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Verfahren : 2020/2087(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A9-0052/2021

Eingereichte Texte :

A9-0052/2021

Aussprachen :

PV 17/05/2021 - 17
CRE 17/05/2021 - 17

Abstimmungen :

PV 18/05/2021 - 13

Angenommene Texte :

P9_TA(2021)0220

Angenommene Texte
PDF 168kWORD 56k
Dienstag, 18. Mai 2021 - Brüssel
Überprüfung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union
P9_TA(2021)0220A9-0052/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2021 zu der Überprüfung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (2020/2087(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf Artikel 174, Artikel 175, Artikel 212 Absatz 2 und Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11. November 2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union(1) (im Folgenden „EUSF-Verordnung“) und ihre nachfolgenden Änderungen vom 15. Mai 2014 und vom 20. März 2020,

–  unter Hinweis auf die Berichte der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe für Klimafragen und insbesondere ihren Bericht mit dem Titel „Climate Change 2014: Impacts, Adaptation and Vulnerability“ vom 31. März 2014,

–  unter Hinweis auf das am 22. April 2016 unterzeichnete Übereinkommen von Paris,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2013 zu dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union, seiner Umsetzung und seiner Anwendung(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Dezember 2016 zu dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union: eine Bewertung(3),

–  unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 15. Mai 2019 über die Bewertung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union 2002–2017 (SWD(2019)0186),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2020/461 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates zur finanziellen Unterstützung von Mitgliedstaaten und von Ländern, die ihren Beitritt zur Union verhandeln und die von einer Notlage größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit schwer betroffen sind(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen(5),

–  unter Hinweis auf das Positionspapier des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 25. März 2020 zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates zwecks finanzieller Unterstützung von Mitgliedstaaten und ihren Beitritt zur Union verhandelnden Ländern, die von einer Notlage größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit schwer betroffen sind (COM(2020)0114),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Haushaltsausschusses,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für regionale Entwicklung (A9-0052/2021),

A.  in der Erwägung, dass den von Naturkatastrophen größeren oder regionalen Ausmaßes bzw. Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit betroffenen Mitgliedstaaten und Beitrittsländern im Rahmen des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF), der nach den schweren Überschwemmungen in Mitteleuropa im Jahr 2002 durch die EUSF-Verordnung eingerichtet wurde, finanzielle Unterstützung bereitgestellt wird; in der Erwägung, dass der EUSF einen echten europäischen Mehrwert bietet und ein konkretes Beispiel für die Bereitschaft zur Solidarität mit den Menschen darstellt, die in den Regionen der EU leben, die von Naturkatastrophen größeren Ausmaßes betroffen sind;

B.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen darauf hingewiesen hat, dass Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten keine Option, sondern tatsächlich eine Verpflichtung darstellt, die sich insbesondere aus Artikel 2 und Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union ergibt, und gemäß Artikel 3 des genannten Vertrags eine Säule der Werte der EU ist; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die Kommission in derselben Entschließung nachdrücklich auffordert, sämtliche Elemente ihrer Mechanismen für die Krisen- und Katastrophenbewältigung zu stabilisieren;

C.  in der Erwägung, dass gemäß einer aktuellen Umfrage zwei Drittel der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger der Ansicht sind, dass die Europäische Union mehr Befugnisse zur Bewältigung unerwarteter Krisen wie der COVID-19-Krise haben sollte, und dass mehr als die Hälfte der Befragten die Auffassung vertritt, dass die EU über mehr finanzielle Mittel verfügen sollte, um diese Krisen zu bewältigen(6); in der Erwägung, dass die aktuelle Gesundheitskrise eine sehr ausgeprägte menschliche Dimension aufweist; in der Erwägung, dass die EU und die Mitgliedstaaten dementsprechend im Geiste der Solidarität handeln sollten;

D.  in der Erwägung, dass bisher aus dem EUSF ein Gesamtbetrag von etwa 6,6 Mrd. EUR zur Bewältigung von etwa 100 Naturkatastrophen in 23 Mitgliedstaaten und einem Beitrittsland eingesetzt wurde(7);

E.  in der Erwägung, dass in den Jahren 2017 und 2018 etwa zwei Drittel aller Anträge auf Mittel aus dem EUSF auf Überschwemmungskatastrophen zurückzuführen waren, der Berichtszeitraum jedoch auch von schweren Stürmen, Waldbränden und Erdbeben geprägt war;

F.  in der Erwägung, dass der Nutzen des EUSF in der Bewertung der Kommission hervorgehoben wurde, insbesondere im Hinblick auf die Entlastung aller nationalen, regionalen und lokalen Behörden bei der Unterstützung der Aufbaumaßnahmen nach nationalen oder regionalen Naturkatastrophen größeren Ausmaßes oder Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie in der EUSF-Verordnung (in der geänderten Fassung) festgelegt;

G.  in der Erwägung, dass der Rechtsrahmen des EUSF im Jahr 2014 durch die Änderungsverordnung (EU) Nr. 661/2014(8) überarbeitet wurde, insbesondere um die Verfahren zu vereinfachen, eine schnellere Reaktion nach der Antragstellung sicherzustellen, die Kriterien für die Zulässigkeit von Anträgen auf Unterstützung bei regionalen Katastrophen klarer zu definieren, den Durchführungszeitraum zu verlängern und Vorschusszahlungen einzuführen, wie vom Parlament wiederholt gefordert wurde; in der Erwägung, dass durch die Änderung der Verordnung im März 2020 weitere Fortschritte erzielt wurden, insbesondere im Hinblick auf die Anhebung der Höhe der Vorschusszahlungen und die Vereinfachung der Inanspruchnahme des EUSF;

H.  in der Erwägung, dass die Bewilligungsquote bei Anträgen auf Unterstützung im Fall von Katastrophen größeren Ausmaßes 100 % beträgt, während diese Quote bei Anträgen im Fall regionaler Katastrophen – der häufigsten Kategorie – im Zuge der Überarbeitung der EUSF-Verordnung im Jahr 2014 von 32 % auf 85 % gestiegen ist;

I.  in der Erwägung, dass in einem erheblichen Teil der Fälle nach wie vor Aktualisierungen erforderlich sind und es damit zu einer übermäßigen Verzögerung beim endgültigen Zugang zu den Finanzhilfen kommt, obwohl die Frist zur Vorbereitung und Einreichung von Anträgen auf Unterstützung durch die Reform der Verordnung im Jahr 2014 von 10 auf 12 Wochen verlängert wurde; in der Erwägung, dass die Kommission aus diesem Grund vereinfachte Leitlinien zu den Antragsanforderungen bereitstellen und so den Verwaltungsaufwand verringern sollte;

J.  in der Erwägung, dass die für die Bereitstellung der vollständigen Finanzhilfe erforderliche Zeit weiter verkürzt werden könnte, um den dringenden Bedarf an Solidarität der EU zu erfüllen;

K.  in der Erwägung, dass mit den Beiträgen des Fonds nur die Wiederherstellung des Zustands von Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Wasser und Abwasser, Telekommunikation, Verkehr, Gesundheit und Bildung abgedeckt wird, der vor der Katastrophe herrschte, während die Mehrkosten für den Wiederaufbau katastrophen- und klimaresilienterer Infrastrukturen – wie im europäischen Grünen Deal gefordert – unberücksichtigt bleiben, sodass sie vom begünstigten Staat aus Eigenmitteln und aus anderen Fonds der EU, wie dem EFRE und dem Kohäsionsfonds, zu finanzieren sind;

L.  in der Erwägung, dass es – wie durch die COVID-19-Krise verdeutlicht – Bedarf für ein höheres Maß an Synergien zwischen kohäsionspolitischen Instrumenten und dem EUSF gibt; in der Erwägung, dass der EUSF eingerichtet wurde, um kurz- und mittelfristig auf Naturkatastrophen zu reagieren, während mit der Kohäsionspolitik (EFRE und Kohäsionsfonds) eine längerfristige Planung und Investitionen im Hinblick auf den Katastrophenschutz, die Einrichtungen für Katastrophenprävention und -management sowie die Resilienzmaßnahmen angestrebt werden, sodass damit ein Beitrag zu den Zielen des europäischen Grünen Deals geleistet wird;

M.  in der Erwägung, dass die Kommission die Ausweitung des Anwendungsbereichs des EUSF auf Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit vorgeschlagen hat und die Verordnung (EU) 2020/461 in Kraft getreten ist;

N.  in der Erwägung, dass aufgrund des Klimawandels die Gefahr besteht, dass Naturkatastrophen immer häufiger auftreten und schwerer ausfallen; in der Erwägung, dass der 2014 eingeführte Haushaltsmechanismus der dynamischen Zuordnung, durch den etwa zur Bewältigung der Erdbebenschäden in Italien 2016 und 2017 eine Rekordunterstützung in Höhe von 1,2 Mrd. EUR durch den EUSF möglich war, daher zweckmäßig ist;

O.  in der Erwägung, dass gemäß Artikel 7 der EUSF-Verordnung die aus dem Fonds finanzierten Maßnahmen mit den Bestimmungen des AEUV und den auf seiner Grundlage erlassenen Instrumenten sowie mit den Strategien und Maßnahmen der EU, insbesondere in den Bereichen Umweltschutz, Prävention und Management von Risiken im Zusammenhang mit Naturkatastrophen und Anpassung an den Klimawandel, gegebenenfalls einschließlich ökosystemorientierter Ansätze, vereinbar sein sollten;

P.  in der Erwägung, dass im neuen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) das neue Haushaltsinstrument „Solidaritäts- und Soforthilfereserve“ (SEAR) vorgesehen ist, in dem der EUSF und die Reserve für Soforthilfe (EAR) zusammengefasst werden und durch das zum einen auf Krisensituationen infolge von Naturkatastrophen größeren Ausmaßes in den Mitgliedstaaten oder beitretenden Staaten (EUSF) und zum anderen auf besondere akute Notlagen in der EU oder in Drittländern (EAR), insbesondere im Fall humanitärer Krisen, reagiert werden soll;

Q.  in der Erwägung, dass – wie unter anderem in Artikel 349 AEUV anerkannt wird – die schwierigen Klimabedingungen zu den anhaltenden Faktoren gehören, durch die die Entwicklung der Gebiete in äußerster Randlage ernsthaft beeinträchtigt wird; in der Erwägung, dass folglich spezifische Maßnahmen erlassen werden sollten, um die Bedingungen für die Anwendung der Verträge, einschließlich der gemeinsamen Strategien, festzulegen;

R.  in der Erwägung, dass Gebiete in äußerster Randlage, Inseln, Berggebiete, schwach besiedelte Gebiete und alle für Naturkatastrophen besonders anfälligen Gebiete besondere Aufmerksamkeit erfordern;

S.  in der Erwägung, dass in der EUSF-Verordnung derzeit nicht vorgesehen ist, dass Beihilfeanträge auf grenzüberschreitender Basis eingereicht werden, obwohl bestimmte Gebiete, die besonders anfällig für Naturkatastrophen sind, wie z. B. Berggebiete, häufig einen grenzüberschreitenden Charakter aufweisen;

1.  ist besorgt darüber, dass extreme Wetterereignisse und Naturkatastrophen im Zuge des Klimawandels immer häufiger auftreten und schwerer ausfallen; vertritt die Ansicht, dass es von größter Bedeutung ist, in Übereinstimmung mit dem europäischen Grünen Deal in die Prävention und die Eindämmung des Klimawandels zu investieren; betont, dass die Mitgliedstaaten zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen, um in Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen des Klimawandels zu investieren, zumal viele Naturkatastrophen unmittelbar auf menschliches Handeln zurückzuführen sind, und dass angemessene Maßnahmen angenommen werden müssen, da Überschwemmungen, Erdbeben, Waldbrände, Dürren und andere Naturkatastrophen außer Kontrolle geraten können;

2.  weist darauf hin, dass der EUSF zu den Instrumenten gehört, in denen die Solidarität der EU einen konkreten Ausdruck findet; hebt hervor, dass die Unionsbürger erwarten, dass diese Solidarität gezeigt wird, wenn Naturkatastrophen oder ernste Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit eintreten;

3.  stellt besorgt fest, dass die Menschen in der EU in den vergangenen Jahren von zahlreichen Katastrophen betroffen waren, die verheerende Auswirkungen für Leben, Eigentum, die Umwelt und das kulturelle Erbe hatten;

4.  weist darauf hin, dass Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit mittlerweile regelmäßig eintreten, wofür die COVID-19-Pandemie, durch die das Leben aller Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie die gesamte Wirtschaft schwer beeinträchtigt werden, die Waldbrände auf dem gesamten Kontinent, unter anderem an ungewöhnlichen Orten wie der Arktis, und die Serien schwerer Erdbeben in Europa, insbesondere in Italien 2016 und 2017 mit Hunderten von Toten und Schäden in Höhe von ca. 22 Mrd. EUR sowie auch im März 2020 und Dezember 2020 in Kroatien, aktuelle Beispiele sind; weist außerdem darauf hin, dass Stürme, extreme Regenfälle und Überschwemmungen in zahlreichen Städten und Tälern zu beträchtlichen Schäden geführt haben, und dass die Gebiete in äußerster Randlage mit immer heftigeren Hurrikans zu kämpfen haben, etwa mit dem Hurrikan Irma 2017 auf St. Martin und dem Hurrikan Lorenzo 2019 auf den Azoren, die besonders starke Zerstörungen verursachten; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass anfällige Gebiete wie Insel- und Berggebiete, schwach besiedelte Gebiete und solche in äußerster Randlage häufig am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind;

5.  weist darauf hin, dass es unerlässlich ist, dass Hilfe und Finanzmittel so schnell, unkompliziert und flexibel wie möglich in den betroffenen Gebieten zur Verfügung stehen; hebt hervor, dass Synergien zwischen dem EUSF und dem Katastrophenschutzverfahren der Union sowie den Maßnahmen des EFRE zur Anpassung an den Klimawandel und den Programmen der territorialen Zusammenarbeit von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung eines umfassenden Reaktions- und Resilienzpakets sind; fordert die Kommission auf, ihre Arbeit an den Leitlinien für die vereinfachte Verwendung des EUSF fortzusetzen, um die nationalen, regionalen und lokalen Behörden bei ihren Maßnahmen zu unterstützen; besteht darauf, dass Synergien zwischen dem EUSF und unter anderem den genannten Finanzierungsinstrumenten der EU flexibel und in größtmöglichem Umfang genutzt werden sollten; weist erneut darauf hin, dass in dem Bericht über die Durchführung jedes Empfängerstaats die getroffenen oder vorgeschlagenen Präventivmaßnahmen – einschließlich der Nutzung der Strukturfonds der EU – aufgeführt werden sollten, um künftigen Schaden in Grenzen zu halten und so weit wie möglich das Eintreten ähnlicher Naturkatastrophen zu verhindern;

6.  weist darauf hin, dass es nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Verringerung des Katastrophenrisikos in den letzten 20 Jahren (2000–2019) 7 348 Naturkatastrophen größeren Ausmaßes gab, durch die 1,23 Millionen Menschen ums Leben kamen, 4,2 Milliarden Menschen betroffen waren und weltweit materielle Verluste in Höhe von 2,97 Bio. USD entstanden;

7.  weist darauf hin, dass nach Angaben der Europäischen Umweltagentur (EUA) zwischen 1980 und 2019 in den Mitgliedstaaten des EWR durch klimabedingte extreme Wetterereignisse materielle Verluste in Höhe von insgesamt schätzungsweise 446 Mrd. EUR verursacht wurden;

8.  ist der Auffassung, dass Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit tiefere wirtschaftliche und soziale Auswirkungen auf die am wenigsten entwickelten und in höchstem Maße gefährdeten Regionen wie Inseln, Berggebiete und schwach besiedelte Gebiete haben und dass im Rahmen des EUSF angemessenere Maßnahmen in diesen Regionen getroffen werden sollten;

Katastrophenmanagement, Schadensbewertung und Vereinfachung der Verfahren

9.  stellt fest, dass die EU verschiedenen Arten von Katastrophenrisiken ausgesetzt ist; betont, dass die Schwere mancher Naturkatastrophen nicht allein vom Klimawandel abhängig ist, sondern in einigen Fällen auf vom Menschen beeinflusste Faktoren zurückzuführen ist, darunter eine unbedachte Raumplanung; ist der Auffassung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, in der EU in die Prävention und das Management von Katastrophen zu investieren, und zwar durch den Aufbau von Schutzeinrichtungen; empfiehlt in diesem Sinne den Mitgliedstaaten, zusammen mit der Kommission Katastrophenpräventions- und Katastrophenmanagementpläne einzuführen, die eine schnelle und präzise Bewertung der Schäden gestatten; betont, dass es sich beim EUSF um ein unkompliziertes Instrument handelt, das die EU nationalen, regionalen und lokalen Behörden zur Verfügung stellen kann;

10.  fordert die Kommission auf, im Rahmen einer künftigen Reform des EUSF ihre Arbeit im Hinblick auf die Vereinfachung und Beschleunigung des Antragsverfahrens für die Mitgliedstaaten fortzusetzen, indem sie zum Beispiel der Vereinfachung von Anträgen auf Inanspruchnahme des EUSF für mehrere europäische Regionen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Katastrophen besondere Aufmerksamkeit widmet, um eine schnellere Reaktion auf die Zunahme von Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen;

11.  ist der Ansicht, dass die Gebiete und Regionen durch den Klimawandel und die sich verschärfenden Naturkatastrophen zunehmend gefährdet werden; fordert die Kommission daher auf, eine Überprüfung des EUSF in Erwägung zu ziehen, um regionale Katastrophen besser zu berücksichtigen; weist ferner auf die Rolle hin, die den Programmen des EFRE in Synergie mit den Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums bei der Prävention und Eindämmung tektonischer und hydrogeologischer Risiken zukommt; nimmt zudem zur Kenntnis, dass Dürren bei der Überarbeitung 2014 in den Anwendungsbereich der EUSF-Verordnung aufgenommen wurden; weist jedoch darauf hin, dass sie aufgrund der klimatischen Entwicklungen in der EU immer häufiger auftreten und dass ihre wirtschaftlichen Folgen schwer abzuschätzen sind; fordert die Kommission auf, die besonderen Auswirkungen von Dürren zu untersuchen und sie bei einer künftigen Reform des EUSF entsprechend zu berücksichtigen;

12.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Forschung und Bildung im Hinblick auf die Schaffung eines Systems zu stärken, mit dem die Katastrophenprävention und das Katastrophenmanagement verbessert und die Auswirkungen solcher Krisen minimiert werden können;

13.  fordert, dass die Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen der Mitgliedstaaten – insbesondere diejenigen, die mit ähnlichen Risiken konfrontiert sind – sich besser abstimmen und stärker zusammenarbeiten; fordert, dass die Frühwarnsysteme in den Mitgliedstaaten verbessert werden und dass die verschiedenen Frühwarnsysteme miteinander vernetzt und die Verbindungen zwischen ihnen verstärkt werden;

14.  empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen Investitionen, Projekte und Instrumente erfassen, mit denen die Schäden infolge von Natur- und Gesundheitskatastrophen verhindert bzw. begrenzt werden;

15.  fordert die Kommission auf, in Katastrophensituationen für die Verbreitung bewährter Verfahren in Bezug auf die Governance- und institutionellen Koordinierungsstrukturen zu sorgen;

16.  weist darauf hin, dass es für die Empfängerländer schwierig ist, innerhalb sehr kurzer Zeit die genaue Höhe von Schäden zu ermitteln; empfiehlt der Kommission, Leitlinien für einfachere Methoden zur Bestimmung des genauen Umfangs der Unterstützung aus dem EUSF auszuarbeiten, auch um das Fehlerpotenzial und weitere Verzögerungen so weit wie möglich zu verringern;

17.  hebt hervor, dass durch die Anwendung des EUSF in nationalen, regionalen und lokalen Behörden ein Lernprozess angeregt wurde, durch den diese dazu veranlasst wurden, ihre Maßnahmen für das Katastrophenrisikomanagement einer allgemeinen Prüfung zu unterziehen; betont, dass für Empfängerländer durch technische und administrative Unterstützung der Verwaltungsaufwand verringert und der Kapazitätsaufbau verstärkt werden muss, um ihnen zu helfen, langfristige Verwaltungsstrategien zu entwickeln, mit denen die Folgen von Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingedämmt werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Kommunikation mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den aufeinanderfolgenden Phasen der Bewertung, der Vorbereitung der Anträge und der Projektumsetzung zu verbessern, um die Dauer von Verwaltungsverfahren zu verkürzen;

18.  fordert die Kommission auf, bei einer künftigen Überarbeitung des EUSF den Schwerpunkt so weit wie möglich auf die Regionen zu legen, die am stärksten durch Naturkatastrophen größeren oder regionalen Ausmaßes bzw. Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit gefährdet sind, insbesondere Gebiete in äußerster Randlage, Inseln, Berggebiete, Gebiete mit hoher seismischer oder vulkanischer Aktivität oder einem hohen Risiko für künftige Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit;

19.  ist der Auffassung, dass eine Bestandsaufnahme der Folgen der Hurrikans erforderlich ist, von denen die überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) getroffen wurden; vertritt die Ansicht, dass die Reserve für Soforthilfen und andere externe Hilfsinstrumente in vollem Umfang genutzt werden sollten, um die entstandenen Schäden abzumildern; ist zudem der Auffassung, dass diesen externen Hilfsinstrumenten angemessene Finanzmittel zugewiesen werden müssen, damit den ÜLG geholfen werden kann;

Finanzierungsquellen und schnelle Zuweisung von Mitteln

20.  weist darauf hin, dass die Kommission in ihrem überarbeiteten Vorschlag zum MFR 2021–2027 vom 27. Mai 2020 jährliche Haushaltsmittel für den EUSF in Höhe von maximal 1 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) vorsah; stellt jedoch fest, dass der EUSF gemäß der Vereinbarung über den neuen MFR im Rahmen des neuen Instruments SEAR mit einer jährlichen Mittelausstattung von insgesamt 1,2 Mrd. EUR mit der EAR zusammengelegt wurde;

21.  ist der Ansicht, dass ein Vorteil der Einrichtung der SEAR in einer höheren Flexibilität bestehen kann; weist jedoch darauf hin, dass die Mittelausstattung des EUSF nach dem derzeitigen Modell ungewiss ist, da sie von den Beträgen abhängt, die aus der EAR zugewiesen werden; ist der Auffassung, dass die Verwaltung der SEAR genau überwacht werden muss, um festzustellen, ob der Umfang und der Verteilungsschlüssel der für dieses neue Finanzierungsinstrument vorgesehenen Mittel angesichts der Ausweitung seines Anwendungsbereichs sowie der immer häufiger auftretenden Notsituationen, insbesondere infolge von Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit, den Anforderungen des EUSF gerecht werden;

22.  begrüßt, dass durch die im März 2020 beschlossene Überarbeitung des EUSF der Anteil der Vorauszahlungen von 10 % auf 25 % des geplanten Finanzbeitrags und die Obergrenze von 30 auf 100 Mio. EUR erhöht werden konnten; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, wie wichtig Vorauszahlungen sind, um die Wirksamkeit der Interventionen zu erhöhen, insbesondere in Regionen und Gemeinden mit begrenzten alternativen Finanzierungsquellen; fordert die Kommission auf, über zusätzliche Möglichkeiten für die Förderung dieser Option nachzudenken; fordert verstärkte operationelle Anstrengungen, um die durchschnittliche Dauer bis zur Freigabe von Vorauszahlungen zu verkürzen und gleichzeitig den Schutz des EU-Haushalts sicherzustellen;

23.  weist darauf hin, dass es sich bei den meisten größeren Bauten in den Gebieten in äußerster Randlage (wie Häfen, Flughäfen oder Krankenhäuser), die für das Funktionieren dieser kleinen Gebiete von wesentlicher Bedeutung sind, um öffentliche Gebäude handelt und diese in hohem Maße der Gefahr von Umweltkatastrophen ausgesetzt sind; vertritt daher die Auffassung, dass die finanzielle Unterstützung aus dem EUSF für die Gebiete in äußerster Randlage mehr als 2,5 % des Betrags ausmachen sollte, der zur Bewältigung früherer Katastrophen gewährt wurde, damit diese Gebiete ihren vorherigen Zustand rasch wieder erreichen bzw. verbessern können;

24.  stellt fest, dass es durchschnittlich fünf Monate dauert, bis die Vorauszahlungen geleistet werden; fordert die Kommission auf, schnellere Lösungen in Erwägung zu ziehen;

25.  stellt außerdem fest, dass durchschnittlich ein Jahr vergeht, bis die Empfänger den vollständigen Betrag aus dem EUSF erhalten; fordert die Kommission auf zu prüfen, wie im Rahmen einer künftigen Reform die Zuweisung aus dem Fonds so flexibel wie möglich gestaltet werden kann, damit schnell gehandelt und in den von Katastrophen betroffenen Regionen und/oder Ländern rasch Abhilfe geleistet werden kann;

26.  ist der Auffassung, dass angesichts der vorstehenden Umstände und der Ausweitung des Anwendungsbereichs des Fonds in Zukunft eine Bewertung der Mittelausstattung des EUSF erforderlich werden könnte, die gegebenenfalls eine entsprechende Anpassung der Mittelausstattung zur Folge haben könnte, damit mit dem Fonds das geleistet werden kann, was von einem echten Instrument der Solidarität der EU erwartet wird, und damit dafür Sorge getragen werden kann, dass ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, um auf Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit wirksam reagieren zu können, nicht nur, um die Schäden zu beheben, sondern auch, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen;

27.  betont, dass die Vergabe, Verwaltung und Durchführung der Finanzhilfen aus dem EUSF so transparent wie möglich erfolgen und dass die Finanzhilfen im Einklang mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung verwendet werden sollten;

Katastrophenprävention und Qualität des Wiederaufbaus

28.  fordert, dass die Kriterien zur Bestimmung der Vorhaben, die aus dem Fonds förderfähig sind, stärker an den aktuellen Grundsätzen im Bereich der Katastrophenprävention ausgerichtet werden; fordert, dass der Grundsatz des besseren Wiederaufbaus („Build Back Better“) in einer künftigen Überarbeitung vollständig in Artikel 3 der EUSF-Verordnung aufgenommen wird, um im Zuge des Wiederaufbaus einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Infrastruktur dieser Regionen zu leisten und sie besser darauf vorbereiten zu können, durch den Aufbau von Schutzeinrichtungen künftige Katastrophen zu verhindern;

29.  ist der Ansicht, dass Instrumente wie die von der Europäischen Investitionsbank bereitgestellten „Rahmendarlehen“ auch zur Finanzierung des Wiederaufbaus von Infrastrukturen verwendet werden können, die widerstandsfähiger, sicherer und ökologischer sind;

30.  fordert die Kommission auf, die Synergien zwischen dem EUSF und den Fonds der Kohäsionspolitik sowie den Katastrophenschutzverfahren der Union zu stärken und zu vereinfachen, um kurz-, mittel- und langfristig ein wirksames und strukturiertes Katastrophenmanagement für Wiederaufbauprojekte sicherzustellen, nicht nur durch den Bau nachhaltiger, energie- und ressourceneffizienter Infrastrukturen, sondern auch durch die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen; fordert die Kommission ferner auf, sich in Bezug auf die Programmplanung und die Abänderung nationaler oder regionaler Programme im Zusammenhang mit der Bewältigung von Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit flexibel zu zeigen; weist in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, dass bei finanzieller Unterstützung aus dem EUSF der Schwerpunkt auf eine größere Widerstandsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der Investitionen in den betroffenen Gebieten gelegt werden sollte;

Gesundheitsnotstände

31.  begrüßt, dass die im Rahmen des Fonds förderfähigen Maßnahmen im Zuge der von der Kommission am 13. März 2020 vorgeschlagenen Überarbeitung der EUSF-Verordnung auf Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit ausgeweitet wurden und damit nicht nur die ärztliche Versorgung, sondern auch Maßnahmen zur Prävention, Überwachung oder Bekämpfung der Ausbreitung von Krankheiten abgedeckt werden können;

32.  hebt hervor, dass sich durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Fonds zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie gezeigt hat, dass mit dem EUSF sowohl in Bezug auf seinen Anwendungsbereich als auch in Bezug auf die Förderfähigkeit eine größere Flexibilität geboten werden kann, d. h. dass damit nicht nur bei Naturkatastrophen größeren Ausmaßes, sondern auch im Hinblick auf die rasche Hilfeleistung bei anderen Arten von Katastrophen größeren Ausmaßes wie Pandemien Unterstützung geleistet werden kann;

33.  ist der Auffassung, dass durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs des EUSF eine Aufstockung seiner Haushaltsmittel notwendig ist;

34.  empfiehlt, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ihre Zusammenarbeit mit den auf die Vorbereitung auf Katastrophenfälle spezialisierten zuständigen Stellen der Weltgesundheitsorganisation verstärken, um Soforthilfepläne für Gesundheitsnotstände zu entwickeln;

Sichtbarkeit der Finanzhilfen des Fonds

35.  weist erneut darauf hin, dass die Öffentlichkeit über den konkreten Nutzen des EUSF informiert werden muss, um das Vertrauen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in die Instrumente und Programme der EU zu fördern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Sichtbarkeit der Unterstützungsleistungen des Fonds durch punktuelle, gezielte Kommunikationsmaßnahmen zu verbessern und gleichzeitig die schnelle Reaktion und Bereitstellung der Hilfe zu einer Priorität zu machen, um besonders hervorzuheben, welchen Mehrwert die EU bei Naturkatastrophen größeren und regionalen Ausmaßes sowie Notlagen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit bieten kann, da darin die Solidarität der EU und die Fähigkeit der Union, durch die Bereitstellung beträchtlicher Haushaltsmittel für eine echte gegenseitige Hilfe zu sorgen, einen konkreten Ausdruck finden; fordert die Kommission außerdem auf, die Empfängerländer im Rahmen der künftigen Überarbeitung der Verordnung zu verpflichten, ihre Bürgerinnen und Bürger über die finanzielle Unterstützung der EU für die umgesetzten Maßnahmen zu informieren;

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36.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.
(2) ABl. C 440 vom 30.12.2015, S. 13.
(3) ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 140.
(4) ABl. L 99 vom 31.3.2020, S. 9.
(5) Angenommene Texte P9_TA(2020)0054.
(6) https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20201113IPR91602/eu-weite-umfrage-mehr-eu-befugnisse-zur-bekampfung-der-coronakrise-gefordert
(7) https://cohesiondata.ec.europa.eu/stories/s/An-overview-of-the-EU-Solidarity-Fund-2002-2019/qpif-qzyn
(8) Verordnung (EU) Nr. 661/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 143).

Letzte Aktualisierung: 9. September 2021Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen