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Verfahren : 2021/2874(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B9-0445/2021

Aussprachen :

PV 16/09/2021 - 6.3
CRE 16/09/2021 - 6.3

Abstimmungen :

PV 16/09/2021 - 8
PV 16/09/2021 - 15

Angenommene Texte :

P9_TA(2021)0391

Angenommene Texte
PDF 144kWORD 53k
Donnerstag, 16. September 2021 - Straßburg
Die Lage im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia
P9_TA(2021)0391RC-B9-0445/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 zur Lage im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia (2021/2874(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kenia, insbesondere die Entschließungen vom 30. April 2015(1) und vom 18. Mai 2017 zum Flüchtlingslager von Dadaab(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu einer neuen Strategie EU-Afrika – eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung(3),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Republik Kenia und der Europäischen Union vom 21. Juni 2021,

–  unter Hinweis auf die im Namen der EU abgegebene Erklärung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 17. Mai 2021 anlässlich des Internationalen Tags gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Oktober 2019 zu der Lage von LGBTI-Personen in Uganda(4),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Mai 2021 mit dem Titel „Das Horn von Afrika: Eine geostrategische Priorität der EU“,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Regierung von Kenia und des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 29. April 2021 mit dem Titel „Dadaab and Kakuma Refugee Camps Roadmap“ (Fahrplan für die Flüchtlingslager Dadaab und Kakuma),

–  unter Hinweis auf die Erklärung des UNHCR vom 25. März 2021 zu der Lage von LGBTIQ+-Flüchtlingen im Lager Kakuma,

–  unter Hinweis auf die Botschaft des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 17. Mai 2021 anlässlich des Internationalen Tags gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. November 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020–2025“ (COM(2020)0698),

–  unter Hinweis auf Artikel 2, Artikel 3 Absatz 5 und die Artikel 21, 24, 29 und 31 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und die Artikel 10 und 215 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), in denen die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet werden, in ihren Beziehungen zur übrigen Welt die allgemeinen Menschenrechte und den Schutz von Menschen zu wahren und zu fördern und bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen restriktive Maßnahmen zu erlassen,

–  unter Hinweis auf die Werte der Menschenwürde, der Gleichheit und der Solidarität, die in dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 verankert sind,

–  unter Hinweis auf Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, in der das Recht anerkannt wird, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen,

–  unter Hinweis auf den Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika (EUTF Afrika),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/947 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juni 2021 zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt(5),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. März 2020 mit dem Titel „EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020–2024“ (JOIN(2020)0005),

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf den umfassenden Rahmenplan des UNHCR für Flüchtlingshilfemaßnahmen,

–  unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Kenias vom 8. April 2021, mit der die Schließung der Flüchtlingslager Dadaab und Kakuma vorübergehend blockiert wurde,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. September 2020 mit dem Titel „Ein neues Migrations- und Asylpaket“ (COM(2020)0609),

–  unter Hinweis auf den Globalen Pakt der Vereinten Nationen für Flüchtlinge,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Kenia nach Äthiopien die zweitgrößte Zahl von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Afrika beherbergt; in der Erwägung, dass sich die Zahl der Flüchtlinge und Asylsuchenden in Kenia nach Angaben des UNHCR am 31. Mai 2021 in Kakuma, Dadaab und anderen städtischen Gebieten auf 519 989 belief;

B.  in der Erwägung, dass sich das Lager Kakuma im County Turkana befindet, einem der ärmsten Countys Kenias; in der Erwägung, dass die Lebensbedingungen in dem Lager dem UNHCR zufolge katastrophal sind und sich stetig verschlechtern, wobei extreme Armut, schlechte Wohnverhältnisse und eine mangelhafte Infrastruktur zu verzeichnen sind und es an Wasser, Sanitäreinrichtungen, Arzneimitteln und Stromversorgung mangelt; in der Erwägung, dass sowohl die lokale Bevölkerung als auch die Flüchtlinge unter einem gravierenden Nahrungsmittel- und Wassermangel leiden und es ihnen an lebensnotwendigen Gütern fehlt; in der Erwägung, dass die ohnehin bereits alarmierende humanitäre Lage in dem Lager und in dem County, in dem es sich befindet, durch die COVID-19-Pandemie zusätzlich verschärft wurde;

C.  in der Erwägung, dass sich die Menschenrechts- und die Sicherheitslage im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia exponentiell verschlechtert haben; in der Erwägung, dass häufig bewaffnete Raubüberfälle, Diebstähle, Vergewaltigungen und Tötungen gemeldet werden, wobei Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderungen und LGBTIQ+-Personen der Gewalt am stärksten ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass diese Angriffe derzeit untersucht werden;

D.  in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen in dem Lager verschiedenen Formen sexueller Gewalt ausgesetzt sind, meist Vergewaltigungen; in der Erwägung, dass geflüchtete Mädchen, Neuankömmlinge und alleinstehende Frauen, die Haushaltsvorstände sind, diesbezüglich besonders gefährdet sind; in der Erwägung, dass die Vergewaltigungen von männlichen Flüchtlingen aus dem Lager, Mitgliedern der örtlichen Gemeinschaft und/oder dem Sicherheitspersonal begangen werden; in der Erwägung, dass in dem Lager auch andere Formen der Gewalt wie Kinderehen und Zwangsheirat, Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen und Gewalt in der Partnerschaft verbreitet sind;

E.  in der Erwägung, dass am 15. März 2021 im Block 13 des Abschnitts 3 des Lagers Kakuma zwei Flüchtlinge Verbrennungen zweiten Grades erlitten, als sie im Schlaf Opfer eines Brandanschlags mit einem Molotowcocktail wurden; in der Erwägung, dass eines der Opfer, der ugandische Flüchtling Chriton Atuhwera, schließlich seinen Verletzung erlag; in der Erwägung, dass immer mehr Flüchtlinge, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören, angegriffen und verletzt werden und viele von ihnen aus dem Flüchtlingslager in ein Gebiet fliehen müssen, in dem sie ungeschützt sind und sich nicht rechtmäßig aufhalten dürfen;

F.  in der Erwägung, dass zwar in den kenianischen Rechtsvorschriften einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden, dass Kenia jedoch das einzige Land in der Region ist, in dem Flüchtlinge aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität aufgenommen werden; in der Erwägung, dass etwa 300 der im Flüchtlingslager Kakuma registrierten Flüchtlinge und Asylsuchenden der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören, wobei die meisten von ihnen dem UNHCR zufolge berichtet haben, dass sie in der Gemeinschaft im Lager Kakuma in Frieden leben können;

G.  in der Erwägung, dass es sich der weltweiten Überprüfung der Internationalen Vereinigung der Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen (ILGA) von 2020 zufolge bei fast der Hälfte der Länder, in denen Homosexualität rechtswidrig ist, um Länder in Afrika handelt; in der Erwägung, dass Homosexualität in lediglich 22 der 54 afrikanischen Nationen legal ist;

H.  in der Erwägung, dass die in vielen afrikanischen Staaten geltenden LGBTIQ+-feindlichen Rechtsvorschriften auf die Kolonialzeit zurückgehen;

I.  in der Erwägung, dass einige Flüchtlinge, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören, im März 2020 das UNHCR aufgrund der in Kenia herrschenden Feindseligkeiten ihnen gegenüber darum ersucht haben, in ein anderes Land umgesiedelt zu werden; in der Erwägung, dass in den vergangenen Monaten über 30 LGBTIQ+-Personen aufgrund der von ihnen vorgebrachten Sicherheitsbedenken und nach einer sorgfältigen Bewertung der Gegebenheiten vor Ort durch das UNHCR aus dem Abschnitt 3 des Lagers Kakuma in andere Bereiche umgesiedelt wurden; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seinem Mandat für den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Neuansiedlungsrahmens der Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates gefordert hat, dass im Laufe der Zeit Anstrengungen unternommen werden, damit die umgesiedelten Personen gerecht auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, und dass diese Anstrengungen – wie vom UNHCR angegeben – mit Maßnahmen einhergehen sollten, mit denen verbindliche internationale Regeln im Hinblick auf die gemeinsame weltweite Verantwortung zur Umsiedlung von Personen, die eine Umsiedlung benötigen, festgelegt werden;

J.  in der Erwägung, dass die kenianische Regierung und Human Rights Watch im November 2020 bestätigt haben, dass die Zahl der Angriffe auf LGBTIQ+-Personen während der COVID-19-Pandemie exponentiell gestiegen ist, wobei auch die Gewalt im Allgemeinen zugenommen hatte;

K.  in der Erwägung, dass nach wie vor bei Weitem nicht alle LGBTIQ+-Personen, die umgesiedelt werden müssten, die kenianischen Flüchtlingslager im Zuge einer Umsiedlung verlassen können; in der Erwägung, dass das Verfahren durch die COVID-19-Pandemie verlangsamt wurde; in der Erwägung, dass dem UNHCR zufolge seit 2019 etwa 235 Flüchtlinge mit diesem Profil für eine Umsiedlung vorgeschlagen wurden, von denen 48 % das Land verlassen haben;

L.  in der Erwägung, dass ungeachtet des Umstands, dass das UNHCR und seine Partner entsprechende Einrichtungen vorbereitet hatten, um auf die Pandemie zu reagieren, 65 % der in Lagern lebenden Flüchtlinge angaben, seit dem Ausbruch der Pandemie weniger Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zu haben als vor dem Ausbruch im März 2020, was hauptsächlich auf die Angst vor Ansteckung und den akuten Mangel an medizinischem Personal zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass lediglich 3 % der kenianischen Bevölkerung vollständig gegen COVID-19 geimpft sind; in der Erwägung, dass die Impfkampagne in kenianischen Flüchtlingslagern am 30. März 2021 anlief, wobei 2 000 Dosen an das Lager Kakuma vergeben wurden;

M.  in der Erwägung, dass die kenianische Regierung in den letzten Jahrzehnten mehrfach Versuche unternommen hat, das Lager zu schließen; in der Erwägung, dass der kenianische Innenminister dem UNHCR am 24. März 2021 ein 14-tägiges Ultimatum für die Ausarbeitung eines Plans für die Schließung der Lager Dadaab und Kakuma stellte; in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof Kenias die Schließung am 8. April 2021 vorübergehend um 30 Tage aufschob; in der Erwägung, dass sich das UNHCR und die kenianische Regierung am 29. April 2021 auf einen Fahrplan für eine spätere Schließung der Lager Kakuma und Dadaab bis zum 30. Juni 2022 geeinigt haben; in der Erwägung, dass der Fahrplan unter anderem die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer in Sicherheit und Würde, die Ausreise in Drittländer im Rahmen verschiedener Regelungen und alternative Aufenthaltsmöglichkeiten in Kenia für bestimmte Flüchtlinge aus Ländern der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) vorsieht;

N.  in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen zwar die Bedenken der Regierung nachvollziehen und sich bewusst sind, dass Flüchtlingslager keine langfristigen Lösungen für Vertreibung sein sollten, dass internationale Organisationen und Menschenrechtsorganisationen jedoch gewarnt haben, dass eine abrupte und ungeordnete Schließung zu einer humanitären Katastrophe führen würde und dass Zwangsrückführungen gegen das Völkerrecht verstoßen würden; in der Erwägung, dass die Flüchtlinge im Lager Kakuma im Allgemeinen in Angst davor leben, abgeschoben zu werden;

O.  in der Erwägung, dass das Horn von Afrika trotz seiner schier unermesslichen natürlichen Ressourcen eine der ärmsten Regionen der Welt ist; in der Erwägung, dass die Ernährungssicherheit äußerst problematisch ist und dass Millionen von Menschen, die in dieser Region leben, unter Unterernährung leiden und von Hunger bedroht sind; in der Erwägung, dass Dürren und bewaffnete Konflikte die beiden Hauptgründe dafür sind, dass Menschen in der Region, auch in Kenia, vertrieben werden, was im globalen Aktionsplan von Nairobi, der auf dem Gipfeltreffen der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (IGAD) am 26. März 2017 angenommen wurde, hervorgehoben wird; in der Erwägung, dass eine freiwillige Rückkehr für die meisten Flüchtlinge im Lager Kakuma angesichts von Konflikten wie dem in Somalia und Äthiopien sowie der Gewalt vor und nach den Wahlen in Uganda und Tansania aus Gründen der Sicherheit und Würde nicht zu rechtfertigen ist; in der Erwägung, dass Kenia seit Ende 2019 von einer Kombination beispielloser Bedrohungen betroffen ist und zudem stark unter den Folgen des Klimawandels zu leiden hat, wobei das Land von der größten Wüstenheuschreckenplage der vergangenen 60 Jahre und während der Regenzeit von Überschwemmungen heimgesucht wurde und erheblich von den Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie betroffen ist;

P.  in der Erwägung, dass der Nothilfe-Treuhandfonds der EU (EUTF) für Afrika, der am 12. November 2015 auf dem Gipfeltreffen in Valletta unterzeichnet wurde, dazu dienen soll, gegen die grundlegenden Ursachen von Destabilisierung, Vertreibung und irregulärer Migration vorzugehen, indem Krisenfestigkeit, wirtschaftliche Perspektiven, Chancengleichheit, Sicherheit und Entwicklung gefördert werden; in der Erwägung, dass die EU auf die lebenswichtigen Grundbedürfnisse von Flüchtlingen, die in kenianischen Flüchtlingslagern untergebracht sind, eingeht; in der Erwägung, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika im Rahmen des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit eingerichtet wurde und im Einklang mit dem vorrangigen Ziel der EU-Entwicklungspolitik stehen muss, das nach wie vor in der „Bekämpfung der Armut“ besteht;

Q.  in der Erwägung, dass die EU seit 2012 humanitäre Hilfe in Höhe von mehr als 200 Mio. EUR geleistet und 286 Mio. EUR aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) für den Zeitraum 2014–2020 bereitgestellt hat, wobei der Schwerpunkt auf der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Ernährungssicherheit, der Stärkung der Resilienz und dem Institutionenaufbau sowie insbesondere der Bildung liegt; in der Erwägung, dass die Asylsuchenden in Kenia zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse vollständig auf humanitäre Hilfe angewiesen sind; in der Erwägung, dass die Umsetzung von EU-Programmen in Kenia durch das neue Finanzierungsinstrument „NDICI/Europa in der Welt“ fortgesetzt wird;

R.  in der Erwägung, dass die EU im Jahr 2021 15 Mio. EUR für humanitäre Projekte in Kenia, die in erster Linie der Unterstützung von Flüchtlingen dienen, und seit 2016 im Rahmen des Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika 45 Mio. EUR für Flüchtlinge und Aufnahmegemeinschaften in Kenia bereitgestellt hat; in der Erwägung, dass die EU in den Flüchtlingslagern Kakuma und Dadaab weiterhin die Bereitstellung grundlegender lebensrettender Hilfe unterstützt, etwa im Hinblick auf Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, die Behandlung von Unterernährung, Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH), Schutz und Bildung;

1.  bringt seine tiefe Besorgnis angesichts der humanitären Lage und der Berichte über anhaltende Gewalt im Lager Kakuma zum Ausdruck; verurteilt den Brandanschlag, der am 15. März 2021 im Abschnitt 3 des Flüchtlingslagers Kakuma mit einem Molotowcocktail gegen zwei LGBTIQ+-Flüchtlinge verübt wurde; ist zutiefst besorgt über die ständigen Drohungen im Flüchtlingslager Kakuma gegen Einzelpersonen, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören; weist darauf hin, dass in den vergangenen Monaten mehr als 30 Personen dringend umgesiedelt wurden;

2.  fordert die kenianischen Behörden nachdrücklich auf, dieses Verbrechen weiter zu untersuchen und vollständig aufzuklären und die Verantwortlichen nach kenianischem Recht und im Hinblick auf die internationalen Menschenrechtsnormen zur Rechenschaft zu ziehen;

3.  erkennt an, dass Kenia eine wichtige, konstruktive Rolle spielt, und verweist auf die schwierige Situation in der Region, die von regionalen Krisen und Konflikten geprägt ist; erkennt ferner an, dass das Flüchtlingslager Kakuma von erheblicher Bedeutung für tausende Flüchtlinge und Asylsuchende in den Grenzregionen Kenias ist, u. a. die am stärksten Gefährdeten unter ihnen, insbesondere diejenigen, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören, Menschen, die in ihren Herkunftsländern kriminalisiert werden oder denen sogar die Todesstrafe droht;

4.  begrüßt die Zusammenarbeit, die das kenianische Sekretariat für Flüchtlingsfragen (RAS), das UNHCR und andere Partner im Laufe der Jahre geleistet haben, wenn es um den Schutz aller Flüchtlinge ging; betont jedoch, dass die derzeitige Lage im Lager Kakuma langfristig untragbar ist und eine wirksame, koordinierte Reaktion der kenianischen Regierung, der Regierungen in der Region und der internationalen Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit, einschließlich der EU, erfordert; nimmt zur Kenntnis, dass in diesem Zusammenhang kürzlich der Fahrplan für die Flüchtlingslager Dadaab und Kakuma angenommen wurde;

5.  fordert die kenianische Regierung auf, die Flüchtlingslager Kakuma und Dadaab zumindest so lange aufrechtzuerhalten, bis sich die Lage in der Region stabilisiert hat; fordert die kenianische Regierung nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Menschenrechte der Flüchtlinge geachtet werden, wenn Entscheidungen getroffen werden, die sie betreffen; betont, dass finanzielle Unterstützung der EU für Drittstaaten im Bereich der Aufnahme von Flüchtlingen kein Ersatz für die Verantwortung sein sollte, die die EU trägt, wenn es um die Aufnahme und Neuansiedlung eines angemessenen Anteils der Menschen geht, die internationalen Schutz benötigen;

6.  fordert die kenianische Regierung, das UNHCR und die internationale Gemeinschaft auf, sich zu verpflichten, zusammenzuarbeiten und alternative, dauerhafte, angemessene und auf Rechten beruhende Lösungen zu erarbeiten, die den Grundsätzen der gemeinsamen Verantwortung sowie den Zielen des Globalen Pakts für Flüchtlinge entsprechen; empfiehlt, dass dies die Umsiedlung einer erheblichen Zahl an Flüchtlingen, die internationalen Schutz benötigen, in der EU umfassen sollte, damit die Maßnahmen Wirkung entfalten;

7.  betont, dass es eines stärker integrierten und umfassenderen regionalen Konzepts für den Umgang mit Flüchtlingen bedarf und dass Kenia und seine Nachbarländer in Angelegenheiten, die die Politik, Sicherheit, humanitäre Fragen und Entwicklung betreffen, stärker zusammenarbeiten müssen, damit gegen die eigentlichen Ursachen von Vertreibung vorgegangen wird; fordert ein angemessenes Maß an Sicherheit in Flüchtlingslagern und legt der kenianischen Regierung nachdrücklich nahe, die Sicherheit im Lager Kakuma und den Schutz der Flüchtlinge, insbesondere der am stärksten gefährdeten Gruppen, zu verstärken; fordert die Strafverfolgungsbehörden und die übrigen staatlichen Stellen in Kenia auf, dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge geschützt und sicher sind;

8.  fordert die kenianische Regierung und das UNHCR auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Rückführungsprogramm uneingeschränkt im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen und Kenias innerstaatlicher Verantwortung umgesetzt wird; beharrt darauf, dass etwaige Rückführungen ins Herkunftsland freiwillig, sicher, nachhaltig und unter menschenwürdigen Bedingungen erfolgen und auf Rechten beruhen müssen, wobei die Flüchtlinge Zugang zu objektiven, neutralen und sachdienlichen Informationen darüber haben, was passiert, falls sie sich nicht freiwillig melden;

9.  äußert ernstzunehmende Besorgnis über die Lage am Horn von Afrika, insbesondere im Hinblick auf Armut und Ernährungsunsicherheit; fordert die Kommission auf, die humanitäre Nothilfe bereitzustellen, die benötigt wird, um das Flüchtlingsproblem und die Hungersnot in der Region zu bewältigen; fordert, dass die von der EU und den Mitgliedstaaten am Horn von Afrika bereitgestellte Hilfe vorrangig verwendet wird, um gegen Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, und gegen die Probleme im Zusammenhang mit erheblichen Ungleichheiten, Armut, chronischer Unterernährung, Zugang zu Gesundheits- und öffentlichen Diensten, insbesondere der Versorgung im Bereich der reproduktiven Gesundheit, vorzugehen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen;

10.  fordert die EU auf, das Problem der Ernährungsunsicherheit und der unzureichenden Befriedigung grundlegender Bedürfnisse im Lager Kakuma anzugehen, einschließlich des Zugangs zu Wasser, Sanitäreinrichtungen, Gesundheits- und Stromversorgung, und zwar nicht nur über ausschließlich für Flüchtlinge bereitgestellte Unterstützung, sondern auch durch Unterstützung für nationale Entwicklungsprogramme, die nachweislich Entwicklungsfortschritte zeitigen und regelmäßig bewertet werden;

11.  betont, dass die zunehmende Instabilität in der Region der sicheren Rückkehr von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer im Weg steht; fordert die EU auf, in Zusammenarbeit mit der internationalen Gebergemeinschaft weiterhin verstärkt als vermittelnder Partner aufzutreten und die nachhaltige und langfristige sozioökonomische Entwicklung in der Region zu fördern, damit ein förderliches und sicheres Umfeld für eine freiwillige Rückkehr und die Wiedereingliederung von Flüchtlingen geschaffen wird;

12.  fordert verstärkte Maßnahmen zum Schutz von Vertriebenen, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören, und mehr Solidarität seitens der internationalen Gemeinschaft, was die globale Reaktion auf den Umsiedlungsbedarf betrifft, da dieser nach wie vor weitaus größer ist als die tatsächliche Zahl verfügbarer Plätze;

13.  fordert die Kommission auf, dem Parlament regelmäßig über die Umsetzung und Planung des Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika Bericht zu erstatten, und fordert, dass die Kommission mit Unterstützung der Agentur für Grundrechte eine spezifische Folgenabschätzung zu seinen Auswirkungen auf die Menschenrechte durchführt; fordert die Kommission auf, das Ergebnis dieser Folgenabschätzungen rechtzeitig dem Europäischen Parlament vorzulegen, auch im Rahmen der Arbeitsgruppen Finanzierungsinstrumente für Außenmaßnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Entwicklungsausschusses;

14.  fordert die EU auf, weiterhin eng mit der kenianischen Regierung, dem UNHCR und der breiteren internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, damit Lösungen für die anhaltende Flüchtlingskrise in der Region erarbeitet werden; fordert die EU auf, die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte in Kenia zu verbessern;

15.  weist darauf hin, dass in der Europäischen Union Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung als Kriterium für Asylanträge und die Gewährung von Asyl gilt; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, diesen Grundsatz zu befolgen; fordert die EU und insbesondere die EU-Delegationen und den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, in ihrem Dialog mit allen afrikanischen Nationen, die Homosexualität nach wie vor kriminalisieren, und allgemeiner in ihrem Dialog mit allen Ländern, in denen LTBTIQ+-Personen häufig verfolgt oder Opfer von Gewalt werden, den Maßnahmenkatalog für LGBTI-Personen und die entsprechenden Leitlinien tatsächlich uneingeschränkt anzuwenden;

16.  fordert mit Nachdruck, dass die EU-Delegation in Kenia weiterhin die Lage gefährdeter Personen, ganz konkret von LGBTIQ+-Personen und schwarzafrikanischen Frauen, genau überwacht und zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsaktivisten und LGBTIQ+-Personen vor Ort aktiv unterstützt;

17.  fordert die EU nachdrücklich auf, nicht in ihren Bemühungen nachzulassen, sowohl die kenianische Regierung als auch die Afrikanische Union davon zu überzeugen, ihr Vorgehen gegenüber LGBTIQ+-Personen zu überdenken, und weist darauf hin, dass ihre Haltung LGBTIQ+-Personen auf die eine oder andere Weise der Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung aussetzen kann, die gegen die gesetzlich festgeschriebenen Werte der Gleichheit und des gleichwertigen Schutzes verstößt;

18.  erinnert die staatlichen Stellen Kenias an ihre Verpflichtung, das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung zu achten, wie es in Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist, und an ihre Verpflichtungen im Hinblick auf die Wahrung der Grundrechte gemäß der Afrikanischen Charta und anderen internationalen und regionalen Instrumenten für die Menschenrechte, u. a. dem Cotonou-Abkommen und insbesondere dessen Artikeln 8 und 96; fordert die kenianische Regierung nachdrücklich auf, unter allen Umständen für die körperliche Unversehrtheit und das psychische Wohlbefinden aller Flüchtlinge zu sorgen, und zwar unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrem Ausdruck der Geschlechtlichkeit;

19.  fordert die internationale Gemeinschaft auf, dafür Sorge zu tragen, dass die COVID-19-Impfprogramme auch für Flüchtlinge gelten; betont, dass es für die Flüchtlinge wie auch für die Gemeinschaften, die sie aufnehmen, von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Flüchtlinge nationale Dienste in Anspruch nehmen können und in nationale Entwicklungspläne integriert werden, und dass dies im Einklang mit der Zusage in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung steht, dass niemand zurückgelassen wird;

20.  bekräftigt, dass eine Entwicklung der Region ohne eine Verbesserung der Sicherheitslage nicht möglich ist; betont jedoch nachdrücklich, dass Mittel für die wirtschaftliche, menschliche und soziale Entwicklung in der Region eingesetzt werden müssen, wobei besonderes Gewicht auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung gelegt werden sollte, die in dem Beschluss über den Treuhandfonds ermittelt wurden; weist darauf hin, dass Mittel aus dem EEF und der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) ausschließlich für Entwicklungsziele verwendet werden sollten;

21.  betont, dass ein beträchtlicher Anteil des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ an zivilgesellschaftliche Organisationen in Drittstaaten wie Kenia fließen sollte, damit Unterstützung bereitgestellt wird und die Rechte von Migranten geschützt und überwacht werden; fordert die EU auf, dafür Sorge zu tragen, dass ein erheblicher Teil der Programmplanung über dieses Instrument für die Verbesserung der Menschenrechte und des internationalen Schutzes für Flüchtlinge, gerade in Kenia, vorgesehen ist;

22.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte und dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, dem Präsidenten des kenianischen Parlaments, der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (IGAD), den Regierungen der Mitgliedstaaten der IGAD, der Afrikanischen Union, dem Panafrikanischen Parlament und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.

(1) ABl. C 346 vom 21.9.2016, S. 51.
(2) ABl. C 307 vom 30.8.2018, S. 131.
(3) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0108.
(4) Angenommene Texte, P9_TA(2019)0042.
(5) ABl. L 209 vom 14.6.2021, S. 1.

Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2022Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen