Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung (2021/2881(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Mai 2021 und 25. Juni 2021 zu Belarus,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 21. Juni 2021 zu Belarus,
– unter Hinweis auf die Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2021,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) Josep Borrell vom 26. März 2021 zu der Unterstützung der EU für die Internationale Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und vom 15. Juli 2021 zum harten Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft in Belarus sowie auf seine Erklärungen im Namen der EU vom 30. Juli 2021 zur Instrumentalisierung von Migranten und Flüchtlingen durch das Regime und vom 8. August 2021 zu der gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 in Belarus,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 6. Juli 2021 zur Verurteilung von Wiktar Babaryka und zu anderen politischen Prozessen, vom 7. Juli 2021 zur Einschränkung der diplomatischen Präsenz Litauens, vom 30. August 2021 zu den Repressionen gegen Journalisten und Medien und vom 6. September 2021 zur Verurteilung von Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,
– unter Hinweis auf die Charta von Paris für ein neues Europa der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE),
– unter Hinweis auf den am 5. Juli 2021 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen abgegebenen Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Lage der Menschenrechte in Belarus, Anaïs Marin,
– unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 über die Lage der Menschenrechte in Belarus,
– unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 16. September 2021 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Ausrichtung der politischen Beziehungen zwischen der EU und Russland(1),
– unter Hinweis auf die Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments für geistige Freiheit im Jahre 2020 an die demokratische Opposition in Belarus,
– gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane mehr als ein Jahr nach der sogenannten Wahl vom 9. August 2020 die Unterdrückung des eigenen Volks fortsetzen, wobei viele Bürger schikaniert, festgenommen, gefoltert und verurteilt wurden, weil sie ihre Ablehnung gegenüber dem Regime oder den in Belarus weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck gebracht haben; in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht anerkannt haben;
B. in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge fast 40 000 Belarussen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegen Protesten gegen das Regime festgenommen wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger Hunderte von Fällen von Folter und Misshandlung dokumentiert haben und dass mehrere Menschen immer noch vermisst werden und weitere Personen inzwischen tot aufgefunden wurden; in der Erwägung, dass unmenschliche Behandlung, Folter und vorsätzliche Verweigerung medizinischer Versorgung in belarussischen Haftanstalten und Gefängnissen nach wie vor an der Tagesordnung sind und dort mehrere Demonstranten zu Tode kamen; in der Erwägung, dass mehrere Fälle von Selbstmordversuchen vor Gericht und in Gefängnissen dokumentiert wurden; in der Erwägung, dass die gesamte Justiz des Landes offenbar zu einem Handlanger des Regimes geworden ist und zur Sicherung seines Überlebens eingesetzt wird; in der Erwägung, dass es in Belarus mehr als 720 politische Gefangene gibt und über 4 600 Strafverfahren gegen belarussische Bürger anhängig sind, wohingegen kein einziges Verfahren gegen die Personen eingeleitet wurde, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich sind oder daran eine Mitschuld tragen; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker, die Zivilgesellschaft, unabhängige Journalisten und weitere Aktivisten systematisch mit gewaltsamer Unterdrückung konfrontiert sind; in der Erwägung, dass sich Tausende von Belarussen gezwungen sahen oder anderweitig genötigt wurden, ihr Heimatland zu verlassen und Zuflucht im Ausland zu suchen;
C. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten, insbesondere Polen und Litauen, Tausenden von Asylsuchenden, die vor der Verfolgung durch Lukaschenka wegen ihrer demokratischen Bestrebungen geflohen sind, Unterkünfte, medizinische Behandlungen und Stipendien zur Verfügung gestellt haben;
D. in der Erwägung, dass das belarussische Regime eine Unterdrückungskampagne gegen die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger führt, mit der alle verbliebenen unabhängigen Stimmen in Belarus zum Schweigen gebracht werden sollen; in der Erwägung, dass fast 250 Organisationen der Zivilgesellschaft aufgelöst wurden oder das Verfahren zu deren Auflösung noch im Gange ist, etwa das Menschenrechtszentrum Wjasna, gegen das in bislang ungekanntem Ausmaß brutal vorgegangen wird, indem die Führung, die Angestellten und Freiwillige festgenommen und vor Gericht gestellt werden, darunter Ales Bjaljazki, der Vorsitzende von Wjasna, Waljanzin Stefanowitsch, Mitglied des Vorstands von Wjasna und Vizepräsident des Internationalen Menschenrechtsverbands, Marfa Rabkowa, Koordinatorin des Freiwilligennetzes von Wjasna, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und weitere Angestellte und Freiwillige von Wjasna;
E. in der Erwägung, dass die belarussischen Gerichte über 120 ungerechte und willkürliche Urteile in politisch motivierten Gerichtsverfahren gesprochen haben, die häufig hinter verschlossenen Türen abgehalten wurden und nicht ordnungsgemäß abliefen; in der Erwägung, dass der belarussische Oppositionspolitiker Wiktar Babaryka zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde und die führenden belarussischen Oppositionellen und politischen Gefangenen Maryja Kalesnikawa, Preisträgerin des Sacharow-Preises für geistige Freiheit und Trägerin des Internationalen Preises für Frauen mit Mut (International Women of Courage Award), und Maksim Snak, ein bekannter Anwalt, wegen mutmaßlicher Orchestrierung eines Staatsstreichs zu 11 bzw. 10 Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass fast 500 Journalisten festgenommen wurden und die belarussischen Staatsorgane ihr hartes Vorgehen und ihre Schikanen gegen unabhängige belarussische Journalisten fortsetzen und vorsätzlich versuchen, objektive Berichterstattung zu behindern; in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 27. August 2021 die Auflösung des belarussischen Journalistenverbands, der größten unabhängigen Journalistenorganisation des Landes, die 2004 mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet wurde, angeordnet hat; in der Erwägung, dass zwei Journalistinnen von Belsat, Kazjaryna Andrejewa und Darja Tschulzowa, nach wie vor ihre Haftstrafen in einer Strafkolonie in Belarus verbüßen;
F. in der Erwägung, dass sich der Druck auf die belarussischen Gewerkschaften in den vergangenen Wochen dramatisch erhöht hat, wobei die Anführer und Mitglieder der Unabhängigen Gewerkschaft von Belarus (BITU) und des belarussischen Kongresses der demokratischen Gewerkschaften (BKDP) festgenommen, mit Geldstrafen belegt und vom KDB/KGB ausspioniert wurden; in der Erwägung, dass Belarus im Global Rights Index des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) im Jahr 2021 als eines der Länder ausgewiesen ist, in denen Arbeitnehmer besonders schlecht behandelt werden;
G. in der Erwägung, dass Aljaksandr Lukaschenka nach wie vor eine Kampagne gegen die polnische Minderheit führt, wobei Andżelika Borys und Andrzej Poczobut, zwei führende Persönlichkeiten der polnischen Gemeinschaft, inhaftiert wurden, gegen polnischsprachige Schulen vorgegangen wird und eine Propagandakampagne auf der Grundlage falscher historischer Narrative läuft;
H. in der Erwägung, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die belarussischen Staatsorgane die tausenden seit August 2020 bekannt gewordenen Berichte über Polizeibrutalität oder die Tötung von Demonstranten untersuchen; in der Erwägung, dass die weitverbreitete Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen die verzweifelte Lage der belarussischen Bevölkerung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass der belarussischen Bevölkerung ihr Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wird, da das Rechtsstaatsprinzip in dem Land nicht gilt; in der Erwägung, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, das nach wie vor die Todesstrafe vollstreckt;
I. in der Erwägung, dass am 23. Mai 2021 der Ryanair-Flug FR4978, ein internationaler Passagierflug zwischen zwei Hauptstädten von Mitgliedstaaten der EU (Athen und Vilnius), auf Anweisung von Aljaksandr Lukaschenka unter dem erfundenen Vorwand einer Bombendrohung und unter Verstoß gegen internationale Übereinkommen gewaltsam nach Minsk umgeleitet wurde, wodurch die Sicherheit der über 170 Fluggäste und Besatzungsmitglieder an Bord der Maschine gefährdet wurde; in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane in Minsk den Fluggast Raman Pratassewitsch, einen belarussischen Journalisten und Aktivisten, und seine Begleiterin Sofja Sapega festnahmen;
J. in der Erwägung, dass Lukaschenka als Vergeltungsmaßnahme gegen die Sanktionen, die die EU wegen der erzwungenen Umleitung des Ryanair-Flugs FR4978 verhängt hatte, öffentlich damit drohte, die EU und insbesondere die an Belarus grenzenden Länder Litauen und Polen mit Migranten und Drogen zu überfluten; in der Erwägung, dass diese Drohung unter Instrumentalisierung von Migranten zu politischen Zwecken in die Tat umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass das Regime von Lukaschenka ein System geschaffen hat, in dessen Rahmen Migranten aus dem Irak, der Türkei und anderen Ländern nach Minsk gebracht werden und belarussische Grenzschutzbeamte dann Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt der Migranten in die Europäische Union leisten; in der Erwägung, dass etwa 4 000 illegale Migranten nach Litauen, über 1 400 nach Polen und rund 400 nach Lettland gelangten; in der Erwägung, dass Litauen, Lettland und Polen an ihrer jeweiligen Grenze zu Belarus den Notstand ausgerufen haben; in der Erwägung, dass die Zahl der irregulär in die EU einreisenden Personen nach wie vor hoch ist und die Versuche, illegal einzureisen, fortgesetzt werden; in der Erwägung, dass das belarussische Regime Migranten gewaltsam auf das Gebiet der EU drängt, Propaganda und Desinformation betreibt und dabei die EU-Mitgliedstaaten beschuldigt, der illegalen Migration nach Belarus Vorschub zu leisten; in der Erwägung, dass Lukaschenka angedeutet hat, Belarus werde seiner Verpflichtung zur Aufnahme zurückkehrender Migranten nicht mehr nachkommen, und dem belarussischen Parlament einen Gesetzentwurf über die entsprechende Aussetzung dieser Verpflichtung vorgelegt hat; in der Erwägung, dass mindestens fünf Migranten an Unterkühlung und Erschöpfung gestorben sind und mehrere Migranten seit Wochen an der EU-Außengrenze zu Belarus gestrandet sind; in der Erwägung, dass Polen den Zugang von Organisationen der Zivilgesellschaft und Medien in das Grenzgebiet, in dem der Notstand ausgerufen wurde, eingeschränkt hat; in der Erwägung, dass die Lage an der Grenze der EU zu Belarus nach wie vor angespannt ist und dass viele unterschiedliche Provokationen vonseiten belarussischer Offiziere und Soldaten zu verzeichnen sind;
K. in der Erwägung, dass die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union am 15. September 2021 die Instrumentalisierung von Migranten als hybriden Angriff von Belarus mit dem Ziel der Destabilisierung der EU bezeichnete;
L. in der Erwägung, dass Wital Schyschou, einer der Gründer des Belarussischen Hauses in der Ukraine – einer Gruppe, die Menschen unterstützt, die Belarus verlassen haben –, am 3. August 2021 in einem Park in Kiew erhängt aufgefunden wurde;
M. in der Erwägung, dass die belarussische Generalstaatsanwaltschaft am 17. September 2021 die Ermittlungen zum Tod von Raman Bandarenka ausgesetzt hat;
N. in der Erwägung, dass nach dem tödlichen Schusswechsel in Minsk, bei dem unlängst Andrej Selzer und ein Agent des KDB/KGB ums Leben kamen, über hundert Personen, die sich in den sozialen Medien über das Geschehen äußerten, vom Regime festgenommen und dazu gezwungen wurden, Geständnisse abzulegen;
O. in der Erwägung, dass die belarussische Leichtathletin Kryszina Zimanouskaja, nachdem sie ihre Trainer kritisiert hatte, gezwungen wurde, die Olympischen Spiele von Tokio vorzeitig zu verlassen, am Flughafen Tokio aus Angst um ihre Sicherheit um Schutz der Polizei ersuchte und ein von Polen ausgestelltes humanitäres Visum akzeptierte; in der Erwägung, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) die belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch von den Olympischen Spielen in Tokio ausgeschlossen und eine Untersuchung eingeleitet hat;
P. in der Erwägung, dass Russland und Belarus im September 2021 in einer bereits angespannten Gesamtlage das gemeinsame Großmanöver „Sapad-2021“ mit 200 000 Militärangehörigen durchführten und damit den Druck auf die Außengrenze der EU weiter erhöhten; in der Erwägung, dass Russland und Belarus ein gemeinsames Ausbildungszentrum für die Luftwaffe und Luftabwehr in Hrodna eingerichtet haben, einer Stadt, die weniger als 15 km von der Grenze zu Polen entfernt ist; in der Erwägung, dass sich Lukaschenka und Wladimir Putin am 9. September 2021 in Moskau getroffen und die Verabschiedung von 28 weiteren Integrationsprogrammen auf wirtschafts- und steuerpolitischer Ebene und die Schaffung eines „gemeinsamen Verteidigungsraums“ angekündigt haben, was einen weiteren Schritt hin zur Zusammenlegung der belarussischen und russischen Streitkräfte und zur möglichen dauerhaften Stationierung russischer Streitkräfte in Belarus darstellt; in der Erwägung, dass Lukaschenka Pläne verkündete, bis 2025 Waffen im Wert von 1 Mrd. USD von Russland zu erwerben, darunter Raketensysteme vom Typ S‑400; in der Erwägung, dass Lukaschenka und Putin am 9. September 2021 zudem übereingekommen sind, einen einheitlichen Öl- und Gasmarkt zu schaffen und die wirtschaftliche Integration zu vertiefen, wodurch sich die Gefahr erhöht, dass Lukaschenka im Gegenzug für mehr Unterstützung aus Russland die Souveränität von Belarus mehr und mehr preisgibt;
Q. in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 28. Juni 2021 seine Teilnahme an der Initiative der Östlichen Partnerschaft ausgesetzt hat;
R. in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime im vergangenen Jahr mehrere Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter der EU und ihrer Mitgliedstaaten des Landes verwiesen hat, wodurch noch mehr diplomatische Kommunikationskanäle geschlossen wurden;
S. in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) beschlossen hat, Belarus im Rahmen einer Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) im Gegenwert von 650 Mrd. USD an alle IWF-Mitglieder Zugang zu neuen Sonderziehungsrechten im Gegenwert von fast 1 Mrd. USD zu gewähren;
T. in der Erwägung, dass Belarus den kommerziellen Betrieb seines Kernkraftwerks (KKW) in Astrawez aufgenommen hat, ohne dabei auf alle Sicherheitsempfehlungen einzugehen, die in dem Stresstestbericht der EU aus dem Jahr 2018 aufgeführt sind; in der Erwägung, dass die belarussische Seite nicht transparent handelt und keine vertrauenswürdigen Informationen über die Ereignisse am Standort des KKW bereitstellt, woran sich erneut zeigt, dass es nicht sicher ist und eine ernsthafte Bedrohung für die nukleare Sicherheit darstellt;
U. in der Erwägung, dass der Rat am 21. Juni 2021 das vierte Paket restriktiver Maßnahmen gegen belarussische Privatpersonen und Unternehmen angenommen hat, nachdem der Ryanair-Flug FR4978 rechtswidrig in Minsk zur Landung gezwungen worden war; in der Erwägung, dass der Rat am 4. Juni 2021 beschlossen hat, belarussischen Luftfahrtunternehmen aller Art die Benutzung des Luftraums der EU und den Zugang zu Flughäfen in der EU zu untersagen; in der Erwägung, dass die Europäische Union bislang Sanktionen gegen 166 Personen, darunter Aljaksandr Lukaschenka, und 15 Organisationen sowie gezielte Wirtschaftssanktionen gegen mehrere Zweige der belarussischen Wirtschaft verhängt hat; in der Erwägung, dass die belarussische Wirtschaft im Jahr 2020 einen Rückgang des realen BIP um 0,9 % verzeichnete und dass für 2021 ein weiterer Rückgang des BIP um 2,7 % prognostiziert wird; in der Erwägung, dass China nach wie vor mit Belarus zusammenarbeitet und in Belarus investiert, insbesondere im chinesisch-belarussischen Industriepark „Großer Stein“ (Kitajska-belaruski industryjalny park „Wjaliki kamen“);
1. zeigt sich weiterhin entschlossen solidarisch mit dem belarussischen Volk und den friedlichen Demonstranten, die sich nach wie vor für ein freies und demokratisches Belarus einsetzen; weist erneut darauf hin, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl von 2020 wegen massiver Wahlfälschungen nicht anerkannt haben und Aljaksandr Lukaschenka nicht als Präsidenten von Belarus anerkennen;
2. verurteilt unverändert, dass die friedliche Bevölkerung von Belarus unterdrückt, gefoltert und misshandelt wird, die Medien ausgeschaltet und das Internet gesperrt werden sowie Journalisten, Blogger und andere Personen, die sich unabhängig äußern, in Belarus verprügelt, festgenommen und eingeschüchtert werden; fordert nach wie vor, dass alle politischen Gefangenen und willkürlich festgenommenen Personen umgehend und bedingungslos freigelassen und sämtliche Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden, und fordert das sofortige Ende der Gewalt und Unterdrückung;
3. besteht darauf, dass die Grundfreiheiten und die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und eine funktionierende unabhängige Justiz in Belarus gewahrt werden und dass jegliche Repression, Verfolgung, Misshandlung, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, Verschleppung und Folter eingestellt und die Todesstrafe umgehend und endgültig abgeschafft wird; fordert, dass Frauen und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, darunter Menschen mit Behinderungen und LGBTQI-Personen, nicht länger diskriminiert werden;
4. missbilligt die politisch motivierten Gerichtsverfahren gegen die führenden Oppositionellen Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak und andere politische Gefangene und Häftlinge und prangert die harten und ungerechten Gerichtsurteile an, die unlängst gegen sie verhängt wurden; bedauert, dass die Gerichtsverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfanden und nicht ordnungsgemäß abliefen und dass Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten an der Teilnahme an den Verhandlungen gehindert wurden;
5. verurteilt unverändert die Repressalien der Staatsorgane gegen das Menschenrechtszentrum Wjasna und fordert, dass Ales Bjaljazki, Waljanzin Stefanowitsch, Marfa Rabkowa, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und andere Angestellte und Freiwillige von Wjasna umgehend und bedingungslos freigelassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden;
6. verurteilt die Repressionen und feindseligen Handlungen der Staatsorgane gegen Vertreter der polnischen Minderheit und polnischsprachige Schulen in Belarus; fordert in diesem Zusammenhang, dass Andżelika Borys, der Journalist Andrzej Poczobut und andere politische Gefangene umgehend und bedingungslos freigelassen werden;
7. verurteilt das Verhalten der belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch bei den Olympischen Spielen in Tokio; weist erneut darauf hin, dass belarussische Sportler wegen ihrer Beteiligung an friedlichen Protesten strafrechtlich verfolgt werden und dass mutmaßlich Verbindungen zwischen dem belarussischen Eishockeyverband und der Ermordung von Raman Bandarenka bestehen; fordert das IOC und andere internationale Sportverbände und ‑föderationen auf, ihre Ethik- und Verhaltenskodizes einzuhalten, wenn sie mit Vertretern von Belarus in Kontakt treten;
8. bekräftigt seine Forderung an den EAD, die Kommission und die nationalen diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten der EU in Belarus, die Lage der einzelnen politischen Gefangenen in Belarus genau zu beobachten, dem Europäischen Parlament über ihre Beobachtungstätigkeit Bericht zu erstatten, den politischen Gefangenen Unterstützung anzubieten und sich für ihre Freilassung einzusetzen;
9. fordert, dass die demokratische Opposition von Belarus uneingeschränkt dabei unterstützt wird, eine freie und faire Wahl zu organisieren, die unter internationaler Aufsicht durch das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE steht und von unabhängigen und freien Medien und einer starken Zivilgesellschaft begleitet wird;
10. betrachtet die Entführung des Ryanair-Fluges FR4978 und dessen erzwungene Landung in Minsk als Akt des Staatsterrorismus und fordert die EU daher auf, im Interesse der Terrorismusbekämpfung restriktive Maßnahmen gegen die hierfür verantwortlichen Personen und Organisationen in Belarus und Russland zu verhängen;
11. fordert den Europäischen Rat nachdrücklich auf, sich auf seiner nächsten Tagung am 21./22. Oktober 2021 auf einen umfassenden und strategischen Ansatz für Sanktionen gegen das belarussische Regime zu einigen, in dem eine Umstellung von einem durch einzelne Schritte geprägten Ansatz auf einen entschlosseneren Ansatz vollzogen werden sollte, der sich auf den systemischen Charakter der Unterdrückung und der schweren Menschenrechtsverletzungen stützt;
12. begrüßt den Beschluss des Rates, das vierte Paket restriktiver Maßnahmen anzunehmen, und fordert den Rat nachdrücklich auf, das fünfte Sanktionspaket mit größter Dringlichkeit zu behandeln und sich dabei auf Personen und Organisationen zu konzentrieren, die am harten Vorgehen und der Unterdrückung in Belarus bzw. am Menschenhandel beteiligt sind, und gegen die Umgehung der bereits geltenden Sanktionen vorzugehen;
13. bedauert, dass sich die verhängten Wirtschaftssanktionen nur teilweise auf das Lukaschenka-Regime ausgewirkt und wichtige Wirtschaftszweige wie die Kaliindustrie und Erdölerzeugnisse nicht wesentlich beeinträchtigt haben; fordert den Rat auf, die gezielten Wirtschaftssanktionen der EU weiter zu verschärfen und dabei den Schwerpunkt auf wichtige belarussische Wirtschaftszweige und staatliche und private Unternehmen zu legen, die das Lukaschenka-Regime unterstützen und finanzieren, weitere Wirtschaftszweige wie Stahl, Holz und Chemie sowie alle verbleibenden staatlichen Banken und wichtigen Unternehmen wie Belaruskali und Beltelecom in das Paket der Wirtschaftssanktionen aufzunehmen und die Einfuhr von Erzeugnissen zu verbieten, die häufig von Häftlingen in Strafkolonien hergestellt werden; begrüßt die zusätzlichen Sanktionen, die die USA, das Vereinigte Königreich und Kanada anlässlich des ersten Jahrestags der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus verhängt haben; fordert deshalb die EU auf, ihre Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Demokratien abzustimmen;
14. fordert die Mitgliedstaaten auf, sämtliche Bediensteten des Komitees für Staatssicherheit der Republik Belarus (KDB bzw. KGB) auf dem Boden der Europäischen Union zu unerwünschten Personen zu erklären; bekräftigt, dass die EU den Finanzströmen aus Belarus besondere Aufmerksamkeit widmen sollte, und fordert die Organe der EU auf, dem Parlament über die Vermögenswerte Bericht zu erstatten, die dem inneren Zirkel um Lukaschenka gehören oder mit den korrupten Oligarchen des Lukaschenka-Regimes in Verbindung gebracht werden können; bekräftigt seine Forderung an die EU, diese Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Ländern abzustimmen;
15. missbilligt die Ausweisung von Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten aus Belarus, insbesondere des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus sowie der Botschafter und von Diplomaten Litauens, Lettlands und Polens; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Botschafter zu Konsultationen aus Minsk zurückzurufen und damit ein politisches Signal an das Lukaschenka-Regime zu senden und belarussischen Diplomaten die Akkreditierung in der EU zu verweigern; unterstreicht, dass Mitglieder des belarussischen Parlaments und belarussische Amtsträger nicht zu internationalen oder bilateralen Veranstaltungen eingeladen werden sollten; fordert den EAD nachdrücklich auf, seine Arbeitsmethoden zu überprüfen und für eine aktive Rolle des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus, der derzeit nach Brüssel zurückgerufen wurde, zu sorgen und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um für ein sicheres Arbeitsumfeld für Diplomaten der EU und das Personal der EU-Delegation in Minsk und insbesondere den Schutz vor Propagandaangriffen des Lukaschenka-Regimes zu sorgen;
16. verurteilt auf das Schärfste, dass das Lukaschenka-Regime Menschen instrumentalisiert, um unter Verstoß gegen internationale Normen und die bilateralen Verträge, die Belarus mit seinen Nachbarstaaten in der EU geschlossen hat, politische Ziele zu verfolgen; betont, dass die vom belarussischen Staat organisierte Beihilfe zu illegalen Grenzübertritten an der Außengrenze der EU in Verbindung mit einer Desinformationskampagne eine Form der hybriden Kriegsführung ist, mit der die EU eingeschüchtert und destabilisiert werden soll; bekundet seine nachdrückliche Solidarität mit Litauen, Polen und Lettland sowie mit anderen EU-Mitgliedstaaten, gegen die sich das Vorgehen des belarussischen Regimes richtet; bekräftigt, dass die am stärksten betroffenen Länder die Außengrenze der EU unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des Völkerrechts, insbesondere der Genfer Konvention, sowie des EU-Asylrechts, einschließlich der Grundrechtecharta, wirksam schützen müssen;
17. begrüßt, dass die Mitgliedstaaten, Norwegen und Einrichtungen und sonstige Stellen der EU, insbesondere Europol, Frontex und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, den Mitgliedstaaten Unterstützung leisten, die von der durch das belarussische Regime verursachten Migrationskrise betroffen sind, und fordert sie auf, ihre Unterstützung fortzusetzen, unter anderem durch Bereitstellung weiterer Soforthilfe der EU, und fordert die Mitgliedstaaten, die diese Soforthilfe noch nicht in Anspruch genommen haben, auf, diesen Schritt nachzuholen; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, sich dringend mit der multidimensionalen Krise an der Grenze zu Belarus zu befassen, den Migranten, die im Grenzgebiet zu Belarus festsitzen, zu helfen und ihnen die erforderliche Unterstützung zukommen zu lassen; ist besorgt über den Mangel an Transparenz hinsichtlich der Lage im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus und fordert die staatlichen Stellen Polens nachdrücklich auf, in transparenter Art und Weise sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften, Strategien und Verfahren, die an der Grenze zwischen Polen und Belarus zur Anwendung kommen, mit dem Unionsrecht im Einklang stehen, Organisationen der Zivilgesellschaft und den Medien Zugang zum Grenzgebiet zu gewähren und mit Frontex zusammenzuarbeiten, um die herrschende Krise gemeinsam zu lösen; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und internationale Organisationen auf, ihre Bemühungen um die Zerschlagung der Strukturen dieses staatlich gesteuerten Menschenhandels zu intensivieren, wozu auch gehört, diplomatischen Druck auf die Herkunftsländer der Migranten auszuüben und Sanktionen gegen die am Menschenhandel beteiligten belarussischen Amtsträger, Personen und Organisationen sowie internationale kriminelle Netzwerke, die auf dem Gebiet der EU tätig sind und für die Beförderung der Migranten an ihren Zielort verantwortlich sind, zu verhängen; hebt hervor, dass Belarus kürzlich seine Visaregelungen mit Pakistan, Jordanien, Ägypten und Südafrika ausgesetzt hat, die jeweils die visumfreie Einreise aus diesen Ländern nach Belarus ermöglichten;
18. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, in dieser Lage einen gemeinsamen Ansatz zu beschließen, der auf den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des Völkerrechts, den Grundsätzen der Solidarität, Transparenz und Rechenschaftspflicht und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beruht; fordert die Kommission auf, dringend gezielte Legislativvorschläge vorzulegen, mit denen den Mitgliedstaaten die erforderlichen Absicherungen geboten werden, um rasch und wirksam auf zum Zwecke der Instrumentalisierung der Migration betriebene Kampagnen von Drittländern reagieren zu können, indem insbesondere ein starker und wirksamer Schutz der Außengrenze der EU sichergestellt wird, konkrete Maßnahmen zur Verhinderung irregulärer Grenzübertritte ergriffen werden und Möglichkeiten vorgesehen werden, wie dem Missbrauch des Asylsystems durch feindselige Drittländer oder kriminelle Netzwerke Einhalt geboten werden kann;
19. ist besorgt darüber, dass Menschen an der Grenze zwischen Belarus und der EU gestorben sind, und bekundet den Familien und Angehörigen der Toten sein Beileid; fordert die staatlichen Stellen Polens, Lettlands, Litauens und der anderen betroffenen Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass das Asyl- und Rückführungsrecht der EU und die internationalen Menschenrechtsnormen auch während des Notstands uneingeschränkt geachtet werden, wozu auch der Zugang zu Asyl und der möglichst uneingeschränkte Zugang von Medien, Organisationen der Zivilgesellschaft und legalen Hilfsdiensten zum Grenzgebiet gehören, und die Leitlinien des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Gremien des Europarats zu berücksichtigen; fordert die Kommission als Hüterin der Verträge auf, für die Einhaltung des geltenden Unionsrechts Sorge zu tragen;
20. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit beim Grenzmanagement, bei der Bekämpfung des Menschenhandels, des Zigarettenschmuggels und anderer vom belarussischen Regime verursachter oder verschärfter sicherheitspolitischer Probleme zu verbessern; unterstützt den Vorschlag der Kommission, bestimmte Artikel des Visaerleichterungsabkommens der EU mit der Republik Belarus auszusetzen, mit dem auf bestimmte Kategorien von Amtsträgern des Lukaschenka-Regimes abgezielt wird, aber keine Auswirkungen auf die einfachen Bürger von Belarus einhergehen; fordert, dass die Liste der betroffenen Personen erweitert wird und bereits in Erwägung gezogen wird, Personengruppen aufzunehmen, gegen die im Rahmen künftiger Sanktionspakete individuelle restriktive Maßnahmen verhängt werden könnten;
21. bedauert, dass der IWF Belarus vorbehaltslos Sonderziehungsrechte im Gegenwert von 910 Mio. USD zugeteilt hat, was nicht der Bevölkerung des Landes zugutekommen, sondern eher den Interessen des illegitimen Staatschefs dienlich sein dürfte; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich mit internationalen Partnern in multilateralen Organisationen wie dem IWF abzustimmen, um die Auszahlung von Mitteln an das Lukaschenka-Regime einzuschränken und jegliche Zusammenarbeit mit ihm einzustellen; nimmt zur Kenntnis, dass undemokratische Länder, insbesondere Russland und China, weiter in Belarus investieren;
22. bekräftigt, dass es dringend erforderlich ist, Russlands Unterstützung für das brutale Vorgehen Lukaschenkas gegen die Bevölkerung von Belarus sowie die Verstrickung Russlands in die hybriden Maßnahmen des Lukaschenka-Regimes gegen die EU offenzulegen, zu denen auch der Einsatz von Migranten zu politischen Zwecken zählt, und den Kreml für diese Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen;
23. nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass das Szenario des Militärmanövers „Sapad-2021“ von Aggression geprägt ist und nur geringe Möglichkeiten zu dessen Beobachtung bestehen; bekräftigt, dass in diesem Manöver und anderen ähnlichen Großmanövern die offensive Haltung Russlands und seine Entschlossenheit, seine Fähigkeiten zu feindseligen Zwecken einzusetzen, deutlich zum Ausdruck kommen; bekräftigt seine Forderung nach strategischer Autonomie der EU und einer echten europäischen Verteidigungsunion als Teil einer gestärkten NATO;
24. verurteilt die ständigen Absprachen zwischen Lukaschenka und Wladimir Putin, in denen Fahrpläne für eine tiefere Integration zwischen Belarus und Russland einschließlich der zunehmenden Militarisierung von Belarus erstellt werden, und betrachtet dies als Verletzung der Souveränität von Belarus, da dem belarussischen Volk das Recht genommen wird, selbst über die Zukunft des Landes zu bestimmen; betont, dass die Herrschaft Lukaschenkas unrechtmäßig ist, und lehnt sämtliche Vereinbarungen ab, die Lukaschenka im Namen des belarussischen Staates, insbesondere nach Ablauf seiner Amtszeit als Präsident am 5. November 2020, getroffen hat; bekräftigt, dass die EU klarstellen muss, dass sie sich gezwungen sieht, zusätzliche Eindämmungs- und Abschreckungsmaßnahmen gegenüber Russland zu ergreifen, wenn das Land seine derzeitige Strategie gegenüber Belarus fortsetzt; fordert, dass die Organe der EU dem Parlament regelmäßig Bericht über die Einmischung des Kremls in Belarus erstatten, auch über dessen Ausnutzung der Lage im Hinblick auf eine vertiefte politische, militärische und wirtschaftliche Kontrolle von Belarus;
25. bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass es der EU bisher nicht gelungen ist, eine umfassende Strategie gegenüber dem belarussischen Regime zu entwickeln, und fordert den Rat, die Kommission und den HR/VP nachdrücklich auf, eine schlüssige und umfassende Strategie für Belarus auszuarbeiten, die auf der derzeitigen Soforthilfe für die Opfer von Repressionen, der strategischen und langfristigen politischen, technischen und finanziellen Unterstützung der belarussischen Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, unabhängigen Medien, Gewerkschaften und demokratischen Kräfte im Land und im Ausland, auf der Zusammenarbeit mit Nachbarländern in dringenden humanitären Fragen, einer engen Abstimmung mit internationalen Partnern und einschlägigen multilateralen Organisationen (wie den Vereinten Nationen und der OSZE) und internationalen Gebern sowie gemeinsamen internationalen Maßnahmen gegen die Straflosigkeit beruht; fordert den EAD auf, bei der Koordinierung einer solchen schlüssigen Politik mit den Mitgliedstaaten und anderen Organen der EU eine Führungsrolle zu übernehmen;
26. fordert die Kommission, den Rat, den HR/VP und die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, die Lage in Belarus in allen einschlägigen europäischen und internationalen Organisationen, insbesondere der OSZE, den Vereinten Nationen und ihren Fachgremien, auch weiterhin zur Sprache zu bringen, um die internationalen Maßnahmen bezüglich der Lage in Belarus auszuweiten und den Widerstand Russlands und anderer Länder gegen solche Maßnahmen zu überwinden;
27. unterstützt das belarussische Volk weiterhin bei seinen legitimen Forderungen und seinem Streben nach freien und fairen Wahlen, den Grundfreiheiten und Menschenrechten, demokratischer Vertretung und politischer Teilhabe in einem freien und souveränen Belarus;
28. lobt die systematische und konsequente Arbeit der belarussischen demokratischen Kräfte in Belarus und im Exil, insbesondere der Anführerin der demokratischen Opposition, Swjatlana Zichanouskaja, des Koordinierungsrats und des Krisenmanagementteams des Volkes (Narodnaje antykrysisnaje upraulenne, NAU); bekräftigt, dass die Kontakte und die Zusammenarbeit mit diesen Kräften unbedingt aufrechterhalten und ausgebaut werden müssen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Entscheidung Litauens, der demokratischen Vertretung von Belarus in Vilnius eine offizielle Akkreditierung zu erteilen, und fordert die übrigen Mitgliedstaaten auf, diesem Beispiel zu folgen; fordert die EU auf, die Einrichtung eines Vertretungsbüros eines demokratischen Belarus in Brüssel mit Guten Diensten zu unterstützen;
29. fordert die EU auf, auf operativer Ebene mit den Vertretern der demokratischen Kräfte von Belarus zusammenzuarbeiten, um die Arbeit an der Annahme eines Fahrplans abzuschließen, mit dem darauf abgezielt wird, einen umfassenden Plan zur wirtschaftlichen Unterstützung eines künftigen demokratischen Belarus mit Mitteln in Höhe von 3 Mrd. EUR umzusetzen, die den demokratischen Kräften von Belarus in Bereichen wie dem Aufbau von Kapazitäten für die Interessenvertretung, von Reformkapazitäten, von Kapazitäten für die Verwaltung von Investitionen und von Kapazitäten für staatliches Handeln zugutekommen; fordert die EU auf, mit den notwendigen Vorbereitungen für den Dialog mit den demokratischen Kräften von Belarus zu beginnen und dem Parlament regelmäßig über die erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten, auch über die Annahme einer Strategie der EU für ihre künftigen Beziehungen zu einem demokratischen Belarus und über ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Vorbereitung der demokratischen Kräfte von Belarus auf die Umsetzung dieses Plans;
30. bekräftigt seine Forderung, die Vertreter des demokratischen Belarus offiziell zu dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft einzuladen und sie in hochrangige bilaterale und vorbereitende Sitzungen auf der Ebene der Union und nationaler Ebene sowie in parlamentarische Sitzungen und interparlamentarische Treffen mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten einzubinden; hält es nach wie vor für wichtig, offizielle Gruppen für Belarus in allen nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten, der Länder der östlichen Nachbarschaft und der G7-Länder einzurichten; fordert eine stärkere Einbeziehung und Präsenz von Vertretern der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition von Belarus in den multilateralen Gremien der Östlichen Partnerschaft, insbesondere im Forum der Zivilgesellschaft der Östlichen Partnerschaft und in der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST;
31. weist erneut auf seine vorherige Initiative für eine hochrangige Mission unter Mitwirkung ehemaliger hochrangiger Beamter der Union hin, mit der alle denkbaren Wege erkundet werden sollen, wie der Gewalt Einhalt geboten und die Freilassung der politischen Gefangenen erwirkt werden kann, und mit der dazu beigetragen werden könnte, ein Umfeld zu schaffen, das einem alle Seiten einbeziehenden innerstaatlichen politischen Dialog in Belarus förderlich ist; fordert die Kommission und den HR/VP erneut auf, gemeinsam mit internationalen Partnern eine hochrangige internationale Konferenz zu dem Thema „Zukunft eines demokratischen Belarus“ zu organisieren, auf der die Beilegung der Krise in Belarus erörtert und ein Finanzpaket in Höhe von mehreren Milliarden Euro geschnürt wird, um künftige Reformbemühungen und die Umstrukturierung der belarussischen Wirtschaft zu unterstützen; fordert die Kommission auf, das Parlament über die dabei erzielten Fortschritte zu unterrichten;
32. betont, dass die Verbrechen des Lukaschenka-Regimes gegen das belarussische Volk und die Morde an Raman Bandarenka und weiteren Bürgern von Belarus umfassend untersucht werden müssen; harrt der Ergebnisse der Ermittlungen der ukrainischen Behörden zum Tod von Wital Schyschou; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit aktiv anzuwenden und Gerichtsverfahren gegen jene belarussischen Amtsträger vorzubereiten, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich sind oder eine Mitschuld daran tragen, auch gegen Aljaksandr Lukaschenka;
33. bekennt sich zu seiner Aufgabe, das tatsächliche Funktionieren der Plattform des Europäischen Parlaments für die Bekämpfung der Straflosigkeit in Belarus sicherzustellen und eine rasche internationale Reaktion auf die Entwicklungen in Belarus zu koordinieren; fordert die Plattform auf, auf ihrer anstehenden Tagung zu erörtern, wie die EU künftig zu einer Prozessstrategie beitragen und gemeinsam mit Partnern an internationalen Gerichtsverfahren einschließlich der universellen Gerichtsbarkeit mitwirken kann, um Aljaksandr Lukaschenka und die Mitglieder seines Regimes persönlich wegen der in massivem Ausmaß gegen das belarussische Volk begangenen Verbrechen zu verurteilen; fordert insbesondere, dass die Plattform prüft, den Fall Belarus vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen, und zwar auf der Grundlage der vom Lukaschenka-Regime begangenen Verstöße gegen das Abkommen von Chicago, das Übereinkommen von Montreal und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter;
34. fordert alle in Belarus tätigen Unternehmen aus der EU erneut auf, im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihrer Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nachzukommen; fordert diese Unternehmen auf, von neuen Investitionen abzusehen und bei den belarussischen Staatsorganen öffentlich gegen die anhaltende Unterdrückung von Arbeitnehmern und der Bürger im Allgemeinen zu protestieren;
35. fordert die Kommission, den EAD und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die direkte Unterstützung für die belarussische Opposition, die Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Medienorganisationen in Belarus und außerhalb des Landes zu verstärken; hält es für wichtig, die Beziehungen zu diesen Personen und Organisationen ungeachtet dessen aufrechtzuerhalten, dass das belarussische Regime angekündigt hat, sich aus der Östlichen Partnerschaft zurückzuziehen; sagt zu, seine eigenen Maßnahmen zur Demokratieförderung zu intensivieren; bekräftigt seine Forderung nach einem gezielten Hilfsprogramm der EU, um die Zivilgesellschaft, unabhängige Medien, Wissenschaftler und die belarussische Opposition im Exil sowie diejenigen zu unterstützen, die politische Repression und polizeiliche Gewalt erfahren haben und vor dem Unterdrückerregime fliehen;
36. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, mit internationalen Partnern wie dem Moskauer Mechanismus der OSZE und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft vor Ort uneingeschränkt zu unterstützen, damit Menschenrechtsverletzungen überwacht und dokumentiert werden können und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt; begrüßt und unterstützt die Einrichtung der Internationalen Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, die Tätigkeit der Plattform und die Arbeit des UNHCR und anderer internationaler Initiativen, mit denen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen, zu unterstützen; befürwortet weitere Gespräche über ein mögliches internationales Gericht für Menschenrechtsverletzungen in Belarus, das in Den Haag eingerichtet werden soll;
37. unterstreicht die herausragende Bedeutung, die der Einrichtung von Volksbotschaften von Belarus weltweit zukommt, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weitere Unterstützung für den Schutz der Rechte und Interessen belarussischer Bürger im Ausland und für die Interessen eines demokratischen Belarus bereitzustellen, indem beispielsweise Möglichkeiten zur Finanzierung der Volksbotschaften von Belarus geprüft werden;
38. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die Verfahren zur Beantragung von Visa und eines Aufenthaltsstatus für Personen, die aus politischen Gründen aus Belarus fliehen oder infolge der Gewalt, die ihnen angetan wurde, medizinisch behandelt werden müssen, weiter zu vereinfachen und ihnen und ihren Familien die erforderliche Unterstützung und Hilfe angedeihen zu lassen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, belarussischen Studenten und Wissenschaftlern, die ihrer Universitäten verwiesen und aufgrund ihrer prodemokratischen Haltung inhaftiert wurden, Stipendien anzubieten;
39. erachtet es als sehr wichtig, die von dem belarussischen Kernkraftwerk in Astrawez ausgehenden Gefahren für die nukleare Sicherheit anzugehen; besteht darauf, dass Belarus sich für die nukleare Sicherheit seines Kernkraftwerks unter Wahrung vollständiger Transparenz einsetzt und sich zur vollständigen Umsetzung der Empfehlungen verpflichtet, die in der von der Gruppe der europäischen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit durchgeführten Peer-Review der Anlage formuliert wurden; unterstützt bis zu deren Umsetzung das Verbot der Einfuhr von Energie aus dem belarussischen Kernkraftwerk in den Binnenmarkt und spricht sich dafür aus, diesem Standpunkt im CO2-Grenzausgleichssystem der EU Rechnung zu tragen;
40. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, den Staatsorganen der Republik Belarus und der Russischen Föderation und den Vertretern der demokratischen Opposition von Belarus zu übermitteln.