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Verfahren : 2021/2071(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A9-0226/2021

Eingereichte Texte :

A9-0226/2021

Aussprachen :

PV 06/07/2021 - 6
PV 06/07/2021 - 8
CRE 06/07/2021 - 6
CRE 06/07/2021 - 8

Abstimmungen :

PV 07/07/2021 - 18
PV 08/07/2021 - 4
CRE 08/07/2021 - 4

Angenommene Texte :

P9_TA(2021)0348

Angenommene Texte
PDF 162kWORD 53k
Donnerstag, 8. Juli 2021 - Straßburg
Festlegung von Leitlinien für die Anwendung der allgemeinen Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union
P9_TA(2021)0348A9-0226/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2021 zu der Festlegung von Leitlinien für die Anwendung der allgemeinen Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union (2021/2071(INI))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union(1) („Verordnung“),

–  gestützt auf die Artikel 2 und 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Juni 2021 zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union und zur Anwendung der Konditionalitätsverordnung (EU, Euratom) 2020/2092(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027, der interinstitutionellen Vereinbarung, dem EU-Aufbauinstrument und der Verordnung über die Rechtsstaatlichkeit(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zur Anwendung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 über den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. September 2020 mit dem Titel „Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 – Die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union“ (COM(2020)0580),

–  unter Hinweis auf den begründeten Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates vom 20. Dezember 2017 zur Feststellung der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit durch die Republik Polen, der gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV vorgelegt wurde (COM(2017)0835),

–  gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012(5) (im Folgenden „Haushaltsordnung“),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die gemeinsamen Beratungen des Haushaltsausschusses und des Haushaltskontrollausschusses gemäß Artikel 58 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres,

–  unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für konstitutionelle Fragen,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses und des Haushaltskontrollausschusses (A9-0226/2021),

A.  in der Erwägung, dass der in der Verordnung festgelegte Konditionalitätsmechanismus Teil der allgemeinen politischen Einigung über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021–2027, den Aufbauplan „Next Generation EU“ und den Eigenmittelbeschluss(6) war und seine Anwendung nicht hinausgezögert werden sollte, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der genannten Instrumente;

B.  in der Erwägung, dass der MFR 2021–2027 und das Aufbauinstrument „Next Generation EU“ mit ihrem Umfang für einen Unionshaushalt stehen, der in der Geschichte der EU seinesgleichen sucht und darauf abzielt, die wirtschaftliche und soziale Erholung der EU infolge der COVID-Pandemie zu unterstützen, weswegen mehr denn je eine rechtzeitige und ordnungsgemäße Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Haushaltsführung sowie des Schutzes der finanziellen Interessen der EU erforderlich ist;

C.  in der Erwägung, dass gemäß der Verordnung die Achtung der Rechtsstaatlichkeit eine wesentliche Voraussetzung für die Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ist;

D.  in der Erwägung, dass die Konditionalitätsverordnung am 1. Januar 2021 in Kraft getreten und in allen ihren Teilen verbindlich ist und seitdem unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gilt, was Zahlungen betrifft, die seit dem Inkrafttreten der Verordnung getätigt wurden;

E.  in der Erwägung, dass die Kommission beschlossen hat, sich an die nicht verbindlichen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 10. und 11. Dezember 2020 zu halten, und erklärt hat, dass sie Leitlinien für die Anwendung der Verordnung ausarbeiten werde;

F.  in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 25. März 2021 zu der Anwendung der Verordnung die Kommission aufforderte, die Leitlinien bis spätestens 1. Juni 2021 und nach Anhörung des Parlaments anzunehmen;

G.  in der Erwägung, dass das Thema „Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit“ auf der Konferenz zur Zukunft Europas erörtert werden wird, was die Gelegenheit bietet, eingehende Überlegungen zu den Instrumenten der Union, mit denen Verstöße gegen die Werte der EU, einschließlich der Rechtsstaatlichkeit, überwacht, verhindert und bekämpft werden, anzustellen;

1.  bedauert, dass die Kommission beschlossen hat, Leitlinien für die Anwendung der Verordnung auszuarbeiten; bekräftigt erneut seine Auffassung, dass der Wortlaut der Verordnung klar ist und keine zusätzliche Auslegung erfordert, um angewandt zu werden, und dass die beiden gesetzgebenden Organe der Kommission keine Befugnisse zu diesem Zweck übertragen haben; nimmt den Entwurf der Leitlinien zur Kenntnis, den die Kommission dem Parlament und den Mitgliedstaaten zugesandt hat;

2.  betont, dass Leitlinien nicht rechtsverbindlich sind; bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass die Kommission nur dann von ihrer üblichen Praxis der Ausarbeitung von Leitlinien für die Anwendung eines Rechtsakts abweicht, wenn die tatsächliche Umsetzung des Rechtsakts während eines bestimmten Zeitraums zeigt, dass Leitlinien erforderlich sind; betont, dass die Ausarbeitung von Leitlinien keinesfalls zu einer weiteren Verzögerung der Anwendung der Verordnung führen darf;

3.  weist darauf hin, dass der Wortlaut der Verordnung durch Leitlinien nicht geändert, erweitert oder eingeschränkt werden darf; betont, dass mit Leitlinien klargestellt werden muss, wie die Rechtsvorschriften der Verordnung in der Praxis anzuwenden sind, wenn mit ihnen ein Mehrwert bewirkt werden soll, und dass daher das Verfahren, die Definitionen und die Methodik, die die Kommission anwenden wird, rechtzeitig dargelegt werden müssen;

4.  bedauert zutiefst, dass die Kommission die Frist für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gemäß der Verordnung zum 1. Juni 2021 nicht eingehalten hat, auch im Hinblick auf die Ausarbeitung der Leitlinien; begrüßt, dass der Präsident des Parlaments die Kommission am 23. Juni 2021 aufgefordert hat, auf der Grundlage von Artikel 265 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) tätig zu werden, um ihren Verpflichtungen nachzukommen und die uneingeschränkte und sofortige Anwendung der Verordnung sicherzustellen;

5.  ist der Ansicht, dass die Kommission die Zeit seit dem Inkrafttreten der Verordnung nicht effizient genutzt hat; fordert die Kommission nachdrücklich auf, jede weitere Verzögerung bei der Anwendung der Verordnung zu vermeiden und alle potenziellen Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten, die die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union hinreichend unmittelbar beeinträchtigen oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen, rasch und vollumfassend zu untersuchen; bekräftigt, dass die Lage in einigen Mitgliedstaaten bereits ein sofortiges Tätigwerden gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung rechtfertigt, indem diesen Mitgliedstaaten eine schriftliche Mitteilung übermittelt wird, über die das Parlament informiert wird;

6.  weist darauf hin, dass es in den politischen Leitlinien der Kommission für den Zeitraum 2019–2024 heißt, dass wir bei der Verteidigung unserer Grundwerte keine Kompromisse eingehen dürften und dass dafür gesorgt werde, dass alle uns auf EU-Ebene zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden; weist darauf hin, dass die Kommission „ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit“ ausübt und ihre Mitglieder gemäß Artikel 17 Absatz 3 EUV und Artikel 245 AEUV „Weisungen von einer Regierung [...] weder einholen noch entgegennehmen“ dürfen; erinnert ferner daran, dass die Kommission gemäß Artikel 17 Absatz 8 EUV „dem Europäischen Parlament verantwortlich“ ist;

7.  fordert die Kommission auf, dem Parlament regelmäßig und proaktiv mindestens zweimal jährlich über neue und noch anhängige Fälle, die Gegenstand von Untersuchungen sind, Bericht zu erstatten und möglichst bald mit den ersten Fällen zu beginnen;

8.  verpflichtet sich, die Umsetzung der Verordnung eng zu überwachen, wann auch immer Bedenken hinsichtlich möglicher Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten bestehen, die in ihren Anwendungsbereich fallen; ist bestrebt, in den federführenden Ausschüssen unter Anleitung der Berichterstatter regelmäßige Sitzungen zur Überwachung der Umsetzung der Verordnung abzuhalten; fordert die Kommission auf, rechtzeitig auf die Überwachung der federführenden Ausschüsse zu reagieren und zu diesem Zweck detaillierte Informationen bereitzustellen;

Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit

9.  betont, dass die Verordnung sowohl für einzelne Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit als auch für „systemische“ Verstöße gilt, die weit verbreitet sind oder auf wiederkehrende Praktiken oder Unterlassungen von Behörden oder allgemeine Maßnahmen solcher Behörden zurückzuführen sind;

10.  fordert die Kommission auf, in den Leitlinien klarzustellen, dass Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat, die auf Entscheidungen oder Ereignisse zurückzuführen sind, die vor dem 1. Januar 2021 getroffen wurden bzw. stattfanden, in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, solange ihre Auswirkungen andauern;

11.  weist insbesondere auf die Liste der möglichen Hinweise auf Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit gemäß Artikel 3 der Verordnung hin; fordert die Kommission auf, mögliche Fälle von Verstößen, die in dieser Liste aufgeführt sind, in den Mitgliedstaaten zu untersuchen, weist jedoch darauf hin, dass andere Praktiken oder Unterlassungen von Behörden ebenfalls relevant sein können; stellt fest, dass der Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit aus dem Jahr 2020 bereits Hinweise auf Verstöße in mehreren Mitgliedstaaten enthält, die für die Auslösung des Mechanismus der Verordnung relevant sein könnten;

12.  weist darauf hin, dass die in Artikel 4 der Verordnung niedergelegten Verhaltensweisen von Einrichtungen der Mitgliedstaaten, die für die Anwendung der Konditionalitätsregelung der Verordnung relevant sind, die potenzielle Relevanz anderer Situationen oder Verhaltensweisen von Behörden, die für die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union von Bedeutung sind, nicht ausschließen;

13.  betont, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Organen der EU, den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) ist; weist darauf hin, dass eine unwirksame und nicht fristgerechte Zusammenarbeit mit der EUStA und dem OLAF eine Grundlage dafür darstellen kann, gemäß der Verordnung tätig zu werden; betont, dass im Falle der EUStA eine wirksame und fristgerechte Zusammenarbeit nicht nur die Verpflichtung der nationalen Behörden umfasst, die strafrechtlichen Ermittlungen und die Strafverfolgung der EUStA aktiv zu unterstützen, sondern auch die Verpflichtung der nationalen Regierung, dafür zu sorgen, dass ihre europäischen und delegierten europäischen Staatsanwälte fristgerecht und unparteiisch ernannt werden; ist ferner der Ansicht, dass das systematische Unterbleiben von Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen des OLAF eine Unterlassung gemäß der Verordnung darstellen kann;

14.  weist darauf hin, dass die Feststellung von Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit eine objektive, unparteiische, faire und gründliche qualitative Bewertung durch die Kommission erfordert, wobei einschlägige Informationen aus verfügbaren Quellen und von anerkannten Institutionen zu berücksichtigen sind, darunter Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und von zuständigen nationalen und internationalen Gerichten wie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Berichte des Rechnungshofs, der Jahresbericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit und das EU-Justizbarometer, Berichte des OLAF und gegebenenfalls der EUStA sowie Schlussfolgerungen und Empfehlungen einschlägiger internationaler Organisationen und Netze, einschließlich der Einrichtungen des Europarats wie der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) und der Venedig-Kommission, insbesondere deren Verzeichnis der Kriterien zur Bewertung der Rechtsstaatlichkeit („Rule of Law Checklist“), und der Europäischen Netze der obersten Gerichtshöfe und der Räte für das Justizwesen; fordert die Kommission auf, darzulegen, wie sie diese Informationen beim Zusammentragen von Beweismaterial erfassen, analysieren und bewerten wird;

15.  ist insbesondere der Auffassung, dass der Jahresbericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit als objektive, unparteiische, faire und qualitative Bewertung von Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit eine wichtige Informationsquelle für die Bewertung der Kommission im Rahmen der Verordnung darstellt; fordert die Kommission auf, in ihren Jahresbericht über die Rechtsstaatlichkeit einen Abschnitt aufzunehmen, in dem Fälle behandelt werden, in denen Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union hinreichend unmittelbar beeinträchtigen können oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen, und in den Leitlinien klarzustellen, wie der Jahresbericht systematisch für die Bewertung durch die Kommission im Rahmen der Verordnung herangezogen werden soll;

16.  fordert die Kommission auf, ein klares, präzises und benutzerfreundliches System für die Einreichung von Beschwerden sowie Fristen für die Antworten der Kommission auf Beschwerden festzulegen; betont, dass die Zivilgesellschaft, darunter unabhängige nichtstaatliche Organisationen und Bürger, und faktenbasierter investigativer Journalismus sowie faktenbasierte Medien bei der Ermittlung potenzieller Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit auf lokaler und nationaler Ebene an vorderster Front steht und daher in ihre Berichterstattung einbezogen werden sollte; weist darauf hin, dass die Verordnung so angewendet werden muss, dass der Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, im Einklang mit den in der Richtlinie (EU) 2019/1937(7) festgelegten Grundsätzen gewährleistet ist;

17.  weist darauf hin, dass im Rahmen der Verordnung Maßnahmen ergriffen werden, wenn Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union hinreichend unmittelbar beeinträchtigen oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen; betont, dass dies einen umfassenden, proaktiven und risikobasierten Ansatz der Kommission erfordert, um die Ausgaben der Union zu schützen, noch bevor tatsächlich Zahlungen geleistet werden;

18.  weist darauf hin, dass sich der Geltungsbereich der Verordnung auf alle staatlichen Stellen erstreckt, einschließlich der Organisationen der Mitgliedstaaten, die als Einrichtung des öffentlichen Rechts oder als privatrechtliche Einrichtung, welche mit öffentlichen Aufgaben betraut ist, gegründet wurden, wie dies in der Haushaltsordnung festgelegt ist; weist darauf hin, dass Änderungen in der Art der Leitung einer Einrichtung, die in einem Mitgliedstaat mit öffentlichen Aufgaben betraut ist, diese Einrichtung nicht von der Pflicht zur Einhaltung der Verordnung befreien können;

Schutz des Unionshaushalts

19.  betont, dass zwischen der Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der effizienten Ausführung des Unionshaushalts nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Haushaltsführung – Sparsamkeit, Effizienz und Wirksamkeit – gemäß der Haushaltsordnung ein eindeutiger Zusammenhang besteht; weist darauf hin, dass nach Artikel 5 der Verordnung „[d]ie Kommission überprüft, ob das anwendbare Recht eingehalten wurde, und […] erforderlichenfalls alle geeigneten Maßnahmen zum Schutz des Haushalts der Union [ergreift]“;

20.  weist darauf hin, dass die Verordnung eine eindeutige Definition der Rechtsstaatlichkeit enthält, die unter Berücksichtigung anderer Werte und Grundsätze der Union, einschließlich der Grundrechte und der Nichtdiskriminierung, zu verstehen ist; ist der Ansicht, dass anhaltende Verletzungen der Demokratie und der Grundrechte, einschließlich der staatlich geförderten Diskriminierung von Minderheiten und Angriffe auf die Medienfreiheit sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Auswirkungen auf Projekte haben, die die Mitgliedstaaten mit Unionsmitteln zu finanzieren beschließen, und sich daher hinreichend unmittelbar auf den Schutz der finanziellen Interessen der Union auswirken können; fordert die Kommission auf, dies in ihren Leitlinien zu berücksichtigen;

21.  weist darauf hin, dass im Rahmen der Verordnung Maßnahmen insbesondere, aber nicht ausschließlich, in Fällen erforderlich sind, in denen andere Verfahren, die in der Haushaltsordnung, in der Dachverordnung und in anderen sektorspezifischen Rechtsvorschriften festgelegt sind, keinen wirksameren Schutz des Unionshaushalts ermöglichen würden; betont, dass dies nicht bedeutet, dass die Verordnung als „letztes Mittel“ zu betrachten ist, sondern vielmehr, dass die Kommission ein breites Spektrum von Verfahren, einschließlich der Verordnung, zum Schutz der finanziellen Interessen der Union, einsetzen kann, die von Fall zu Fall auszuwählen und erforderlichenfalls parallel entsprechend ihrer Effizienz und Wirksamkeit anzuwenden sind; fordert die Kommission auf, die Vorgehensweise sowie die verfahrenstechnischen und technischen Standards festzulegen, die sie für die Wahl der anzuwendenden Instrumente heranziehen wird;

22.  weist darauf hin, dass die Verordnung für alle Unionsmittel und für „systemische“ Verstöße sowie für Fälle gilt, in denen ein ernsthaftes Risiko für die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union besteht, das möglicherweise durch andere Verfahren der Union, die nur für spezifische Ausgabenprogramme gelten und sich auf bereits eingetretene Auswirkungen auf den Haushalt beziehen, nur schwer zu bewältigen wäre; unterstreicht, dass die Verordnung die einzige Rechtsvorschrift der EU ist, in der die Achtung der Rechtsstaatlichkeit mit dem EU-Haushalt verknüpft ist; ist daher der Ansicht, dass ihre einzigartigen Bestimmungen uneingeschränkt angewandt werden sollten, um zusätzlich zu den EU-Finanzen einen ergänzenden Schutz für die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen;

23.  betont, dass „systemische“ Verstöße, beispielsweise solche, die das Funktionieren des Justizsystems, die Unabhängigkeit der Richter und der Justiz oder die Neutralität der Behörden oder das ordnungsgemäße Funktionieren von Stellen mit dem Auftrag, Korruption, Betrug, Steuerhinterziehung und Interessenkonflikte zu verhindern und zu bekämpfen, beeinträchtigen oder eine Missachtung des Grundsatzes des Regressionsverbots darstellen(8), im Allgemeinen hinreichend unmittelbare Auswirkungen auf die ordnungsgemäße Verwaltung, Verwendung und Überwachung der Unionsmittel haben; fordert die Kommission auf, die Kriterien für die Festlegung von Maßnahmen bei systematischen Verstößen zu präzisieren;

Annahme von Maßnahmen

24.  weist darauf hin, dass in Artikel 6 und 7 der Verordnung alle Schritte und ein genauer Zeitplan für die Annahme und Aufhebung von Maßnahmen im Rahmen der Verordnung festgelegt sind; betont, dass im Rahmen des Verfahrens zur Annahme und zur Aufhebung der Maßnahmen den Grundsätzen der Objektivität, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen ist und es auf der Grundlage eines unparteilichen, evidenzbasierten Ansatzes durchzuführen ist;

25.  weist darauf hin, dass Artikel 6 Absatz 4 der Verordnung vorsieht, dass die Kommission sowohl vor als auch nach Übermittlung der schriftlichen Mitteilung zusätzliche Informationen für ihre Bewertung anfordern kann; betont, dass solche Anträge vor der schriftlichen Mitteilung nur in Ausnahmefällen und einmalig gestellt werden sollten, um den klar umrissenen Zeitplan für den Erlass der in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen nicht zu gefährden;

26.  weist darauf hin, dass der Rat verpflichtet ist, auf Vorschlag der Kommission innerhalb einer Frist von einem Monat, die unter außergewöhnlichen Umständen um höchstens zwei Monate verlängert werden kann, geeignete Maßnahmen gemäß der Verordnung zu erlassen; ist der Ansicht, dass die Kommission sicherstellen sollte, dass diese Fristen mit Blick auf eine fristgerechte Entscheidung uneingeschränkt eingehalten werden; fordert die Kommission auf, Informationen darüber vorzulegen, wie sie einen harmonisierten Ansatz und eine einheitliche Anwendung der Konditionalitätsregelung für den Haushalt in allen ihren Generaldirektionen sicherstellen wird;

27.  ist der Ansicht, dass Transparenz wesentlich ist, um das Vertrauen der Mitgliedstaaten und der Bürger in den Konditionalitätsmechanismus zu stärken; betont, dass die Bewertung einzelner und systematischer Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit eine unparteiische, faire und objektive Behandlung der Mitgliedstaaten erfordert, darunter auch unparteiische Ermittlungen, die sich auf Beweismittel stützen; weist darauf hin, dass daher jeder in der Verordnung festgelegte Verfahrensschritt vollkommen transparent sein sollte; fordert die Kommission auf, Transparenzregeln und -grundsätze festzulegen, die sie bei der Auslösung des Konditionalitätsmechanismus anwenden wird;

28.  weist darauf hin, dass die im Rahmen der Verordnung ergriffenen Maßnahmen angesichts der tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Haushaltsführung der Union oder die finanziellen Interessen der Union verhältnismäßig sein sollten und somit Art, Dauer, Schwere und Umfang der Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit zu berücksichtigen sind; ist der Auffassung, dass die Schwere dieser Auswirkungen im Allgemeinen die Schwere der Verstöße widerspiegelt;

Schutz der Endempfänger und Begünstigten

29.  weist darauf hin, dass es gemäß der Verordnung äußerst wichtig ist, dass die berechtigten Interessen der Endempfänger und Begünstigten angemessen gewahrt werden;

30.  weist darauf hin, dass die Auferlegung geeigneter Maßnahmen im Rahmen der Verordnung die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gegenüber den rechtmäßigen Endempfängern oder Begünstigten, einschließlich der Verpflichtung, Zahlungen zu leisten, unberührt lässt, sofern in dem Beschluss über die Annahme der Maßnahmen nichts anderes festgelegt ist;

31.  betont, dass die Kommission in Fällen wie schwerer Korruption, Vetternwirtschaft, systemischem Betrug, unrechtmäßigen Verbindungen zu politischen Parteien und Interessenkonflikten und insbesondere in Fällen, die im Rahmen des in der Haushaltsordnung festgelegten Früherkennungs- und Ausschlusssystems (EDES) aufgedeckt werden oder von OLAF oder der EUStA untersucht werden, sorgfältig prüfen sollte, ob Zahlungen an Endempfänger und Begünstigte fortgesetzt werden sollten oder nicht;

32.  fordert die Kommission auf, Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung umzusetzen und zügig eine Website oder ein Internetportal mit Informationen und Leitlinien für Endempfänger oder Begünstigte einzurichten und dabei angemessene Instrumente – etwa ein einfaches, benutzerfreundliches und strukturiertes Beschwerdeformular – vorzusehen, mit denen sie die Kommission über Verstöße gegen die rechtliche Verpflichtung zur Fortsetzung der Zahlungen informieren können, nachdem Maßnahmen gemäß dieser Verordnung ergriffen wurden; fordert die Kommission auf, zu erläutern, wie sie einen effizienten und wirksamen Mechanismus zur Einhaltung der Vorschriften für Antragsteller, Empfänger und Begünstigte umsetzen wird;

33.  betont, dass bei der geteilten Mittelverwaltung nicht davon ausgegangen werden kann, dass Maßnahmen im Rahmen der Verordnung die Verfügbarkeit von Mitteln für Zahlungen aufgrund berechtigter Ansprüche der Begünstigten beeinträchtigen; weist darüber hinaus darauf hin, dass die von den Maßnahmen betroffenen Mitgliedstaaten der Kommission regelmäßig über die Einhaltung ihrer Verpflichtungen gegenüber den Endempfängern oder Begünstigten Bericht erstatten müssen;

34.  fordert die Kommission auf, alle ihr zur Verfügung stehenden Informationen zu analysieren, auch unter Verwendung von Nachverfolgungsinstrumenten, und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass alle von staatlichen Stellen oder Mitgliedstaaten rechtmäßig geschuldeten Beträge auch tatsächlich an die Endempfänger oder Begünstigten ausgezahlt werden, was auch umfassen kann, dass geleistete Zahlungen zurückgefordert oder Finanzkorrekturen vorgenommen werden, indem die Unterstützung der Union für Programme im Einklang mit den geltenden sektorspezifischen und finanziellen Vorschriften gekürzt wird;

35.  fordert die Kommission auf, die Vorschläge des Parlaments in die endgültige Fassung der Leitlinien aufzunehmen.

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36.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 1.
(2) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0287.
(3) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0360.
(4) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0103.
(5) ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1.
(6) Beschluss (EU, Euratom) 2020/2053 des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom (ABl. L 424 vom 15.12.2020, S. 1).
(7) Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).
(8) Urteil des Gerichtshofs vom 20. April 2021‚ Repubblika / Il-Prim Ministru, C-896/19, ECLI:EU:C:2021:311, Rn. 59 bis 64.

Letzte Aktualisierung: 11. November 2021Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen