mit direkter Unterstützung und Rückendeckung durch Drittstaaten – so seitens der von Saudi-Arabien geführten Koalition für die jemenitische Regierung und seitens der Vereinigten Arabischen Emirate für den Übergangsrat für den Südjemen – zunahmen, während die vom Iran unterstützte Huthi-Bewegung weiterhin den größten Teil des Nord- und Mitteljemen mit 70 % der jemenitischen Bevölkerung kontrolliert; in der Erwägung, dass weiterhin in großem Umfang schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts begangen werden, ohne dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden;
E. in der Erwägung, dass die EU über Berichte über erneute Angriffe der Huthi-Bewegung in den Gouvernements Ma‘rib und Al-Dschauf sowie über wiederholte Versuche, das Hoheitsgebiet Saudi-Arabiens über die Grenze hinweg anzugreifen, besorgt ist; in der Erwägung, dass die erneuten militärischen Operationen und Angriffe insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt die laufenden Bemühungen des VN-Sondergesandten Martin Griffiths sowie die allgemeinen Bemühungen um eine Beendigung des Krieges im Jemen ernsthaft untergraben;
F. in der Erwägung, dass das Mandat der VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger für den Jemen vom Menschenrechtsrat im September 2020 verlängert wurde; in der Erwägung, dass in dem jüngsten Bericht der VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger für den Jemen vom September 2020 aufgezeigt wird, dass alle Konfliktparteien weiterhin in mehrfacher Hinsicht gegen internationale Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht verstoßen, auch durch Angriffe, die womöglich Kriegsverbrechen darstellen;
G. in der Erwägung, dass zu den verifizierten Menschenrechtsverletzungen willkürliche Tötungen, Verschwindenlassen, willkürliche Gefangennahme, geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, Folter und andere Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, die Rekrutierung von Kindern und deren Einsatz bei Feindseligkeiten, die Verweigerung des Rechts auf ein faires Verfahren und Verletzungen der Grundfreiheiten und der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte gehören; in der Erwägung, dass der weit verbreitete Einsatz von Landminen durch die Huthi-Bewegung für Zivilisten eine ständige Bedrohung darstellt und zur Vertreibung beiträgt; in der Erwägung, dass die Huthi-Bewegung, mit der Regierung verbündete Kräfte und die VAE und die von ihnen unterstützten jemenitischen Kräfte unmittelbar für willkürliche Gefangennahmen und Verschwindenlassen verantwortlich sind;
H. in der Erwägung, dass der Jemen und die VAE das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben; in der Erwägung, dass Saudi-Arabien das Römische Statut weder unterzeichnet noch ratifiziert hat; in der Erwägung, dass mehrere Bestimmungen des Römischen Statuts, unter anderem diejenigen über Kriegsverbrechen, dem Völkergewohnheitsrecht entsprechen; in der Erwägung, dass die VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger den VN-Sicherheitsrat aufgefordert hat, den Internationalen Strafgerichtshof mit der Lage im Jemen zu befassen und die Liste der Personen, die Sanktionen des Sicherheitsrates unterliegen, zu erweitern;
I. in der Erwägung, dass am 26. Dezember 2020 von Präsident Abd Rabbuh Mansur Hadi auf der Grundlage des von Saudi-Arabien vermittelten Abkommens von Riad eine neue 24-köpfige jemenitische Regierung vereidigt wurde; in der Erwägung, dass eines der Merkmale der neuen jemenitischen Regierung, deren Grundlage die gemeinsame Machtausübung ist, darin besteht, dass die nördliche und die südliche Region des Landes gleich stark vertreten sind und dass ihr auch fünf Mitglieder des Übergangsrats für den Südjemen angehören; in der Erwägung, dass bedauerlicherweise zum ersten Mal seit über 20 Jahren unter den Regierungsmitgliedern keine Frauen sind; in der Erwägung, dass ein neuer Streit zwischen der international anerkannten Regierung und dem Übergangsrat für den Südjemen über die Ernennung eines Richters ausgebrochen ist, was die Instabilität der gemeinsamen Regierung bestätigt; in der Erwägung, dass ein erneuter militärischer Konflikt zwischen den Kräften der international anerkannten Regierung (unterstützt von einer von Saudi-Arabien geführten Koalition) und der Huthi-Bewegung ausgebrochen ist; in der Erwägung, dass Frauen seit dem Beginn des Konflikts in keiner Weise in den Verhandlungsprozess eingebunden sind, dass ihnen indes bei der Suche nach einer dauerhaften Lösung des Konflikts nach wie vor eine zentrale Rolle zukommt;
J. in der Erwägung, dass der Krieg zu der weltweit schwersten humanitären Krise geführt hat und fast 80 % der Bevölkerung – mehr als 24 Millionen Menschen – humanitäre Hilfe benötigen, darunter über 12 Millionen Kinder; in der Erwägung, dass sich die Lage vor Ort weiter verschlechtert, da bereits 50 000 Jemeniten unter Bedingungen leben, die einer Hungersnot gleichen; in der Erwägung, dass nach der jüngsten Analyse der „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC) (ernährungssicherheitsbezogene Klassifizierung) für den Jemen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, nämlich 16,2 Millionen von 30 Millionen Menschen, mit Ernährungsunsicherheit konfrontiert sein wird, die die Ausmaße einer Krise annehmen wird, und dass sich die Zahl der Menschen, die unter Bedingungen leben, die mit einer Hungersnot vergleichbar sind, fast verdreifachen könnte; in der Erwägung, dass bisher nur 56 % der 3,38 Mrd. USD, die für die humanitäre Hilfe im Jahr 2020 benötigt werden, eingegangen sind;
K. in der Erwägung, dass COVID-19 und die damit verbundenen sozioökonomischen Auswirkungen den Zugang zur Gesundheitsversorgung weiter erschweren und das Risiko von Unterernährung verstärken; in der Erwägung, dass es zu einem Cholera-Ausbruch gekommen ist, der mit über 1,1 Millionen gemeldeten Fällen der schwerste in der jüngeren Vergangenheit ist;
L. in der Erwägung, dass der anhaltende Konflikt die Fortschritte des Jemen beim Erreichen der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDG), insbesondere SDG 1 (die Armut beenden) und SDG 2 (den Hunger beenden), stark behindert hat; in der Erwägung, dass die Entwicklung des Jemen durch den Konflikt um mehr als 20 Jahre zurückgeworfen wurde; in der Erwägung, dass sich der Rückstand bei der Erfüllung der SDG weiter vergrößern wird, solange der Konflikt anhält;
M. in der Erwägung, dass sich im Norden des Jemen zum dritten Mal seit 2019 eine Krafstoffkrise entwickelt, bei der der Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischer Versorgung und wichtigen Transportmitteln für Zivilisten erheblich eingeschränkt ist; in der Erwägung, dass diese vom Menschen verursachte Krise das direkte Ergebnis des Kampfes zwischen der Huthi-Bewegung und der von den VN anerkannten Regierung des Jemen um die Kontrolle des Kraftstoffs ist;
N. in der Erwägung, dass 2,1 Millionen Kinder akut unterernährt und fast 358 000 Kinder von unter fünf Jahren schwer unterernährt sind; in der Erwägung, dass infolge mangelnder Finanzierung seit April 2020 Kürzungen der Ernährungshilfe in Kraft sind und dass weitere 1,37 Millionen Menschen betroffen sein werden, wenn nicht zusätzliche Mittel bereitgestellt werden; in der Erwägung, dass 530 000 Kinder von unter zwei Jahren womöglich keine Ernährungsdienste mehr erhalten, wenn Programme ausgesetzt werden;
O. in der Erwägung, dass sich die Situation von Frauen durch den Konflikt und aktuell die COVID-19-Pandemie verschlimmert hat; in der Erwägung, dass geschlechtsbezogene und sexuelle Gewalt seit Beginn des Konflikts exponentiell zugenommen haben; in der Erwägung, dass die schon zuvor geringe Kapazität des Strafjustizwesens, auf sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt einzugehen, völlig verloren ging und in Bezug auf Praktiken wie die Entführung und Vergewaltigung von Frauen oder entsprechende Drohungen keine Ermittlungen stattfinden; in der Erwägung, dass in etwa 30 % der vertriebenen Familien das Familienoberhaupt eine Frau ist; in der Erwägung, dass Medikamente für viele chronische Krankheiten nicht mehr erhältlich sind und die Müttersterblichkeit im Jemen zu den höchsten weltweit zählt; in der Erwägung, dass mangelernährte Schwangere und Stillende einem höheren Risiko ausgesetzt sind, sich mit Cholera zu infizieren, und bei ihnen häufiger Blutungen auftreten, was das Risiko von Komplikationen und Todesfällen bei Geburten deutlich erhöht;
P. in der Erwägung, dass die Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger der Vereinten Nationen festgestellt hat, dass die von den VAE unterstützten Kräfte des Sicherheitsgürtels Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt gegen Häftlinge in mehreren Hafteinrichtungen, unter anderem der Koalitionseinrichtung Buraika und dem Bir-Ahmed-Gefängnis, und gegen Migranten und marginalisierte schwarzafrikanische Gemeinschaften verüben sowie LGBTI-Personen bedrohen und schikanieren; in der Erwägung, dass gegen die Huthi-Bewegung glaubwürdige Vorwürfe des Einsatzes von Vergewaltigung und Folter als Kriegswaffe, insbesondere gegen politisch engagierte Frauen und Aktivistinnen, erhoben wurden;
Q. in der Erwägung, dass das Parlament in Anbetracht der im Jemen begangenen schwerwiegenden Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechtsnormen wiederholt ein EU-weites Verbot der Ausfuhr, des Verkaufs, der Modernisierung und der Instandhaltung jeglicher Form von Sicherheitsausrüstung an Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Koalition einschließlich Saudi-Arabiens und der VAE gefordert hat; in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten Verbote von Waffenausfuhren an die Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Koalition verhängt haben, darunter das von Deutschland verhängte Verbot von Waffenausfuhren nach Saudi-Arabien und das von Italien verhängte Verbot von Waffenausfuhren nach Saudi-Arabien und in die VAE, und in der Erwägung, dass weitere Mitgliedstaaten dies erwägen; in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten unter Verstoß gegen den rechtlich verbindlichen Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates zu Waffenausfuhren(7) weiterhin Waffen nach Saudi-Arabien und in die VAE ausführen, die möglicherweise im Jemen eingesetzt werden;
R. in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten Waffenverkäufe an Saudi-Arabien eingestellt und die Weitergabe von Kampfflugzeugen vom Typ F-35 an die VAE bis zu einer Überprüfung ausgesetzt haben; in der Erwägung, dass US-Präsident Biden am 4. Februar 2021 das bevorstehende Ende jeglicher Unterstützung der USA für offensive Einsätze im Krieg im Jemen einschließlich entsprechender Waffenverkäufe angekündigt und einen neuen Gesandten für den Jemen benannt hat;
S. in der Erwägung, dass die Sachverständigengruppe der Vereinten Nationen für den Jemen in ihrem Abschlussbericht vom 22. Januar 2021 festgestellt hat, dass immer mehr Beweise dafür vorliegen, dass Personen oder Einrichtungen im Iran der Huthi-Bewegung erhebliche Mengen an Waffen und Komponenten liefern; in der Erwägung, dass die Huthi-Bewegung weiterhin zivile Ziele in Saudi-Arabien mit Raketen und unbemannten Luftfahrzeugen angreift;
T. in der Erwägung, dass die damalige Regierung der USA am 19. Januar 2021 die Einstufung der Huthi-Bewegung Ansar Allah als terroristische Organisation annahm; in der Erwägung, dass trotz der von der US-Regierung gewährten allgemeinen Lizenzen die Auswirkungen der Einstufung auf die Möglichkeit, Lebensmittel, Kraftstoff und Arzneimittel in das Land einzuführen, nach wie vor äußerst besorgniserregend sind; in der Erwägung, dass die neue US-Regierung am 5. Februar 2021 bekanntgab, sie werde Ansar Allah von der Liste ausländischer terroristischer Organisationen und der Liste gesondert ausgewiesener weltweiter Terroristen streichen;
U. in der Erwägung, dass die Verschlechterung der politischen und sicherheitspolitischen Lage im Jemen zur Ausweitung und Festigung der Präsenz terroristischer Gruppierungen im Land geführt hat, darunter Ansar al-Scharia, auch bekannt als Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel, und die sogenannte Provinz Jemen von Da’esh, die weiterhin kleine Teile des Gebiets kontrollieren, sowie der militärische Flügel der Hisbollah, der in der EU-Liste terroristischer Organisationen geführt wird;
V. in der Erwägung, dass ein stabiler, sicherer und demokratischer Jemen mit einer funktionierenden Regierung für die internationalen Bemühungen um die Bekämpfung des Extremismus und der Gewalt in der Region und darüber hinaus sowie für die Gewährleistung von Frieden und Stabilität im Jemen selbst von entscheidender Bedeutung ist;
W. in der Erwägung, dass die Wirtschaft des Jemen zwischen 2015 und 2019 um 45 % geschrumpft ist; in der Erwägung, dass die Wirtschaft des Landes, die schon vor dem Konflikt fragil war, schwer getroffen wurde und Hunderttausende Familien keine feste Einkommensquelle mehr haben; in der Erwägung, dass der Jemen 90 % seiner Lebensmittel durch kommerzielle Einfuhren bezieht, die von Hilfsorganisationen nicht ersetzt werden können, und dass humanitäre Organisationen Bedürftigen Lebensmittelgutscheine oder Bargeld zur Verfügung stellen, damit sie auf den Märkten einkaufen können; in der Erwägung, dass 70 % der jemenitischen Einfuhren an Hilfs- und Handelsgütern über den von den Huthis kontrollierten Hafen Hudaida und den nahe gelegenen Hafen Salif ins Land kommen und Lebensmittel, Treibstoffe und Arzneimittel liefern, die die Bevölkerung zum Überleben benötigt;
X. in der Erwägung, dass Geschäftemacherei umfassend dokumentiert ist, wobei die wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen des Landes sowohl von der Regierung des Jemen als auch von der Huthi-Bewegung zweckentfremdet werden, was verheerende Auswirkungen auf die jemenitische Bevölkerung hat; in der Erwägung, dass im Abschlussbericht der Sachverständigengruppe der Vereinten Nationen festgestellt wird, dass die Huthi-Bewegung im Jahr 2019 mindestens 1,8 Mrd. USD zweckentfremdet hat, die für die Regierung zur Zahlung von Gehältern und zur Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen für die Bürger bestimmt waren; in der Erwägung, dass in dem Bericht auch hervorgehoben wird, dass die Regierung in Geldwäsche- und Korruptionspraktiken verwickelt ist, die den Zugang zu einer angemessenen Nahrungsmittelversorgung der jemenitischen Bevölkerung beeinträchtigen, was einen Verstoß gegen das Recht auf Nahrung darstellt, einschließlich der illegalen Umleitung von 423 Mio. USD saudischer Gelder, die ursprünglich für den Erwerb von Reis und anderen Gütern für die jemenitische Bevölkerung bestimmt waren, an Händler;
Y. in der Erwägung, dass der Sprecher des Generalsekretärs der Vereinten Nationen betont hat, dass der humanitären und ökologischen Bedrohung, die das Austreten von 1 Mio. Barrel Öl aus dem vor Ras Isa (Jemen) liegenden Öltanker „FSO Safer“ darstellt, dringend begegnet werden muss; in der Erwägung, dass der rasche Verfall des Tankers die ernste Gefahr einer größeren Ölpest birgt, die katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt hätte sowie die biologische Vielfalt zerstören und die Lebensgrundlage der lokalen Küstengemeinden im Roten Meer dezimieren würde; in der Erwägung, dass trotz der drohenden Gefahr einer ökologischen Katastrophe die lang erwartete Inspektion des 44 Jahre alten Öltankers auf März 2021 verschoben wurde;
1. verurteilt die seit 2015 andauernde Gewalt im Jemen, die zur weltweit schwersten humanitären Krise geführt hat, aufs Schärfste; weist darauf hin, dass es keine militärische Lösung für den Konflikt im Jemen geben kann und dass die Krise nur durch einen inklusiven Verhandlungsprozess unter jemenitischer Führung und in jemenitischer Eigenverantwortung unter Beteiligung aller Viertel der jemenitischen Gesellschaft und aller Konfliktparteien beigelegt werden kann; betont, dass alle Parteien in gutem Glauben Verhandlungen aufnehmen sollten, die zu tragfähigen politischen und sicherheitspolitischen Vereinbarungen im Sinne der Resolution 2216 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, der gemeinsamen Umsetzungsmechanismen der Mission der Vereinten Nationen zur Unterstützung des Hudaida-Abkommens und der globalen Waffenruhe, wie in der Resolution 2532 (2020) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gefordert wird, führen, damit der Krieg beendet und die derzeitige humanitäre Krise gelindert wird;
2. ist entsetzt über die verheerende humanitäre Krise, die sich in dem Land abspielt; fordert alle Parteien auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die rasche und ungehinderte Durchfahrt humanitärer Hilfsgüter und anderer für die Bevölkerung unentbehrlicher Güter und den ungehinderten Zugang zu medizinischen Einrichtungen sowohl im Jemen als auch im Ausland zu ermöglichen; äußert besonders seine Bestürzung über die jüngste Bewertung im Rahmen der Integrierten Phasenklassifikation zur Ernährungssicherheit, die zeigt, dass 50 000 Menschen im Jemen unter Bedingungen leben, die mit einer Hungersnot vergleichbar sind, eine Zahl, die sich bis Juni 2021 voraussichtlich verdreifachen wird, selbst wenn das derzeitige Hilfsniveau aufrechterhalten wird;
3. begrüßt, dass die EU seit 2015 mehr als 1 Mrd. EUR an politischer, entwicklungspolitischer und humanitärer Hilfe für den Jemen bereitgestellt hat; begrüßt die Zusage der EU, die humanitäre Hilfe für den Jemen im Jahr 2021 zu verdreifachen; ist jedoch besorgt darüber, dass dies nach wie vor nicht ausreichen wird, um das Ausmaß der Herausforderungen, vor denen der Jemen steht, zu bewältigen; bedauert, dass die Finanzierungslücke für den Jemen im Jahr 2019 auf 50 % gestiegen ist; weist erneut darauf hin, dass das Ausmaß und die Schwere der Krise der Ausgangspunkt der Haushaltsdebatten sein sollten; fordert die EU auf, im Rahmen der Programmplanung für das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit zusätzliche Mittel zur Verbesserung der Lage im Jemen bereitzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten generell nachdrücklich auf, bei den internationalen Bemühungen um eine rasche Aufstockung der humanitären Hilfe weiterhin eine Führungsrolle zu übernehmen, unter anderem, indem sie die Zusagen einhalten, die sie auf der Geberkonferenz für den Plan für humanitäre Maßnahmen im Jemen im Juni 2020 gemacht haben;
4. weist darauf hin, dass die Ausbreitung von COVID-19 die kollabierende Gesundheitsinfrastruktur des Landes vor zusätzliche schwere Herausforderungen stellt, da es den Gesundheitseinrichtungen an der grundlegenden Ausstattung mangelt, um COVID-19 behandeln zu können, und da das Gesundheitspersonal keine Schutzausrüstung hat, zumal die meisten kein Gehalt beziehen, was dazu führt, dass sie sich nicht zum Dienst melden; appelliert an alle internationalen Geber, die Bereitstellung von Soforthilfe zu verstärken, um das Gesundheitssystem vor Ort zu unterstützen und ihm zu helfen, die Ausbreitung der derzeitigen tödlichen Infektionskrankheiten im Jemen, zu denen auch COVID-19, Malaria, Cholera und Denguefieber gehören, einzudämmen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu Impfstoffen im Jemen, auch in Lagern für Binnenvertriebene, über die Fazilität COVAX zu erleichtern, und zwar im Rahmen ihrer Bemühungen um einen gleichberechtigten und globalen Zugang zu Impfstoffen gegen COVID-19, insbesondere unter den am stärksten gefährdeten Personen;
5. unterstützt die Bemühungen des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für den Jemen, Martin Griffiths, den politischen Prozess voranzubringen und einen sofortigen landesweiten Waffenstillstand zu erreichen; fordert, dass der Sondergesandte uneingeschränkten und ungehinderten Zugang zum gesamten Gebiet des Jemen erhält; fordert den HR/VP und alle Mitgliedstaaten auf, Martin Griffiths politisch zu unterstützen, um auf dem Verhandlungsweg zu einer Einigung zu kommen, in die alle Gruppen einbezogen sind; fordert den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ diesbezüglich auf, seine jüngsten Schlussfolgerungen zum Jemen vom 18. Februar 2019 zu überarbeiten und zu aktualisieren, um der aktuellen Lage im Land Rechnung zu tragen; fordert die EU und alle ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weiterhin mit allen Konfliktparteien zusammenzuarbeiten und die Umsetzung des Abkommens von Stockholm und des Entwurfs einer politischen Erklärung der Vereinten Nationen als notwendige Schritte zu einer Deeskalation und politischen Einigung zu bekräftigen;
6. ist davon überzeugt, dass bei jeder langfristigen Lösung die grundlegenden Ursachen von Instabilität im Land angegangen werden sollten und den legitimen Anforderungen und Ansprüchen des jemenitischen Volkes Rechnung getragen werden sollte; bekräftigt seine Unterstützung für alle friedlichen politischen Bemühungen, die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit des Jemen zu schützen; verurteilt eine ausländische Einmischung im Jemen, wozu auch die Anwesenheit von ausländischen Truppen und Söldnern gehört; fordert den sofortigen Abzug aller ausländischen Streitkräfte, damit ein politischer Dialog unter den Jemeniten ermöglicht wird;
7. fordert alle Konfliktparteien auf, ihren Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht nachzukommen und alle Maßnahmen einzustellen, durch die die derzeitige humanitäre Krise verschärft wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die schwerwiegenden Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die seit Ende 2014 von allen Konfliktparteien begangen wurden, einschließlich der Luftangriffe der von Saudi-Arabien geführten Koalition, die Tausende zivile Opfer gefordert haben, die Instabilität des Landes verschärft haben und auf nichtmilitärische Ziele wie Schulen, Wasserspeicher und Hochzeitsgesellschaften gerichtet waren, auf das Schärfste zu verurteilen und auch die Huthi-Angriffe auf saudi-arabische Ziele auf jemenitischem Staatsgebiet zu verurteilen;
8. fordert Saudi-Arabien auf, seine Blockade von Schiffen, die Kraftstoff für von den Huthis kontrollierte Gebiete befördern, unverzüglich einzustellen; bekräftigt, dass alle Parteien dringend davon absehen müssen, das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung zu verwenden, da dies einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer xxv des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs darstellt; betont, dass es wichtig ist, eine Einigung zwischen den beiden Parteien im Norden und Süden über die Verwendung von Kraftstoffen zu erzielen, um die Krise in den Bereichen Wirtschaft, ´Landwirtschaft, Wasserversorgung, Medizin, Energie und Verkehr zu mildern, die durch den Einsatz von Kraftstoffen als Waffe im Wirtschaftskrieg verstärkt wurde;
9. verurteilt die jüngsten Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Bewegung in den Gouvernements Ma’rib und Al-Dschauf sowie die wiederholten Versuche, über die Grenze hinweg Angriffe auf das Hoheitsgebiet Saudi-Arabiens zu führen, durch die die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft untergraben werden, diesen Stellvertreterkrieg im Jemen zu beenden;
10. unterstützt alle vertrauensbildenden Maßnahmen mit den Konfliktparteien, wobei besonderes Augenmerk auf diejenigen Maßnahmen zu legen ist, mit denen sich die humanitären Bedürfnisse unmittelbar lindern lassen, wie die vollständige Wiedereröffnung des Flughafens von Sanaa, die Wiederaufnahme der Gehaltszahlungen, die Umsetzung von Mechanismen, die einen dauerhaften Betrieb der Seehäfen ermöglichen, um die Einfuhr von Kraftstoff und Nahrungsmitteln zu erleichtern, sowie Bemühungen, der Zentralbank des Jemen Mittel zur Verfügung zu stellen und sie zu unterstützen; fordert die Europäische Union und alle Mitgliedstaaten auf, ein wirtschaftliches Rettungspaket für den Jemen bereitzustellen, das auch Devisenhilfe, mit der zur Stabilisierung der Wirtschaft und des Jemen-Rials beigetragen wird und weitere Erhöhungen der Nahrungsmittelpreise verhindert werden, sowie die Bereitstellung von Devisenreserven zur Subventionierung kommerzieller Einfuhren von Nahrungsmitteln und Kraftstoff und zur Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst einschließt;
11. bedauert das Fehlen von Frauen in der neuen jemenitischen Regierung – der ersten ohne weibliche Mitglieder seit 20 Jahren – und fordert die jemenitische Regierung auf, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um die gleichberechtigte Vertretung, Präsenz und Teilhabe von Frauen im politischen Leben des Landes sicherzustellen;
12. betont, dass Waffenexporteure mit Sitz in der EU, die den Konflikt im Jemen anheizen, mehrere Kriterien des rechtlich verbindlichen Gemeinsamen Standpunktes des Rates 2008/944/GASP zu Waffenausfuhren nicht einhalten; bekräftigt in Anbetracht der im Jemen begangenen schwerwiegenden Verstöße gegen Vorschriften des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte seine Forderung nach einem EU-weiten Verbot der Ausfuhr, des Verkaufs, der Modernisierung und der Instandhaltung jeglicher Form von Sicherheitsausrüstung an Mitglieder der Koalition einschließlich Saudi-Arabiens und der VAE;
13. nimmt die Beschlüsse einer Reihe von Mitgliedstaaten zur Kenntnis, Waffenausfuhren nach Saudi-Arabien und in die VAE zu verbieten; betont, dass Waffenausfuhren nach wie vor in die nationale Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Ausfuhr von Waffen an alle Mitglieder der von Saudi-Arabien geführten Koalition einzustellen; fordert den HR/VP auf, über den aktuellen Stand der militärischen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten mit den Mitgliedern der von Saudi-Arabien geführten Koalition zu berichten; verurteilt die Lieferung erheblicher Mengen an Waffen und Komponenten an die Huthi-Bewegung durch iranische Personen und Einrichtungen;
14. begrüßt die Aussetzung des Verkaufs von Waffen, die für den Konflikt im Jemen verwendet werden, an Saudi-Arabien und eines 23 Mrd. USD schweren Pakets von Kampfflugzeugen vom Typ F-35 an die VAE durch die USA sowie die jüngste Ankündigung der US-Regierung, dass die Einstellung jeglicher Unterstützung für Angriffsoperationen im Krieg im Jemen, einschließlich der Lieferung präzisionsgesteuerter Flugkörper und des Austauschs nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, kurz bevorsteht; begrüßt es in dieser Hinsicht, dass sich die USA erneut zu einer diplomatischen Beilegung des Konflikts bekannt haben, wie an der jüngsten Ernennung eines Sondergesandten der USA für den Jemen deutlich wird;
15. fordert alle Konfliktparteien im Jemen auf, eine Politik für die Zielauswahl bei Raketen- und Drohnenangriffen festzulegen, die mit den internationalen Menschenrechtsnormen und dem humanitären Völkerrecht im Einklang stehen sollte; fordert den Rat, den HR/VP und die Mitgliedstaaten auf, die Haltung der EU im Einklang mit dem Völkerrecht zu bekräftigen und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten Schutzvorkehrungen treffen, damit nachrichtendienstliche Erkenntnisse, Kommunikationsinfrastruktur und Militärstandorte nicht dazu verwendet werden, außergerichtliche Tötungen zu ermöglichen; wiederholt seine Forderung nach der Annahme eines rechtsverbindlichen Beschlusses des Rates über den Einsatz bewaffneter Drohnen und die Einhaltung der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts;
16. ist zutiefst besorgt darüber, dass kriminelle und terroristische Vereinigungen, darunter Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel und der IS/Da‘esh, im Jemen weiterhin vertreten sind; fordert alle Konfliktparteien auf, entschlossen gegen derartige Gruppierungen vorzugehen; verurteilt sämtliche Handlungen aller terroristischen Organisationen;
17. begrüßt die Entscheidung der neuen US-Regierung, die von der vorherigen US-Regierung getroffene Entscheidung, die Huthi-Bewegung, auch bekannt als Ansar Allah, als ausländische terroristische Organisation und gesondert ausgewiesene weltweite Terroristen einzustufen, umgehend zu widerrufen;
18. fordert den Rat auf, die Resolution 2216 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vollständig umzusetzen, indem er die Personen, die die Erbringung humanitärer Hilfe blockieren, und diejenigen, die im Jemen Handlungen, die gegen internationale Menschenrechtsnormen oder das humanitäre Völkerrecht verstoßen, oder Handlungen, die Menschenrechtsverstöße darstellen, planen, leiten oder begehen, ermittelt und gegen sie gezielte Maßnahmen verhängt; weist darauf hin, dass trotz Informationen über wiederholte Verstöße der Koalition, die von der Gruppe unabhängiger namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger der Vereinten Nationen gesammelt wurden, die Informationen beisteuert, um die vollständige Umsetzung der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu unterstützen, der Sanktionsausschuss keine zur Koalition gehörenden Personen für Sanktionen benannt hat;
19. fordert nachdrücklich ein Ende aller Formen sexueller und geschlechtsbezogener Gewalt gegen Frauen und Mädchen, auch gegen diejenigen, die sich in Haft befinden; fordert die EU in diesem Zusammenhang auf, gezielte finanzielle Unterstützung für lokale Frauenorganisationen und Frauenrechtsorganisationen bereitzustellen, um Frauen, Mädchen und die Überlebenden von geschlechtsbezogener Gewalt besser zu erreichen, sowie für Programme, die darauf abzielen, Frauen widerstandsfähig zu machen und ihre wirtschaftliche Stellung zu stärken;
20. bekräftigt, dass es zwingend notwendig ist, Kinder zu schützen und zu gewährleisten, dass sie ihre Menschenrechte uneingeschränkt wahrnehmen können; fordert diesbezüglich alle Konfliktparteien auf, der Rekrutierung und dem Einsatz von Kindern als Soldaten in dem bewaffneten Konflikt ein Ende zu setzen und die Demobilisierung und wirksame Entwaffnung von Jungen und Mädchen, die rekrutiert oder bei Kampfhandlungen eingesetzt werden, weiter sicherzustellen, und fordert sie nachdrücklich auf, die gefangenen Personen freizulassen und mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um wirksame Programme für ihre Rehabilitation, ihre körperliche und psychische Genesung und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft durchzuführen;
21. fordert alle Parteien auf, sämtliche Angriffe gegen die Meinungsfreiheit, auch durch Festnahme, Verschwindenlassen und Einschüchterung, sofort einzustellen und alle Journalisten und Menschenrechtsverteidiger, die nur festgehalten werden, weil sie ihre Menschenrechte wahrgenommen haben, freizulassen;
22. ist zutiefst besorgt über Berichte über die Verweigerung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, einschließlich Diskriminierung, unrechtmäßiger Inhaftierung und Anwendung von Gewalt, fordert die Achtung und den Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Glaubensfreiheit und verurteilt Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, insbesondere von Christen, Juden und anderen religiösen Minderheiten und Nichtgläubigen in Fällen, die die Verteilung humanitärer Hilfe betreffen; fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung der Anhänger des Bahai-Glaubens, die derzeit wegen der friedlichen Ausübung ihrer Religion inhaftiert sind und denen eine Anklage droht, auf die die Todesstrafe steht, und die Beendigung ihrer Verfolgung;
23. bedauert den Schaden, der dem jemenitischen Kulturerbe durch die Luftangriffe der von Saudi-Arabien geführten Koalition entstanden ist, unter anderem an der Altstadt von Sanaa und der historischen Stadt Sabid, und durch die Bombardierung des Nationalmuseums Ta‘is und die Plünderung von Handschriften und Relikten aus der historischen Bibliothek von Sabid durch die Huthi-Bewegung; betont, dass gemäß der Haager Konvention von 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten alle Personen, die solche Taten begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden müssen; fordert die Aussetzung der Stimmrechte Saudi-Arabiens und der VAE in den Leitungsgremien der Unesco bis zu einer unabhängigen und unparteiischen Untersuchung der jeweiligen Verantwortung beider Staaten für die Zerstörung kulturellen Erbes; ersucht den Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Sicherheitsrat mit einer Resolution zu der Frage des Schutzes aller Kulturstätten, die vom Konflikt im Jemen bedroht sind, zu befassen;
24. bekräftigt, dass dringend eine Bewertungs- und Reparaturmission der Vereinten Nationen für das als schwimmende Lagereinheit (FSO) benutzte Schiff Safer durchgeführt werden muss, das verlassen vor dem Hafen von Hudaida liegt und die unmittelbare Gefahr einer großen Umweltkatastrophe für die biologische Vielfalt und für die Lebensgrundlage der örtlichen Küstengemeinden am Roten Meer birgt; fordert, dass die EU alle erforderliche politische, technische oder finanzielle Unterstützung leistet, damit ein technisches Team der Vereinten Nationen an Bord der FSO Safer gehen darf, was dringend notwendig ist, um eine Ölpest zu verhindern, die viermal schlimmer sein könnte als die historische Ölpest der Exxon Valdez im Jahr 1989 in Alaska;
25. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, alle ihnen verfügbaren Instrumente zu nutzen, um alle, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen; nimmt die Möglichkeit zur Kenntnis, das Weltrechtsprinzip anzuwenden, um gegen diejenigen, die im Jemen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen; fordert, die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte anzuwenden, um gegen Funktionsträger aller Konfliktparteien, die in schwere Menschenrechtsverletzungen im Jemen, einschließlich des Iran, Saudi-Arabiens und der VAE, verwickelt sind, gezielte Sanktionen wie etwa Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten zu verhängen; fordert den HR/VP und die Mitgliedstaaten auf, die Erhebung von Beweismitteln im Hinblick auf ihre Verwendung in künftigen Strafverfolgungsmaßnahmen zu unterstützen und die Einsetzung einer unabhängigen Kommission in Erwägung zu ziehen, die diesen Prozess überwacht; ist der Ansicht, dass Opfer von Gräuelverbrechen und ihre Familien beim Zugang zur Justiz unterstützt werden sollten;
26. fordert den Menschenrechtsrat auf, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechtslage im Jemen auf seiner Tagesordnung bleibt, indem er das Mandat der VN-Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger für den Jemen immer wieder verlängert und dafür sorgt, dass sie mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird, um ihr Mandat wirksam auszuüben, einschließlich der Sammlung, Aufbewahrung und Analyse von Informationen über Verstöße und Straftaten;
27. bekräftigt seinen Einsatz für die Bekämpfung der Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schweren Menschenrechtsverletzungen in der Welt, auch im Jemen; ist der Ansicht, dass die für solche Verbrechen verantwortlichen Personen ordnungsgemäß strafrechtlich verfolgt und vor Gericht gestellt werden sollten; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, entschlossen darauf hinzuwirken, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Situation im Jemen an den Internationalen Strafgerichtshof verweist und dass die Liste der Personen, gegen die der Sicherheitsrat Sanktionen verhängt, erweitert wird;
28. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats, dem Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten, der Regierung des Jemen, der Regierung des Königreichs Saudi-Arabien, der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate und der Regierung der Islamischen Republik Iran zu übermitteln.
— unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar und zur Lage der Rohingya, insbesondere die Entschließungen vom 22. November 2012(1), vom 20. April 2012(2), vom 20. Mai 2010(3), vom 25. November 2010(4), vom 7. Juli 2016(5), vom 15. Dezember 2016(6), vom 14. September 2017(7), vom 14. Juni 2018(8), vom 13. September 2018(9) und vom 19. September 2019(10),
— unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Februar 2018 und vom 10. Dezember 2018 zu Myanmar/Birma,
— unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 23. April 2020, die geltenden restriktiven Maßnahmen gegen Myanmar um weitere zwölf Monate zu verlängern,
— unter Hinweis auf den am 14. Oktober 2020 per Videokonferenz abgehaltenen sechsten Menschenrechtsdialog zwischen der Europäischen Union und Myanmar,
— unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 1. Februar 2021 zu Myanmar,
— unter Hinweis auf die Erklärung zu Myanmar, die der Hohe Vertreter und Vizepräsident im Namen der Europäischen Union am 2. Februar 2021 abgab,
— unter Hinweis auf den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 23. März 2018 veröffentlichten Bericht des Generalsekretärs über sexuelle Gewalt im Zusammenhang mit Konflikten (S/2018/250),
— unter Hinweis auf die Berichte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen über Myanmar und die Lage der Menschenrechte der Muslime vom Volk der Rohingya und anderer Minderheiten,
— unter Hinweis auf den Bericht der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission für Myanmar vom 22. August 2019 über sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt in Myanmar und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen seiner ethnischen Konflikte (A/HRC/42/CRP.4),
— unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar und des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte sowie auf die Berichte im Rahmen des Aufsichtsmechanismus der IAO,
— unter Hinweis auf die Verfügung des Internationalen Gerichtshofs vom 23. Januar 2020 über das Ersuchen der Republik Gambia um die Angabe vorläufiger Maßnahmen in der Rechtssache betreffend die Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Gambia gegen Myanmar),
— unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,
— unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,
— unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das Protokoll von 1967 zu diesem Übereinkommen,
— unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes,
— unter Hinweis auf Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966,
— unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der diplomatischen Vertretungen in Myanmar vom 29. Januar 2021 zur Unterstützung des Übergangs zur Demokratie und zu den Bemühungen um die Förderung von Frieden, Menschenrechten und Entwicklung in Myanmar,
— unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 1. Februar 2021 zu Myanmar,
— unter Hinweis auf die Erklärung der Außenminister der G7 vom 3. Februar 2021, in der der Staatsstreich in Myanmar verurteilt wird;
— unter Hinweis auf die Presseerklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 5. Februar 2021 zu Myanmar,
— unter Hinweis auf die Presseerklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 4. Februar 2021,
— unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzenden des Verbands südostasiatischer Staaten (ASEAN) vom 1. Februar 2021 zu den Entwicklungen in der Republik der Union Myanmar,
— unter Hinweis auf den IPBPR,
— unter Hinweis auf die Erklärungen des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews,
— gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die unter dem Namen Tatmadaw bekannten Streitkräfte von Myanmar am 1. Februar 2021 den Präsidenten Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi sowie führende Mitglieder der Regierung festgenommen, durch einen Staatsstreich die Macht über die Legislative, Judikative und Exekutive an sich gerissen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt haben, was ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung des Landes ist;
B. in der Erwägung, dass es als Reaktion auf den Staatsstreich in mehreren Städten Myanmars zu Protesten gekommen ist; in der Erwägung, dass sich am 7. Februar 2021 in Rangun etwa 100 000 Menschen friedlich an einer Demonstration gegen den Staatsstreich beteiligt haben; in der Erwägung, dass seit dem 1. Februar 2021 etwa 164 Politiker, Regierungsbeamte, Vertreter der Zivilgesellschaft, Mönche und Schriftsteller rechtswidrig festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte als Reaktion auf die anhaltenden Proteste am 8. Februar in den größten Städten des Landes das Kriegsrecht ausriefen, eine nächtliche Ausgangsperre verhängten und alle Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten;
C. in der Erwägung, dass die Nationale Liga für Demokratie (NLD) bei der Parlamentswahl, die am 8. November 2020 in Myanmar abgehalten wurde, als Wahlsieger 396 von 476 Sitzen (etwa 83 % aller verfügbaren Sitze) gewann; in der Erwägung, dass es sich dabei um die zweite umstrittene Wahl nach fast 50 Jahren Militärdiktatur handelte; in der Erwägung, dass die von den Streitkräften von Myanmar unterstützte Unionspartei für Solidarität und Entwicklung (USDP) nur 33 Sitze erringen konnte; in der Erwägung, dass die NLD gegenüber der Wahl von 2015, der ersten demokratischen Wahl in Myanmar seit 1990, bei der auf sie 360 und auf die USDP 41 Sitze entfallen waren, noch mehr Stimmen erhalten hat; in der Erwägung, dass sich die Streitkräfte bereits geweigert hatten, das Ergebnis der Wahl von 1990 anzuerkennen, bei der die NLD 392 der 492 Sitze gewonnen hatte;
D. in der Erwägung, dass die Wahlbeteiligung bei allen demokratischen Wahlen konstant bei etwa 70 % lag, was davon zeugt, dass die Bürger Myanmars für die Demokratie eintreten;
E. in der Erwägung, dass das neugewählte Parlament am Tag des Staatsstreichs zum ersten Mal zusammentreten sollte; in der Erwägung, dass der demokratisch zum Ausdruck gebrachte Wille der Bevölkerung von Myanmar durch den Staatsstreich der Streitkräfte missachtet wird, und dass dies die Absicht der Streitkräfte widerspiegelt, erneut die alleinige Herrschaft über Myanmar zu übernehmen, so wie es während der Militärherrschaft der Fall war, die offiziell 2012 abgelöst wurde, jedoch in Wirklichkeit nie endete; in der Erwägung, dass die Streitkräfte von Myanmar erklärt haben, nach dem für ein Jahr verhängten Ausnahmezustand werde es Neuwahlen geben, was bedeutet, dass das Land bis dahin ohne parlamentarische Vertretung sein wird;
F. In der Erwägung, dass 70 gewählte Abgeordnete am 4. Februar 2021 trotz des Staatsstreiches der Streitkräfte den parlamentarischen Amtseid abgelegt und gelobt haben, die Aufgaben des Parlaments auszuüben und ihr Mandat als Volksvertreter auszuüben;
G. in der Erwägung, dass die Streitkräfte, die sich der geringen Unterstützung vonseiten der Bevölkerung sehr wohl bewusst sind, nicht bereit waren, das Wahlergebnis zu akzeptieren, und auf weitverbreiteten Wahlbetrug verwiesen haben, ohne Beweise vorzulegen; in der Erwägung, dass die Wahlkommission von Myanmar und die Wahlbeobachter diese Vorwürfe der Streitkräfte nicht bestätigt haben; in der Erwägung, dass die Streitkräfte und ihr politischer Arm, die USDP in den vergangenen Wochen verstärkt Anschuldigungen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl erhoben und die Wahlkommission der Union von Myanmar zum Eingreifen aufgefordert haben; in der Erwägung, dass die Streitkräfte Demonstrationen zur Unterstützung der Streitkräfte organisieren; in der Erwägung, dass schätzungsweise 1,5 Millionen Wähler, die ethnischen Minderheiten in Konfliktgebieten angehören und von denen die meisten Rohingya sind, nicht an den Wahlen teilnehmen durften; in der Erwägung, dass Rohingya gemäß dem Gesetz über die Staatsbürgerschaft von Myanmar „Ausländer“ bzw. „ausländische Gebietsansässige“ sind, wodurch ihnen die Staatsbürgerschaft entzogen wird;
H. in der Erwägung, dass dieser Staatsstreich eindeutig eine Verletzung der Verfassung von Myanmar von 2008 darstellt; in der Erwägung, dass nach der Verfassung von Myanmar allein der Präsident eine zivile Regierung tatsächlich abberufen kann; in der Erwägung, dass der Staatsstreich der Streitkräfte vom 1. Februar 2021 somit verfassungswidrig war, da Präsident Win Myint widerrechtlich verhaftet wurde;
I. in der Erwägung, dass die Streitkräfte General Myint Swe als vorläufigen Präsidenten eingesetzt haben; in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Min Aung Hlaing, der wegen seiner Beteiligung an der Verfolgung der muslimischen Minderheit auf internationalen Sanktionslisten steht, wahrscheinlich weiterhin die wichtigste Führungspersönlichkeit bleiben wird;
J. in der Erwägung, dass die Streitkräfte seit dem Staatsstreich den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft und der Medien stark eingeschränkt haben, etwa durch die vollständige Abschaltung des Internets und von Plattformen der sozialen Medien gehört; in der Erwägung, dass die Streitkräfte von Myanmar von internationalen Beobachtern beschuldigt werden, Falschmeldungen zu verbreiten, um die öffentliche Meinung in Bezug auf den Staatsstreich zu manipulieren; in der Erwägung, dass landesweite Beschränkungen für soziale Medien eingeführt wurden und im Fernsehen ausschließlich der militäreigene Sender Myawaddy ausgestrahlt wird;
K. in der Erwägung, dass die Streitkräfte dafür bekannt sind, politische Rivalen und Kritiker mithilfe abstruser Straftatbestände zu marginalisieren, in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi festgenommen und anschließend angeklagt wurde, mindestens zehn tragbare Funksprechgeräte illegal eingeführt zu haben; in der Erwägung, dass der gestürzte Präsident Win Myint am 1. Februar 2021 inhaftiert wurde, weil er gegen die Coronavirus-Notverordnung verstoßen haben soll, und dass er beschuldigt wird, während des Wahlkampfes im vergangenen Jahr ein vollbesetztes Auto gegrüßt zu haben, in dem seine Anhänger saßen; in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi und Win Myint bis zu drei Jahre Haft drohen, sollten sie für schuldig befunden werden; in der Erwägung, dass ihre Vorstrafen sie dann daran hindern könnten, erneut ein öffentliches Amt zu bekleiden;
L. in der Erwägung, dass sich etwa 100 Gruppen der Bewegung für zivilen Ungehorsam (CDM) angeschlossen haben, die zu Streiks unter anderem im Gesundheitswesen aufgerufen hat;
M. in der Erwägung, dass Myanmar von einer langen Geschichte des demokratischen Kampfes und der Unterdrückung durch die Streitkräfte geprägt ist; in der Erwägung, dass die Streitkräfte seit der Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien im Jahr 1948, insbesondere über den langen Zeitraum von 1962 bis 2015, die Macht fest in ihren Händen hielten, jeden demokratischen Fortschritt, unter anderem in Form zivilgesellschaftlicher Organisationen, weitgehend unterbunden, die Wahrung der Menschenrechte beschnitten und Oppositionelle inhaftiert haben, darunter die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 1991 Aung San Suu Kyi, die im Zeitraum von 1989 bis 2010 überwiegend unter Hausarrest stand;
N. in der Erwägung, dass die geltende Verfassung 2008 in Kraft getreten ist und dass vor der Wahl von Menschenrechtsorganisationen Bedenken geäußert wurden, da mit ihr 25 % der Parlamentssitze den Streitkräften von Myanmar zugesprochen werden, die dadurch jegliche Verfassungsänderungen, für die 75 % der Stimmen erforderlich sind, mit einem Veto verhindern können; in der Erwägung, dass mit der Verfassung außerdem die uneingeschränkte Herrschaft der Streitkräfte über die Sicherheitskräfte und die Polizei sowie über das Innen-, Verteidigungs- und Grenzschutzministerium sichergestellt wird;
O. in der Erwägung, dass sich das Land nach wiederkehrenden Protesten und internen Auseinandersetzungen Anfang der 2010er Jahre allmählich in Richtung einer demokratischen Öffnung bewegte, wodurch immer mehr bürgerliche Freiheiten gewährt und allmählich demokratische Fortschritte erkennbar wurden, was sich auch in der Parlamentswahl von 2015 sowie einer Reihe von Nachwahlen niederschlug, die alle größtenteils von der oppositionellen NLD gewonnen wurden;
P. in der Erwägung, dass es in Myanmar bei dieser heiklen Gemengelage zwar seit 2015 eine halbdemokratische und zivile Regierung gab, sich das Land aber weiterhin in einem fragilen und angespannten Zustand befindet, da sich die prodemokratischen Kräfte und die Streitkräfte von Myanmar zwar weitgehend über bestimmte Projekte zur wirtschaftlichen Entwicklung und Wirtschaftsreformen einig sind, jedoch jeweils grundlegend unterschiedliche Auffassungen vom künftigen Weg ihres Landes haben;
Q. in der Erwägung, dass die demokratische Öffnung Myanmars seit den 2010er Jahren weitgehend auf der Notwendigkeit beruhte, das Land wirtschaftlich zu entwickeln, das aufgrund der Militärherrschaft und der verheerenden Menschenrechtsbilanz unter strengen internationalen Sanktionen litt; in der Erwägung, dass im Zuge der zaghaften demokratischen Reformen einige der internationalen Sanktionen langsam aufgehoben wurden, was wiederum eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte, von der große Teile der Bevölkerung von Myanmar profitierten; in der Erwägung, dass durch den Staatsstreich der Zustand vor dem Demokratisierungsprozess wiederhergestellt worden ist, was den Bedingungen für die Gewährung von Präferenzen nach der Regelung „Alles außer Waffen“ (Everything But Arms – EBA) und für die Aufhebung der Sanktionen zuwiderläuft;
R. in der Erwägung, dass die Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegen die muslimische Minderheit des Landes, und zwar vor allem gegen die Rohingya, die die Regierung von Myanmar nicht als einheimische ethnische Gruppe anerkennt, auch nach der demokratischen Öffnung anhielten und 2017 in tragischer Weise in Gräueltaten kulminierten, die von den Vereinten Nationen als ethnische Säuberung eingestuft wurden und zu einer Massenflucht in das Nachbarland Bangladesch führten; in der Erwägung, dass die Minderheit der Rohingya trotz zahlreicher Appelle der internationalen Gemeinschaft in Myanmar bis zum heutigen Tag weiterhin verfolgt wird;
S. in der Erwägung, dass internationale Aufrufe, die gegen Rohingya gerichtete ethnische Säuberung einzustellen und ihre Lage zu verbessern, von der Regierung von Myanmar weitgehend ignoriert wurden; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament infolgedessen im September 2019 schließlich Aung San Suu Kyi, die zu dem Zeitpunkt Staatsberaterin und Außenministerin von Myanmar war, bis auf weiteres von der Gemeinschaft der Sacharow-Preisträger ausschloss, weil sie nichts gegen diese gut dokumentierten Menschenrechtsverletzungen unternommen hatte; in der Erwägung, dass wegen dieser Menschenrechtsverletzungen seither internationale Sanktionen gegen die Streitkräfte und unter anderem gegen den amtierenden Oberbefehlshaber General Min Aung Hlaing verhängt wurden;
T. in der Erwägung, dass es in Myanmar zahlreiche ethnische Gruppen gibt, darunter die Rohingya, Karen, Arakanesen, Shan und Chin; in der Erwägung, dass interne Konflikte in den letzten Jahrzehnten tragischerweise Tausende von Todesopfern gefordert haben; in der Erwägung, dass durch die jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen im Bundesstaat Kayin allein seit Dezember 2020 4 000 Menschen vertrieben wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte in den vergangenen Jahren mutmaßlich schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Grausamkeiten wie etwa Vergewaltigungen und Kriegsverbrechen begangen haben, so dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) eine Untersuchung eröffnet hat, in deren Rahmen die Lage der Rohingya-Minderheit besonders berücksichtigt wird; in der Erwägung, dass die unabhängige internationale Ermittlungsmission für Myanmar Ermittlungen gegen General Min Aung Hlaing und seine strafrechtliche Verfolgung wegen Völkermord im Norden des Bundesstaats Rakhaing sowie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in den Bundesstaaten Rakhaing, Kachin und Shan forderte;
U. in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) mit seinem Urteil vom 23. Januar 2020 in dem das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und die Rohingya betreffenden Verfahren, das Gambia gegen Myanmar angestrengt hatte, vorläufige Maßnahmen angeordnet hat; in der Erwägung, dass die Regierung von Myanmar, deren Verteidigung vor dem IGH Aung San Suu Kyi in leitender Position übernahm, die Vorwürfe des Völkermords als irreführende und unvollständige Darstellung der Sachlage bezeichnet hat; in der Erwägung, dass die Regierung von Myanmar mit mehreren Erlassen des Präsidenten in begrenztem Maße Schritte gegen die Menschenrechtsverletzungen unternommen hat; in der Erwägung, dass die Regierung wichtige Gesetze, die der Diskriminierung der Rohingya Vorschub leisten, einschließlich des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft aus dem Jahr 1982, noch nicht abgeändert bzw. aufgehoben hat;
V. in der Erwägung, dass die EU immer wieder forderte, die für diese Verbrechen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, und die im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 27. September 2018 und im Dritten Ausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. November 2018 verabschiedeten Resolutionen unterstützte; in der Erwägung, dass die hochrangigsten Militärangehörigen, die die Angriffe gegen die Rohingya befehligten, nach wie vor im Amt sind und am Staatsstreich beteiligt waren; in der Erwägung, dass das Parlament immer wieder die Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Angriffe auf die Volksgruppe der Rohingya verurteilt hat;
W. in der Erwägung, dass die Europäische Union den demokratischen Wandel in Myanmar seit 2013 politisch und finanziell unterstützt und enorme Anstrengungen unternommen hat, um Frieden, Menschenrechte und Entwicklung im Land zu fördern; in der Erwägung, dass die EU im Oktober 2015 als internationaler Beobachter das landesweite Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hat, was Ausdruck ihrer Schlüsselrolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses ist; in der Erwägung, dass die EU im Zeitraum von 2014 bis 2020 Entwicklungshilfe für Myanmar in Höhe von 688 Mio. EUR bereitgestellt hat; in der Erwägung, dass Myanmar im Rahmen der Regelung EBA Handelspräferenzen genießt, die einen zoll- und kontingentfreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt ermöglichen; in der Erwägung, dass der Prozess der verstärkten Herangehensweise im Rahmen der EBA-Regelung mit einem Schwerpunkt auf der Einhaltung der Menschenrechtsübereinkommen und der Wahrung von Arbeitnehmerrechten bereits 2018 eingeleitet wurde;
X. in der Erwägung, dass der Rat die restriktiven Maßnahmen gegen Myanmar am 23. April 2020 um ein Jahr bis zum 30. April 2021 verlängert hat, zu denen auch das Einfrieren der Vermögenswerte von 14 hochrangigen Angehörigen der Streitkräfte, des Grenzschutzes und der Polizei in Myanmar und ein Reiseverbot für diese Personen gehören, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, welche an der Bevölkerungsgruppe der Rohingya und an ethnischen Minderheiten angehörenden Dorfbewohnern und Zivilisten in den Staaten Rakhaing, Kachin und Shan begangen wurden; in der Erwägung, dass keine restriktiven Maßnahmen gegen General Min Aung Hlaing und den stellvertretenden Oberbefehlshaber General Soe Win verhängt wurden;
Y. in der Erwägung, dass schätzungsweise etwa 600 000 Rohingya im Bundesstaat Rakhaing verblieben und nach wie vor diskriminierenden Maßnahmen und Praktiken, systematischen Verletzungen ihrer Grundrechte und willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt, in überfüllten Lagern eingesperrt und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind und nur in äußerst geringem Umfang Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben;
Z. in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Woche vor dem Staatsstreich 350 Mio. USD an Coronavirus-Soforthilfe an Myanmar überwiesen hat;
AA. in der Erwägung, dass die Streitkräfte und ihre Generäle mit umfangreichen Korruptionsvorwürfen konfrontiert sind und über enge Verbindungen zur Wirtschaft von Myanmar verfügen, da sie mächtige Konglomerate besitzen, den Handel mit wertvoller Jade und Holz kontrollieren, Infrastruktur wie Häfen und Dämme verwalten sowie Banken, Versicherungen, Krankenhäuser, Sportstätten und Medienunternehmen betreiben; in der Erwägung, dass der Militärputsch die Fortsetzung internationaler Investitionen, die Aufrechterhaltung des Tourismus und die Weiterführung von Finanzierungen gefährdet;
AB. in der Erwägung, dass der Staatsstreich von zahlreichen internationalen Akteuren wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Japan, Indien, Australien und Kanada verurteilt, kritisiert und mit Besorgnis aufgenommen wurde; in der Erwägung, dass der Vorsitz des ASEAN eine Erklärung abgegeben hat, in der er sich für Dialog, Aussöhnung und die Rückkehr zur Normalität ausgesprochen hat; in der Erwägung, dass der indonesische Präsident Joko Widodo und der malaysische Premierminister Muhyiddin Yassin am 5. Februar 2021 eine Sondersitzung des ASEAN zu diesem Thema forderten;
AC. in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres den Staatsstreich als „absolut inakzeptabel“ bezeichnet hat; in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Presseerklärung abgegeben hat, in der er seine „tiefe Besorgnis“ über die Machtübernahme durch die Streitkräfte in Myanmar zum Ausdruck brachte und die unverzügliche Freilassung der gewählten führenden Politikerin Myanmars Aung San Suu Kyi und des Präsidenten des Landes Win Myint forderte; in der Erwägung, dass China und Russland die Annahme eines schärfer formulierten Textes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhindert haben; in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews, am 7. Februar 2021 eine Erklärung veröffentlicht hat, in der unter anderem der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen nachdrücklich aufgefordert wird, unverzüglich eine Sondersitzung einzuberufen;
AD. in der Erwägung, dass die Vorverfahrenskammer III des Internationalen Strafgerichtshofs am 14. November 2019 entschieden hat, eine Untersuchung der rechtswidrigen Ausweisung von Rohingya aus Myanmar nach Bangladesch zuzulassen; in der Erwägung, dass das Vorgehen der Regierung Myanmars dem neusten UNIFFM-Bericht vom 16. September 2019 zufolge weiterhin Teil eines großflächigen und systematischen Angriffs auf die im Bundesstaat Rakhaing verbliebenen Rohingya ist, der einer Verfolgung und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt;
1. bringt seine Sympathie und seine Unterstützung für die Bevölkerung von Myanmar in ihrem friedlichen und legitimen Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zum Ausdruck;
2. verurteilt die Machtübernahme durch die Streitkräfte von Myanmar unter dem Oberbefehl von General Min Aung Hlaing am 1. Februar 2021 nachdrücklich als einen Staatsstreich und fordert die Streitkräfte auf, das Ergebnis der demokratischen Wahl vom November 2020 uneingeschränkt zu respektieren und, um nicht alle in den vergangenen Jahren erzielten demokratischen Fortschritte zu gefährden, die Zivilregierung unverzüglich wiedereinzusetzen, den Ausnahmezustand zu beenden und allen gewählten Parlamentsabgeordneten die Ausübung ihres Mandats zu ermöglichen, damit die verfassungsmäßige Ordnung und demokratische Normen wiederhergestellt werden; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, die militärische Führung Myanmars, darunter General Min Aung Hlaing, General Soe Win und der kommissarische Präsident Myint Swe, nicht anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen;
3. fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Präsident Win Myint, Staatsberaterin Aung San Suu Kyi, und allen anderen Personen, die unter dem Vorwand der Wahlfälschung oder anderer Vorwürfe, die jeder Grundlage entbehren, widerrechtlich festgenommen wurden; erinnert die Streitkräfte daran, dass ihre Glaubwürdigkeit im Land und international durch diese Art von Vorwürfen weiter erschüttert wird; betont, dass die Streitkräfte von Myanmar darlegen müssen, auf welcher Rechtsgrundlage die inhaftierten Personen festgenommen wurden, und dafür sorgen müssen, dass deren Rechte, darunter der Schutz vor Misshandlung, uneingeschränkt geachtet werden und sie Zugang zu Rechtsanwälten ihrer Wahl und zu ihren Familien haben;
4. verurteilt das scharfe Vorgehen der Streitkräfte gegen unabhängige Aktivisten, die Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft im Anschluss an den Staatsstreich; fordert die unverzügliche Freilassung aller Aktivisten der Zivilgesellschaft sowie aller Mönche und Journalisten, die ausschließlich deswegen verhaftet wurden, weil sie abweichende Meinungen geäußert haben, und beharrt darauf, dass ihr Recht auf friedlichen Protest gegen diesen unrechtmäßigen Staatsstreich nicht eingeschränkt werden darf und dass Zivilpersonen keinerlei Repressalien ausgesetzt werden dürfen;
5. begrüßt, dass am 8. November 2020 die zweite demokratische Wahl in Myanmar stattfand, und fordert alle Seiten auf, den Willen der Menschen in Myanmar uneingeschränkt zu respektieren; fordert alle Seiten nachdrücklich auf, den Übergang Myanmars zur Demokratie fortzusetzen; fordert entschieden, dass beide Kammern der Versammlung der Union unverzüglich einberufen werden, um die vollständig transparente und demokratische Amtseinführung und Ernennung der wichtigsten Führungspersönlichkeiten des Landes, wie etwa des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der neuen Zivilregierung, zu ermöglichen; bekräftigt das Angebot des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, nach dem die Europäische Union bereit ist, den Dialog mit allen wichtigen Interessenträgern zu unterstützen, die den Konflikt in gutem Glauben lösen und eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in Myanmar erreichen wollen;
6. fordert die Streitkräfte auf, das Ergebnis der Parlamentswahl vom 8. November 2020 anzuerkennen, den Ausnahmezustand unverzüglich zu beenden und die Macht an die gewählten zivilen Gremien zu übergeben; weist darauf hin, dass alle Behauptungen, dass es bei der Wahl zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, durch Beweise gestützt und über die dafür zuständigen demokratischen Kanäle untersucht werden müssen, wobei die Entscheidungen der rechtmäßigen staatlichen Stellen umfassend respektiert werden müssen; vertritt die Auffassung, dass die von den Streitkräften am 3. Februar 2021 ernannte derzeitige Wahlkommission der Union nicht legitimiert ist und nicht das Recht hat, die Ergebnisse vergangener oder künftiger Wahlen zu bestätigen; fordert entschieden, dass die vorherige Wahlkommission der Union unverzüglich wieder eingesetzt wird;
7. fordert die Streitkräfte und die rechtmäßig gewählte Regierung von Myanmar unter Präsident Win Myint nachdrücklich auf, gemeinsam mit der Bevölkerung von Myanmar einen freien und fairen Prozess der Ausarbeitung und Einführung einer neuen Verfassung einzuleiten, damit für echte Demokratie gesorgt und ein Staat geschaffen wird, der sich für das Wohlergehen und den Wohlstand aller Menschen in Myanmar einsetzt und der insbesondere die Anerkennung und Vertretung aller ethnischen Gruppen in Myanmar, einschließlich der Rohingya, garantiert und Sicherheit, Freiheit, Harmonie und Frieden für alle sicherstellt;
8. kritisiert aufs Schärfste die Beschneidung der Bürger- und Menschenrechte sowie die Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und verurteilt in diesem Zusammenhang außerdem nachdrücklich die Einschränkung der Medienfreiheit durch die Abschaltung des Internets und die Einschränkung und Sperrung sozialer Medien wie Facebook und Twitter;
9. betont, dass die Unterbrechung der Telekommunikationsverbindungen neben der weiterhin grassierenden COVID-19-Pandemie und dem anhaltenden internen Konflikt, an dem bewaffnete Gruppen beteiligt sind und unter dem die Zivilbevölkerung in mehreren Landesteilen zu leiden hat, eine zusätzliche Bedrohung für die Bevölkerung darstellt; betont daher, dass die Telefon- und Internetverbindungen unverzüglich und vollständig wiederhergestellt werden müssen;
10. weist auf die Erklärung des Vizepräsidenten und Hohen Vertreters hin, der zufolge die Europäische Union erwartet, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sowohl Myanmars als auch ihrer Mitgliedstaaten jederzeit gewährleistet wird, und alle ihr zur Verfügung stehenden Optionen prüfen wird, um zu gewährleisten, dass die Demokratie sich durchsetzt;
11. zollt der Bevölkerung von Myanmar Anerkennung, die Jahrzehnte der Militärherrschaft überstanden hat und die, obwohl sie nur begrenzte demokratische Freiheiten genießen konnte, weiter nach einem demokratischen Myanmar strebt, und würdigt die beeindruckende Wahlbeteiligung von rund 70 % im Jahr 2020, die ein klarer Beleg für den Wunsch der Bürger ist, an den demokratischen Entscheidungsprozessen ihres Landes mitzuwirken;
12. bekräftigt seine entschiedene Unterstützung für die Zivilgesellschaft und die Mitglieder der Demokratiebewegung in Myanmar und fordert die EU und ihre Organe auf, ihre Bemühungen um Fortschritte im Bereich der Zivilgesellschaft trotz der derzeitigen und möglicherweise andauernden Einschränkungen durch die herrschende Militärregierung fortzusetzen;
13. bekräftigt seine grundlegende Überzeugung, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte von grundlegender Bedeutung sind, um Wirtschaftswachstum und Wohlstand nachhaltig und wirklich inklusiv zu gestalten;
14. bekräftigt, dass Aung San Suu Kyi für die Menschen in Myanmar weiterhin eine Symbolfigur für demokratische Bestrebungen und den Wunsch nach einer gerechteren und demokratischeren Zukunft ist, auch wenn sie die Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten in Myanmar nicht angemessen verurteilt hat;
15. ist besorgt über die Zunahme gefälschter und manipulierter Nachrichten, die von den Streitkräften in Myanmar verbreitet werden, und sieht in der zunehmenden Verbreitung derartiger Falschmeldungen in Myanmar eine beunruhigende Entwicklung;
16. weist darauf hin, dass Myanmar seinen Verpflichtungen und Zusagen in Bezug auf die demokratischen Grundsätze und die Menschenrechte nachkommen muss, die ein wesentlicher Bestandteil der Handelsbestimmungen im Rahmen der EBA-Regelung sind; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine Untersuchung gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe a der APS‑Verordnung einzuleiten, mit dem Ziel, die Handelspräferenzen auszusetzen, die Myanmar und insbesondere Unternehmen, die sich im Besitz von Angehörigen der Streitkräfte befinden, in bestimmten Wirtschaftszweigen genießen, und das Parlament ordnungsgemäß auf dem Laufenden zu halten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Druck auf die Streitkräfte zu erhöhen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Rückkehr der gewählten Staatsorgane an die Macht sicherzustellen; fordert die Kommission auf, graduelle Strafmaßnahmen zu erarbeiten, um angemessen auf die bestehenden und mögliche weitere Verletzungen zu reagieren, ohne andere Maßnahmen wie etwa Sanktionen gegen die für den Staatsstreich Verantwortlichen auszuschließen, und dabei gleichzeitig die positiven Auswirkungen der zuvor gewährten Handelspräferenzen auf die Zivilgesellschaft und die zivile Wirtschaft zu berücksichtigen;
17. fordert die Kommission nachdrücklich auf, dringend Empfehlungen an Unternehmen mit Sitz in der EU herauszugeben, um sie auf die Risiken hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte und für ihren eigenen Ruf sowie auf die rechtlichen Risiken aufmerksam zu machen, die Geschäftsbeziehungen mit den Streitkräften von Myanmar in sich bergen; fordert Unternehmen mit Sitz in der EU nachdrücklich auf, ihren Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Menschenrechte umfassend nachzukommen und dafür zu sorgen, dass sie nicht in Verbindung zu den Sicherheitskräften von Myanmar, zu Mitarbeitern der Sicherheitskräfte oder zu Unternehmen, die sich im Besitz oder im Einflussbereich der Sicherheitskräfte befinden, stehen, und dass sie nicht in direkter oder indirekter Weise zu dem scharfen Vorgehen der Streitkräfte gegen Demokratie und Menschenrechte beitragen; fordert Unternehmen mit Sitz in der EU, darunter Mutter- und Tochtergesellschaften, auf, ihre Geschäftsverbindungen in Myanmar unverzüglich einer erneuten Bewertung zu unterziehen und alle Beziehungen mit Unternehmen mit Bezug zu den Streitkräften abzubrechen; weist darauf hin, dass derzeit Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen erarbeitet werden, mit denen EU-Unternehmen und Unternehmen, die im Binnenmarkt tätig sind, Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte auferlegt werden und mit denen dafür gesorgt wird, dass Unternehmen, die an Menschenrechtsverletzungen und an Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Myanmar beteiligt oder in diese verstrickt sind, gemäß den einzelstaatlichen Bestimmungen zur Rechenschaft gezogen werden;
18. fordert die EU-Organe und internationale Finanzinstitute auf, die Finanzgeschäfte der Streitkräfte und ihrer Angehörigen genau zu prüfen und festzustellen, welche Maßnahmen sinnvollerweise ergriffen werden könnten, sollte sich die Lage in Myanmar nicht verbessern oder gar verschlechtern;
19. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, eine internationale Koordinierung zu fördern, um zu verhindern, dass ungenehmigte Güter illegal aus Myanmar ausgeführt werden, insbesondere wenn dies den Streitkräften wirtschaftlich nutzen würde, und um die Erzeugung von illegalen Gütern, insbesondere die Ausbeutung natürlicher Ressourcen etwa durch illegalen Holzeinschlag, zu beenden;
20. fordert den Rat auf, das Waffenembargo der EU gegen Myanmar zu überprüfen und möglicherweise so zu verändern, dass zur Überwachung dienende Geräte und Produkte mit doppeltem Verwendungszweck, die von den Streitkräften bei ihrem scharfen Vorgehen gegen Rechte und Widerstand verwendet werden können, von dem Embargo betroffen sind;
21. fordert die EU auf, Programme weiterzuführen, die den Bürgerinnen und Bürgern des Landes zugutekommen, und die Unterstützung dort zu verstärken, wo dies angesichts der gegenwärtigen Krise erforderlich ist, etwa im Bereich der humanitären Hilfe und der Initiativen zu Förderung der Demokratie; begrüßt die am 1. Juli 2020 von Österreich, Finnland, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Polen getroffene Entscheidung, Myanmar die Aussetzung der Rückzahlung von Schulden in Höhe von 98 Mio. US-Dollar zu gestatten, um das Land dabei zu unterstützen, die schweren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass Entwicklungshilfe nicht über die staatlichen Stellen Myanmars verteilt wird, da diese jetzt in der Hand der Streitkräfte sind;
22. ist der Ansicht, dass der ASEAN bei Bedarf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft für Myanmar kanalisieren kann, wie dies nach den Zerstörungen in Myanmar durch den Zyklon Nargis im Jahr 2008 der Fall war; fordert den ASEAN ferner auf, eine aktive Vermittlungsrolle bei der derzeitigen Krise in Myanmar zu spielen; ist der Ansicht, dass Wahlbeobachtungsmissionen ein wirksames Instrument sein können, über die der ASEAN die Konsolidierung der Demokratie in seinen Mitgliedstaaten unterstützen kann, da diese Missionen dem Wahlprozess ein zusätzliches Maß an Legitimität verleihen;
23. fordert den Hohen Vertreter und Vizepräsidenten auf, eng mit gleichgesinnten Partnern wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Japan, Indien, Australien und Kanada, aber vor allem auch mit den ASEAN-Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und seine Positionen und Initiativen mit ihnen abzustimmen, um möglichst bald die Wiedereinsetzung einer zivilen Regierung in Myanmar zu erreichen;
24. fordert, dass internationalen Menschenrechtsbeobachtern, wie etwa dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar sowie den Vertretern sämtlicher Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, unverzüglicher und ungehinderter Zugang zum gesamten Staatsgebiet von Myanmar gewährt wird; begrüßt die enge Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen im Hinblick auf Myanmar;
25. begrüßt die Erklärung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, in der die sofortige Freilassung aller Festgenommenen gefordert wird; fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, möglichst bald eine Resolution zu verabschieden, mit der der Staatsstreich der Streitkräfte von Myanmar verurteilt wird und klare, verbindliche und durchsetzbare Konsequenzen angedroht werden, wenn die Streitkräfte weiterhin gegen demokratische Verfahren verstoßen;
26. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sich auf der nächsten Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für die Annahme einer Resolution zu Myanmar auszusprechen;
27. fordert China und Russland ferner auf, sich aktiv an der internationalen Diplomatie zu beteiligen und ihrer Verantwortung als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gerecht zu werden, und erwartet, dass sie bei der Prüfung der Lage in Myanmar eine konstruktive Rolle spielen;
28. lobt den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, für seine entschiedenen Worte zu dem Vorgehen der Streitkräfte von Myanmar und begrüßt die Erklärung des ASEAN-Vorsitzes zu den „Entwicklungen in der Republik der Union Myanmar“, in der die Bedeutung des „Festhaltens an den Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und einer verantwortungsvollen Regierungsführung sowie an der Achtung und dem Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ hervorgehoben wird;
29. weist darauf hin, dass Myanmar ein Vielvölkerstaat ist, und fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die unveräußerlichen Rechte aller Volksgruppen uneingeschränkt zu achten; betont, dass die Europäische Union die Maßnahmen der Militärführung in Bezug auf die Minderheiten des Landes, insbesondere die Rohingya, die in der Vergangenheit bereits unter ungeheuerlichen Grausamkeiten gelitten haben, weiterhin genau überwachen wird; bekundet der Regierung und der Bevölkerung Bangladeschs in dieser Hinsicht seinen Dank und seinen Respekt, die ungefähr eine Million Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar aufgenommen haben und weiterhin beherbergen; betont nachdrücklich, dass Myanmar letztlich die Verantwortung für diese Flüchtlinge hat und ihre sichere, humane und geordnete Rückkehr und Wiedereingliederung in Myanmar sicherstellen muss; fordert, dass humanitärer Hilfe umfassend und ungehindert Einlass nach Myanmar gewährt wird;
30. verurteilt erneut auf das Schärfste alle früheren und derzeitigen Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Übergriffe, darunter Morde, Schikanen, Vergewaltigungen und die Zerstörung von Eigentum, die nach den Berichten der UNIFFM und des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen, die die Streitkräfte an der Bevölkerungsgruppe der Rohingya begehen; hebt hervor, dass die Streitkräfte von Myanmar kontinuierlich gegen die internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht verstoßen;
31. begrüßt, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) die 2018 verhängten Sanktionen gegen Angehörige und Amtsträger der Streitkräfte von Myanmar, des Grenzschutzes und der Polizei, die für schwere Menschenrechtsverletzungen gegen die Bevölkerungsgruppe der Rohingya verantwortlich sind, erneut verhängt und ausgedehnt hat, und erwartet, dass diese Personen im Rahmen der Sanktionen kontinuierlich überprüft werden;
32. spricht erneut seine Unterstützung für den Beschluss der Chefanklägerin des IStGH aus, Vorermittlungen zu den Verbrechen gegen die Rohingya aufzunehmen, wie auch für jede angemessene Initiative, die dazu beiträgt, für Gräueltaten verantwortliche Personen, wie etwa die Generäle Min Aung Hlaing und Soe Wen, zur Rechenschaft zu ziehen;
33. fordert den Rat nachdrücklich auf, das Mandat für die geltenden restriktiven Maßnahmen so zu ändern, dass es sich auch auf Verstöße gegen die Demokratie bezieht, und gezielte Sanktionen auf alle Führungspersönlichkeiten der Streitkräfte von Myanmar auszuweiten, darunter alle am Staatsstreich beteiligten Personen und die in ihrem Besitz stehenden Unternehmen;
34. begrüßt in diesem Zusammenhang die Führungsrolle der EU bei der Einrichtung des Unabhängigen Ermittlungsmechanismus der Vereinten Nationen für Myanmar (IIMM), in dessen Rahmen Beweise für die schwersten seit 2011 in Myanmar begangenen internationalen Verbrechen und Verstöße gesammelt, zusammengeführt, gesichert und analysiert werden sollen; fordert Myanmar nachdrücklich auf, sich internationalen Bemühungen um eine Rechenschaftspflicht anzuschließen, etwa indem es dem IIMM endlich uneingeschränkten Zugang zu seinem Staatsgebiet gewährt; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, dafür zu sorgen, dass der IIMM die für die Durchführung seines Mandats erforderliche Unterstützung, auch finanzieller Art, erhält;
35. fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter und die EU-Mitgliedstaaten auf, die Lage in Myanmar aufmerksam zu verfolgen, und fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter auf, dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments regelmäßig Bericht zu erstatten, damit ein angemessener parlamentarischer Meinungsaustausch über diese wichtige und besorgniserregende Situation sichergestellt wird;
36. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem rechtmäßigen Präsidenten und der rechtmäßigen Regierung von Myanmar, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU, der USA, des Vereinigten Königreichs, Japans, Indiens, Australiens und Kanadas, den ASEAN-Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär des ASEAN, der zwischenstaatlichen Kommission für Menschenrechte des ASEAN, der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, dem Unterhaus (Pyidaungsu Hluttaw) der Union Myanmar sowie dem Präsidenten, der Staatsberaterin und den Streitkräften von Myanmar zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Ruanda,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,
– unter Hinweis auf die Grundsätze und Leitlinien für das Recht auf einen fairen Prozess und Rechtsbeistand in Afrika,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Ruanda im Jahr 1975 ratifiziert hat,
– unter Hinweis auf die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung von Gefangenen (die Nelson-Mandela-Regeln) in der 2015 überarbeiteten Fassung,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Kampala zu den Haftbedingungen in Afrika,
– unter Hinweis auf die Schreiben des Hohen Kommissariats der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) vom 30. September 2020 an die Regierungen Ruandas und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zu den Mandaten des Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, der Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen, der Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassens von Personen und der Sonderberichterstatterin über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus,
– unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,
– unter Hinweis auf die Ergebnisse der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu Ruanda vom 25. Januar 2021 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf,
– unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie für den Zeitraum 2020–2024,
– unter Hinweis auf das Wiener Übereinkommen von 1963 über konsularische Beziehungen,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Human Rights Watch vom 10. September 2020 mit Titel „Rwanda: Rusesabagina was forcibly disappeared“ (Ruanda: Paul Rusesabagina wurde gewaltsam verschleppt),
– unter Hinweis auf die Erklärung von Human Rights Watch vom 1. Februar 2021 mit Titel „UN: Countries call out Rwanda’s rights record“ (Vereinte Nationen: Staaten prangern Ruandas Menschenrechtsbilanz an),
– gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die strengen Mediengesetze in Ruanda, die nach dem Völkermord von 1994 erlassen wurden, die Meinungsfreiheit unter Präsident Paul Kagame weiterhin beeinträchtigen; in der Erwägung, dass die Regierung Kritiker und Regierungsgegner in Ruanda im Zuge politisch motivierter Gerichtsverfahren festnehmen, inhaftieren und strafrechtlich verfolgen ließ und weitere Kritiker und Regierungsgegner außerhalb des Landes wiederholt bedrohen ließ, wobei einige von ihnen körperlich angegriffen und sogar getötet wurden;
B. in der Erwägung, dass Ruanda im weltweiten Freiheitsindex eine Punktzahl von 22 von 100 Punkten(1) aufweist und damit als „nicht frei“ eingestuft wird; in der Erwägung, dass die grenzüberschreitenden Repressionsmaßnahmen vonseiten Ruandas in Bezug auf Taktik, Ziele und geografische Reichweite außerordentlich breit gefächert sind und digitale Bedrohungen, Angriffe mit Spähsoftware, die Einschüchterung und Schikanierung von Familienmitgliedern, Mobilitätskontrollen, Auslieferungen und Ermordung umfassen; in der Erwägung, dass die Regierung seit 2014 ruandische Staatsbürger in mindestens sieben Ländern körperlich angreifen ließ;
C. in der Erwägung, dass der Völkermord an den Tutsi in Ruanda weiterhin und dauerhaft auf dem Land und auf der gesamten Region lastet, dem zwischen 800 000 und einer Million Menschen zum Opfer fielen, die aus dem alleinigen Grund, dem Volk der Tutsi anzugehören, grausam ermordet wurden, wobei dieser Völkermord auch mit einem Massaker an den Hutu einherging, die sich dieser Auslöschung widersetzten;
D. in der Erwägung, dass die Stabilität in der Region nach wie vor von den Nachwirkungen des Völkermords und des Bürgerkriegs von 1994 in Ruanda beeinträchtigt wird;
E. in der Erwägung, dass der Menschenrechtsverteidiger und vehemente Kritiker von Präsident Paul Kagame und der von der Ruandischen Patriotischen Front (RPF) geführten amtierenden Regierung, Paul Rusesabagina, der belgischer Staatsbürger und in den USA ansässig ist, am 31. August 2020 in Kigali festgenommen wurde, wobei ihm 13 Taten – darunter Terrorismusfinanzierung, bewaffneter Raub, Entführung, Brandstiftung, versuchter Mord und Körperverletzung – zur Last gelegt wurden; in der Erwägung, dass vier der Anklagepunkte fallen gelassen wurden und dass sich die übrigen Anklagepunkte auf Ereignisse beziehen, die sich im Juni 2018 im Bezirk Nyaruguru und im Dezember 2018 im Bezirk Nyamagabe abgespielt haben;
F. in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina während des Völkermords im Jahr 1994 stellvertretender Leiter des Hôtel des Mille Collines in Kigali war, in dem er 1 268 Tutsi und gemäßigten Hutu, die vor dem Töten flohen, Unterkunft und Schutz bot; in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina ein international anerkannter Menschenrechtsaktivist ist, dessen Geschichte in dem Film Hotel Ruanda erzählt wird; in der Erwägung, dass ihm für diesen lobenswerten Einsatz im Jahr 2005 die Presidential Medal of Freedom verliehen wurde;
G. in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina 2006 die Partei PDR-Ihumure gründete und derzeit Vorsitzender des Mouvement Rwandais pour le Changement Démocratique (ruandische Bewegung für den demokratischen Wandel – MRDC) ist, einer Vereinigung, zu der auch die PDR-Ihumure gehört; in der Erwägung, dass die Front de Libération Nationale (FLN), der militärische Flügel der PDR-Ihumure, für eine Reihe von bewaffneten Angriffen im Jahr 2018 die Verantwortung übernommen hat;
H. in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina am 27. August 2020 unter ungeklärten Umständen zwangsweise von Dubai nach Kigali überführt wurde und erst wieder am 31. August 2020 in der Zentrale der Strafverfolgungsbehörde Rwandan Investigation Bureau (RIB) auftauchte; in der Erwägung, dass das ruandische Gericht verlauten ließ, dass Paul Rusesabagina auf dem internationalen Flughafen von Kigali festgenommen worden sei, was im Widerspruch zu einem früheren Polizeibericht steht, in dem erklärt wurde, dass er im Zuge „internationaler Zusammenarbeit“ festgenommen worden sei; in der Erwägung, dass die Staatsorgane der VAE bestreiten, in irgendeiner Form an seiner Überstellung und anschließenden Festnahme beteiligt gewesen zu sein; in der Erwägung, dass die rechtmäßige Inhaftierung und Überstellung einer verdächtigen Person von einem Land in ein anderes zu dem Zweck, die betreffende Person einem Strafverfahren zu unterziehen, im Wege eines Auslieferungsverfahrens erfolgen sollte, das von einem unabhängigen Gericht überwacht wird;
I. in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina der Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl verweigert wurde; in der Erwägung, dass den internationalen Anwälten, die er mit seiner Verteidigung beauftragt hat, nach wie vor die erforderlichen Vollmachten zu seiner Vertretung verweigert werden;
J. in der Erwägung, dass die Anklageschrift gegen Paul Rusesabagina, seine Verfahrensakte und weitere Unterlagen, die zur Vorbereitung seiner Verteidigung erforderlich sind, am 23. Dezember 2020 vom Direktor des Mageragere-Gefängnisses beschlagnahmt wurden; in der Erwägung, dass der Gefängnisdirektor am 8. Februar 2021 unter Arrest gestellt wurde; in der Erwägung, dass das Verfahren gegen Paul Rusesabagina und 19 weitere Personen, denen Verbindungen zu terroristischen Organisationen zur Last gelegt werden, auf den 17. Februar 2021 verschoben wurde; in der Erwägung, dass der offizielle Grund für diese Verschiebung darin besteht, dass die ruandische Regierung aufgrund der COVID-19-Beschränkungen nicht in der Lage ist, mit ihrem Rechtsbeistand zusammenzutreffen;
K. in der Erwägung, dass die Familie von Paul Rusesabagina äußerst besorgt über seinen Gesundheitszustand ist, da er Krebsüberlebender ist und an einer Störung des Herz-Kreislauf-Systems leidet, wogegen er verschreibungspflichtige Medikamente einnimmt; in der Erwägung, dass die Medikamente, die seine Familie über einen diplomatischen Kurierdienst der belgischen Botschaft in Ruanda versandt hat, Paul Rusesabagina niemals verabreicht worden sein sollen; in der Erwägung, dass er von einem ruandischen Arzt verschriebene Medikamente erhält, ohne zu wissen, welche Art von Wirkstoff darin enthalten ist;
1. verurteilt, dass Paul Rusesabagina gewaltsam verschleppt und illegal überstellt wurde und sich in Isolationshaft befindet;
2. betont, dass das Verschwindenlassen von Paul Rusesabagina im Zeitraum vom 27. bis 31. August 2020 gegen die Verpflichtungen Ruandas im Rahmen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (Artikel 6 und 9), des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Artikel 2 und 16) und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 9) verstößt;
3. weist darauf hin, dass die Auslieferung eines Verdächtigen an ein anderes Land ausschließlich im Wege eines von unabhängiger Seite beaufsichtigten Auslieferungsverfahrens stattfinden sollte, damit die Rechtmäßigkeit des Auslieferungsersuchens gegeben ist und sichergestellt wird, dass das Recht des Verdächtigen auf ein faires Verfahren in dem ersuchenden Land uneingeschränkt gewährleistet wird;
4. verurteilt die Beschränkungen der Grundrechte und Grundfreiheiten sowie den willkürlichen Einsatz von Untersuchungshaft zur Unterdrückung abweichender Meinungen durch die ruandischen Staatsorgane, ohne dass Paul Rusesabagina dabei die Mindestgarantien für ein faires Verfahren gewährt worden wären oder ihm ein regelmäßiger Kontakt zu seiner Familie gestattet worden wäre;
5. fordert die ruandischen Staatsorgane auf, einen vollständigen und stichhaltigen Bericht darüber vorzulegen, wie Paul Rusesabagina festgenommen und nach Kigali überstellt wurde; fordert eine unabhängige, transparente und glaubwürdige internationale Untersuchung der Überstellung und Festnahme von Paul Rusesabagina;
6. zeigt sich zutiefst besorgt darüber, dass die Rechte von Paul Rusesabagina verletzt wurden; fordert die ruandischen Staatsorgane nachdrücklich auf, Paul Rusesabagina ein faires und öffentliches Verfahren vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht zu gewähren, in dem internationale Menschenrechtsnormen Anwendung finden; weist die ruandische Regierung darauf hin, dass sie nach der Afrikanischen Charta und anderen internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumenten, einschließlich des Cotonou-Abkommens und insbesondere dessen Artikel 8 und 96, dazu verpflichtet ist, die Achtung der Grundrechte zu garantieren, wozu auch der Zugang zur Justiz und das Recht auf ein faires Verfahren gehören; fordert die ruandische Justiz auf, dafür zu sorgen, dass Paul Rusesabagina ein zügiges und faires Berufungsverfahren erhält, das den im ruandischen Recht und im Völkerrecht verankerten Normen entspricht;
7. fordert, dass Paul Rusesabagina vertrauliche Konsultationen mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl sowie ein regelmäßiger und sicherer Kontakt zu seiner Familie zugestanden werden; erinnert die ruandischen Staatsorgane daran, dass Paul Rusesabagina berechtigt ist, seine Anklageschrift, die Verfahrensakte und weitere Unterlagen vollständig einzusehen, damit er die Rechtmäßigkeit seiner Festnahme anfechten kann; weist auf den Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung hin;
8. zeigt sich zutiefst besorgt über den Gesundheitszustand von Paul Rusesabagina, insbesondere da eine Exposition gegenüber COVID-19 sein Leben ernsthaft in Gefahr bringen könnte; fordert die Regierung Ruandas auf, die körperliche Unversehrtheit und das psychische Wohlbefinden von Paul Rusesabagina unter allen Umständen zu garantieren und ihm zu ermöglichen, seine üblichen Medikamente einzunehmen; fordert die ruandische Regierung auf, zuzulassen, dass – wie von der belgischen Außenministerin am 4. Februar 2021 gefordert – ein Arzt in Belgien seinen Gesundheitszustand überwacht; fordert die ruandische Regierung auf, überdies dafür zu sorgen, dass allen Häftlingen eine angemessene Gesundheitsversorgung zuteilwird;
9. verurteilt politisch motivierte Gerichtsverfahren, die Verfolgung politischer Gegner und die Vorwegnahme des Ausgangs von Gerichtsverfahren; fordert die ruandischen Staatsorgane mit Nachdruck auf, die Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative und insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen; fordert Ruanda auf, seinen politischen Raum zu öffnen und seine Menschenrechtsbilanz zu verbessern; erwartet, dass Ruanda die vom Menschenrechtsrat in Genf im Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung des Landes ausgestellten Empfehlungen vom 25. Januar 2021 umsetzt;
10. fordert die Regierung Ruandas auf, das Recht auf Protest und das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu achten und eingeschränkt zu fördern und nicht danach zu trachten, diese Rechte einzuschränken;
11. fordert die Regierung Ruandas auf, das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen und das Römische Statut zu ratifizieren, um dem Internationalen Strafgerichtshof als Land beitreten zu können; fordert Ruanda eindringlich auf, dem Unterausschuss der Vereinten Nationen zur Verhinderung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu ermöglichen, seine Besuche wieder aufzunehmen; fordert die ruandischen Staatsorgane auf, ihre Erklärung, kraft deren das Land Einzelpersonen und nichtstaatlichen Organisationen die Einreichung von Beschwerden vor dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker ermöglicht, dringend zu überarbeiten und diese Erklärung wieder in Kraft zu setzen;
12. fordert die Europäische Union auf, umgehend zu handeln, um sicherzustellen, dass die Rechtmäßigkeit der Verhaftung Paul Rusesabaginas und des Gerichtsverfahrens gegen ihn untersucht wird und dass seine Rechte als EU-Bürger in allen Phasen dieses Verfahrens gewahrt werden; fordert die EU-Delegation in Ruanda sowie die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und insbesondere die belgische Botschaft in Ruanda auf, das Gerichtsverfahren gegen Paul Rusesabagina zu beobachten, ihn im Gefängnis zu besuchen und seinen Fall bei ihren jeweiligen Aussprachen mit den ruandischen Staatsorganen zur Sprache zu bringen;
13. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst, die Kommission und den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, den Menschenrechtsdialog mit Ruanda auf höchster Ebene zu intensivieren, damit das Land seinen bilateralen und internationalen Verpflichtungen nachkommt; hebt hervor, dass den Menschenrechten, der Rechtsstaatlichkeit sowie einer transparenten und bürgernahen Regierungsführung im Rahmen der internationalen Entwicklungsarbeit in Ruanda ein viel höherer Stellenwert eingeräumt werden sollte;
14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den EU-Mitgliedstaaten, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Organen der Afrikanischen Union, der Ostafrikanischen Gemeinschaft, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, dem Panafrikanischen Parlament, den Verteidigern von Paul Rusesabagina sowie dem Präsidenten und dem Parlament Ruandas zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2019 zur Menschenrechtslage in Kasachstan(1) und seine früheren Entschließungen zu Kasachstan, einschließlich der Entschließungen vom 18. April 2013(2), 15. März 2012(3) und 17. September 2009(4),
– unter Hinweis auf das Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits, das am 21. Dezember 2015 in Astana unterzeichnet wurde und nach seiner Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten am 1. März 2020 in vollem Umfang in Kraft getreten ist,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juni 2019 zur neuen Strategie der EU für Zentralasien,
– unter Hinweis auf den Länderbericht über Kasachstan im EU-Jahresbericht 2019 über Menschenrechte und Demokratie in der Welt,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter,
– unter Hinweis auf die 17. Sitzung des Kooperationsrats EU-Kasachstan vom 20. Januar 2020, das 12. Treffen im Rahmen des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und Kasachstan vom 26. und 27. November 2020 und die 18. Sitzung des Ausschusses für parlamentarische Kooperation EU-Kasachstan vom 25. September 2020,
– unter Hinweis auf die allgemeine regelmäßige Überprüfung zu Kasachstan des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 12. März 2020,
– unter Hinweis auf das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 1. Februar 2021 zu dem zunehmenden Druck auf nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen in Kasachstan, vom 11. Januar 2021 zur Parlamentswahl in Kasachstan und vom 7. Januar 2021 zu Schritten zur Abschaffung der Todesstrafe,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu ihren vorläufigen Feststellungen und Schlussfolgerungen in Bezug auf die Parlamentswahl in Kasachstan vom 10. Januar 2021,
– gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass in den vergangenen Wochen eine besorgniserregende Verschlechterung der allgemeinen Menschenrechtslage und ein massives Vorgehen gegen Organisationen der Zivilgesellschaft in Kasachstan zu beobachten waren, wobei das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen, massiv beschnitten wurden; in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft und die in Kasachstan tätigen Menschenrechtsorganisationen zunehmendem Druck und Strafmaßnahmen seitens der staatlichen Stellen des Landes ausgesetzt sind, wodurch die Reformbemühungen behindert und die unentbehrlichen Anstrengungen der Zivilgesellschaft eingeschränkt werden;
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Kasachstan am 21. Dezember 2015 ein Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit unterzeichnet haben, das als breiter Rahmen für einen verstärkten politischen Dialog und eine entsprechende Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz, Innenpolitik und vielen anderen Bereichen dienen soll; in der Erwägung, dass in dem Abkommen sehr viel Wert auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie nachhaltige Entwicklung und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit gelegt wird; in der Erwägung, dass das Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit nach seiner Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten am 1. März 2020 in vollem Umfang in Kraft getreten ist;
C. in der Erwägung, dass in der neuen EU-Strategie für Zentralasien besonderes Gewicht auf die Zusammenarbeit der EU mit Zentralasien beim Schutz und der Förderung der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, einschließlich der Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, und auf die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger gelegt wird; in der Erwägung, dass die Europäische Union Kasachstan umfangreiche COVID-19-Soforthilfe leistet, zuletzt durch ihre finanzielle Unterstützung für eine Lieferung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von mehr als acht Tonnen medizinischer Ausrüstung am 29. Januar 2021;
D. in der Erwägung, dass der EAD die Parlamentswahl in Kasachstan vom 10. Januar 2021 als verpasste Gelegenheit bezeichnet hat, die effiziente Umsetzung politischer Reformen und des dazugehörigen Modernisierungsprozesses seit der letzten Wahl unter Beweis zu stellen, wobei seit Langem ausgesprochene Empfehlungen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE (BDIMR) zu verschiedenen Themen noch nicht berücksichtigt wurden, unter anderem in Bezug auf die Grundfreiheiten, die Unparteilichkeit der Wahlbehörde, das aktive und passive Wahlrecht, die Eintragung in das Wahlverzeichnis, die Medien und die Veröffentlichung der Wahlergebnisse; in der Erwägung, dass nach den vorläufigen Feststellungen des BDIMR der OSZE und der Parlamentarischen Versammlung der OSZE der Rechtsrahmen in Kasachstan noch nicht dafür geeignet ist, Wahlen nach internationalen Normen abzuhalten;
E. in der Erwägung, dass das die politische Landschaft wegen systemischer Mängel bei der Achtung der Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit nach wie vor limitiert ist und dass die Wähler aufgrund des Fehlens eines echten politischen Wettbewerbs und einer politischen Opposition keine echte Wahl haben, da seit 2013 keine neuen Parteien registriert wurden; in der Erwägung, dass demokratische Wahlen ein Eckpfeiler für die Verwirklichung politischer Reformen und den Aufbau einer freien und offenen Gesellschaft sind;
F. in der Erwägung, dass zwei Oppositionsbewegungen, die „Köşe partiyası“ und die „Demokratische Wahl Kasachstans“ per geheimen Gerichtsbeschluss verboten und als „extremistische“ Organisationen eingestuft wurden, ohne dass ihnen ein Rechtsbehelf zur Verfügung stünde; in der Erwägung, dass 17 führende Vertreter der „Köşe partiyası“ gemäß Artikel 182 und 405 des kasachischen Strafgesetzbuchs in Untersuchungshaft genommen wurden und ihnen lange Haftstrafen drohen; in der Erwägung, dass Gefangene, die beschuldigt werden, die „Demokratische Wahl Kasachstans“ zu unterstützen, nach wie vor ihre Haftstrafen verbüßen; in der Erwägung, dass 26 politische Gefangene, darunter Almat Jwmağwlov, Äset Äbişev, Kenjebek Äset Äbişev, Ashat Jeksenbaev, Kayrat Klışev, Erbol Esxozin, Abay Begimbetov, Asel Onlabeqqızı, Erkin Sabanşiev, Janat Jamaliev, Diana Baimagambetova, Noyan Raqımjanov und Asqar Kayırbek wegen ihrer Unterstützung dieser Bewegungen politisch verfolgt werden;
G. in der Erwägung, dass die nicht registrierte Oppositionspartei „Demokratische Partei“ an der Wahl nicht teilnehmen durfte, da die Staatsorgane die Partei am 22. Februar 2020 daran gehindert hatten, ihren Gründungskongress in Almaty abzuhalten; in der Erwägung, dass es ohne einen solchen Kongress für eine Partei unmöglich ist, sich registrieren zu lassen; in der Erwägung, dass die Mitglieder der Demokratischen Partei staatlichem Druck ausgesetzt waren, wobei einige wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften festgenommen und andere daran gehindert wurden, zum Veranstaltungsort des Kongresses zu reisen;
H. in der Erwägung, dass die Staatsorgane Kasachstans während des Wahlkampfs und am Wahltag versucht haben, die Maßnahmen zur Kontrolle und Zensur des Internets zu verschärfen, indem sie das Internet wiederholt abgeschaltet und die Bürger gezwungen haben, ein „Zertifikat für die nationale Sicherheit“ zu installieren, mit dem verschlüsselte Kommunikation im Internet abgefangen werden kann; in der Erwägung, dass der Staat das Internet immer stärker kontrolliert, etwa durch Versuche, den Informationsfluss im Internet durch Zensurmaßnahmen zu beschränken, durch Abschaltungen des Internets und durch fortgesetzte Aufforderungen an die Bürger, ein „Zertifikat für nationale Sicherheit“ zu installieren, mit dem die Kommunikation zwischen Internetnutzern unterbunden werden kann;
I. in der Erwägung, dass es während des Wahlkampfs zu Massenverhaftungen kam; in der Erwägung, dass die Staatsorgane am Wahltag in zehn Städten mindestens 350 friedliche Demonstranten widerrechtlich festgenommen haben; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Kasachstans regelmäßig friedliche regierungskritische Proteste verhindern; in der Erwägung, dass durch das Gesetz über friedliche Versammlungen und durch die im Mai 2020 verabschiedeten Änderungen der Gesetze über politische Parteien und über Wahlen die Grundrechte der Bürger Kasachstans missachtet werden;
J. in der Erwägung, dass nach Angaben der internationalen begrenzten Wahlbeobachtungsmission des BDIMR die Tätigkeit unabhängiger Beobachter von den Staatsorganen erschwert und behindert wurde, während regierungsfreundliche Beobachter das Wahlverfahren überwachen durften; in der Erwägung, dass Berichten von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen zufolge eine beträchtliche Zahl unabhängiger Beobachter bei der Parlamentswahl vom 10. Januar 2021 eingeschüchtert, in Verwaltungshaft genommen und mit Geldbußen belegt wurde;
K. in der Erwägung, dass die Medienlandschaft in Kasachstan von staatlichen oder staatlich subventionierten Medienkanälen dominiert wird; in der Erwägung, dass zwischen Januar und Juli 2020 sieben Journalisten tätlich angegriffen wurden und 21 Journalisten, Blogger und engagierte Bürger festgenommen wurden, sieben von ihnen in Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit; in der Erwägung, dass die Staatsorgane 2020 mehr als 38 Strafverfahren gegen Journalisten wegen mutmaßlicher Straftaten wie Verbreitung von Falschinformationen und Anstiftung eingeleitet haben; in der Erwägung, dass die bedeutendsten Oppositionszeitungen des Landes 2016 verboten wurden und dass unabhängige Journalisten nach wie vor drangsaliert werden; in der Erwägung, dass die Staatsorgane gegen den Chefredakteur der unabhängigen Zeitung „Uralskaja Nedelja“, Lukpan Ahmedyarov, Strafanzeige erstattet haben, weil er über die korrupten Machenschaften der örtlichen Eliten berichtet hatte, und dass Saniya Toyken, eine Journalistin der kasachischen Redaktion von Radio Free Europe/Radio Liberty, mehrmals wegen ihrer Berichterstattung über friedliche Kundgebungen und die Parlamentswahl von 2021 tätlich angegriffen und festgenommen wurde;
L. in der Erwägung, dass von Februar bis November 2020 fünf Oppositionelle – Dulat Ağadil, ein Blogger und Folteropfer, sein 17-jähriger Sohn Janbolat Ağadil, der ein wichtiger Zeuge der willkürlichen Verhaftung seines Vaters gewesen ist, Amanbike Xairulla, Serik Orazov und Garifulla Embergenov – getötet wurden oder unter ungeklärten Umständen ums Leben kamen, nachdem sie zuvor wegen ihrer Oppositionstätigkeit ständiger politischer Verfolgung ausgesetzt gewesen waren; in der Erwägung, dass die Staatsorgane diese Todesfälle weder gründlich noch in transparenter Weise untersucht haben; in der Erwägung, dass es äußerst wichtig ist, diejenigen, die für die Anordnung und Ausführung solcher Verbrechen verantwortlich sind, vor Gericht zu stellen und dafür zu sorgen, dass der Verfolgung von engagierten Vertretern der Zivilgesellschaft und von Personen, die sich um die Aufklärung des Schicksals ihrer eigenen Familienangehörigen bemühen, Einhalt geboten wird; in der Erwägung, dass die kasachischen Staatsorgane massiv gegen mindestens 200 engagierte Bürger vorgegangen sind, die an der Gedenkfeier für Dulat Ağadil teilgenommen oder Spendenaktionen für seine Familie und die Familien von politischen Gefangenen organisiert haben; in der Erwägung, dass 57 von ihnen wegen „Extremismus“ angeklagt wurden, darunter Dametkan Aspandiyarova, eine Mutter von drei Kindern, die derzeit unter Hausarrest steht und der nun deswegen bis zu zwölf Jahre Haft drohen, weil sie eine Spendenaktion zur Unterstützung der Familie von Dulat Ağadil organisiert hatte;
M. in der Erwägung, dass in Kasachstans Gefängnissen Folter und Misshandlung weit verbreitet sind, wobei die „Koalition gegen Folter“ jedes Jahr mindestens 200 Fälle von Folter meldet; in der Erwägung, dass die Täter Straflosigkeit genießen, wohingegen die Menschenrechtsverteidigerin Jelena Semjonowa von der Leitung von Gefängniskolonien verklagt wurde, weil sie den Einsatz von Folter im kasachischen Strafvollzugssystem in den sozialen Medien offengelegt hatte;
N. in der Erwägung, dass die Staatsorgane Kasachstans trotz der Appelle, die vom Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen(5), von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und von der Europäischen Union unterbreitet wurden, missbräuchlich auf ein vage formuliertes und übermäßig weit gefasstes Gesetz über die Bekämpfung des Extremismus zurückgreifen, um die Opposition und Menschenrechtsverteidiger strafrechtlich zu verfolgen; in der Erwägung, dass sich nach diesem Gesetz seit dem 22. Oktober 2020 – dem Tag, an dem die Staatsorgane den Wahltermin bekanntgaben – die Zahl der politisch motivierten Strafverfahren verdoppelt hat und auf 99 gestiegen ist, wobei sich diese Verfahren insbesondere auf den Vorwurf des „Extremismus“ gründen; in der Erwägung, dass 69 der Betroffenen, etwa der engagierten Bürgerin Gülzipa Jäukerova, unmittelbar die Verhaftung droht und elf Aktivisten auf der Grundlage konstruierter Vorwürfe des „Extremismus“ unter Hausarrest gestellt wurden;
O. in der Erwägung, dass in jüngster Zeit mehrere unabhängige nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen, darunter ECHO, Erkindik Qanatı, das Internationale Büro für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Kasachstan und die „International Legal Initiative“, auf unklarer Rechtsgrundlage zu hohen Geldstrafen verurteilt und angewiesen wurden, ihre Arbeit ab dem 25. Januar 2020 für bis zu drei Monate auszusetzen; in der Erwägung, dass die Staatsorgane mit Schikanen und strafrechtlicher Verfolgung als Vergeltungsmaßnahmen gegen Menschenrechtsverteidiger vorgehen, die ihre Kontrollfunktion wahrnehmen, darunter Şolpan Janzakova, Anna Schukejewa, Raygül Sadırbaeva, Ayjan Izmakova, Daniyar Xasenov, Altınay Tuksikova, Dana Janay, Nazım Serikpekova, Alma Nuruschewa, Abaybek Sultanov, Zuhra Narıman, Ulbolsın Turdieva, Aliya Jakupova, Roza Musaeva und Barlık Mendıgaziev; in der Erwägung, dass zwischen Oktober und November 2020 mindestens 15 Organisationen die Mitteilung erhielten, sie hätten gegen Artikel 460‑1 des Gesetzbuchs über Ordnungswidrigkeiten verstoßen, weil sie die Behörden angeblich nicht ordnungsgemäß von dem Erhalt ausländischer Finanzmittel in Kenntnis gesetzt haben;
P. in der Erwägung, dass im Jahr 2020 insgesamt 112 Personen, drei Wohltätigkeitsorganisationen und ein Handelsunternehmen verurteilt wurden, weil sie von ihrem Recht auf Religions- oder Glaubensfreiheit Gebrauch gemacht hatten;
Q. in der Erwägung, dass Korruption unter der herrschenden Elite in Kasachstan weit verbreitet ist, wofür Platz 94 auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2020 von Transparency International ein Beleg ist, und dass Korruption ein Hindernis für die Menschenrechte, die soziale Gerechtigkeit und die sozioökonomische Entwicklung ist;
R. in der Erwägung, dass die Regierung inmitten der COVID-19-Pandemie missbräuchlich auf pandemiebedingte Einschränkungen zurückgegriffen hat, um die politische Repression gegen die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger, Oppositionelle und medizinische Fachkräfte zu verstärken, die das Versagen der Regierung bei der Eindämmung der Pandemie anprangerten;
S. in der Erwägung, dass am 21. Januar 2021 zwei ethnische Kasachen, Murager Alimulı und Kayşa Aqanqızı, nach ihrer Flucht aus China – wo sie befürchteten, in Konzentrationslagern inhaftiert zu werden – von unbekannten Angreifern zusammengeschlagen und niedergestochen wurden; in der Erwägung, dass den anhaltenden ethnischen Spannungen in den südlichen Gebieten Kasachstans ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte; in der Erwägung, dass es in Kasachstan nach wie vor zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien kommt, insbesondere im Süden des Landes, wo im Februar 2020 infolge der Zusammenstöße zwischen Kasachen und ethnischen Dunganen elf Menschen zu Tode kamen, Dutzende verletzt wurden und über 23 000 Menschen – überwiegend Dunganen – aus ihrer Heimat vertrieben wurden;
T. in der Erwägung, dass die Staatsorgane Kasachstans missbräuchlich auf Mechanismen der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen zurückgreifen, auch auf Interpol-Rotecken-Ersuchen und Rechtshilfeersuchen, um einen politischen Flüchtling in Belgien, die Rechtsanwältin und Menschenrechtsverteidigerin Bota Jardemali, strafrechtlich zu verfolgen und ihre Dokumente zu beschlagnahmen; in der Erwägung, dass das für Asylrecht zuständige französische Oberverwaltungsgericht (Cour nationale du droit d’asile) am 29. September 2020 dem Gründer der Partei „Demokratische Wahl Kasachstans“, Mwhtar Äblyazov politisches Asyl gewährte, der von einem kasachischen Gericht in Abwesenheit und unter Verstoß gegen das Recht auf Verteidigung zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, weil er darauf hingewiesen hatte, dass der Repressionsapparat Kasachstans systematisch und politisch motiviert vorgeht und in missbräuchlicher Art und Weise auf Zivil- und Strafverfahren zurückgreift;
U. in der Erwägung, dass die Staatsorgane Kasachstans nach wie vor unabhängige Gewerkschaften und ihre gesellschaftlich engagierten Mitglieder ins Visier nehmen; in der Erwägung, dass im Zuge der Änderung des Gewerkschaftsgesetzes im Jahr 2020 die Gewerkschaftszugehörigkeit und die Anforderung der zweistufigen Registrierung abgeschafft wurden; in der Erwägung, dass die Stadtverwaltung von Şımkent trotz dieser Änderung ihre Klage gegen die Industriegewerkschaft Brennstoffe und Energie auf der Grundlage unbegründeter Vorwürfe bzw. nicht mehr geltender oder auf diese Gewerkschaft nicht anwendbarer Bestimmungen fallengelassen hat;
V. in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter in Kasachstan nach wie vor ein Problem ist; in der Erwägung, dass nach Angaben nichtstaatlicher Organisationen Gewalt gegen Frauen kaum zur Anzeige gebracht wird und dass die Strafverfolgungsquote in diesen Fällen und in Fällen sexueller Belästigung niedrig ist; in der Erwägung, dass nach Angaben der Vereinten Nationen durch die COVID-19-Pandemie ein neues Hindernis für Mädchen entstanden ist, was den gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Bildung anbelangt; in der Erwägung, dass es den Opfern an ausreichendem Schutz mangelt und dass Justiz- und Polizeibeamte und die einschlägigen Dienste nicht dafür geschult sind, Gewalt gegen Frauen zu erkennen, zu verhindern und dagegen vorzugehen;
W. in der Erwägung, dass LGBTI-Personen in Kasachstan nach wie vor rechtlichen Problemen gegenüberstehen und diskriminiert werden; in der Erwägung, dass das kasachische Parlament im Juni 2020 diskriminierende Änderungen des neuen Gesundheitsgesetzes angenommen hat, mit denen Aspekte der Gesundheitsversorgung von Transgender-Personen geregelt werden; in der Erwägung, dass das Verfahren zur Änderung der Geschlechtsidentität einer Person in Kasachstan nach wie vor in die Privatsphäre eingreift und demütigend ist;
1. fordert die Regierung Kasachstans nachdrücklich auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten, die auch in den Artikeln 1, 4, 5 und 235 des Abkommens über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit verankert sind; fordert die Staatsorgane Kasachstans auf, bei der Einhaltung des Rechtsrahmens für die Abhaltung von Wahlen die internationalen Normen einzuhalten und die Empfehlungen der internationalen begrenzten Wahlbeobachtungsmission des BDIMR umzusetzen, auch jene zu den in der Verfassung garantierten Grundfreiheiten, der Beteiligung der Zivilgesellschaft, dem politischen Pluralismus, der Unparteilichkeit der Wahlverwaltung, dem aktiven und passiven Wahlrecht, der Eintragung in das Wahlverzeichnis, den Medien und der Veröffentlichung der Wahlergebnisse;
2. fordert die Regierung Kasachstans auf, aus politischen Gründen erhobene Anklagen fallenzulassen und willkürlichen Festnahmen, Repressalien und Schikanen gleich welcher Art, die sich gegen Menschenrechtsverteidiger, religiöse Organisationen, Organisationen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Journalisten und Bewegungen der politischen Opposition richten, ein Ende zu setzen und es den Menschen zu ermöglichen, ihre politischen, religiösen und sonstigen Überzeugungen frei zum Ausdruck zu bringen; fordert die Regierung auf, das neue Gesetz über das Recht auf friedliche Versammlung so zu ändern, dass diese Freiheit gewährleistet ist;
3. fordert die Regierung Kasachstans auf, alle politischen Gefangenen umgehend freizulassen und vollständig zu rehabilitieren, insbesondere Almat Jwmağwlov, Aron Atabek, Nwrgül Kaluova, Saltanat Kusmanqızı, Darın Xasenov, Wlasbek Ahmetov, Kenjebek Äbişev, Erjan Elşibaev, Äset Äbişev, Igor Tschuprina, Ruslan Ğinatullin, Ashat Jeksenbaev, Kayrat Klışev, Erbol Esxozin, Abay Begimbetov, Asel Onlabeqqızı, Erkin Sabanşiev, Janat Jamaliev, Diana Baymagambetova, Noyan Raqımjanov und Asqar Kayırbek, und Maßnahmen wie Untersuchungshaft und Hausarrest sowie die gegen in der Zivilgesellschaft und der Opposition engagierte Bürger, Nutzer sozialer Medien und friedliche Demonstranten verhängten Freiheitsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben; fordert die Regierung Kasachstans auf, die Fälle früherer politischer Gefangener und Opfer von Folter, Eskendir Erimbetov, Max Bokajew und Mwhtar Jäkişev, im Einklang mit den Empfehlungen der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen und des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen zu überprüfen und ihnen eine Entschädigung zu zahlen;
4. begrüßt die Schritte, die die Regierung Kasachstans unternommen hat, um die politisch motivierten Verfahren gegen die Menschenrechtsverteidiger Daniyar Xasenov und Abaybek Sultanov einzustellen, ist jedoch besorgt über die Einleitung eines neuen Strafverfahrens wegen frei erfundenen „Extremismus“ gegen Abaybek Sultanov; fordert die Regierung Kasachstans auf, alle politisch motivierten Anschuldigungen gegen den Philanthropen Barlık Mendıgaziev fallenzulassen und der politisch motivierten strafrechtlichen Verfolgung seiner Familienangehörigen und ehemaligen Weggefährten ein Ende zu setzen;
5. verurteilt den missbräuchlichen Rückgriff auf Gesetze zur Bekämpfung des Extremismus, der sich gegen die Anhänger friedlicher Oppositionsbewegungen, die Demokratische Wahl Kasachstans (Qazaqstannıŋ demokratiyalıq taŋdauı, QDT) und die Köşe Partiyası richtet, und fordert die Staatsorgane nachdrücklich auf, politischen Pluralismus und Wettbewerb zuzulassen; fordert die Regierung Kasachstans nachdrücklich auf, die vom Europäischen Parlament, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates unterbreiteten Empfehlungen umzusetzen, in denen die willkürliche Anwendung von Gesetzen zur Bekämpfung von Extremismus verurteilt wird;
6. fordert Kasachstan auf, Reformen durchzuführen, die darauf abzielen, die Modernisierung des Landes voranzubringen, die Demokratie im Land zu fördern und die Stabilität des Landes zu festigen, die Bemühungen um eine Reform seines politischen Systems zu intensivieren, um Parlamentarismus und ein Mehrparteiensystem aufzubauen, und die Bürgerbeteiligung auszuweiten; stellt fest, dass ein Oberster Rat für Reformen eingerichtet wurde, und nimmt zur Kenntnis, dass die Staatsorgane Kasachstans eine neue Phase von Reformen angekündigt haben, insbesondere in Bezug auf die Strafverfolgung, das Justizsystem und die Priorisierung der Menschenrechte; erachtet es als besonders wichtig, diesen Prozess fortzusetzen, zu dem auch Änderungen des Wahlgesetzes und die vollständige Umsetzung der Empfehlungen des BDIMR der OSZE zählen;
7. fordert die Staatsorgane Kasachstans auf, die Anwendung des Strafgesetzbuches gegen engagierte Bürger, Blogger, Journalisten und andere Personen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben, einzustellen;
8. begrüßt die am 3. Februar 2021 verkündete Entscheidung der Staatsorgane Kasachstans, Geldbußen aufzuheben und nichtstaatlichen Organisationen die Weiterführung ihrer Tätigkeit zu gestatten; fordert, dass das gegen Max Bokajew verhängte dreijährige Betätigungsverbot aufgehoben und es ihm gestattet wird, seine wichtige Arbeit fortzusetzen; fordert die Staatsorgane Kasachstans auf, Finanzberichterstattungssysteme nicht länger als Vorwand heranzuziehen, um Druck auf Menschenrechtsgruppen auszuüben, die unbegründeten Anklagen wegen Ordnungswidrigkeiten gegen Gruppen, denen mutmaßliche Verstöße gegen Berichtspflichten vorgeworfen werden, fallenzulassen, die Rechtsvorschriften und Verfahren für die Meldung von Einkünften ausländischer Herkunft mit internationalen Vorschriften in Einklang zu bringen, unter anderem durch die Aufhebung der Artikel 460‑1 und 460‑2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, und stattdessen die wichtige Arbeit der Zivilgesellschaft zu schützen und zu erleichtern;
9. bekräftigt seine feste Überzeugung, dass durch die Verfolgung unabhängiger nichtstaatlicher Organisationen mittels ungerechtfertigter Steuerprüfungen und die Einschüchterung von Menschenrechtsverteidigern und -bewegungen wie Bostandıq.kz, Femina Virtute, Veritas, 405 und Elimay sowie von engagierten Mitgliedern der Zivilgesellschaft mittels Verwaltungshaft und Geldbußen oder strafrechtlicher Verfolgung nicht nur die von den Staatsorganen bereits unternommenen Reformbemühungen behindert werden, sondern dass dieses Vorgehen auch dem internationalen Ruf Kasachstans schadet;
10. bedauert den besorgniserregenden Zustand der Medienfreiheit im Land und fordert die Regierung Kasachstans auf, ein freies und sicheres Umfeld für unabhängige Journalisten zu schaffen;
11. fordert die Regierung Kasachstans nachdrücklich auf, unabhängigen Gewerkschaften zu gestatten, sich registrieren zu lassen und im Einklang mit den von Kasachstan ratifizierten internationalen Arbeitsnormen ohne jegliche Einmischung oder Schikanen zu arbeiten; bedauert zutiefst, dass das spezialisierte überregionale Wirtschaftsgericht in Şımkent am 5. Februar 2021 die Tätigkeit der Industriegewerkschaft Brennstoffe und Energie sechs Monate lang ausgesetzt hat, weil sie sich angeblich nicht nach Maßgabe des Gewerkschaftsgesetzes registrieren lassen hatte; fordert die Regierung Kasachstans auf, das im Mai 2020 geänderte Gewerkschaftsgesetz sinnvoll umzusetzen;
12. nimmt mit Besorgnis den neuen Gesetzentwurf über Wohltätigkeitsorganisationen zur Kenntnis, der zusätzliche Regulierungsmaßnahmen für zivilgesellschaftliche Organisationen vorschreibt und der Logik und den bewährten Verfahren der Wohltätigkeitsarbeit unmittelbar zuwiderläuft, und nimmt ebenfalls mit Besorgnis die jüngste Initiative zur Gründung einer Vereinigung von Geberorganisationen unter der Schirmherrschaft der Regierung zur Kenntnis, die möglicherweise missbraucht wird, um Geberorganisationen zu kontrollieren, wodurch ihre Unabhängigkeit und die Eigenverantwortung für ihre Tätigkeiten weiter eingeschränkt werden;
13. stellt fest, dass Kasachstan seit 2008, als Kasachstan das Protokoll der Vereinten Nationen zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, ratifiziert hat, seine nationalen Rechtsvorschriften zur strafrechtlichen Verfolgung des Menschenhandels und zum Schutz der Opfer des Menschenhandels erheblich verbessert hat; bekräftigt jedoch, dass Kasachstan nach wie vor eine Reihe von Herausforderungen bewältigen muss, wenn es den Menschenhandel beseitigen will, und zwar sowohl im Hinblick auf die Unterstützung der Opfer als auch auf die strafrechtliche Verfolgung ihrer Ausbeuter;
14. fordert die Staatsorgane auf, sämtliche Formen von Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, auch indem dafür gesorgt wird, dass wirksame und zugängliche Meldekanäle und Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen, mit denen den Bedürfnissen der Opfer und dem Erfordernis der Vertraulichkeit Rechnung getragen wird; fordert nachdrücklich, dass der Straflosigkeit ein Ende gesetzt wird und Maßnahmen ergriffen werden, damit angemessene strafrechtliche Sanktionen gegen Täter, auch in Fällen häuslicher Gewalt, verhängt werden; fordert die Staatsorgane Kasachstans nachdrücklich auf, häusliche Gewalt als eigenständige Straftat unter Strafe zu stellen und dafür Sorge zu tragen, dass strafrechtliche Sanktionen gegen die Täter verhängt werden; fordert die Staatsorgane Kasachstans auf, Unterkünfte und Dienstleistungen für Überlebende häuslicher Gewalt als „wesentliche Dienstleistungen“ zu betrachten und den Zugang zu ihnen auch während der COVID-19-Krise für alle Frauen und Mädchen zu erleichtern; fordert Kasachstan nachdrücklich auf, das Übereinkommen von Istanbul zu unterzeichnen und zu ratifizieren;
15. beharrt darauf, dass die Rechte der LGBTI-Personen uneingeschränkt geachtet werden; fordert die Regierung Kasachstans auf, sicherzustellen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung der LGBTI-Gemeinschaft beachtet wird, unter anderem durch ein gesetzliches Verbot der Diskriminierung wegen der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Ausrichtung; fordert eine effiziente Schulung von Justiz- und Polizeibeamten und der einschlägigen Dienste, damit LGBTI-Personen angemessen betreut und geschützt werden;
16. fordert die Regierung Kasachstans nachdrücklich auf, für die Sicherheit ethnischer Kasachen und anderer Minderheiten, die aus den Konzentrationslagern Chinas geflohen sind, zu sorgen und Murager Alimulı und Kayşa Aqanqızı den dauerhaften Flüchtlingsstatus zu gewähren und den anhaltenden ethnischen Spannungen in seinen südlichen Gebieten ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken;
17. warnt die Staatsorgane Kasachstans vor dem missbräuchlichen Rückgriff auf Mechanismen der justiziellen Zusammenarbeit wie das Roteckensystem von Interpol und Rechtshilfeersuchen mit dem Ziel, Regimegegner im Ausland zu verfolgen und Zugang zu vertraulichen Informationen zu erhalten;
18. begrüßt, das Kasachstan die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft hat, indem es am 2. Januar 2021 das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifiziert hat und damit 88. Vertragspartei geworden ist; fordert die Regierung Kasachstans nachdrücklich auf, ihrer Verpflichtung zur Nulltoleranz gegenüber Folter nachzukommen und dafür zu sorgen, dass etwaige Foltervorwürfe vollständig untersucht und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;
19. fordert die Regierung Kasachstans auf, Folter und Misshandlung in den Gefängnissen abzuschaffen, die Rechte der Gefangenen zu respektieren und für angemessene Lebensbedingungen, Hygiene und ein sicheres Umfeld zu sorgen, um den von COVID-19 ausgehenden Gefahren zu begegnen;
20. fordert Kasachstan auf, angemessene Garantien für personenbezogene Daten einzuführen und die Datenschutzvorschriften zu stärken sowie unter Beachtung der Menschenrechte den Einsatz invasiver digitaler Überwachungstechnologien einzuschränken und einen Rechtsrahmen einzuführen, der die willkürliche und unrechtmäßige digitale Überwachung einschließlich Gesichtserkennung eindeutig verbietet;
21. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, unter anderem auf Gipfeltreffen und anderen hochrangigen Treffen, in multilateralen Foren und durch ihre Vertretungen vor Ort die Zivilgesellschaft nachdrücklich zu unterstützen, zusätzliche Maßnahmen zur Unterstützung der kasachischen Zivilgesellschaft durch die Kommission zu ergreifen, unter anderem, aber nicht ausschließlich durch Ausweitung der Finanzhilfesysteme auf Organisationen der Zivilgesellschaft, die die Menschenrechte, demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit und Grundfreiheiten in Kasachstan fördern, insbesondere Menschenrechtsverteidiger, und die Kontakte zwischen den Menschen mit den Bürgerinnen und Bürgern Kasachstans zu stärken; betont, dass die finanzielle Unterstützung für Kasachstan darauf ausgerichtet sein sollte, die Zivilgesellschaft und die Opfer politischer Verfolgung und nicht das autoritäre Regime zu unterstützen;
22. fordert die EU-Delegation in Kasachstan auf, die Kontakte zu den vor Ort tätigen Mitgliedern der Zivilgesellschaft zu verbessern, indem sie regelmäßig Treffen organisiert und deren Empfehlungen bei den offiziellen Treffen mit Amtsträgern der Regierung Kasachstans zur Sprache bringt;
23. fordert die EU-Delegation in Kasachstan nachdrücklich auf, die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen zu überwachen und öffentlich Stellung zu den Verstößen zu beziehen, Opfer politischer Verfolgung und inhaftierte engagierte Bürger zu unterstützen, indem sie Gerichtsverfahren gegen Regierungskritiker und Menschenrechtsverteidiger beiwohnt und Gefängnisbesuche beantragt, und rasch und entschlossen auf Handlungen zu reagieren, die den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte zuwiderlaufen;
24. weist darauf hin, dass die kürzlich gebilligte globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte es der EU ermöglicht, gegen Personen, Organisationen und Einrichtungen vorzugehen, die an weitverbreiteten und systematischen Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind oder damit in Verbindung stehen, wie im Fall Kasachstans; fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die Mitgliedstaaten auf, die Verhängung gezielter Sanktionen gegen Personen zu erwägen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind;
25. fordert, dass die Menschenrechte im Rahmen der Zusammenarbeit der EU mit Zentralasien an erster Stelle stehen; betont, dass engere politische und wirtschaftliche Beziehungen im Sinne des Abkommens über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit auf gemeinsamen Werten beruhen und einer aktiven und konkreten Verpflichtung Kasachstans zu demokratischen Reformen entsprechen müssen, die sich aus ihren internationalen Verpflichtungen und Zusagen ergeben;
26. fordert die Kommission und den VP/HR auf, das Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit im Lichte der jüngsten Entwicklungen und der Ergebnisse der Überprüfung der Handelspolitik umfassend zu überprüfen;
27. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Sonderbeauftragten der EU für Zentralasien, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament Kasachstans zu übermitteln.
Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus.
Die politische Lage in Uganda
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu der politischen Lage in Uganda (2021/2545(RSP))
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Uganda,
– unter Hinweis auf die am 20. Januar 2021 im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) zu der Wahl in Uganda,
– unter Hinweis auf die Erklärung des HR/VP vom 12. Januar 2021 zur bevorstehenden Parlamentswahl in Uganda,
– unter Hinweis auf die Ausführungen des EU-Botschafters Attilio Pacifici vom 12. Januar 2021 zum Einfrieren von Bankkonten regierungsunabhängiger Organisationen,
– unter Hinweis auf die vor Ort abgegebene gemeinsame Erklärung der Delegation der Europäischen Union in Uganda und der diplomatischen Vertretungen Österreichs, Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Deutschlands, Irlands, Italiens, der Niederlande, Schwedens, Islands und Norwegens in Uganda vom 26. November 2020 zur jüngsten Gewalt im Zusammenhang mit der Wahl in Uganda,
– unter Hinweis auf die Pressemitteilungen des Sprechers der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 8. Januar 2021,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Sachverständigen der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 29. Dezember 2020 mit Titel „Uganda: UN experts gravely concerned by election clampdown“ (Uganda: Sachverständigen der Vereinten Nationen äußerst besorgt über brutales Vorgehen im Vorfeld der Wahl),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, die Uganda unterzeichnet hat,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966, der am 21. Juni 1995 von Uganda ratifiziert wurde,
– unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 27. Juni 1981,
– unter Hinweis auf die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung vom 30. Januar 2007,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
– unter Hinweis auf die Verfassung der Republik Uganda aus dem Jahr 1995, die 2005 geändert wurde,
– unter Hinweis auf Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits vom 23. Juni 2000 (Abkommen von Cotonou)(1) und insbesondere auf dessen Artikel 8 Absatz 4 zum Diskriminierungsverbot,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Strategie EU-Afrika,
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der EU-Wahlbeobachtungsmission in Uganda vom 18. Februar 2016,
– unter Hinweis auf die vor Ort abgegebene gemeinsame Erklärung der Partners for Democracy and Governance Group (Gruppe der Partner für Demokratie und Governance, PDG) vom 23. Dezember 2020 zur Verhaftung von Menschenrechtsaktivisten in Uganda,
– unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die darin enthaltenen Ziele für nachhaltige Entwicklung,
– unter Hinweis auf das nationale Richtprogramm der EU für Uganda und den 11. Europäischen Entwicklungsfonds,
– gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die ugandischen Wähler am 14. Januar 2021 in einer Wahl, die zahlreichen Berichten zufolge von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet war, einen Präsidenten und Mitglieder des Parlaments gewählt haben, und in der Erwägung, dass die Wahlkommission am 16. Januar 2021 Präsident Yoweri Museveni, der seit 35 Jahren im Amt ist, mit 59 % der Stimmen zum Wahlsieger für seine sechste Amtszeit als Präsident gegen den wichtigsten Oppositionsführer Robert Kyagulanyi Ssentamu, auch bekannt als Bobi Wine, erklärt hat, der 35 % der Stimmen erhielt; in der Erwägung, dass die Wahlergebnisse schwer zu überprüfen waren, weil sich die Wahlkommission nicht an das vorgeschriebene Auszählungsverfahren gehalten hat;
B. in der Erwägung, dass das Vorfeld der ugandischen Präsidentschaftswahl 2020 von Gewalt geprägt war, wobei Oppositionskandidaten, zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsverteidiger, Wahlexperten und Journalisten bei der Ausübung ihrer legitimen Rechte systematisch unterdrückt und eingeschüchtert wurden; in der Erwägung, dass die übermäßige Anwendung von Gewalt durch Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden den Wahlprozess ernsthaft beeinträchtigt hat;
C. in der Erwägung, dass die Behörden seit Herbst 2020 im Vorfeld der Wahl die Repressionsmaßnahmen gegen die politische Opposition verschärft haben und dass die Sicherheitsbehörden die wichtigsten Oppositionskandidaten Bobi Wine, Patrick Oboi Amuriat und Generalleutnant Henry Tumukunde verhaftet, ihre Kundgebungen aufgelöst und die Medienberichterstattung über die Wahl eingeschränkt haben;
D. in der Erwägung, dass der Präsidentschaftskandidat der Oppositionspartei Forum for Democratic Change (Forum für Demokratischen Wandel), Patrick Oboi Amuriat, vor der Wahl mehrfach verhaftet wurde, wobei die Menschenmenge bei einer seiner Wahlkampfveranstaltungen am 9. November 2020 durch Tränengas auseinandergetrieben und sein Konvoi am 6. Januar 2021 von der Polizei beschossen wurde;
E. in der Erwägung, dass die zunehmende Brutalisierung des Wahlkampfs am 18. und 19. November 2020 besonders deutlich wurde, als Sicherheitskräfte massiv gegen Demonstranten vorgingen, die die Freilassung des damals inhaftierten Präsidentschaftskandidaten Bobi Wine forderten, was dazu führte, dass mindestens 54 Demonstranten in mindestens sieben Bezirken im ganzen Land ums Leben kamen, Hunderte festgenommen wurden und andere verschwanden;
F. in der Erwägung, dass der Oppositionskandidat Bobi Wine nach der Wahl de facto unter Hausarrest gestellt wurde und die Sicherheitskräfte sein Haus elf Tage lang umstellt hielten;
G. in der Erwägung, dass Bobi Wine am 1. Februar 2021 beim Obersten Gerichtshof Ugandas einen Antrag auf Anfechtung der Wahlergebnisse eingereicht hat, in dem weit verbreiteter Wahlbetrug geltend gemacht wird, darunter die Beteiligung des Militärs an der Befüllung von Wahlurnen, der Stimmabgabe für Dritte und dem Abschrecken von Wählern vom Betreten der Wahllokale; in der Erwägung, dass nach den letzten vier Wahlen beim Obersten Gerichtshof Klagen gegen Präsident Museveni eingereicht wurden;
H. in der Erwägung, dass Bobi Wine am 7. Januar 2021 eine Petition beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eingereicht hat, in der er Präsident Museveni und neun weiteren hohen Beamten wiederholte Menschenrechtsverletzungen vorwarf;
I. in der Erwägung, dass internationale Beobachter- und Missionen von Wahlexperten mehrheitlich nicht bei der Wahl anwesend sein konnten, da die ugandischen Behörden die Missionen nicht akkreditiert hatten, und in der Erwägung, dass die Behörden auch den Empfehlungen früherer Missionen nicht gefolgt sind; in der Erwägung, dass die EU angeboten hatte, ein kleines Team von Wahlbeobachtern zu entsenden, das Angebot jedoch abgelehnt wurde; in der Erwägung, dass die USA ihre Beobachtung der Parlamentswahl in Uganda abgesagt haben, da die meisten ihrer Anträge auf Akkreditierung abgelehnt wurden; in der Erwägung, dass der Abschlussbericht der EU-Wahlbeobachtungsmission von 2016 etwa 30 Empfehlungen enthielt, darunter die Notwendigkeit eines stärker unabhängigen Wahlgremiums und die Einstellung der übermäßigen Gewaltanwendung durch die Sicherheitsdienste, die von den ugandischen Behörden jedoch sämtlich nicht befolgt wurden;
J. in der Erwägung, dass die Regierung den Internetzugang vor der Wahl eingeschränkt und damit begonnen hat, eine Steuer auf soziale Medien für Nutzer einzuführen, die für Internetdaten bezahlen, und in der Erwägung, dass Berichte darüber vorliegen, dass der Zugang zu Online-Nachrichtendiensten und Plattformen sozialer Medien vor der Wahl blockiert wurde; in der Erwägung, dass der Zugang zu einigen Websites sozialer Medien nach wie vor eingeschränkt ist;
K. in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie auch als Vorwand für Repressionen und unverhältnismäßige Beschränkungen von Versammlungen und Aktivitäten der Opposition genutzt wurde; in der Erwägung, dass Uganda etwa 40 000 COVID-19-Fälle gemeldet hat; in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht hat, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 genutzt wurden, um die politischen Freiheiten und die politische Teilhabe während des Wahlprozesses einzuschränken; in der Erwägung, dass Uganda am 26. Dezember 2020 den Wahlkampf in Gebieten, in denen die Opposition eine besondere Popularität genießt, darunter Mbarara, Kabarole, Luwero, Kasese, Masaka, Wakiso, Jinja, Kalungu, Kazo, Kampala City und Tororo, unter Hinweis auf Vorsichtsmaßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 ausgesetzt hat;
L. in der Erwägung, dass die restriktiven Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 mehrmals gegen bestimmte Gruppen gerichtet wurden, was zu übermäßiger Gewalt und willkürlichen Festnahmen ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand geführt hat, wie durch die polizeiliche Razzia vom 29. März 2020 bei der Stiftung Children of the Sun, einer Unterkunft für obdachlose junge Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell oder transsexuell identifizieren, verdeutlicht wird;
M. in der Erwägung, dass das nationale Büro für NRO im November 2020 die Tätigkeit der neu gegründeten Organisation National Election Watch Uganda, einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die zur Beobachtung von Wahlen gegründet wurde, willkürlich eingestellt hat; in der Erwägung, dass die ugandische Finanzermittlungsbehörde die Bankkonten mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen, darunter des Uganda National NGO Forum (Ugandisches Forum für NRO) und des Uganda Women’s Network (Netzwerk Ugandischer Frauen, UWONET) unter Berufung auf unbestätigte Anschuldigungen der Terrorismusfinanzierung eingefroren hat;
N. in der Erwägung, dass die ugandischen Behörden in den vergangenen Jahren zunehmend gegen zivilgesellschaftliche Organisationen vorgegangen sind, insbesondere gegen solche, die sich mit Menschenrechten und Wahlen befassen; in der Erwägung, dass Nicholas Opiyo, ein führender Menschenrechtsanwalt und Sacharow-Stipendiat, am 23. Dezember 2020 zusammen mit drei weiteren Anwälten – Herbert Dakasi, Anthony Odur und Esomu Obure – und Hamid Tenywa, Mitglied der National Unity Platform (Plattform der Nationalen Einheit, NUP), wegen Vorwürfen der Geldwäsche und der Verletzung der verfassungsrechtlichen Garantien Ugandas festgenommen wurde; in der Erwägung, dass Nicholas Opiyo am 30. Dezember 2020 gegen Kaution freigelassen wurde, jedoch immer noch auf sein Gerichtsverfahren wartet; in der Erwägung, dass Opiyo die Anschuldigungen scharf zurückweist und erklärt, dass die Gelder rechtmäßig zur Unterstützung der Arbeit der Organisation Chapter Four Uganda im Bereich Menschenrechte verwendet wurden;
O. in der Erwägung, dass Hunderte von Anhängern der NUP von Sicherheitspersonal während des Wahlkampfs entführt wurden und eine ungewisse Zahl von ihnen nach wie vor gewaltsam festgehalten wird oder unauffindbar ist;
P. in der Erwägung, dass Präsident Museveni am 2. Januar 2020 in einem Schreiben an das Finanzministerium die Aussetzung der Fazilität für demokratische Staatsführung (Democratic Governance Facility, DGF) angeordnet hat; in der Erwägung, dass die DGF die Mehrheit der NRO in Uganda finanziert und von zahlreichen Mitgliedstaaten unterstützt wird, darunter Österreich, Norwegen, die Niederlande, Schweden, Dänemark und Irland; in der Erwägung, dass ihr Zweck darin besteht, die Demokratisierung zu stärken, die Menschenrechte zu schützen, den Zugang zur Justiz zu verbessern und die Rechenschaftspflicht zu stärken; in der Erwägung, dass die Umsetzung wichtiger Programme, die mit EU-Mitteln finanziert werden, stark behindert wird;
Q. in der Erwägung, dass das Human Rights Network for Journalists – Uganda (Menschenrechtsnetzwerk für Journalisten – Uganda) berichtet hat, dass es im Dezember 2020 über 100 Fälle von Menschenrechtsverletzungen gegen Journalisten gab, einschließlich Polizeigewalt, zu denen es vor allem dann kam, als die betreffenden Journalisten über den Wahlkampf politischer Kandidaten berichteten; in der Erwägung, dass die Polizei am 30. Dezember 2020 erklärte, dass nur „zertifizierte Journalisten“ über die Wahl berichten dürften; in der Erwägung, dass die Behörden Ende November 2020 drei kanadische Journalisten ausgewiesen haben; in der Erwägung, dass Uganda aktuell auf der von „Reporter ohne Grenzen“ für das Jahr 2020 erstellten Rangliste der Pressefreiheit unter 180 Ländern auf Platz 125 steht;
R. in der Erwägung, dass die Regierung am 12. Dezember 2020 die Vermögenswerte von vier NRO, die Wahlkampagnen zur Förderung der Wahlbeteiligung von Frauen und Jugendlichen betrieben haben – UWONET, das Uganda National NGO Forum, das Women International Peace Centre (Internationales Frauen-Friedenszentrum) und die Alliance of Finance Election Monitoring (Allianz für Finanzielle Wahlbeobachtung) – wegen des Vorwurfs der Terrorismusfinanzierung eingefroren hat;
S. in der Erwägung, dass das Amt der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte am 11. Januar 2021 die „sich verschlechternde Menschenrechtslage in Uganda“, wie es sich ausdrückte, verurteilt und über zahlreiche Menschenrechtsverletzungen berichtet hat, so gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf friedliche Versammlung und Teilhabe, außerdem über willkürliche Tötungen, Festnahmen und Inhaftierungen sowie über Folter;
T. in der Erwägung, dass im Wahlkampf und in den Äußerungen von Präsident Museveni eine zunehmend antiwestliche Rhetorik festzustellen war;
U. in der Erwägung, dass Uganda eine der jüngsten und am schnellsten wachsenden Bevölkerungen der Welt hat, von denen viele ihr Wahlrecht auf friedliche Weise ausgeübt haben; in der Erwägung, dass eine Million junger Wahlberechtigter von der Nationalen Wahlkommission Ugandas nicht registriert wurde, die behauptete, ihr fehlten die dafür erforderlichen materiellen Mittel;
V. in der Erwägung, dass die EU Uganda über den 11. Europäischen Entwicklungsfonds 578 Mio. EUR zur Verfügung stellt, und zwar um die Förderung einer verantwortungsvollen Regierungsführung zu unterstützen, die Infrastruktur zu verbessern, die Ernährungssicherheit sicherzustellen und die Landwirtschaft zu fördern; in der Erwägung, dass Uganda außerdem 112,2 Mio. EUR aus dem Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika erhält;
W. in der Erwägung, dass die Sicherheits- und Entwicklungszusammenarbeit zwischen Uganda und der EU, den USA und anderen Ländern im Rahmen der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) erfolgt;
X. in der Erwägung, dass Uganda im Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen auf Platz 159 von 189 und laut Transparency International im Korruptionswahrnehmungsindex auf Platz 137 von 180 Ländern steht;
Y. in der Erwägung, dass Uganda eines der strengsten Gesetze der Welt gegen Homosexualität hat und dass Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTQ+-Personen an der Tagesordnung sind;
Z. in der Erwägung, dass der ehemalige Milizenführer und Kindersoldat Dominic Ongwen aus Uganda am 4. Februar 2021 in einem bahnbrechenden Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) für schuldig befunden wurde, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben; in der Erwägung, dass er in 61 Einzelanklagen wegen Mordes, Vergewaltigung, sexueller Sklaverei, Entführung und Folter verurteilt wurde, die er während seiner Zeit als Kommandeur der Lord's Resistance Army (LRA) begangen hatte, einer gewalttätigen Sekte, die von Mitte der 1980er-Jahre bis vor einigen Jahren einen blutigen Feldzug der Gewalt in Uganda und Nachbarländern führte;
1. bedauert, dass der Wahlprozess nicht demokratisch und transparent war; verurteilt den übermäßigen Einsatz von Gewalt durch die Polizei und die Streitkräfte bei der Präsidentschaftswahl und ihre zunehmende Einmischung in den politischen Prozess; bedauert, dass es unabhängigen, lokalen und internationalen Wahlbeobachtern untersagt war, die Wahl zu beobachten, wodurch verhindert wurde, dass sie anhand international anerkannter Standards bewertet werden konnte; unterstreicht die grundlegende Bedeutung freier und fairer Wahlen, die eine Voraussetzung für eine nachhaltige und langfristige Entwicklung sind; lobt in diesem Sinne das ugandische Volk, insbesondere die junge Bevölkerung, für den Mut und den Enthusiasmus für die Demokratie, den sie während dieses Wahlkampfes gezeigt haben;
2. verurteilt die Gewalt gegen Führer der politischen Opposition in Uganda, ihre fortgesetzte Schikanierung und das systematische Vorgehen gegen sie sowie die Unterdrückung der Zivilgesellschaft, von Menschenrechtsverteidigern und Medien sowie die Störung von Plattformen der sozialen Medien und die Sperrung des Internets;
3. fordert die Regierung daher auf, die anhaltende Anwendung tödlicher und exzessiver Gewalt durch die Sicherheitskräfte sowie die willkürlichen Verhaftungen und Inhaftierungen von Oppositionspolitikern und -anhängern, Demonstranten, Menschenrechtsverteidigern und Journalisten sowie die Angriffe auf sie zu beenden;
4. fordert die ugandische Regierung auf, für Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht für alle Opfer zu sorgen, indem sie unparteiische, gründliche und unabhängige Untersuchungen der Schießereien und der von den Sicherheitskräften verübten Gewalt durchführt, und fordert ebenso die ugandische Justiz auf, den bestehenden Rechtsrahmen objektiv und unabhängig anzuwenden und die vorliegenden Fakten und Belege vollständig zu würdigen; fordert die ugandischen Behörden auf, unverzüglich eine unabhängige Untersuchung der tragischen Ereignisse vom 18. und 19. November 2020 einzuleiten, bei denen mindestens 54 Menschen nach der Verhaftung von Bobi Wine durch die Polizei grundlos ihr Leben verloren haben und hunderte weitere verletzt wurden, was selbst Präsident Museveni eingeräumt hat, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen;
5. unterstreicht, dass Einsprüche gegen Wahlergebnisse und ihre Anfechtung ein grundlegendes Merkmal eines glaubwürdigen Wahlprozesses sind; erwartet, dass alle Wahlanfechtungen und -beschwerden in einer unabhängigen und transparenten Weise unter Nutzung der verfügbaren verfassungsmäßigen und gesetzlichen Rechtsmittel bearbeitet werden;
6. fordert die Regierung auf, alle Personen, die ausschließlich wegen der Teilnahme an friedlichen politischen Versammlungen oder der Ausübung ihres Rechts auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit festgenommen und inhaftiert wurden, einschließlich des Sacharow-Stipendiaten des Europäischen Parlaments 2016 Nicholas Opiyo, unverzüglich und bedingungslos freizulassen oder alle Anklagen gegen sie fallen zu lassen; erinnert die Regierung Ugandas daran, dass sie das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf friedliche und sichere Versammlung, einschließlich der Freizügigkeit aller politischen Akteure und ihrer Anhänger, zu respektieren hat, und verurteilt das anhaltende harte Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft; fordert die Regierung auf, dafür zu sorgen, dass die Rechte von Nicholas Opiyo auf ein ordentliches Verfahren und einen fairen Prozess unter Wahrung der höchsten Standards geachtet werden;
7. erinnert die ugandischen Behörden an ihre Verpflichtung, die Grundrechte – einschließlich der bürgerlichen und politischen Rechte der Bürger des Landes –, die faire Vertretung unabhängig vom ethnischen Hintergrund, die Redefreiheit und die Versammlungsfreiheit zu garantieren, zu schützen und zu fördern, und die entscheidende Rolle zu bekräftigen, die die politische Opposition, Akteure der Zivilgesellschaft, Journalisten und die Medien im Lande spielen; fordert die Behörden auf, alle Einschränkungen aufzuheben, die das Recht der Menschen auf friedliche Versammlung, freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit beschränken könnten;
8. erinnert die Regierung Ugandas an die Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und die Rolle freier und pluralistischer Medien in einer demokratischen Gesellschaft; stellt mit Besorgnis fest, dass Journalisten, die über die Wahlen berichteten, routinemäßig Einschüchterungen und Gewalt ausgesetzt waren; erwartet von den ugandischen Behörden, dass sie ein Umfeld schaffen, in dem Journalisten ihre Arbeit ungehindert verrichten können;
9. fordert die ugandischen Behörden auf, dafür Sorge zu tragen, dass jeder sicher und ungehindert auf das Internet zugreifen kann, auch auf soziale Medien und Online-Nachrichtenplattformen, da man andernfalls von einem ernsthaften Hindernis für die Informationsfreiheit, einschließlich der Medienfreiheit, ausgehen muss;
10. fordert die ugandischen Behörden nachdrücklich auf, die willkürliche Aussetzung zivilgesellschaftlicher Tätigkeiten sowie die Verhaftung von Aktivisten der Zivilgesellschaft und das Einfrieren ihrer finanziellen Vermögenswerte zu beenden; verurteilt in diesem Zusammenhang aufs Schärfste die Versuche, die Finanzierung der Zivilgesellschaft einzuschränken, insbesondere durch die von Präsident Museveni angeordnete Aussetzung der mit mehreren Millionen Euro ausgestatteten DGF, eines von der EU und nationalen Entwicklungspartnern koordinierten Pools zur Unterstützung von Gruppen, die sich für die Förderung der Menschenrechte, die Vertiefung der Demokratie und die Verbesserung der Rechenschaftspflicht in Uganda einsetzen;
11. erwartet von der ugandischen Regierung, dass sie es unverzüglich unterlässt, die COVID-19-Pandemie als Vorwand dafür zu nutzen, Gesetze und politische Maßnahmen einzuführen, die gegen das Völkerrecht verstoßen, und Menschenrechtsgarantien zurückzunehmen, einschließlich der unangemessenen Einschränkung der Rechte auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung, deren Hauptzielgruppe LGTBTQ+-Personen sind; fordert die ugandischen staatlichen Stellen nachdrücklich auf, die Rechte und die Würde der Bevölkerung des Landes zu achten und die Ausübung der Notstandsbefugnisse strikt auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit zu beschränken;
12. kritisiert Ugandas harte Gesetze gegen Homosexualität scharf und fordert deren dringende Revision, zusammen mit einer Strategie zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTQ+-Personen;
13. besteht darauf, dass die EU-Delegation in Uganda die Situation von LGBTQ+-Personen weiterhin genau beobachtet und zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsverteidiger und LGBTQ+-Personen vor Ort aktiv unterstützt;
14. bekräftigt die Zusage und die Bereitschaft der EU, mit den ugandischen Behörden zusammenzuarbeiten und die dringend benötigten demokratischen Reformen und Reformen der Regierungsführung zu unterstützen; betont jedoch, dass der Erfolg dieser Zusammenarbeit weitgehend von der Bereitschaft der ugandischen Seite abhängt, diese Reformen auch tatsächlich umzusetzen; erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass der systematische Einsatz von staatlicher Repression und Gewalt die künftigen Beziehungen der EU zu Uganda grundlegend beeinträchtigen könnte; fordert die EU auf, sich die politische Hebelwirkung von Entwicklungshilfeprogrammen – und konkret von Budgethilfeprogrammen – zunutze zu machen, um die Verteidigung und Stärkung der Menschenrechte in Uganda zu fördern;
15. fordert nachdrücklich, dass die EU und andere internationale Akteure ihren integrierten und koordinierten Ansatz in Bezug auf Uganda beibehalten und verstärken, der die Förderung einer verantwortungsvollen Regierungsführung, der Demokratie und der Menschenrechte sowie die Stärkung des Justizsystems und der Rechtsstaatlichkeit umfasst, und fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Anliegen über öffentliche und diplomatische Kanäle zur Sprache zu bringen; bekräftigt, dass Sanktionen gegen Einzelpersonen und Organisationen, die für Menschenrechtsverletzungen in Uganda verantwortlich sind, auf EU-Ebene im Rahmen des neuen EU-Sanktionsmechanismus für Menschenrechtsverletzungen, des sogenannten EU-Magnitski-Gesetzes, beschlossen werden müssen;
16. empfiehlt eine verstärkte Kontrolle der Haushaltsführung und -transparenz in Uganda; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst nachdrücklich auf, weiterhin systematische Überprüfungen von EU-Budgethilfeprogrammen durchzuführen, bei denen die Gefahr besteht, dass Mittel zur Verwendung durch die ugandischen Behörden für Aktivitäten zweckentfremdet werden, die Menschenrechtsverletzungen Vorschub leisten und gegen Aktivisten gerichtet sind;
17. begrüßt das Urteil im Fall gegen den ehemaligen LRA-Kommandanten Dominic Ongwen, der vom IStGH für schuldig befunden wurde, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, und betrachtet es als einen bedeutenden Schritt in Richtung Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht für die von der LRA begangenen Gräueltaten;
18. ist weiterhin besorgt über die allgemeine Sicherheitslage in der Region und unterstreicht in diesem Zusammenhang die wichtige Arbeit der AMISOM; betont, dass ihre langfristigen Ziele nur erreicht werden können, wenn alle Beteiligten mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es um die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der demokratischen Grundsätze geht;
19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, dem Präsidenten der Republik Uganda, dem Präsidenten des ugandischen Parlaments sowie der Afrikanischen Union und ihren Institutionen zu übermitteln.
Anstehende Herausforderungen mit Blick auf die Frauenrechte: mehr als 25 Jahre nach der Erklärung und Aktionsplattform von Peking
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 zu anstehenden Herausforderungen mit Blick auf die Frauenrechte in Europa: mehr als 25 Jahre nach der Erklärung und Aktionsplattform von Peking (2021/2509(RSP))
– unter Hinweis auf die Erklärung und Aktionsplattform von Peking (Beijing) vom 15. September 1995 sowie die Ergebnisse ihrer Überprüfungskonferenzen,
– gestützt auf die Artikel 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 2, 3, 9 und 15,
– unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, den Grundsatz, niemanden zurückzulassen, und insbesondere Ziel 1, die Armut zu beenden, Ziel 3, ein gesundes Leben für alle Menschen zu gewährleisten, Ziel 5, die Geschlechtergleichstellung zu erreichen und die Lebensbedingungen von Frauen zu verbessern, Ziel 8, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen, und Ziel 13, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen;
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW),
– unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul), das am 1. August 2014 in Kraft trat,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen (Nr. 100) der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Gleichheit des Entgelts von 1951, das IAO-Übereinkommen (Nr. 190) zur Beendigung von Gewalt und Belästigung von 2019 und das IAO-Übereinkommen (Nr. 189) über Hausangestellte von 2013,
– unter Hinweis auf die „Regionale Überprüfung der Fortschritte: regionale Synthese“ der VN-Wirtschaftskommission für Europa vom 20. August 2019,
– unter Hinweis auf den am 5. März 2020 veröffentlichten Bericht von UN Women mit dem Titel „Gender Equality: Women’s rights in review 25 years after Beijing“ (Gleichstellung der Geschlechter: Überblick über Frauenrechte 25 Jahre nach Peking),
– unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen an die Kommission für die Rechtsstellung der Frau, 64. Tagung, mit dem Titel „Review and appraisal of the implementation of the Beijing Declaration and Platform for Action and the outcomes of the twenty-third special session of the General Assembly“ (Überprüfung und Bewertung der Umsetzung der Erklärung und Aktionsplattform von Peking und der Ergebnisse der 23. Sondertagung der Generalversammlung) vom 13. Dezember 2019,
– unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen an die Kommission für die Rechtsstellung der Frau, 65. Tagung, mit dem Titel „Women’s full and effective participation in decision making in public life, as well as the elimination of violence, for achieving gender equality and the empowerment of women and girls“ (Uneingeschränkte und wirksame Teilhabe von Frauen am Treffen von Entscheidungen im öffentlichen Leben sowie Beseitigung von Gewalt, um die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Teilhabe von Frauen und Mädchen zu erreichen) vom 21. Dezember 2020,
– unter Hinweis auf den am 9. April 2020 veröffentlichten Kurzbericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen mit dem Titel „The Impact of COVID-19 on Women“ (Die Auswirkungen von COVID-19 auf Frauen),
– unter Hinweis auf den Bericht von UN Women mit dem Titel „From Insights to Action: Gender Equality in the Wake of COVID-19“ (Von Einsichten zu Taten: Geschlechtergleichstellung nach COVID-19), der am 2. September 2020 veröffentlicht wurde,
– unter Hinweis auf den am 5. März 2020 veröffentlichten Bericht des EIGE mit dem Titel „Beijing +25: the fifth review of the implementation of the Beijing Platform for Action in the EU Member States“ (Peking +25: fünfte Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking in den EU-Mitgliedstaaten),
– unter Hinweis auf die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments mit dem Titel „Beijing Platform for Action, 25-year review and future priorities“ (Aktionsplattform von Peking Überblick nach 25 Jahren und künftige Prioritäten, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Europäisches Parlament, 2020),
– unter Hinweis auf den am 27. April 2020 veröffentlichten Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) mit dem Titel „Impact of the COVID-19 Pandemic on Family Planning and Ending Gender-based Violence, Female Genital Mutilation and Child Marriage“ (Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Familienplanung und die Beendigung der geschlechtsspezifischen Gewalt, der Verstümmelung weiblicher Genitalien und der Kinderheirat),
– unter Hinweis auf die am 28. April 2020 veröffentlichte Erklärung des UNFPA mit dem Titel „Millions more cases of violence, child marriage, female genital mutilation, unintended pregnancy expected due to the COVID-19 pandemic“ (Millionen weiterer Fälle von Gewalt, Kinderheirat, Verstümmelung weiblicher Genitalien, unerwünschter Schwangerschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie erwartet),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9./10. Dezember 2019 zu dem Thema „Gleichstellungsorientierte Volkswirtschaften in der EU: Der Weg in die Zukunft“,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. November 2020 über den EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP) III,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2020 zu den Prioritäten der EU für die 64. Tagung der Kommission der Vereinten Nationen für die Rechtsstellung der Frau(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter(2) und auf die Strategie der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der geschlechtsspezifischen Sichtweise in der COVID-19-Krise und der Zeit danach(3),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zu der De-facto-Abschaffung des Rechts auf Abtreibung in Polen(4),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 30. Januar 2020 zu den Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern(5),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2020 zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik der EU(6),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zur Notwendigkeit einer gesonderten Ratsformation „Gleichstellung der Geschlechter“(7),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2019 zur Erfahrung von Gegenreaktionen gegen die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in der EU(8),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2012 zu Frauen in politischen Entscheidungsprozessen – Qualität und Gleichstellung(9),
– unter Hinweis auf den mehrjährigen Finanzrahmen der Union für den Zeitraum 2021–2027 und die darin enthaltene horizontale Priorität der durchgängigen Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich 189 Regierungen weltweit, darunter die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, auf der Vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking dazu verpflichtet haben, auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Teilhabe aller Frauen und Mädchen hinzuarbeiten;
B. in der Erwägung, dass die auf der Konferenz angenommene Erklärung und Aktionsplattform von Peking die umfassendste weltweite Agenda zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ist und als der internationale Rechtekatalog für Frauen gilt, in dem die Rechte der Frauen als Menschenrechte definiert werden und eine Vision von gleichen Rechten, Freiheit und Chancen für alle Frauen weltweit artikuliert wird, und dass sie 2015 mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekräftigt wurde, indem Ziele und konkrete Maßnahmen für eine Reihe von Themen, die Frauen und Mädchen betreffen, aufgestellt wurden;
C. in der Erwägung, dass es seit der Annahme der Aktionsplattform von Peking 1995 Fortschritte für Frauen und Mädchen insbesondere in Europa gegeben hat, dass aber insgesamt die Fortschritte inakzeptabel langsam verlaufen und bei hart erkämpften Fortschritten die Gefahr besteht, dass sie rückgängig gemacht werden;
D. in der Erwägung, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie das Forum Generation Gleichberechtigung bis in das erste Halbjahr 2021 aufgeschoben wurde;
E. in der Erwägung, dass seit der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) in Kairo, auf der 179 Regierungen das ICPD-Aktionsprogramm angenommen haben, in dem sie gemäß der Aktionsplattform von Peking ein weltweites Bekenntnis zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit verbundenen Rechten abgelegt haben, 25 Jahre vergangen sind;
F. in der Erwägung, dass das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vor etwas mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und dass es zwar alle EU-Mitgliedstaaten ratifiziert haben, dass aber die Gleichstellung von Frauen und Männern, wie das EIGE betont hat, nur langsam vorankommt;
G. in der Erwägung, dass das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul), das umfassendste Instrument zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Europa, vor zehn Jahren zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, dass es aber noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten ratifiziert haben und auch die EU ihm noch nicht beigetreten ist;
H. in der Erwägung, dass 2021 das Übereinkommen von Istanbul des Europarats zehn Jahre alt geworden ist;
I. in der Erwägung, dass es gilt, schädliche Strukturen und Stereotype, die die Ungleichheit zementieren, zu zerschlagen, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen; in der Erwägung, dass ein Vorankommen bei der Gleichstellung der Geschlechter nicht nur der Gesellschaft als Ganzem zugutekommt, sondern auch ein Ziel an sich darstellt;
J. in der Erwägung, dass sich das Geschlechtergefälle auf alle Aspekte des Arbeitsmarktes erstreckt, darunter die Beschäftigungslücke, das Lohn-, Renten- und Pflegegefälle, mangelnder Zugang zu Sozialleistungen und Sozialschutz, zunehmend prekäre Arbeitsplätze und höhere Armutrisiken für Frauen;
K. in der Erwägung, dass sich die Finanzkrise und die Zeit danach für Frauen, die Rechte von Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter als schädlich erwiesen haben und langfristige Folgen nach sich ziehen; in der Erwägung, dass bei wirtschaftlichen Maßnahmen in der Zeit nach der COVID-19-Krise die geschlechtsspezifische Dimension und die soziale Gleichstellung Berücksichtigung finden müssen;
L. in der Erwägung, dass die Auswirkungen der COVID-19-Krise geschlechtsspezifisch sind, da die COVID-19-Krise und ihre Folgen eine deutliche geschlechtsspezifische Perspektive aufweisen, da Frauen und Männer unterschiedlich davon betroffen sind und sich bestehende Gefälle verschärft haben; in der Erwägung, dass Frauen unverhältnismäßig stark von der Krise betroffen sind, während die Reaktion auf die COVID-19-Krise weitgehend geschlechtsblind gewesen ist; in der Erwägung, dass diese Auswirkungen von einer besorgniserregenden Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung bis zu unbezahlten und ungleichen Betreuungs- und Haushaltsverpflichtungen sowie einem eingeschränkten Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten und massiven wirtschaftlichen und arbeitsbezogenen Auswirkungen auf Frauen, insbesondere Gesundheits- und Pflegepersonal, reichen;
M. in der Erwägung, dass von Frauen dominierte Branchen und Berufe (z. B. Gesundheitsfürsorge, Pflege- und Rettungsdienste, Sozialarbeit, Bildung, Einzelhandel, Kassenpersonal, Reinigungskräfte usw.) und die informelle Wirtschaft von der Pandemie besonders stark betroffen waren; in der Erwägung, dass Frauen, die im Gesundheitswesen arbeiten, potenziell stärker infektionsgefährdet sind als Männer, weil sie in der EU 76 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen stellen(10);
N. in der Erwägung, dass Frauen aufgrund der vorhandenen gläsernen Decke nicht in gleichem Maße an der Entscheidungsfindung beteiligt sind wie Männer; in der Erwägung, dass in den meisten EU-Mitgliedstaaten in den Regierungen, Parlamenten, öffentlichen Verwaltungen, COVID-19-Arbeitsgruppen und in den Leitungsorganen von Unternehmen noch keine gleiche Machtverteilung zwischen Männern und Frauen erreicht worden ist;
O. in der Erwägung, dass Frauen mit Ungleichheiten und Diskriminierung unter anderem aus rassistischen Beweggründen und wegen ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentitäten und ihres Geschlechtsausdrucks, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Behinderung konfrontiert sind und dass Bemühungen Maßnahmen gegen sämtliche Formen von Diskriminierung umfassen müssen, um die Gleichstellung der Geschlechter für alle Frauen zu erreichen; in der Erwägung, dass es gilt, in den Bereichen der EU-Politik den intersektionalen Ansatz zu verstärken, um die institutionelle, die strukturelle und die historische Dimension der Diskriminierung zu bewältigen; in der Erwägung, dass es uns die Herangehensweise einer intersektionalen Analyse nicht nur ermöglicht, strukturelle Hemmnisse zu verstehen, sondern auch Erkenntnisse liefert, die es uns ermöglichen, Orientierungsgrößen zu erarbeiten und einen Weg zu einer strategischen und wirksamen Politik gegen systemische Diskriminierung, Ausgrenzung und soziale Ungleichheiten aufzuzeigen;
P. in der Erwägung, dass es für Frauen wahrscheinlicher ist, dass sie mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sind und einen unsicheren Beschäftigungsstatus (zum Beispiel aufgrund ihrer Arbeitsverträge) aufweisen, was zu Arbeitsplatzunsicherheit führt; in der Erwägung, dass es sich bei den Beschäftigten im Bereich der Pflege überwiegend um Frauen handelt (76 %)(11) und dass sie in der Regel ein prekäres Arbeitsentgelt erhalten und prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass die Mehrheit sowohl der Nutzer als auch der Erbringer von Dienstleistungen im sozialen Bereich Frauen sind, sodass jedes Mal, wenn solche Dienstleistungen nicht in angemessener Weise bereitgestellt werden, Frauen daran gehindert sind, in vollem Umfang am Erwerbsleben teilzunehmen, wodurch bei der Planung, Mittelzuweisung und Erbringung von Dienstleistungen im sozialen Bereich eine Geschlechtsblindheit entsteht;
Q. in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Europa immer noch 14 %(12) und weltweit 20 %(13) und das geschlechtsspezifische Rentengefälle in einigen EU-Mitgliedstaaten sogar 40 % beträgt; in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu einem Rentengefälle führt, durch das sich wiederum das Risiko von Armut und Ausgrenzung erhöht, insbesondere für ältere und allein lebende Frauen; in der Erwägung, dass sich sowohl Lohnunterschiede als auch prekäre Beschäftigungsverhältnisse unmittelbar auf künftige Renten auswirken;
R. in der Erwägung, dass durch die ungleiche Verteilung unbezahlter Betreuungs-, Pflege- und Hausarbeit die Teilhabe von Frauen am Wirtschaftsleben erheblich eingeschränkt wird; in der Erwägung, dass die unbezahlte Betreuungs- und Pflegearbeit von Frauen während der COVID-19-Krise im Mittelpunkt der Aufrechterhaltung der Gesellschaft stand, dass jedoch durch Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen 7,7 Millionen Frauen in Europa außerhalb des Arbeitsmarktes bleiben, jedoch nur 450 000 Männer(14); in der Erwägung, dass die Merkmale der Beschäftigung von Frauen, die sich aus unbezahlter Betreuung bzw. Pflege ergeben (d. h. Teilzeitarbeit), ein wesentlicher Faktor für das geschlechtsspezifische Lohngefälle sind; in der Erwägung, dass mehr Frauen als Männer mindestens mehrere Tage pro Woche oder jeden Tag Pflichten in der informellen Langzeitbetreuung bzw. -pflege übernehmen und dass insgesamt 62 % aller Menschen, die in der EU informelle Langzeitbetreuung bzw. -pflege leisten, Frauen sind(15);
S. in der Erwägung, dass weltweit 35 % der Frauen körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch Intimpartner oder sexuelle Gewalt durch eine andere Person erlebt haben; in der Erwägung, dass Gewalt in der Partnerschaft während der COVID-19-Pandemie dramatisch zugenommen hat, was die Vereinten Nationen als „Schattenpandemie“ bezeichnen, wobei die unter den Mitgliedstaaten des WHO-Regionalbüros für Europa gemeldeten Notrufe von Frauen, die Gewalt seitens ihres Intimpartners ausgesetzt waren, um 60 % zunahmen(16);
T. in der Erwägung, dass Frauen den Folgen des Klimawandels stärker ausgesetzt sind(17); in der Erwägung, dass Frauen zwar in ihrem Verhalten anscheinend mehr Interesse am Klima an den Tag legen als Männer, Frauen aber in Entscheidungsfunktionen, die mit der Bekämpfung der Klimakrise befasst sind, nach wie vor unterrepräsentiert sind und weltweit nur 32 % der Arbeitskräfte im Bereich der erneuerbaren Energieträger ausmachen(18);
U. in der Erwägung, dass in allen Bereichen digitaler Technologien, insbesondere in innovativen Technologien wie etwa den Bereichen KI und Cybersicherheit, ein geschlechtsspezifisches Gefälle besteht; in der Erwägung, dass durch Geschlechterstereotypen, kulturell bedingte Abschreckung, mangelnde Sensibilisierung und mangelnde Förderung weiblicher Rollenvorbilder die Chancen von Mädchen und Frauen in den MINT-Fächern und -Berufslaufbahnen erschwert werden;
V. in der Erwägung, dass in manchen Mitgliedstaaten Gegenreaktionen zu beobachten sind und die Gefahr besteht, dass die Gleichstellung der Geschlechter auf der Agenda der Mitgliedstaaten weiter ins Hintertreffen geraten könnte;
1. bedauert, dass die Staats- und Regierungschefs aus 100 Ländern auf der hochrangigen Tagung zum Thema „Schnellere Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung der Rolle aller Frauen und Mädchen“, die am 1. Oktober 2020 während der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Gedenken an das Pekinger Übereinkommen stattfand, anerkannt haben, dass die allgemeinen Fortschritte bei den Rechten der Frauen weit unter dem liegen, zu dem sie sich im Rahmen des Pekinger Übereinkommens im Jahr 1995 verpflichtet haben;
2. hebt hervor, dass in dem Bericht von UN Women mit dem Titel „Gender Equality: Women’s rights in review 25 years after Beijing“ (Gleichstellung der Geschlechter: Überblick über Frauenrechte 25 Jahre nach Peking)(19) aufgezeigt wird, dass auf dem Weg hin zur Gleichstellung der Geschlechter in der Realität keine weiteren Fortschritte gemacht und bereits mühsam erzielte Fortschritte weltweit rückgängig gemacht werden;
3. stellt mit Besorgnis fest, dass in der 2020 vom EIGE veröffentlichten fünften Überprüfung der Aktionsplattform von Peking hervorgehoben wurde, dass kein EU-Mitgliedstaat die 1995 im Pekinger Übereinkommen festgelegten Ziele erreicht hat; bedauert, dass der Gleichstellungsindex des EIGE für 2020 gezeigt hat, dass die Fortschritte bei der Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern zum Stillstand gekommen sind und dass trotz der Bemühungen zur Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter, die zu einigen Ergebnissen geführt haben, in der EU Ungleichheiten und geschlechtsspezifische Unterschiede in allen in der Aktionsplattform von Peking erfassten Bereichen fortbestehen;
4. hebt hervor, dass Frauen und Mädchen von den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 unverhältnismäßig stark betroffen sind, wodurch bereits bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern verschärft werden und die Gefahr entsteht, dass die bisher erzielten Fortschritte rückgängig gemacht werden; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass durch die Pandemie Schätzungen von UN Women(20) zufolge weltweit weitere 47 Millionen Frauen und Mädchen unter die Armutsgrenze geraten werden, wodurch sich ihre Gesamtzahl auf 435 Millionen erhöht, während die geschlechtsspezifische Gewalt exponentiell zugenommen hat und Frauen ihren Arbeitsplatz und ihre Lebensgrundlagen schneller verlieren werden, da sie stärker von besonders stark betroffenen Wirtschaftszweigen abhängen;
5. erkennt an, dass mehr Frauen gewählt und in Führungspositionen ernannt werden, bedauert jedoch, dass nur langsam Fortschritte erzielt werden und dass nur in wenigen EU-Mitgliedstaaten Parität erreicht wurde;
6. weist erneut auf seinen Standpunkt vom 17. Dezember 2020 hin und fordert den Rat auf, eine spezielle Formation für die Gleichstellung der Geschlechter einzurichten, um gemeinsame und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der Rechte von Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter zu ergreifen und sicherzustellen, dass Fragen der Gleichstellung der Geschlechter auf höchster politischer Ebene erörtert werden;
7. bedauert, dass die Geschlechtergleichstellung nicht durchgängig und systematisch in allen Politikbereichen und Finanzierungsprogrammen der EU berücksichtigt wird; begrüßt die Aufnahme der durchgängigen Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung als horizontale Priorität in den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die durchgängige und systematische Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung als Schlüsselstrategie zur Förderung der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter umgesetzt wird, und in Abstimmung mit Experten für die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung, Verfahren und Fahrpläne umzusetzen, damit sichergestellt ist, dass Frauen und Männer auf allen Ebenen der Haushaltsplanung gleichermaßen von öffentlichen Ausgaben profitieren und dass die Perspektiven von Frauen in allen Bereichen durchgängig berücksichtigt werden, wobei spezifische Mittel bereitgestellt werden, um gegen Faktoren von Ungleichheiten wie Gewalt gegen Frauen und Mädchen vorzugehen, auch bei der Umsetzung des Programms „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“, das für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter vorgesehen ist;
8. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf der Grundlage der zwölf Problembereiche, die in der Aktionsplattform von Peking festgelegt sind, insbesondere in Bezug auf Frauen und Armut, Frauen und Wirtschaft, Macht und Entscheidungsfindung, Frauen und Gewalt, Frauen und Gewalt, Frauen und Umwelt sowie Frauen und Gesundheit, mit Blick auf das bevorstehende Forum zur Gleichstellung der Generationen konkrete Pläne und ein Bündel von Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die mit angemessenen zweckgebundenen Mitteln ausgestattet sind, um die Rechte der Frauen und die Agenda zur Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen;
9. bedauert, dass sich die Tendenz zu Rückschritten, die in einigen Ländern in Bezug auf die Infragestellung des Übereinkommens von Istanbul, die Rückschläge im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen und Männern sowie auf die Herausforderungen im Hinblick auf die körperliche Autonomie und die Kontrolle der Fruchtbarkeit zutage getreten ist, in den letzten Jahren verschärft hat; verurteilt nachdrücklich das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofs, mit dem ein faktisches Verbot von Abtreibungen eingeführt wird, und den anschließenden Rückschlag im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen in Polen sowie die ungerechtfertigten übermäßigen Einschränkungen des Zugangs zu Abtreibung;
10. erinnert daran, dass die Rechte der Frauen Menschenrechte und ein unveräußerlicher, integraler und unteilbarer Bestandteil der universellen Menschenrechte sind, wie auf der Vierten Weltfrauenkonferenz festgestellt wurde;
11. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Erhebung vergleichbarer Daten über Alter, Rasse und ethnische Herkunft sowie nach Geschlecht aufgeschlüsselter Daten zu überwachen und zu verbessern, um die quantitative Analyse zu verbessern und EU-Maßnahmen zu konzipieren und umzusetzen, mit denen eine geschlechterübergreifende Perspektive besser integriert würde; betont, wie wichtig das EIGE als Anbieter zuverlässiger und angemessener nach Geschlecht aufgeschlüsselter Daten für die Grundlage der legislativen Analyse und Entscheidungsfindung ist, und betont, wie wichtig es ist, die Finanzierung und die Kapazitäten des EIGE sicherzustellen und auszuweiten; fordert das EIGE und alle anderen einschlägigen Organe und Agenturen der EU ferner nachdrücklich auf, an neuen Indikatoren wie Armut trotz Erwerbstätigkeit, Zeitarmut oder dem Wert der Betreuungsarbeit zu arbeiten und neue Indikatoren aufzustellen;
12. weist erneut darauf hin, dass 46 Millionen Frauen und Mädchen mit Behinderungen in der Europäischen Union leben und dass die Hälfte aller Frauen im erwerbsfähigen Alter mit Behinderungen nicht erwerbstätig ist; hebt die besonderen Probleme hervor, mit denen Frauen mit Behinderungen konfrontiert sind, und weist darauf hin, dass der Anteil von Frauen mit Behinderungen, die unter materieller Deprivation leiden, in allen Mitgliedstaaten hoch ist; bekräftigt daher, dass die Geschlechterperspektive weiter in die künftige Strategie zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen für 2021 aufgenommen werden muss;
13. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Antidiskriminierungsrichtlinie zu billigen und umzusetzen und sicherzustellen, dass die mehrfachen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung in allen EU-Mitgliedstaaten beseitigt werden;
Frauen und Armut
14. hebt hervor, dass das Geschlecht nach wie vor ein wichtiger Faktor bei den Armutsmustern in der EU ist und dass zwar die Ausgrenzungsquoten und die Unterschiede zwischen den Geschlechtern von Land zu Land sehr unterschiedlich sind, aber 23,3 % der Frauen im Vergleich zu 21,6 % der Männer von Armut bedroht sind;(21) betont, dass dieses Risiko mit zunehmendem Alter erheblich zunimmt und sich mit der Zusammensetzung des Haushalts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, einer Behinderung und dem Beschäftigungsstatus überschneidet; betont, dass das geschlechtsspezifische Lohn-, Renten- und Betreuungsgefälle ein wesentlicher Faktor bei der Feminisierung der Armut ist;
15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Feminisierung von Armut in all ihren Ausprägungen, einschließlich der Altersarmut, anzugehen, insbesondere indem sie bei der Verfügbarkeit von und dem Zugang zu angemessenen Rentenansprüchen die Geschlechterperspektive berücksichtigen, sodass das geschlechtsspezifische Rentengefälle beseitigt wird, und indem sie die Arbeitsbedingungen in Branchen und Berufen verbessern, in denen Frauen den Großteil der Arbeitskräfte stellen; hält es für geboten, die gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Unterbewertung von Berufen, in denen in erster Linie Frauen tätig sind, anzugehen und derartige Stereotype sowie die Überrepräsentation von Frauen in atypischen Beschäftigungsformen zu bekämpfen;
16. betont, dass es neben der Überwindung der Ungleichheiten bei den Renten und der allgemeinen Sicherung und Erhöhung der Renten unerlässlich ist, dass die Systeme der sozialen Sicherheit weiterhin im öffentlichen Bereich bestehen und auf den Grundsätzen der Solidarität und der Umverteilung fußen und dass äußerst entschiedene Anstrengungen unternommen werden, um gegen prekäre und ungeregelte Beschäftigungsverhältnisse vorzugehen;
17. fordert die Kommission auf, eine Strategie zur Armutsbekämpfung vorzulegen, um die Feminisierung der Armut zu bekämpfen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Einelternhaushalten unter der Leitung von Frauen liegen sollte; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, spezifische soziale Maßnahmen umzusetzen, um das Risiko von sozialer Ausgrenzung und Armut im Hinblick auf den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, Verkehr und Energie zu bekämpfen;
18. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung des Risikos der Altersarmut zu ergreifen, und fordert die Kommission auf, die geschlechtsspezifische Dimension der Armut in ihren Rahmen für Wirtschaftswachstum und Sozialpolitik aufzunehmen; begrüßt die nach Geschlecht aufgeschlüsselten Indikatoren im Rahmen des Mechanismus zur Überwachung der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte; betont, dass die Geschlechterperspektive durch einen bereichsübergreifenden Ansatz im Einklang mit den Grundsätzen 2 und 3 der Säule durchgängig berücksichtigt werden muss, und fordert eine bessere Koordinierung zwischen der europäischen Säule sozialer Rechte und dem Europäischen Semester; fordert die Kommission, einen Gleichstellungsindex zu entwickeln und in das Europäische Semester aufzunehmen, damit die geschlechtsspezifischen Auswirkungen makroökonomischer Maßnahmen sowie des grünen und des digitalen Wandels überwacht werden können.
19. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Frauen in den Mittelpunkt des Aufschwungs nach der Pandemie zu stellen, um der Erosion der Fortschritte beim Abbau geschlechtsspezifischer Armutsunterschiede infolge der COVID-19-Krise entgegenzuwirken;
Frauen und Umwelt
20. begrüßt die Anerkennung der geschlechtsspezifischen Dimension des Klimawandels sowohl im Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter III als auch in der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025; betont, dass die Gleichstellung der Geschlechter für die Bewältigung der Klimakrise von entscheidender Bedeutung ist;
21. hebt hervor, dass Frauen einflussreiche Akteurinnen des Wandels sind; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, das geschlechtsspezifische Gefälle in Entscheidungspositionen im Zusammenhang mit Klimaschutzmaßnahmen auf allen Ebenen der Gesellschaft zu beseitigen;
22. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, geschlechtersensible Ziele, Vorgaben und Indikatoren zu entwickeln und zu fördern sowie nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten bei der Planung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen, -programmen und -projekten zu erheben und Anlaufstellen für Gleichstellungsfragen und Klimawandel in allen Regierungsinstitutionen einzurichten;
Frauen und die Wirtschaft, Frauen und Macht- und Entscheidungspositionen
23. betont, wie wichtig es ist, Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft gleichberechtigt mit Männern vollständig zu integrieren und eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung aktiv zu fördern; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Blockade der Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten im Europäischen Rat zu beenden;
24. fordert die EU auf, Ziele, Aktionspläne, Zeitpläne und zeitweilige Sondermaßnahmen festzulegen, um Geschlechterparität zu erreichen und sich in Richtung einer ausgewogenen Vertretung bei allen Exekutiv-, Gesetzgebungs- und Verwaltungsfunktionen zu bewegen;
25. betont, dass die vollständige Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt und die Förderung des Unternehmertums von Frauen entscheidende Faktoren für ein langfristiges integratives Wirtschaftswachstum, die Bekämpfung von Ungleichheiten und die Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen sind;
26. fordert die EU auf, ihre Bemühungen zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern zu verstärken und den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen, indem sie Rechtsvorschriften zur Verbesserung der Lohntransparenz erlässt, die auch verbindliche Maßnahmen für alle Unternehmen umfassen; bedauert, dass der Vorschlag der Kommission für verbindliche Maßnahmen für mehr Lohntransparenz noch nicht wie geplant eingebracht wurde;
27. begrüßt die Zusage der Kommission, die Umsetzung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bis 2022 in nationales Recht zu überwachen und ihre uneingeschränkte Anwendung durch die Mitgliedstaaten im Benehmen mit Frauenrechtsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen sicherzustellen; ersucht außerdem die Mitgliedstaaten, über die in der Richtlinie vorgesehenen Mindestnormen hinauszugehen; nimmt die Ausweitung der für die Elternschaft geltenden Bestimmungen auf die Langzeitpflege von Familienangehörigen mit Behinderungen und älteren Menschen als guten Ansatzpunkt zur Kenntnis und fordert die Kommission auf, eine weitere Ausweitung in Erwägung zu ziehen, um den Verlust von Arbeitskräften, insbesondere Frauen, zu verhindern;
28. betont, dass Veränderungen der Arbeitsbedingungen wie die Einführung von Telearbeit die Fähigkeit, von der Arbeit abzuschalten, beeinträchtigen und mit einer höheren Arbeitsbelastung einhergehen können, wobei Frauen deutlich stärker betroffen sind als Männer, weil ihnen die Hauptrolle oder eine traditionelle Rolle im Haushalt und bei der Familienbetreuung zukommt;
29. fordert die Kommission auf, einen Vorschlag vorzulegen, in dem ein ganzheitlicher und das gesamte Leben umfassender Ansatz für Betreuung und Pflege zum Tragen kommt, der den Bedürfnissen sowohl der Betreuenden bzw. Pflegenden als auch jener, die betreut bzw. gepflegt werden, Rechnung trägt, und in dem Mindestnormen sowie Qualitätsleitlinien für die Betreuung und Pflege von Menschen aller Altersstufen, einschließlich Kindern, älterer Menschen und langfristig pflegebedürftiger Menschen, festgelegt werden;
30. fordert die Kommission auf, die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt zu prüfen und die sinnvolle Mitwirkung von Frauen in wichtigen Entscheidungsgremien und ihre Beteiligung an der Ausarbeitung geschlechtersensibler Aufbau- und Konjunkturpakete im Rahmen des MFR und des Aufbauplans „NextGenerationEU“ sicherzustellen; stellt fest, dass auf den Arbeitsmärkten angesichts des Anstiegs der Frauenarbeitslosigkeit Frauen in besonderem Maße von der COVID-19-Krise betroffen sind; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um das Beschäftigungsgefälle bei Frauen durch eine gezielte Verteilung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität anzugehen, wobei die EU-Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von Frauen, der Frauenarmut und der Zunahme der Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die Hindernisse für die uneingeschränkte Teilhabe von Frauen in allen Lebensbereichen einschließlich der Beschäftigung darstellen, vorlegen sollten;
31. betont, dass das Recht weiblicher Hausangestellter auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gleichen Sozialschutz sichergestellt werden muss, indem die Ratifizierung und Umsetzung des IAO-Übereinkommens Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte sichergestellt wird;
32. stellt mit Besorgnis fest, dass Frauen lediglich 18 %(22) der acht Millionen IKT-Fachkräfte in der EU ausmachen und Gefahr laufen, weiter von der digitalen Agenda der EU ausgeschlossen zu werden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Maßnahmen zur Förderung einer stärkeren Beteiligung von Frauen an Berufen und Studiengängen im MINT-Bereich zu verstärken, und betont, dass Frauen in aufstrebende Wirtschaftsbereiche, die für eine nachhaltige Entwicklung wichtig sind, einschließlich der Bereiche IKT, Digitalwirtschaft und künstliche Intelligenz, einbezogen werden und darin vertreten sein müssen;
33. fordert die europäischen Organe auf, verbindliche Maßnahmen wie Quoten einzuführen, um die Geschlechterparität in gewählten Gremien sicherzustellen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern sowohl im Europäischen Parlament als auch in den nationalen Parlamenten sicherzustellen; fordert außerdem Strategien, durch die eine sinnvolle Vertretung von Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund in Entscheidungspositionen in den europäischen Organen sichergestellt wird;
Frauen und Gewalt: Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt
34. begrüßt die von der Kommission in der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter eingegangene Verpflichtung, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen, und bekräftigt die Forderung, die Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul durch die EU auf der Grundlage eines umfassenden Beitritts abzuschließen und dafür einzutreten, dass es von allen Mitgliedstaaten ratifiziert und umgesetzt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Empfehlungen der GREVIO zu berücksichtigen und die Rechtsvorschriften zu verbessern, um sie stärker mit den Bestimmungen des Übereinkommens von Istanbul in Einklang zu bringen, und so für eine ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung zu sorgen;
35. begrüßt die Initiative zur Ausweitung der Kriminalitätsbereiche gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV auf bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Gewalt und fordert die Kommission auf, anschließend einen Vorschlag für eine ganzheitliche, auf die Bedürfnisse der Opfer ausgerichtete EU-Richtlinie vorzulegen, um sämtlichen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen und sie zu bekämpfen; weist erneut darauf hin, dass diese neuen Legislativmaßnahmen in jedem Fall ergänzend zur Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul getroffen werden sollten;
36. fordert die EU auf, sich dringend mit der Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt während der COVID-19-Pandemie zu befassen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ein Protokoll der Europäischen Union zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Krisenzeiten auszuarbeiten und an die Opfer gerichtete Schutzangebote wie Beratungsstellen, sichere Unterkünfte und Gesundheitsdienste als in den Mitgliedstaaten bereitgestellte „grundlegende Dienste“ aufzunehmen, um in Zeiten von Krisen wie der COVID-19-Pandemie geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen und Opfer häuslicher Gewalt zu unterstützen; stellt mit Besorgnis fest, dass es an Daten über Gewalt gegen Frauen und Mädchen mangelt, mit denen der Anstieg der Zahl der Fälle während der COVID-19-Pandemie erfasst werden könnte;
37. hebt die Bedeutung der Bildung hervor und fordert, dass Geschlechterstereotype, die geschlechtsspezifischer Gewalt den Weg bereiten, bekämpft werden; fordert die EU auf, dafür zu sorgen, dass alle öffentlichen Institutionen der EU über Verhaltenskodizes, mit denen die Nichtduldung von Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch etabliert wird, sowie über interne Melde- und Beschwerdemechanismen verfügen und diese anwenden;
38. hält es für geboten, für alle Formen geschlechtsspezifischer Gewalt in den Mitgliedstaaten nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselte Daten zu erheben und zu organisieren; begrüßt die Ankündigung einer neuen EU-weiten Erhebung der FRA über die Verbreitung und Dynamik aller Formen von Gewalt gegen Frauen;
39. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalt im Internet, einschließlich Belästigung im Internet, Cybermobbing und frauenfeindlicher Hetze, von denen Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind, zu beseitigen und insbesondere gegen die Zunahme dieser Formen geschlechtsspezifischer Gewalt während der COVID-19-Pandemie vorzugehen; fordert die Kommission auf, einschlägige Vorschriften und andere mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hetze und Belästigung im Internet vorzulegen;
40. fordert die Mitgliedstaaten auf, das kürzlich angenommene Übereinkommen Nr. 190 der IAO über Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz umgehend zu ratifizieren und umzusetzen;
41. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2011/36/EU(23) zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer wirksam umzusetzen und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalt gegen Frauen und geschlechtsspezifische Ungleichheiten, die grundlegende Ursachen des Menschenhandels sind, zu bekämpfen; fordert die Kommission auf, die Richtlinie nach einer gründlichen Folgenabschätzung zu überarbeiten, um die Maßnahmen zur Verhütung und Verfolgung aller Formen des Menschenhandels zu verbessern, insbesondere was sexuelle Ausbeutung anbelangt, da es sich hierbei um den Bereich handelt, in dem Menschenhandel am stärksten verbreitet ist und am häufigsten gemeldet wird, wobei sich 92 % der Frauen und Mädchen in Europa, die Opfer von Menschenhandel sind, in diesem Bereich wiederfinden; fordert die Kommission ferner auf, die Richtlinie dahingehend zu ändern, dass die Mitgliedstaaten die wissentliche Inanspruchnahme aller von Opfern des Menschenhandels angebotenen Dienstleistungen ausdrücklich unter Strafe stellen;
Frauen und Gesundheit
42. ruft in Erinnerung, dass der universelle Zugang zur Gesundheitsversorgung ein Menschenrecht ist, das nur durch ein System garantiert werden kann, das universell und unabhängig vom sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund für alle zugänglich ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, für eine angemessene Gesundheitsversorgung zu sorgen und einen gleichberechtigten Zugang dazu zu gewährleisten;
43. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in robuste und belastbare öffentliche Gesundheitssysteme zu investieren und dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten des Gesundheitswesens, von denen die meisten in der Regel weiblich sind und schlechter bezahlte Stellen haben, angemessen vergütet werden und ihre Arbeitsbedingungen menschenwürdig sind;
44. fordert die universelle Achtung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und den universellen Zugang dazu, wie im Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung und der Aktionsplattform von Peking vereinbart;
45. betont, dass der Zugang zu Familienplanung, zu Gesundheitsdiensten für Mütter und zu Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen wichtige Faktoren sind, mit denen die Rechte der Frauen gewährleistet und Leben gerettet werden können;
46. fordert die Mitgliedstaaten auf, jungen Menschen eine umfassende Sexualerziehung sowie den Zugang zu Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit – einschließlich Empfängnisverhütung, Familienplanung und sicherer und legaler Abtreibung – anzubieten;
47. weist darauf hin, wie wichtig es ist, die Geschlechterperspektive bei der Erstellung medizinischer Diagnosen und der Planung von Behandlungen besser zu berücksichtigen, damit alle Menschen eine angemessene Behandlung von hoher Qualität erhalten; betont, dass Krankheiten und Grunderkrankungen von Frauen nach wie vor oft nicht diagnostiziert, behandelt und erforscht werden;
Auf dem Weg zum „Generation Equality Forum“
48. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Anstrengungen zur Umsetzung der Agenda 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwicklung, insbesondere der Ziele 3 und 5, zu verstärken, damit keine Frau und kein Mädchen Opfer von Diskriminierung, Gewalt oder Ausgrenzung wird und keiner Frau und keinem Mädchen der Zugang zu Gesundheit, Nahrung, Bildung und Beschäftigung verwehrt wird;
49. bekräftigt, wie wichtig das Bekenntnis der EU zur Aktionsplattform von Peking und den Überprüfungskonferenzen ist, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre übergeordneten Verpflichtungen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frauen einzuhalten;
50. begrüßt die Beteiligung der Mitgliedstaaten und der Kommission an den Aktionsbündnissen und ihre gemeinsame Führungsrolle dabei;
51. weist auf die Bedeutung eines ehrgeizigen Ergebnisses des künftigen „Generation Equality Forum“ unter anderem in Form der Annahme einer Reihe zukunftsweisender, ehrgeiziger Verpflichtungen und Maßnahmen hin, die mit der Bereitstellung eigens dafür vorgesehener Mittel durch die Kommission und die Mitgliedstaaten – auch im Rahmen der Aktionsbündnisse – einhergehen;
52. fordert alle Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die jährliche Nachverfolgung und die nationale Berichterstattung im Rahmen des Fortschrittsberichts über die Aktionsbündnisse durchzuführen;
53. fordert die EU nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Parlament und sein Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter vollständig in den Entscheidungsprozess hinsichtlich des von der EU beim „Generation Equality Forum“ vertretenen Standpunkts einbezogen werden;
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54. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
EIGE, Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Beijing in den EU-Mitgliedstaaten, http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=sdg_05_20&lang=de
EIGE-Studie „Gender inequalities in care and consequences on the labour market“ (Geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei der Betreuung und die Folgen für den Arbeitsmarkt).
British Medical Journal, „Covid-19: EU States report 60% rise in emergency calls about domestic violence“ (EU-Staaten melden einen Anstieg der Notrufe wegen häuslicher Gewalt um 60 %), 11. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.bmj.com/content/369/bmj.m1872. VN-Bericht des Generalsekretärs vom Juli 2020: „Intensification of efforts to eliminate all forms of violence against women and girls“ (Verstärkung der Anstrengungen zur Verhütung und Beseitigung aller Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen: häusliche Gewalt), https://undocs.org/en/A/75/274
EIGE, Area K – Women and the environment: climate change is gendered (Bereich K – Frauen und Umwelt: Klimawandel ist geschlechtsspezifisch):, 5. März 2020, abrufbar unter: https://eige.europa.eu/publications/beijing-25-policy-brief-area-k-women-and-environment
EPRS-Briefing, „Beijing Platform for Action, 25 year review and future priorities“ (Aktionsplattform von Peking, Überprüfung nach 25 Jahren und künftige Prioritäten), 27. Februar 2020, abrufbar unter: https://www.europarl.europa.eu/thinktank/de/document.html?reference=EPRS_BRI(2020)646194
Bericht von UN Women: Gender equality: Women’s rights in review 25 years after Beijing (Gleichstellung der Geschlechter: Überblick über Frauenrechte 25 Jahre nach Peking), https://www.unwomen.org/en/digital-library/publications/2020/03/womens-rights-in-review
Bericht von UN Women: Gender Equality in the Wake of COVID-19 (Geschlechtergleichstellung nach COVID-19), https://www.unwomen.org/en/digital-library/publications/2020/09/gender-equality-in-the-wake-of-covid-19
2014 lebten mehr als 122 Millionen Menschen in der EU in Haushalten, die als arm gelten, waren mithin also von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Von diesen 122 Millionen Menschen waren 53 % Frauen und 47 % Männer. Vgl. Bericht des EIGE mit dem Titel „Poverty, gender and intersecting inequalities in the EU“ (Armut, geschlechtsspezifische und intersektionale Ungleichheiten in der EU), 2016, https://eige.europa.eu/publications/poverty-gender-and-intersecting-inequalities-in-the-eu
Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1).