Index 
Angenommene Texte
Donnerstag, 20. Mai 2021 - Brüssel
Umkehrung demografischer Trends in den Regionen der EU mithilfe von Instrumenten der Kohäsionspolitik
 Auswirkungen der EU-Vorschriften auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr: Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU als Instrument zur Abstimmung von Anforderungen und Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt
 Beschleunigung der Fortschritte und Bekämpfung von Ungleichheiten bei der Beseitigung von Aids als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030
 Kriegsgefangene nach dem jüngsten Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan
 Die Lage in Haiti
 Die Lage im Tschad
 Umwelt: die Århus-Verordnung ***I
 Chinesische Gegensanktionen gegen Einrichtungen der EU und gegen MdEP und nationale Abgeordnete
 Data Protection Commissioner gegen Facebook Ireland Limited und Maximillian Schrems („Schrems II“) – Rechtssache C-311/18
 Das Auskunftsrecht des Parlaments mit Blick auf die laufende Prüfung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne
 Agentur der Europäischen Union für Grundrechte: Zwischenbericht
 Haftung von Unternehmen für Umweltschäden
 Neue Wege der legalen Arbeitskräftemigration
 Digitale Zukunft Europas: digitaler Binnenmarkt und Einsatz von KI für europäische Verbraucher

Umkehrung demografischer Trends in den Regionen der EU mithilfe von Instrumenten der Kohäsionspolitik
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zur Umkehrung demografischer Trends in den Regionen der EU mithilfe von Instrumenten der Kohäsionspolitik (2020/2039(INI))
P9_TA(2021)0248A9-0061/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die durch Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gewährleistet wird,

–  unter Hinweis auf Artikel 174 AEUV über die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts der Union,

–  unter Hinweis auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV, wonach Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete zulässig sind, soweit sie die Wettbewerbsbedingungen nicht erheblich beeinträchtigen („Regionen der Kategorie C“),

–  gestützt auf Artikel 349 AEUV über die Gebiete in äußerster Randlage,

–  unter Hinweis auf Artikel 9, 46, 47, 48 und 147 AEUV zu verschiedenen Aspekten von Arbeit und Beschäftigung in der Union,

–  unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 2, 3 und 20,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl- und Migrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für Grenzmanagement und Visa (COM(2018)0375), insbesondere auf Kapitel II über die territoriale Entwicklung,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung einer Aufbau- und Resilienzfazilität (COM(2020)0408),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2018 zu dem 7. Bericht der Kommission über die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in der gesamten Europäischen Union(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. November 2017 zu der Bereitstellung kohäsionspolitischer Instrumente durch Regionen zur Bewältigung des demografischen Wandels(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2011 zu dem demografischen Wandel und seinen Folgen für die künftige Kohäsionspolitik der EU(3),

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 27. März 2019 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds(4),

–  unter Hinweis auf Artikel 20 AEUV, die Verordnung (EU) Nr. 492/2011(5) und die Richtlinie 2004/38/EG(6) über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen innerhalb der Union,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 17. Juni 2020 über die Auswirkungen des demografischen Wandels,

–  unter Hinweis auf den Fahrplan der Kommission vom 27. Juli 2020 mit dem Titel „Rural development: long-term vision for rural areas“ (Ländliche Entwicklung: langfristige Vision für den ländlichen Raum)(7),

–  unter Hinweis auf die am 8. Juni 2020 angenommenen Schlussfolgerungen des Rates zum Thema „Demografische Herausforderungen – der künftige Ansatz“,

–  unter Hinweis auf das von der Kommission am 27. Januar 2021 vorgelegte Grünbuch zum Thema „Altern: Förderung von Solidarität und Verantwortung zwischen den Generationen“,

–  unter Hinweis auf den Fahrplan der Kommission vom 16. November 2020 mit dem Titel „Demographic change in Europe: Green Paper on ageing“ (Demografischer Wandel in Europa: Grünbuch zum Thema Altern)(8),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für Raumordnung (ESPON) vom Dezember 2017 über die räumliche Verteilung der neuen Beschäftigungsdynamik in Europa,

–  unter Hinweis auf den Kurzbericht des ESPON vom Juni 2019 mit dem Titel „Addressing labour migration challenges in Europe: An enhanced functional approach“ (Bewältigung der Herausforderungen der Arbeitsmigration in Europa: ein erweiterter funktionaler Ansatz),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Abteilung der Vereinten Nationen für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten/Bevölkerung aus dem Jahr 2019 über die Weltbevölkerungsprognose,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 17. Juni 2020 über die Auswirkungen des demografischen Wandels(9),

–  unter Hinweis auf den Europäischen Index für regionale Wettbewerbsfähigkeit 2019,

–  unter Hinweis auf die Veröffentlichung der OECD mit dem Titel „Adapting to Demographic Change“ (Anpassung an den demografischen Wandel), die für die erste Sitzung der G20-Arbeitsgruppe „Beschäftigung“ unter dem japanischen G20-Vorsitz von 25. bis 27. Februar 2019 in Tokio erstellt wurde,

–  unter Hinweis auf die Barcelona-Ziele von 2002,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses der Regionen aus dem Jahr 2016 über die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die europäischen Regionen,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses der Regionen aus dem Jahr 2018 mit dem Titel „Addressing brain drain: The local and regional dimension“ (Bewältigung der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte: lokale und regionale Dimension),

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 12.–14. Oktober 2020 mit dem Titel „Demografischer Wandel: Vorschläge zur Messung und Bewältigung der negativen Auswirkungen in den Regionen der EU“,

–  unter Hinweis auf die langfristige Vision der Kommission für den ländlichen Raum, die derzeit erarbeitet wird,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen mit dem Titel „Eine EU-Strategie zur Wiederbelebung des ländlichen Raums“ vom 8.–10. Dezember 2020;

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses der Regionen vom 30. Januar 2020 über die regionalen Auswirkungen des demografischen Wandels,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für regionale Entwicklung (A9-0061/2021),

A.  in der Erwägung, dass die Bevölkerungsverteilung auf lokaler, regionaler, nationaler und Unionsebene sowie ihre Stabilität beziehungsweise Veränderung in den einzelnen Mitgliedstaaten und ihren Regionen eine sehr unterschiedliche Dynamik aufweisen, was sich auf das Phänomen der Abwanderung und letzten Endes auf den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt der Union in ungleicher Weise auswirkt; in der Erwägung, dass dem Europäischen Index für regionale Wettbewerbsfähigkeit 2019 zufolge eine Kluft zwischen Hauptstadt-/Metropolregionen und Randgebieten besteht, wobei 78 % der europäischen Bevölkerung in Stadtgebieten oder funktionalen Stadtgebieten leben und hochwertige Dienste in den Bereichen Energie, Verkehr und digitale Anbindung in Anspruch nehmen können, wohingegen viele Randgebiete in diesen Bereichen nach wie vor mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben; in der Erwägung, dass die Kohäsionspolitik als wichtigste Quelle für öffentliche Investitionen in der Union, auf die 8,5 % der staatlichen Investitionen entfallen, eine tragende Rolle dabei spielen kann, diese demografischen Herausforderungen zu bewältigen, auch mit dem Ziel, die natürliche Bevölkerungsbilanz der Union auf lange Sicht zu erhalten;

B.  in der Erwägung, dass „Abwanderungsregionen“ im vorliegenden Bericht als Regionen verstanden werden, die infolge einer dauerhaften Abwanderung über einen bestimmten Zeitraum hohe Qualifikationen bzw. Kompetenzen (in einem oder mehreren Wirtschaftszweigen/-bereichen) an andere Regionen verlieren, während sich „Zuwanderungsregionen“ auf Regionen beziehen, die infolge einer dauerhaften Zuwanderung über einen bestimmten Zeitraum hohe Qualifikationen bzw. Kompetenzen (in einem oder mehreren Wirtschaftszeigen/-bereichen) erwerben;

C.  in der Erwägung, dass die demografische Entwicklung zudem vom Klimawandel und insbesondere von durch ihn bedingten Überschwemmungen und Hitzewellen abhängt; in der Erwägung, dass auch eine koordinierte Vorgehensweise, bei der die Grundsätze der Nachhaltigkeit, der Ökologisierung und der Digitalisierung in unterschiedliche Politikbereiche der Union integriert werden, dazu beitragen könnte, negative demografische Entwicklungen umzukehren;

D.  in der Erwägung, dass zwischen der Bereitstellung von sozialen Dienstleistungen, Verkehrsanbindungen und IKT-Konnektivität sowie von Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten einerseits und der Möglichkeit, die Bevölkerung in bestimmten Gebieten zu halten bzw. durch Zuzug zu gewinnen, andererseits eine hohe Korrelation besteht; in der Erwägung, dass viele Regionen der Union – darunter ländliche Gebiete mit einem Anteil von 44 % an der Fläche der Union, abgelegene Gebiete, Gebiete in Randlage und Insel- und Berggebiete mit ungünstigen geografischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten – bei der Bereitstellung dieser Dienste nach wie vor enormen Aufholbedarf haben; in der Erwägung, dass diese Regionen besonders von einer geringen Bevölkerungsdichte, Landflucht und Abwanderung betroffen sind, was sich nachteilig auf die Altersstruktur der Bevölkerung, den Generationenwechsel und die Entwicklung der Landwirtschaft auswirkt; in der Erwägung, dass die Synergieeffekte mit der Verkehrspolitik der Union verstärkt werden sollten, um den besonderen Bedürfnissen dünn besiedelter und von Abwanderung betroffener Regionen Rechnung zu tragen; in der Erwägung, dass der gegenwärtige Alterungstrend in der Union weitreichende wirtschaftliche und soziale Folgen hat, beispielsweise höhere Abhängigkeitsquoten, Druck auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und der sozialen Sicherheit sowie eine erhöhte Belastung des Gesundheits- und Sozialwesens;

E.  in der Erwägung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer eine der vier Freiheiten der Europäischen Union und ihres Binnenmarkts ist;

F.  in der Erwägung, dass die Bevölkerung der Union in den vergangenen Jahrzehnten zwar erheblich zugenommen hat, die Wachstumsrate nun aber sinkt und die Bevölkerung auf lange Sicht voraussichtlich spürbar abnehmen wird; in der Erwägung, dass die Union im Jahr 2015 mit mehr Sterbefällen als Geburten erstmals einen Rückgang ihrer natürlichen Bevölkerung zu verzeichnen hatte; in der Erwägung, dass 2019 nur 6,9 % der Weltbevölkerung in Europa lebten und dieser Prozentsatz bis 2070 auf weniger als 4 % sinken wird, wobei der Bevölkerungsrückgang insbesondere in Ost- und Südeuropa massiv sein wird, was auf eine Kombination aus niedrigen Fertilitätsraten und einer Netto-Abwanderung aus diesen Gebieten innerhalb der Union zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass die langfristigen demografischen Entwicklungen in den europäischen Regionen weiterhin auf niedrigere Geburtenraten und alternde Gesellschaften hindeuten, mit Ausnahme bestimmter Gebiete in äußerster Randlage, insbesondere Mayotte und Französisch-Guayana, wo die Bevölkerung bis 2050 gegenüber dem Stand von 2010 voraussichtlich um 38 % bzw. 26 % wachsen wird(10);

G.  in der Erwägung, dass demografische Fragen in allen Politikbereichen durchgängig berücksichtigt werden sollten, auch indem sie in langfristige Prioritäten eingebunden werden; in der Erwägung, dass es wichtig ist, verlässliche statistische Daten zu erheben und zu überwachen sowie die Forschung und den Austausch von bewährten Verfahren auf allen Ebenen zu fördern, um zu einem besseren Verständnis demografischer Herausforderungen beizutragen, deren Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte abzuschätzen und innovative und wirksame Lösungen für ein altersgerechtes Umfeld zu entwickeln;

H.  in der Erwägung, dass die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste Gesundheits- und Wirtschaftskrise deutlich gemacht hat, dass die Solidarität zwischen den Generationen ebenso wie eine hinreichende Finanzierung des Gesundheits- und Sozialwesens und eine nachhaltige Wirtschaftsweise treibende Kräfte der Erholung und der Schaffung stärker inklusiver und widerstandsfähiger Gesellschaften sind; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die Anfälligkeit unserer Gesundheitssysteme insbesondere in Verbindung mit einer alternden Bevölkerung hat zutage treten lassen; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie erneut deutlich gemacht hat, wie wichtig es ist, die Würde älterer Menschen und ihre Grundrechte in der Union zu schützen und zu fördern;

I.  in der Erwägung, dass die COVID-19-Krise voraussichtlich großen Einfluss auf Geburten- und Sterbeziffern und die Migrationsbewegungen in Europa haben wird, das volle Ausmaß der Folgen der Pandemie für Wirtschaft, Beschäftigung und Soziales jedoch noch nicht abzusehen ist; in der Erwägung, dass die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen der außerordentlichen Maßnahmen, die als Reaktion auf die Krise ergriffen wurden, auf die demografische Entwicklung sorgfältig analysiert werden müssen, und zwar auch unter dem Aspekt der Gleichstellung; in der Erwägung, dass Vorstudien darauf hindeuten, dass die Pandemie unter anderem durch eine Zunahme der unbezahlten Betreuungsarbeit und den Verlust von Arbeitsplätzen bestehende Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen noch verschärft hat; in der Erwägung, dass sich die Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit unverhältnismäßig stark auf Frauen und Mädchen und insbesondere auf die am stärksten schutzbedürftigen Gruppen auswirkt, was bei der Kohäsionspolitik berücksichtigt werden sollte, unter anderem indem in Pflege und Betreuung investiert wird und die Arbeitsbedingungen in dem Bereich verbessert werden sowie indem der Übergang zu einer Pflegewirtschaft gefördert wird;

J.  in der Erwägung, dass seit Beginn der Wirtschaftskrise 2008 innerhalb Europas eine Zuwanderung gut ausgebildeter junger Fachkräfte von Süd- und Osteuropa nach Nordwesteuropa zu verzeichnen ist; in der Erwägung, dass zwischen den sozioökonomischen Bedingungen in einer Region und der Ab- und Zuwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus der bzw. in die Region eine hohe Korrelation besteht; in der Erwägung, dass Ab- und Zuwanderungsregionen zusammenarbeiten müssen, um die Herausforderungen, vor denen sie stehen, zu bewältigen, und integrierte Ansätze verfolgen müssen, um langfristige Strategien für die Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung zu entwickeln;

K.  in der Erwägung, dass Innovationen und Investitionen in das Humankapital mittel- bis langfristig die wichtigsten Triebkräfte für das sozioökonomische Wachstum und die Zunahme der Beschäftigung in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen sind;

Gegenwärtige Merkmale und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel in der Union

Allgemeine Bemerkungen

1.  unterstreicht, dass die vier Freiheiten die Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit und der Werte der Union sind; weist jedoch darauf hin, dass den damit verbundenen Auswirkungen auf die demografische Entwicklung und den sich daraus ergebenden Folgen für das Gleichgewicht zwischen den und innerhalb der Mitgliedstaaten und für ihren wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte; unterstreicht, dass die Union vor einer großen demografischen Herausforderung steht, die trotz der unterschiedlichen Auswirkungen in den Regionen zur Kenntnis genommen und ganzheitlich angegangen werden muss, um der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung der vergangenen Jahre entgegenzuwirken; weist darauf hin, dass neben dem zweifachen Ziel, die Klimawende und den digitalen Wandel voranzutreiben, die Umkehrung der gegenwärtigen negativen Bevölkerungsentwicklung in Europa durch Maßnahmen, mit denen nicht nur ihre Wirkung, sondern auch ihre Ursache angegangen wird, für die Union eine Priorität darstellen sollte;

2.  stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die demografischen Gegebenheiten im Zentrum, in den Ballungsräumen und in der Peripherie sowohl auf der Ebene der Union als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten wesentlich voneinander unterscheiden, was mit den unterschiedlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten, dem Dienstleistungsangebot, der Anbindung, dem Verkehr und der digitalen Anbindung zusammenhängt; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass das transeuropäisches Verkehrsnetz (TEN-V) nur dann wirksam werden kann, wenn die Verkehrsinfrastrukturen vor Ort auch tatsächlich funktionieren; betont, dass diese Unterschiede im ländlichen Raum und in Gebieten mit naturbedingten oder spezifischen Benachteiligungen, beispielsweise in dünn besiedelten Gebieten und Berggebieten, sowie zwischen dem Festland und Inseln und Gebieten in äußerster Randlage besonders deutlich zutage treten; weist erneut darauf hin, dass die meisten Inseln und Gebiete in äußerster Randlage nur unregelmäßig mit Verkehrsmitteln bedient werden, deren Nutzung häufig mit hohen Kosten verbunden ist;

3.  stellt fest, dass das Pro-Kopf-BIP, das Einkommensniveau, die Beschäftigungsquote, die Fertilitätsrate, sozialökonomische Faktoren, das Stadt-Land-Gefälle und die Bevölkerungsalterung zu den wichtigsten Faktoren gehören, die einen direkten Einfluss auf die Demografie haben; stellt fest, dass insbesondere die derzeitige Beschäftigungsdynamik Bevölkerungsströme innerhalb der Regionen der Union auslöst, die zu sozialen und räumlichen Ungleichheiten und Herausforderungen führen, denen sich die Kohäsionspolitik nach 2020 stellen muss; unterstreicht, dass die Binnenmigration aus den östlichen, südlichen und zentralen Regionen in die nördlichen und nordwestlichen Regionen der Union meist junge, gebildete und qualifizierte Arbeitskräfte betrifft; stellt fest, dass die Union es der Zuwanderung aus Drittstaaten zu verdanken hat, dass ihre Bevölkerung in den vergangenen Jahren nicht geschrumpft ist;

4.  weist darauf hin, dass in Europa die Bevölkerung offensichtlich zunehmend überaltert ist und die Geburtenziffer sinkt, was sich auf den Abhängigkeitsquotienten auswirkt und das Wachstum der Erwerbsbevölkerung bremst, das weit hinter dem Wachstum der vergangenen zehn Jahre zurückbleibt; warnt vor einem deutlichen Rückgang der Erwerbsbevölkerung in ost-, süd- und mitteleuropäischen Regionen; gibt zu bedenken, dass die Überalterung der Bevölkerung auch Auswirkungen auf den Wohnungsbau und die Verkehrsplanung, den Infrastruktur- und Dienstleistungsbedarf sowie auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und der sozialen Sicherheit hat; weist darauf hin, dass Strategien für ein aktives Altern erforderlich sind, um insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten die Nachteile des demografischen Wandels gering zu halten und eine angemessen hohe Lebensqualität für alle Bewohner sicherzustellen;

5.  verweist auf die anhaltende COVID-19-Gesundheitskrise und die möglichen mittel- und langfristigen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Arbeitsmarktentwicklung; bedauert, dass sich die durchschnittliche Lebenserwartung in Europa durch die COVID-19-Pandemie verkürzt hat; unterstreicht, dass die Selbstisolierung und die gebotenen Abstandsregelungen – ungeachtet ihres Beitrags zur Senkung der Infektionsraten – spürbare Auswirkungen auf Produktion, Nachfrage und Handel hatten, die Wirtschaftstätigkeit dämpften und zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, einem drastischen Rückgang der Unternehmenseinnahmen und einem Anwachsen der öffentlichen Defizite führten; stellt fest, dass dies aller Voraussicht nach neue Wanderungsbewegungen junger Menschen sowohl in als auch zwischen den Mitgliedstaaten auslösen wird;

6.  weist darauf hin, dass die anhaltende COVID-19-Krise erhebliche Unterschiede bei der Qualität von Gesundheitsdienstleistungen und deren Verfügbarkeit offenbart hat; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass die öffentlichen Dienste im ländlichen Raum, beispielsweise Gesundheitseinrichtungen, ausgebaut werden müssen, um die eklatanten Ungleichheiten und Unterschiede bei der Lebenserwartung aufgrund des Wohnorts, des Sozialstatus und des Bildungsniveaus zu bekämpfen; weist ferner darauf hin, dass die Pandemie auch eine digitale Kluft offenbart hat, von der insbesondere ältere Menschen und diejenigen betroffen sind, die in weniger entwickelten Regionen, in ländlichen bzw. abgelegenen Berggebieten sowie in den Gebieten in äußerster Randlage leben;

7.  verweist auf eine weitere Herausforderung, die die Pandemie hat zutage treten lassen, nämlich die Notwendigkeit, menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen für Saisonarbeitnehmer sicherzustellen, die gebraucht werden, um in bestimmten Wirtschaftszweigen, insbesondere in der Landwirtschaft, Engpässe zu überbrücken;

8.  betont, dass es bereits eine Herausforderung darstellt, das Ausmaß der Abwanderung zu erfassen, da die statistischen Daten die Lage insofern nicht genau abbilden, als Angaben über die Abwanderung aus bestimmten Gebieten erst nach mehreren Jahren vorliegen; stellt ferner fest, dass die Bevölkerungsprognosen von Eurostat für das nächste Jahrzehnt darauf hindeuten, dass womöglich sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum ein Bevölkerungsschwund zu verzeichnen sein wird; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es wichtig ist, das Ausmaß der demografischen Herausforderungen richtig einzuschätzen und ihnen in angemessener Weise zu begegnen, auch um Radikalisierungen und Bewegungen, die sich gegen das europäische Aufbauwerk stellen, entgegenzuwirken und den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu stärken; empfiehlt, die Möglichkeit zu prüfen, neben dem BIP und der Bevölkerungsdichte noch weitere Indikatoren für die Einstufung von Gebieten mit schweren und dauerhaften Nachteilen festzulegen; betont ferner, dass aktualisierte demografische Daten, die zumindest auf NUTS-3-Ebene aufgeschlüsselt sind, wichtig sind, um die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Gebiete besser zu überwachen und wirksamere und gezieltere Abhilfemaßnahmen ergreifen zu können; fordert die Mitgliedstaaten auf, in die Modernisierung der Kapazitäten für die Erhebung der Daten zu demografischen Entwicklungen auf den einzelnen NUTS-Ebenen zu investieren;

Lokale und regionale Dimension

Abwanderungsregionen

9.  stellt fest, dass sich ländliche und postindustrielle Gebiete und Städte, die gegenüber den großen Ballungsräumen unterentwickelt sind, sowie abgelegene Gebiete, darunter Inseln und die meisten der Gebiete in äußerster Randlage, im Allgemeinen einer Reihe von besonderen Gegebenheiten gegenübersehen: einem auch aufgrund der Geburtenziffer erheblichen Rückgang der Bevölkerungszahl, einem niedrigeren Einkommensniveau als im nationalen oder Unionsdurchschnitt und Schwierigkeiten bei der räumlichen Integration mit anderen Regionen, wodurch sie stärker von Abwanderung bedroht sind; betont, dass dies auch zu Schwierigkeiten beim Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen führt, beispielsweise zu Wohnraum, Bildung und medizinischer Versorgung, einschließlich des Zugangs zu lebenswichtigen Medikamenten; weist darauf hin, dass der Anteil der ländlichen Bevölkerung an der europäischen Bevölkerung derzeit bei 28 % liegt, in Zukunft jedoch deutlich sinken dürfte; hebt hervor, dass auf ländliche Gebiete ausgerichtete Initiativen der Union wie die Kohäsions- und die Agrarpolitik durch eine bessere Koordinierung von Strategien zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen, von unternehmerischen Initiativen und der Digitalisierung und zur besseren Unterstützung von jungen und neuen Landwirten weiter ausgebaut werden sollten; begrüßt in dieser Hinsicht die Absicht der Kommission, den Ausbau der Breitbandinfrastruktur mit hoher Kapazität in dünn besiedelten und ländlichen Gebieten zu beschleunigen, und hält dies für eine gute Gelegenheit, die Lebensqualität in diesen Gebieten zu verbessern, dort Bildungsmöglichkeiten und Arbeitsplätze zu schaffen, die Innovation zu fördern, den Zugang zu Gesundheitsleistungen und anderen öffentlichen Diensten zu verbessern, die Anpassung an den technologischen Wandel voranzutreiben und das Angebot an Kultureinrichtungen und Freizeitbeschäftigungen auszubauen; betont, dass Frauen in ländlichen Gebieten wesentlich zu deren Entwicklung beitragen und dass eine stärkere Anerkennung der Leistungen und der Rechte von Frauen auf dem Arbeitsmarkt im ländlichen Raum das Risiko der Abwanderung erheblich verringern würde; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eigene Strategien zu entwickeln, um die Teilhabe der Frauen im ländlichen Raum auszubauen; empfiehlt, nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten zu erheben, um bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu ermitteln und anzugehen;

10.  weist auf bestimmte Triebkräfte des demografischen Wandels hin, die die Bewohner der oben genannten Gebiete zum Wegzug zwingen und andere vom Zuzug abhalten: schlechte Infrastruktur, einschließlich eines fehlenden schnellen Breitband-Internets und unzureichenden Verkehrsnetzen, hohe Jugendarbeitslosigkeit, weniger Beschäftigungsmöglichkeiten, insbesondere in Berufen, für die ein Hochschulabschluss erforderlich ist, und für Frauen im Allgemeinen, unzureichende öffentliche und private Dienstleistungen, Schwierigkeiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung, weniger Bildungsmöglichkeiten, Versorgungsleistungen und sozialen Dienstleistungen, was die Anpassung an den technologischen Wandel erschwert, und ein Mangel an Kultureinrichtungen und Freizeitbeschäftigungen; weist ferner darauf hin, dass der Klimawandel und das mit ihm verbundene Risiko von Naturkatastrophen Einfluss auf die Abwanderung haben, beispielsweise da es in bestimmten südlichen Gebieten aufgrund extremer Hitzewellen zu Wüstenbildung kommt;

11.  betont, dass dieser Mangel an Diversifizierung in der regionalen Wirtschaftsstruktur bestimmter Regionen die Gefahr birgt, ein negatives Bild dieser Regionen zu prägen, und zwar auch bei ihren Bewohnern, die möglicherweise ihre Unzufriedenheit mit der Lebensqualität und den ihnen zur Verfügung stehenden Einrichtungen und Dienstleistungen zum Ausdruck bringen; äußert sich in dieser Hinsicht besorgt darüber, dass in vielen Regionen der Union, in denen sich die Menschen im Stich gelassen fühlen, eine „Geografie der Unzufriedenheit“ entsteht, die eng mit dem demografischen Wandel zusammenhängt; hebt in diesem Zusammenhang den Effekt der Abwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften hervor, der dazu führt, dass sich sehr gut ausgebildete und hochqualifizierte Menschen aus einem bestimmten Gebiet oder Land in ein anderes begeben; weist insbesondere darauf hin, dass der „Exodus“ von medizinischem Personal wie Ärzten und Pflegekräften sowie Lehrkräften, der infolge der empfindlichen Kürzungen bei den öffentlichen Mitteln für Gesundheits- und Sozialleistungen in den vergangenen Jahren zugenommen hat, zu einer Verschlechterung der Qualität der medizinischen Versorgung und Ausbildung geführt hat, wodurch es vor allem in abgelegenen und ländlichen Gebieten sowie in Gebieten in äußerster Randlage schwierig ist, Zugang zu hochwertiger Versorgung und Ausbildung zu erhalten;

12.  ist der Ansicht, dass auch städtische Gebiete von der Abwanderung betroffen sind, da jede fünfte Stadt in Europa seit 1990 Bevölkerungsverluste zu verzeichnen hat; stellt jedoch fest, dass der Rückgang der städtischen Bevölkerung nicht immer gleichförmig und linear verläuft und je nach räumlichem Kontext episodisch oder temporär sein kann;

13.  unterstreicht, dass insofern eine „innere Peripherisierung“ zu beobachten ist, als mittel-, ost- und südeuropäische Regionen eine überaus hohe Abwanderung, nord- und westeuropäische Regionen hingegen eine überaus hohe Zuwanderung verzeichnen, wobei letztere viele Wirtschaftsmigranten aufnehmen; ist der Ansicht, dass diese Schere zwischen den Regionen in ländlichen Gebieten noch weiter auseinanderklafft, wo die Mittel der Kohäsionspolitik und der GAP gezielter in Innovationen gelenkt werden müssen, um jungen Menschen einen Anreiz zu bieten, den Beruf des Landwirts zu ergreifen, und entschiedener für die Digitalisierung, die Mobilität im ländlichen Raum und die Entwicklung intelligenter Städte sowie für landwirtschaftliche Familienunternehmen verwendet werden müssen, die dabei unterstützt werden sollen, Nutzen aus der Innovation und den neuen Technologien zu ziehen;

Zuwanderungsregionen

14.  erkennt an, dass die Ballungsräume der Großstädte eine Zuwanderung mit charakteristischen Bevölkerungsbewegungen vom Land in die Stadt verzeichnen, die eine Folge des Beschäftigungswachstums sind, das sich zunehmend in den Städten konzentriert;

15.  stellt weiter fest, dass die Abwanderung in Regionen mit einem hohen Anteil an Personen mit hohem Bildungsniveau und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für diese geringer ist;

16.  hebt hervor, dass die Wirtschaftszweige der wissensbasierten Wirtschaft zur Regionalentwicklung beitragen, da sie ein hohes Maß an Sozialkapital, Vernetzung und Technologie bieten; erkennt an, dass innovative Wirtschaftstätigkeiten in der Regel in technologisch fortgeschritteneren Regionen angesiedelt sind, in denen ausreichende Agglomerationen von „intelligenten“ Unternehmen leichter zugänglich sind;

17.  unterstreicht andererseits, dass die übermäßige Konzentration der Bevölkerung in bestimmten städtischen Gebieten bereits zu unerfreulichen Begleiterscheinungen wie Verkehrsstaus, steigenden Wohn- und Transportkosten, Umweltverschmutzung, Verknappung der Wasserversorgung, Müllentsorgungsproblemen, hohem Energieverbrauch, Verschlechterung der Lebensqualität und Zersiedelung sowie zu einem erheblichen Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung und zu Unsicherheit für bestimmte Bevölkerungsgruppen geführt hat, unterstreicht, dass die lokalen Gebietskörperschaften daher nicht in der Lage sind, allen Bewohnern der städtischen Gebiete Dienstleistungen anzubieten; weist auf bestimmte nachteilige Folgen der hohen Bevölkerungsdichte in Städten hin, die durch die COVID-19-Pandemie zutage getreten sind;

18.  stellt fest, dass Migration einen unmittelbaren Einfluss auf die Inklusivität von Städten hat, weswegen maßgeschneiderte politische Antworten und Unterstützungsmaßnahmen in unterschiedlichen räumlichen Kontexten erforderlich sind; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass Wirtschaftsmigranten höhere Beiträge an Steuern und Sozialabgaben entrichten als sie an individuellen Sozialleistungen erhalten; hebt hervor, dass Maßnahmen zur Eingliederung verstärkt und lokale und regionale Gebietskörperschaften in dieser Hinsicht unterstützt werden müssen;

Maßgeschneiderte Antworten: Lösungen für die Herausforderung des Bevölkerungsschwunds

19.  stellt die Bedeutung laufender Initiativen wie der Europäischen Innovationspartnerschaft im Bereich „Aktivität und Gesundheit im Alter“, der Initiative für ein Leben in unterstützender Umgebung und der Wissens- und Innovationszentren des EIT für Digitales und Gesundheit heraus; fordert die Kommission auf, die in diesen Initiativen bereits entwickelten Lösungen für den demografischen Wandel bei der Bewältigung der demografischen Herausforderungen, mit denen die europäischen Regionen konfrontiert sind, zu berücksichtigen; betont, wie wichtig der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen für die Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung in von Abwanderung bedrohten Regionen ist;

20.  betont, dass lokale, regionale und nationale Behörden, Fachverbände und nichtstaatliche Organisationen von entscheidender Bedeutung dafür sind, den besonderen Investitionsbedarf in ländlichen und städtischen Gebieten in den Bereichen Mobilität, Verkehrsanbindung und Grundversorgung zu ermitteln und zu einzuschätzen und somit das Potenzial der betreffenden Gebiete zu erschließen, wozu auch die wirtschaftliche, soziale und demografische Entwicklung gehört; ist daher der Ansicht, dass sie sich in einer tragenden Rolle tatkräftig daran beteiligen sollten, räumliche Strategien zu entwickeln, die von Gemeinschaften vor Ort ausgehen; hebt hervor, wie wichtig es ist, in die einschlägigen Programme der Union nach Möglichkeit eigene Haushaltsmittel für die Umkehrung demografischer Entwicklungen einzustellen und Folgenabschätzungen zu den demografischen Auswirkungen staatlicher Maßnahmen durchzuführen; weist darauf hin, dass eine raumbezogene Herangehensweise im Rahmen von Instrumenten der Union, wie die nachhaltige Stadtentwicklung, von der örtlichen Bevölkerung betriebene Strategien für lokale Entwicklung oder Integrierte Territoriale Investitionen (ITI), ein nützliches Werkzeug sein kann, das zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Steigerung der Attraktivität von Regionen und zur Verbesserung des Zugangs zu Dienstleistungen auf lokaler Ebene eingesetzt werden kann; erkennt an, dass die Kreislaufwirtschaft und die Bioökonomie großes Potenzial für die Wiederbelebung dieser Gebiete bergen, und fordert eine maßgeschneiderte technische Unterstützung, um Kommunal- und Regionalbehörden bei der Konzeption und Umsetzung dieser Strategien zu helfen, auch mittels partizipativer Methoden, bei denen sich lokale Akteure, Sozialpartner und die Zivilgesellschaft einbringen können;

21.  weist darauf hin, dass eine europäische Agenda für den ländlichen Raum erarbeitet werden muss, die darauf abzielt, die Anbindung zu verbessern, die Attraktivität zu steigern und die nachhaltige Entwicklung ländlicher und abgelegener Gebiete voranzutreiben, sodass sie dazu beiträgt, dass die Lieferkette und der Binnenmarkt reibungslos funktionieren; stellt fest, dass die Anbindung und die Attraktivität dieser Gebiete verbessert werden können, indem Unternehmer und KMU Zugang zu Kapital erhalten und Investitionen in innovative Ökosysteme getätigt werden, um die Wissenserzeugung und die Technologieverbreitung voranzubringen, sowie indem hochwertige öffentliche Dienstleistungen und eine hochwertige Grundversorgung bereitgestellt werden und Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung, auch für kleine Unternehmen, digitaler Innovation und digitaler Anbindung sowie hochwertige Verkehrsdienstleistungen ergriffen werden; ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf möglichst effiziente Weise ein angemessenes Dienstleistungsangebot ermitteln sollten und dass die Auswirkungen politischer Maßnahmen und Strategien auf den ländlichen Raum geprüft werden sollten, um den besonderen Bedürfnissen ländlicher und abgelegener Gebiete gerecht zu werden, wobei der Schwerpunkt auf der Umsetzung der Strategien und angemessenen Lösungen liegen sollte;

22.  bekräftigt, dass Verkehrsnetze wesentlich dazu beitragen können, den demografischen Wandel anzugehen und der Abwanderung entgegenzuwirken, indem sie die Anbindung zwischen Land und Stadt, etwa durch Investitionen in den öffentlichen Verkehr und andere Mobilitätsdienste im ländlichen Raum, verbessern; unterstreicht in dieser Hinsicht, dass es wichtig ist, die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern, auch indem bestehende Verkehrsverbindungen instandgehalten und wiederbelebt und Verbindungen zum TEN-V geschaffen werden, die insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten, in Inselgebieten und in Gebieten in äußerster Randlage wichtig sind, indem der Übergang zu nachhaltigen und intelligenten Verkehrsnetzen gefördert und die Interoperabilität der Verkehrssysteme im Rahmen der umfassenden Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität verbessert wird;

23.  ist der Ansicht, dass der nachhaltige ländliche Tourismus eine tragende Rolle dabei spielen könnte, der Abwanderung entgegenzuwirken, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und die wirtschaftliche und demografische Diversifizierung des ländlichen Raums zu verbessern;

24.  erkennt an, dass den Bedürfnissen und Herausforderungen des ländlichen Raums, auch denen, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, beim Übergang zur Klimaneutralität und zu einer nachhaltigen und intelligenten Mobilität im Einklang mit den Zielen des Grünen Deals Rechnung getragen werden muss; ist ferner der Ansicht, dass diese Investitionen den Weg für einen gerechten und gleichberechtigten Übergang zu einer digitalen Wirtschaft und einem digitalen Online-Bildungssystem ebnen werden, zu denen alle Bürger, auch die am stärksten schutzbedürftigen, Zugang haben; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Kohäsionspolitik durch Investitionen in hochwertige öffentliche Dienste und eine hochwertige Grundversorgung von grundlegender Bedeutung ist;

25.  ist der Ansicht, dass die Städteagenda der Union, in der die wichtigsten Prioritäten und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität im städtischen Raum festgelegt sind, zur Entwicklung geeigneter Instrumente zur Förderung von Wachstum, Integration, Zusammenarbeit und Innovation sowie zur Bewältigung sozialer Herausforderungen beitragen könnte; beharrt ebenso darauf, dass Strategien zur Förderung der wissensbasierten Wirtschaft und der intelligenten Spezialisierung in europäischen Regionen entwickelt werden müssen, u. a. indem Wissensnetze auf- und ausgebaut und Investitionen in Humankapital gefördert werden; stellt die Bedeutung von Städten und Regionen sowohl in dünn als auch in dicht besiedelten Gebieten heraus; bekräftigt, dass den Städten und Regionen unmittelbar weitere Finanzierungsmöglichkeiten geboten werden müssen, um Programme vor Ort umzusetzen, und fordert, dass die Europäische Stadtinitiative bestmöglich genutzt wird;

26.  unterstreicht, dass die Kohäsionspolitik dazu beitragen sollte, die Teilhabe von Frauen an der Strategieplanung im Bereich der Regional- und Stadtentwicklung zu verbessern, sodass Städte und Gemeinden geschlechtergerecht gestaltet und allen Bürgerinnen und Bürgern gerecht werden; ist ferner der Ansicht, dass mit Investitionen im Rahmen des ESF+ die Beschäftigungsfähigkeit von Frauen und Alleinerziehenden, denen es schwer fällt, Arbeit zu finden, verbessert, Fördermittel für erschwingliche Kinderbetreuungseinrichtungen sichergestellt und junge Familien unterstützt werden sollten; weist erneut darauf hin, dass auch anhand von Beratungsdiensten und Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung auf die Bedürfnisse von Kindern eingegangen werden sollte, die von einem Familienangehörigen betreut werden oder alleine leben, während die Eltern im Ausland arbeiten; stellt die Bedeutung familienfreundlicher Rechtsvorschriften heraus, die es erleichtern, Berufs- und Privatleben auf zufriedenstellende Weise miteinander zu vereinbaren;

27.  unterstreicht, dass auch darin investiert werden sollte, junge Menschen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und andere schutzbedürftige Gruppen dabei zu unterstützen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder sich auf dem Arbeitsmarkt zu halten und einen hochwertigen Arbeitsplatz zu finden, wobei den am stärksten entvölkerten ländlichen und abgelegenen Gebieten besondere Aufmerksamkeit zukommen sollte; ist der Ansicht, dass auch maßgeschneiderte Schulungen als Möglichkeit geprüft werden sollten, das Konzept der „Ökonomie des Wohlergehens“ und Ansätze für ein gesundes und aktives Altern zu fördern;

28.  weist erneut darauf hin, dass bei der Bewältigung demografischer Herausforderungen auch den Bedürfnissen ethnischer Minderheiten Rechnung getragen werden muss;

29.  weist erneut darauf hin, dass es sowohl auf Unionsebene als auch auf nationaler und regionaler Ebene Strategien zur Umkehrung der Arbeitsmigration braucht; fordert die Behörden auf lokaler, regionaler und nationaler sowie auf Unionsebene auf, Strategien zu entwickeln, die darauf abzielen, Gebiete im Hinblick auf die dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten attraktiver zu machen, und dem Wegzug hochqualifizierter Arbeitskräfte aus Abwanderungsregionen durch Prävention, Abhilfe und geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken und sich dabei der Mittel der Kohäsionspolitik zu bedienen; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass es in einzelnen Mitgliedstaaten bereits mehrere Initiativen gibt, wie z. B. Anreize für Arbeitnehmer mit hochspezialisierten Fähigkeiten, die darauf abzielen, die Abwanderung in eine Zuwanderung von Hochqualifizierten für die betreffenden Gebiete umzukehren;

30.  betont, dass die COVID-19-Gesundheitskrise alle Mitgliedstaaten und Regionen in unterschiedlichem Maße getroffen hat und die Bevölkerungsströme voraussichtlich in neue Richtungen lenken wird; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass die zusätzlichen Mittel, die im Rahmen von REACT-EU für den EFRE und den ESF zur Verfügung gestellt werden, – bei denen es sich jedoch um ein befristetes Instrument handelt, das dazu dient, eine solide und robuste Erholung der Wirtschaft der Union von der Krise sicherzustellen – wesentlich dazu beitragen könnten, Menschen in Beschäftigung zu halten und dort, wo die Bevölkerung abzuwandern droht, neue Arbeitsplätze zu schaffen, u. a. durch Unterstützung von KMU und Selbstständigen; begrüßt die Einführung flexibler Arbeitsregelungen, darunter Telearbeit oder Kurzarbeitsregelungen, und unterstreicht, dass diese Unterstützung frei von Diskriminierung gewährt werden muss;

31.  weist diesbezüglich darauf hin, dass die Pandemie verdeutlicht hat, dass die Digitalisierung in allen Wirtschaftsbereichen von großer Bedeutung dafür ist, die Auswirkungen der gebotenen Abstandsregelungen und der Einschränkungen der Bewegungsfreiheit abzufedern und zudem Gesundheitsüberwachung, telemedizinische Sprechstunden und andere medizinische Leistungen in dünn besiedelten Regionen bzw. in Regionen mit ungünstigen natürlichen oder demografischen Gegebenheiten zu ermöglichen; vertritt die Auffassung, dass diese Möglichkeiten genutzt werden sollten, um neue Arbeitsplätze in Regionen mit einer alternden Bevölkerung zu schaffen;

32.  weist auf die während der COVID-19-Krise zunehmende Verbreitung der Telearbeit hin und vertritt die Auffassung, dass diese zur Umkehrung von Abwanderungsentwicklungen aus ländlichen Gebieten beitragen kann, da sie es jungen, gut ausgebildeten Menschen ermöglicht, in Regionen zu bleiben, die sie ansonsten verlassen würden; ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, zu erwägen, wie sich die Telearbeit zukünftig auf die Mobilität innerhalb der Union und die Attraktivität bestimmter Regionen auswirken könnte;

Politische Empfehlungen

33.  fordert die Kommission auf, eine Strategie zum Umgang mit dem demografischen Wandel vorzuschlagen, die auf den folgenden Hauptelementen beruht: menschenwürdige Beschäftigungsbedingungen, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die territoriale Dimension von Maßnahmen zur Förderung von wirtschaftlichen Aktivitäten und Beschäftigung, die flächendeckende Versorgung mit Sozialdienstleistungen der Daseinsvorsorge, ein gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr und angemessene Betreuungsangebote für pflegebedürftige Personen, darunter auch für die Langzeitpflege, wobei ein besonderes Augenmerk auf neu aufkommende Arbeitsformen und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen gerichtet werden sollte;

34.  fordert die Mitgliedstaaten und die regionalen Gebietskörperschaften nachdrücklich auf, mit Hilfe der kohäsionspolitischen Instrumente die demografischen Herausforderungen in umfassender Weise zu bekämpfen, und befürwortet die Förderung intelligenter Dörfer und anderer struktureller Anreize, um die Menschen in den betroffenen Regionen zu halten und junge Menschen zu einem Zuzug in ländliche Regionen und Gebiete im städtischen Umland zu veranlassen;

35.  weist darauf hin, dass mit der Aufbau- und Resilienzfazilität umfangreiche finanzielle Mittel bereitgestellt werden, um die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten widerstandsfähiger und zukunftsfester zu machen, und fordert nachdrücklich, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen je nach ihren jeweiligen Gegebenheiten Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels insbesondere in den am stärksten benachteiligten Gebieten vorschlagen; ist der Ansicht, dass lokale und regionale Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung dieser Pläne aktiv eingebunden werden müssen, da es sich hierbei um einen besonders wichtigen Bereich für die Bewertung der Pläne und ihre anschließende Umsetzung durch die Mitgliedstaaten handelt; vertritt die Auffassung, dass Synergien zwischen der Kohäsionspolitik und den Programmen des Aufbauinstruments „Next Generation EU“ entwickelt werden sollten, damit umfassendere Lösungsansätze für die demografischen Herausforderungen zum Tragen kommen;

36.  hebt hervor, wie wichtig der Fonds für einen gerechten Übergang und seine Umsetzungsverfahren sind, deren Ziel die Unterstützung von durch die Energiewende betroffenen Personengruppen, die Unterstützung ländlicher sowie ehemals von Industrie geprägter Gebiete und die Verringerung des Risikos der Abwanderung ist; vertritt die Auffassung, dass örtliche und regionale Genossenschaftsinitiativen in dieser Hinsicht unterstützt werden sollten;

37.  weist darauf hin, dass der demografische Wandel eine entscheidende Herausforderung für die Union darstellt und bei der Gestaltung und Umsetzung von Programmen vorrangig berücksichtigt werden sollte; weist diesbezüglich darauf hin, dass eines der wichtigsten in der Verordnung über den EFRE und den Kohäsionsfonds für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 genannten Ziele die Unterstützung städtischer und ländlicher Gebiete mit ungünstigen geografischen oder demografischen Gegebenheiten ist, wobei die Mitgliedstaaten die Unionsmittel für Projekte verwenden müssen, die eine ökologisch nachhaltige und gesellschaftlich inklusive wirtschaftliche Entwicklung in diesen Regionen fördern; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass insbesondere NUTS-3-Regionen oder Zusammenschlüsse lokaler Verwaltungseinheiten (LAU) mit einer Bevölkerungsdichte von weniger als 12,5 Einwohnern pro km2 oder mit einem durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungsrückgang von mehr als 1 % zwischen 2007 und 2017 unterstützt werden und im Rahmen der Kohäsionspolitik in den Genuss besonderer regionaler und nationaler Entwicklungsmaßnahmen kommen sollten, damit bessere Verkehrsanbindungen und eine flächendeckende Versorgung mit IKT-Konnektivität geschaffen, der Zugang zu sozialen Dienstleistungen und ihre Qualität verbessert, unternehmerische Initiativen gefördert und hochwertige Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden; begrüßt den neuen Artikel der Verordnung über den EFRE und den Kohäsionsfonds, gemäß dem die nationalen Entwicklungspläne eine Unterstützung von Regionen und Gebieten, die mit einem anhaltenden Bevölkerungsrückgang konfrontiert sind, vorsehen müssen;

38.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Mittel des ESF und des Fonds für einen gerechten Übergang in größerem Maße in Anspruch zu nehmen und mit Investitionen auf nationaler und lokaler Ebene zu kombinieren, um gesellschaftliche Ausgrenzung, Energiearmut und materielle Unterversorgung sowie die digitale Kluft und digitale Ausgrenzung insbesondere in ländlichen Gebieten und unter jungen Menschen, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen wirksam zu bekämpfen und für Zugang zu digitalen Instrumenten und Programmen sowie zu einer erschwinglichen Kommunikationsinfrastruktur zu sorgen; fordert daher zugängliche und bezahlbare Möglichkeiten, um digitale Kompetenzen auf eine Art zu erwerben, die an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst ist; weist darauf hin, dass diese Initiativen bessere Erfolgsaussichten haben, wenn mit ihnen die Möglichkeit eines Austauschs zwischen den Generationen einhergeht; vertritt daher die Ansicht, dass die Potenziale von Digitalisierung, Robotisierung und künstlicher Intelligenz weiter erforscht und gefördert werden sollten, um die Selbständigkeit, die Lebensbedingungen und den Gesundheitszustand von älteren Menschen zu verbessern, wobei für hohe ethische Standards Sorge getragen und gleichzeitig für Inklusion gesorgt werden muss;

39.  weist erneut darauf hin, dass im Rahmen der Kohäsionspolitik, der Gemeinsamen Agrarpolitik, der nationalen Strategiepläne und der nationalen strategischen Konjunkturprogramme weitere standortbasierte und integrierte Ansätze erforderlich sind, um eine einfachere, aber gleichzeitig solide Verwaltung der finanziellen Mittel zu ermöglichen und die Synergien zwischen den verschiedenen Unionsfonds und integrierten Instrumenten zu maximieren; hebt hervor, dass die verwaltungstechnischen Kapazitäten ausgebaut werden müssen, damit der bürokratische Aufwand verringert wird und eine kohärente Gesetzgebung sowie eine gezielte technische Unterstützung während des gesamten Projektumsetzungsprozesses erfolgen können;

40.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Programmplanung und Umsetzung der Kohäsionspolitik 2021–2027 unter umfassender Beachtung des Partnerschaftsprinzips durchzuführen und die besonderen Bedürfnisse von Regionen mit ungünstiger demografischer Entwicklung in ihren Partnerschaftsvereinbarungen zu berücksichtigen; hebt hervor, dass den regionalen und subregionalen Bedürfnissen Vorrang eingeräumt werden muss, und zwar auch im Hinblick auf demografische und migrationsbezogene Aspekte und auf bestimmte (städtische und ländliche) Gebiete bezogene Herausforderungen; weist darauf hin, dass diese Strategien mit Folgenabschätzungen für die betroffenen Gebiete und für die Bevölkerungsentwicklung einhergehen sollten, die parallel zu wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Folgenabschätzungen durchgeführt werden sollten; fordert die Kommission auf, die umfassende Umsetzung des Verhaltenskodex für Partnerschaften zu überwachen und gegebenenfalls sicherzustellen, da dies zu einem Anstieg der Ausschöpfungsquote bei den Maßnahmen der Kohäsionspolitik sowie zu einer Verbesserung der Qualität der Projekte beitragen kann;

41.  fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Gestaltung ihrer nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, ihrer nationalen entwicklungspolitischen Maßnahmen, ihrer langfristigen Strategien für eine nachhaltige Entwicklung und ihrer jeweiligen kohäsionspolitischen Programme die unterschiedlichen demografischen Herausforderungen zu berücksichtigen, und zwar in Verknüpfung mit den Zielen des Europäischen Semesters, damit für eine angemessene Finanzierung gesorgt wird, die Abwanderung bekämpfen, negative Entwicklungen umkehren und Gebiete aufwerten soll;

42.  fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die staatlichen Stellen auf nationaler Ebene in Regionen, die von Abwanderung bedroht sind, auf, ihre Investitionen auf die Aufwertung dieser Regionen für junge Familien sowie unter Einbindung von KMU und Unternehmen für Dienstleistungsmanagement auf die allgemeine Zugänglichkeit von hochwertigen Dienstleistungen und Infrastruktur und auf die Schaffung von Arbeitsplätzen insbesondere für junge Menschen und die Umschulung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu konzentrieren, indem unternehmerische Initiative gefördert wird und KMU unterstützt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Ziele stärker zu unterstützen; vertritt die Auffassung, dass insbesondere in ländlichen Gebieten und in den Gebieten in äußerster Randlage Investitionen in alle Bildungsebenen, darunter auch in frühkindliche Bildung, in erschwingliche, zugängliche und ausgewogene Mobilitätsdienste, in Kinderbetreuungseinrichtungen, um die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt zu fördern, und in lebenslanges Lernen Vorrang haben sollten; vertritt die Auffassung, dass insbesondere Bedingungen geschaffen werden müssen, damit junge Menschen in diesen Regionen bleiben können, und gegen vorzeitigen Schulabbruch vorgegangen werden muss, indem auf lokaler und regionaler Ebene attraktive Bildungs-, Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten, einschließlich digitaler Kompetenzen, in Form von Präsenz- oder Fernunterricht angeboten werden, um junge Menschen darin zu bestärken, ihren Bildungsweg in diesen Regionen fortzusetzen; weist darauf hin, dass die Regionen dabei auf umfassende Unterstützung vonseiten der Union und der Mitgliedstaaten angewiesen sind;

43.  fordert, dass Gebiete wie Mayotte oder Französisch-Guayana, die mit einem starken Bevölkerungszuwachs konfrontiert sind, stärker unterstützt werden, indem ausreichende Finanzmittel bereitgestellt werden, um für die Aufrechterhaltung grundlegender Dienstleistungen insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Verkehr in ausreichendem Umfang sowie mit angemessener Qualität Sorge zu tragen;

44.  befürwortet die Einbeziehung von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in langfristige genossenschaftliche Steuerungs- und Planungsinitiativen auf verschiedenen Ebenen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren für den Einsatz und die Vorteile dieser Art von Steuerungs- und Planungsinstrumenten für eine polyzentrische Entwicklung zu vermitteln und für die weitere Ausgestaltung von Maßnahmen auf Unionsebene und auf einzelstaatlicher Ebene im Bereich des demografischen Wandels das Instrument der territorialen Folgenabschätzung (Territorial Impact Assessment, TIA) zu nutzen; weist diesbezüglich erneut darauf hin, dass die Regionen aktiv und real an der Planung und Verwaltung der Aufbau- und Resilienzfazilität beteiligt werden müssen, damit deren Wirksamkeit verbessert wird;

45.  vertritt die Auffassung, dass Innovation und Forschung auf die regionale Ebene ausstrahlen können; fordert die politischen Entscheidungsträger auf regionaler und einzelstaatlicher Ebene auf, die neue Aufbau- und Resilienzfazilität und den EFRE zu nutzen, um in den Breitbandausbau zu investieren, damit sich die digitale und wissensbasierte Wirtschaft entfalten kann, sowie in Ressourcen, qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen und Anreize zu investieren, um hochqualifizierte Arbeitskräfte zu halten, damit Forschungszentren in den verschiedenen Regionen ausgebaut werden können, um so die Attraktivität von Abwanderungsregionen insbesondere für junge Talente und Jungunternehmerinnen und -unternehmer zu verbessern; fordert die Weiterentwicklung von Synergien zwischen den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und dem Programm „Horizont Europa“ sowie anderen Initiativen, etwa den vom Europäischen Innovations- und Technologieinstitut geförderten; vertritt zudem die Auffassung, dass Steueranreize für Wirtschaftsinvestitionen in Form von ermäßigten Steuersätzen für Familien und Steueranreizen für Arbeitnehmer und Selbstständige die Schaffung von Arbeitsplätzen und Investitionsmöglichkeiten fördern würden; vertritt ferner die Auffassung, dass Anreize für junge Familien, damit diese ihren ersten Wohnsitz erwerben, sowie eine größere Flexibilität der staatlichen Regelungen in Erwägung gezogen werden könnten, um den Bevölkerungsrückgang zu bekämpfen;

46.  fordert die Regionen auf, ihre Wettbewerbsvorteile gemäß den Strategien für intelligente Spezialisierung zu nutzen; empfiehlt die Entwicklung von sogenannten „Oasenstrategien“, die sich darauf konzentrieren, das lokale Entwicklungspotenzial für die erfolgreichsten, dynamischsten und wachstumsstärksten Sektoren der Region zu nutzen; fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, in die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen zu investieren und sich dabei vor allem darauf zu konzentrieren, ausgebildete junge Arbeitskräfte anzuziehen, Arbeitskräfte zu halten, unternehmerische Initiativen zu fördern und Anreize auf lokaler, nationaler und Unionsebene zu nutzen; betont ferner, dass Maßnahmen zur Förderung der Solidarität zwischen den Generationen, des aktiven Alterns und der Möglichkeiten der Branchen der sogenannten Seniorenwirtschaft als wichtiger Strategiewandel für den ländlichen Raum unterstützt werden müssen, damit das Problem der Bevölkerungsalterung in eine Chance für die Entwicklung des ländlichen Raums umgewandelt wird;

47.  betont, dass eine umfassendere räumliche Perspektive im Sinne der „Neuen Leipzig-Charta. Die transformative Kraft der Städte für das Gemeinwohl“ und der Territorialen Agenda 2030 erforderlich ist, um die Zusammenarbeit von mittelgroßen und kleineren Städten auszubauen, damit deren bedeutendes Potenzial zur Stärkung des territorialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhalts über ihre unmittelbaren Grenzen hinaus durch intensivere Verknüpfungen zwischen Stadt und Land, die Schaffung funktionaler Gebiete und eine stärkere Zusammenarbeit auf regionaler Ebene genutzt wird;

48.  fordert die Kommission auf, bei der Bekämpfung von demografischen Herausforderungen den Schwerpunkt auf die strategische Koordinierung auf Unionsebene in Bezug auf Fragen im Zusammenhang mit funktionalen Bereichen der Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen, wie z. B. grenzüberschreitend, makroregional und zwischen Stadt und Land, zu legen;

49.  fordert, dass sich die Investitionen auf die Informations- und Kommunikationstechnologie und das Humankapital konzentrieren sollten, da diese das Potenzial haben, die Nutzer einander anzunähern und hochqualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen, sodass die digitale Kluft verhindert und für digitalen Zusammenhalt gesorgt werden kann; hebt hervor, dass IKT-Infrastrukturen, die Entwicklung und Einführung dieser Technologien in KMU und Schulen in ländlichen und abgelegenen Regionen bzw. Insel- und Bergregionen sowie in Regionen im industriellen Wandel finanziell gefördert werden müssen, und zwar unter anderem mithilfe von Mitteln der Aufbau- und Resilienzfazilität und der Kohäsionsfonds im Allgemeinen; hebt hervor, dass angestrebt werden muss, diese Technologien gleichmäßig und gleichzeitig in den Regionen und Mitgliedstaaten bereitzustellen, um das Attraktivitätsgefälle und die digitale Spaltung zu verringern;

50.  erkennt an, dass „Magnetstädte“ in erster Linie zum Aufbau von regionalen „Wachstumszentren“ beitragen; hebt dennoch hervor, dass mittelgroße Städte eine entscheidende Rolle bei der regionalen Entwicklung spielen, und fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Strategien für eine gleichartige Entwicklung dieser Städte in die Praxis umzusetzen;

51.  ist der Ansicht, dass Kommunen „offene Innovationsinitiativen“ fördern sollten, indem sie vorhandene Kenntnisse nutzen, um den Innovationsprozess zu beschleunigen und einen kollaborativen Ansatz mit einschlägigen Partnern und Interessenvertretern zu entwickeln, um regionale Innovationsökosysteme zu schaffen;

52.  weist darauf hin, dass die blaue Wirtschaft das Potenzial hat, die negative Bevölkerungsentwicklung in den Insel- und Küstenrandregionen der Union umzukehren; hebt hervor, dass eine geeignete Umsetzung von Aktivitäten im Rahmen der blauen Wirtschaft dazu beitragen könnte, der Abwanderung in bestimmten südeuropäischen Regionen entgegenzuwirken und wirtschaftliche Wertschöpfungen von den Küstenstädten in das ländlich geprägte Hinterland zu tragen, die soziale Inklusion voranzubringen und die im Rahmen des Europäischen Grünen Deals festgelegten Ziele zu erreichen, sofern diese Aktivitäten sorgfältig begleitet werden, damit Umweltschäden abgemildert und der gesellschaftliche und wirtschaftliche Nutzen auf die gesamte Wertschöpfungskette, etwa auf kleine Unternehmen, das ländliche Umland und die Bevölkerung vor Ort, ausgedehnt werden;

53.  empfiehlt gegebenenfalls grundlegende Reformen der Bildungs- und Ausbildungssysteme in den Mitgliedstaaten, unter anderem durch die Ausarbeitung von Ausbildungsgängen für Berufe, die in Form von Telearbeit ausgeübt werden können, verbunden mit Maßnahmen gegen eine anhaltende Abwanderung von Hochqualifizierten aus den Abwanderungsregionen; fordert, lokale und regionale Vorteile zu nutzen sowie wirtschaftliche und soziale Einrichtungen vor Ort zu entwickeln und passgenaue Lösungen zu schaffen, um nicht nur die Abwanderung hochqualifizierter Kräfte zu verhindern, sondern dieses Phänomen auch umzukehren; weist darauf hin, dass die berufliche Aus- und Weiterbildung zusammen mit der Mobilität der Arbeitskräfte genutzt werden kann, um Kompetenzen und berufliche Erfahrung weiterzugeben, die Qualifikationen von Arbeitnehmern zu verbessern und sie auf die dynamischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt vorzubereiten und so zu verhindern, dass Fachkräfte abwandern; fordert die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, den Zugang zur dualen Ausbildung zu erleichtern, um den Übergang von der Ausbildung zur Beschäftigung zu verbessern; erwägt zudem die Förderung von europaweiten „Diaspora-Strategien“, die die Rückkehr von Menschen, die aus einer weniger attraktiven Region abgewandert sind, fördern sollen, wobei der Schwerpunkt auf Hochschulstudentinnen und -studenten der Bereiche Landwirtschaft und Agrarwirtschaft liegen sollte, für die es Anreize geben sollte, nach ihrem Abschluss in ihre Heimatregionen zurückzukehren, um zu deren wirtschaftlicher Entwicklung beizutragen;

54.  fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Initiative zur langfristigen Vision für ländliche Gebiete praktische Lösungen und Unterstützungsmöglichkeiten für die Bewältigung des demografischen Wandels und die Entwicklung peripherer Regionen beinhaltet; vertritt die Ansicht, dass sich diese langfristige Vision für ländliche Gebiete zu einer echten europäischen Agenda für den ländlichen Raum mit greifbaren und konkreten Zielen entwickeln sollte, wobei alle einschlägigen regionalen und lokalen Akteure sowohl in ihre Struktur als auch in ihre Umsetzung einbezogen werden sollten; vertritt zudem die Auffassung, dass sie eine Strategie für die durchgängige Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung mit Instrumenten zur Folgenabschätzung beinhalten sollte; fordert die Kommission auf, im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen „New Deal“ zur Demografie in der Union in Form eines strategischen Ansatzes auf mehreren Ebenen vorzuschlagen, der zu einer europäischen Strategie für die Bevölkerungsentwicklung führen soll; vertritt die Auffassung, dass Probleme der Bevölkerungsentwicklung wie Abwanderung und Überalterung bei der Konferenz zur Zukunft Europas thematisiert werden sollten;

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55.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen sowie den nationalen und regionalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 53.
(2) ABl. C 356 vom 4.10.2018, S. 10.
(3) ABl. C 153 E vom 31.5.2013, S. 9.
(4) ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 566.
(5) Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1).
(6) Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77).
(7) Ares(2020)3866098.
(8) Ares(2020)6799640.
(9) https://ec.europa.eu/info/files/report-impact-demographic-change-reader-friendly-version-0_de
(10) Quelle: INSEE (Französisches Nationales Institut für Statistik und Wirtschaftsplanung), Vereinte Nationen.


Auswirkungen der EU-Vorschriften auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr: Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU als Instrument zur Abstimmung von Anforderungen und Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu den Auswirkungen der EU-Vorschriften auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr: Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU als Instrument zur Abstimmung von Anforderungen und Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt (2020/2007(INI))
P9_TA(2021)0249A9-0066/2021

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  gestützt auf Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  gestützt auf die Artikel 45, 56, 153, 154 und 174 AEUV,

–  unter Hinweis auf die vom Europäischen Rat, vom Parlament und von der Kommission im November 2017 proklamierte europäische Säule sozialer Rechte,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

–  unter Hinweis auf die grundlegenden Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und die Übereinkommen und Empfehlungen der IAO zur Arbeitsverwaltung und Arbeitsaufsicht,

–  unter Hinweis auf den umfassenden rechtlichen Besitzstand der Europäischen Union zu Gesundheitsschutz und Sicherheit bei der Arbeit, insbesondere die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit(1) und seine Einzelrichtlinien und zugehörigen Richtlinien,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2020 zur Umschulung und Weiterbildung als Grundlage für mehr Nachhaltigkeit und eine bessere Beschäftigungsfähigkeit im Kontext der Förderung der wirtschaftlichen Erholung und des sozialen Zusammenhalts,

–  unter Hinweis auf die politischen Leitlinien für die nächste Europäische Kommission 2019–2024: „Eine Union, die mehr erreichen will – Meine Agenda für Europa“, vorgelegt von Kandidatin für die Kommissionspräsidentschaft Ursula von der Leyen,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/1149 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004, (EU) Nr. 492/2011 und (EU) 2016/589 sowie zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2016/344(2),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union(3),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/589 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2016 über ein Europäisches Netz der Arbeitsvermittlungen (EURES), den Zugang von Arbeitnehmern zu mobilitätsfördernden Diensten und die weitere Integration der Arbeitsmärkte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 492/2011 und (EU) Nr. 1296/2013(4),

–  unter Hinweis auf den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/170 der Kommission vom 2. Februar 2018 über einheitliche detaillierte Spezifikationen für die Datenerhebung und -analyse zur Überwachung und Bewertung der Funktionsweise des EURES-Netzes,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 2. April 2019 über die EURES-Tätigkeiten von Januar 2016 bis Juni 2018,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit(5),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit(6),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates(7),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs(8),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft(9),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates(10),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage)(11),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen(12),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen(13),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben(14),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 1999/63/EG des Rates vom 21. Juni 1999 zu der vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und dem Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union (FST)(15) getroffenen Vereinbarung über die Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten, geändert durch die Richtlinie 2009/13/EG des Rates vom 16. Februar 2009 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006(16),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen(17),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen(18),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“)(19),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2020/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 zur Festlegung besonderer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor und zur Änderung der Richtlinie 2006/22/EG bezüglich der Durchsetzungsanforderungen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012(20),

–  unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2019/1181 des Rates vom 8. Juli 2019 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten(21),

–  unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2016/344 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Einrichtung einer Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit(22),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2017 über den Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen und zur Aufhebung der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen(23),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Juni 2020 zum europäischen Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise(24),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. September 2017 zu einer neuen europäischen Agenda für Kompetenzen(25),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Januar 2014 über wirksame Kontrollen am Arbeitsplatz als Strategie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Europa(26),

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 15. Juli 2020 zu dem Thema „Europäischer Aufbauplan und der mehrjährige Finanzrahmen 2021–2027“,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 5. Mai 2020 zum Thema „Nachhaltige Finanzierung des lebenslangen Lernens und der Kompetenzentwicklung vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels“ (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des kroatischen Ratsvorsitzes),

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen mit dem Titel „Abwanderung von Hochqualifizierten in der EU: Bewältigung der Herausforderung auf allen Ebenen“ (C 141/34),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 1. Juli 2020 mit dem Titel: „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“ (COM(2020)0274) und die begleitenden Arbeitsdokumente der Kommissionsdienststellen (SWD(2020)0121) und (SWD(2020)0122),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. Januar 2020 mit dem Titel „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ (COM(2020)0014),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Dezember 2019 mit dem Titel „Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020“ (COM(2019)0650),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Juni 2016 mit dem Titel „Eine neue europäische Agenda für Kompetenzen“ (COM(2016)0381),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht der Kommission und des Rates vom 17. Dezember 2019, der der Mitteilung der Kommission zur jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 als Begleitunterlage beigefügt ist,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 25. September 2019 zur Anwendung und Umsetzung der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“) (COM(2019)0426),

–  unter Hinweis auf den Jahresbericht 2019 der Kommission über die Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU,

–  unter Hinweis auf den Cedefop-Bericht mit dem Titel „Skills forecast trends and challenges to 2030“ (Prognose zum Qualifikationsbedarf und Herausforderungen für 2030),

–  unter Hinweis auf den Eurofound-Bericht von 2010 mit dem Titel „Posted workers in the European Union“(27) (Entsandte Arbeitnehmer in der Europäischen Union) und die Berichte auf nationaler Ebene,

–  unter Hinweis auf die Frühjahrsprognose 2020 der Kommission vom 6. Mai 2020,

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) vom 24. April 2020 mit dem Titel „COVID-19: Rückkehr an den Arbeitsplatz – Anpassung der Arbeitsplätze und Schutz der Arbeitnehmer“,

–  unter Hinweis auf die Studie des Europäischen Parlaments von 2015 zu sozialen Rechten und Arbeitnehmerrechten in der EU und zu EU-Binnenmarktvorschriften,

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der Kommission vom 17. Juli 2020 für Saisonarbeitnehmer in der EU im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9. Oktober 2020 über die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Saisonarbeitnehmern und anderen mobilen Arbeitskräften,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 13. Oktober 2020 für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie,

–  unter Hinweis auf die Studie der Kommission von 2015 mit dem Titel „Study on wage setting systems and minimum rates of pay applicable to posted workers in accordance with Directive 96/71/EC in a selected number of Member States and sectors“ (Studie zu Lohnfestsetzungssystemen und Mindestlohnsätzen für gemäß der Richtlinie 96/71/EG entsandte Arbeitnehmer in einer Reihe von Mitgliedstaaten und Wirtschaftszweigen),

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der Kommission vom 30. März 2020 zur Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitskräfte während des COVID-19-Ausbruchs,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Mai 2020 mit dem Titel „Hin zu einem abgestuften und koordinierten Vorgehen zur Wiederherstellung der Freizügigkeit und zur Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen – COVID-19“ (C2020/C 169/03),

–  unter Hinweis auf den Bericht von Eurofound aus dem Jahr 2015 mit dem Titel „Social dimension of intra-EU mobility: Impact on public services“ (Soziale Dimension der Mobilität innerhalb der EU: Auswirkungen auf die öffentlichen Dienstleistungen),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A9-0066/2021),

A.  in der Erwägung, dass Nichtdiskriminierung ein in den Verträgen verankertes Grundprinzip ist; in der Erwägung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ein Grundprinzip der Europäischen Union ist; in der Erwägung, dass sich aus dem in Artikel 45 Absatz 2 AEUV verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung ergibt, dass die Freizügigkeit von Arbeitnehmern die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfassen muss:

B.  in der Erwägung, dass die Union gemäß Artikel 3 Absatz 3 EUV „soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz“ fördert; in der Erwägung, dass die Union nach Maßgabe von Artikel 9 AEUV bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politiken und ihrer Maßnahmen den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung tragen muss;

C.  in der Erwägung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit Grundprinzipien des Binnenmarkts sind;

D.  in der Erwägung, dass in Bezug auf die Freizügigkeit von Arbeitnehmern sowie den freien Dienstleistungsverkehr die in der europäischen Säule sozialer Rechte verankerten Grundsätze eingehaltenwerden sollten; in der Erwägung, dass dem Engagement der Union für die Agenda 2030 der Vereinten Nationen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung, den europäischen Grünen Deal und die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter, einschließlich des Schutzes und der Förderung gerechter Löhne, der Gleichstellung der Geschlechter und menschenwürdiger Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, in allen Binnenmarktstrategien durchgängig Rechnung zu tragen ist, wobei soziale und ökologische Erwägungen gebührend zu berücksichtigen sind;

E.  in der Erwägung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, einschließlich der Saisonarbeitnehmer, für das europäische Aufbauwerk von wesentlicher Bedeutung ist; in der Erwägung, dass sie von beiderseitigen Nutzen sowohl für die entsendenden als auch für die aufnehmenden Mitgliedstaaten sein kann und auf diesem Wege auch die Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts unterstützt werden; in der Erwägung, dass die Union und die Mitgliedstaaten das Potenzial der innerhalb der EU stattfindenden Mobilität voll ausschöpfen und gleichzeitig die Einhaltung der geltenden Vorschriften zur Mobilität der Arbeitnehmer wirksam durchsetzen müssen;

F.  in der Erwägung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der freie Dienstleistungsverkehr zum Wirtschaftswachstum und zum Zusammenhalt in der Union beitragen und durch sie Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden; in der Erwägung, dass der Binnenmarkt nur dann nachhaltig sein und den Wohlstand erhöhen kann, wenn er auf gerechten und gemeinsamen Vorschriften und auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung begründet ist, insbesondere in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und den freien Dienstleistungsverkehr;

G.  in der Erwägung, dass die Union auch künftig eine maßgebliche Aufgabe bei der Unterstützung des Austauschs über bewährte Verfahren auf allen Ebenen der Verwaltung und bei der Ausarbeitung von Orientierungshilfen und Empfehlungen in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern zur Sicherstellung menschenwürdiger Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für alle Menschen, auch für schutzbedürftige Gruppen von Arbeitnehmern, übernehmen sollte;

H.  in der Erwägung, dass das sich der freie Dienstleistungsverkehr in sozialer Hinsicht sowohl günstig als auch ungünstig auf die Herkunftsregionen der mobilen Arbeitnehmer und auf die Regionen, in denen sie beschäftigt sind, auswirken kann; in der Erwägung, dass der Arbeitskräftemangel und die Abwanderung von Fachkräften, ausgelöst durch das derzeitige wirtschaftliche und soziale Ungleichgewicht zwischen den Regionen der Union, insbesondere nach der Finanzkrise, in einigen Mitgliedstaaten ein kritisches Niveau erreicht haben, was zu weiteren Problemen wie demografischen Schieflagen, Defiziten bei der Gesundheitsversorgung und Mangel an medizinischem Personal sowie insgesamt zu zunehmender Ungleichheit zwischen den Regionen geführt hat; in der Erwägung, dass ländliche und abgelegene Gebiete von diesen Phänomenen besonders stark betroffen sind; in der Erwägung, dass eine nachhaltige Industriepolitik und eine solide Kohäsionspolitik erforderlich sind, um hochwertige Arbeitsplätze in im Wandel befindlichen Wirtschaftszweigen und Regionen zu erhalten und zu schaffen, um eine Abwanderung von Fachkräften und unfreiwillige Mobilität zu verhindern;

I.  in der Erwägung, dass der Arbeitskostenwettbewerb dem Zusammenhalt unter den Mitgliedstaaten abträglich ist; in der Erwägung, dass ein abgestimmtes Konzept auf der Ebene der Union erforderlich ist, damit ein unlauterer Arbeitskostenwettbewerb vermieden und die soziale Aufwärtskonvergenz für alle erhöht wird; in der Erwägung, dass wirksame Rechtsvorschriften und Tarifverträge von maßgeblicher Relevanz sind, wenn es darum geht, für menschenwürdige Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, hochwertige Dienstleistungen und fairen Wettbewerb zu sorgen;

J.  in der Erwägung, dass in bestimmten Regionen grenzüberschreitend tätige Personen soziale und wirtschaftliche Vorteile erzeugen;

K.  in der Erwägung, dass es zum Schutz der Rechte mobiler Arbeitnehmer, zur Stärkung der Einhaltung der geltenden Vorschriften und zur Förderung gleicher Wettbewerbsbedingungen und eines fairen Wettbewerbs zwischen allen Unternehmen wichtig ist, die grenzübergreifende Durchsetzung der Unionsvorschriften im Bereich der Arbeitskräftemobilität zu verbessern, zu vereinheitlichen und abzustimmen und gegen Verstöße, darunter nicht angemeldete Erwerbstätigkeit, vorzugehen;

L.  in der Erwägung, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer in der Union in Kleinstunternehmen bzw. kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU) beschäftigt ist; in der Erwägung, dass KKMU und Selbstständige am meisten unter Verstößen gegen die Rechtsvorschriften der Union leiden; in der Erwägung, dass widersprüchliche nationale Rechtsvorschriften, unnötiger Verwaltungsaufwand und unlauterer Wettbewerb zu den Hauptschwierigkeiten für KKMU, Selbstständige und ehrliche Unternehmen im Binnenmarkt gehören; in der Erwägung, dass Initiativen, die auf KKMU und Start-up-Unternehmen ausgerichtet sind, den Unternehmen dabei helfen sollten, die geltenden Vorschriften einzuhalten, und nicht zu unnötigem Verwaltungsaufwand, zweierlei Maß oder niedrigeren Schutznormen für Arbeitnehmer führen dürfen;

M.  in der Erwägung, dass die Digitalisierung eine einmalige Gelegenheit zur Erleichterung der Mobilität bietet und gleichzeitig einen Beitrag zur Überprüfung der strikten Einhaltung der Unionsvorschriften im Bereich der Mobilität der Arbeitnehmer leistet;

N.  in der Erwägung, dass die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) eingerichtet wurde, damit Fairness und Vertrauen in den Binnenmarkt, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Entsendung von Arbeitnehmern und die mit großer Mobilität verbundene Erbringung von Dienstleistungen gestärkt werden, damit die Einhaltung der Unionsvorschriften zur Mobilität der Arbeitnehmer und die Koordinierung der Sozialversicherungsregelungen überwacht werden und damit der Austausch über bewährte Verfahren und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern bei der Sicherstellung einer fairen Mobilität der Arbeitnehmer und der Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit verbessert werden; in der Erwägung, dass die Förderung von gerechten Löhnen, der Gleichstellung der Geschlechter sowie menschenwürdiger Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen bei der Schaffung eines gut funktionierenden, fairen und nachhaltigen Binnenmarktes von maßgeblicher Bedeutung sind;

O.  in der Erwägung, dass es sich bei der ELA um eine gerade geschaffene Einrichtung handelt, die ihre volle Einsatzfähigkeit voraussichtlich 2024 erreichen wird;

P.  in der Erwägung, dass die Entsendung von Arbeitnehmern, Leiharbeit und Saisonarbeit ihrem Wesen und ihrer rechtlichen Definition nach vorübergehend sind;

Q.  in der Erwägung, dass Arbeitnehmer vor einem Mangel an angemessenem Rechtsschutz und Zugang zu Sozialversicherungssystemen stehen, was häufig auf missbräuchliche Formen atypischer Beschäftigung, Konstrukte wie Scheinselbstständigkeit, unbezahlte und/oder nur schlecht bezahlte Bereitschaftsdienste, sogenannte Null-Stunden-Verträge, die missbräuchliche Nutzung befristeter Arbeitsverträge und Praktika als Ersatz für reguläre Arbeitsverträge, auch im öffentlichen Sektor, und die Nutzung von Briefkastenfirmen zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass diese Probleme daher angegangen werden sollten; in der Erwägung, dass der zunehmende Rückgriff auf verschiedene Unterauftragsvereinbarungen auch zu einer missbräuchlichen Nutzung führen könnte, was wiederum Gegenmaßnahmen erforderlich macht; in der Erwägung, dass die Mobilität der Arbeitnehmer innerhalb der EU, die direkt auf Artikel 45 AEUV beruht, auf natürliche Weise dazu beitragen kann, den langfristigen Arbeitskräftebedarf unter Nutzung von Standardbeschäftigungsformen, die den Unionsbürgern ohne Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit offenstehen, zu decken;

R.  in der Erwägung, dass der soziale Zusammenhalt einer der wichtigsten Grundsätze der Union ist; in der Erwägung, dass es in der Union dessen ungeachtet nach wie vor erhebliche Unterschiede bei den Lebens- und Arbeitsbedingungen gibt; in der Erwägung, dass höhere Löhne und ein höheres BIP, eine solide soziale Sicherheit, ein leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt und höhere Beschäftigungsquoten zu den wichtigsten Anreizen gehören, wenn es um die Mobilität innerhalb der EU geht(28); in der Erwägung, dass auf der anderen Seite Armut, soziale Ausgrenzung, schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen und fehlende Sozialhilfe Schubfaktoren für die Mobilität innerhalb der EU sind; in der Erwägung, dass der anhaltende Arbeitskräftemangel in einigen kritischen Wirtschaftszweigen in einer Reihe von Mitgliedstaaten sich weitgehend auch auf schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne zurückzuführen lässt; in der Erwägung, dass dieser Mangel dadurch angegangen werden sollte, dass die Arbeitsbedingungen in diesen Wirtschaftszweigen verbessert werden, insbesondere durch sozialen Dialog und Tarifverhandlungen, anstatt Wanderarbeitnehmern und mobilen Arbeitnehmern, einschließlich grenzüberschreitend erwerbstätigen Personen und Grenzgängern, und/oder nicht angemeldeten Arbeitnehmern die gering entlohnte Arbeit unter schlechten Bedingungen zu überlassen;

S.  in der Erwägung, dass die Entscheidung über die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit stets freiwillig und nicht durch mangelnde Möglichkeiten im Wohnsitzmitgliedstaat bedingt sein sollte; in der Erwägung, dass eine gerechte Mobilität auf der Grundlage solider sozialer Rechte und Arbeitsrechte eine Voraussetzung für eine nachhaltige europäische Integration, sozialen Zusammenhalt und einen gerechten Übergang ist;

T.  in der Erwägung, dass missbräuchliche Praktiken wie Sozial- und Umweltdumping die öffentliche Unterstützung für die Union und eine weitere europäische Integration schwächen, dem Funktionieren des Binnenmarkts und der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere von KKMU und Selbständigen, abträglich sind und die Rechte der europäischen Arbeitnehmer beeinträchtigen; in der Erwägung, dass daher die Überwachung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften verstärkt werden muss; in der Erwägung, dass das Prinzip „Vorfahrt für KMU“ bei der Ausarbeitung von Gesetzgebungsvorschlägen auf Unionsebene gebührend berücksichtigt werden sollte; in der Erwägung, dass widersprüchliche Bestimmungen in den nationalen Rechtsvorschriften Hindernisse für KKMU schaffen und daher vermieden werden sollten;

U.  in der Erwägung, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung eine Voraussetzung für die soziale Marktwirtschaft und die soziale Aufwärtskonvergenz ist und die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften und Tarifverträge des Bestimmungslandes erfordert, um somit gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen lokalen und mobilen Arbeitnehmern sowie zwischen einheimischen und ausländischen Dienstleistern sicherzustellen;

V.  in der Erwägung, dass über 8 % der mobilen Arbeitnehmer in den Bereichen Gesundheitsversorgung und Sozialarbeit, über 7 % im Verkehrsleistungsbereich und über 10 % in der Beherbergungsbranche und Gastronomie tätig sind; in der Erwägung, dass mobile Arbeitnehmer und Saisonarbeitnehmer für die Mitgliedstaaten häufig unverzichtbar sind, beispielsweise in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Pflege von älteren Menschen oder Menschen mit Behinderung oder auch im Baugewerbe;

W.  in der Erwägung, dass mindestens 80 Millionen Arbeitnehmer in Europa nicht über die geeignete Qualifikation verfügen und mehr als fünf von zehn schwer zu besetzenden Stellen in hochqualifizierten Berufen zu finden sind(29);

X.  in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie einmal mehr gezeigt hat, dass hochmobile Arbeitnehmer, die häufig innerhalb der Union umziehen, unerlässlich sind; in der Erwägung, dass die Pandemie auch gezeigt hat, dass Saisonarbeiter, entsandte Arbeitnehmer, Wanderarbeiter und mobile Arbeitnehmer, einschließlich grenzüberschreitend erwerbstätiger Personen und Grenzgängern, während der Pandemie immens zum Fortbestand der Wirtschaft der Union wie auch des internationalen Handels der Union beigetragen haben; in der Erwägung, dass sie als Arbeitnehmer an vorderster Front ein enormes Gesundheitsrisiko für sich selbst und ihre Familien eingegangen sind; in der Erwägung, dass sich Saisonarbeiter als unentbehrlich erwiesen haben, um viele europäische landwirtschaftliche Betriebe am Laufen zu halten; in der Erwägung, dass hochmobile Arbeitnehmer zugleich aber auch nach wie vor am meisten gefährdet und am wenigsten geschützt sind; in der Erwägung, dass diese Arbeitnehmer in der ersten Phase der COVID-19-Pandemie am stärksten von den unkoordinierten Grenzmanagementmaßnahmen betroffen waren;

Y.  in der Erwägung, dass Saisonarbeitskräfte und entsandte Arbeitnehmer während der COVID-19-Pandemie häufig nicht über eine grundlegende Gesundheitsversorgung, angemessene Unterkünfte und persönliche Schutzausrüstung verfügten und auch nicht angemessen informiert wurden; in der Erwägung, dass sie häufig nur unzureichenden oder gar keinen Zugang zu den Sozialschutzsystemen in den Aufnahmemitgliedstaaten hatten, was auch Krankengeld und Kurzzeitarbeitslosenprogramme einschließt; in der Erwägung, dass sie in einigen Fällen sogar abgeschoben wurden; in der Erwägung, dass die Mobilität der Arbeitnehmer in hohem Maße von den verfügbaren Verkehrsmitteln abhängt und die Arbeitnehmer von Inseln und Gebieten in äußerster Randlage der Union daher besonders hart getroffen sind; in der Erwägung, dass Grenzschließungen auch grenzüberschreitend erwerbstätige Personen und Grenzgänger getroffen haben, indem ihr Weg zu ihren Arbeitsplätzen und zurück zu ihren Familien erschwert und ihr Zugang zu Sozial- und Gesundheitsdiensten einschränkt wurde; in der Erwägung, dass mobile Arbeitnehmer in einigen Fällen unter Diskriminierung und unter schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen gelitten haben, die zu Ausbrüchen von COVID-19 führten;

Z.  in der Erwägung, dass durch die COVID-19-Pandemie die schwierigen und häufig unzumutbaren Arbeits- und Lebensbedingungen von Hunderttausenden von Saisonarbeitnehmern, bei denen es sich zumeist um mobile Arbeitnehmer handelt, und von einigen der über eine Million entsandten Arbeitnehmern in der EU aufgedeckt und verschlechtert wurden; in der Erwägung, dass ihre ohnehin schon prekären Bedingungen durch Fälle von struktureller Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und eine unzureichende Durchsetzung der geltenden Gesetze und Vorschriften noch weiter verschärft werden;

AA.  in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie zahlreiche strukturelle Mängel im europäischen Rechtsrahmen und in den nationalen Rechtsrahmen aufgezeigt hat; in der Erwägung, dass viele dieser Mängel nicht nur auf die Pandemie zurückzuführen sind; in der Erwägung, dass diese Mängel dringend auf der Ebene der Union und der Mitgliedstaaten behoben werden sollten, um einen fairen Wettbewerb und die Gleichbehandlung im Binnenmarkt sicherzustellen; in der Erwägung, dass sich die COVID-19-Pandemie tiefgreifend und nachhaltig auf die europäischen Arbeitsmärkte auswirkt;

AB.  in der Erwägung, dass die Mobilität der Arbeitnehmer und insbesondere die Entsendung von Arbeitnehmern nicht zu einem Wettbewerb führen darf, der auf prekären Arbeitsbedingungen und der Umgehung der Arbeitgeberpflichten und der geltenden nationaler Rechtsvorschriften und Tarifverträge in den Aufnahmemitgliedstaaten beruht, da solche missbräuchlichen Praktiken nur zu Spannungen zwischen den Mitgliedstaaten, unlauterem Wettbewerb zwischen Unternehmen und Misstrauen unter den Arbeitnehmern führen; in der Erwägung, dass diese nachteiligen Auswirkungen, darunter die Abwanderung von Fachkräften und unlauterer Wettbewerb, auch auf das Fehlen einer sozialen Aufwärtskonvergenz zurückzuführen sein können; in der Erwägung, dass die Mobilität der Arbeitnehmer als Chance wahrgenommen werden, den Austausch von Kompetenzen und Berufserfahrung erleichtern und die soziale Aufwärtskonvergenz fördern sollte; in der Erwägung, dass die Vorschriften über die Mobilität und die Entsendung von Arbeitnehmern nicht zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führen dürfen; in der Erwägung, dass die Entsendevorschriften auch für die von einem Mitgliedstaat in einen anderen entsandten Staatsangehörigen gelten, die besonders anfällig für Ausbeutung sind und daher besonderer Aufmerksamkeit seitens der nationalen Arbeitsaufsichtsbehörden und der ELA bedürfen;

AC.  in der Erwägung, dass das Missverhältnis von Qualifikationsangebot und -nachfrage und der Fachkräftemangel große Herausforderungen für den Arbeitsmarkt und die Bildungs- und Ausbildungssysteme der EU bedeuten; in der Erwägung, dass dies einen erheblichen Bedarf an der Verbesserung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, wenn es darum geht, sie zukunftssicherer und vorausschauender zu machen, sowie an der Verbesserung des Systems der Um- und Weiterqualifizierung von Arbeitnehmern offenbart; in der Erwägung, dass es jedoch immer noch keine offiziellen Statistiken oder Indikatoren zur Messung des Missverhältnisses von Qualifikationsangebot und -nachfrage auf den europäischen Arbeitsmärkten gibt;

AD.  in der Erwägung, dass von einer weiteren Polarisierung der Arbeitsplätze auszugehen ist und die Zahl der Arbeitsplätze am oberen und am unteren Ende des Qualifikationsspektrums zunehmen wird;

AE.  in der Erwägung, dass die digitale Kluft zwischen Stadt und Land sowie die Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die digitale Kluft nach wie vor wichtige Herausforderungen sind, die unverzüglich angegangen werden müssen; in der Erwägung, dass in der Erwerbsbevölkerung ein erheblicher Mangel an digitalen und umweltbezogenen Kompetenzen besteht, der unter anderem durch lebenslanges Lernen beseitigt werden sollte;

AF.  in der Erwägung, dass Investitionen der Unternehmen in Aus- und Weiterbildung sowie in Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen ein wichtiges Mittel sind, um Fachkräfte für sich zu gewinnen; in der Erwägung, dass die gegenseitige Anerkennung und die Transparenz von Qualifikationen eine wichtige Aufgabe bei der Konvergenz der Berufsbilder, der Dienstleistungsfreiheit und der fairen Mobilität der Arbeitnehmer übernehmen;

AG.  in der Erwägung, dass die Entwicklung des Systems zur Anerkennung informell erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten, etwa im Fall von Pflegepersonen, in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden sollte; in der Erwägung, dass diese Entwicklung angesichts der aktuellen demografischen Herausforderungen und Trends im Zusammenhang mit alternden Gesellschaften in den Mitgliedstaaten äußerst wichtig ist;

AH.  in der Erwägung, dass wirksame Dreiparteiengespräche und der soziale Dialog die Bemühungen von Regierungen und Institutionen um die Bewältigung der gegenwärtigen Spannungen und Spaltungen in der EU erfolgreich ergänzen können; in der Erwägung, dass die Einbeziehung der Sozialpartner das Potenzial birgt, die Politikgestaltung, -umsetzung und -durchsetzung zu verbessern, und auf allen politischen Ebenen weiter gestärkt werden muss;

AI.  in der Erwägung, dass es kein unionsweites System für eine systematische Datenerhebung gibt, in dem geeignete Daten über mobile Arbeitnehmer erfasst werden oder das es diesen ermöglichen würde, ihren Sozialversicherungsstatus leicht und rasch zu ermitteln und die einzelnen erworbenen Ansprüche geltend zu machen; in der Erwägung, dass der Zugang zu Informationen über geltende Vorschriften sowie deren wirksame Einhaltung, Überwachung und Durchsetzung notwendige Voraussetzungen für eine faire Mobilität und Maßnahmen gegen die missbräuchliche Nutzung des Systems sind; in der Erwägung, dass deshalb digitale Technologie, durch die die Kontrolle und Durchsetzung der Rechtsvorschriften zum Schutz der Rechte mobiler Arbeitnehmer erleichtert werden können, unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften gefördert und eingesetzt werden sollte;

1.  weist darauf hin, dass das Bestimmungslandprinzip das Leitprinzip der Dienstleistungsrichtlinie ist, und ist der Ansicht, dass diese Bestimmung nicht geändert werden sollte; betont, dass im freien Dienstleistungsverkehr die Arbeitnehmer- und Sozialrechte gewahrt werden müssen; weist erneut darauf hin, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Freizügigkeit nicht nur für Dienstleistungserbringer, sondern gleichermaßen für Arbeitnehmer gelten; ist der Ansicht, dass der freie Dienstleistungsverkehr Hand in Hand mit der freien und fairen Mobilität der diese Dienstleistungen erbringenden Arbeitnehmer geht und dass es dem Binnenmarkt zugutekommt, wenn die Vorschriften über Arbeitsbedingungen eingehalten werden sowie für den Schutz der Gesundheit der mobilen Arbeitnehmer und für deren Sicherheit gesorgt wird; betont, dass zur Verbesserung der Rechte und des Schutzes der europäischen Arbeitnehmer beigetragen werden könnte, wenn die in der europäischen Säule der sozialen Rechte verankerten Grundsätze als Mindestnormen umgesetzt werden;

2.  betont, dass die Rechtsvorschriften der Union über den freien Dienstleistungsverkehr in keiner Weise die Ausübung der in den Mitgliedstaaten und auf Unionsebene anerkannten Grundrechte, einschließlich des Streikrechts oder des Rechts auf Durchführung anderer Maßnahmen, die unter die spezifischen Systeme der Arbeitsbeziehungen in den Mitgliedstaaten gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten fallen, beeinträchtigen und auch nicht das Recht berühren dürfen, Tarifverträge auszuhandeln, abzuschließen und durchzusetzen oder kollektive Maßnahmen im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zu ergreifen; betont, dass hochwertige Rechtsvorschriften und ihre wirksame Umsetzung eine langfristige Investition sind;

3.  weist darauf hin, dass sich der Schutz der Arbeits- und Lebensbedingungen mobiler Arbeitnehmer, basierend auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung, auf die gesamte Freizügigkeit der Arbeitnehmer sowie die Dienstleistungsfreiheit erstrecken muss; ist besorgt über die anhaltenden Defizite beim Schutz mobiler Arbeitnehmer, einschließlich grenzüberschreitend erwerbstätiger Personen und Grenzgängern, die durch die COVID-19-Pandemie zutage getreten sind; betont, dass Arbeitskräfte wegen der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit oder wegen Bestimmungen der Union über den freien Dienstleistungsverkehr kein Benachteiligung erfahren dürfen; betont, dass etwaige regulatorische Mängel auf Unionsebene und auf nationaler Ebene unverzüglich behoben werden müssen; betont ferner, dass die geltenden Rechtsvorschriften über den Zugang zu sozialen Rechten und den Schutz der sozialen Sicherheit, was auch ihre Übertragbarkeit, die Anerkennung von Diplomen, Qualifikationen und Kompetenzen und den Zugang zu Ausbildung einschließt, im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und den freien Dienstleistungsverkehr eingehalten werden müssen; weist erneut darauf hin, dass bei jedweder Beschränkung des Grenzverkehrs in der EU, auch wenn sie als Reaktion auf die schwere Krise der öffentlichen Gesundheit erlassen wird, ihre Auswirkungen auf mobile Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind und auf deren besondere Situation einzugehen ist;

4.  ist besorgt darüber, dass die Mitgliedstaaten das Unionsrecht, etwa die kürzlich überarbeitete Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern(30), gegenwärtig nicht einheitlich auslegen, was zu fehlender Rechtsklarheit und bürokratischem Aufwand für die Unternehmen führt, die in mehr als einem Mitgliedstaat Dienstleistungen erbringen; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten während des gesamten Umsetzungsprozesses unmittelbar zu unterstützen, damit eine einheitliche Auslegung des europäischen Rechts sichergestellt wird;

5.  betont in diesem Zusammenhang, dass den Arbeitnehmern, die in den Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union leben, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, und dass die Mobilität dieser Arbeitnehmer in Richtung des Kontinents sowie zwischen den Regionen in äußerster Randlage gefördert werden muss;

6.  bedauert, dass im Jahr 2019 nur 4,2 % der Unionsbürger im erwerbsfähigen Alter in einem anderen EU-Land als dem ihrer Staatsangehörigkeit lebten(31); fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um den Abbau von Mobilitätshindernissen für Arbeitnehmer und Unternehmen zu intensivieren;

7.  weist darauf hin, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit sichergestellt werden muss, um die Beschäftigung und Wirtschaft in bestimmten Regionen zu erhalten und um dafür zu sorgen, dass bestimmte Tätigkeiten wie die Landwirtschaft aufrechterhalten werden;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die überarbeitete Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern ordnungsgemäß und rechtzeitig umzusetzen, um entsandte Arbeitnehmer und ihre Freiheit, während ihrer Entsendung Dienstleistungen zu erbringen, zu schützen, indem verbindliche Bestimmungen über die Arbeitsbedingungen und den Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer festgelegt werden;

9.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit, die in allen Tarifverträgen enthaltenen Bestimmungen über Löhne und Arbeitsbedingungen auf entsandte Arbeitnehmer in der EU anzuwenden, möglichst weitgehend zu nutzen, um für gleiches Entgelt für gleiche Arbeit am selben Ort für die Arbeitnehmer und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen im Rahmen der Umsetzung der überarbeiteten Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern zu sorgen;

10.  fordert die Kommission auf, die Entwicklungstendenzen, die die Arbeitsbedingungen der entsandten Drittstaatsangehörigen betreffen, eingehend zu untersuchen; betont, dass unter Umständen auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchung politische Maßnahmen auf der Ebene der Union oder der Mitgliedstaaten erforderlich werden; ist zutiefst besorgt über die derzeitige Zunahme des Anteils von Drittstaatsangehörigen in Branchen, die für prekäre Arbeitsbedingungen und missbräuchliche Verstöße bekannt sind; hebt hervor, dass Drittstaatsangehörige oftmals verstärkt für Ausbeutung anfällig sind und daher Schutz benötigen; betont, dass Ausbeutung missbräuchliche Praktiken wie vorgetäuschte Entsendung, Scheinselbstständigkeit, betrügerische Vergabe von Unteraufträgen, betrügerische Personalvermittlungen, Briefkastenfirmen und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit umfasst; weist darauf hin, dass Drittstaatsangehörige in der EU arbeiten dürfen, wenn sie im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind, vorausgesetzt, dass die im Arbeitsrecht der EU und der Mitgliedstaaten verankerten Garantien einen angemessenen Schutz und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für diese Staatsangehörigen wirksam sicherstellen, ohne den Arbeitsmarkt zu verzerren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei dem Umgang mit Drittstaatsangehörigen für die Einhaltung der geltenden Gesetze und Vorschriften zu den Beschäftigungsbedingungen zu sorgen, um missbräuchliche Verstöße zu unterbinden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Schutzbestimmungen der Richtlinie 2009/52/EG umzusetzen und für zugängliche und wirksame Beschwerdeverfahren zu sorgen, dank derer fällige Löhne und Sozialversicherungsbeiträge erfolgreich eingefordert werden können;

11.  weist auf die Beschaffenheit europaweiter Versorgungsketten in strategischen Industriezweigen hin, die ein wichtiger Arbeitgeber sind, mobilen Arbeitskräften und Dienstleistungsunternehmen Beschäftigung bieten und in hohem Maße von nicht abgestimmten Maßnahmen wie unterschiedlichen Regeln für COVID-19-Tests und -Quarantänen, die von den Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um die Bekämpfung der Pandemie verabschiedet wurden, betroffen sind; fordert die Kommission auf, sicheren Bedingungen für Arbeitnehmer die gleiche Bedeutung beizumessen wie der Wiederherstellung der Freizügigkeit und des Warenverkehrs;

12.  weist erneut darauf hin, dass das Fehlen einheitlicher Quarantänezeiten, Testanforderungen und Reisebeschränkungen innerhalb der EU eine enorme Herausforderung für zahlreiche Unternehmen und viele mobile Arbeitnehmer und ihre Familien bedeutet, insbesondere in Branchen mit hoher Mobilität; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bemühungen um die Ausweitung des Sozialversicherungsschutzes, den Zugang zu Krankengeldern und Regelungen für zeitweilige Arbeitslosigkeit zu koordinieren, um auch grenzüberschreitend erwerbstätige Personen, Grenzgänger und mobile Arbeitnehmer zu schützen, insbesondere die Krisenopfer, die nunmehr mit Armut, Arbeitslosigkeit, sozialer Ausgrenzung und schlechten Lebensbedingungen zu kämpfen haben;

13.  bekräftigt, dass es für das tägliche Leben der Menschen von entscheidender Bedeutung ist, dass systemrelevante Güter wie Nahrungsmittel, Medizinprodukte oder Schutzausrüstungen jederzeit in der gesamten EU geliefert werden können; fordert die Kommission auf, in Krisenzeiten wie einer Pandemie den freien Verkehr systemrelevanter Güter und Dienstleistungen im Binnenmarkt sicherzustellen;

14.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten eindringlich auf, mobile Arbeitskräfte in strategischen Lieferketten des verarbeitenden Gewerbes, die etwa medizinische Ausrüstung betreffen, als systemrelevant bzw. kritisch einzustufen und daher die geltende Quarantänepflicht zu prüfen, sofern keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit besteht, was durch einschlägige Tests im Einklang mit der Empfehlung des Rates für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der COVID‑19-Pandemie nachgewiesen werden kann;

15.  fordert die Kommission auf, Defizite beim Schutz zu prüfen, um für menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen für mobile Arbeitnehmer zu sorgen und missbräuchlichen Praktiken vorzubeugen, und die Rechtsvorschriften der Union über die Vergabe von Unteraufträgen ordnungsgemäß durchzusetzen; fordert die Kommission auf, für eine allgemeine gesamtschuldnerische Haftung in der gesamten Untervergabekette zu sorgen, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen; betont, dass mit einer solchen Initiative die Transparenz erhöht und die Haftung der Hauptauftragnehmer in Untervergabeketten ausgeweitet werden sollte, indem die Zahlung sämtlicher Sozialversicherungsbeiträge und Ansprüche der Arbeitnehmer rechtlich garantiert wird und die nationalen Behörden nachdrücklich aufgefordert werden, wirksame und abschreckende Sanktionen zu verhängen, wann immer dies erforderlich ist; fordert die Kommission auf, sich für den Zugang der Gewerkschaften zu allen Arbeitsplätzen, auch zu Arbeitsplätzen außerhalb des Landes der Beschäftigung, einzusetzen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, diesen Zugang zu garantieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den sozialen Dialog und die Autonomie der Sozialpartner auszubauen und zu fördern und die Arbeitnehmer dabei zu unterstützen, sich zu organisieren, da dies ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung hoher Beschäftigungsstandards ist;

16.  fordert die Kommission auf, negative Entwicklungen bei der Mobilität der Arbeitnehmer und insbesondere das Phänomen der Fachkräfteabwanderung in bestimmten Branchen und Regionen zu analysieren; betont, dass die Bekämpfung der Fachkräfteabwanderung mit Maßnahmen zur Förderung der sozialen Aufwärtskonvergenz einhergehen muss; fordert eindringlich, dass die Mitgliedstaaten trotz der COVID-19-Pandemie den Grenzübertritt aus beruflichen Gründen zulassen und erleichtern sollten, wenn die berufliche Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat in den betreffenden Branchen gestattet ist, damit die Gleichbehandlung der lokalen und mobilen Arbeitnehmer sichergestellt wird; fordert die Kommission auf, insbesondere im Rahmen des Europäischen Semesters und der Veröffentlichung der länderspezifischen Empfehlungen eindeutige quantitative und qualitative Indikatoren festzulegen, um die Umsetzung und Einhaltung der Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu überwachen; fordert die Kommission auf, Empfehlungen zur Sicherstellung fairer, gerechter und menschenwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen für mobile Arbeitnehmer vorzulegen;

17.  betont, dass die Ziele der europäischen Säule sozialer Rechte, die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, der europäische Grüne Deal und die Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter auch in der Herangehensweise an den Binnenmarkt zum Ausdruck kommen müssen, indem strenge Sozial- und Umweltschutznormen als Voraussetzung für Produktivitätssteigerungen gefördert werden; hebt hervor, dass der Vergabe öffentlicher Aufträge bei der Verwirklichung dieser Ziele hohe Bedeutung zukommt;

18.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, vorrangig dafür zu sorgen, dass die ELA voll funktionsfähig wird, um die Anwendung und Durchsetzung des Unionsrechts im Bereich der Mobilität der Arbeitnehmer und der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu überwachen und zu fördern; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Kapazitäten und die Zusammenarbeit der zuständigen nationalen Behörden zu unterstützen und zu stärken, was auch für die Sozialpartner gilt, um eine faire, auf Rechten basierende Mobilität, angemessene Informationen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber über ihre Rechte und Pflichten sowie die wirksame grenzüberschreitende Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte, einschließlich der Übertragbarkeit von Rechten und Ansprüchen, sicherzustellen und wirksam gegen Betrug im Bereich der sozialen Sicherheit und gegen missbräuchliche Praktiken vorzugehen; ist der Auffassung, dass sich die ELA auf eine bessere Durchsetzung und Umsetzung des geltenden Unionsrechts konzentrieren sollte, damit der Wettbewerb im Binnenmarkt fair und gerecht ist; betont, dass die ELA dem Aufbau einer Echtzeit-Datenbank, mit der Informationen von ausländischen Dienstleistern validiert werden, Vorrang einräumen sollte, damit sie illegale Praktiken wirksam bekämpfen kann; hebt hervor, dass die ELA über ausreichende Mittel verfügen muss, um ihre Aufgaben wahrzunehmen; betont, dass durch die teilweise Einbeziehung von EURES in die ELA die Verbindung zwischen der Förderung der Freizügigkeit und der Bereitstellung von Informationen und der Einhaltung des einschlägigen Rechtsrahmens zum Schutz mobiler Arbeitnehmer und Bürger gestärkt werden sollte;

19.  fordert die Kommission auf, einen europäischen Rahmen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs im Bereich der Arbeitskosten vorzuschlagen, damit die vollständige Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung sowie von gleichem Lohn und gleiche Arbeitskosten bei gleicher Arbeit am selben Ort sichergestellt wird;

20.  weist erneut darauf hin, dass das Parlament die Kommission wiederholt aufgefordert hat, ihre Vorschläge für eine Elektronische Europäische Dienstleistungskarte und für eine Überarbeitung des Notifizierungsverfahrens für Dienstleistungen zurückzuziehen; begrüßt, dass dies schließlich im Arbeitsprogramm der Kommission für 2021 vorgesehen wurde;

21.  hebt hervor, dass die Einrichtung eines digitalen Systems zum Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten eine faire und gerechte Freizügigkeit der Arbeitnehmer sowie die Durchsetzung der einschlägigen Unionsvorschriften erleichtern könnte; fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag für eine digitale europäische Sozialversicherungsnummer (ESSN) nach einer Folgenabschätzung ohne unnötige Verzögerung auf den Weg zu bringen und dabei sicherzustellen, dass die ESSN strengen Datenschutzvorschriften unterliegt, was notwendig ist, um für Rechtssicherheit für Arbeitnehmer und Unternehmen, faire Mobilität und den wirksamen Schutz, die Übertragbarkeit, die Rückverfolgbarkeit und die Durchsetzung der Rechte der Arbeitnehmer zu sorgen sowie den fairen Wettbewerb zu unterstützen, mit dem gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen sichergestellt werden; ist der Auffassung, dass die ESSN die nationalen Sozialversicherungsnummern und -vorschriften ergänzen und den elektronischen Austausch von Informationen zur sozialen Sicherheit (EESSI) erleichtern sollte, damit die Koordinierung und der Informationsaustausch zwischen den zuständigen nationalen Behörden verbessert wird; weist darauf hin, dass mithilfe des ESSI eine schnelle und genaue Überprüfung des Status der Sozialversicherungsversicherung ermöglicht werden sollte, wodurch Einzelpersonen und Behörden einen Kontrollmechanismus an die Hand bekommen, mit dem Absicherung und Beitragszahlungen auf einfache Weise überprüft werden können;

22.  betont, dass die Vorschriften über Arbeitsmarktmobilität und Überwachungsverfahren, was auch gemeinsame Kontrollnormen, gemeinsame Kontrollen und einen Informationsaustausch umfasst, unter Anleitung der ELA und in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden weiter angepasst und abgestimmt werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Austausch über bewährte Verfahren zwischen den zuständigen nationalen Behörden zu intensivieren; fordert, dass die ELA in grenzüberschreitenden Fällen über echte Arbeitsaufsichtsbefugnisse in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden verfügt; fordert die ELA auf, die Datenerhebung zu verbessern, für Analysen und Risikobewertungen eine Echtzeit-Datenbank zur Arbeitsmobilität aufzubauen sowie Informationskampagnen und gezielte Kontrollen vorzubereiten; weist darauf hin, dass nach Empfehlung der IAO der Richtwert von einem Arbeitsaufsichtbeamten pro 10 000 Arbeitnehmer festgelegt werden sollte;

23.  hebt hervor, dass mit den Mitteln und Zuschüssen der Union ein Beitrag zu menschenwürdiger Arbeit geleistet werden sollte, um nachhaltige Entwicklung und sozialen Fortschritt zu fördern;

24.  weist erneut auf die Bedeutung des sozialen Dialogs hin und fordert in diesem Zusammenhang eine stärkere Einbeziehung der Sozialpartner in die Arbeit der Agenturen, Behörden, Ausschüsse und Organe der Union, um für praxisorientierte Initiativen und Rechtsvorschriften zu sorgen, die den unterschiedlichen europäischen Arbeitsmarktmodellen Rechnung tragen; hebt hervor, dass die Dreiparteiengespräche auf der Ebene der EU bei der Konzipierung und Umsetzung von Bestimmungen über die Erbringung von Dienstleistungen und über die Mobilität der Arbeitnehmer sowie die gegenseitige Anerkennung von Berufen, Diplomen, Qualifikationen und Kompetenzen im Einklang mit den in der europäischen Säule sozialer Rechte verankerten Grundsätzen verbessert werden müssen; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Gebietskörperschaften auf, mit den Sozialpartnern zusammenzuarbeiten, wenn es um die Konzipierung und Umsetzung der für die Fortbildung und Umschulung der Arbeitnehmer erforderlichen Unterstützungsstrukturen geht, wobei auch einschlägige öffentliche Maßnahmen durchzuführen und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen sind;

25.  betont, dass der Schutz der Arbeitnehmer und die Beteiligung der Sozialpartner in diesem Bereich in den Mittelpunkt des Unionsrechts gestellt werden müssen, damit das Funktionieren der Demokratie, Wirtschaftswachstum sowie hohe Sozial- und Umweltnormen sichergestellt werden;

26.  fordert die Kommission auf, so bald wie möglich einen neuen strategischen Rahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz nach 2020 vorzulegen und sich zu verpflichten, bis 2030 dafür zu sorgen, dass es nicht mehr zu arbeitsbedingten Todesfällen kommt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, Vorschläge für eine Richtlinie über arbeitsbedingte Belastungen und Erkrankungen des Bewegungsapparats, eine Richtlinie über psychisches Wohlbefinden am Arbeitsplatz und eine EU-Strategie für psychische Gesundheit zum Schutz aller Arbeitskräfte am Arbeitsplatz vorzulegen; fordert die Kommission ferner auf, eine ambitionierte Überarbeitung der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene vorzulegen und Grenzwerte für mindestens 50 Stoffe in die Richtlinie über die Gefährdung durch Karzinogene und Mutagene bei der Arbeit aufzunehmen; fordert, dass Stoffe mit schädlichen Auswirkungen auf das Fortpflanzungssystem in die Richtlinie aufgenommen werden;

27.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich – insbesondere im Rahmen der bevorstehenden Überarbeitung des strategischen Rahmens der Union für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz – mit der Erfordernis sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer und Selbständige mit besonderem Augenmerk auf der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu befassen und angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen für diese Arbeitnehmer sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, gegen das Problem der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit, einschließlich der nicht angemeldeten Saisonarbeit, im Rahmen einer verbesserten Zusammenarbeit mit der europäischen Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit, unter anderem durch eine bessere Sensibilisierung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern für ihre Rechte und Pflichten, vorzugehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, einheitliche Maßnahmen ohne Diskriminierung zu verhängen;

28.  fordert die Kommission und die ELA nachdrücklich auf, die zahlreichen Fälle eines verwehrten Zugangs zum Arbeitsmarkt sowie von Verstößen und Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen zu untersuchen, die während der COVID-19-Krise deutlich hervorgetreten sind; fordert die ELA auf, dafür Sorge zu tragen, dass den nationalen Sozialpartnern zugängliche, transparente und nichtdiskriminierende Verfahren zur Einreichung von Fällen bei der ELA zur Verfügung stehen und diese Fälle gemäß der Verordnung (EU) 2019/1149 wirksam weiterverfolgt werden;

29.  fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Empfehlungen der Kommission zur Annahme, Abstimmung und Aufhebung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie anzuwenden; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, ein gemeinsames Gesundheitsprotokoll für mobile Arbeitnehmer, einschließlich grenzüberschreitend erwerbstätige Personen und Grenzgänger, unter Berücksichtigung der Leitlinien des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu erstellen; betont, dass die Leitprinzipien für alle Maßnahmen im Hinblick auf die Krise und den Weg zur Erholung die Gesundheit und Sicherheit aller Arbeitnehmer, die Achtung der Grundrechte, einschließlich der Gleichbehandlung von lokalen und mobilen Arbeitnehmern, sein sollten, während gleichzeitig auch die besonders prekäre Situation von Grenzgängern, entsendeten Arbeitnehmern, Saisonarbeitnehmern, grenzüberschreitend erwerbstätigen Personen und anderen mobilen Arbeitnehmern während der COVID-19-Pandemie und deren Folgen zur Kenntnis zu nehmen sind; weist erneut auf das verfassungsmäßige Recht der Mitgliedstaaten hin, im Rahmen ihrer einzelstaatlichen demokratischen Gesetzgebungsprozesse über die in den Richtlinien der Europäischen Union festgelegten Mindestniveaus hinauszugehen, um politische Ziele wie die Sicherstellung hochwertiger Dienstleistungen und eines hohen Schutzniveaus für Arbeitnehmer, Verbraucher und die Umwelt zu verwirklichen;

30.  betont, dass die Freizügigkeit durch die vollständige oder teilweise Schließung der Grenzen durch die Mitgliedstaaten während der COVID-19-Pandemie gravierend beeinträchtigt wurde; bedauert, dass durch die übereilte und unkoordinierte plötzliche Schließung der Grenzen und flankierende Maßnahmen Menschen auf der Durchreise im Ausland festsaßen und alle in Grenzregionen lebenden Menschen davon schwer getroffen wurden, da ihre Möglichkeit, die Grenze zu Arbeitszwecken zu überqueren, Dienstleistungen jenseits der Grenze zu erbringen bzw. in Anspruch zu nehmen oder Freunde bzw. Familienangehörige dort zu besuchen, eingeschränkt wurde; betont, dass sich die Schließung der Binnen- und Außengrenzen nachteilig auf den internationalen Handel, wissenschaftlichen Austausch und Tourismus ausgewirkt hat; betont, dass die Mitgliedstaaten anstelle der Einführung von Grenzkontrollen bestrebt sein sollten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen den Grenzverkehr zu ermöglichen und gleichzeitig für ein Höchstmaß an Sicherheit und Gesundheitsschutz zu sorgen;

31.  weist auf die verzichtbare Aufgabe von Pflegekräften, insbesondere während der Pandemie, hin; fordert die Kommission auf, deren Mobilität sicherzustellen, um den Bedarf verschiedener Mitgliedstaaten und Regionen angesichts demografischer Veränderungen und künftiger Pandemien bzw. Herausforderungen im Gesundheitsbereich gerecht zu werden; fordert die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens ein gemeinsames, unionsweites wissenschaftlich fundiertes Protokoll für die Freizügigkeit in Gesundheitskrisen und sonstigen Krisen einzuführen und die Rolle der ELA in diesem Zusammenhang eingehend auf den Prüfstand zu stellen; fordert die Mitgliedstaaten, die das IAO-Übereinkommen Nr. 189 über Hausangestellte noch nicht ratifiziert und umgesetzt haben, auf, es unverzüglich zu ratifizieren und umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die die legale Beschäftigung von Hausangestellten und Pflegepersonen erleichtern;

32.  betont, dass die Instrumente zur Harmonisierung und unionsweiten Anerkennung von Berufsabschlüssen, Kompetenzen und Qualifikationen verstärkt eingesetzt werden müssen, wobei unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden muss, Handel und Verkehr zu erleichtern sind, das grundlegende Prinzips der Gleichbehandlung zu beachten ist und die Bildungsstandards der Mitgliedstaaten nicht gesenkt und ihre Validierungsverfahren nicht herabgesetzt werden dürfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die derzeitigen Anerkennungsverfahren und die Portale zur beruflichen Mobilität, die eine transparente Mobilität erleichtern und begünstigen, wie das europäische Portal zur beruflichen Mobilität EURES, die Online-Plattform Europass und das System der europäischen Klassifizierung für Fähigkeiten/Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO), zu fördern und zu verbessern; fordert insbesondere die Mitgliedstaaten auf, grenzüberschreitende Partnerschaften einzurichten, um mobile Arbeitnehmer in Grenzregionen zu unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen innerhalb der Union zu erleichtern, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für die Annahme einer gemeinsamen europäischen Definition des Behindertenstatus im Einklang mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus einer Person zwischen den Mitgliedstaaten Sorge zu tragen;

33.  ist der Ansicht, dass nationale Bestimmungen, Gepflogenheiten und Regelungen hinsichtlich des Zugangs zu bestimmten Berufen und ihrer Ausübung sowie hinsichtlich des Zugangs zu Dienstleistungen und deren Erbringung, die mit dem Schutz des öffentlichen Interesses und dem der Arbeitnehmer und/oder der Verbraucher begründet werden, kein Hindernis für die Vertiefung des Binnenmarkts darstellen;

34.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass mobilen Arbeitnehmern der Zugang zu Bildung und Umschulungen offensteht, womit auf den Arbeitskräftemangel in bestimmten Branchen reagiert sowie der digitale Wandel und die einer klimaneutralen Wirtschaft dienlichen Maßnahmen begleitet werden sollen;

35.  weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, über die in den Richtlinien der Europäischen Union festgelegten Mindestniveaus hinauszugehen, sofern sie damit keine ungebührlichen und unverhältnismäßigen Hindernisse errichten;

36.  nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass Schwierigkeiten und ein Mangel beim angemessenen Zugang zu den Systemen der sozialen Sicherheit für mobile Arbeitnehmer und insbesondere für grenzüberschreitend erwerbstätige Personen und Grenzgänger bestehen; betont, dass ein koordiniertes Vorgehen auf der Ebene der Union äußerst wichtig ist, nimmt aber auch die erfolgreichen bilateralen Abkommen zur Kenntnis, die zwischen den Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden, um allen Arbeitnehmern die Sozialversicherungsrechte zu garantieren, die in der Empfehlung des Rates zum Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer und Selbstständige aufgeführt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die sozialen Rechte mobiler Arbeitnehmer im Falle einer Gesundheitskrise und sonstiger Krisen sicherzustellen;

37.  weist darauf hin, dass gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen sind, wenn es um die Gewinnung von Fachkräften geht; betont, dass Investitionen von Unternehmen in formale und informelle Weiterbildung und in lebenslanges Lernen äußerst wichtig sind, damit ein gerechter Wandel in Richtung einer digitalen Kreislaufwirtschaft unterstützt wird; betont, dass Unternehmen, die künstliche Intelligenz, Robotik und verwandte Technologien einsetzen, die Verantwortung dafür tragen, allen betroffenen Mitarbeitern eine angemessene Umschulung und Fortbildung anzubieten, damit sie den Umgang mit digitalen Werkzeugen und die Arbeit mit kollaborativen Robotern und anderen neuen Technologien erlernen und sich so an die sich ändernden Erfordernisse des Arbeitsmarktes anpassen und in Beschäftigung bleiben können; weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über Digitalisierung hin; weist erneut darauf hin, dass in der genannten Vereinbarung die Verantwortung der Arbeitgeber für die Fortbildung und Umschulung von Arbeitskräften, insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung von Arbeitsplätzen, umrissen wird;

38.  betont, dass die Verfahren im Hinblick auf die Mobilität der Arbeitnehmer und die Entsendung von Arbeitskräften vollständig digitalisiert werden müssen, um die Bereitstellung und den Austausch von Informationen zwischen den nationalen Behörden zu verbessern und eine wirksame Durchsetzung zu ermöglichen, was auch die Einrichtung einer zentralen sowohl digital als auch physisch bei der ELA anzusiedelnden Informationsstelle zu geltenden Unionsvorschriften für Arbeitnehmer und künftige Arbeitgeber einschließt; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, sich voll und ganz für die Digitalisierung der öffentlichen Dienste, insbesondere der Einrichtungen der sozialen Sicherheit, einzusetzen, um die Verfahren für die Mobilität von europäischen Arbeitnehmern zu erleichtern und gleichzeitig die Übertragbarkeit von Rechten und die Einhaltung der Pflichten im Zusammenhang mit der Freizügigkeit sicherzustellen; betont, dass bessere statistische Instrumente geschaffen werden müssen, um das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage auf den europäischen Arbeitsmärkten zu messen und die Erfordernisse der Arbeitsmärkte und die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede zu bewerten; hebt die Bedeutung von EURES hervor, und weist insbesondere auf die Ausrichtung der EURES-Aktivitäten an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes hin, damit der vorrangige Bedarf in den einzelnen Branchen und der entsprechende Qualifikationsbedarf gedeckt und Arbeitsuchende bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung unterstützt werden;

39.  fordert die Kommission auf, nachdem die Behörde bereits seit zwei Jahren vollständig in Betrieb war, innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Evaluierung des Mandats der ELA vorzunehmen; fordert die Kommission auf, Interessenträger mit umfassenden Kenntnissen verschiedener Arbeitsmarktmodelle so weit wie möglich in die Arbeit und Evaluierung der ELA einzubeziehen;

40.  fordert die Kommission auf, einen Rechtsrahmen zur Regelung der Telearbeitsbedingungen in der gesamten EU vorzuschlagen und für menschenwürdige Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zu sorgen;

41.  fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die lokalen Gebietskörperschaften auf, mit den Sozialpartnern und der ELA zusammenzuarbeiten, um gesonderte Branchenstrategien zu formulieren, mit denen nicht nur die freiwillige Mobilität der Arbeitnehmer gefördert und erleichtert werden soll, sondern auch die erforderlichen Strukturen zur Unterstützung der Weiterbildung und Umschulung von Arbeitnehmern konzipiert und realisiert werden sollen, wobei einschlägige öffentliche Maßnahmen umgesetzt und hochwertige Arbeitsplätze angeboten werden, die den Fähigkeiten der Arbeitnehmer entsprechen; weist auf den Mehrwert der gegenseitigen Anerkennung der Kompatibilität von Kompetenzen und Qualifikationen hin, die durch bestehende Anerkennungsverfahren wie das EURES-Portal zur beruflichen Mobilität, die Online-Plattform Europass und das Klassifizierungssystem ESCO unterstützt wird;

42.  ist besorgt darüber, dass der Zugang zu Informationen zur Mobilität von Arbeitskräften und Dienstleistungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber weiterhin eine Herausforderung darstellt; stellt fest, dass die Informationen zu Beschäftigungsbedingungen und Tarifverträgen, die auf einzelnen offiziellen nationalen Websites zur Verfügung gestellt werden, sehr oft begrenzter Natur und nur in wenigen Sprachen verfügbar sind; fordert die Kommission daher auf, den Zugang zu Informationen zu verbessern, indem eine einheitliche Vorlage für die offiziellen nationalen Websites erstellt wird;

43.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für eine angemessene Koordinierung der sozialen Sicherheit zu sorgen, auch durch die Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und durch die Stärkung der Übertragbarkeit von Rechten, wobei besonderes Augenmerk auf die Übertragbarkeit der Sozialleistungen für Personen mit Behinderung zu legen ist; hebt hervor, dass die Digitalisierung von öffentlichen Diensten der sozialen Sicherheit eine beispiellose Chance für die Erleichterung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von KKMU bietet, während zugleich eine genaue Einhaltung der Vorschriften für eine gerechte Mobilität sichergestellt würde; betont die Bedeutung der vorherigen Anmeldung und der Anwendung von A1-Bescheinigungen vor Beginn der grenzüberschreitenden Entsendung des Arbeitnehmers;

44.  betont, dass bei der Durchsetzung der Unionsvorschriften über die Mobilität von Arbeitskräften der Grundsatz der Gleichbehandlung, der Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der Schutz der Arbeitnehmer sicherzustellen und unnötiger Verwaltungsaufwand zu verringern ist;

45.  fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob Defizite beim Schutz bestehen, und zu erwägen, ob eine Überarbeitung der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit notwendig ist, um für menschenwürdige Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Leiharbeitnehmer zu sorgen;

46.  betont, dass Arbeitnehmer mit Behinderungen nach wie vor auf zahlreiche Hindernisse stoßen, die es ihnen erschweren oder gar unmöglich machen, den freien Dienstleistungsverkehr uneingeschränkt zu nutzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich die Richtlinie (EU) 2019/882 (Rechtsakt zur Barrierefreiheit) umzusetzen, damit Barrieren für Arbeitnehmer mit Behinderungen wirksam abgebaut werden, und sicherzustellen, dass barrierefreie Dienstleistungen verfügbar sind und Dienstleistungen unter angemessenen Bedingungen erbracht werden; hebt hervor, dass es von allergrößter Bedeutung ist, einen umfassend barrierefreien Binnenmarkt zu verwirklichen, auf dem die Gleichbehandlung und wirtschaftliche und soziale Integration von Arbeitnehmern mit Behinderungen sichergestellt sind;

47.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1.
(2) ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 21.
(3) ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1.
(4) ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1.
(5) ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1.
(6) ABl. L 284 vom 30.10.2009, S. 1.
(7) ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51.
(8) ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72.
(9) ABl. L 293 vom 31.10.2008, S. 3.
(10) ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 1.
(11) ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.
(12) ABl. L 128 vom 30.4.2014, S. 8.
(13) ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.
(14) ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 35.
(15) ABl. L 167 vom 2.7.1999, S. 33.
(16) ABl. L 124 vom 20.5.2009, S. 30.
(17) ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1.
(18) ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 16.
(19) ABl. L 159 vom 28.5.2014, S. 11.
(20) ABl. L 249 vom 31.7.2020, S. 49.
(21) ABl. L 185 vom 11.7.2019, S. 44.
(22) ABl. L 65 vom 11.3.2016, S. 12.
(23) ABl. C 189 vom 15.6.2017, S. 15.
(24) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0176.
(25) ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 135.
(26) ABl. C 482 vom 23.12.2016, S. 31.
(27) http://www.eurofound.europa.eu/publications/report/2010/working-conditions-industrial-relations/posted-workers-in-the-european-union
(28) Europäische Kommission, Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration, Annual Report on intra-EU Labour Mobility (Jahresbericht 2017 über die Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU), Abschlussbericht Januar 2018, 2018; Europäische Kommission, Study on the movement of skilled labour (Studie über die Mobilität qualifizierter Arbeitskräfte), Abschlussbericht (verfasst von ICF), 2018; Malmström, Cecilia, Vorwort zur Rethinking the attractiveness of EU Labour Immigration Policies: Comparative perspectives on the EU, the US, Canada and beyond (Überprüfung der Attraktivität der EU-Arbeitsmigrationspolitik: Vergleichende Perspektiven für die EU, die USA, Kanada und darüber hinaus), herausgegeben von Carrera, S., Guild, E. und Eisele, K., CEPS, 2018.
(29) OECD-Datenbank „Skills for Jobs“, https://www.oecdskillsforjobsdatabase.org.
(30) Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 16).
(31) Europäische Kommission, 2019 Annual Report on Intra-EU Labour Mobility (Jahresbericht 2019 über die Arbeitskräftemobilität in der EU) Januar 2020.


Beschleunigung der Fortschritte und Bekämpfung von Ungleichheiten bei der Beseitigung von Aids als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu schnelleren Fortschritten und Bekämpfung der Ungleichheiten, damit AIDS bis 2030 keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit mehr darstellt (2021/2604(RSP))
P9_TA(2021)0250B9-0263/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das hochrangige Treffen der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS, das vom 8. bis zum 10. Juni 2021 in New York stattfinden soll,

–  unter Hinweis auf das Dokument „Politische Erklärung zu HIV und AIDS: Beschleunigung der Bekämpfung von HIV und der Beendigung der AIDS-Epidemie bis 2030“, das die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 8. Juni 2016 angenommen hat,

–  unter Hinweis auf die politische Erklärung anlässlich des hochrangigen Treffens zur universellen Gesundheitsversorgung, die die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 18. Oktober 2019 angenommen hat,

–  unter Hinweis auf das Global AIDS Update 2020 von UNAIDS mit dem Titel „Seizing the Moment – Tackling entrenched inequalities to end epidemics“,

–  unter Hinweis auf den Jahresbericht 2019 des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über den Umgang mit HIV,

–  unter Hinweis auf die Abuja-Erklärung vom 27. April 2001 zu HIV/AIDS, Tuberkulose und anderen damit zusammenhängenden Infektionskrankheiten, auf den gemeinsamen afrikanischen Standpunkt, der auf dem hochrangigen Treffen 2016 vorgestellt wurde, und auf den katalytischen Rahmen von 2016 zur Ausrottung von AIDS, Tuberkulose und Malaria in Afrika bis 2030,

–  unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, die im September 2015 in New York verabschiedet wurden,

–  unter Hinweis auf die Aktionsplattform von Peking und das Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung sowie die Ergebnisse der jeweiligen Überprüfungskonferenzen,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Mai 2015 zu Gleichstellungsfragen in der Entwicklungspolitik,

–  unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter III für 2021–2025,

–  unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie für den Zeitraum 2020–2024,

–  unter Hinweis auf den europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik mit dem Titel „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 8. Juli 2010 zu einem an den Rechten orientierten Konzept für die Reaktion der EU auf HIV/AIDS(1) und vom 5. Juli 2017 zu den Maßnahmen der EU gegen HIV/AIDS, Tuberkulose und Hepatitis C(2),

–  unter Hinweis auf die Anfragen an die Kommission zu schnelleren Fortschritten und Bekämpfung der Ungleichheiten, damit AIDS bis 2030 keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit mehr darstellt (O‑000027/2021 – B9‑0015/2021),

–  gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Entwicklungsausschusses,

A.  in der Erwägung, dass sich seit Beginn der HIV-Epidemie im Jahr 1981 fast 76 Millionen Menschen mit HIV infiziert haben und fast 33 Millionen Menschen an AIDS-bedingten Ursachen gestorben sind; in der Erwägung, dass die HIV-Epidemie nach wie vor eine globale Krise darstellt und insgesamt 38 Millionen Menschen mit HIV leben; in der Erwägung, dass sich im Jahr 2019 1,7 Millionen Menschen mit HIV infiziert haben;

B.  in der Erwägung, dass im Jahr 2019 12 Millionen Menschen, die mit HIV leben, keinen Zugang zu lebensrettender antiretroviraler Behandlung hatten und fast 700 000 Menschen weltweit an AIDS-bedingten Ursachen starben;

C.  in der Erwägung, dass der universelle Zugang zu antiretroviraler HIV-Behandlung und -Pflege das Risiko einer weiteren Übertragung erheblich reduziert und Menschen mit HIV eine fast normale Lebenserwartung und eine vergleichbare Lebensqualität ermöglicht hat;

D.  in der Erwägung, dass sich die Ungleichheiten, durch die die HIV-Epidemie vorangetrieben wird, bzw. die diesbezügliche Stigmatisierung und Diskriminierung verschlimmert haben und durch die COVID-19-Pandemie weiter verschärft werden, auch in Bezug auf die Verletzung der Menschenrechte und die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im Kontext der Aktionsplattform von Peking und des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung und der Ergebnisse ihrer Überprüfungskonferenzen;

E.  in der Erwartung, dass Männer, die Sex mit Männern haben, Transgender-Personen, Menschen, die sich Drogen injizieren, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter und ihre Kunden sowie Menschen im Gefängnis (gefährdete Bevölkerungsgruppen) einem höheren HIV-Risiko ausgesetzt sind als andere Gruppen; in der Erwägung, dass das Engagement dieser Personen bei der Bekämpfung von HIV entscheidend ist;

F.  in der Erwägung, dass 159 Länder mindestens ein diskriminierendes Gesetz oder Sanktionsgesetz haben, das die Bekämpfung von HIV behindert; in der Erwägung, dass die Kriminalisierung von Menschen, die mit HIV leben und von HIV bedroht sind, Stigmatisierung und Diskriminierung Vorschub leistet, die Inanspruchnahme von Präventions- und Behandlungsdiensten verringert und die HIV-Inzidenz erhöht;

G.  in der Erwägung, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, der ungleiche Zugang zu Bildung und zu Diensten und Informationen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt die Anfälligkeit von Frauen und Mädchen für HIV erhöhen, wobei AIDS-bedingte Krankheiten weltweit zu den häufigsten Todesursachen bei Frauen im gebärfähigen Alter gehören;

H.  in der Erwägung, dass durch die bestehenden Präventionsmethoden nicht genug getan wurde, um der Ausbreitung von HIV Einhalt zu gebieten, insbesondere unter Frauen, die unverhältnismäßig häufig von der Epidemie betroffen sind, vor allem in Afrika südlich der Sahara; in der Erwägung, dass Investitionen in Forschung und Innovation für neue und verbesserte Instrumente zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von HIV und AIDS, einschließlich geschlechtersensibler Instrumente, sowie neue Behandlungsmöglichkeiten erforderlich sind, um dem Auftreten von Resistenzen gegen HIV-Medikamente zu begegnen;

I.  in der Erwägung, dass auf junge Menschen zwischen 15 und 27 Jahren mehr als ein Drittel aller Neuinfektionen unter Erwachsenen entfällt und dass die Zahl der AIDS-bedingten Todesfälle unter Jugendlichen steigt; in der Erwägung, dass viele junge Menschen nur begrenzten Zugang zu sozialem Schutz, sexueller und reproduktiver Gesundheitsfürsorge und zu Programmen haben, die sie befähigen, sich vor HIV zu schützen;

J.  in der Erwägung, dass eine obligatorische umfassende Sexualerziehung im Schulsystem unerlässlich ist, um die Ausbreitung von AIDS und anderen sexuell übertragbaren Infektionen zu verhindern;

K.  in der Erwägung, dass Menschen in schwierigen humanitären Situationen und in informellen und fragilen Situationen, Menschen mit Behinderungen, indigene Bevölkerungsgruppen, LGBTIQ+-Personen sowie Migranten und mobile Bevölkerungsgruppen anfällig für HIV-Infektionen sind und beim Zugang zu HIV-Diensten vor besonderen Herausforderungen stehen;

L.  in der Erwägung, dass Afrika südlich der Sahara nach wie vor die am stärksten betroffene Region ist, in der 57 % aller neuen HIV-Infektionen und 84 % der HIV-Infektionen bei Kindern (im Alter von bis zu 14 Jahren) auftreten, in der die HIV-Prävalenz bei Frauen wesentlich höher ist als bei Männern und in der sich jede Woche 4 500 Mädchen und junge Frauen (im Alter von 15 bis 24 Jahren) mit HIV infizieren und 25,6 Millionen Menschen mit HIV leben;

M.  in der Erwägung, dass die AIDS-Bekämpfung durch die COVID-19-Pandemie vor weitere Herausforderungen gestellt wurde und dass dadurch einige der bisher erzielten Erfolge zunichte gemacht wurden, wobei mehrere Länder ihre Ziele für 2020 nicht verwirklicht haben; in der Erwägung, dass dadurch die Verwirklichung der SDG-Zielvorgabe, AIDS als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030 zu beseitigen, gefährdet ist;

N.  in der Erwägung, dass belastbare und nachhaltige Gesundheitssysteme als Teil der allgemeinen Gesundheitsversorgung gestärkt und gleichzeitig die Errungenschaften der AIDS-Bekämpfung erhalten werden müssen;

O.  in der Erwägung, dass die Ungleichheit beim Zugang zu Diensten beseitigt werden muss und die Lebensqualität und das Wohlergehen von Menschen, die mit HIV leben oder von HIV bedroht sind, über ihre gesamte Lebensspanne hinweg gefördert werden muss, damit das Recht auf Gesundheit verwirklicht werden kann;

P.  in der Erwägung, dass Gemeinschaften und von Gemeinschaften betriebene Maßnahmen, die bei der Bekämpfung von HIV von zentraler Bedeutung sind, weiterhin durch akute Mittelknappheit, Schwinden des Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft und mangelndes volles Engagement und fehlende Integration in nationale Maßnahmen gefährdet sind;

Q.  in der Erwägung, dass mehrere Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen aufgrund des Patentschutzes Schwierigkeiten haben, Generika von antiretroviralen Medikamenten zu importieren oder lokal zu produzieren; in der Erwägung, dass multinationale Pharmaunternehmen zunehmend Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen von Spenden, Preissenkungen und freiwilligen Lizenzen ausschließen und damit deren Zugang zu erschwinglichen Generika erschweren;

R.  in der Erwägung, dass das Menschenrecht auf Gesundheit Vorrang vor den Regeln über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) hat; in der Erwägung, dass in der Erklärung von Doha über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit das Recht der Entwicklungsländer bekräftigt wird, die Flexibilitätsbestimmungen des TRIPS-Übereinkommens in vollem Umfang zu nutzen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen und insbesondere den Zugang zu Arzneimitteln für alle sicherzustellen;

S.  in der Erwägung, dass der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria, der nach der weltweiten Zunahme von HIV/AIDS eingerichtet wurde, bei der Bekämpfung von HIV/AIDS von entscheidender Bedeutung ist;

1.  erachtet es als sehr wichtig, dass auf dem hochrangigen Treffen der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS, das vom 8. bis 10. Juni 2021 stattfinden soll, ein konstruktives Ergebnis erzielt wird; fordert den Rat auf, zur Annahme einer Reihe von zukunftsorientierten und ehrgeizigen Verpflichtungen in der politischen Erklärung beizutragen;

2.  bekräftigt das Recht jedes Menschen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit sowie das Recht auf Gleichheit, das ein Leben in Würde ermöglicht;

3.  lobt die Rolle der EU bei der bereichsübergreifenden globalen Bekämpfung von AIDS und fordert die Kommission auf, AIDS als globale Krise der öffentlichen Gesundheit anzugehen und alle Anstrengungen zu beschleunigen, um die Ziele für 2025 zu verwirklichen, unter anderem durch Aufstockung der Investitionen in UNAIDS und den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria;

4.  bekräftigt, dass die Bereitstellung ausreichender Mittel für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria unabdingbar ist, damit durch den Fonds entscheidend zur Bekämpfung von HIV/AIDS beigetragen werden kann;

5.  betont, dass die globale Bekämpfung von AIDS einen bereichsübergreifenden Ansatz und eine Zusammenarbeit auf mehreren Ebenen erfordert, die sich durch Aktualität, Umfang, Inklusivität, Partnerschaft und Innovation auszeichnet;

6.  fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass durch die Programmplanung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit die Bemühungen der Partnerländer unterstützt werden, starke und widerstandsfähige Gesundheitssysteme sowie Gesundheitsforschungs- und Regulierungssysteme und Gemeinschaftssysteme für Gesundheit aufzubauen, mit denen eine HIV-gerechte allgemeine Gesundheitsversorgung sichergestellt werden kann;

7.  fordert, dass der Europäische Auswärtige Dienst, die Kommission und die Mitgliedstaaten die Umsetzung des EU-Aktionsplans für Menschenrechte und des Aktionsplans für die Gleichstellung der Geschlechter III zum Anlass nehmen, um HIV/AIDS als Ursache für Menschenrechtsverletzungen und geschlechtsspezifische Ungleichheit anzugehen, indem sie der Bekämpfung von Stigmatisierung und Diskriminierung, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, der Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen und anderer strafbewehrter oder diskriminierender Gesetze und Vorschriften Priorität einräumen, um zu einem universellen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten, zum Zugang zu hochwertiger Bildung einschließlich umfassender Sexualaufklärung, zu einem gerechten und erschwinglichen Zugang zur Gesundheitsversorgung, zum Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Teilhabe der betroffenen Gemeinschaften an allen Bereichen des öffentlichen Lebens beizutragen;

8.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit den Partnerländern zusammenzuarbeiten, um eine verpflichtende umfassende Sexualerziehung in ihren nationalen Bildungsplänen zu verankern, um die Ausbreitung von AIDS und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu verhindern, insbesondere in den Ländern mit den höchsten Infektionsraten;

9.  weist darauf hin, dass Gesundheit eine notwendige Voraussetzung für die menschliche Entwicklung ist; fordert die Kommission auf, der Gesundheit im Rahmen der EU-Strategie für Afrika Vorrang einzuräumen, was die Mobilisierung zusätzlicher öffentlicher Mittel impliziert, um eine flächendeckende Gesundheitsversorgung – auch in den Bereichen sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundenen Rechten, HIV, Tuberkulose und Malaria – sicherzustellen, und fordert, sich auf die globale Gesundheitsforschung und ‑entwicklung zu konzentrieren, die Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika in den Bereichen Gesundheitsforschung und Innovation zu intensivieren und gemeinsam die afrikanischen und europäischen Produktionskapazitäten für Gesundheitsprodukte, medizinische Ausrüstung und Arzneimittel auszuweiten; betont, dass die Entwicklungshilfe in erster Linie darauf abzielen sollte, durch einen allumfassenden und rechtebezogenen Ansatz für eine horizontale, flächendeckende Gesundheitsversorgung zu sorgen, was bedeutet, dem multidimensionalen Charakter der Gesundheit (mit engem Bezug zu Geschlechtergleichstellung, Ernährungssicherheit und -qualität, Wasser und Hygiene, Bildung und Armut) in vollem Umfang und im Sinne des Konzepts „Eine Gesundheit“ Rechnung zu tragen; fordert insbesondere die Förderung von Investitionen in integrierte Rechte im Zusammenhang mit HIV und sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte, mit einem Schwerpunkt auf Frauen und Mädchen, Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern, Transgender-Personen, Menschen, die sich Drogen injizieren, Menschen im Gefängnis und anderen gefährdeten Gruppen;

10.  fordert die Kommission auf, sich mit der beklagenswert niedrigen Behandlungsquote von mit HIV lebenden Kindern zu befassen sowie den Zugang zu HIV-Diensten für schwangere Frauen und stillende Mütter sicherzustellen, damit HIV nicht von der Mutter auf das Kind übertragen wird;

11.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Höhe der Ausgaben und die Bereitstellung von Mitteln sicherzustellen, die zur Verwirklichung der Ziele für 2025 in allen EU-Mitgliedstaaten erforderlich sind;

12.  fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten und Partnern zusammenzuarbeiten, um einem integrierten Ansatz für die globale Gesundheitssicherheit Vorrang einzuräumen, der als Teil der Agenda für die universelle Gesundheitsversorgung die Bekämpfung sowohl bestehender Pandemien wie HIV als auch neu auftretender Pandemien umfasst;

13.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Dialog mit den Entwicklungsländern, mit denen eine Partnerschaft besteht, einschließlich der Länder in der Nachbarschaft, politisch die Führung zu übernehmen und für Pläne für den tragfähigen Übergang zur einer nationalen Finanzierung zu sorgen, damit HIV-Programme wirksam und nachhaltig bleiben und auch nach der Einstellung der Unterstützung durch internationale Geber ausgeweitet werden können; fordert die Kommission und den Rat auf, weiterhin eng mit diesen Ländern zusammenzuarbeiten und so sicherzustellen, dass sie Verantwortung für die Maßnahmen gegen HIV übernehmen;

14.  fordert die EU auf, eine klare und kohärente globale EU-Strategie für COVID-19-Impfungen zu entwickeln, deren Schwerpunkt auf der Sicherstellung eines gleichberechtigten, erschwinglichen und rechtzeitigen Impfschutzes für Menschen in Entwicklungsländern liegt, insbesondere für Menschen, die zu den gefährdeten und Hochrisikogruppen gehören, einschließlich der mit HIV/AIDS infizierten Menschen; fordert die EU daher auf, die Initiative Indiens und Südafrikas in der Welthandelsorganisation für eine vorübergehende Aussetzung der Rechte des geistigen Eigentums in Bezug auf COVID-19-Impfstoffe, Behandlungsgeräte und Behandlungen zu unterstützen, und fordert die Arzneimittelunternehmen auf, ihre Kenntnisse und Daten über den von der Welthandelsorganisation eingerichteten Technologie- und Patentpool gegen COVID-19 weiterzugeben;

15.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass bei der globalen Reaktion auf COVID-19 die aus der HIV-Bekämpfung gewonnenen Erkenntnisse einbezogen werden, z. B. in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte und die Bekämpfung von Stigmatisierung und Diskriminierung, insbesondere bei wichtigen und gefährdeten Bevölkerungsgruppen, die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Hindernisse beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, die Unterstützung von Ärzten und Forschern, insbesondere in einkommensschwachen Gegenden, die Einbindung von Gemeinschaften in die Maßnahmen und die gerechte Verteilung begrenzter Ressourcen und neuer Instrumente, damit niemand außer Acht gelassen wird;

16.  fordert die EU nachdrücklich auf, eine umfassende globale Strategie und einen Fahrplan für die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung auszuarbeiten, einschließlich derjenigen, die sich auf die Gesundheit und die Ziele zur Reduzierung von HIV/AIDS beziehen; betont, dass in dieser Strategie insbesondere die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie berücksichtigt werden sollten, da die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung entscheidend ist, damit die EU für künftige Pandemien und andere negative Ereignisse, auch in den Gesundheitssystemen, gewappnet ist; fordert eine wirksame langfristige EU-Strategie für globale Gesundheit; besteht darauf, dass die Kommission ihre Anstrengungen verstärkt und ihre Arbeit für wirksame globale Gesundheitsprogramme, die auf die Gesundheitssysteme in den Entwicklungsländern ausgerichtet sind, intensiviert;

17.  fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten und Partnern zusammenzuarbeiten, um Dienste zu unterstützen, mit denen auf die Bedürfnisse von wichtigen und anderen prioritären Bevölkerungsgruppen, die sich beim Zugang zu HIV-Diensten besonderen Herausforderungen gegenübersehen, eingegangen wird, unter anderem durch jugendfreundliche Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit für junge Menschen;

18.  fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten und Partnern zusammenzuarbeiten, um ein verstärktes Engagement für die Bereitstellung von HIV-Behandlungen in allen Konfliktgebieten und die Beseitigung der HIV-bedingten Diskriminierung von Flüchtlingen zu erleichtern und zu fördern, insbesondere im Hinblick auf den gleichberechtigten Zugang zu antiretroviraler Behandlung und Gesundheitsdiensten in den Aufnahmeländern;

19.  fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten und Partnern zusammenzuarbeiten, um die Unterstützung im Bereich des Sozialschutzes zu erhöhen, auch im Hinblick auf die Ernährungssicherheit und -qualität schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen, insbesondere von Menschen mit Behinderungen, alternden Menschen, die mit HIV leben, und AIDS-Waisen;

20.  fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten und Partnern zusammenzuarbeiten, um das Engagement der Gemeinschaften und die von den Gemeinschaften getragenen Maßnahmen als wesentliche Bestandteile der wirksamen Bekämpfung von HIV/AIDS sowie des Kampfs gegen HIV/AIDS-bedingte Stigmatisierung und Diskriminierung moralisch zu unterstützen und finanziell zu fördern sowie die HIV-Prävention und ‑Versorgung in andere lokale Gesundheitsdienstleistungsangebote als Einstiegspunkt für HIV-Information, Aufklärung, Kommunikation und Schulung zu integrieren;

21.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Investitionen in die Echtzeit-Datenerfassung und eine solide Anzahl von erschwinglichen und zugänglichen, geschlechtsspezifischen Diagnose-, Therapie- und Impfstoffkandidaten für HIV und andere armutsbedingte und vernachlässigte Infektionskrankheiten zu fördern und die regionalen und interregionalen Kapazitäten sowie die Zusammenarbeit in Wissenschaft, Forschung und Innovation zu stärken; fordert die EU nachdrücklich auf, den Entwicklungsländern, insbesondere den am wenigsten entwickelten Ländern, besondere Unterstützung bei der wirksamen Umsetzung der im TRIPS-Übereinkommen vorgesehenen Flexibilitätsmechanismen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, insbesondere in Bezug auf Zwangslizenzen und Paralleleinfuhren, zu gewähren und die Nutzung der Mechanismen der freiwilligen Lizenzvergabe und der gemeinsamen Nutzung von Technologien zur Verwirklichung der Ziele im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu optimieren, indem sie darauf besteht, dass multinationale pharmazeutische Unternehmen Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen in diese Mechanismen einbeziehen und in diesen Ländern erschwingliche HIV-Behandlungen anbieten; fordert im weiteren Sinne die Entkopplung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung vom Preis der Medikamente, zum Beispiel durch die Nutzung von Patentpools, quelloffene Forschung, Zuschüssen und Subventionen, mit dem Ziel, nachhaltige Zugänglichkeit, Erschwinglichkeit, Verfügbarkeit und Zugang zu Behandlungen für alle Bedürftigen sicherzustellen;

22.  fordert die Kommission auf, sich der Aufnahme von TRIPS-plus-Maßnahmen in Freihandelsabkommen mit Entwicklungsländern mit mittlerem Einkommen zu widersetzen, damit alle antiretroviralen HIV-Behandlungen erschwinglich bleiben, wobei die Doha-Erklärung über TRIPS und öffentliche Gesundheit uneingeschränkt zu respektieren ist;

23.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen und UNAIDS zu übermitteln.

(1) ABl. C 351E vom 2.12.2011, S. 95.
(2) ABl. C 334 vom 19.9.2018, S. 106.


Kriegsgefangene nach dem jüngsten Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan
PDF 140kWORD 50k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu Kriegsgefangenen nach dem jüngsten Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan (2021/2693(RSP))
P9_TA(2021)0251RC-B9-0277/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Armenien und Aserbaidschan,

–  unter Hinweis auf das Treffen des Partnerschaftsrates EU-Armenien vom 17. Dezember 2020 und das Treffen des Kooperationsrates EU-Aserbaidschan vom 18. Dezember 2020 sowie auf die entsprechenden Schlussfolgerungen,

–  unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen, das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, die Europäische Menschenrechtskonvention und das III. Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen,

–  unter Hinweis auf die Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Armenien, Aserbaidschan und Russland vom 9. November 2020, die am 10. November 2020 in Kraft trat,

–  unter Hinweis auf den Bericht von Human Rights Watch vom 19. März 2021 mit dem Titel „Azerbaijan: Armenian POWs Abused in Custody“ (Aserbaidschan: Misshandlung von in seinen Händen befindlichen armenischen Kriegsgefangenen),

–  unter Hinweis auf die Erklärung der EU vom 28. April 2021 zu den Gefangenen im Rahmen des jüngsten Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe der OSZE vom 25. Oktober 2020, 30. Oktober 2020, 14. Dezember 2020, 13. April 2021 und 5. Mai 2021,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. März 2021 gemäß Artikel 39 seiner Verfahrensordnung an das Ministerkomitee des Europarates über vorläufige Maßnahmen im Zusammenhang mit dem jüngsten bewaffneten Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft seit dem ersten Krieg um Bergkarabach zwischen 1988 und 1994 versucht, unter der Federführung der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe der OSZE eine dauerhafte, umfassende Friedensregelung für den Bergkarabach-Konflikt auszuhandeln;

B.  in der Erwägung, dass im Zuge des jüngsten bewaffneten Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan vom 27. September bis zum 10. November 2020 mehr als 5000 Soldaten getötet, Hunderte Zivilisten verletzt und getötet und Tausende Zivilisten vertrieben wurden; in der Erwägung, dass die Bevölkerung weiterhin leidet, weil Informationen über den Verbleib von Angehörigen fehlen, nur einige wenige Kriegsgefangene und andere gefangene Personen heimgekehrt sind, Probleme bei der Rückgabe menschlicher Überreste bestehen, der Zugang zu humanitärer Hilfe eingeschränkt ist und grundlegende Infrastruktur zerstört wurde;

C.  in der Erwägung, dass die von diesem langjährigen Konflikt betroffenen Menschen bereits übermäßiges Leid erfahren haben; in der Erwägung, dass der Konflikt insgesamt zu umfangreichen und inakzeptablen Todesopfern unter der Zivilbevölkerung geführt hat;

D.  in der Erwägung, dass die Feindseligkeiten nach 44 Tagen eingestellt wurden, nachdem sich Armenien, Aserbaidschan und Russland auf einen vollständigen Waffenstillstand in und um Bergkarabach geeinigt hatten und die entsprechende Vereinbarung am 9. November 2020 unterzeichnet wurde und am 10. November 2020 in Kraft trat;

E.  in der Erwägung, dass gemäß Ziffer 8 der trilateralen Waffenstillstandsvereinbarung ein Austausch der Kriegsgefangenen, Geiseln und anderen Gefangenen sowie der sterblichen Überreste der Getöteten erfolgen muss; in der Erwägung, dass dieser Austausch nach dem Grundsatz „alle für alle“ erfolgen sollte;

F.  in der Erwägung, dass sowohl Armenien als auch Aserbaidschan Vertragsparteien des III. Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen sind, in dessen Artikel 118 festgelegt ist, dass die Kriegsgefangenen nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten ohne Verzug freigelassen und heimgeschafft werden müssen; in der Erwägung, dass in Artikel 13 des III. Genfer Abkommens festgelegt ist, dass die Kriegsgefangenen jederzeit mit Menschlichkeit behandelt werden müssen und jede rechtwidrige Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamsstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in seinen Händen befindlichen Kriegsgefangenen zur Folge hat, untersagt ist und als schwere Verletzung des Abkommens gilt; in der Erwägung, dass das Abkommen die Kriegsgefangenen auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigungen und öffentlicher Neugier schützt;

G.  in der Erwägung, dass Angehörige des Militärs und Zivilisten, die vor bzw. nach dem Waffenstillstand festgenommen wurden, nach dem Völkerrecht unterschiedlichen Status genießen; in der Erwägung, dass einerseits Angehörige des Militärs, die vor und nach dem Waffenstillstand gefangen genommen werden, als Kriegsgefangene anerkannt und gemäß den Genfer Abkommen geschützt werden sollten; in der Erwägung, dass andererseits Zivilisten, die während des Konflikts festgenommen wurden, als geschützte Personen anerkannt werden müssen und ebenfalls im Rahmen der Genfer Abkommen geschützt sind; in der Erwägung, dass Zivilisten, die nach dem Waffenstillstand festgenommen werden, hingegen nach den internationalen Menschenrechtsnormen geschützt sind;

H.  in der Erwägung, dass seit der Aussetzung der Feindseligkeiten mehrere Gefangenenaustausche sowohl von Angehörigen des Militärs als auch von Zivilisten durchgeführt wurden, wobei der letzte am 4. Mai 2021 stattfand;

I.  in der Erwägung, dass sich besorgniserregenden Berichten zufolge etwa 200 Armenier in aserbaidschanischer Gefangenschaft befinden; in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erklärte, er habe Beschwerden im Zusammenhang mit 249 Armeniern erhalten, die von Aserbaidschan gefangen genommen wurden; in der Erwägung, dass der EGMR im Zusammenhang mit 229 Armeniern vorläufige Maßnahmen ergriffen hat, von denen 183 nach wie vor in Kraft sind; in der Erwägung, dass der EGMR am 9. März 2021 zu dem Schluss kam, dass Aserbaidschan den Maßnahmen nicht nachgekommen ist, und die beigebrachten Informationen als zu allgemein und zu begrenzt beurteilte; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Aserbaidschans eingeräumt haben, dass sich 72 Armenier in ihren Händen befinden; in der Erwägung, dass Aserbaidschan dem EGMR in Bezug auf weitere 112 Personen keine Informationen übermittelt hat; in der Erwägung, dass über das Schicksal der übrigen armenischen Kriegsgefangenen nichts bekannt ist; in der Erwägung, dass seit der Einstellung der Feindseligkeiten 73 armenische Kriegsgefangene und Zivilisten nach Armenien heimgeschafft wurden;

J.  in der Erwägung, dass beim EGMR auch Beschwerden im Zusammenhang mit 16 Aserbaidschanern eingegangen sind, die angeblich von Armenien gefangen genommen wurden und von denen 12 im Dezember 2020 heimgeschafft wurden; in der Erwägung, dass der EGMR angesichts der Art der Informationen, die er von der armenischen Regierung erhalten hat, die Prüfung gemäß Artikel 39 seiner Verfahrensordnung im Zusammenhang mit den übrigen vier Personen ausgesetzt hat;

K.  in der Erwägung, dass glaubwürdige Berichte darüber vorliegen, dass auch nach der Einstellung der Feindseligkeiten am 10. November 2020 noch armenische Militärangehörige und Zivilisten gefangen genommen wurden; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Aserbaidschans behaupten, diese Geiseln und Gefangenen seien Terroristen und verdienten den Status als Kriegsgefangene im Sinne des Genfer Abkommens nicht;

L.  in der Erwägung, dass Human Rights Watch am 19. März 2021 berichtete, aserbaidschanische Sicherheits- und Streitkräfte hätten armenische Kriegsgefangene missbraucht und sie im Zuge ihrer Gefangennahme, während ihrer Überstellung oder während ihrer Inhaftierung in verschiedenen Hafteinrichtungen grausamer und erniedrigender Behandlung und Folter ausgesetzt; in der Erwägung, dass die aserbaidschanischen Streitkräfte bei der Festnahme von Zivilisten Gewalt angewendet und sie Folter sowie unmenschlichen und erniedrigenden Haftbedingungen ausgesetzt haben, was dazu geführt hat, dass mindestens zwei Inhaftierte in aserbaidschanischer Gefangenschaft gestorben sind; in der Erwägung, dass die aserbaidschanischen Streitkräfte diese Zivilisten in Gewahrsam nahmen, obwohl es keine Beweise dafür gab, dass sie eine wie auch immer geartete Sicherheitsbedrohung darstellten, die nach dem humanitären Völkerrecht ihre Inhaftierung rechtfertigen könnte; in der Erwägung, dass Aserbaidschan Vorwürfe zurückweist, armenische Kriegsgefangene seien auf eine Art und Weise behandelt worden, die gegen die Genfer Abkommen verstößt;

M.  in der Erwägung, dass im Internet und in sozialen Medien Videos verbreitet wurden, die belegen sollen, dass Angehörige der Streitkräfte beider Seiten Gefangene verletzt und misshandelt haben; in der Erwägung, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass die Staatsorgane Aserbaidschans oder Armeniens rasche, öffentliche und konkrete Ermittlungen zu diesen Vorfällen durchgeführt haben oder dass die Ermittlungen, sofern sie stattgefunden haben, zu strafrechtlichen Verfolgungen geführt haben; in der Erwägung, dass es Mutmaßungen gibt, Kriegsgefangene und andere geschützte Personen seien außergerichtlich hingerichtet worden, man habe sie gewaltsam verschwinden lassen und ihre Leichen seien geschändet worden;

N.  in der Erwägung, dass die Kommission am 17. Mai 2021 die Bereitstellung von zusätzlichen 10 Mio. EUR an humanitärer Hilfe für die vom jüngsten Konflikt in und um Bergkarabach betroffene Zivilbevölkerung angekündigt hat, sodass die Hilfe der EU für Menschen in Not seit Beginn der Feindseligkeiten im September 2020 inzwischen bei über 17 Mio. EUR liegt;

O.  in der Erwägung, dass alle Seiten aktuelle Karten der Minenfelder zur Verfügung stellen sollten, um Zivilisten die Rückkehr in ehemalige Konfliktgebiete zu ermöglichen;

P.  in der Erwägung, dass im „Park der militärischen Trophäen“, der am 12. April 2021 in Baku eingeweiht wurde, armenische Militärausrüstung, Wachspuppen, die tote und sterbende armenische Soldaten darstellen, und Darstellungen armenischer Kriegsgefangener, die in einer Zelle angekettet sind, ausgestellt sein sollen, was als Verherrlichung von Gewalt aufgefasst werden kann und die Gefahr birgt, dass die feindselige Stimmung weiter angeheizt und zu Hetze oder sogar zu unmenschlicher Behandlung der verbleibenden Kriegsgefangenen und anderer gefangener armenischer Zivilisten angestachelt wird und somit die Atmosphäre des Hasses aufrechterhalten und allen offiziellen Erklärungen zur Versöhnung widersprochen wird;

Q.  in der Erwägung, dass Streitkräfte aus Aserbaidschan am 12. Mai 2021 vorübergehend in das Hoheitsgebiet Armeniens eingedrungen sind, was eine Verletzung der territorialen Integrität Armeniens und des Völkerrechts darstellt; in der Erwägung, dass dieser Verletzung des souveränen armenischen Hoheitsgebiets besorgniserregende Äußerungen aserbaidschanischer Vertreter, einschließlich des Präsidenten, vorangegangen waren, in denen offenbar territoriale Ansprüche erhoben und mit der Anwendung von Gewalt gedroht wurde, wodurch die Bemühungen um Sicherheit und Stabilität in der Region gefährdet werden;

R.  in der Erwägung, dass in den vergangenen Monaten menschliche Überreste in die Heimat zurückgebracht wurden und für die von dem Konflikt schwer betroffene Bevölkerung humanitäre Hilfe bereitgestellt wurde;

S.  in der Erwägung, dass es erneuter Anstrengungen bedarf, um zwischen den beiden Ländern Vertrauen aufzubauen und auf dem Weg zu dauerhaftem Frieden Fortschritte zu erzielen;

1.  fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller armenischen Militär- und Zivilpersonen, die während des Konflikts und nach dem Konflikt gefangen- bzw. festgenommen wurden, und fordert Aserbaidschan auf, künftig von willkürlichen Gefangen- bzw. Festnahmen abzusehen; fordert die Parteien nachdrücklich auf, die trilaterale Waffenstillstandsvereinbarung vom 9. November 2020 uneingeschränkt umzusetzen, die den Austausch von Kriegsgefangenen, Geiseln und anderen Häftlingen sowie der sterblichen Überreste der Getöteten vorsieht;

2.  bedauert die Gewalt während des jüngsten Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach; bekundet den Opfern und ihren Familien seine Solidarität; bedauert die Verletzung des Waffenstillstands, was zu weiterem menschlichem Leid und zu weiteren Todesfällen und Zerstörungen geführt hat; verurteilt alle Angriffe auf Zivilisten und weist erneut darauf hin, dass die Staaten nach dem humanitären Völkerrecht verpflichtet sind, das Leben von Zivilisten zu schützen;

3.  fordert die Regierung Aserbaidschans nachdrücklich auf, vollständige Listen aller Personen vorzulegen, die sich im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt in aserbaidschanischer Gefangenschaft befinden, und Informationen über deren Verbleib und Gesundheitszustand sowie über Personen, die in Gefangenschaft gestorben sind, bereitzustellen;

4.  weist darauf hin, dass das Unterlassen der Offenlegung von Informationen über das Schicksal und den Verbleib vermisster Personen dem Verschwindenlassen gleichkommen kann, zu dessen Verhinderung sich sowohl Aserbaidschan als auch Armenien verpflichtet haben; fordert alle Seiten auf, das Schicksal und den Verbleib der Verschwundenen zu klären und Leichname würdevoll zu behandeln;

5.  fordert, dass die Regierung Aserbaidschans die Rechtsgarantien achtet, Anwälten, Ärzten und Menschenrechtsverteidigern Zugang zu armenischen Gefangenen gewährt und diesen die Kommunikation mit ihren Angehörigen ermöglicht;

6.  ist zutiefst besorgt angesichts glaubwürdiger Berichte, wonach armenische Kriegsgefangene und andere Festgenommene unter erniedrigenden Bedingungen festgehalten wurden und werden und bei ihrer Gefangennahme bzw. in Haft unmenschlicher Behandlung und Folter unterzogen wurden; verurteilt sämtliche Fälle von Folter und Verschwindenlassen – auch in bewaffneten Konflikten – sowie von Misshandlungen und Leichenschändungen;

7.  fordert die Staatsorgane Aserbaidschans auf, dafür zu sorgen, dass Personen, die sich noch in Gefangenschaft bzw. Haft befinden, in vollem Umfang der Schutz gewährt wird, der nach den internationalen Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht erforderlich ist, wozu auch die Freiheit von Folter und unmenschlicher Behandlung zählt; fordert die Staatsorgane Armeniens und Aserbaidschans auf, unabhängige, zügige, öffentliche und konkrete Ermittlungen durchzuführen und allen glaubwürdigen Vorwürfen nachzugehen, die schwerwiegende Verstöße gegen die Genfer Abkommen und andere Verstöße gegen das Völkerrecht und Kriegsverbrechen betreffen, und diese Verstöße und Verbrechen gegebenenfalls strafrechtlich zu verfolgen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und den Opfern Wiedergutmachung zuteilwerden zu lassen, möglicherweise mit Unterstützung einer gezielten internationalen Mission; fordert die Regierung Aserbaidschans auf, uneingeschränkt mit dem EGMR zusammenzuarbeiten, um den Wahrheitsgehalt von Berichten über die entmenschlichende Behandlung armenischer Gefangener zu prüfen, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen;

8.  weist darauf hin, dass derzeit keine öffentlich zugänglichen glaubwürdigen Informationen über aserbaidschanische Kriegsgefangene und Häftlinge in Armenien vorliegen;

9.  erinnert alle Konfliktparteien an ihre Verpflichtung zur Achtung des humanitären Völkerrechts, das Folter und andere erniedrigende oder unmenschliche Behandlung verbietet, und bekräftigt, dass Folter und Misshandlung von Kriegsgefangenen Kriegsverbrechen darstellen;

10.  verurteilt aufs Schärfste den Vorfall vom 9. April 2021, als die aserbaidschanische Staatsmacht statt eines Flugzeugs, mit dem armenische Gefangene in ihre Heimat hätten zurückgebracht werden sollen, ein leeres Flugzeug nach Armenien fliegen ließ; hält dieses Vorgehen für äußerst gefühllos und ist zudem der Ansicht, dass hierin eine allgemein herabwürdigende Haltung Aserbaidschans gegenüber armenischen Gefangenen und ihren Angehörigen deutlich zum Ausdruck kommt;

11.  beharrt darauf, dass es dringend geboten ist, von feindseligen Äußerungen und Handlungen abzusehen, die als Aufstachelung zu Hass oder Gewalt oder als Förderung der Straflosigkeit aufgefasst werden können oder bei denen die Gefahr besteht, dass dadurch die Bemühungen beeinträchtigt werden, mit denen eine Atmosphäre geschaffen und begünstigt werden soll, die Vertrauen und Versöhnung, der Zusammenarbeit und dem dauerhaften Frieden dienlich ist;

12.  fordert die Regierung Aserbaidschans auf, in der Frage der armenischen Gefangenen uneingeschränkt mit dem EGMR zusammenzuarbeiten und dessen vorläufigen Maßnahmen nachzukommen, in denen Aserbaidschan aufgefordert wurde, ausführliche Informationen über die Haftbedingungen der Gefangenen, ihren Gesundheitszustand und die zu ihrer Rückführung ergriffenen Maßnahmen vorzulegen;

13.  ist der Überzeugung, dass ein vollständiger Gefangenenaustausch, die gegenseitige vollständige Rückgabe der sterblichen Überreste der Getöteten und die endgültige Beilegung dieser Angelegenheiten aus humanitärer Sicht vordringlich sind, insbesondere für die Angehörigen der Betroffenen, und dass dies eine erste vertrauensbildende Maßnahme wäre, die unbedingt notwendig ist, um rudimentäre Stabilität in dieser Region zu schaffen;

14.  fordert die Regierung Aserbaidschans auf, den einschlägigen internationalen Organisationen wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe freien und ungehinderten Zugang zu den Gefangenen zu gewähren;

15.  betont, dass dringend dafür gesorgt werden muss, dass die Bedürftigen humanitäre Hilfe erhalten, dass die Sicherheit der armenischen Bevölkerung in Bergkarabach gewahrt und ihr dortiges Kulturerbe geschützt wird und dass Binnenvertriebenen und Flüchtlingen die Rückkehr an ihren früheren Wohnort gestattet wird;

16.  beharrt nachdrücklich darauf, dass beide Parteien von jeglichen Handlungen absehen, mit denen armenisches Kulturerbe in Aserbaidschan und aserbaidschanisches Kulturerbe in Armenien zerstört würde; fordert den vollständigen Wiederaufbau zerstörter Stätten und eine stärkere Einbeziehung der internationalen Gemeinschaft in den Schutz des Weltkulturerbes in der Region;

17.  weist erneut darauf hin, dass die internationale Gemeinschaft unter der Führung der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe der OSZE bestrebt ist, eine friedliche, dauerhafte, umfassende und nachhaltige Lösung auf der Grundlage der Grundprinzipien der OSZE von 2009 (Gewaltverzicht, territoriale Integrität, Gleichberechtigung und Selbstbestimmungsrecht der Völker) mit dem Ziel zu finden, den künftigen Status der Region Bergkarabach festzulegen; bekräftigt, dass dieses Ziel nur durch eine auf dem Verhandlungsweg herbeigeführte politische Lösung verwirklicht werden kann, deren Verbindlichkeit alle betroffenen Parteien tatsächlich anerkennen; fordert die Parteien auf, den politischen Dialog auf hoher Ebene unter der Schirmherrschaft der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe der OSZE zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder aufzunehmen; fordert die Regierungen Armeniens und Aserbaidschans sowie die internationalen Vermittler auf, Frauen systematisch in den Friedensprozess einzubeziehen und Menschenrechtsverteidigerinnen zu konsultieren;

18.  bedauert, dass die in der Minsk-Gruppe der OSZE vertretenen Mitgliedstaaten der EU nicht zugegen waren, als die Waffenstillstandsvereinbarung ausgehandelt wurde, und dass die EU keine Führungsstärke gezeigt hat, als es darum ging, zwei ihrer hochgeschätzten östlichen Partner an den Verhandlungstisch zu bringen;

19.  bedauert die Eröffnung des sogenannten Parks der Trophäen in Baku, der seit dem 14. April 2021 für die Öffentlichkeit zugänglich ist, da mit dieser Einrichtung die langanhaltende feindselige Stimmung weiter verstärkt und das gegenseitige Vertrauen zwischen Armenien und Aserbaidschan ausgehöhlt wird; fordert daher nachdrücklich die sofortige Schließung des Parks;

20.  fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) und die Kommission auf, Armenien und Aserbaidschan sämtliche Hilfe anzubieten, die zur Festigung des Waffenstillstands erforderlich ist, alle Anstrengungen zu unterstützen, die zu Stabilität, Wiederaufbau, Vertrauensbildung und Instandsetzung nach dem Krieg führen, und die Umsetzung der Bestimmungen der Waffenstillstandsvereinbarung aufmerksam zu beobachten, insbesondere was den Überwachungsmechanismus betrifft; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger insbesondere angesichts der Einschränkungen ihrer Tätigkeit stärker zu unterstützen und enger mit ihnen zusammenzuarbeiten; ist der Ansicht, dass dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für den Südkaukasus in dieser Hinsicht eine wichtige Funktion zukommt;

21.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bereitstellung dringender humanitärer Hilfe und die Arbeit internationaler Organisationen in diesem Bereich und für den Schutz des kulturellen und religiösen Erbes auch künftig zu unterstützen und Organisationen der Zivilgesellschaft in Armenien und Aserbaidschan, die wirklich zur Aussöhnung beitragen, Hilfestellung zu leisten;

22.  fordert den VP/HR und die Mitgliedstaaten auf, auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft im Herbst 2021 auch die Themen Sicherheit, Stabilität und regionale Zusammenarbeit im Südkaukasus anzusprechen;

23.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Generalsekretärin der OSZE, den Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament Armeniens und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament Aserbaidschans zu übermitteln.


Die Lage in Haiti
PDF 137kWORD 50k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zur Lage in Haiti (2021/2694(RSP))
P9_TA(2021)0252RC-B9-0282/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Haiti, insbesondere die Entschließungen vom 19. Januar 2011 zur Lage in Haiti ein Jahr nach dem Erdbeben: humanitäre Hilfe und Wiederaufbau(1), vom 8. Februar 2018 zur Kindersklaverei in Haiti(2) und vom 28. November 2019(3),

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 24. März 2021 zu Haiti,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Integrierten Büros der Vereinten Nationen in Haiti (BINUH) vom 11. Februar 2021,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom Dezember 1948,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) vom 16. Dezember 1966,

–  unter Hinweis auf die Amerikanische Menschenrechtskonvention,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989,

–  unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen verabschiedeten Grundprinzipien der Unabhängigkeit der Richterschaft,

–  unter Hinweis auf das Universelle Richterstatut und das Statut der iberoamerikanischen Richter,

–  unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

–  unter Hinweis auf die Verfassung der Republik Haiti aus dem Jahr 1987,

–  unter Hinweis auf den gemeinsamen Bericht des Amts des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) und des BINUH vom 18. Januar 2021 mit dem Titel „Unrest in Haiti: Their impact on Human Rights and the State’s obligation to protect all citizens“ (Die Auswirkungen der Unruhen in Haiti auf die Menschenrechte und die Pflicht des Staates, alle Bürger zu schützen),

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass es nicht gelungen ist, im Oktober 2020 Wahlen abzuhalten, was zur Folge hatte, dass per Dekret regiert wird, und in der Erwägung, dass über gescheiterte Putschversuche berichtet wird, was darauf hindeutet, dass die politische und soziale Instabilität in Haiti zunimmt;

B.  in der Erwägung, dass die politische Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen geltend machen, dass die Amtszeit von Präsident Moïse gemäß der Entscheidung des Obersten Justizrates Haitis am 6. Februar 2021 endete, und auf die Ernennung eines vorläufigen Präsidenten bestehen; in der Erwägung, dass sich Jovenel Moïse weigert, zurückzutreten, da er der Ansicht ist, dass seine Amtszeit im Februar 2017 begonnen hat, nachdem er im Anschluss an eine zweite Wahl im Jahr 2016 gewählt wurde, da das Ergebnis der vorherigen Wahl aufgrund mutmaßlichen Betrugs angefochten worden war;

C.  in der Erwägung, dass Tausende Haitianer seit dem 14. Januar 2021 gegen die Verlängerung der Amtszeit von Präsident Moïse um ein Jahr sowie gegen das Referendum protestieren; in der Erwägung, dass die Proteste gewaltsam niedergeschlagen werden;

D.  in der Erwägung, dass die Amtszeit aller Mitglieder der Abgeordnetenkammer und von zwei Drittel der Mitglieder des Senats im Januar 2020 endete und dass die Amtszeit aller Bürgermeister im Juli 2020 endete, da es 2019 nicht gelungen war, rechtzeitig Wahlen abzuhalten; in der Erwägung, dass Präsident Moïse seitdem per Dekret regiert, wobei eine Vielzahl der Dekrete seine Macht als Präsident stärkt; in der Erwägung, dass Präsident Moïse Parlaments-, Kommunal- und Präsidentschaftswahlen für den 19. September 2021 anberaumt hat;

E.  in der Erwägung, dass Präsident Moïse am 5. Januar 2021 verfügt hat, dass am 27. Juni 2021 ein Verfassungsreferendum stattfinden solle, und dass er seinen Beschluss trotz der Proteste sowohl im Land selbst als auch seitens der internationalen Gemeinschaft jüngst bestätigt hat; in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Verfassungsreform eine noch stärkere Konzentration der Exekutivbefugnisse bedeuten würde; in der Erwägung, dass allgemeine Wahlen zur Änderung der Verfassung gemäß Artikel 284.3 der haitianischen Verfassung streng verboten sind; in der Erwägung, dass seitdem Tausende Haitianer auf die Straße gegangen sind, um gegen das Referendum zu protestieren;

F.  in der Erwägung, dass die EU am 6. Mai 2021 angekündigt hat, dass sie weder die Abhaltung des für den 27. Juni 2021 geplanten Referendums in Haiti finanzieren noch Beobachter zu dessen Überwachung entsenden werde, da sie das Verfahren in einem Land, das von Unsicherheit und politischer Instabilität geprägt ist, für nicht ausreichend transparent und demokratisch erachtet;

G.  in der Erwägung, dass die Kerngruppe für Haiti, die sich aus der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, den Botschaftern Brasiliens, Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Spaniens, der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten und dem Sonderbeauftragten der Organisation Amerikanischer Staaten zusammensetzt, ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht hat, dass das Verfahren der Verfassungsänderung nicht ausreichend inklusiv, partizipativ und transparent gewesen sei;

H.  in der Erwägung, dass Präsident Moïse den Ergebnissen der Untersuchung des Senats und einem Bericht des Obersten Rechnungshofs Haitis zufolge in einen Fall von Veruntreuung und Betrug verwickelt sein soll und mutmaßlich Gelder aus dem PetroCaribe-Programm erhalten hat;

I.  in der Erwägung, dass Yvickel Dieujuste Dabrésil, Richter am Obersten Gerichtshof Haitis, am 7. Februar 2021 zusammen mit 18 weiteren Personen verhaftet und der Verschwörung gegen die Regierung beschuldigt wurde; in der Erwägung, dass Richter Dabrésil am 11. Februar 2021 freigelassen wurde, die anderen 17 Personen sich aber nach wie vor in Haft befinden;

J.  in der Erwägung, dass Präsident Moïse am 8. Februar 2021 ein Dekret erlassen hat, mit dem die „Versetzung in den Ruhestand“ von drei Richtern des Obersten Gerichtshofs (Yvickel Dieujuste Dabrésil, Joseph Mécène Jean-Louis und Wendelle Coq Thelot) angeordnet wurde, und wenige Tage später ein weiteres Dekret zur Ernennung von drei neuen Richtern am Obersten Gerichtshof erlassen hat, ohne die im Gesetz vorgesehenen Verfahren einzuhalten; in der Erwägung, dass das Personal im Dienste des Justizwesens als Reaktion darauf am Montag, 15. Februar 2021, einen unbefristeten Streik begonnen hat;

K.  in der Erwägung, dass das haitianische Regime im März 2021 einen hochrangigen Polizeibeamten verhaftet hat, wodurch die Verfassungskrise im Land exponentiell verschärft wurde;

L.  in der Erwägung, dass Haiti im vergangenen Monat eine starke Zunahme der Gewalt, etwa Entführungen, Vergewaltigungen, Tötungsdelikte und Massaker, erlebt hat, die überwiegend von bewaffneten Banden ausging, deren Handeln fast gänzlich ungestraft bleibt; in der Erwägung, dass in den ersten drei Monaten des Jahres 2021 117 Menschen ermordet und 142 Menschen entführt wurden; in der Erwägung, dass es allein im April 2021 zu 91 Entführungen kam;

M.  in der Erwägung, dass die Entführung mehrerer Mitglieder des katholischen Klerus (die anschließend wieder freigelassen wurden), die sich für die Bevölkerung vor Ort einsetzen, zu der es am 11. April 2021 in Port-au-Prince kam, die haitianische und die internationale Öffentlichkeit zutiefst schockiert und zu einer Intensivierung der Proteste gegen die derzeitige Regierung geführt hat;

N.  in der Erwägung, dass seit 2015 über 300 000 Menschen das Land verlassen haben; in der Erwägung, dass die zunehmende Gewalt und die sich verschlechternde Sicherheitslage im Land zu einem starken Anstieg der Zahl der Asylsuchenden aus Haiti, insbesondere in Französisch-Guayana, und zum Rückzug vieler internationaler und humanitärer nichtstaatlicher Organisationen aus Haiti geführt haben;

O.  in der Erwägung, dass Haiti in den vergangenen Jahren mehrere Wellen umfassender Mobilisierung gegen hohe Lebenshaltungskosten, Autoritarismus und Korruption erlebt hat; in der Erwägung, dass die anhaltende politische Krise im Zusammenhang mit der Verschlechterung aller sozialen, wirtschaftlichen, sicherheits- und menschenrechtsrelevanten Indikatoren steht und diesen entspricht; in der Erwägung, dass die Armut zugenommen hat, sich der Zugang zu grundlegenden Sozialleistungen, der bereits eingeschränkt war, weiter verringert hat und sich die Ernährungsunsicherheit im Zeitraum von zwei Jahren fast verdoppelt hat und nunmehr Millionen von Haitianern betrifft; in der Erwägung, dass Haiti das einzige Land des amerikanischen Kontinents ist, das zu den am wenigsten entwickelten Ländern zählt; in der Erwägung, dass Haiti, das nach dem Index der menschlichen Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) 2019 den 170. Rang aller Länder weltweit einnimmt, weiterhin auf humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe angewiesen ist und das ärmste Land des amerikanischen Kontinents und eines der ärmsten Länder der Welt ist, da 59 % seiner Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben; in der Erwägung, dass die Korruption innerhalb der Regierung grassiert und Haiti im Korruptionswahrnehmungsindex 2018 von Transparency International unter den 180 berücksichtigten Staaten den 161. Rang einnimmt;

P.  in der Erwägung, dass zwischen August 2020 und Februar 2021 etwa vier Millionen Menschen(4) in Haiti akuter Ernährungsunsicherheit ausgesetzt waren; in der Erwägung dass der wirtschaftliche Niedergang, schlechte Ernten, der Hurrikan Laura (am 23. August 2020) und die COVID-19-Pandemie zu den Hauptursachen dafür zählen, dass sich die Lage in Bezug auf die Ernährungssicherheit verschärft hat;

Q.  in der Erwägung, dass die Unruhen und das bürokratische Chaos in den Mittelpunkt gerückt sind, was Störungen bei der Bereitstellung von COVID-19-Impfstoffen durch Haiti verursacht und dadurch das Risiko birgt, dass es mehr Todesopfer zu beklagen gibt und das Land bei der weltweiten Bekämpfung des Virus ins Hintertreffen gerät; in der Erwägung, dass der unzureichende Umgang mit der COVID-19-Pandemie nur zu den bereits bestehenden zugrundeliegenden gesellschaftlichen Problemen beiträgt;

R.  in der Erwägung, dass Haiti für die Finanzierung des Wiederaufbaus nach dem Erdbeben von 2010 von der internationalen Gemeinschaft Hilfe in beispiellosem Ausmaß erhalten hat; in der Erwägung, dass diese Bemühungen für die Bevölkerung Haitis heute in keiner Weise spürbar sind, weshalb eine schlechte Regierungsführung und eine erhebliche Misswirtschaft mit den Finanzmitteln zu befürchten sind;

S.  in der Erwägung, dass aufgrund der Misswirtschaft mit internationalen Mitteln, die das Land erhalten hat, und der hohen Gebühren für Bildung, verbunden mit den oftmals niedrigen Einkommen der Familien und der geringen Qualität des Bildungsangebots, etwa die Hälfte der Haitianer ab 15 Jahren Analphabeten sind; in der Erwägung, dass aufgrund der weiteren Eskalation der Unruhen, aufgrund der Pandemie und aufgrund von deren Auswirkungen auf den Alltag der Haitianer 70 % der haitianischen Kinder keine Schule besuchen; in der Erwägung, dass mindestens 350 000 Kinder und junge Menschen im ganzen Land keine Grund- oder Sekundarschule besuchen;

T.  in der Erwägung, dass das System des Restavèk, eine moderne Form der Sklaverei, in Haiti immer noch gängige Praxis ist; in der Erwägung, dass dieses System darin besteht, dass haitianische Kinder aus armen Familien von ihren Eltern an andere Familien abgegeben werden, bei denen sie leben und als Hausangestellte arbeiten; in der Erwägung, dass diese Kinder oftmals Opfer von Missbrauch und Misshandlung sind und keinen Zugang zu Schulbildung haben;

1.  fordert die Behörden Haitis nachdrücklich auf, freie, faire, transparente und glaubwürdige Parlaments-, Kommunal- und Präsidentschaftswahlen abzuhalten und während dieser Wahlen für anhaltende Sicherheit zu sorgen; weist erneut darauf hin, dass die EU keine finanzielle oder technische Unterstützung für die Wahlprozesse bereitstellen sollte, solange die Bedingungen in Bezug auf Transparenz, Fairness und Demokratie nicht erfüllt sind; verweist darauf, dass die anhaltende politische Krise in Haiti nur durch einen glaubwürdigen, transparenten, partizipativen und friedlichen Wahlprozess überwunden werden kann;

2.  betont, wie wichtig ein unabhängiges und besser zugängliches Justizsystem ist, und fordert die haitianische Regierung auf, die Verfassung Haitis von 1987, insbesondere Artikel 284.3, sowie die Grundsätze der Demokratie zu achten und die Rechtsstaatlichkeit zu stärken; beharrt darauf, dass die umfassende, gleichberechtigte und sinnvolle Teilhabe von Frauen und die Einbeziehung aller Haitianer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen sowie der Zivilgesellschaft, in die politischen Prozesse Haitis von entscheidender Bedeutung sind;

3.  beharrt nachdrücklich darauf, dass die haitianischen Behörden ihre Bemühungen um die Beendigung der Zusammenstöße zwischen verschiedenen Banden sowie der bewaffneten Angriffe auf Zivilisten und Strafverfolgungsbeamte intensivieren und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht stellen müssen;

4.  ist weiterhin zutiefst besorgt über die sich verschlechternde humanitäre, politische und sicherheitspolitische Lage in Haiti; verurteilt aufs Schärfste sämtliche Menschenrechtsverletzungen und Gewalttaten, insbesondere die steigende Anzahl von Entführungen, der Fälle von Kinderhandel mit der Dominikanischen Republik, von Tötungsdelikten und Vergewaltigungen, und betont, dass Gewalt gegen Frauen, Mädchen und ältere Menschen bekämpft werden muss; verurteilt aufs Schärfste die Entführung mehrerer Angehöriger des katholischen Klerus im vergangenen Monat in Port-au-Prince; verweist darauf, dass die Gewalt in Haiti eng verknüpft ist mit bewaffneten Banden, von denen einige von Oligarchen vor Ort unterstützt und finanziert werden; fordert eine umgehende und abgestimmte Reaktion der haitianischen Behörden, um Gewalt zu verhindern, ihre Ursachen zu bekämpfen und die Straffreiheit der Verantwortlichen zu beenden; verweist darauf, dass die Reform des Justizsystems und die Bekämpfung der Korruption weiterhin Priorität haben müssen;

5.  fordert eine unabhängige Untersuchung des Massakers von La Saline und vergleichbarer Gräueltaten; fordert, dass alle für diese Verbrechen Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden und ihnen ein faires Verfahren gewährt wird;

6.  verurteilt die mutmaßliche Anwendung tödlicher Gewalt gegen Demonstranten sowie willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen; verurteilt die Gewalt gegen Journalisten; fordert die haitianischen Behörden nachdrücklich auf, der Praxis der lang andauernden Untersuchungshaft ein Ende zu setzen; fordert die haitianischen Behörden auf, die Grundrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Vereinigungsfreiheit zu achten;

7.  bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung für alle Menschenrechtsverteidiger und Umweltaktivisten in Haiti und für ihre Tätigkeit;

8.  fordert die haitianischen Behörden auf, auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen – darunter auch bei der Bekämpfung der Korruption und des Klientelismus – für eine verantwortungsvollere Regierungsführung zu sorgen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, systematisch dafür zu sorgen, dass jede Hilfe, einschließlich der humanitären Hilfe, wirksam überwacht wird, damit sichergestellt ist, dass sie für jene Projekte verwendet wird, für die sie gewährt wird;

9.  fordert die haitianischen Behörden auf, die Verdachtsfälle von Betrug und Misswirtschaft im Zusammenhang mit den internationalen Mitteln, die das Land infolge des Erdbebens von 2010 erhalten hat, aufzuklären und die Täter zu bestrafen;

10.  fordert – insbesondere aufgrund der jüngsten Korruptionsvorwürfe und des Berichts des Obersten Rechnungshofs Haitis – eine Prüfung und einen Bericht des Europäischen Rechnungshofs dazu, wie EU-Mittel in Haiti verwendet werden;

11.  fordert, dass die Europäische Union weiterhin finanzielle Mittel für Haiti bereitstellt, um die schwere Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung, die durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft wurden, zu bekämpfen; fordert ferner die zuständigen Dienststellen der Europäischen Union auf, die Überwachung und ordnungsgemäße Verwaltung der EU-Hilfe sicherzustellen, damit diese direkt den bedürftigen Bevölkerungsgruppen zugutekommt;

12.  bedauert, dass Haiti noch nicht die erforderlichen Schritte unternommen hat, um COVID-19-Impfstoffe zu erhalten; fordert die haitianischen Behörden nachdrücklich auf, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die Impfstoffe zu erhalten;

13.  begrüßt die Bereitstellung von 17 Mio. EUR durch die EU, um die Bedürftigsten in Haiti und anderen Ländern der Karibik zu unterstützen; fordert die Kommission auf, der humanitären Hilfe für Haiti weiterhin Vorrang einzuräumen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe für Haiti wirksam mit der Entwicklungsstrategie des Landes verknüpft ist;

14.  fordert ein Ende der Restavèk-Praxis; fordert die haitianische Regierung auf, Maßnahmen einzuführen, mit denen sichergestellt wird, dass Kinder registriert und sowohl körperlich als auch psychisch geschützt werden, und die Schulpflicht durchzusetzen; fordert die EU auf, mit der haitianischen Regierung dahingehend zusammenzuarbeiten, einen Rechtsrahmen umzusetzen, um die Rechte der Kinder zu schützen;

15.  fordert die Regierung Haitis auf, das Wohlergehen seiner Bürger in allen wesentlichen Belangen sicherzustellen; betont, dass es andernfalls zu einer unumkehrbaren Abwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften kommen und dies dazu führen könnte, dass Haiti nicht funktionsfähig ist;

16.  ist besorgt über den massenhaften Zustrom von haitianischen Staatsangehörigen in Französisch-Guayana, die Asyl suchen oder sich in einer irregulären Situation befinden, und fordert die EU auf, die europäischen Hoheitsgebiete in der Region dabei zu unterstützen, die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels zu verstärken;

17.  bekräftigt, wie wichtig einheitliche, abgestimmte und verstärkte internationale Anstrengungen zur Unterstützung der Bevölkerung Haitis sind; betont, wie wichtig es ist, Haiti weiterhin vonseiten der EU und von internationaler Seite zu unterstützen, um dazu beizutragen, die Voraussetzungen für friedliche, demokratische Wahlen zu schaffen, und um die langfristige Stabilität, Entwicklung und wirtschaftliche Eigenständigkeit des Landes zu ermöglichen;

18.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Ministerrat und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten und der Europäischen Union sowie den Organen des Cariforum und den haitianischen Behörden zu übermitteln.

(1) ABl. C 136 E vom 11.5.2012, S. 46.
(2) ABl. C 463 vom 21.12.2018, S. 40.
(3) Angenommene Texte, P9_TA(2019)0074.
(4) Quelle: Daten der Integrierten Phasenklassifikation zur Ernährungssicherheit (IPC).


Die Lage im Tschad
PDF 133kWORD 48k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zur Lage im Tschad (2021/2695(RSP))
P9_TA(2021)0253RC-B9-0290/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2020 zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der EU und Afrikas in der Sahelzone, in Westafrika und am Horn von Afrika(1),

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) zum Tod von Präsident Idriss Déby Itno am 20. April 2021,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 20. April 2021 zum Tschad,

–  unter Hinweis auf das Kommuniqué der Außen- und Entwicklungsminister der G7 vom 5. Mai 2021,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Erkundungsmission des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union vom 29. April bis 5. Mai 2021 im Tschad,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Europäischen Rates und der Mitgliedstaaten der G5 der Sahelzone vom 28. April 2020 zu Sicherheit, Stabilität und Entwicklung in der Sahelzone,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. April 2021, in denen er bekräftigt, wie wichtig eine solide und langfristige Partnerschaft zwischen der EU und der Sahelzone ist,

–  unter Hinweis auf das nationale Richtprogramm für den Tschad im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) 2014–2020,

–  unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) und der EU vom 11. März 2021 zu Demokratie und der Achtung der Verfassungen in den EU- und den AKP-Ländern,

–  unter Hinweis auf die Verfassung des Tschad,

–  unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker, die am 27. Juni 1981 verabschiedet wurde und am 21. Oktober 1986 in Kraft trat,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Präsident des Tschad, Idriss Déby Itno, der seit 31 Jahren an der Macht war, bei einem militärischen Zusammenstoß mit Rebellengruppen am 20. April 2021 ums Leben kam, einen Tag, nachdem er zum Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 11. April 2021 erklärt worden war;

B.  in der Erwägung, dass der militärische Übergangsrat nach dem Tod von Idriss Déby eine verfassungswidrige Machtübergabe organisiert und eine Übergangsregierung unter der Leitung von Mahamat Idriss Déby, dem Sohn des Präsidenten des Tschad, eingesetzt hat; in der Erwägung, dass der militärische Übergangsrat die Verfassung ausgesetzt, die Regierung und die Nationalversammlung aufgelöst und für einen Zeitraum von 18 Monaten, der einmal verlängert werden kann, anstelle der Verfassung eine „Übergangscharta“ in Kraft gesetzt hat;

C.  in der Erwägung, dass in der Verfassung des Tschad für den Fall, dass das Amt des Staatsoberhaupts unbesetzt ist oder dieses dauerhaft amtsunfähig wird, vorgesehen ist, dass die Übergangspräsidentschaft vom Präsidenten der Nationalversammlung ausgeübt wird, der innerhalb von 45 bis 90 Tagen Wahlen abhalten muss;

D.  in der Erwägung, dass der militärische Übergangsrat am 2. Mai 2021 unter Beteiligung einiger Mitglieder der Opposition eine Übergangsregierung mit einem zivilen Ministerpräsidenten, Albert Pahimi Padacké, ernannt hat; in der Erwägung, dass Padacké bei den Präsidentschaftswahlen vom 11. April 2021 Zweiter wurde, obwohl er als einer der Verbündeten des ehemaligen Präsidenten Déby galt und von 2016 bis 2018 Ministerpräsident war;

E.  in der Erwägung, dass die Erkundungsmission des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union vom 29. April bis 5. Mai 2021 im Tschad betont hat, wie wichtig es ist, eine tragfähige und allgemein akzeptable Verfassung für den Tschad auszuarbeiten, und die Ansicht vertritt, dass die Übergangscharta nicht geeignet ist, die politischen und bürgerlichen Rechte der Bevölkerung während des Übergangszeitraums zu gewährleisten;

F.  in der Erwägung, dass die Militärregierung am 27. April 2021 unverhältnismäßige und unrechtmäßige bewaffnete Gewalt gegen demonstrierende Bürger ausgeübt hat; in der Erwägung, dass dies von Menschenrechtsorganisationen und der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der Afrikanischen Union und der Europäischen Union, allgemein verurteilt wurde; in der Erwägung, dass als Reaktion auf Proteste seit dem Tod von Präsident Déby mindestens sechs Menschen getötet, Dutzende verletzt und zahlreiche Menschen willkürlich festgenommen und inhaftiert wurden; in der Erwägung, dass angenommen wird, dass bei den Zusammenstößen mehr als 600 Menschen festgenommen wurden;

G.  in der Erwägung, dass die Amtszeit von Präsident Déby durch systematische und anhaltende Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet war;

H.  in der Erwägung, dass der Zeitraum vor der Wahl von Verfolgung und willkürlichen Verhaftungen von mehr als 112 politischen Gegnern und Menschenrechtsverteidigern geprägt war; in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte in den Wochen im Vorfeld des Wahlkampfs unverhältnismäßige und unrechtmäßige Gewalt gegen friedliche Demonstranten eingesetzt haben; in der Erwägung, dass die Wahlen von der Opposition und einigen Mitgliedern der Zivilgesellschaft weitgehend boykottiert wurden;

I.  in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage in der Sahelzone in den letzten Jahren erheblich verschlechtert hat, was eine ernsthafte Bedrohung für die regionale und internationale Sicherheit darstellt; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverletzungen und Massenmorde weit verbreitet sind; in der Erwägung, dass die Zahl gewaltsamer extremistischer Aktivitäten im Jahr 2019 in keiner Region so schnell zugenommen hat wie in der Sahelzone; in der Erwägung, dass es der multinationalen Eingreiftruppe seit ihrer Gründung im Jahr 2015 gelungen ist, terroristische Gruppen aus zahlreichen Gebieten zu vertreiben, die sich unter ihrer Kontrolle befanden, dass die Region jedoch nach wie vor höchst instabil ist;

J.  in der Erwägung, dass der Tschad stark unter terroristischen Aktivitäten und Anschlägen leidet; in der Erwägung, dass sich Boko Haram – seit 2015 mit dem Islamischen Staat verbündet – in der gesamten Region ausbreitet und erhebliche Vertreibungen im Tschadseebecken verursacht; in der Erwägung, dass es im Tschad derzeit 133 000 Binnenvertriebene und etwa 500 000 Flüchtlinge gibt; in der Erwägung, dass die militärischen Auseinandersetzungen mit Rebellengruppen wie der Front für Veränderung und Eintracht im Tschad (FACT) seit den Wahlen in diesem Jahr zugenommen haben; in der Erwägung, dass die Armee des Tschad kürzlich behauptet hat, die FACT besiegt zu haben; in der Erwägung, dass der militärische Übergangsrat den Vorschlag bewaffneter Rebellengruppen der FACT, die Kampfhandlungen einzustellen und Verhandlungen zu führen, abgelehnt hat;

K.  in der Erwägung, dass die EU die G5 der Sahelzone unterstützt, eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung Burkina Fasos, des Tschad, Malis, Mauretaniens und des Niger, bei der die Maßnahmen in den Bereichen regionale Entwicklung und Sicherheit koordiniert werden, um den Terrorismus zu bekämpfen und Stabilität in der Region zu schaffen, und bei der die Armee des Tschad ein Schlüsselelement ist; in der Erwägung, dass das Mandat der EU-Ausbildungsmission (EUTM) in Mali im März 2020 verlängert wurde, um die nationalen Streitkräfte der Länder der G5 der Sahelzone, einschließlich des Tschad, zu beraten und auszubilden; in der Erwägung, dass Mauretanien und Niger von ihren Partnern in der G5 der Sahelzone als Vermittler benannt wurden, um einen inklusiven Dialog zwischen allen Protagonisten der derzeitigen Unruhen im Tschad sicherzustellen und die Voraussetzungen für einen einvernehmlichen, friedlichen und erfolgreichen Übergang zu schaffen;

L.  in der Erwägung, dass der Tschad zwar ein erdölexportierendes Land ist, jedoch unter weit verbreiteter Armut, Ernährungsunsicherheit, Korruption, Straffreiheit, Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie einem Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten leidet; in der Erwägung, dass das Land auf dem Index der menschlichen Entwicklung 2019 auf Platz 187 von 189 Ländern steht;

M.  in der Erwägung, dass die EU die Bemühungen um Entwicklung, Frieden und Sicherheit im Tschad und in der gesamten Sahelzone über den EEF, die Friedensfazilität für Afrika, das Stabilitäts- und Friedensinstrument und den EU-Treuhandfonds für Afrika unterstützt; in der Erwägung, dass die EU zwischen 2014 und 2020 im Rahmen des EEF 542 Mio. EUR für den Tschad bereitgestellt hat, um unter anderem die Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit zu unterstützen; in der Erwägung, dass die Friedensfazilität für Afrika am 1. Juli 2021 durch die künftige Europäische Friedensfazilität ersetzt werden soll;

1.  bedauert die Ermordung von Präsident Idriss Déby sowie die jüngste Gewalt und den Verlust von Menschenleben infolge von Angriffen bewaffneter Gruppen in der Region; bekräftigt seine Besorgnis über die anhaltende Krise im Tschad und die instabile Sicherheitslage im Norden des Landes und verurteilt die wiederholten Verletzungen der Menschenrechte sowie des Völkerrechts und des humanitären Rechts aufs Schärfste;

2.  verurteilt die militärische Machtübernahme durch den militärischen Übergangsrat vom 20. April 2021, die anschließende Aussetzung der tschadischen Verfassung und die Auflösung der Regierung; lehnt die ohne demokratische Konsultation erfolgende Ausarbeitung einer Charta durch den militärischen Übergangsrat ab;

3.  ist überzeugt, dass die derzeitigen Trennlinien innerhalb der tschadischen Gesellschaft nicht mit militärischen Mitteln überwunden werden können, und fordert alle Parteien auf, von Gewaltakten abzusehen, sich am politischen Dialog zu beteiligen und das Leben der Zivilbevölkerung zu schonen;

4.  fordert den militärischen Übergangsrat auf, für eine ungehinderte und rasche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung zu sorgen und sicherzustellen, dass die demokratischen Werte gewahrt werden; weist darauf hin, dass die Ernennung einer zivilen Übergangsregierung, der auch Mitglieder einiger Oppositionsgruppen angehören, ein erster Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung ist; fordert den militärischen Übergangsrat ferner auf, die Voraussetzungen für einen inklusiven nationalen Dialog zwischen der Regierung und den Akteuren der Zivilgesellschaft zu schaffen und zu erhalten und dafür zu sorgen, dass so bald wie möglich ein friedlicher. von zivilen Kräften geführter rascher Übergang zu demokratischen, freien und fairen Wahlen stattfindet, dessen Ergebnis ein demokratisch gewählter Präsident und eine inklusive Regierung sind;

5.  weist erneut darauf hin, dass ein echter demokratischer Übergang und Reformen von der Zivilbevölkerung geleitet werden müssen und unter umfassender und aktiver Beteiligung von Organisationen der Zivilgesellschaft, Frauen und jungen Menschen, Oppositionsparteien und der freien Presse erfolgen müssen, die in der Lage sein sollten, ohne Gewalt, Einschüchterung oder Einschränkungen zu agieren;

6.  verurteilt die Einschränkung des Demonstrationsrechts und die Anwendung von Gewalt gegen Demonstranten durch den militärischen Übergangsrat; fordert den militärischen Übergangsrat nachdrücklich auf, alle Personen freizulassen, die nach den jüngsten Demonstrationen inhaftiert wurden; fordert ferner die Einsetzung eines unabhängigen und unparteiischen Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Misshandlungen, zu denen es während der Demonstrationen gekommen ist, und von etwaigen Menschenrechtsverletzungen, einschließlich der offenkundigen Anwendung unnötiger oder unverhältnismäßiger Gewalt zur Auflösung der Protestdemonstrationen;

7.  ist besorgt über Korruption und Straflosigkeit im Tschad; weist darauf hin, dass das Versäumnis, gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen, zur Fortsetzung der Misshandlungen beiträgt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die staatlichen Institutionen schwächt;

8.  fordert den HR/VP sowie die EU-Delegation und die EU-Missionen im Tschad auf, für die vollständige Umsetzung der EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern und des EU-Aktionsplans für Menschenrechte und Demokratie zu sorgen, unter anderem durch Beobachtung von Protesten und durch Bereitstellung der im Plan der Zivilgesellschaft für eine Beendigung der Krise geforderten Unterstützung;

9.  fordert die internationale Gemeinschaft auf, den Tschad bei seinen Bemühungen um Demokratie zu unterstützen; fordert insbesondere die Afrikanische Union und die G5 auf, den Tschad dabei zu unterstützen, einen inklusiven und intergesellschaftlichen Dialog mit einer dauerhaften und friedlichen Lösung zu ermöglichen; bekräftigt, dass von äußerer Einmischung Abstand genommen werden muss und die Einheit, Stabilität und territoriale Unversehrtheit des Tschad geschützt werden müssen; fordert die Präsidenten Mauretaniens und des Niger auf, den Tschad weiterhin als Vermittler in der Krise im Lande zu unterstützen, bis die derzeitige Krise dauerhaft und friedlich überwunden ist;

10.  erkennt die wichtige Rolle an, die der Tschad im Kampf gegen den Terrorismus innerhalb der G5 der Sahelzone spielt; beharrt darauf, dass die internationalen Menschenrechtsübereinkommen eingehalten werden müssen; beharrt darauf, dass die territoriale Integrität und Stabilität des Tschad in dem zerbrechlichen Sicherheitsgefüge der Region gewahrt werden muss; hebt hervor, dass in der Sahelzone eine humanitäre Notlage besteht;

11.  weist erneut darauf hin, dass regionale Organisationen und Partnerschaften, einschließlich der Afrikanischen Union und der G5, wichtige Akteure bei der Organisation und Unterstützung einer Strategie zur Bekämpfung von Terrorismus und Instabilität in der Sahelzone unter afrikanischer Führung sind; bekräftigt seine Unterstützung für die regionale multinationale Eingreiftruppe und ihre fortgesetzte Unterstützung durch die Friedensfazilität für Afrika, die demnächst von der Europäischen Friedensfazilität weitergeführt werden soll; fordert, dass zivilgesellschaftliche Akteure, die über Menschenrechtsverletzungen berichten, geschützt und nicht bedroht werden;

12.  weist erneut darauf hin, dass Klimawandel, Ernährungsunsicherheit, Bevölkerungswachstum, Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Armut, mangelnde Bildungschancen und fehlende wirtschaftliche Möglichkeiten sowie gewaltsame und ideologische Einmischungen ausländischer dschihadistischer Gruppierungen die Ursachen für Instabilität, Gewalt und die Rekrutierung von Terroristen in der gesamten Sahelzone sind; weist darauf hin, dass dieser Druck durch die COVID-19-Pandemie verschärft wurde und Fortschritte bei der Entwicklung erheblich behindert wurden; betont, dass die Hilfe in den Bereichen Sicherheit, Entwicklung, humanitäre Probleme und Demokratieförderung koordiniert werden muss, um eine dauerhafte nachhaltige Entwicklung in der gesamten Region sicherzustellen; befürwortet den Übergang zu einem stärker integrierten Ansatz für die Stabilisierung mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der zivilen und der politischen Dimension;

13.  betont, dass der Tschad ein starker Partner der EU ist und bleiben sollte, und bekräftigt seine Zusage, für einen Dialog und eine friedliche Lösung der derzeitigen politischen Krise zu sorgen;

14.  fordert eine Bewertung der der Region zugewiesenen EU-Mittel, um sicherzustellen, dass keine Mittel missbraucht werden;

15.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Regierung und der Nationalversammlung des Tschad sowie der Afrikanischen Union und ihren Organen zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0213.


Umwelt: die Århus-Verordnung ***I
PDF 204kWORD 62k
Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (COM(2020)0642 – C9-0321/2020 – 2020/0289(COD))(1)
P9_TA(2021)0254A9-0152/2021

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Vorschlag der Kommission   Geänderter Text
Abänderung 1
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 2
(2)  Die Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates4 wurde erlassen, um zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Århus beizutragen, indem Vorschriften für dessen Anwendung auf die Organe und Einrichtungen der Union festgelegt wurden.
(2)  Die Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates4 wurde erlassen, um zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Århus beizutragen, indem Vorschriften für dessen Anwendung auf die Organe und Einrichtungen der Union festgelegt wurden. Mit der vorliegenden Verordnung wird die Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 im Hinblick auf die Umsetzung von Artikel 9 Absätze 3 und 4 des Übereinkommens geändert.
__________________
__________________
4 Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. L 264 vom 25.9.2006, S. 13).
4 Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. L 264 vom 25.9.2006, S. 13).
Abänderung 2
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 3
(3)  Die Kommission kündigte in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ an, eine Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 ins Auge zu fassen, um Bürgerinnen und Bürgern sowie nichtstaatlichen Umweltorganisationen, die Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von Entscheidungen, die sich auf die Umwelt auswirken, mit dem Umweltrecht haben, den Zugang zur administrativen und gerichtlichen Überprüfung auf Unionsebene zu erleichtern. Darüber hinaus sagte die Kommission zu, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zur Justiz vor nationalen Gerichten in allen Mitgliedstaaten zu verbessern; zu diesem Zweck veröffentlichte sie eine Mitteilung über die „Verbesserung des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in der EU und ihren Mitgliedstaaten“.
(3)  Die Kommission kündigte in ihrer Mitteilung vom 11. Dezember 2019 über den europäischen Grünen Deal an, eine Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 ins Auge zu fassen, um Bürgerinnen und Bürgern sowie nichtstaatlichen Umweltorganisationen, die konkrete Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von Verwaltungsakten, die sich auf die Umwelt auswirken, mit dem Umweltrecht haben, den Zugang zur administrativen und gerichtlichen Überprüfung auf Unionsebene zu erleichtern. Darüber hinaus sagte die Kommission zu, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zur Justiz vor nationalen Gerichten in allen Mitgliedstaaten zu verbessern; zu diesem Zweck veröffentlichte sie ihre Mitteilung vom 14. Oktober 2020 über die „Verbesserung des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in der EU und ihren Mitgliedstaaten“, in der es wie folgt heißt: „Der Zugang zur Justiz in Umweltangelegenheiten über den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und über die nationalen Gerichte als Unionsgerichte trägt wesentlich zur Verwirklichung des europäischen Grünen Deals bei. Auf diese Weise kann auch die Rolle der Zivilgesellschaft als Kontrollinstanz im demokratischen Raum gestärkt werden“.
Abänderung 3
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 3 a (neu)
(3a)  Gemäß Artikel 9 Absatz 4 des Übereinkommens von Århus sollten Gerichtsverfahren, die in den Anwendungsbereich von Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens fallen, nicht übermäßig teuer sein. Um sicherzustellen, dass Gerichtsverfahren nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 nicht übermäßig teuer1a und für den Antragsteller vorhersehbar sind, sollten die Organe bzw. Einrichtungen der Union im Falle ihres Obsiegens in einem Rechtsstreit Kostenanträge stellen, deren Höhe angemessen sind.
__________________
1a Mitteilung der Kommission vom 4. April 2019 mit dem Titel „Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik 2019: Ein Europa, das seine Bürgerinnen und Bürger schützt und ihre Lebensqualität verbessert“ und Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2020 mit dem Titel „Verbesserung des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in der EU und ihren Mitgliedstaaten“.
Abänderung 4
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 4
(4)  Unter Berücksichtigung von Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Århus sowie der vom Ausschuss zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Århus geäußerten Bedenken5 sollte das Unionsrecht in einer Weise mit den Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Einklang gebracht werden, die mit den Grundprinzipien des Unionsrechts und seinem System der gerichtlichen Überprüfung vereinbar ist.
(4)  Unter Berücksichtigung von Artikel 9 Absätze 3 und 4 des Übereinkommens von Århus sowie der vom Ausschuss zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Århus abgegebenen Empfehlungen sollte das Unionsrecht in einer Weise mit den Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Einklang gebracht werden, die mit den Grundprinzipien des Unionsrechts, einschließlich der Verträge, und seinem System der gerichtlichen Überprüfung vereinbar ist. Die Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 sollte entsprechend geändert werden.
__________________
__________________
5 Siehe Feststellungen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Århus in der Sache ACCC/C/2008/32 unter https://www.unece.org/env/pp/compliance/Compliancecommittee/32TableEC.html.
5 Siehe Empfehlungen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Århus ACCC/M/2017/3 und ACCC/C/2015/128, abrufbar unter https://unece.org/env/pp/cc/accc.m.2017.3_european-union und https://unece.org/env/pp/cc/accc.m.2017.3_european-union.
Abänderung 5
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 4 a (neu)
(4a)  Gemäß Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Århus „stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.“ Die in der Århus-Verordnung vorgesehene verwaltungsbehördliche Überprüfung stellt eine Ergänzung zum allgemeinen EU-System der verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfung dar, das es Mitgliedern der Öffentlichkeit ermöglicht, Verwaltungsakte überprüfen zu lassen, und zwar sowohl im Wege einer direkten Klage auf Unionsebene gemäß Artikel 263 Absatz 4 AEUV als auch gemäß Artikel 267 AEUV über nationale Gerichte, die gemäß den Verträgen einen integralen Bestandteil des EU-Systems bilden.
Abänderung 6
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 5
(5)  Die in der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 vorgesehene Beschränkung der internen Überprüfung auf Verwaltungsakte zur Regelung von Einzelfällen ist das Haupthindernis für im Umweltbereich tätige Nichtregierungsorganisationen, die eine interne Überprüfung nach Artikel 10 jener Verordnung auch im Fall von Verwaltungsakten mit umfassenderem Anwendungsbereich anstreben. Daher muss der Anwendungsbereich des in jener Verordnung festgelegten internen Überprüfungsverfahrens auf nichtlegislative Akte mit allgemeiner Geltung ausgeweitet werden.
(5)  Die in der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 vorgesehene Beschränkung der internen Überprüfung auf Verwaltungsakte zur Regelung von Einzelfällen ist der wichtigste Unzulässigkeitsgrund für im Umweltbereich tätige Nichtregierungsorganisationen, die eine interne Überprüfung nach Artikel 10 der genannten Verordnung auch im Fall von Verwaltungsakten mit umfassenderem Anwendungsbereich anstreben. Daher ist es angezeigt, den Anwendungsbereich des in der genannten Verordnung festgelegten internen Überprüfungsverfahrens auf nichtlegislative Akte mit allgemeiner Geltung auszuweiten.
Abänderung 7
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 6
(6)  Für die Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 sollte die Definition des Begriffs „Verwaltungsakt“ nichtlegislative Akte umfassen. Jedoch könnte ein nichtlegislativer Akt Durchführungsmaßnahmen auf nationaler Ebene nach sich ziehen, gegen die im Umweltbereich tätige Nichtregierungsorganisationen gerichtlichen Schutz erwirken können, und zwar auch vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 267 AEUV. Daher sollten diejenigen Bestimmungen solcher nichtlegislativen Akte, für die nach dem Unionsrecht Durchführungsmaßnahmen auf nationaler Ebene erforderlich sind, vom Anwendungsbereich der internen Überprüfung ausgenommen werden.
(6)  Für die Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 sollte die Definition des Begriffs „Verwaltungsakt“ nichtlegislative Akte umfassen. Jedoch könnte ein nichtlegislativer Akt Durchführungsmaßnahmen auf nationaler Ebene nach sich ziehen, gegen die gerichtlicher Schutz erwirkt werden kann, und zwar auch vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 267 AEUV.
Abänderung 8
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 7
(7)  Damit solche Bestimmungen vom Begriff des Verwaltungsakts ausgenommen werden, muss das Unionsrecht – im Interesse der Rechtssicherheit – ausdrücklich den Erlass von Durchführungsakten für diese Bestimmungen vorschreiben.
entfällt
Abänderung 9
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 9
(9)  Der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 erstreckt sich auf nach dem Umweltrecht angenommene Verwaltungsakte. Dagegen bezieht sich Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Århus auf die Anfechtung von Handlungen, die gegen umweltbezogene Bestimmungen „verstoßen“. Daher muss klargestellt werden, dass anhand interner Überprüfungen festgestellt werden sollte, ob ein Verwaltungsakt gegen das Umweltrecht verstößt.
(9)  Der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 erstreckt sich auf im Bereich des Umweltrechts erlassene Verwaltungsakte. Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Århus bezieht sich auf die Anfechtung von Handlungen oder Unterlassungen, die gegen umweltbezogene Bestimmungen „verstoßen“. Daher muss im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union klargestellt werden, dass anhand interner Überprüfungen festgestellt werden sollte, ob ein Verwaltungsakt gegen Umweltrecht im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f verstößt.
Abänderung 10
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 10
(10)  Bei der Prüfung, ob ein Verwaltungsakt Bestimmungen enthält, die aufgrund ihrer Wirkung möglicherweise gegen das Umweltrecht verstoßen, ist zu erwägen, ob sich die Bestimmungen nachteilig auf die Verwirklichung der in Artikel 191 AEUV genannten Ziele der Umweltpolitik der Union auswirken können. Folglich sollte sich der Mechanismus der internen Überprüfung auch auf Akte erstrecken, die zur Umsetzung anderer politischer Maßnahmen als der Umweltpolitik der Union erlassen wurden.
(10)  Bei der Feststellung, ob ein Verwaltungsakt Bestimmungen enthält, die möglicherweise gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f verstoßen, ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu prüfen, ob sich die Bestimmungen nachteilig auf die Verwirklichung der in Artikel 191 AEUV genannten Ziele der Umweltpolitik der Union auswirken können. Wenn dies der Fall ist, sollte sich der Mechanismus der internen Überprüfung auch auf Akte erstrecken, die zur Umsetzung anderer politischer Maßnahmen als der Umweltpolitik der Union erlassen wurden.
Abänderung 11
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 10 a (neu)
(10a)  Gemäß der Auslegung von Artikel 263 Absatz 1 AEUV durch den Gerichtshof der Europäischen Union1a gilt eine Handlung als außenwirksam und somit einer Überprüfung zugänglich, wenn sie dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen. Verwaltungsakte, wie z. B. Ernennungen oder vorbereitende Handlungen, die keine Rechtswirkung gegenüber Dritten entfalten und gemäß der Rechtsprechung des EuGH nicht als außenwirksam angesehen werden können sollten daher keine Verwaltungsakte im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 darstellen.
__________________
1a Urteil des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a. / Parlament und Rat, C-583/11 P, ECLI:EU:C:2013:625, Rn. 56.
Abänderung 12
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 10 b (neu)
(10b)  Um rechtliche Kohärenz zu gewährleisten, gilt eine Handlung als rechtswirksam und somit gemäß der Auslegung von Artikel 263 Absatz 1 AEUV durch den EuGH1a als für eine Überprüfung in Frage kommend. Wird eine Handlung als rechtswirksam betrachtet, so bedeutet dies, dass sie unabhängig von ihrer Form Gegenstand einer Überprüfung sein kann, da ihre rechtliche Natur im Hinblick auf ihre Wirkungen, ihr Ziel und ihren Inhalt festgestellt wird1b.
__________________
1a Urteil des Gerichtshofs vom 29. Januar 2021 in der Rechtssache T-9/19, ClientEarth/EIB, ECLI:EU:C:2021:42, Rn. 149 und 153. Siehe auch Urteil in der Rechtssache C-583/11 P, Rn. 56.
1b Urteile des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1957, Usines à tubes de la Sarre gegen Hohe Behörde, 1/57 und 14/57, ECLI:EU:C:1957:13, S. 114; vom 31. März 1971, Kommission gegen Rat, 22/70, ECLI:EU:C:1971:32, Rn. 42; vom 16. Juni 1993, Frankreich gegen Kommission, C-325/91, ECLI:EU:C:1993:245, Rn. 9; vom 20. März 1997, Frankreich gegen Kommission, C-57/95, ECLI:EU:C:1997:164, Rn. 22; und vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland gegen Kommission, C-463/10 P und C-475/10 P, ECLI:EU:C:2011:656, Rn. 36.
Abänderung 13
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 10 c (neu)
(10c)  Verfahrensfristen für die Einleitung einer verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Überprüfung sollten erst dann zu laufen beginnen, wenn der Inhalt eines Verwaltungsakts, der sich auf ein überwiegendes, durch das Umweltrecht geschütztes öffentliches Interesse bezieht und später angefochten wird, den Personen, die ein Interesse daran haben, tatsächlich zur Kenntnis gelangt ist, und zwar insbesondere in Fällen, in denen sich der konkrete Verwaltungsakt erledigt hat. Dies ist notwendig, um Praktiken zu vermeiden, die Artikel 9 des Übereinkommens von Århus und der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere dem Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 2019 in der Rechtssache C-261/18, Kommission/Irland1a, zuwiderlaufen könnten.
__________________
1a Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 2019 in der Rechtssache C-261/18, Kommission/Irland, ECLI:EU:C:2019:955.
Abänderung 14
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 10 d (neu)
(10d)  Frühzeitige und wirksame Instrumente der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Ausarbeitung und Verabschiedung von legislativen und nichtlegislativen Rechtsakten der Union sind wichtig, um frühzeitig auf Bedenken eingehen zu können und zu beurteilen, ob ein weiterer Vorschlag zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung in horizontaler Hinsicht erforderlich ist.
Abänderung 15
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 11 a (neu)
(11a)  In Anbetracht der entscheidenden Rolle von nichtstaatlichen Umweltorganisationen bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Einleitung rechtlicher Schritte sollten die Organe und Einrichtungen der Union sicherstellen, dass ein angemessener Zugang zu Informationen, zur Bürgerbeteiligung und zu den Gerichten besteht.
Abänderung 16
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 12
(12)  Nach der Rechtsprechung des EuGH6 müssen im Umweltbereich tätige Nichtregierungsorganisationen‚ die eine interne Überprüfung eines Verwaltungsakts beantragen, in den Gründen für ihren Überprüfungsantrag alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte anführen, die plausible, d. h. erhebliche Zweifel begründen können.
(12)  Nach der Rechtsprechung des EuGH6 müssen Beteiligte‚ die eine interne Überprüfung eines Verwaltungsakts beantragen, in der Begründung ihres Überprüfungsantrags alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte anführen, die plausible, d. h. erhebliche Zweifel begründen können. Diese Anforderung sollte auch im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 gelten.
__________________
__________________
6 Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2019 in der Rechtssache C-82/17 P, TestBioTech/Kommission, ECLI:EU:C:2019:719, Rn. 69.
6 Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2019 in der Rechtssache C-82/17 P, TestBioTech/Kommission, ECLI:EU:C:2019:719, Rn. 69, und das Urteil in der Rechtssache T-9/19.
Abänderung 17
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 12 a (neu)
(12a)  Solange ein Antrag auf interne Überprüfung geprüft wird, sollten andere von dem betreffenden Antrag unmittelbar betroffene Parteien, wie etwa Unternehmen oder Behörden, die Möglichkeit haben, innerhalb der in der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 festgelegten Fristen Stellungnahmen an das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung der Union zu richten.
Abänderung 18
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 12 b (neu)
(12b)  Nach der Rechtsprechung des EuGH1a können staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 AEUV für nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn sie mit einem Verstoß gegen Bestimmungen des Umweltrechts der Union einhergehen. Die Kommission sollte eindeutige Leitlinien erlassen, um die Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts, einschließlich des Umweltrechts der Union, zu erleichtern.
_____________
1a Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 2020 in der Rechtssache C-594/18 P, Österreich/Kommission, ECLI:EU:C:2020:742.
Abänderung 19
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 12 c (neu)
(12c)  Mit der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 werden gemeinsame Bestimmungen, deren Anwendungsbereich und entsprechende Begriffsbestimmungen für den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf der Ebene der Union festgelegt. Dies ist zweckmäßig und trägt dazu bei, Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Transparenz der Umsetzungsmaßnahmen zu verbessern, die zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Århus ergriffen werden.
Abänderung 20
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 12 d (neu)
(12d)  Die in der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 vorgesehenen Überprüfungsverfahren sollten sich sowohl auf die materiellrechtliche als auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts erstrecken. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann ein Verfahren nach Artikel 263 Absatz 4 AEUV und Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 nicht auf Gründe oder Beweismittel gestützt werden, die nicht im Antrag auf Überprüfung enthalten sind, da andernfalls der Zweck der Anforderung von Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 in Bezug auf die Begründung eines solchen Antrags auf Überprüfung entfallen und der Zweck des durch den Antrag eingeleiteten Verfahrens geändert würde1a.
__________________
1a Siehe Urteil in der Rechtssache C-82/17 P, Rn. 39.
Abänderung 21
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 13 a (neu)
(13a)  Von Behörden der Mitgliedstaaten erlassene Rechtsakte, darunter auch nationale Durchführungsmaßnahmen, die gemäß einem nichtlegislativen Rechtsakt des Unionsrechts auf Ebene der Mitgliedstaaten ergriffen werden müssen, fallen im Einklang mit den Verträgen und dem Grundsatz der Autonomie der nationalen Gerichte nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006.
Abänderung 22
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 14
(14)  Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) anerkannt wurden, insbesondere mit dem Recht auf eine gute Verwaltung (Artikel 41) und dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47). Diese Verordnung trägt zur Wirksamkeit des Unionssystems der verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfung bei, stärkt somit die Anwendung der Artikel 41 und 47 der Charta und trägt auf diese Weise zu der in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Rechtsstaatlichkeit bei.
(14)  Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) anerkannt wurden, insbesondere mit dem Grundsatz des Umweltschutzes (Artikel 37), dem Recht auf eine gute Verwaltung (Artikel 41) und dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47). Diese Verordnung trägt zur Wirksamkeit des Unionssystems der verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfung in Umweltangelegenheiten bei, stärkt somit die Anwendung der Artikel 37, 41 und 47 der Charta und trägt auf diese Weise zu der in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Rechtsstaatlichkeit bei.
Abänderung 23
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 1
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 2 – Absatz 1 – Buchstabe g
g)  ,Verwaltungsakt‘ jeden von einem Organ oder einer Einrichtung der Union angenommenen nichtlegislativen Akt, der rechtsverbindlich ist, Außenwirkung hat und Bestimmungen enthält, die aufgrund ihrer Wirkung möglicherweise gegen das Umweltrecht im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe f verstoßen, mit Ausnahme derjenigen Bestimmungen dieses Akts, für die das Unionsrecht ausdrücklich Durchführungsmaßnahmen auf Unions- oder nationaler Ebene vorschreibt;
g)  ,Verwaltungsakt‘ jeden von einem Organ oder einer Einrichtung der Union angenommenen nichtlegislativen Akt, der eine rechtliche Wirkung gegenüber Dritten hat und Bestimmungen enthält, die möglicherweise gegen das Umweltrecht im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe f verstoßen; von Behörden der Mitgliedstaaten erlassene Akte fallen nicht unter den Begriff „Verwaltungsakt“;
Abänderung 24
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 1 a (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 2 – Absatz 2
1a.  Artikel 2 Absatz 2 erhält folgende Fassung:
(2)  Von den genannten Verwaltungsakten oder Unterlassungen sind Verwaltungsakte eines Organs oder einer Einrichtung der Europäischen Gemeinschaft ausgenommen, wenn diese in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde handeln, wie etwa im Rahmen von:
(2) Von den genannten Verwaltungsakten oder Unterlassungen sind Verwaltungsakte eines Organs oder einer Einrichtung der Europäischen Union ausgenommen, wenn diese in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde handeln, und zwar im Rahmen von:
a)   den Artikeln 81, 82, 86 und 87 des Vertrags (Wettbewerb),
a)   den Artikeln 81 und 82 des Vertrags [Artikel 101 und 102 AEUV] (einschließlich Fusionskontrollvorschriften),
b)  den Artikeln 226 und 228 des Vertrags (Vertragsverletzungsverfahren),
b)  den Artikeln 226 und 228 des Vertrags [Artikel 258 und 260 AEUV] (Vertragsverletzungsverfahren),
c)  Artikel 195 des Vertrags (Maßnahmen des Bürgerbeauftragten),
c)  Artikel 195 des Vertrags [Artikel 228 AEUV] (Maßnahmen des Bürgerbeauftragten),
d)  Artikel 280 des Vertrags (Maßnahmen des OLAF).
d)  Artikel 280 des Vertrags [Artikel 325 AEUV] (Maßnahmen des OLAF),
da)  den Artikeln 86 und 87 des Vertrags [Artikel 106 und 107 AEUV] (Wettbewerb) bis zum .... [18 Monate nach Verabschiedung dieser Verordnung].
db)  Bis spätestens ... [18 Monate nach Verabschiedung dieser Verordnung] erlässt die Kommission Leitlinien zur Erleichterung der Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit den einschlägigen Vorschriften des Umweltrechts der Union, einschließlich der Angaben, die die Mitgliedstaaten bei der Notifizierung staatlicher Beihilfen an die Kommission zu machen haben.“
Abänderung 25
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 1 b (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 4 – Absatz 2
1b.   Artikel 4 Absatz 2 erhält folgende Fassung:
(2)  Die Umweltinformationen, die zugänglich zu machen und zu verbreiten sind, werden gegebenenfalls aktualisiert. Neben den Dokumenten, die in Artikel 12 Absätze 2 und 3 und in Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 genannt sind, umfassen die Datenbanken oder Register Folgendes:
„(2) Die Umweltinformationen, die zugänglich zu machen und zu verbreiten sind, werden gegebenenfalls aktualisiert. Neben den Dokumenten, die in Artikel 12 Absätze 2 und 3 und in Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 genannt sind, werden folgende Dokumente in die Datenbanken oder Register aufgenommen, sobald sie konsolidiert sind:
a)  den Wortlaut völkerrechtlicher Verträge, Übereinkünfte und Vereinbarungen sowie gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften über die Umwelt oder mit Bezug zur Umwelt und von Politiken, Plänen und Programmen mit Bezug zur Umwelt;
a)  der Wortlaut völkerrechtlicher Verträge, Übereinkünfte und Vereinbarungen sowie von Rechtsvorschriften der Union über die Umwelt oder mit Bezug zur Umwelt und von Strategien, Plänen und Programmen mit Bezug zur Umwelt;
aa)   die Standpunkte der Mitgliedstaaten, die diese bei der Beschlussfassung über die Annahme von Rechtsvorschriften und Verwaltungsakten der Union über die Umwelt oder mit Bezug zur Umwelt vertreten;
b)  Berichte über die Fortschritte bei der Umsetzung der unter Buchstabe a genannten Punkte, sofern solche Berichte von den Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft in elektronischer Form ausgearbeitet worden sind oder bereitgehalten werden;
b)  Berichte über die Fortschritte bei der Umsetzung der unter Buchstabe a genannten Punkte, sofern solche Berichte von den Organen oder Einrichtungen der Union in elektronischer Form ausgearbeitet worden sind oder bereitgehalten werden;
c)  die in Vertragsverletzungsverfahren unternommenen Schritte ab der mit Gründen versehenen Stellungnahme gemäß Artikel 226 Absatz 1 des Vertrags;
c)  die in Vertragsverletzungsverfahren unternommenen Schritte ab der mit Gründen versehenen Stellungnahme gemäß Artikel 258 Absatz 1 des Vertrags;
d)  Umweltzustandsberichte nach Absatz 4;
d)  Umweltzustandsberichte nach Absatz 4;
e)  Daten oder Zusammenfassungen von Daten aus der Überwachung von Tätigkeiten, die sich auf die Umwelt auswirken oder wahrscheinlich auswirken;
e)  Daten oder Zusammenfassungen von Daten aus der Überwachung von Tätigkeiten, die sich auf die Umwelt auswirken oder wahrscheinlich auswirken;
f)  Genehmigungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, und Umweltvereinbarungen oder einen Hinweis auf die Stelle, bei der Informationen beantragt oder eingesehen werden können;
f)  Genehmigungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, und Umweltvereinbarungen oder ein Hinweis auf die Stelle, bei der Informationen beantragt oder eingesehen werden können;
g)  Umweltverträglichkeitsprüfungen und Risikobewertungen von Umweltbestandteilen oder Hinweise darauf, wo solche Informationen beantragt oder eingesehen werden können.“
g)  Umweltverträglichkeitsprüfungen und Risikobewertungen von Umweltbestandteilen oder Hinweise darauf, wo solche Informationen beantragt oder eingesehen werden können.“
Abänderung 26
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 – Buchstabe a
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 10 – Absatz 1 – Unterabsatz 1
Jede Nichtregierungsorganisation, die die in Artikel 11 festgelegten Kriterien erfüllt, kann bei dem Organ oder der Einrichtung der Union, das bzw. die einen Verwaltungsakt angenommen hat oder — im Falle einer behaupteten Unterlassung — einen solchen Akt hätte annehmen sollen, eine interne Überprüfung mit der Begründung beantragen, dass dieser Akt bzw. diese Unterlassung gegen das Umweltrecht verstößt.
Nichtregierungsorganisationen oder Mitglieder der Öffentlichkeit, die die in Artikel 11 festgelegten Kriterien erfüllen, können bei dem Organ oder der Einrichtung der Union, das bzw. die einen Verwaltungsakt angenommen hat oder — im Falle einer behaupteten Unterlassung — einen solchen Akt hätte annehmen sollen, eine interne Überprüfung mit der Begründung beantragen, dass dieser Akt bzw. diese Unterlassung gegen das Umweltrecht verstößt.
Abänderung 27
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 – Buchstabe a
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 10 – Absatz 1 – Unterabsatz 2
Handelt es sich bei einem Verwaltungsakt um eine Durchführungsmaßnahme auf Unionsebene, die durch einen anderen nichtlegislativen Akt vorgeschrieben ist, so kann die Nichtregierungsorganisation im Zusammenhang mit der Beantragung der Überprüfung dieser Durchführungsmaßnahme auch die Überprüfung der Bestimmung des nichtlegislativen Akts, für die diese Durchführungsmaßnahme erforderlich ist, beantragen.
Handelt es sich bei einem Verwaltungsakt um eine Durchführungsmaßnahme auf Unionsebene, die durch einen anderen nichtlegislativen Akt vorgeschrieben ist, so kann die Nichtregierungsorganisation oder das Mitglied der Öffentlichkeit, die bzw. das die in Artikel 11 festgelegten Kriterien erfüllt, im Zusammenhang mit der Beantragung der Überprüfung dieser Durchführungsmaßnahme auch die Überprüfung der Bestimmung des nichtlegislativen Akts, für die diese Durchführungsmaßnahme erforderlich ist, beantragen.
Abänderung 28
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 – Buchstabe a
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 10 – Absatz 2
(2)  Die in Absatz 1 genannten Organe oder Einrichtungen der Union prüfen jeden derartigen Antrag, sofern dieser nicht offensichtlich unbegründet ist. Die Organe oder Einrichtungen der Union legen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch 16 Wochen nach Eingang des Antrags, in einer schriftlichen Antwort ihre Gründe dar.
(2)  Die in Absatz 1 genannten Organe oder Einrichtungen der Union prüfen jeden derartigen Antrag, sofern dieser nicht offensichtlich unbegründet ist. Erhält ein Organ oder eine Einrichtung der Union mehrere Anträge auf Überprüfung derselben Handlung oder Unterlassung, die auf dieselben Gründe gestützt werden, so kann das Organ oder die Einrichtung beschließen, die Anträge zu verbinden und als einen einzigen Antrag zu bearbeiten. In diesem Fall teilt das Organ oder die Einrichtung der Union diesen Beschluss so bald wie möglich allen Personen mit, die eine interne Überprüfung derselben Handlung oder Unterlassung beantragt haben. Innerhalb von vier Wochen nach Einreichung eines solchen Antrags können Dritte, die unmittelbar von dem Antrag betroffen sind, diesem Organ oder dieser Einrichtung der Union eine Stellungnahme übermitteln. Die Organe oder Einrichtungen der Union legen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch 16 Wochen nach Eingang des Antrags, in einer schriftlichen Antwort ihre Gründe dar.
Abänderung 29
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 a (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 11 – Absatz 1 a (neu)
2a.   In Artikel 11 wird folgender Absatz eingefügt:
„(1a) Vorbehaltlich von Absatz 2 kann ein Antrag auf interne Überprüfung gemäß Artikel 10 auch von Mitgliedern der Öffentlichkeit gestellt werden, die ein hinreichendes Interesse oder eine Verletzung eines Rechts glaubhaft machen.“
Abänderung 30
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 b (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 11 – Absatz 2
2b.  Artikel 11 Absatz 2 erhält folgende Fassung:
(2)   Die Kommission erlässt die Bestimmungen, die notwendig sind, um eine transparente und kohärente Anwendung der in Absatz 1 genannten Kriterien zu gewährleisten.
„(2) Die Kommission erlässt die Bestimmungen, die notwendig sind, um eine transparente und kohärente Anwendung der in den Absätzen 1 und 1a genannten Kriterien zu gewährleisten. Bis spätestens ... [18 Monate nach Verabschiedung dieser Verordnung] erlässt die Kommission einen delegierten Rechtsakt gemäß Artikel 12a, in dem sie die Kriterien festlegt, die von den in Absatz 1a genannten Mitgliedern der Öffentlichkeit erfüllt werden müssen. Die Kommission überprüft mindestens alle drei Jahre die Anwendung dieser Kriterien und ändert gegebenenfalls den delegierten Rechtsakt, um die wirksame Ausübung der Befugnis sicherzustellen, die den in Absatz 1a genannten Mitgliedern der Öffentlichkeit übertragen wurde.
Die in dem gemäß diesem Absatz erlassenen delegierten Rechtsakt festgelegten Kriterien müssen
a)  im Einklang mit den allgemeinen Zielen des Übereinkommens von Århus einen wirksamen Zugang zu den Gerichten sicherstellen,
b)  verlangen, dass ein Antrag von Mitgliedern der Öffentlichkeit aus verschiedenen Mitgliedstaaten gestellt werden muss, wenn es sich um eine Handlung oder Unterlassung der Union handelt, die die Öffentlichkeit in mehr als einem Mitgliedstaat betrifft,
c)  dergestalt sein, dass Popularklagen verhindert werden, indem unter anderem sichergestellt wird, dass die Mitglieder der Öffentlichkeit zum Nachweis eines hinreichenden Interesses oder einer Verletzung eines Rechts glaubhaft machen müssen, dass sie im Vergleich zur breiten Öffentlichkeit unmittelbar betroffen sind,
d)  den Verwaltungsaufwand für die Organe und Einrichtungen der Union so gering wie möglich halten.“
Abänderung 31
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 c (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 11 a (neu)
2c.  Folgender Artikel wird eingefügt:
„Artikel 11a
Öffentliches Register der Anträge auf interne Überprüfung
Die Organe und Einrichtungen der Union erstellen bis spätestens 31. Dezember 2021 ein Register aller Anträge, die die in Artikel 11 aufgeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen, sowie der Antragsteller, die diese Anforderungen erfüllen und die Anträge eingereicht haben. Das Register wird regelmäßig aktualisiert.“
Abänderung 32
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 d (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 12 – Absatz 1
2d.  Artikel 12 Absatz 1 erhält folgende Fassung:
(1)  Die Nichtregierungsorganisation, die den Antrag auf interne Überprüfung nach Artikel 10 gestellt hat, kann gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags Klage vor dem Gerichtshof erheben.
(1) Wenn Nichtregierungsorganisationen oder Mitglieder der Öffentlichkeit, die einen Antrag auf interne Überprüfung nach Artikel 10 gestellt haben, der Auffassung sind, dass eine Entscheidung des Organs oder der Einrichtung als Reaktion auf diesen Antrag nicht ausreicht, um die Einhaltung des Umweltrechts sicherzustellen, können sie gemäß Artikel 263 des Vertrags Klage vor dem Gerichtshof erheben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung überprüfen zu lassen.
Abänderung 33
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 e (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 12 – Absatz 2
2e.  Artikel 12 Absatz 2 erhält folgende Fassung:
(2)  Handelt das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung der Gemeinschaft nicht gemäß Artikel 10 Absatz 2 oder 3, so kann die Nichtregierungsorganisation nach den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags Klage vor dem Gerichtshof erheben.
(2) Handelt das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung der Union nicht gemäß Artikel 10 Absatz 2 oder 3, so kann die Nichtregierungsorganisation oder das Mitglied der Öffentlichkeit, die bzw. das den Antrag auf interne Überprüfung gemäß Artikel 10 eingereicht hat, nach den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags Klage vor dem Gerichtshof erheben.
Abänderung 34
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 f (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 12 – Absatz 2 a (neu)
2f.  Folgender Absatz wird eingefügt:
„(2a) Unbeschadet der Befugnis des Gerichtshofs, die Verfahrenskosten aufzuteilen, muss sichergestellt werden, dass die Gerichtsverfahren, die nach dieser Bestimmung eingeleitet werden, nicht übermäßig teuer sind. Die in Artikel 10 Absatz 1 genannten Organe und Einrichtungen der Union dürfen nur Kostenanträge stellen, deren Höhe angemessen ist.“
Abänderung 35
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 1 – Absatz 1 – Nummer 2 g (neu)
Verordnung (EG) Nr. 1367/2006
Artikel 12 a (neu)
2g.  Folgender Artikel wird eingefügt:
„Artikel 12a
Ausübung der Befugnisübertragung
(1)  Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 11 Absatz 2 wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
(2)  Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 11 Absatz 2 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem … [Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung] übertragen.
(3)  Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 11 Absatz 2 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
(4)  Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen sowie die Öffentlichkeit im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.
(5)  Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.
(6)  Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 11 Absatz 2 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.“

(1) Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 59 Absatz 4 Unterabsatz 4 der Geschäftsordnung zu interinstitutionellen Verhandlungen an den zuständigen Ausschuss zurücküberwiesen (A9-0152/2021).


Chinesische Gegensanktionen gegen Einrichtungen der EU und gegen MdEP und nationale Abgeordnete
PDF 147kWORD 54k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu chinesischen Gegensanktionen gegen Einrichtungen der EU und gegen MdEP und nationale Abgeordnete (2021/2644(RSP))
P9_TA(2021)0255RC-B9-0269/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen und Berichte zur Lage in China und zu den Beziehungen zwischen der EU und China, insbesondere diejenigen vom 21. Januar 2021 zur Unterdrückung der demokratischen Opposition in Hongkong(1) und vom 17. Dezember 2020 zu Zwangsarbeit und der Lage der Uiguren im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang(2) (XUAR),

–  unter Hinweis auf seine früheren Empfehlungen zu Hongkong, insbesondere die Empfehlung vom 13. Dezember 2017 an den Rat, die Kommission und die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) zu Hongkong, 20 Jahre nach der Übergabe an China(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – Jahresbericht 2020(4),

–  unter Hinweis auf die Verleihung des Sacharow-Preises 2019 an Ilham Tohti, einen uigurischen Wirtschaftswissenschaftler, der sich für die Rechte der uigurischen Minderheit in China einsetzt,

–  unter Hinweis auf die Erklärung führender MdEP vom 23. März 2021 nach dem Beschluss der chinesischen Staatsorgane, Sanktionen gegen den Unterausschuss Menschenrechte und andere Einrichtungen und Beamte der EU zu verhängen,

–  unter Hinweis auf die Reden seines Präsidenten, David Maria Sassoli, der Vorsitzenden seines Unterausschusses Menschenrechte, Maria Arena, und des Vorsitzenden seiner Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China, Reinhard Bütikofer, zur Eröffnung seiner Plenartagung vom 24. März 2021,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Leiter verschiedener europäischer Forschungsinstitute vom 25. März 2021,

–  unter Hinweis auf die Rede des HR/VP, Josep Borrell, in seiner Aussprache vom 28. April 2021 zu chinesischen Gegensanktionen gegen Einrichtungen der EU und gegen MdEP und nationale Abgeordnete und die anschließende Aussprache,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Präsidenten des belgischen Abgeordnetenhauses, der Präsidentin der Zweiten Kammer des Parlaments der Niederlande und der Vorsitzenden des Seimas der Republik Litauen vom 29. März 2021 zu chinesischen Sanktionen gegen Mitglieder des Parlaments,

–  unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2021/478 des Rates vom 22. März 2021 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2020/1998 über restriktive Maßnahmen gegen schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße(5) und den Beschluss (GASP) 2021/481 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2020/1999 des Rates über restriktive Maßnahmen gegen schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße(6),

–  unter Hinweis auf die Erklärung der G7 vom 12. März 2021 zu Wahlrechtsänderungen in Hongkong und auf das Kommuniqué der Außen- und Entwicklungsminister der G7 vom 5. Mai 2021,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des HR/VP vom 17. April 2021 zu Gerichtsurteilen gegen Vertreter der Demokratiebewegung Hongkongs,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des HR/VP vom 29. Dezember 2020 zu den Gerichtsurteilen gegen Journalisten, Rechtsanwälte und Menschenrechtsverteidiger,

–  unter Hinweis auf die Bekanntgabe von Sanktionen gegen einschlägige Einrichtungen und Bedienstete der EU durch den Sprecher des Außenministeriums der Volksrepublik China am 22. März 2021,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung von Präsident Michel und Präsidentin von der Leyen zur Verteidigung der Interessen und Werte der EU in einer komplexen und unverzichtbaren Partnerschaft im Anschluss an das 22. Gipfeltreffen EU-China vom 22. Juni 2020,

–  unter Hinweis auf die auf dem 21. Gipfeltreffen EU-China vom 9. April 2019 abgegebene gemeinsame Erklärung,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der VP/HR vom 12. März 2019 mit dem Titel: „EU-China – Strategische Perspektiven“ (JOIN(2019)0005),

–  unter Hinweis auf Artikel 36 der Verfassung der Volksrepublik China, in dem allen Bürgern das Recht auf Religionsfreiheit garantiert wird, und auf Artikel 4, in dem die Rechte der ethnischen Minderheiten verankert sind,

–  unter Hinweis auf die Forderung der Sachverständigen der Vereinten Nationen vom 26. Juni 2020 nach entschiedenen Maßnahmen zum Schutz der Grundfreiheiten in China,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966, den China zwar 1998 unterzeichnet, aber niemals ratifiziert hat,

–  unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,

–  unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes,

–  unter Hinweis auf das Protokoll von 2014 zum Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Zwangsarbeit von 1930, das von China bislang nicht unterzeichnet wurde,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Förderung und Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit auch künftig im Mittelpunkt der langjährigen Beziehungen zwischen der EU und China stehen sollten, was mit der Verpflichtung der EU, diesen Werten in ihrem auswärtigen Handeln Rechnung zu tragen, und mit Chinas ausdrücklichem Interesse, sie im Rahmen seiner eigenen Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Zusammenarbeit zu achten, im Einklang steht;

B.  in der Erwägung, dass der Rat am 7. Dezember 2020 die Verordnung (EU) 2020/1998 des Rates zur Einführung der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte verabschiedet hat, die es der EU ermöglicht, restriktive Maßnahmen gegen Personen, Organisationen und Einrichtungen – einschließlich Staaten und nichtstaatlicher Akteure – zu verhängen, welche für schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße in der ganzen Welt verantwortlich sind, sich daran beteiligen oder damit in Verbindung stehen; in der Erwägung, dass betont werden muss, dass es die Aufgabe der EU ist, im Falle massiver Menschenrechtsverletzungen von dieser Verordnung Gebrauch zu machen;

C.  in der Erwägung, dass der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ der EU am 22. März 2021 restriktive Maßnahmen im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte gegen Zhu Hailun, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des 13. Volkskongresses des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang, Wang Junzheng, Parteisekretär des Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps und stellvertretender Sekretär des Parteikomitees von Xinjiang, Wang Mingshan, Mitglied des ständigen Ausschusses des Parteikomitees von Xinjiang und Sekretär des Ausschusses für Politik und Recht von Xinjiang, und Chen Mingguo, Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit von Xinjiang und stellvertretender Vorsitzender der Volksregierung von Xinjiang, sowie gegen das Amt für öffentliche Sicherheit des Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps, verhängt hat, das die Internierungslager in Xinjiang betreibt; in der Erwägung, dass diese vier Personen und eine Organisation für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, einschließlich der massiven willkürlichen Inhaftierung und erniedrigenden Behandlung von Uiguren und Angehörigen anderer muslimischer ethnischer Minderheiten in Xinjiang;

D.  in der Erwägung, dass der Sprecher des Außenministeriums der Volksrepublik China nur wenige Augenblicke nach der Annahme der EU-Liste die Verhängung von Sanktionen gegen fünf Mitglieder des Europäischen Parlaments (Reinhard Bütikofer, Michael Gahler, Raphaël Glucksmann, Ilchan Kjutschjuk und Miriam Lexmann), den Unterausschuss für Menschenrechte des Parlaments und drei Parlamentsabgeordnete aus EU-Mitgliedstaaten (Sjoerd Wiemer Sjoerdsma, Samuel Cogolati und Dovile Sakaliene), das Politische und Sicherheitspolitische Komitee des Rates der EU, dem die Botschafter der 27 EU-Mitgliedstaten angehören, zwei Wissenschaftler (Adrian Zenz und Björn Jerdén) und zwei Denkfabriken – das „Mercator Institute for China Studies“ (Merics) in Deutschland und die Stiftung „Alliance of Democracies“ in Dänemark– verkündet hat, weil sie angeblich „die Souveränität und die Interessen Chinas schwer geschädigt sowie böswillige Lügen und Desinformation verbreitet“ haben;

E.  in der Erwägung, dass der Pressemitteilung des Sprechers zufolge den betroffenen Personen und ihren Familien die Einreise nach Festlandchina, Hongkong und Macau untersagt ist, und in der Erwägung, dass es ihnen sowie mit ihnen verbundenen Unternehmen und Einrichtungen außerdem untersagt ist, Geschäfte mit China zu tätigen;

F.  in der Erwägung, dass China wenige Tage später Sanktionen gegen Abgeordnete, Einrichtungen und Denkfabriken im Vereinigten Königreich, Kanada und den USA verhängt hat, die auch Maßnahmen gegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang ergriffen hatten;

G.  in der Erwägung, dass die chinesischen Maßnahmen einen Angriff auf die gesamte Europäische Union und sein Parlament als das Herzstück der europäischen Demokratie und Werte sowie einen Angriff auf die Freiheit der Forschung darstellen;

H.  in der Erwägung, dass während die Sanktionen der EU gegen Menschenrechtsverletzungen gerichtet sind und auf rechtmäßigen und verhältnismäßigen Maßnahmen beruhen, die im Völkerrecht verankert sind, die Sanktionen Chinas hingegen jeglicher rechtlichen Rechtfertigung entbehren, völlig unbegründet und willkürlich sind und sich gegen die Kritik an solchen Menschenrechtsverletzungen richten; in der Erwägung, dass die Sanktionen eindeutig einen Versuch darstellen, die EU davon abzuhalten, ihre Tätigkeit fortzusetzen und gegen Menschenrechtsverletzungen in China vorzugehen;

I.  in der Erwägung, dass Chinas Menschenrechtsbilanz in krassem Widerspruch zu den bilateralen und multilateralen Verpflichtungen des Landes in diesen Bereichen steht und dass die Menschenrechtslage in China zuverlässigen Berichten zufolge seit dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz nie so schlimm war wie heute; in der Erwägung, dass China dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen regelmäßig Resolutionen vorgelegt hat, die darauf abzielen, die „Souveränität, Nichteinmischung und gegenseitige Achtung“ zu grundlegenden, nicht verhandelbaren Grundsätzen zu machen und die Förderung und den Schutz der Menschenrechte von Einzelpersonen zu einem nachgeordneten Ziel herabzustufen;

J.  in der Erwägung, dass die EU und China im Dezember 2020 prinzipiell über das umfassende Investitionsabkommen zwischen der EU und China übereingekommen sind; in der Erwägung, dass die Fähigkeit des Europäischen Parlaments, das umfassende Investitionsabkommen ordnungsgemäß zu analysieren, durch chinesische Sanktionen erheblich erschwert wird, da der Unterausschuss Menschenrechte deswegen noch nicht einmal mit chinesischen Sachverständigen zusammenarbeiten kann; in der Erwägung, dass es nicht hinnehmbar ist, bei den Handels- und Investitionsbeziehungen den allgemeinen Kontext von Menschenrechtsfragen und die umfassenderen politischen Beziehungen außer Acht zu lassen;

K.  in der Erwägung, dass die von China verhängten Sanktionen die jüngste Phase einer allmählichen Hinwendung der Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) zu einem konfrontativen Ansatz ist, bei dem die EU unter anderem mit Desinformation und Cyberangriffen ins Visier genommen wird, während gleichzeitig die Beziehungen zwischen der EU und China durch die Maßnahmen gegen die Volksgruppe der Uiguren und andere ethnische Minderheiten, die Abschaffung demokratischer Verhältnisse in Hongkong und das immer konfrontativere Auftreten Chinas in der Meerenge von Taiwan zunehmend belastet werden; in der Erwägung, dass die bestehende Strategie der EU in Bezug auf China an ihre Grenzen gestoßen ist, weshalb die Beziehungen zwischen der EU und China nicht weitergeführt werden dürfen, als sei nichts geschehen;

L.   in der Erwägung, dass auf die chinesischen Sanktionen gegen die MdEP der Beschluss Russlands vom 30. April 2021 folgte, Sanktionen gegen acht EU-Bürger zu verhängen, zu denen auch der Präsident des Europäischen Parlaments, David Sassoli, und die Vizepräsidentin der Kommission, Věra Jourová, gehören;

M.   in der Erwägung, dass seit dem Beginn der Kampagne der chinesischen Regierung namens „Hartes Durchgreifen gegen gewalttätigen Terrorismus“ in Jahr 2014, die sich hauptsächlich gegen die Minderheit der Uiguren in Xinjiang richtet, über eine Million Menschen in Internierungslagern inhaftiert wurden, die „Einrichtungen zur politischen Umerziehung“ oder „Schulungseinrichtungen“ genannt werden und das weltweit größte System einer Masseninhaftierung darstellen; in der Erwägung, dass die uigurische Bevölkerung Opfer der Bemühungen der chinesischen Regierung ist, ihre einzigartige Identität und ihr Recht auf Existenz als Bevölkerung durch Folter, Verschwindenlassen, Massenüberwachung, kulturelle und religiöse Auslöschung, Zwangssterilisierung von Frauen, sexuelle Gewalt, Verletzungen reproduktiver Rechte und Trennung von Familien auszumerzen; in der Erwägung, dass Menschenrechtsorganisationen zu dem Schluss gelangt sind, dass diese Taten Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Völkerrechts darstellen könnten;

N.  in der Erwägung, dass die Unterdrückung der politischen Opposition in Hongkong seit der Entschließung des Parlaments vom 21. Januar 2021 an Intensität weiter zugenommen hat, mit zahlreichen Gerichtsurteilen gegen Demokratiebefürworter und politisch aktive Bürger wie Joshua Wong, Martin Lee, Jimmy Lai, Andy Li und Lester Shum wegen ihrer friedlichen Teilnahme an Protesten, und in einigen Fällen sogar ohne jegliche Beweise für deren aktive Rolle bei den Unruhen; in der Erwägung, dass im März dieses Jahres Änderungen am Wahlsystem Hongkongs vorgenommen wurden, was die bislang einschneidendste Änderung des politischen Systems Hongkongs darstellt, indem als zusätzliche Anforderung eine patriotische Gesinnung gegenüber dem Festland eingeführt wurde und dem Hongkonger Wahlkomitee eine Konzentration an Macht und Einfluss zugeschanzt wurde, was zu einer drastischen Verringerung des Anteils der direkt gewählten Vertreter im Legislativrat Hongkongs führen wird;

O.   in der Erwägung, dass es zwischen zehn EU-Mitgliedstaaten und China immer noch geltende Auslieferungsverträge gibt, nach denen in Europa lebende Uiguren, Hongkonger Bürger, Tibeter und chinesische Dissidenten ausgeliefert werden können, um in China in einem politisch motivierten Verfahren vor Gericht gestellt zu werden;

P.   in der Erwägung, dass Gui Minhai, ein in Hongkong lebender schwedischer Staatsbürger, trotz zahlreicher Forderungen des Parlaments nach seiner sofortigen Freilassung nach wie vor Haft gehalten wird;

1.  verurteilt aufs Schärfste die grundlosen und willkürlichen Sanktionen, die von den chinesischen Staatsorganen verhängt wurden und einen Angriff auf die Redefreiheit, die Freiheit der Lehre und das internationale Eintreten und Verständnis für die universellen Menschenrechte darstellen; fordert die chinesischen Staatsorgane nachdrücklich auf, diese ungerechtfertigten Vergeltungsmaßnahmen aufzuheben;

2.  steht mit uneingeschränkter Solidarität hinter den Mitgliedern dieses Parlaments, seinem Unterausschuss Menschenrechte und allen weiteren von den chinesischen Sanktionen betroffenen Personen und Organisationen, nämlich dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee des Rates der Europäischen Union, den Mitgliedern der nationalen Parlamente, den deutschen und schwedischen Wissenschaftlern und den Denkfabriken in Deutschland und Dänemark; bekundet seine uneingeschränkte Solidarität mit Abgeordneten aus Drittländern, gegen die ebenfalls Sanktionen verhängt wurden, etwa aus dem Vereinigten Königreich, Kanada, den USA und Australien;

3.  bekräftigt, dass grundlegende Freiheiten, die Meinungsfreiheit, die Freiheit zur Beteiligung an Beschlussfassungsverfahren, die Freiheit der Lehre und die Verteidigung der Menschenrechte Grundpfeiler unserer Demokratien sind und dass diese Werte in den Beziehungen zwischen der EU und China niemals zur Verhandlung stehen; betont, dass Einschüchterungsversuche aussichtslos sind und dass wir als gewählte Mitglieder des Europäischen Parlaments weiterhin aktiv und unvermindert Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das Völkerrecht anprangern, uns damit befassen und die EU nachdrücklich auffordern werden, die Achtung der Menschenrechte weiterhin in den Mittelpunkt all ihrer außenpolitischen Maßnahmen zu stellen; betrachtet diese Angriffe Chinas als Ausdruck der in die Beziehungen zwischen der EU und China einfließenden Rivalität zwischen den Systemen;

4.  verurteilt nachdrücklich diesen neuen Versuch sowie frühere Versuche der chinesischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteure, in das demokratische Leben der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten einzugreifen und in öffentlichen Debatten Desinformationen zu verbreiten; ist der Ansicht, dass die Sanktionen zu dem Versuch gehören, die öffentliche Debatte über China in der ganzen Welt zu unterdrücken und zu diktieren, welche Äußerungen und Diskussionen weltweit zulässig sind, und betrachtet diesen Versuch als Teil einer totalitären Bedrohung;

5.  äußert erneut seine äußerste Besorgnis über die zahlreichen Verstöße gegen Grund- und Menschenrechte in China, die Verletzung der Menschenwürde, des Rechts auf freien Ausdruck der Kultur, des Rechts auf Religions- und Redefreiheit sowie auf friedliche Versammlung und Vereinigung, und insbesondere über die systematische Verfolgung der Volksgruppe der Uiguren, der Tibeter, der Mongolen und anderer ethnischer Minderheiten, von Menschenrechtsverteidigern, gesellschaftlich engagierten Bürgern, religiösen Gruppen, Journalisten sowie von Bittstellern und Demonstranten, die sich gegen Fälle von Ungerechtigkeit wenden, und angesichts der immer brutaleren Unterdrückung jeglicher abweichenden und oppositionellen Stimmen, insbesondere in Hongkong;

6.  bekräftigt seinen Standpunkt aus seiner Entschließung vom 17. Dezember 2020, dass Verstöße in Xinjiang Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, und hebt hervor, dass immer mehr Belege für derartige Verbrechen vorliegen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, um ausreichende internationale Unterstützung für eine unabhängige Untersuchung der Vereinten Nationen zu den Verhältnissen in Xinjiang zu gewinnen; begrüßt, dass vier chinesische Personen und eine Einrichtung aus China im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte in die Sanktionsliste aufgenommen wurden, da sie für schwere Menschenrechtsverletzungen in China verantwortlich sind; fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, vor allem wirtschaftlicher Art, einzusetzen, um die chinesische Regierung dazu zu bringen, die Lager zu schließen und alle Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und an anderen Orten, etwa in Tibet, zu beenden;

7.  bedauert, dass mehrere internationale Unternehmen, insbesondere im Bekleidungs- und Textilsektor, einem umfangreichen und weit verbreiteten Boykott ausgesetzt sind, nachdem sie ihre Besorgnis über die Berichte über Zwangsarbeit in Xinjiang zum Ausdruck gebracht und die Entscheidung getroffen haben, in ihrer Lieferkette die Beziehungen mit Xinjiang zu unterbrechen, und verurteilt aufs Schärfste den aggressiven politischen Druck, den die chinesische Regierung gegen sie anwendet; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst erneut auf, Ratschläge für die Wirtschaft in Bezug auf deren Lieferketten rasch abzuschließen, die den Unternehmen Orientierungshilfen für die Einschätzung des Risikos des Einsatzes der Zwangsarbeit von Uiguren an die Hand gibt und Unterstützung bei der dringenden Suche nach alternativen Bezugsquellen leistet;

8.  ist besorgt darüber, dass die Vergeltungsmaßnahmen gegen Einrichtungen der EU und der Mitgliedstaaten und deren Tätigkeit im Bereich der Menschenrechte Teil einer bewussten Strategie sind, die darauf abzielt, die Menschenrechte international zu schwächen und diese Rechte so neu zu definieren, dass sie letztendlich ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt werden; bedauert, dass der bislang gewählte Ansatz und die bislang eingesetzten Instrumente der EU nicht zu greifbaren Fortschritten in der Menschenrechtsbilanz Chinas geführt haben, die sich in den letzten zehn Jahren immer weiter verschlechtert hat; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine ganzheitliche EU-Strategie zu entwickeln und anzuwenden, um bei den Menschenrechten in China echte Fortschritte zu erreichen;

9.  ist der Auffassung, dass die chinesischen Vergeltungssanktionen, die nicht mit dem Völkerrecht in Einklang stehen, einen erheblichen Rückschritt in den Beziehungen zwischen der EU und China darstellen; hält es für entscheidend, dass die EU und alle ihre Organe geeint auftreten, um gegen diesen Angriff auf die europäische Demokratie vorzugehen und die gemeinsamen Werte der EU zu verteidigen; fordert den Präsidenten des Rates und die Präsidentin der Kommission auf, eine klare Erklärung abzugeben, um deutlich zu machen, dass die von China verhängten Sanktionen gegen gewählte Politiker nicht toleriert werden; hält es für angemessen und notwendig, dass der VP/HR und die EU-Mitgliedstaaten dieses Thema in allen bilateralen Gesprächen mit ihren chinesischen Amtskollegen auf allen Ebenen zur Sprache bringen; fordert, dass das Parlament über diese Bemühungen auf dem Laufenden gehalten wird;

10.  vertritt den Standpunkt, dass jede Prüfung des umfassenden Investitionsabkommens zwischen der EU und China sowie jede Debatte über dessen Ratifizierung durch das Europäische Parlament aufgrund der verhängten chinesischen Sanktionen berechtigterweise auf Eis gelegt wurden; fordert, dass China zunächst die Sanktionen aufheben muss, damit das Parlament sich mit dem umfassenden Investitionsabkommen befassen kann, unbeschadet des endgültigen Ergebnisses des Ratifizierungsprozesses des Investitionsabkommens; erwartet, dass die Kommission das Parlament konsultiert, bevor sie Schritte im Hinblick auf den Abschluss und die Unterzeichnung des umfassenden Investitionsabkommens unternimmt; fordert die Kommission auf, die Debatte über das umfassende Investitionsabkommen als Hebel zu nutzen, um den Schutz der Menschenrechte und die Unterstützung der Zivilgesellschaft in China zu verbessern, und erinnert die Kommission daran, dass das Parlament die Menschenrechtslage in China, einschließlich Hongkong, berücksichtigen wird, wenn es darum ersucht wird, das Investitionsabkommen zu billigen;

11.  weist auf die die dringende Notwendigkeit hin, die Beziehungen zwischen der EU und China durch die Annahme eines Instrumentariums autonomer Maßnahmen neu auszutarieren, zu denen die folgenden gehören: Rechtsvorschriften gegen verzerrende Auswirkungen ausländischer Subventionen auf den Binnenmarkt, ein Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen, Rechtsvorschriften über die Lieferketten mit verbindlichen Sorgfaltspflichten, die auch ein Einfuhrverbot für durch Zwangsarbeit hergestellte Güter vorsehen, eine verbesserte und konsequentere EU-Verordnung über die Überprüfung ausländischer Investitionen, ein wirksames Instrument gegen Druckmittel, gegebenenfalls zusätzliche zielgerichtete Maßnahmen im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte, mit denen weiterhin gegen die Unterdrückung in Xinjiang und Hongkong vorgegangen werden kann und die darauf abzielen, dass China alle Verstöße unterlässt, sowie angemessene Maßnahmen gegen die von China ausgehende Bedrohung der Cybersicherheit, hybride Angriffe durch China und sein Programm der Verschmelzung von ziviler und militärischer Tätigkeit;

12.  fordert die chinesische Regierung nachdrücklich auf, die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) Nr. 29 über Zwangsarbeit, Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit, Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts und Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen zu ratifizieren und anzuwenden; appelliert an China, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zu ratifizieren;

13.  fordert die Staatsorgane Chinas und Hongkongs auf, das Vertrauen in den demokratischen Prozess Hongkongs wiederherzustellen und die Verfolgung der Menschen, die demokratische Werte fördern, unverzüglich zu beenden; bedauert die mangelnde Geschlossenheit der EU im Rat, was die Annahme von Maßnahmen gegen die Abschaffung demokratischer Verhältnisse in Hongkong anbelangt; fordert den HR/VP und den Rat nachdrücklich auf, trotz der Tatsache, dass keine einstimmige Unterstützung vorhanden ist, Schlussfolgerungen zu Hongkong vorzuschlagen und anzunehmen, und fordert, dass die Auslieferungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und China ausgesetzt werden;

14.  betont, dass ein System eingerichtet werden muss, mit dem überprüft wird, ob auf dem Binnenmarkt der EU tätige Unternehmen direkt oder indirekt an Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang beteiligt sind, und dass handelsbezogene Maßnahmen wie der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge und andere Sanktionen eingeführt werden müssen; besteht darauf, dass die Beschaffung von Technologien, mit denen Menschenrechtsverletzungen Vorschub geleistet werden kann, auf allen Ebenen und in allen Organen der EU verhindert werden sollte;

15.  fordert den Europäischen Rat auf, entschieden gegen die chinesischen Sanktionen vorzugehen und diesbezügliche Schlussfolgerungen anzunehmen; ist der Ansicht, dass diese Sanktionen sowie die negativen Entwicklungen und die Verschlechterung der Lage in China sowie in Bezug auf China als internationalen Akteur bei der laufenden Überprüfung der gemeinsamen Mitteilung mit dem Titel „EU-China – Strategische Perspektiven“ entsprechend berücksichtigt werden sollten und dass darauf angemessen reagiert werden sollte, damit die EU eine entschiedenere Chinastrategie entwickelt, bei der alle Mitgliedstaaten geeint auftreten;

16.  fordert die EU auf, ihre Koordinierung und Zusammenarbeit mit den USA im Rahmen eines transatlantischen Dialogs über China zu verstärken, auch im Hinblick auf einen koordinierten Ansatz für Maßnahmen zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen, und fordert, dass dem Parlament eine starke Rolle in diesem Dialog zukommt;

17.  ist der Auffassung, dass andere Handels- und Investitionsabkommen mit Partnern in der Region, einschließlich Taiwans, bei der Aussetzung der Ratifizierung des umfassenden Investitionsabkommens zwischen der EU und China nicht in Geiselhaft genommen werden sollten;

18.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0027.
(2) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0375.
(3) ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 156.
(4) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0012.
(5) ABl. L 99I vom 22.3.2021, S. 1.
(6) ABl. L 99I vom 22.3.2021, S. 25.


Data Protection Commissioner gegen Facebook Ireland Limited und Maximillian Schrems („Schrems II“) – Rechtssache C-311/18
PDF 187kWORD 59k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Juli 2020 – Data Protection Commissioner gegen Facebook Ireland Limited und Maximilian Schrems („Schrems II“) – Rechtssache C-311/18 (2020/2789(RSP))
P9_TA(2021)0256B9-0267/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), insbesondere auf die Artikel 7, 8, 16, 47 und 52,

–  unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Juli 2020 in der Rechtssache C-311/18, Data Protection Commissioner gegen Facebook Ireland Limited und Maximilian Schrems („Schrems II“)(1),

–  unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. Oktober 2015 in der Rechtssache C-362/14, Maximillian Schrems gegen Data Protection Commissioner („Schrems I“)(2),

–  unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. Oktober 2020 in der Rechtssache C-623/17, Privacy International gegen Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs u. a.(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2016 zur transatlantischen Datenübermittlung(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. April 2017 zur Angemessenheit des vom EU-US-Datenschutzschild gebotenen Schutzes(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2018 zur Angemessenheit des vom EU-US-Datenschutzschild gebotenen Schutzes(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2018 zu der Nutzung der Daten von Facebook-Nutzern durch Cambridge Analytica und den Auswirkungen auf den Datenschutz(7),

–  unter Hinweis auf den Beschluss 2010/87/EU der Kommission vom 5. Februar 2010 über Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter in Drittländern nach der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2010) 593)(8),

–  unter Hinweis auf den Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1250 der Kommission vom 12. Juli 2016 gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angemessenheit des vom EU-US-Datenschutzschild gebotenen Schutzes (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4176)(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Überprüfung der Handelspolitik der EU(10),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)(11), insbesondere Kapitel V,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation (COM(2017)0010), den vom Plenum des Europäischen Parlaments am 25. Oktober 2017 bestätigten Beschluss über die Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen und die am 10. Februar 2021 angenommene allgemeine Ausrichtung des Rates (6087/21),

–  unter Hinweis auf die Empfehlungen 01/2020 des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu Maßnahmen zur Ergänzung von Übermittlungstools zur Gewährleistung des unionsrechtlichen Schutzniveaus für personenbezogene Daten und die Empfehlungen 02/2020 des EDSA zu den wesentlichen europäischen Garantien in Bezug auf Überwachungsmaßnahmen sowie auf die Erklärung des EDSA vom 19. November 2020 zur ePrivacy-Verordnung und zur künftigen Rolle der Aufsichtsbehörden und des EDSA,

–  gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Möglichkeit, personenbezogene Daten über Grenzen hinweg zu übermitteln, ein treibender Motor für Innovation, Produktivität und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sein kann; in der Erwägung, dass dies im Lichte der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie umso wichtiger ist, da solche Übermittlungen wesentlich dazu beitragen, die Fortführung der Geschäfts- und Regierungstätigkeiten sowie der sozialen Interaktionen sicherzustellen; in der Erwägung, dass sie ebenso einen Beitrag zu Strategien für die Aufhebung der Maßnahmen, die zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie ergriffen wurden, und zur wirtschaftlichen Erholung leisten können;

B.  in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil in der Rechtssache „Schrems I“ die „Safe Harbour“-Entscheidung der Kommission auf der Grundlage seiner Feststellungen für ungültig erklärt und darauf hingewiesen hat, dass ein willkürlicher Zugriff der Geheimdienste auf den Inhalt der elektronischen Kommunikation eine wesentliche Verletzung des in Artikel 7 der Charta vorgesehenen Rechts auf Achtung der Kommunikation darstellt;

C.  in der Erwägung, dass der EuGH im Urteil in der Rechtssache „Schrems II“ festgestellt hat, dass die Vereinigten Staaten keine hinreichenden Rechtsbehelfe für Nicht-US-Bürger zum Schutz vor Massenüberwachung vorsehen und dass dies eine wesentliche Verletzung des in Artikel 47 der Charta vorgesehenen Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf darstellt;

D.  in der Erwägung, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für alle Unternehmen gilt, die personenbezogene Daten von betroffenen Personen in der Union verarbeiten, wenn diese Verarbeitungstätigkeiten im Zusammenhang damit stehen, dass diesen Personen in der Union Waren oder Dienstleistungen angeboten werden oder ihr Verhalten, sofern es in der Union erfolgt, beobachtet wird;

E.  in der Erwägung, dass Daten von Unionsbürgern, die von Telekommunikationsbetreibern und Unternehmen gespeichert und übermittelt werden, eine wichtige Ressource darstellen, die zu den strategischen Interessen der Union beiträgt;

F.  in der Erwägung, dass Rasterfahndungen durch staatliche Akteure dem Vertrauen der europäischen Bürger, Regierungen und Unternehmen in digitale Dienste und damit in die digitale Wirtschaft schaden;

G.  in der Erwägung, dass die Ressourcen von Verbraucherschutz- und sonstigen Organisationen der Zivilgesellschaft begrenzt sind und die Durchsetzung der Datenschutzrechte und -vorschriften nicht allein auf ihren Schultern lasten darf; in der Erwägung, dass das Gewirr nationaler Verfahren und Gepflogenheiten den in der DSGVO festgelegten Mechanismus für die Zusammenarbeit bei der Bearbeitung grenzüberschreitender Beschwerden vor Probleme stellt; in der Erwägung, dass es an klaren Fristen mangelt, sich Verfahren grundsätzlich hinziehen, Aufsichtsbehörden nicht über ausreichend Mittel verfügen, in einigen Fällen die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu wünschen übrig lässt oder bereits zugewiesene Mittel nicht effizient eingesetzt werden; in der Erwägung, dass Beschwerden über mutmaßliche Verstöße von großen Technologieunternehmen derzeit in den Händen einer einzigen nationalen Behörde konzentriert sind, was zu Durchsetzungsengpässen geführt hat;

H.  in der Erwägung, dass die Verfahren, die diesem Urteil des EuGH vorausgingen, überdies verdeutlichen, wie schwierig es für betroffene Personen und Verbraucher ist, ihre Rechte geltend zu machen, was sie wiederum davon abhält, ihre Rechte vor dem irischen Datenschutzbeauftragten geltend zu machen;

I.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 25. Oktober 2018 darauf hingewiesen hat, dass die Vereinigten Staaten die Frist bis zur vollständigen Einhaltung des Datenschutzschilds, die am 1. September 2018 abgelaufen ist, nicht eingehalten haben, und die Kommission bereits aufgefordert hat, den Datenschutzschild so lange auszusetzen, bis die Behörden der Vereinigten Staaten dessen Bestimmungen einhalten;

J.  in der Erwägung, dass die in den Datenschutzvorschriften der EU verankerten Rechte der betroffenen Personen geachtet werden sollten, gleich welche Risiken ihnen durch die Verarbeitung ihrer Daten entstehen, und dass dies auch für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer gelten sollte; in der Erwägung, dass es stets Aufgabe der für die Verarbeitung Verantwortlichen sein sollte, dafür Sorge zu tragen, dass die Datenschutzvorschriften eingehalten werden, und dies für jegliche Verarbeitung von Daten nachzuweisen, gleich um welche Art der Verarbeitung es sich handelt, in welchem Rahmen sie erfolgt, welchem Zweck sie dient und welche Risiken sie für die betroffenen Personen birgt;

K.  in der Erwägung, dass bislang trotz der bedeutenden Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH in den vergangenen fünf Jahren und der wirksamen Anwendung der DSGVO seit 25. Mai 2018 vonseiten der Aufsichtsbehörden keine Beschlüsse gefasst wurden, um entsprechend dem Kohärenzverfahren der DSGVO Abhilfemaßnahmen im Zusammenhang mit der Übermittlung personenbezogener Daten zu ergreifen; in der Erwägung, dass vonseiten der nationalen Aufsichtsbehörden keine wesentlichen Beschlüsse über die Verhängung von Abhilfemaßnahmen oder Geldbußen im Zusammenhang mit der Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer gefasst wurden;

L.  in der Erwägung, dass US-Präsident Biden an seinem ersten Tag im Amt den stellvertretenden beigeordneten Sekretär für Dienstleistungen im US-Handelsministerium ernannt hat, der der Chefunterhändler für die Übermittlung von Geschäftsdaten in den Verhandlungen mit der EU sein wird; in der Erwägung, dass die Kandidatin des Präsidenten für das Amt des US-Handelsministers, Gina Raimondo, den zügigen Abschluss der Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen für den Datenschutzschild in ihrer Anhörung vor dem Senat als „oberste Priorität“ bezeichnet hat;

Allgemeine Bemerkungen

1.  nimmt das Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020 zur Kenntnis, in dem der Gerichtshof die Gültigkeit des Beschlusses 2010/87/EU über Standardvertragsklauseln, die das am häufigsten verwendete Instrument für internationale Datenübermittlungen sind, grundsätzlich bestätigt hat; nimmt ferner zur Kenntnis, dass der Gerichtshof den Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1250 der Kommission über die Angemessenheit des vom EU-US-Datenschutzschild gebotenen Schutzes für ungültig erklärt hat; stellt fest, dass bislang kein einziger tragfähiger Mechanismus, mit dem die rechtmäßige Übermittlung personenbezogener Geschäftsdaten zwischen der EU und den Vereinigten Staaten sichergestellt werden soll, einer Anfechtung vor dem EuGH standgehalten hat;

2.  nimmt zur Kenntnis, dass der EuGH zwar festgestellt hat, dass Standardvertragsklauseln wirksam gewährleisten, dass das in der Union vorgesehene Schutzniveau eingehalten wird, er jedoch festgelegt hat, dass der in der Europäischen Union ansässige Verantwortliche/Auftragsverarbeiter und der Empfänger der Übermittlung personenbezogener Daten verpflichtet sind, vorab zu prüfen, ob im betreffenden Drittland das unionsrechtlich geforderte Schutzniveau eingehalten wird; weist darauf hin, dass dazu auch gehört, die Rechtsordnung betreffend den Zugang der Behörden zu personenbezogenen Daten zu beurteilen, um sicherzustellen, dass die betroffenen Personen und ihre übermittelten Daten keinen Überwachungsprogrammen der Vereinigten Staaten ausgesetzt sind, mit denen personenbezogene Daten gesammelt erhoben werden können; weist darauf hin, dass der EuGH entschieden hat, dass die Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter verpflichtet sind, die Datenübermittlung auszusetzen und/oder vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Empfänger die Standardvertragsklauseln nicht einhalten kann; stellt jedoch fest, dass viele Unternehmen, insbesondere KMU, nicht über das nötige Wissen oder die erforderlichen Kapazitäten verfügen, um eine solche Überprüfung vorzunehmen, was zu Betriebsstörungen führen kann;

3.  ist der Ansicht, dass das Augenmerk im Urteil des EuGH zwar insbesondere auf dem Schutzniveau liegt, das betroffenen Personen in der EU gewährt wird, deren Daten im Rahmen des Datenschutzschilds in die Vereinigten Staaten übermittelt wurden, das Urteil jedoch auch Auswirkungen auf Angemessenheitsbeschlüsse in Bezug auf andere Drittländer, einschließlich des Vereinigten Königreichs, hat; bekräftigt, dass es Rechtsklarheit und Rechtssicherheit braucht, da die Möglichkeit, personenbezogene Daten sicher über Grenzen hinweg zu übermitteln, für Einzelpersonen im Hinblick auf den Schutz ihrer Daten und ihre entsprechenden Rechte, für alle Arten von Einrichtungen, die international Waren und Dienstleistungen anbieten, und für Unternehmen im Hinblick auf die Rechtsordnung, der sie unterliegen, zunehmend an Bedeutung gewonnen hat; hebt jedoch hervor, dass bestehende Angemessenheitsbeschlüsse so lange gültig bleiben, bis der EuGH sie aufhebt, ersetzt oder für ungültig erklärt;

4.  bedauert, dass der irische Datenschutzbeauftragte Maximilian Schrems und Facebook vor dem Irish High Court verklagt hat, anstatt eine Entscheidung im Rahmen seiner in Artikel 4 des Beschlusses 2010/87/EU und Artikel 58 DSGVO genannten Befugnisse zu treffen; weist jedoch darauf hin, dass der irische Datenschutzbeauftragte einen Rechtsweg beschritten hat, demzufolge Datenschutzbehörden Zweifel an der Gültigkeit eines Durchführungsbeschlusses der Kommission vor den nationalen Gerichten geltend machen können, damit diese dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vorlegen; äußert sich zutiefst besorgt darüber, dass mehrere Beschwerden wegen Verstößen gegen die DSGVO, die am 25. Mai 2018, dem Tag, ab dem die DSGVO zur Anwendung kam, eingereicht wurden, und andere Beschwerden von Datenschutzorganisationen und Verbraucherverbänden vom irischen Datenschutzbeauftragten, der für diese Fälle federführend zuständig ist, noch immer nicht abschließend bearbeitet wurden; bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass der irische Datenschutzbeauftragte „unverzüglich“ nach Artikel 60 Absatz 3 DSGVO entgegen der Absicht des Gesetzgebers als „mehrere Monate“ auslegt; bringt weiter seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Aufsichtsbehörden keine vorbeugenden Maßnahmen im Sinne von Artikel 61 und Artikel 66 DSGVO ergriffen haben, um den irischen Datenschutzbeauftragten anzuweisen, seinen Verpflichtungen im Rahmen der DSGVO nachzukommen; bringt ferner seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass der irische Datenschutzbeauftragte nicht genügend Technologiefachkräfte beschäftigt, die noch dazu mit veralteten Systemen arbeiten; bedauert die Folgen des vergeblichen Versuchs des irischen Datenschutzbeauftragten, die Gerichtskosten auf die beklagte Partei abzuwälzen, was eine enorme Abschreckungswirkung zur Folge gehabt hätte; fordert die Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland einzuleiten, da es die Datenschutz-Grundverordnung nicht ordnungsgemäß durchsetzt;

5.  ist besorgt über die unzureichende Durchsetzung der DSGVO, insbesondere im Bereich internationaler Übermittlungen; bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die nationalen Aufsichtsbehörden der Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer trotz der Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH in den vergangenen fünf Jahren nicht ausreichend Vorrang einräumen und diesbezüglich insgesamt zu wenige Kontrollen vornehmen; bedauert, dass es in dieser Hinsicht an einschlägigen Beschlüssen und Abhilfemaßnahmen mangelt, und fordert den EDSA und die nationalen Aufsichtsbehörden nachdrücklich auf, die Übermittlung personenbezogener Daten in ihre Strategien zur Prüfung, Einhaltung und Durchsetzung einzubinden; hält es für geboten, harmonisierte verbindliche Verwaltungsverfahren für die Vertretung von betroffenen Personen und die Zulässigkeit einzuführen, damit für Rechtssicherheit gesorgt ist und grenzüberschreitende Beschwerden bearbeitet werden können;

6.  nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission einen Entwurf eines Durchführungsbeschlusses über Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer vorgelegt hat; fordert den EDSA nachdrücklich auf, weitere Leitlinien für internationale Datenübermittlungen für Unternehmen, insbesondere für KMU, zu veröffentlichen, die auch eine Checkliste für die Beurteilung von Datenübermittlungen, Instrumente zur Beurteilung, ob Regierungen eine Befugnis zum Zugriff auf Daten haben oder auf Daten zugreifen können, sowie Informationen über die zusätzlichen Maßnahmen umfasst, die für Übermittlungen unter Anwendung von Standardvertragsklauseln erforderlich sind; fordert den EDSA ferner auf, Beiträge von unabhängigen Wissenschaftlern in Bezug auf möglicherweise entgegenstehende nationale Rechtsvorschriften bedeutender Handelspartner einzuholen;

7.  weist darauf hin, dass Datenübermittlungen, die außerhalb des Rahmens von Angemessenheitsbeschlüssen oder anderen Instrumenten erfolgen, die hinreichende Garantien bieten, sich aber auf Ausnahmeregelungen für bestimmte Situationen gemäß Artikel 49 DSGVO stützen, im Einklang mit den Leitlinien 2/2018 des EDSA(12) zu den Ausnahmen nach Artikel 49 der Verordnung (EU) 2016/679 eng ausgelegt werden müssen, damit die Ausnahme nicht zur Regel wird; stellt jedoch fest, dass nach der Ungültigerklärung des EU-US-Datenschutzschilds die transatlantischen Datenströme für digitale Werbezwecke aufrechterhalten wurden, obwohl Zweifel an der Rechtsgrundlage für die Übermittlung zu Werbezwecken bestehen; fordert den EDSA und die Datenschutzbehörden auf, für eine kohärente Auslegung in Bezug auf die Anwendung und Kontrolle solcher Ausnahmen im Einklang mit den Leitlinien des EDSA zu sorgen;

8.  begrüßt die internationalen Gespräche über die grenzüberschreitende Übermittlung personenbezogener Daten im Einklang mit der DSGVO und der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung(13); betont, dass die Datenschutz-Grundverordnung, die Richtlinie zum Datenschutz im Rahmen der Strafverfolgung, die Vorschriften zum Datenschutz im Internet und weitere bestehende oder künftige Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte auf Privatsphäre und auf Schutz personenbezogener Daten nicht durch internationale Handelsabkommen unterlaufen oder zum Gegenstand solcher Abkommen werden dürfen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, am horizontalen Standpunkt der EU aus dem Jahr 2018(14) festzuhalten und nicht davon abzuweichen und die einschlägigen handelsrechtlichen Verpflichtungen von Drittländern bei der Bewertung ihrer Eignung, auch in Bezug auf die Weiterübermittlung von Daten, zu berücksichtigen;

Standardvertragsklauseln

9.  nimmt den Entwurf des Durchführungsbeschlusses und den Entwurf von Standardschutzklauseln der Kommission zur Kenntnis; begrüßt, dass die Kommission eine öffentliche Konsultation zu diesem Entwurf durchgeführt und dabei Rückmeldungen von interessierten Akteuren erhalten hat; stellt fest, dass der EDSA und der EDSB in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 15. Januar 2021(15) die Entwürfe von Standardvertragsklauseln begrüßt, jedoch weitere Verbesserungen vorgeschlagen haben; geht davon aus, dass die Kommission den erhaltenen Rückmeldungen Rechnung trägt, bevor sie das Ausschussverfahren in die Wege leitet;

10.  weist erneut darauf hin, dass eine große Anzahl von KMU auf Standardvertragsklauseln zurückgreift; betont, dass Unternehmen jeder Art dringend klare Leitlinien und Hilfestellungen benötigen, damit im Hinblick auf die Anwendung und Auslegung des Gerichtsurteils für Rechtssicherheit gesorgt wird;

11.  nimmt die Empfehlungen 01/2020 des EDSA(16) zu Maßnahmen·zur·Ergänzung·von·Übermittlungstools·zur·Gewährleistung·des·unionsrechtlichen·Schutzniveaus·für·personenbezogene·Daten·zur Kenntnis; begrüßt, dass der EDSA eine öffentliche Konsultation zu seinen Empfehlungen durchgeführt hat; ist besorgt angesichts möglicher Konflikte zwischen diesen Empfehlungen und dem Vorschlag der Kommission für Standardvertragsklauseln; ersucht die Kommission und den EDSA, im Hinblick auf die Letztfassung ihrer jeweiligen Dokumente zusammenzuarbeiten, um im Anschluss an das Urteil des EuGH für Rechtssicherheit zu sorgen; ist der Ansicht, dass die Kommission den Leitlinien des EDSA folgen sollte;

12.  begrüßt insbesondere die Empfehlungen des EDSA, wonach sich die für die Verarbeitung Verantwortlichen bei der Beurteilung, ob eine Rechtsvorschrift oder die Praxis eines Drittstaats die Wirksamkeit der geeigneten Garantien in den Übermittlungsinstrumenten für die betreffenden Übermittlungen beeinträchtigen könnte, auf objektive Faktoren stützen müssen, und nicht auf subjektive Faktoren wie etwa die Wahrscheinlichkeit, dass Behörden in einer nicht mit EU-Standards kompatiblen Weise Zugang zu den Daten erhalten, was vom EuGH wiederholt als unzulässig eingestuft wurde; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Vorschlag für Standardvertragsklauseln in vollem Umfang mit der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH übereinstimmt;

13.  vertritt die Ansicht, dass es entscheidend ist, dass sich EU-Unternehmen, die personenbezogene Daten an Drittstaaten übermitteln, auf solide Mechanismen verlassen können, die dem EuGH-Urteil genügen; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass der derzeitige Vorschlag der Kommission für ein Muster für Standardvertragsklauseln allen einschlägigen Empfehlungen des EDSA gebührend Rechnung tragen sollte; befürwortet die Schaffung eines Instrumentariums von ergänzenden Maßnahmen, die zur Auswahl stehen, z. B. Sicherheits- und Datenschutzzertifizierungen, Verschlüsselungsgarantien und Pseudonymisierung, die von den Aufsichtsbehörden akzeptiert werden, sowie öffentlich zugängliche Ressourcen zu den einschlägigen Rechtsvorschriften der wichtigsten Handelspartner der Union;

14.  weist darauf hin, dass für die Verarbeitung Verantwortliche, die in den Anwendungsbereich des US Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) fallen, gemäß den Standardvertragsklauseln keine personenbezogenen Daten aus der Union übermitteln dürfen, da ein hohes Risiko der Massenüberwachung besteht; erwartet, dass, wenn nicht rasch eine Vereinbarung mit den USA getroffen wird, mit der ein dem nach der DSGVO und der Charta der Sache nach gleichwertiges und damit angemessenes Schutzniveau gewährleistet wird, die fraglichen Übermittlungen solange ausgesetzt werden, bis eine Lösung gefunden wird; unterstreicht die Feststellung des EuGH, dass weder Section 702 des FISA noch die Executive Order 12333 (E.O. 12333) in Verbindung mit der „Presidential Policy Directive 28“ (PPD-28) mit den Mindestgarantien korrelieren, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im EU-Recht ergeben, so dass die auf diesen Bestimmungen beruhenden Überwachungsprogramme nicht als auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt angesehen werden können; betont, dass die im Urteil des Gerichtshofs festgestellten Probleme auf nachhaltige Weise angegangen werden müssen, um einen hinreichenden Schutz der personenbezogenen Daten betroffener Personen sicherzustellen; weist erneut darauf hin, dass ein zwischen Unternehmen geschlossener Vertrag keinen Schutz vor dem willkürlichen Zugriff von Nachrichtendiensten auf den Inhalt elektronischer Kommunikation oder einen hinreichenden Rechtsschutz gegen eine Massenüberwachung bieten kann; betont, dass hierfür eine Reform der US-Überwachungsgesetze und -praktiken erforderlich ist, damit sichergestellt ist, dass der Zugang der US-Sicherheitsbehörden zu aus der EU übermittelten Daten auf das erforderliche Maß beschränkt und verhältnismäßig ist und dass betroffene Personen aus der EU Zugang zu effektiven Rechtsbehelfen vor US-Gerichten haben;

15.  hebt hervor, dass die Verhandlungsmacht und die rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten europäischer KMU sowie gemeinnütziger Organisationen und Vereine begrenzt sind, von denen erwartet wird, dass sie im Rahmen der ihnen auferlegten Selbstbewertung der Angemessenheit des Datenschutzes in Drittländern eine Bewertung der komplexen rechtlichen Regelungen verschiedener Drittländer vornehmen; fordert die Kommission und den EDSA nachdrücklich auf, Leitlinien für die praktische Anwendung zuverlässiger zusätzlicher Maßnahmen, insbesondere für KMU, bereitzustellen;

16.  fordert die Datenschutzbehörden nachdrücklich auf, wie im EuGH-Urteil hervorgehoben wird, ihren Verpflichtungen nachzukommen, um eine ordnungsgemäße und zügige Durchsetzung der DSGVO sicherzustellen, indem sie die Verwendung von Standardvertragsklauseln genau überwachen; fordert die Datenschutzbehörden auf, Unternehmen bei der Einhaltung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu unterstützen; fordert die Datenschutzbehörden nachdrücklich auf, von den in Artikel 58 DSGVO genannten Untersuchungs- und Abhilfebefugnissen Gebrauch zu machen, wenn Datenexporteure personenbezogene Daten übermitteln, obwohl in dem Bestimmungsdrittland Rechtsvorschriften gelten, die den Datenimporteur daran hindern, die Standardvertragsklauseln einzuhalten, und keine wirksamen ergänzenden Maßnahmen vorhanden sind; weist auf die Feststellung des EuGH hin, dass jede Aufsichtsbehörde „verpflichtet [ist], [...] ihre Aufgabe zu erfüllen, die darin besteht, über die umfassende Einhaltung der DSGVO zu wachen“;

Datenschutzschild

17.  nimmt zur Kenntnis, dass der EuGH feststellte, dass der EU-US-Datenschutzschild im Wesentlichen kein gleichwertiges und damit angemessenes Datenschutzniveau wie das der Datenschutz-Grundverordnung und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistet, insbesondere, weil der Massenzugriff der US-Behörden auf personenbezogene Daten, die im Rahmen des Datenschutzschildes übermittelt werden, nicht den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen und weil betroffene Personen in der EU keine Rechte haben, die sie vor US-Gerichten oder einer anderen unabhängigen Instanz, die als Gericht fungiert, gegenüber den US-Behörden einklagen können; erwartet, dass sich die derzeitige US-Regierung stärker für die Einhaltung ihrer Verpflichtungen im Rahmen möglicher künftiger Übermittlungsmechanismen einsetzt als frühere Regierungen, die ein mangelndes politisches Engagement für die Einhaltung und Durchsetzung der Safe-Harbor-Vorschriften und die Durchsetzung der Vorschriften des Datenschutzschilds gezeigt haben;

18.  weist darauf hin, dass einige Unternehmen als Reaktion auf das Urteil in der Rechtssache „Schrems II“ ihre Datenschutzerklärungen und Verträge mit Dritten, die sich auf ihre Verpflichtungen im Rahmen des Datenschutzschilds beziehen, hastig überarbeitet haben, ohne die besten Maßnahmen für eine rechtmäßige Übermittlung der Daten zu ermitteln;

19.  bedauert, dass die Kommission trotz der zahlreichen Forderungen des Parlaments in seinen Entschließungen von 2016, 2017 und 2018, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Datenschutzschild uneingeschränkt mit der DSGVO und der Charta in Einklang zu bringen, keine Schritte im Sinne von Artikel 45 Absatz 5 DSGVO unternommen hat; bedauert, dass die Kommission die Forderungen des Parlaments ignoriert hat, den Datenschutzschild solange auszusetzen, bis die US-Behörden seine Bestimmungen einhalten, wobei das Parlament auch auf die Gefahr hingewiesen hatte, dass der Datenschutzschild vom EuGH für ungültig erklärt werden kann; erinnert daran, dass die die Artikel-29-Datenschutzgruppe und der EDSA wiederholt auf Probleme bei der Funktionsweise des Datenschutzschilds hingewiesen haben;

20.  bedauert, dass die Kommission den Beziehungen zu den USA Vorrang vor den Interessen der EU-Bürger eingeräumt und damit die Aufgabe, das Unionsrecht zu verteidigen, den einzelnen Bürgern überlassen hat;

Massenüberwachung und der Rechtsrahmen

21.  bestärkt die Kommission darin, den Einsatz von Massenüberwachungstechnologien in den USA und anderen Drittländern, die Gegenstand einer Angemessenheitsfeststellung sind oder sein könnten, wie das Vereinigte Königreich, proaktiv zu überwachen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, für Länder, in denen die Gesetze und Programme zur Massenüberwachung entweder dem Wortlaut oder dem Sinn nach nicht den Kriterien des EuGH entsprechen, keine Angemessenheitsbeschlüsse zu erlassen;

22.  nimmt zur Kenntnis, dass der California Consumer Privacy Act (CCPA) vor Kurzem in Kraft getreten ist; nimmt die diesbezüglichen Diskussionen und Legislativvorschläge auf Bundesebene zur Kenntnis; weist darauf hin, dass dies zwar Schritte in die richtige Richtung sind, dass jedoch weder der CCPA noch einer der bisherigen Vorschläge auf Bundesebene die Anforderungen der DSGVO für eine Angemessenheitsfeststellung erfüllen; fordert den US-amerikanischen Gesetzgeber nachdrücklich auf, Rechtsvorschriften zu erlassen, die diesen Anforderungen entsprechen, und auf diese Weise dazu beizutragen, dass das US-Recht ein Schutzniveau bietet, das dem derzeit in der EU garantierten Niveau der Sache nach gleichwertig ist;

23.  weist darauf hin, dass solche Gesetze zum Schutz von personenbezogenen Daten von Verbrauchern und zum Schutz der Privatsphäre allein nicht ausreichen, um die vom Gerichtshof festgestellten Missstände bezüglich der Massenüberwachung durch US-Geheimdienste und des unzureichenden Zugangs zu Rechtsbehelfen zu beheben; fordert den US-amerikanischen Gesetzgeber auf, Artikel 702 des FISA zu ändern, und den Präsidenten der USA, die Executive Order 12333 und die Presidential Policy Directive 28 zu ändern, insbesondere im Hinblick auf die Massenüberwachung und die Gewährung des gleichen Schutzniveaus für Bürger der EU und der USA; fordert die USA auf, Mechanismen bereitzustellen, mit denen sichergestellt wird, dass Einzelpersonen (zeitverzögert) Benachrichtigungen erhalten und in der Lage sind, eine unangemessene Überwachung gemäß Artikel 702 und EO 12333 anzufechten, sowie einen gesetzlich verankerten Mechanismus einzurichten, mit dem sichergestellt wird, dass Nicht-US-Bürger über den Judicial Redress Act hinaus durchsetzbare Rechte haben;

24.  erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen des Programms zur Fahndung nach Finanzquellen des Terrorismus (TFTP), des Abkommens zwischen der EU und den USA über Fluggastdatensätze (Passenger Name Records – PNR) und des automatischen Austauschs von Steuerinformationen über zwischenstaatliche Abkommen zur Umsetzung des Foreign Tax Compliance Act (FATCA) weiterhin personenbezogene Daten mit den Vereinigten Staaten austauschen, was sich nachteilig auf „zufällige Amerikaner“ auswirkt, wie in der Entschließung des Parlaments vom 5. Juli 2018 zu den nachteiligen Auswirkungen des US-Gesetzes über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten (FATCA) auf EU-Bürger und insbesondere „zufällige Amerikaner“(17) erwähnt wird; weist darauf hin, dass die USA weiterhin Zugang zu den Strafverfolgungsdatenbanken der Mitgliedstaaten haben, die Fingerabdrücke und DNA-Daten von EU-Bürgern enthalten; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Urteile in den Rechtssachen „Schrems I und II“ auf diesen Datenaustausch zu analysieren und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres bis zum 30. September 2021 ihre Analyse öffentlich und schriftlich vorzulegen und zu erläutern, auf welche Weise sie den Datenaustausch mit den Urteilen in Einklang zu bringen gedenkt;

25.  fordert die Kommission ferner auf, die Situation von Cloud-Anbietern, die unter Abschnitt 702 des FISA fallen und Daten über Standardvertragsklauseln übermitteln, zu analysieren; fordert die Kommission außerdem auf, die Auswirkungen auf die gemäß dem Rahmenabkommen zwischen der EU und den USA gewährten Rechte, einschließlich des Rechts auf gerichtlichen Rechtsbehelf, zu analysieren, da die USA dieses Recht ausdrücklich nur Bürgern bestimmter Länder gewähren, die die Übermittlung von Daten an die USA zu kommerziellen Zwecken gestatten; hält es für nicht hinnehmbar, dass die Kommission ihre Ergebnisse der ersten gemeinsamen Überprüfung des Rahmenabkommens ein Jahr nach Ablauf der Frist immer noch nicht veröffentlicht hat, und fordert die Kommission auf, das Abkommen erforderlichenfalls unverzüglich mit den durch die Urteile des EuGH gesetzten Standards in Einklang zu bringen;

26.  hält es angesichts der beträchtlichen Mängel beim Schutz der an die Vereinigten Staaten übermittelten Daten von EU-Bürgern für notwendig, Investitionen in europäische Instrumente zur Vorratsdatenspeicherung (z. B. Cloud-Dienste) zu unterstützen, um die Abhängigkeit der EU von Drittländern in Bezug auf Speicherkapazitäten zu verringern und die strategische Autonomie der EU im Bereich der Datenverwaltung und des Datenschutzes zu stärken;

Angemessenheitsbeschlüsse

27.  fordert die Kommission auf, sämtliche erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dafür Sorge zu tragen, dass jeder neue Angemessenheitsbeschluss betreffend die USA in vollem Umfang mit der Verordnung (EU) 2016/679, mit der Charta und mit jedem Aspekt der Urteile des EuGH in Einklang steht; weist erneut darauf hin, dass Angemessenheitsrahmen die Wirtschaftstätigkeit erheblich erleichtern, insbesondere für KMU und Start-up-Unternehmen, die im Gegensatz zu großen Unternehmen häufig nicht über die notwendigen finanziellen, rechtlichen und technischen Kapazitäten verfügen, um andere Übermittlungsinstrumente nutzen zu können; fordert die Mitgliedstaaten auf, Vereinbarungen über den Verzicht auf Spionagetätigkeiten mit den USA zu schließen; fordert die Kommission auf, ihre Kontakte mit den US-amerikanischen Amtskollegen zu nutzen, um die Botschaft zu vermitteln, dass der Abschluss von Vereinbarungen über den Verzicht auf Spionagetätigkeiten mit den Mitgliedstaaten die einzige gangbare Option zur Ermöglichung der Angemessenheitsbeschlüsse wäre, wenn die Überwachungsgesetze und ‑verfahren der USA nicht geändert werden;

28.  ist der Ansicht, dass sich künftige Angemessenheitsbeschlüsse der Kommission nicht auf ein System der Selbstzertifizierung stützen sollten, wie dies sowohl beim Safe-Harbour-Abkommen als auch beim Datenschutzschild der Fall war; fordert die Kommission auf, den EDSA bei der Bewertung der Einhaltung und Durchsetzung aller neuen Angemessenheitsbeschlüsse in Bezug auf die USA umfassend einzubeziehen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, sich mit der US-Regierung auf die Maßnahmen zu einigen, die erforderlich sind, damit der EDSA diese Rolle wirksam wahrnehmen kann; erwartet von der Kommission, dass sie den Standpunkt des Europäischen Parlaments zu jedem neuen Angemessenheitsbeschluss betreffend die USA eingehender in Erwägung zieht, bevor sie einen solchen Beschluss annimmt;

29.  weist darauf hin, dass die Kommission derzeit alle gemäß der Richtlinie 95/46/EG erlassenen Angemessenheitsbeschlüsse überprüft; betont, dass die Kommission die strengeren Standards anwenden sollte, die in der DSGVO und in den Urteilen Schrems I und II des EuGH festgelegt sind, um zu bewerten, ob ein der Sache nach gleichwertiges Schutzniveau wie in der DSGVO gewährt wird, auch in Bezug auf den Zugang zu einem wirksamen Rechtsbehelf und den Schutz vor unberechtigtem Zugang der Behörden des Drittstaats zu personenbezogenen Daten; fordert die Kommission nachdrücklich auf, diese Überprüfungen umgehend abzuschließen und vor der Verabschiedung der DSGVO gefasste Beschlüsse aufzuheben oder auszusetzen, wenn sie feststellt, dass das betreffende Drittland kein Schutzniveau bietet, das dem gemäß der DSGVO der Sache nach gleichwertig ist;

30.  ist der Ansicht, dass die Regierung Biden durch die Ernennung eines erfahrenen Sachverständigen für Datenschutz als Chefunterhändler für das Nachfolgeabkommen zum Datenschutzschild unter Beweis gestellt hat, dass sie es als vorrangiges Anliegen ansieht, sich für die Suche nach einer Lösung für die Übermittlung von Daten zu kommerziellen Zwecken zwischen der EU und den USA einzusetzen; erwartet, dass der Dialog zwischen der Kommission und ihren Amtskollegen in den USA, der unmittelbar nach dem Urteil des EuGH aufgenommen wurde, in den kommenden Monaten intensiviert wird;

31.  fordert die Kommission auf, keinen neuen Angemessenheitsbeschluss in Bezug auf die USA zu erlassen, sofern keine bedeutsamen Reformen, insbesondere für Zwecke der nationalen Sicherheit und der Nachrichtendienste, eingeführt werden, was durch eine eindeutige, rechtlich haltbare, durchsetzbare und diskriminierungsfreie Reform der Gesetze und Verfahren der USA erreicht werden kann; bekräftigt in diesem Zusammenhang die Bedeutung solider Sicherheitsvorkehrungen im Bereich des Zugangs der Behörden zu personenbezogenen Daten; fordert die Kommission auf, ihre „geopolitischen Ambitionen“ in die Praxis umzusetzen, um in den USA und anderen Drittländern einen Datenschutz durchzusetzen, der dem in der EU der Sache nach gleichwertig ist;

32.  empfiehlt den nationalen Datenschutzbehörden, dass sie die Übermittlung personenbezogener Daten, auf die Behörden in den USA Zugriff haben können, aussetzen, wenn die Kommission einen neuen Angemessenheitsbeschluss in Bezug auf die USA erlassen sollte, ohne dass derartige bedeutsame Reformen erfolgt wären;

33.  begrüßt, dass die Kommission den Kriterien folgt, die in der Referenzgrundlage für Angemessenheit der Artikel-29-Datenschutzgruppe gemäß der DSGVO(18) (wie vom EDSA gebilligt) und in der Empfehlung 01/2021 des EDSA zu der Referenzgrundlage für den Begriff „Angemessenheit“ in der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung(19) festgelegt sind; ist der Ansicht, dass die Kommission bei der Beurteilung, ob ein Drittland für einen Angemessenheitsbeschluss infrage kommt, diese Kriterien nicht unterschreiten sollte; nimmt zur Kenntnis, dass der EDSA seine Empfehlungen zu den wesentlichen europäischen Garantien in Bezug auf Überwachungsmaßnahmen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH kürzlich aktualisiert hat(20);

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34.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Europäischen Rat, dem Rat der Europäischen Union, dem Europäischen Datenschutzausschuss, den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Kongress und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sowie dem Parlament und der Regierung des Vereinigten Königreichs zu übermitteln.

(1) Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Juli 2020 in der Rechtssache C-311/18, Data Protection Commissioner gegen Facebook Ireland Limited und Maximilian Schrems, ECLI:EU:C:2020:559.
(2) Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. Oktober 2015 in der Rechtssache C‑362/14, Maximilian Schrems gegen Data Protection Commissioner, ECLI:EU:C:2015:650.
(3) Urteil vom 6. Oktober 2020 in der Rechtssache C‑623/17, Privacy International gegen Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs u. a., ECLI:EU:C:2020:790.
(4) ABl. C 76 vom 28.2.2018, S. 82.
(5) ABl. C 298 vom 23.8.2018, S. 73.
(6) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 133.
(7) ABl. C 345 vom 16.10.2020, S. 58.
(8) ABl. L 39 vom 12.2.2010, S. 5.
(9) ABl. L 207 vom 1.8.2016, S. 1.
(10) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0337.
(11) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.
(12) https://edpb.europa.eu/sites/edpb/files/files/file1/edpb_guidelines_2_2018_derogations_de.pdf
(13) Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).
(14) Vorschlag der EU für Bestimmungen über den grenzüberschreitenden Datenverkehr sowie den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre, http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2018/july/tradoc_157130.pdf
(15) Gemeinsame Stellungnahme 2/2021 des EDSA und des EDSB vom 14. Januar 2021 zu Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer: https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/edpbedps-joint-opinion/edpb-edps-joint-opinion-22021-standard_de
(16) Empfehlungen 01/2020 des EDSA vom 11. November 2020 zu Maßnahmen zur Ergänzung von Übermittlungstools zur Gewährleistung des unionsrechtlichen Schutzniveaus für personenbezogene Daten, https://edpb.europa.eu/our-work-tools/public-consultations-art-704/2020/recommendations-012020-measures-supplement-transfer_de
(17) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 141.
(18) https://ec.europa.eu/newsroom/article29/item-detail.cfm?item_id=614108
(19) https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/recommendations/recommendations-012021-adequacy-referential-under-law_de
(20) https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/preporki/recommendations-022020-european-essential-guarantees_de


Das Auskunftsrecht des Parlaments mit Blick auf die laufende Prüfung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne
PDF 127kWORD 45k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu dem Auskunftsrecht des Parlaments mit Blick auf die laufende Prüfung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne (2021/2703(RSP))
P9_TA(2021)0257B9-0276/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität(1),

–  gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurde;

B.  in der Erwägung, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität ein bisher einmaliges Instrument ist, was die Höhe der Mittelausstattung und die Art und Weise der Finanzierung anbelangt;

C.  in der Erwägung, dass die demokratische und parlamentarische Kontrolle über die Durchführung der Aufbau- und Resilienzfazilität nur möglich ist, wenn das Parlament in allen Phasen vollständig einbezogen wird;

D.  in der Erwägung, dass in Artikel 26 der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität ein Dialog über Aufbau und Resilienz eingeführt wird, mit dem für ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht gesorgt werden soll und in dessen Rahmen die Kommission dem Parlament Informationen – etwa über die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten und deren Bewertung – zur Verfügung stellen muss;

E.  in der Erwägung, dass das Parlament seinen Standpunkt zu den im Rahmen des Dialogs über Aufbau und Resilienz behandelten Themen darlegen kann, auch in Entschließungen und im Austausch mit der Kommission, und in der Erwägung, dass die Kommission diesen Standpunkten Rechnung tragen muss;

F.  in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission im Rahmen des Dialogs über Aufbau und Resilienz ersuchen kann, Informationen über den aktuellen Stand der Bewertung der Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten vorzulegen;

G.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten der Kommission ihre jeweiligen Aufbau- und Resilienzpläne normalerweise bis zum 30. April 2021 hätten vorlegen müssen;

H.  in der Erwägung, dass bislang 18 Mitgliedstaaten der Kommission ihre jeweiligen Aufbau- und Resilienzpläne vorgelegt haben;

I.  in der Erwägung, dass die Kommission die jeweiligen Aufbau- und Resilienzpläne innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Vorlage bewerten muss;

J.  in der Erwägung, dass die Kommission die vorgelegten Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten dem Parlament und dem Rat weitergeleitet hat;

K.  in der Erwägung, dass das Parlament am 11. März 2021 im Plenum eine Aussprache zu dem Thema „Wahrung des Partnerschaftsprinzips bei der Vorbereitung und Durchführung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne und Sicherstellung eines verantwortungsvollen Umgangs mit den Geldern“ geführt hat;

L.  in der Erwägung, dass der Ausschuss der Regionen und der Rat der Gemeinden und Regionen Europas am 20. Januar 2021 die Ergebnisse ihrer gezielten Konsultation zu dem Thema „Einbeziehung der Gemeinden, Städte und Regionen in die Ausarbeitung der Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten“ veröffentlicht haben;

1.  begrüßt die Bemühungen der Kommission, mit denen sie dafür sorgen will, dass die einschlägigen Durchführungsbeschlüsse des Rates im Zusammenhang mit den Aufbau- und Resilienzplänen der Mitgliedstaaten noch vor dem Sommer rasch angenommen werden, und begrüßt die kontinuierliche Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedstaaten, mit der sie ihnen dabei helfen will, hochwertige Pläne vorzulegen;

2.  weist die Kommission darauf hin, dass sie ihren Verpflichtungen aus der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität nachkommen muss, dem Parlament alle einschlägigen Informationen über den Stand der Durchführung der Verordnung zur Verfügung zu stellen sowie allen Aspekten, die im Zusammenhang mit den im Zuge des Dialogs über Aufbau und Resilienz geäußerten Standpunkten aufkommen, und den von den zuständigen Ausschüssen und in den Entschließungen des Plenums dargelegten Standpunkten Rechnung zu tragen;

3.  ist der Ansicht, dass die Kommission das Parlament regelmäßig mündlich und schriftlich über den Stand der Bewertung der Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten informieren muss, um für eine angemessene demokratische und parlamentarische Kontrolle der Durchführung der Aufbau- und Resilienzfazilität und ein höheres Maß an Transparenz und demokratischer Rechenschaftspflicht zu sorgen; betont, dass das Parlament gemäß der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität Anspruch auf Vorlage dieser Informationen im Rahmen des Dialogs über Aufbau und Resilienz hat;

4.  fordert die Kommission auf, alle relevanten Hintergrundinformationen und eine Zusammenfassung der Reformen und Investitionen bereitzustellen, die in den vorgelegten Plänen dargelegt sind und sich auf den in sechs Säulen untergliederten Anwendungsbereich (sowie die allgemeinen und spezifischen Ziele und die horizontalen Grundsätze) bzw. auf die elf Bewertungskriterien beziehen, der bzw. die in der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität festgelegt ist bzw. sind;

5.  bekräftigt seine Erwartung, dass die Informationen in leicht verständlicher und vergleichbarer Form bereitgestellt werden, wozu auch etwaige Übersetzungen der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Unterlagen gehören;

6.  vertritt die Auffassung, dass durch die Weitergabe einer vorläufigen Bewertung der Pläne dem Ergebnis des Verfahrens nicht vorgegriffen wird; ist der Ansicht, dass dadurch der Dialog über Aufbau und Resilienz verbessert würde, da die meisten Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt ihrer Vorlage fast vollständig ausgearbeitet sind und wahrscheinlich genehmigt werden;

7.  ist davon überzeugt, dass vollständige Transparenz und uneingeschränkte Rechenschaftspflicht vonseiten der Kommission erforderlich sind, um die demokratische Legitimität und die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger für die Aufbau- und Resilienzfazilität sicherzustellen und zu stärken;

8.  weist darauf hin, dass nach Maßgabe von Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe q der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten „eine Zusammenfassung des im Einklang mit dem nationalen Rechtsrahmen durchgeführten Prozesses der Konsultation lokaler und regionaler Gebietskörperschaften, von Sozialpartnern, Organisationen der Zivilgesellschaft, Jugendorganisationen und anderen relevanten Interessenträgern sowie die Art und Weise, wie die Beiträge der Interessenträger in den Aufbau- und Resilienzplan einfließen“, enthalten müssen; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu ersuchen, alle nationalen Interessenträger zu konsultieren und dafür zu sorgen, dass die Zivilgesellschaft und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Durchführung der Pläne und insbesondere in deren Überwachung einbezogen werden, und dafür zu sorgen, dass auch bei etwaigen künftigen Änderungen oder neuen Plänen Konsultationen stattfinden;

9.  fordert die Kommission auf, im Hinblick auf den Zeitplan für die aufgrund der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität zu erlassenden delegierten Rechtsakte, insbesondere jene zum Aufbau- und Resilienzscoreboard und zu der Methodik für die Berichterstattung über Sozialausgaben auch für Kinder und Jugendliche, für vollständige Transparenz zu sorgen und den einschlägigen Elementen des Dialogs über Aufbau und Resilienz Rechnung zu tragen; fordert zudem, dass diese delegierten Rechtsakte rasch und noch vor der Sommerpause erlassen werden;

10.  fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass dem Parlament gemäß Artikel 25 Absatz 4 der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität die vorläufigen Erkenntnisse mit Blick auf die Erreichung der Etappenziele und Zielwerte übermittelt werden, bevor sie die Bewertung der Erreichung der im Durchführungsbeschluss des Rates und in den Aufbau- und Resilienzplänen der Mitgliedstaaten vereinbarten Etappenziele und Zielwerte vornimmt;

11.  erinnert den Rat daran, dass die „einschlägigen Ergebnisse der Diskussionen in den Vorbereitungsgremien des Rates […] dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments mitzuteilen“ sind;

12.  fordert die Kommission auf, während des Dialogs über Aufbau und Resilienz weiterhin einen offenen, transparenten und konstruktiven Ansatz zu verfolgen;

13.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, dem Europäischen Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17.


Agentur der Europäischen Union für Grundrechte: Zwischenbericht
PDF 142kWORD 48k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (COM(2020)0225) – (2020/0112R(APP))
P9_TA(2021)0258A9-0058/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (COM(2020)0225),

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 352,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates vom 15. Februar 2007 zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte(1) (FRA-Verordnung),

–  unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention, auf die Artikel 2, 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates der EU und der Europäischen Kommission zu den dezentralen Agenturen vom 19. Juli 2012 und auf das Gemeinsame Konzept,

–  unter Hinweis auf die Studie mit dem Titel „Die Stärkung der Rolle der Agentur für Grundrechte – Die Überarbeitung der Verordnung über die Agentur für Grundrechte“, die im Mai 2020 von seiner Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten veröffentlicht wurde,

–  gestützt auf Artikel 105 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter,

–  unter Hinweis auf den Zwischenbericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0058/2021),

A.  in der Erwägung, dass der Vorschlag für eine Verordnung des Rates einen Fortschritt im Hinblick darauf bedeutet, der Arbeit der Agentur für Grundrechte (FRA) deutlich mehr Wirksamkeit zu verschaffen, weil sie dadurch in die Lage versetzt wird, in allen Zuständigkeitsbereichen der Union uneingeschränkt tätig zu werden, und weil darin ihre Aufgaben und Arbeitsmethoden präzisiert und dabei gleichzeitig die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit uneingeschränkt eingehalten werden; in der Erwägung, dass es bedauerlich ist, dass die Rechtsgrundlage hierfür derzeit Einstimmigkeit im Rat und die Zustimmung des Parlaments erfordert, was bedeutet, dass die Beteiligung des Parlaments an der Reform begrenzt ist;

B.  in der Erwägung, dass die FRA einen wichtigen Beitrag zur Wahrung der Grundrechte leistet und als unabhängige und vollwertige EU-Agentur und Überwachungsinstanz für die Grundrechte weiter gestärkt werden sollte, um die Grundrechte möglichst wirksam zu fördern und zu schützen, wobei auch der Dialog unter aktiver Einbindung der Zivilgesellschaft, einschließlich der Anwaltskammern, Berufsverbände, Richter und Staatsanwälte, anzustreben ist;

C.  in der Erwägung, dass die Ambitionen der EU im Hinblick auf die Entwicklung einer stärkeren externen Dimension Berücksichtigung finden sollten, wenn die FRA stärker an der Überwachung und Kontrolle der Handlungen und Tätigkeiten der Union und ihrer Mitgliedstaaten bei allen Aspekten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beteiligt wird;

D.  in der Erwägung, dass es in einer globalisierten Welt unabdingbar ist, dass die Grundrechte durch die internationale Zusammenarbeit mit Drittstaaten ausreichend geschützt werden;

E.  in der Erwägung, dass das Vertrauen der Bürger der Union in die Arbeit der Polizei- und Justizbehörden nur sichergestellt und gesteigert werden kann, wenn die Handlungen und Tätigkeiten der Union und ihrer Mitgliedstaaten genau, sorgfältig und durchgehend überwacht und kontrolliert und rasch in Einklang mit den auf den Grundrechten beruhenden Verpflichtungen gebracht werden; in der Erwägung, dass daher die Tätigkeit der Agentur im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von höchster Bedeutung ist und ihr Mandat somit auch den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen umfassen soll;

F.  in der Erwägung, dass die Arbeit der Agentur bei der Verteidigung der Grundrechte und der Ermittlung von Herausforderungen, etwa in Bezug auf die Rechte von Kindern, Migration (einschließlich Außengrenzen), Nutzung künstlicher Intelligenz und neuer Technologien, Gleichstellung der Geschlechter, geschlechtsbezogene Gewalt und Frauenrechte, als Priorität für die Agentur wichtig ist und daher anerkannt und unterstützt werden sollte;

1.  hält das Ziel der Agentur, den einschlägigen Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen Informationen, Unterstützung und Fachwissen im Hinblick auf die Grundrechte bereitzustellen und die Grundrechte in der EU zu verteidigen und zu schützen, für äußerst wichtig, zumal die FRA die konkrete Anwendung der Charta auf alle Bürger der Mitgliedstaaten überwacht und damit sicherstellen will, dass jeder Einzelne mit Würde behandelt wird, während alle Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Gleichheit behandelt werden; hebt hervor, dass ihr eine wichtige Vermittlerrolle zukommt, wenn es darum geht, die Union und ihre Mitgliedstaaten zu unterstützen, wenn Maßnahmen getroffen oder Vorgehensweisen konzipiert werden, die die Grundrechte betreffen; betont, dass diese unterstützenden Maßnahmen verschiedene Formen annehmen können, einschließlich der Veröffentlichung faktengestützter und ausgewogener Berichte, die einer Vielzahl von Quellen Rechnung tragen; fordert die Kommission und den Rat auf, die von der FRA erstellten Daten systematisch in ihre Politikgestaltung einzubeziehen und sich zu demselben Ziel zu verpflichten;

2.  hebt hervor, dass Hassverbrechen und Hetze sowie Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, genetischer Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks, des Alters oder der sexuellen Orientierung verbreitete und dringliche Probleme sind; bekräftigt, dass eine bereichsübergreifende horizontale Perspektive für den Schutz der Grundrechte für alle von wesentlicher Bedeutung ist; warnt vor der Zunahme und Normalisierung von Hetze und unterschiedlichen Ausprägungen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz, insbesondere Antiziganismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rassismus gegen Menschen mit schwarzer Hautfarbe und People of Colour in vielen Mitgliedstaaten, was durch den Anstieg extremistischer Bewegungen noch verschärft wurde und im Online-Umfeld, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, zugenommen hat; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Agentur sich dafür einsetzt, alle Formen von Diskriminierung zu bekämpfen, und fordert sie auf, die Entwicklungen im Bereich der Hassreden und Hassverbrechen weiterhin zu beobachten und regelmäßig über konkrete Fälle und die neuesten Trends zu berichten;

3.  bekräftigt, dass es bereit ist, die FRA in die Lage zu versetzen, in allen Zuständigkeitsbereichen der Union uneingeschränkt tätig zu werden und ihre Rolle wie von den EU-Gesetzgebern vorgesehen zu erfüllen; bekräftigt daher, dass es ebenso bereit ist, die Grundsätze und Bedingungen zu ermitteln, unter denen es seine Zustimmung geben könnte; bedauert in diesem Zusammenhang die begrenzte Beteiligung des Parlaments an der Reform der FRA und betont, dass es ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren bevorzugt; ersucht die Kommission, der Agentur wie anderen JI-Agenturen einen ausreichend großen Haushalt zuzuweisen, damit sie ihren Auftrag in vollem Umfang erfüllen kann; erkennt an, dass die Agentur mit ausreichend spezialisiertem Personal ausgestattet werden muss;

4.  fordert den Rat auf, bei der Änderung der FRA-Verordnung die folgenden Überlegungen zu berücksichtigen:

   (i) Anwendungsbereich der Verordnung

Im Einklang mit den Änderungen, die sich aus dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ergeben, sollte das Wort „Gemeinschaft“ in der gesamten Verordnung durch das Wort „Union“ ersetzt werden, was bedeutet, dass Handlungen und Tätigkeiten der Union und ihrer Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit oder im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in den Aufgabenbereich der FRA fallen sollten; in diesem Zusammenhang sollte klar sein, dass sich das Mandat der FRA auf den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und Fragen im Zusammenhang mit der Achtung der Grundrechte an den Außengrenzen der Union (im Einklang mit Artikel 77 AEUV) erstreckt und sich auch auf Fragen im Zusammenhang mit der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und Urteile zwischen den Mitgliedstaaten konzentriert; das Parlament hebt hervor, dass die FRA eine wichtige Rolle dabei spielt, wertvolle Beiträge und Anregungen im Zusammenhang mit Verfahren nach Artikel 7 EUV und dem jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit zu leisten; das Parlament ist der Ansicht, dass die FRA künftig auch im Rahmen der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union einen Beitrag leisten sollte(2); das Parlament betont in diesem Zusammenhang die Rolle der FRA als Instrument zur Verteidigung der Grundsätze der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte, insbesondere in Zeiten, die durch besorgniserregende autoritäre Tendenzen gekennzeichnet sind.

   (ii) Zusammenarbeit mit Drittstaaten

Der Beobachterstatus sollte nicht auf Bewerberländer oder Länder mit Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen beschränkt sein, sondern anderen Drittländern offenstehen, wie etwa den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums/der Europäischen Freihandelsgemeinschaft, dem Vereinigten Königreich oder – wenn der Verwaltungsrat der FRA dies als angemessen erachtet – den unter die Europäische Nachbarschaftspolitik fallenden Ländern.

   (iii) Tätigkeitsbereiche

Neben der Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der FRA-Verordnung und der allgemeineren Verpflichtung zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung und Hassverbrechen sollten die folgenden Tätigkeitsbereiche im operativen Teil der neuen Verordnung ausdrücklich erwähnt werden:

Bekämpfung von Antiziganismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Rassismus gegen Menschen mit schwarzer Hautfarbe und People of Colour, Schutz der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, und Achtung politischer oder sonstiger Meinungen;

   (iv) Jährliche und mehrjährige Programmplanung

Der Vorschlag der Kommission, den derzeitigen fünfjährigen Mehrjahresrahmen zu beenden, sollte aufgegriffen werden, um die Festlegung von thematischen Einschränkungen für jeden Fünfjahreszeitraum aufzugeben, damit die FRA ihre Tätigkeit und ihren thematischen Schwerpunkt an neu entstehende Prioritäten anpassen kann; die FRA sollte ihre Programmplanung in enger Abstimmung mit den nationalen Verbindungsbüros der FRA ausarbeiten, um die wichtigsten thematischen Tätigkeitsbereiche mit den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten bestmöglich und effizient zu koordinieren; der Entwurf des Programmplanungsdokuments sollte dem zuständigen Vorbereitungsgremium des Rates und dem Europäischen Parlament zur Erörterung übermittelt werden, und der Direktor der FRA sollte den Entwurf des Programmplanungsdokuments auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Erörterungen zur Annahme an den Verwaltungsrat der FRA übermitteln.

5.  fordert die Kommission auf, eine umfassendere und ehrgeizigere Überarbeitung der FRA-Verordnung nach einer gründlichen Folgenabschätzung und nach Beratungen mit den einschlägigen Interessenträgern in Erwägung zu ziehen, um die Unabhängigkeit, die Effizienz und die Wirksamkeit der FRA zu stärken; fordert den Rat auf, über solche Vorschläge zu reflektieren; fordert die Kommission auf, zum Zwecke dieser künftigen Überarbeitung insbesondere folgende Themen zu berücksichtigen:

   (i) Verwaltungsrat

Wie es bei vielen anderen EU-Agenturen der Fall ist, sollte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres das Recht haben, ein zusätzliches Mitglied des Verwaltungsrats der FRA zu nominieren. Die Mitglieder des Verwaltungsrats sollten einmal wiederernannt werden können; Es sollte eine Anforderung mit Blick auf die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in den mit der FRA-Verordnung geschaffenen Gremien aufgenommen werden; das Parlament fordert die FRA auf, ihre Praxis fortzusetzen, wonach mindestens eines der Mitglieder des wissenschaftlichen Ausschusses über einschlägige Fachkenntnisse im Bereich der Geschlechtergleichstellung verfügt.

   (ii) Unabhängige Bewertung und Überprüfung der Tätigkeiten der FRA

Alle fünf Jahre sollten die Handlungen und Tätigkeiten der FRA einer unabhängigen externen Bewertung unterzogen werden, die nicht von der Kommission in Auftrag gegeben wird. Ziel der unabhängigen externen Bewertung sollte es sein, insbesondere die Auswirkungen, die Wirksamkeit und die Effizienz der Tätigkeiten der FRA sowie ihre Errungenschaften und Arbeitsmethoden zu beurteilen; der Verwaltungsrat muss die Schlussfolgerungen der Bewertung nach Artikel 30 Absatz 3 der FRA-Verordnung prüfen und der Kommission erforderlichenfalls Empfehlungen für Änderungen bezüglich der FRA sowie ihrer Arbeitsmethoden und ihres Aufgabenbereichs erteilen; die Kommission muss die Bewertungsberichte und Empfehlungen dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen übermitteln und ihre Veröffentlichung veranlassen; nach Prüfung des Bewertungsberichts und der Empfehlungen kann die Kommission, wenn sie dies für erforderlich erachtet, Vorschläge zur Änderung der Verordnung unterbreiten.

   (iii) Aufgaben

Die FRA sollte in der Lage sein, auf Ersuchen des Rates, der Kommission oder des Parlaments insbesondere unabhängige wissenschaftliche Forschungsarbeiten und Erhebungen sowie Voruntersuchungen und Durchführbarkeitsstudien durchzuführen und Schlussfolgerungen und Gutachten zu bestimmten Themen abzufassen und zu veröffentlichen, einschließlich länderspezifischer Bewertungen und Stellungnahmen zu Legislativvorschlägen in verschiedenen Phasen des Gesetzgebungsverfahrens und zu Verfahren gemäß Artikel 7 EUV; dies sollte nicht nur auf Ersuchen eines EU-Organs, sondern auch auf die Initiative der FRA möglich sein; des Weiteren sollten einzelne Mitgliedstaaten oder Gruppen von Mitgliedstaaten ein Initiativrecht haben; die aktive Rolle der FRA im künftigen EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte sollte als Gremium in die Verordnung aufgenommen werden, das in Zusammenarbeit mit einem Gremium unabhängiger Sachverständiger die wichtigsten positiven und negativen Entwicklungen in jedem Mitgliedstaat unparteiisch ermittelt und unter anderem zur Vorbereitung des Jahresberichts der Kommission beiträgt.

6.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 53 vom 22.2.2007, S. 1.
(2) ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 1.


Haftung von Unternehmen für Umweltschäden
PDF 181kWORD 63k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zur Haftung von Unternehmen für Umweltschäden (2020/2027(INI))
P9_TA(2021)0259A9-0112/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden(1) (Umwelthaftungsrichtlinie – UHRL),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt(2) (Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 14. April 2016 gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (COM(2016)0204),

–  gestützt auf die Artikel 4 und 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf den Artikel 37 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf die Änderung der Richtlinie 2004/35/EG durch die Richtlinie 2006/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Bewirtschaftung von Abfällen aus der mineralgewinnenden Industrie(3), die Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid(4) und die Richtlinie 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten(5),

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 14. April 2016 mit dem Titel „REFIT-Bewertung der Umwelthaftungsrichtlinie“ (SWD(2016)0121), die dem Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden beigefügt ist,

–  unter Hinweis auf das Briefing des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments (EPRS) vom 6. Juni 2016 mit dem Titel „The implementation of the Environmental Liability Directive: a survey of the assessment process carried out by the Commission“ (Die Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie: eine Untersuchung des von der Kommission durchgeführten Beurteilungsverfahrens),

–  unter Hinweis auf die Studie seiner Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten vom 15. Mai 2020 mit dem Titel „Environmental liability of companies“ (Umwelthaftung von Unternehmen),

–  unter Hinweis auf die Studie der Kommission vom Mai 2020 mit dem Titel „Improving financial security in the context of the Environmental Liability Directive“ (Verbesserung der finanziellen Sicherheit im Zusammenhang mit der Umwelthaftungsrichtlinie),

–  unter Hinweis auf die Bewertung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 11. Dezember 2019 zur Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt,

–  unter Hinweis auf die Kurzdarstellung des EPRS vom Oktober 2020 mit dem Titel „Environmental liability of companies: selected possible amendments of the ELD“ (Umwelthaftung von Unternehmen: Eine Auswahl möglicher Änderungen der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt),

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 28. Oktober 2020 zu der Evaluierung der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (SWD(2020)0259),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen und Empfehlungen des interdisziplinären Forschungsprojekts „European Union Action to Fight Environmental Crime“ (EFFACE) (Aktion der Europäischen Union zur Bekämpfung der Umweltkriminalität) (März 2016),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses, des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A9-0112/2021),

A.  in der Erwägung, dass die Umweltpolitik der Union gemäß Artikel 191 Absatz 1 AEUV zur Verfolgung bestimmter Ziele beitragen muss, nämlich zum Schutz der menschlichen Gesundheit, zur Erhaltung und zum Schutz der Umwelt sowie zur Verbesserung ihrer Qualität, zur Förderung der umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen und zur Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler und globaler Umweltprobleme;

B.  in der Erwägung, dass Artikel 37 der Charta besagt, dass ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden müssen;

C.  in der Erwägung, dass durch die koordinierte Umweltstrategie der Europäischen Union die Zusammenarbeit gefördert und sichergestellt wird, dass die EU-Strategien miteinander im Einklang stehen; in der Erwägung, dass der europäische Grüne Deal das Null-Schadstoff-Ziel vorgibt, das durch eine bereichsübergreifende Strategie erreicht werden muss, durch die die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger vor Umweltschäden und -verschmutzungen geschützt wird, und dass er zugleich die Forderung eines gerechten Übergangs enthält, bei dem niemand zurückgelassen wird;

D.  in der Erwägung, dass verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln voraussetzt, dass die Unternehmen Umweltbelange gebührend berücksichtigen; in der Erwägung, dass die Gewährleistung der Haftung für Umweltschäden der Schlüssel dazu ist, die europäischen Unternehmen langfristig nachhaltiger zu machen; in der Erwägung, dass die Erreichung dieses Ziels eng mit der Ausarbeitung einschlägiger Rechtsvorschriften über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen, die soziale Rechenschaftspflicht von Unternehmen und die nachhaltige Unternehmensführung verbunden ist; in der Erwägung, dass die Haftung im Einklang mit dem nationalen Recht stehen muss;

E.  in der Erwägung, dass Umweltschäden, gefährliche und schädliche Chemikalien und der Klimawandel erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit durch Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung bergen können;

F.  in der Erwägung, dass die UHRL sowohl auf EU-Ebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten mit anderen Haftungsinstrumenten und -bestimmungen koexistiert; in der Erwägung, dass Vorfälle, die zu einer UHRL-relevanten Haftung führen, parallel dazu straf-, zivil- oder verwaltungsrechtliche Verfahren auslösen können, was sowohl für Unternehmen als auch für etwaige Geschädigte Ungewissheit und Rechtsunsicherheit zur Folge hat;

G.  in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Bericht aus dem Jahr 2016 über Umwelthaftung darauf hinweist, dass die EU ungeachtet der Vorteile der UHRL bei den Bemühungen um eine Verbesserung der rechtlichen Kohärenz auf EU-Ebene immer noch mit einer regulatorischen Fragmentierung in diesem Bereich und einem Mangel an Einheitlichkeit in rechtlicher und praktischer Hinsicht zu tun hat;

H.  in der Erwägung, dass die bestehenden Definitionen von „Umweltschaden“ und „Betreiber“ in der UHRL Gegenstand verschiedener Analysen waren, die Schwierigkeiten bei ihrer Auslegung aufzeigten; in der Erwägung, dass die Bedeutung des Schwellenwerts für Umweltschäden unterschiedlich ausgelegt und angewandt wird und daher einer weiteren Klärung bedarf;

I.  in der Erwägung, dass die Zahl der Fälle wächst, in denen Opfer von Umweltverschmutzungen, die durch außerhalb der EU tätige Tochtergesellschaften europäischer Unternehmen verursacht werden, versuchen, bei Gerichten in der EU Umwelthaftungsklagen gegen die jeweiligen Mutterunternehmen anzustrengen;

J.  in der Erwägung, dass die Haftungsregelungen für diffuse Verschmutzung im EU-Recht fragmentiert sind;

K.  in der Erwägung, dass durch die UHRL auf der Grundlage des Verursacherprinzips ein Rahmen für die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden eingerichtet wurde; in der Erwägung, dass die UHRL wesentliche Teile der EU-Umweltvorschriften ergänzt, mit denen sie direkt oder indirekt verknüpft ist, insbesondere die Habitat-Richtlinie(6), die Vogelschutzrichtlinie(7), die Wasserrahmenrichtlinie(8), die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie(9) und die Offshore-Sicherheitsrichtlinie(10);

L.  in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Bericht über Umwelthaftung von 2016 allen Mitgliedstaaten empfahl, sie sollten „Daten zu UHRL-relevanten Schadenfällen aufzeichnen und UHRL-Register veröffentlichen, falls dies noch nicht geschehen ist“(11); in der Erwägung, dass dennoch nur sieben Mitgliedstaaten über ein öffentlich zugängliches Register für UHRL-Fälle verfügen, während vier weitere Mitgliedstaaten über ein nicht öffentliches Register verfügen; in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten Informationen sammeln, die unter andere EU-Rechtsvorschriften, aber nicht speziell unter die UHRL fallen, oder über Register mit einem breiteren oder anderen Anwendungsbereich verfügen, und in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten Daten auf regionaler Ebene sammeln; in der Erwägung, dass 14 Mitgliedstaaten über keine Datenbank für Umweltvorfälle oder UHRL-Fälle verfügen; in der Erwägung, dass die Umsetzung der UHRL durch ein erhebliches Maß an Flexibilität für die Mitgliedstaaten auf der Grundlage einer regulatorischen Fragmentierung und eines Mangels an Homogenität sowohl aus rechtlicher als auch aus praktischer Sicht gekennzeichnet ist;

M.  in der Erwägung, dass anscheinend die Mehrheit der Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften keine obligatorischen Instrumente der Deckungsvorsorge vorsehen, dass aber mehrere Länder diese Instrumente verlangen(12); in der Erwägung, dass dort, wo sie umgesetzt wurden, diese Instrumente sich bewährt zu haben und die Notwendigkeit zu belegen scheinen, die Einführung eines obligatorischen Systems der Deckungsvorsorge zu prüfen;

N.  in der Erwägung, dass zwar auf den meisten Märkten ein ausreichender Versicherungsschutz, auch für ergänzende und kompensatorische Abhilfemaßnahmen, verfügbar ist, die Nachfrage jedoch aufgrund des Mangels an gemeldeten Vorfällen, der suboptimalen Durchsetzung und der langsameren Entwicklungen in den Schwellenländern im Allgemeinen gering ist(13); in der Erwägung, dass dies an sich kein Hindernis für die Einführung verbindlicher finanzieller Garantien ist

O.  in der Erwägung, dass die Insolvenz von Betreibern infolge schwerer Unfälle in der Europäischen Union nach wie vor ein Problem darstellt; in der Erwägung, dass die Kommission die auf nationaler Ebene bestehenden rechtlichen Rahmen untersuchen und bei dieser Frage auf einen harmonisierten und europäischen Ansatz zurückgreifen sollte, damit die Folgen einer Unternehmensinsolvenz nicht zulasten der Steuerzahler gehen;

P.  in der Erwägung, dass die Verfügbarkeit von Instrumenten der Deckungsvorsorge seit der Annahme der UHRL erheblich gestiegen ist;

Q.  in der Erwägung, dass die Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher(14), die die Richtlinie 2009/22/EG aufhebt, angenommen wurde und von den Mitgliedstaaten ab dem 25. Juni 2023 angewandt werden wird;

R.  in der Erwägung, dass sich in einigen Fällen Vorstandsmitglieder von Unternehmen zwar der Aktivitäten bewusst sind, bei denen ein hohes Risiko besteht, Umweltschäden zu verursachen, deren Entscheidungen sich jedoch am Profit orientieren, was zulasten eines verantwortungsvollen Verhaltens und der Umwelt geht;

S.  in der Erwägung, dass bei einer Überarbeitung der UHRL unbedingt ein Ausgleich zwischen den Interessen der Unternehmen und dem Umweltschutz angestrebt werden sollte;

T.  in der Erwägung, dass sich das Europäische Parlament in den vergangenen Jahren proaktiv dafür eingesetzt hat, eine Umwelthaftungsregelung für Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen in Drittländern voranzutreiben, insbesondere mit der Annahme seiner Entschließung vom 25. Oktober 2016 zur Verantwortlichkeit von Unternehmen für schwere Menschenrechtsverletzungen in Drittstaaten(15);

U.  in der Erwägung, dass durch ein Mandat für die Kommission die Durchsetzung von Bestimmungen über die Schaffung oder Aufrechterhaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen in Umweltfragen in EU-Handelsabkommen sichergestellt werden sollte, sofern diese Bestimmungen Teil eines solchen Abkommens sind;

V.  in der Erwägung, dass die Europäische Umweltagentur derzeit eine Untersuchung über die Verteilung ökologischer Risiken und Vorteile in der gesamten Gesellschaft durchführt; in der Erwägung, dass im Pariser Klimaschutzübereinkommen von 2015 betont wird, dass die Rechte schutzbedürftiger Menschen berücksichtigt werden müssen; in der Erwägung, dass das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vor kurzem Rahmenprinzipien für Menschenrechte und Umwelt veröffentlicht hat, die die Menschenrechtsverpflichtungen von Staaten in Bezug auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt klarstellen; in der Erwägung, dass darüber hinaus derzeit bei den Vereinten Nationen Verhandlungen über ein System der Haftung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen geführt werden;

W.  in der Erwägung, dass die Auswirkungen von Umweltschäden und -straftaten nicht nur die biologische Vielfalt und das Klima, sondern auch die Menschenrechte und die menschliche Gesundheit beeinträchtigen; in der Erwägung, dass bei einer Überprüfung die Risiken des grenzüberschreitenden Charakters von Umweltschäden, schwerer organisierter Kriminalität und Korruption zusammen mit den Risiken für die Menschenrechte und die Umwelt berücksichtigt werden sollten;

X.  in der Erwägung, dass in Grundsatz 21 der Erklärung von Stockholm und in Grundsatz 2 der Erklärung von Rio das souveräne Recht der Staaten anerkannt wird, ihre eigenen Ressourcen entsprechend ihrer eigenen Umweltpolitik auszubeuten, und dass sie die Verantwortung haben, dafür Sorge zu tragen, dass Tätigkeiten unter ihrer Hoheitsgewalt oder Kontrolle der Umwelt anderer Staaten oder Gebiete jenseits der Grenzen des Bereichs nationaler Hoheitsbefugnisse keinen Schaden zufügen;

Allgemeine Bemerkungen

1.  begrüßt die Bemühungen der Kommission, die Lücken bei der Umsetzung der UHRL und der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt in den Mitgliedstaaten zu bewerten und zu schließen;

2.  bedauert die Tatsache, dass die in der UHRL festgelegten Ermessensspielräume, das mangelnde Bewusstsein und die mangelnde Information über die UHRL, unzureichende Ressourcen und Fachkenntnisse sowie die schwachen Mechanismen zur Sicherstellung der Einhaltung und einer wirksamen Governance auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu Umsetzungsmängeln, beträchtlichen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Durchsetzung der UHRL und die Einhaltung der Vorschriften und insbesondere die Zahl der Fälle sowie zu ungleichen Bedingungen für die Betreiber geführt haben; bedauert, dass sich diese Mängel auch auf die Umsetzung der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt auswirken; ist daher der Auffassung, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um für eine Standardisierung der Rechtsvorschriften in der EU und ein größeres Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wirksamkeit der EU-Rechtsvorschriften zu sorgen, damit Umweltschäden wirksamer verhindert und behoben werden können und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Unternehmensbelangen und Umweltschutz hergestellt wird;

3.  begrüßt die Einrichtung des Forums für den Vollzug des Umweltrechts und für Umweltordnungspolitik – in dem Fachleute mit Verantwortung im Bereich der Sicherung des Vollzugs des Umweltrechts zusammenkommen – als Folgemaßnahme des Aktionsplans der Kommission von 2018(16) und des Arbeitsprogramms 2020-2022 für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik, das Forum im Februar 2020 gebilligt hat(17);

4.  bedauert, dass in vielen Mitgliedstaaten die Haushaltsmittel der Umweltaufsichtsbehörden aufgrund der Finanzkrise eingefroren oder gekürzt wurden und dass es selbst für große, finanziell gut ausgestattete Behörden schwierig sein kann, eigenständig Kenntnisse über die besten Vollzugsmöglichkeiten zu entwickeln; ist daher der Ansicht, dass eine stärkere Unterstützung auf EU-Ebene erforderlich ist, z. B. durch zugängliche Informationsportale, gemeinsam genutzte Netzwerke (EU-Netzwerke für Praktiker), Informationen und Anleitungen zu bewährten Verfahren, zusätzliche Schulungsprogramme zu den Besonderheiten des Umweltrechts und der Umweltstraftaten auf EU- und nationaler Ebene für Richter und Praktiker sowie Schulungsmaterialien, und Anleitungen zu Fertigkeiten, in Abstimmung mit den nationalen Behörden, da dies den Druck auf „schwarze Schafe“ unter den Unternehmen erhöhen und Unternehmen, die sich an das Gesetz halten, begünstigen könnte und es den Interessenträgern, Betreibern und der Öffentlichkeit ermöglichen würde, sich der Existenz des UHRL-Systems und seiner Durchsetzung stärker bewusst zu werden und so zu einer besseren Prävention und Sanierung von Umweltschäden beizutragen;

5.  bedauert, dass Umweltstraftaten zu den profitabelsten Formen grenzüberschreitender krimineller Aktivitäten gehören; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, angemessene finanzielle und personelle Ressourcen für die Prävention, Untersuchung und Verfolgung von Umweltstraftaten bereitzustellen und für mehr Fachwissen der beteiligten Behörden, auch der Staatsanwälte und Richter, zu sorgen, damit Umweltstraftaten wirksamer strafrechtlich verfolgt und geahndet werden können; legt den Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang nahe, Spezialeinheiten innerhalb ihrer nationalen Polizeidienste auf den geeigneten Ebenen für die Untersuchung von Umweltstraftaten einzurichten oder zu verstärken; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedstaaten über angemessene Verfahren zur Bewältigung von Umweltkrisen sowohl auf nationaler als auch auf grenzüberschreitender Ebene verfügen, und empfiehlt den Mitgliedstaaten, in grenzüberschreitenden Umweltstrafsachen gemeinsame Ermittlungsteams einzusetzen und Informationen auszutauschen, was die Koordinierung von Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen, die in mehreren Mitgliedstaaten parallel durchgeführt werden, erleichtert;

6.  ist der Auffassung, dass eine der verschiedenen Ursachen für die unzureichende Harmonisierung der UHRL darin besteht, dass die Anwendung eines Standardverwaltungsverfahrens für die Meldung unmittelbar drohender oder tatsächlicher Umweltschäden an die zuständigen Behörden nicht vorgesehen ist; bedauert daher, dass es keine Verpflichtung gibt, solche Meldungen oder Informationen darüber, wie Fälle behandelt werden, zu veröffentlichen; stellt fest, dass einige Mitgliedstaaten diese Beschränkung in ihren nationalen Rechtsvorschriften festgestellt und folglich Datenbanken für Meldungen, Vorfälle und Fälle eingerichtet haben; weist jedoch darauf hin, dass die Praxis von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich und eher begrenzt ist;

7.  weist darauf hin, dass verlässliche Daten über Umweltvorfälle, die zur Anwendung der UHRL oder anderer verwaltungs-, zivil- oder strafrechtlicher Instrumente führen, unter der Aufsicht einer UHRL-Task Force der EU gesammelt werden sollten, wobei die relevanten Daten veröffentlicht werden sollten; fordert die Kommission auf, die Situation ordnungsgemäß zu bewerten um festzustellen, ob eine Kombination verschiedener Rechtsinstrumente eine angemessene Reaktion auf Umweltschäden ermöglichen könnte oder ob noch gravierende Lücken bestehen, die geschlossen werden müssen; besteht auf der ordnungsgemäßen Umsetzung der UHRL, indem die Mitgliedstaaten ermutigt werden, Daten über UHRL-Vorfälle zu erfassen, UHRL-Register zu veröffentlichen und die Daten zu sammeln, die erforderlich sind, um die effektive und effiziente Anwendung der Richtlinie in ihrem Land zu dokumentieren, um das Vertrauen in das UHRL-System zu stärken und eine bessere Umsetzung zu erreichen;

8.  betont, dass in fast allen UHRL-Fällen die Betreiber mit den Verwaltungsbehörden zusammenarbeiten, um auf eine Sanierung hinzuarbeiten; stellt fest, dass die durchschnittlichen Kosten für die Sanierung 42 000 EUR betragen(18), dass die Kosten in einigen wenigen bedeutenden Fällen jedoch wesentlich höher waren; bedauert daher, dass in diesen Fällen die Kosteneintreibung aufgrund der Insolvenz des Betreibers unmöglich war und dass die Kosten daher vom Staat und indirekt vom Steuerzahler getragen werden mussten, ein Phänomen, das in Zukunft vermieden werden muss;

9.  stellt fest, dass die Zahl der Unternehmen, die in Umweltsachen strafrechtlich verfolgt werden, in allen Mitgliedstaaten gering ist, obwohl nachweislich Straftaten im Sinne der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt begangen werden; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Ursachen dafür von der Kommission und den Mitgliedstaaten noch nicht umfassend analysiert und geklärt worden sind;

Empfehlungen

10.  fordert, dass die UHRL so bald wie möglich überarbeitet und in eine vollständig harmonisierte Verordnung umgewandelt wird; betont in der Zwischenzeit die Notwendigkeit, die UHRL zu aktualisieren und mit anderen EU-Rechtsvorschriften zum Schutz der Umwelt, einschließlich der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, in Einklang zu bringen; betont, dass wegen der Unterschiede bei der Umsetzung und Anwendung der EU-Vorschriften für die Haftung von Unternehmen für Umweltschäden derzeit keine gleichen Wettbewerbsbedingungen für die EU-Industrie herrschen, was das reibungslose Funktionieren des EU-Binnenmarktes stört; fordert größere Anstrengungen zur Harmonisierung der Umsetzung der UHRL in den Mitgliedstaaten;

11.  fordert, dass die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt nach einer gründlichen Folgenabschätzung, in der u. a. der Geltungsbereich der Richtlinie unter Berücksichtigung neuer Arten und Muster der Umweltkriminalität bewertet werden sollte, aktualisiert wird; betont ferner, dass die wirksame Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften sichergestellt werden muss;

12.  nimmt das zunehmende Engagement der Mitgliedstaaten zur Kenntnis, auf nationaler und internationaler Ebene auf die Anerkennung von Ökozid hinzuwirken; ersucht die Kommission, die Relevanz von Ökozid für das EU-Recht und die EU-Diplomatie zu untersuchen;

13.  fordert die Kommission auf, den zuständigen nationalen Behörden und Staatsanwälten weitere Klarstellungen und Anleitungen zu den wichtigsten Rechtsbegriffen der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt an die Hand zu geben und eine harmonisierte Klassifizierung von Umweltstraftaten zu entwickeln;

14.  unterstreicht die wichtige Rolle nicht zwingender Rechtsinstrumente – wie etwa Leitlinien zur Auslegung der in der UHRL und der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt verwendeten Rechtsbegriffe, zur Berechnung von Schäden oder Informationen und Vergleiche zur Sanktionspraxis in den Mitgliedstaaten – im Hinblick auf eine effektivere Umsetzung der Richtlinien; betont die Notwendigkeit, in den Mitgliedstaaten wesentlich rascher wirkende und strengere Regulierungsmaßnahmen einzuführen;

15.  ist der Ansicht, dass die Durchsetzung harmonisiert werden sollte und dass eine UHRL-Task Force der EU, bestehend aus hochqualifizierten Experten und Kommissionsbeamten, eingerichtet werden sollte, um zum einen die Mitgliedstaaten auf Ersuchen bei der Umsetzung und Durchsetzung der Richtlinie zu unterstützen und zum anderen die Opfer von Umweltschäden über die auf EU-Ebene zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für rechtliche Schritte zu beraten und zu unterstützen (vergleichbar mit SOLVIT);

16.  meint, dass in dem überarbeiteten Rahmen eine verbesserte EU-weite Datenerfassung, ein Informationsaustausch, Transparenz und die gemeinsame Nutzung bewährter Verfahren durch die Mitgliedstaaten vorgesehen werden sollte, unterstützt durch die UHRL-Task Force der EU;

17.  empfiehlt, dass die künftige UHRL-Task Force der EU die Einführung eines umfassenden Überwachungssystems unterstützt, um den zuständigen Behörden ein wirksames Instrumentarium zur Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Umweltvorschriften an die Hand zu geben;

18.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit Unterstützung der UHRL-Task Force der EU Schutz- und Unterstützungssysteme für die Opfer von Umweltschäden einzurichten und ihren uneingeschränkten Zugang zu Gerichten, Informationen und Entschädigung sicherzustellen; unterstreicht die Rolle von im Umweltbereich tätigen Nichtregierungsorganisationen bei der Sensibilisierung und der Ermittlung möglicher Verstöße gegen EU- und nationales Umweltrecht;

19.  fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit der Mechanismen zur schnellen Geltendmachung von Ansprüchen zu bewerten, um eine rasche Entschädigung der Opfer in Fällen von Insolvenz zu gewährleisten, die zu weiteren Schäden führen kann;

20.  begrüßt die Verabschiedung der Richtlinie (EU) 2020/1828;

21.  ist sich der Tatsache bewusst, dass die Aarhus-Verordnung derzeit überarbeitet wird(19); weist erneut darauf hin, dass die Aarhus-Verordnung den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltsachen und damit die öffentliche Kontrolle von EU-Rechtsakten, die Auswirkungen auf die Umwelt haben, ermöglicht; betont, dass die Aarhus-Verordnung die UHRL einschließt;

22.  betont insbesondere die Rolle von Menschenrechtsverteidigern im Umweltbereich, die sich für Rechte und Grundfreiheiten im Zusammenhang mit einer sicheren, gesunden und nachhaltigen Umwelt einsetzen, und verurteilt aufs Schärfste jede Form von Gewalt, Bedrohung, Schikanierung oder Einschüchterung, die gegen sie gerichtet ist, einschließlich der Fälle, in denen bezweckt wird, ihre Bemühungen, die Verursacher von Umweltschäden rechtlich zur Rechenschaft zu ziehen, verfahrensmäßig zu untergraben; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass solche Akte ordnungsgemäß und wirksam untersucht und strafrechtlich geahndet werden;

23.  unterstützt die bestehenden Anforderungen, auch über nichtfinanzielle Aspekte Bericht zu erstatten; stellt jedoch fest, dass eine solche Berichterstattung bislang nur für große Unternehmen eine rechtliche Verpflichtung darstellt; fordert die Kommission auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen (NFRD) den Schwerpunkt auf die Durchsetzung dieser Berichtspflichten bei Nichterfüllung zu legen(20);

24.  meint, dass die meisten Definitionen in der UHRL, insbesondere „Umweltschaden“ und „Betreiber“, weiter geklärt und gegebenenfalls erweitert werden sollten, um die Richtlinie für alle einschlägigen Interessenträger fair und klar zu gestalten und mit der raschen Entwicklung der Schadstoffe Schritt zu halten; begrüßt daher die derzeitigen Bemühungen, ein Konsensdokument (common understanding document, CUD) zu den wichtigsten Definitionen und Konzepten der UHRL zu erarbeiten; bedauert jedoch, dass die Kommission und die staatlichen Expertengruppen zur UHRL keine Einigung über sein Format erzielt haben, was bedeutet, dass das CUD ein Dokument bleibt, das von dem Beratungsunternehmen erstellt wurde, das von der Kommission beauftragt wurde, die Umsetzung des mehrjährigen Arbeitsprogramms für die UHRL 2017–2020 zu unterstützen;

25.  ist der Ansicht, dass die Überarbeitung der UHRL mit dem Pariser Klimaschutzübereinkommen in Einklang gebracht werden sollte, um die Interessen der EU-Bürger und der Umwelt gleichermaßen zu wahren; erkennt den intrinsischen Wert der Umwelt und der Ökosysteme und ihr Anrecht auf wirksamen Schutz an;

26.  nimmt zur Kenntnis, dass die Haftungsregelungen in Bezug auf diffuse Verschmutzung im EU-Recht fragmentiert sind; fordert die Kommission auf, eine Studie darüber durchzuführen, wie diffuse Verschmutzung in den verschiedenen EU-Haftungsregelungen behandelt wird;

27.  weist darauf hin, dass unterschiedliche Auslegungen und Anwendungen der Kriterien in Anhang I der UHRL, die die Definition des Begriffs „Umweltschaden“ gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der UHRL näher konkretisieren, einer der Gründe für die uneinheitliche Anwendung der Richtlinie sind; fordert daher eine einheitlichere Anwendung und eine weitere Klärung und Anleitung zu den Kriterien und damit zu dem, was einen „erhebliche Schädigung“ im Sinne der UHRL darstellt;

28.  fordert die Kommission auf zu bewerten, ob durch eine Ausweitung des Geltungsbereichs der UHRL und der in deren Anhang III aufgeführten Tätigkeiten kurz- und langfristige Schädigungen der Umwelt, der menschliche Gesundheit und der Luftqualität begrenzt werden könnten; ersucht die Kommission ferner darum zu bewerten, ob der Ansatz des Vorsorgeprinzips zurecht potenziell gefährliche Risiken oder Auswirkungen voraussetzt;

29.  fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, dem Thema Umweltkriminalität Priorität einzuräumen; fordert die Kommission auf, Artikel 83 Absatz 2 AEUV in vollem Umfang zu nutzen und die Annahme einer allgemeinen Rahmenrichtlinie über Umweltstraftaten und wirksame und verhältnismäßige Sanktionen in Erwägung zu ziehen, in der die unter Strafe zu stellenden Verhaltensweisen, die Art der Zuwiderhandlungen, Kategorien von Straftaten, Wiedergutmachungsregelungen, Wiederherstellungsmaßnahmen und Mindestsanktionen, einschließlich einer umfassenden Haftung juristischer und natürlicher Personen, festgelegt werden; fordert die Kommission auf, die Aufnahme von Umweltstraftaten in die Kategorien von Straftaten in Artikel 83 Absatz 1 AEUV zu prüfen;

30.  ist der Auffassung, dass umfassende und wirksame präventive Maßnahmen sowie abschreckende und verhältnismäßige strafrechtliche Sanktionen wichtige Abschreckungsmaßnahmen gegen Umweltschädigung sind; bedauert die niedrigen Aufdeckungs-, Ermittlungs-, Strafverfolgungs- und Verurteilungsquoten bei Umweltkriminalität; ist darüber hinaus der Auffassung, dass gemäß dem Verursacherprinzip die Unternehmen die vollen Kosten für die von ihnen direkt verursachten Umweltschäden tragen sollten, um ihnen einen Anreiz zu geben, externe Umweltauswirkungen zu internalisieren und eine Externalisierung der Kosten zu vermeiden;

31.  betont, dass Umweltschäden eine verwaltungs-, zivil- und strafrechtliche Haftung der verantwortlichen Unternehmen nach dem Grundsatz „ne bis in idem“ nach sich ziehen sollten; stellt fest, dass diese Formen der Haftung mit anderen Haftungsregelungen im Wirtschaftsrecht, wie dem Verbraucherrecht oder dem Wettbewerbsrecht, koexistieren;

32.  äußert seine Besorgnis über das hohe Aufkommen von Umweltkriminalität, da die kombinierten Schätzungen der OECD, des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und von Interpol zum Geldwert der gesamten Umweltkriminalität zeigen, dass diese die viertgrößte Kategorie der internationalen Kriminalität ist; erkennt den direkten oder indirekten Zusammenhang zwischen Umweltstraftaten und grenzüberschreitender organisierter Kriminalität und Korruption an(21); fordert Europol auf, die Studie aus dem Jahr 2015(22) zu aktualisieren und regelmäßig aktualisierte Daten bereitzustellen; weist darauf hin, dass die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, einschließlich Umweltstraftaten, von entscheidender Bedeutung für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität sind, und betont, wie wichtig es ist, diese Erträge auch für soziale Zwecke zu verwenden, um die Schäden zu beseitigen und die Umwelt zu verbessern;

33.  fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, das Mandat der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) auf Umweltstraftaten auszuweiten, sobald sie vollständig eingerichtet und voll funktionsfähig ist;

34.  fordert Europol und Eurojust auf, die Dokumentation, Ermittlung und Verfolgung von Umweltkriminalität zu verstärken; fordert die Kommission, Europol und Eurojust auf, die bestehenden Netze von Praktikern, grenzüberschreitenden Strafverfolgungsbehörden, Umweltagenturen und spezialisierten Staatsanwälten wie das Europäisches Netz der in Umweltsachen tätigen Staatsanwälte (ENPE) und das Richterforum der Europäischen Union für Umwelt (EUFJE) weiter zu unterstützen und ihnen eine wirksamere und stärker institutionalisierte Struktur zu geben;

35.  betont, wie wichtig (digitale) Schulungen für im Bereich der Umweltkriminalität tätige Strafverfolger sind, und fordert CEPOL auf, ihre Schulungen in diesem Bereich zu intensivieren;

36.  betont, wie wichtig es ist, das Europol-Netz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (ENVICrimeNet) auf nationaler und europäischer Ebene zu stärken, um unabhängige und wirksame Ermittlungen zur Bekämpfung von Umweltstraftaten zu ermöglichen;

37.  betont, dass die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und der Grundsatz der Schadensvermeidung im Umwelthaftungssystem der EU geachtet werden müssen;

38.  fordert die Kommission auf, die Einführung einer sekundären Haftungsregelung, namentlich die Haftung einer Muttergesellschaft und eine Kettenhaftung, für Schäden an der menschlichen Gesundheit und der Umwelt(23) zu prüfen und eine Bewertung der derzeitigen Haftungssituation von außerhalb der EU tätigen Tochtergesellschaften vorzunehmen, einschließlich möglicher Verbesserungen für Fälle von Umweltschäden;

39.  begrüßt die Ankündigung der Kommission, dass ihr Vorschlag zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen eine Haftungsregelung enthalten wird, und vertritt die Auffassung, dass den Opfern dadurch zu einem wirksamen Rechtsbehelf verholfen werden sollte, dass Unternehmen im Einklang mit dem nationalen Recht für Schäden haftbar gemacht werden sollten, die unter ihrer Kontrolle stehende Unternehmen durch Handlungen oder Untätigkeit verursacht oder zu denen diese beigetragen haben, wenn sie Menschenrechtsverletzungen begangen oder Umweltschäden verursacht haben, es sei denn, das Unternehmen kann nachweisen, dass es im Einklang mit seinen Sorgfaltspflichten mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt und alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, um eine solche Schädigung zu verhindern;;

40.  ist der Ansicht, dass im Rahmen der UHRL die Einreden des genehmigten Normalbetriebs und des Entwicklungsrisikos nur dann zulässig sein sollten, wenn ein Unternehmen nachweisen kann, dass es nicht wissen konnte, welche Gefahr von seiner Tätigkeit ausgeht (Umkehr der Beweislast); fordert daher, dass die überarbeitete Umwelthaftungsregelung den Anwendungsbereich der Einreden des genehmigten Normalbetriebs und des Entwicklungsrisikos einschränkt, um sie im Einklang mit dem Verursacherprinzip effektiver zu gestalten;

41.  fordert die Kommission auf, die Möglichkeit einer Angleichung der UHRL an die Rechtsvorschriften über die zivilrechtliche Haftung von Unternehmensleitungen in den Fällen anzugleichen, in denen ein Kausalzusammenhang zwischen dem Handeln, der Untätigkeit oder dem Fehlverhalten einer Unternehmensleitung und der Entstehung von Umweltschäden im Sinne der UHRL hergestellt werden kann, u. a. wenn ein solcher Schaden aus umweltbelastenden Tätigkeiten resultiert, die zur Maximierung des Gewinns des Unternehmens und zur Erhöhung der Boni ihrer Mitglieder dienten(24);

42.  hebt hervor, dass die Kosten von Umweltschäden für die Steuerzahler und die verantwortlichen Betreiber durch den Einsatz von Instrumenten der Deckungsvorsorge stark reduziert werden könnten; stellt jedoch fest, dass in der UHRL kein System der obligatorischen Deckungsvorsorge vorgesehen ist;

43.  ersucht die Kommission darum, die Möglichkeit der Einführung eines Systems der obligatorischen Deckungsvorsorge (Versicherung, Bankbürgschaften, Firmenpools, Wertpapiere und Anleihen oder Fonds) mit einer Höchstgrenze pro Fall zu prüfen um zu verhindern, dass die Steuerzahler die Kosten für die Sanierung von Umweltschäden tragen müssen; ersucht die Kommission ferner darum, eine harmonisierte EU-Methodik zur Berechnung der Haftungshöchstgrenze unter Berücksichtigung der Tätigkeit und der Auswirkungen auf die Umwelt zu entwickeln; betont, dass sichergestellt werden muss, dass eine finanzielle Entschädigung auch im Falle der Insolvenz des verantwortlichen Betreibers erreicht werden kann;

44.  ersucht die Kommission darum, eine Studie über die Einführung einer Regelung einer finanziellen Entschädigung auf EU-Ebene oder auf nationaler Ebene für Fälle zu erstellen, in denen die verfügbaren Abhilfen angesichts des Ausmaßes des Schadens unzureichend sind; betont, dass bei den diesbezüglichen Erörterungen u. a. mögliche Wege zur Quantifizierung von Umweltschäden erörtert werden sollten;

45.  ist der Auffassung, dass angesichts des Zwecks der UHRL, Umweltschäden zu verhindern und zu beheben, eine künftige Verordnung (Umwelthaftungsverordnung) für alle in der EU tätigen Unternehmen gelten sollte, unabhängig davon, wo sie gegründet wurden oder ihren Sitz haben, und dass ein ganzheitlicher Ansatz und Gegenseitigkeit erforderlich sind, um den Bedürfnissen von Unternehmen in einer globalen Wirtschaft gerecht zu werden; ist ferner der Auffassung, dass die Anwendung der künftigen Verordnung auf alle Einrichtungen ausgedehnt werden sollte, die EU-, nationale oder regionale Mittel erhalten und im Rahmen ihrer Tätigkeit Umweltschäden verursachen oder verursachen können;

46.  begrüßt die Tatsache, dass immer mehr europäische Unternehmen das Ziel einer nachhaltigen Wertschöpfung verfolgen, und fordert alle Unternehmen auf, sich ein Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung zu eigen zu machen;

47.  erkennt an, dass die Umstellung auf nachhaltigere und umweltfreundlichere Produktionsmethoden für Unternehmen zeit- und kostenintensiv sein kann und weist auf die Bedeutung von Rechts- und Planungssicherheit für die entsprechenden Unternehmen hin;

48.  erinnert daran, dass die Europäische Union nicht nur auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet ein hohes Umweltschutzniveau fördern sollte, sondern auch alles in ihrer Macht Stehende tun sollte, um Umweltschäden in Drittländern vorzubeugen, die von Unternehmen mit Sitz in den EU-Mitgliedstaaten verursacht werden; erinnert daran, dass es kein EU-Rechtsinstrument gibt, das die Möglichkeit vorsieht, europäische Unternehmen im Ausland wegen Umweltkriminalität oder Umweltschäden verursachender Tätigkeiten strafrechtlich zu belangen; fordert die EU auf, Mutterunternehmen dazu anzuregen, im Einklang mit den internationalen Menschenrechts- und Umweltnormen nachhaltige und verantwortungsbewusste Ansätze für ihre Zusammenarbeit mit Drittländern zu verfolgen sowie von Investitionsstrategien abzusehen, die unmittelbar gefährliche Auswirkungen zeitigen; empfiehlt der Kommission, Anreize für Unternehmen zu schaffen, die freiwillig über die Vorschriften zum Natur- und Artenschutz hinausgehende Naturschutzmaßnahmen ergreifen und diese Maßnahmen zu evaluieren, um schließlich die besten Verfahren zu erarbeiten und die Erkenntnisse anderen Unternehmen als gute Beispiele zur Verfügung zu stellen;

49.  fordert die Kommission auf, die vollständige Umsetzung und Durchsetzung der Bestimmungen zur biologischen Vielfalt in allen Handelsabkommen sicherzustellen, unter anderem durch ihren Leitenden Handelsbeauftragten; ist der Ansicht, dass die Kommission die Auswirkungen von Handelsabkommen auf die biologische Vielfalt besser bewerten sollte, einschließlich Folgemaßnahmen zur Stärkung der Bestimmungen zur biologischen Vielfalt in bestehenden und künftigen Abkommen, wo dies relevant ist;

50.  fordert die Kommission auf, die Durchsetzung von Bestimmungen über die Schaffung oder Aufrechterhaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen in Umweltfragen in EU-Handelsabkommen sicherzustellen, sofern diese Bestimmungen Teil eines solchen Abkommens sind;

51.  ist der Auffassung, dass in vorab festgelegten Fällen einer extrem weit verbreiteten Umweltverschmutzung nicht nur Instrumente der Umwelthaftung, sondern eine Vielzahl von Instrumenten, darunter Verwaltungsmaßnahmen, Geldstrafen und in einigen Fällen auch die strafrechtliche Ahndung, angewandt werden sollten, um das Problem zu lösen;

52.  fordert die Kommission auf, die Verhängung der Sanktionen durchzusetzen, die auf der Grundlage der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt festgelegt wurden;

53.  fordert die Kommission auf, Geldbußen als zusätzliches Mittel neben strafrechtlichen Sanktionen zu erleichtern, und fordert die Mitgliedstaaten auf, davon Gebrauch zu machen;

54.  fordert die Kommission auf, unverzüglich einen Vorschlag für Umweltinspektionen auf EU-Ebene vorzulegen, wie dies vom Forum für den Vollzug des Umweltrechts und für Umweltordnungspolitik in Maßnahme 9 seines Arbeitsprogramms vorgeschlagen wurde; ist jedoch der Ansicht, dass eine Empfehlung zur Festlegung von Mindestkriterien für Umweltinspektionen nicht ausreicht;

55.  fordert die Kommission auf, die Maßnahmen der EU, ihrer Mitgliedstaaten und der internationalen Gemeinschaft voranzubringen, um die Bemühungen zur Bekämpfung der Umweltkriminalität zu intensivieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Bewusstsein zu schärfen und Lösungen in internationalen Foren zu fördern;

56.  spricht sich dafür aus, dass die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001(25), in der ausführlich erläutert wird, wie Umweltinspektionen durchgeführt werden sollten, erforderlichenfalls aktualisiert und in ein verbindliches Dokument oder eine Verordnung umgesetzt wird;

57.  fordert die EU-Bürgerbeauftragte auf, sich verstärkt mit Fragen im Zusammenhang mit dem Besitzstand im Umweltbereich zu befassen;

58.  ist der Ansicht, dass Unternehmen, die wegen Umweltstraftaten verurteilt wurden, für einen angemessenen, aber begrenzten Zeitraum nicht in den Genuss der Maßnahmen kommen sollten, die für die in das Transparenzregister eingetragenen Unternehmen vorgesehen sind; schlägt zu diesem Zweck vor, den Anwendungsbereich und den Verhaltenskodex des Transparenzregisters zu überarbeiten, um Bestimmungen über die vorübergehende Streichung von Unternehmen, die wegen Umweltstraftaten verurteilt wurden, aufzunehmen;

59.  weist darauf hin, dass die vertrauliche Behandlung von Informationen über die Auswirkungen industrieller Tätigkeiten in Verbindung mit den Schwierigkeiten bei der Überwachung und Identifizierung von Praktiken wie das illegale Abladen von Stoffen und Abfällen sowie das Entgasen und die Verklappung von Altöl durch Schiffe auf See zu einer Zunahme von Rechtsverstößen im Zusammenhang mit der Meeresverschmutzung führen kann; betont daher, dass die Mitgliedstaaten die einschlägigen Informationen veröffentlichen müssen, um die Prüfung eines möglichen Kausalzusammenhangs zwischen industriellen Tätigkeiten und Umweltschäden zu erleichtern;

60.  unterstützt die Forderung der Vereinten Nationen nach globaler Anerkennung des Rechts auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt auf der Ebene der Vereinten Nationen;

61.  erinnert daran, dass der weltweite Anstieg der Umweltkriminalität eine wachsende Bedrohung für die Verwirklichung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung darstellt und dass die Menschen in den Entwicklungsländern für ihre Ernährung, Gesundheit und wirtschaftliche Sicherheit direkt von der Umwelt abhängen; bedauert, dass die Bevölkerung durch die umweltkriminalitätsbedingte Verschlechterung der biologischen Vielfalt und den daraus resultierenden Verlust von Ressourcen weiter gefährdet wird;

62.  fordert eine verstärkte Unterstützung der lokalen Behörden und Regierungen von Entwicklungsländern bei der Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der nationalen Politik an internationale Umweltstandards; betont die Notwendigkeit, die Zivilgesellschaft und örtliche Akteure in Dritt- und Entwicklungsländern zu unterstützen, damit sie Regierungsbehörden für vom Staat tolerierte oder gebilligte Umweltschäden durch private oder staatliche Unternehmen zur Rechenschaft ziehen können;

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o   o

63.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56.
(2) ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28.
(3) ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 15.
(4) ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114.
(5) ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 66.
(6) Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).
(7) Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).
(8) Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).
(9) Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19).
(10) Richtlinie 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und –Erdgasaktivitäten (ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 66).
(11) COM(2016)0204, S. 10.
(12) Generaldirektion Umwelt, „Outcome of the Specific Contract 'Support for the REFIT actions for the ELD – phase 2“ (Ergebnis des spezifischen Vertrags „Unterstützung der REFIT-Aktionen für die UHRL– Phase 2“, Europäische Kommission, Brüssel, 2019, S. 17.
(13) REFIT-Evaluierung der Umwelthaftungsrichtlinie, S. 47.
(14) ABl. L 409 vom 4.12.2020, S. 1.
(15) ABl. C 215 vom 19.6.2018, S. 125.
(16) Mitteilung der Kommission vom 18. Januar 2018 mit dem Titel „Aktionsplan der EU für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik“, COM(2018)0010.
(17) Forum für den Vollzug des Umweltrechts und für Umweltordnungspolitik, gebilligtes Arbeitsprogramm 2020-2022 für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik, Europäische Kommission, Brüssel, 2020.
(18) Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten, „Environmental liability of companies“ (Umwelthaftung von Unternehmen), Europäisches Parlament, Brüssel, 2020, S. 110.
(19) Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Oktober 2020 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (COM(2020)0642).
(20) Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen (ABl. L 330 vom 15.11.2014, S. 1).
(21) Siehe den Bericht für EFFACE mit dem Titel „Organised Crime and Environmental Crime: Analysis of International Legal Instruments“ (2015) (Organisierte Kriminalität und Umweltkriminalität: Analyse internationaler Rechtsinstrumente) oder die Studie „Transnational environmental crime threatens sustainable development“ (2019) (Transnationale Umweltkriminalität bedroht nachhaltige Entwicklung).
(22) Europol, „Report on Environmental Crime in Europe“ (Bericht über Umweltkriminalität in Europa), 5. Juni 2015.
(23) Siehe z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel NV u. a./Kommission der Europäischen Gemeinschaften, C-97/08 B, ECLI:EU:C:2009:536.
(24) Z. B. der Dieselgate-Skandal und der Fall des Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen.
(25) Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zur Festlegung von Mindestkriterien für Umweltinspektionen in den Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 27.4.2001, S. 41).


Neue Wege der legalen Arbeitskräftemigration
PDF 177kWORD 58k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 zu neuen Wegen der legalen Arbeitskräftemigration (2020/2010(INI))
P9_TA(2021)0260A9-0143/2021

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 3 Absatz 2, und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 79,

–  unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere auf Artikel 2 des Protokolls Nr. 4,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 45,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, insbesondere auf Artikel 13,

–  unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 5, 6, 10, 12 und 16,

–  unter Hinweis auf die von der Internationalen Arbeitskonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation angenommenen internationalen Arbeitsnormen zur Arbeitskräftemigration und die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 18. Dezember 1990 angenommene Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Mai 2015 mit dem Titel „Die europäische Migrationsagenda“ (COM(2015)0240),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. April 2016 mit dem Titel „Reformierung des gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa“ (COM(2016)0197) und vom 12. September 2018 mit dem Titel „Mehr legale Wege nach Europa – unentbehrliche Komponente einer ausgewogenen, umfassenden Migrationspolitik“ (COM(2018)0635),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. September 2020 mit dem Titel „Ein neues Migrations- und Asylpaket“ (COM(2020)0609),

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan und die politische Erklärung, insbesondere ihre jeweiligen Abschnitte über legale Migration und Mobilität, die auf dem EU-Afrika-Gipfel zum Thema Migration am 11./12. November 2015 in Valletta angenommen wurden,

–  unter Hinweis auf den globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration vom 10. Dezember 2018,

–  unter Hinweis auf den Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. April 2016 zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes der EU für Migration(1),

–  unter Hinweis auf sein Arbeitsdokument vom 15. Januar 2016 zur Ausarbeitung angemessener legaler Wege der Migration aus wirtschaftlichen Gründen(2),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. November 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für Integration und Inklusion 2021–2027“ (COM(2020)0758),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Juni 2020 zum europäischen Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise(3),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/1149 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde(4),

–  unter Hinweis auf die Studien der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten der Generaldirektion Interne Politikbereiche vom September 2015 mit dem Titel „Exploring new avenues for legislation for labour migration to the European Union“ (Erschließung neuer Wege für die Gesetzgebung zur Arbeitskräftemigration in die Europäische Union) und vom Oktober 2015 mit dem Titel „EU cooperation with third countries in the field of migration“ (Zusammenarbeit der EU mit Drittländern im Bereich der Migration) sowie auf die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments vom März 2019 mit dem Titel „The cost of non-Europe in the area of legal migration“ (Die Kosten des Verzichts auf EU-politisches Handeln im Bereich der legalen Migration),

–  unter Hinweis auf die „Eignungsprüfung im Bereich des EU-Rechts zur legalen Zuwanderung“ der Kommission vom 29. März 2019 („Eignungsprüfung“),

–  unter Hinweis auf die Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission vom 23. April 2020 mit dem Titel „Immigrant key workers: Their contribution to Europe’s COVID-19 response“ (Schlüsselkräfte mit Migrationshintergrund: Ihr Beitrag zur Bewältigung von COVID-19 in Europa) und ihren technischen Bericht vom 19. Mai 2020 mit dem Titel „A vulnerable workforce: Migrant workers in the COVID-19 pandemic“ (Eine schutzbedürftige Arbeitnehmerschaft: Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in der COVID-19-Pandemie),

–  unter Hinweis auf die Studien des Europäischen Migrationsnetzwerks,

–  unter Hinweis auf die Studien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,

–  unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über die Menschenrechte von Migranten,

–  unter Hinweis auf die Arbeit, Berichte und Entschließungen des Europarates,

–  unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte der Internationalen Organisation für Migration,

–  unter Hinweis auf den zwischen 2004 und 2016 entwickelten EU-Besitzstand im Bereich der legalen Arbeitskräftemigration, der die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt sowie die Rechte von Arbeitnehmern mit Staatsangehörigkeit eines Drittlandes regelt, was Folgendes umfasst:

–  Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung(5) (Richtlinie über die Blaue Karte),

–  Richtlinie 2011/98/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten(6) (Richtlinie über eine kombinierte Erlaubnis),

–  Richtlinie 2014/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer(7) (Richtlinie über Saisonarbeitnehmer),

–  Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers(8) (Richtlinie über unternehmensinterne Transfers),

–  Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit(9),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 7. Juni 2016 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer umfassende Qualifikationen voraussetzenden Beschäftigung (COM(2016)0378) und die entsprechenden, von dem Europäischen Parlament und dem Rat im Jahr 2017 angenommenen Standpunkte,

–  unter Hinweis auf die Richtlinien, die die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt und die Rechte anderer, allgemeinerer Kategorien von Drittstaatsangehörigen regeln, wie zum Beispiel die Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung(10) und die Richtlinie betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen(11),

–  unter Hinweis auf die Richtlinien, die die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt für Kategorien von Drittstaatsangehörigen regeln, die nicht in die EU einreisen, um zu arbeiten, denen das aber gestattet ist, wie zum Beispiel die Richtlinien, mit denen Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die Aufnahme einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gestattet wird, wenn ihnen ihr Schutzstatus zuerkannt wurde, oder mit denen Antragstellern auf internationalen Schutz spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0143/2021),

A.  in der Erwägung, dass der derzeitige Rechtsrahmen der Union für die legale Arbeitskräftemigration fragmentiert ist und aus sektoralen Richtlinien besteht, in denen die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt für bestimmte Kategorien von Drittstaatsangehörigen festgelegt sind;

B.  in der Erwägung, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten aufgrund eines Flickenteppichs an Vorschriften, die auf 27 einzelstaatlichen Ansätzen beruhen, ein unattraktives Ziel für die legale Migration sind;

C.  in der Erwägung, dass trotz der in der Europäischen Migrationsagenda dargelegten Absicht, einen umfassenden Ansatz zu verfolgen, die legale Migration in der Entwicklung der EU-Migrationspolitik seit 2015 kaum eine Rolle gespielt hat;

D.  in der Erwägung, dass das neue Migrations- und Asylpaket keine spezifischen Vorschläge zur legalen Arbeitskräftemigration enthält, obwohl eine legale Arbeitskräftemigration für eine umfassende Migrations- und Asylpolitik unerlässlich ist;

E.  in der Erwägung, dass der derzeitige Rechtsrahmen entweder auf die Beschäftigung bei multinationalen Unternehmen (Richtlinie über unternehmensinterne Transfers) oder auf die Beschäftigung in hochqualifizierten oder hochentlohnten Bereichen der Arbeitsmärkte der Union (Richtlinie über die Blaue Karte) ausgerichtet ist, wobei nur eine Richtlinie die Migration im Bereich der schlechter bezahlten Sektoren ins Visier nimmt (Richtlinie über Saisonarbeitnehmer);

F.  in der Erwägung, dass in der EU ein Mangel an Arbeitskräften für bestimmte Qualifikationsniveaus, Bereiche und Berufe, einschließlich Tätigkeiten mit geringen Qualifikationsanforderungen, besteht(12); in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2018 mit dem Titel „Mehr legale Wege nach Europa – unentbehrliche Komponente einer ausgewogenen, umfassenden Migrationspolitik“ festgestellt wird, dass es einen Mangel bei „Handwerksberufen“ und bei den Berufen gibt, „die weniger formale Qualifikationen benötigen“;

G.  in der Erwägung, dass im Zuge der COVID-19-Pandemie deutlich gemacht wurde, dass wir in sehr hohem Maße auf Praktiker an vorderster Front angewiesen sind und dass Wanderarbeitnehmer eine Schlüsselrolle bei der Erbringung von Dienstleistungen an vorderster Front in der EU spielen, die eine rasch alternde Bevölkerung aufweist und in der durchschnittlich 13 % der Beschäftigten in Schlüsselpositionen Zuwanderer sind(13); in der Erwägung, dass COVID-19 die Migranten, ihre Familien, die Aufnahmegemeinschaften und die Heimatländer erheblich beeinträchtigt und auch die bestehenden Anfälligkeiten, mit denen Wanderarbeitnehmer und ihre Familien in der gesamten EU konfrontiert sind, verschärft hat und ihre Mobilität, ihren Zugang zum Arbeitsmarkt, ihr Recht auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen und ihren Zugang zur Sozial- und Gesundheitsversorgung erschwert hat;

H.  in der Erwägung, dass mit dem globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration die Zusammenarbeit im Bereich der Migration verbessert und die gemeinsame Verantwortung aller Staaten anerkannt wird, sich mit den Bedürfnissen und Anliegen der anderen Staaten im Zusammenhang mit der Migration zu befassen, sowie die übergreifende Verpflichtung, die Menschenrechte aller Migranten unabhängig von ihrem Migrationsstatus zu achten, zu schützen und einzuhalten und gleichzeitig die Sicherheit und den Wohlstand aller Gemeinschaften zu fördern;

1.  geht von dem Grundsatz aus, dass Migration normal ist und dass Menschen ständig in Bewegung sind; nimmt den Beitrag zur Kenntnis, den Drittstaatsangehörige zu unseren Gesellschaften, Volkswirtschaften und Kulturen leisten, und betont, dass die Migration auf geordnete, sichere und reguläre Weise gesteuert werden muss; vertritt die Ansicht, dass die EU zur Schaffung neuer Wege für die legale Arbeitskräftemigration ehrgeizige und zukunftssichere Ziele setzen und gleichzeitig den bestehenden rechtlichen und politischen Rahmen wirksam nutzen und verbessern sollte;

Der derzeitige EU-Rechtsrahmen

2.  stellt fest, dass Artikel 79 AEUV die Steuerung der legalen Migration auf Unionsebene vorsieht und die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine gemeinsame Einwanderungspolitik zu entwickeln, einschließlich gemeinsamer Regeln für die Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen für Drittstaatsangehörige und Definitionen der Rechte, die sie genießen, sobald sie sich rechtmäßig in der Union aufhalten, wozu auch die Bedingungen gehören, unter denen sie sich in den anderen Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten dürfen; nimmt zur Kenntnis, dass Artikel 79 Absatz 5 AEUV den Mitgliedstaaten das Recht vorbehält, festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort Arbeit zu suchen;

3.  hebt die positiven Auswirkungen des EU-Rahmens auf die legale Arbeitskräftemigration hervor, die die Kommission im Rahmen ihrer Eignungsprüfung festgestellt hat; stellt fest, dass ein gewisses Maß an Harmonisierung in Bezug auf die Voraussetzungen, Verfahren und Rechte sowie eine größere Rechtssicherheit für Drittstaatsangehörige, Arbeitgeber und lokale, regionale und nationale Verwaltungen besteht; weist ferner auf die Vorteile dieser Harmonisierung für den Wettbewerb auf den Arbeitsmärkten der EU hin;

4.  betont, dass ein EU-Ansatz zur legalen Arbeitskräftemigration das Erfordernis nationaler Rechtsrahmen nicht automatisch ausschließt; weist jedoch darauf hin, dass der bestehende Unionsrahmen zur Regelung der legalen Migration in die Union fragmentiert ist, sich auf bestimmte Kategorien von Arbeitnehmern konzentriert, in erster Linie auf Arbeitnehmer, die in Hochlohnsektoren beschäftigt sind, und dass durch diesen Rahmen diese Kategorien von Arbeitnehmern nicht gleich behandelt werden, auch durch die Festlegung unterschiedlicher Niveaus von Rechten, und das Vorhandensein paralleler nationaler Rechtsrahmen zugelassen wird; hebt hervor, dass der derzeitige asymmetrische Flickenteppich aus nationalen und EU-Rechtsvorschriften zwar den Unterschieden zwischen den nationalen Arbeitsmärkten Rechnung trägt, diese nationalen Rechtsrahmen jedoch miteinander und mit dem Unionsrahmen in Wettbewerb bringt, was im weiteren Sinne bürokratische Verfahren sowohl für potenzielle Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber zur Folge hat;

5.  ist der Auffassung, dass ein derartiger Ansatz nur der Befriedigung eines kurzfristigen Bedarfs dient und nicht dem Ziel der Union entspricht, einen umfassenden Ansatz für die Migrationspolitik zu haben; vertritt die Ansicht, dass legale Arbeitskräftemigration – wenn sie gut konzipiert und gut gesteuert wird – eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und des Wachstums sowohl für die Entsende- als auch für die Aufnahmeländer sein kann;

6.  betont, dass die Kommission bei ihrer Eignungsprüfung zu einer ähnlichen Schlussfolgerung gelangt ist und das Erfordernis festgestellt hat, Unstimmigkeiten, Lücken und Mängel durch eine breite Palette von Maßnahmen, darunter legislative Maßnahmen, zu beheben; stellt ferner fest, dass die neuen Wege der legalen Arbeitskräftemigration sich vorteilhaft auf die Verringerung der irregulären Migration auswirken, die Risiken für Drittstaatsangehörige birgt, die in der Union Arbeit suchen, und sich negativ auf die Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten auswirken kann;

7.  ist sich dessen bewusst, dass der derzeitige Unionsrahmen zur Regelung der legalen Migration zum Teil entwickelt wurde, um die Ausbeutung von Arbeitskräften zu verhindern und die Rechte von Arbeitskräften mit Drittstaatsangehörigkeit zu schützen; weist jedoch darauf hin, dass die bestehenden Richtlinien nur eine begrenzte Wirkung auf die Verhinderung der Ausbeutung von Arbeitskräften gehabt haben und dass Wanderarbeitnehmer weiterhin ungleich behandelt und ausgebeutet werden; fordert die Union auf, konzertierte Maßnahmen zu ergreifen, um gegen diese Ungleichbehandlung und Ausbeutung vorzugehen; hält die Verwendung von befristeten Genehmigungen in Fällen von Ausbeutung für eine bewährte Praxis, die in der gesamten Union gefördert werden sollte; hebt hervor, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Zugänglichkeit von Arbeitsplätzen und die Effizienz ihrer Überwachung zu verbessern; betont, dass wirksame Beschwerdemechanismen vorhanden sein sollten, um alle Wanderarbeitnehmer vor Ausbeutung zu schützen, und zwar im Einklang mit der Richtlinie über Arbeitgebersanktionen von 2009(14), die insbesondere einen wirksamen Zugang zur Justiz und zu Rechtsbehelfen gewährleisten sollte, um so gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen;

Annahme eines vereinfachten Ansatzes

8.  weist darauf hin, dass der derzeitige Rechtsrahmen und die unterschiedliche Umsetzung der bestehenden Richtlinien durch die Mitgliedstaaten zu vielen Unstimmigkeiten für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Gleichbehandlung, Einreise- und Wiedereinreisebedingungen, Arbeitsgenehmigung, Aufenthaltsstatus, EU-Binnenmobilität, soziale Sicherheit, Anerkennung von Qualifikationen und Familienzusammenführung geführt haben; stellt fest, dass durch diese Unstimmigkeiten die Integration erschwert werden kann; betont darüber hinaus, dass diese Unstimmigkeiten auch Schwierigkeiten für Unternehmen, die Drittstaatsangehörige beschäftigen(15), und für lokale Gebietskörperschaften, die Integrationsdienste anbieten, mit sich bringen; fordert, dass auf nationaler Ebene einschlägige Informationen für Unternehmen verbreitet werden;

9.  betont den Mehrwert eines umfassenden Unionsrahmens für die legale Migration als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes für Migration, da er Möglichkeiten durch legale und sichere Wege für die arbeitsbedingte Migration bietet, den Zugang von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt der Union verbessert, eine ordnungsgemäßere Migration fördert, Arbeitnehmer, Studierende und Unternehmen anzieht, die die EU und die nationalen Arbeitsmärkte benötigen, dazu beiträgt, das kriminelle Geschäftsmodell von Schleusern und Menschenhändlern zu untergraben, sicherstellt, dass Arbeitskräfte mit Drittstaatsangehörigkeit grundrechtskonform behandelt werden, den Zugang zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen verbessert und die gleichberechtigte Integration von Frauen und Männern fördert; vertritt die Ansicht, dass ein derartiger ganzheitlicher Ansatz den Arbeitskräften mit Drittstaatsangehörigkeit und ihren Familien, den Aufnahmegemeinschaften und den Heimatländern zugute kommt;

10.  bekräftigt, dass eine bessere und konsequentere Umsetzung des derzeitigen Rechtsrahmens, eine bessere Durchsetzung der in den bestehenden Richtlinien verankerten Rechte und eine bessere Verbreitung von Informationen zur Sensibilisierung für die geltenden Verfahren die ersten praktischen Schritte sind, die unternommen werden müssen;

11.  empfiehlt, den Rechtsrahmen zu vereinfachen und zu harmonisieren, indem die Bestimmungen in allen bestehenden Richtlinien zur legalen Migration in Bezug auf Antragsverfahren, Zulassungs- und Ablehnungsgründe, Verfahrensgarantien, Gleichbehandlung, Zugang zum Arbeitsmarkt, einschließlich des Rechts auf Wechsel des Arbeitgebers, Familienzusammenführung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die EU-Binnenmobilität angeglichen werden;

12.  begrüßt die von der Kommission geplante Überprüfung der Richtlinie über eine kombinierte Erlaubnis; schlägt vor, dass der Geltungsbereich und die Anwendung der Richtlinie erweitert werden sollten, um ein breiteres Spektrum an Arbeitskräften zu erreichen; begrüßt ferner die von der Kommission geplante Überprüfung der Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige, die eine Gelegenheit zur Verbesserung der Mobilität und zur Vereinfachung und Harmonisierung der Verfahren darstellt; sieht dem bevorstehenden Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie über Saisonarbeitnehmer erwartungsvoll entgegen, in dem die Bestimmungen über den Aufenthaltsstatus, die Gleichbehandlung und die Höchstaufenthaltsdauer eingehend geprüft werden sollten; fordert die Kommission auf, im Anschluss an ihre Bewertung eine legislative Überarbeitung der vorstehend genannten Richtlinie in Betracht zu ziehen; fordert die Kommission auf, geeignete legislative Maßnahmen vorzuschlagen, um die bestehenden Richtlinien zu verbessern, indem sie an die günstigsten Bestimmungen angeglichen werden;

Verbesserung der EU-Binnenmobilität

13.  hebt hervor, dass die EU-Binnenmobilität von Drittstaatsangehörigen eine Schlüsselkomponente der Politik der EU im Bereich der legalen Migration ist, da sie einen eindeutigen Mehrwert bietet, der auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht erreicht werden kann; erinnert daran, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer dazu beiträgt, Angebot und Nachfrage auf den Arbeitsmärkten in der EU aufeinander abzustimmen, und auch in Krisenzeiten zu Anpassungen auf dem Arbeitsmarkt und zum allgemeinen Wirtschaftswachstum beitragen kann;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Koordinierung zwischen den nationalen Behörden im Zusammenhang mit Programmen zur EU-Binnenmobilität von Drittstaatsangehörigen zu verbessern; weist darauf hin, dass die Erhebung von Daten, Statistiken und Nachweisen erleichtert sowie der Informationsaustausch, die Koordinierung und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden verstärkt werden müssen, um die Effizienz und Wirksamkeit des Besitzstands zu verbessern und den EU-Mehrwert in vollem Umfang zu nutzen;

15.  betont, dass stärker harmonisierte und flexiblere Vorschriften zur Erleichterung der EU-Binnenmobilität als Anreiz für Drittstaatsangehörige wirken, eine positive Maßnahme für Arbeitgeber darstellen und den Mitgliedstaaten helfen würden, Lücken in ihren Arbeitsmärkten zu schließen und ihre Volkswirtschaften anzukurbeln; hebt darüber hinaus hervor, dass eine verstärkte EU-Binnenmobilität es den bereits in der EU lebenden Drittstaatsangehörigen ermöglichen würde, ihre Integrationsaussichten zu verbessern;

16.  stellt fest, dass kürzlich verabschiedete Richtlinien betreffend Studierende, Forscher und unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer Drittstaatsangehörigen weitreichendere Mobilitätsrechte gewähren als die früher verabschiedeten Richtlinien zur legalen Migration, wie die ursprüngliche Richtlinie über die Blaue Karte und die Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige;

17.  empfiehlt, dass als erster Schritt hin zu einer Vereinfachung die Rechte auf EU-Binnenmobilität in den bestehenden Richtlinien zur legalen Migration verbessert werden; bekräftigt, dass die Kommission geeignete legislative Maßnahmen vorschlagen sollte;

Einrichtung eines Talentpools

18.  betont, dass neue Instrumente erforderlich sind, um Arbeitgeber mit potenziellen Arbeitnehmern zusammenzubringen, Engpässe auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen und die Anerkennung formaler Qualifikationen und Fähigkeiten von Drittstaatsangehörigen auf Unionsebene zu erleichtern; hebt hervor, dass Arbeitgeber und Drittstaatsangehörige besser über die legale Migration in die EU informiert werden müssen und dass der strukturierte und zielführende Dialog mit den einschlägigen Drittländern über die legale Migration ausgebaut werden muss;

19.  empfiehlt die Entwicklung eines EU-Talentpools und einer Matching-Plattform, die als einzige Anlaufstelle für Arbeitskräfte mit Drittstaatsangehörigkeit, EU-Arbeitgeber und nationale Verwaltungen dienen soll; nimmt den Plan der Kommission zur Kenntnis, die Entwicklung eines derartigen Talentpools zu prüfen; empfiehlt, dass dieser Talentpool alle Beschäftigungsbereiche für gering-, mittel- und hochqualifizierte Arbeitskräfte sowie für Angestellte und Selbstständige, auch in kleinen und mittleren Unternehmen und Start-up-Unternehmen, abdecken sollte; stellt fest, dass die Einbindung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, auch auf lokaler Ebene, in eine derartige Plattform sowohl in der EU als auch in den Herkunftsländern dazu beitragen könnte, die Partnerschaften zu verbessern und Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittländern aufzubauen, ein Investitionsklima zu schaffen und angemessener auf den Beschäftigungsbedarf oder Engpässe auf dem Arbeitsmarkt zu reagieren; empfiehlt, dass die Teilnahme von Drittländern an einem derartigen Talentpool erleichtert wird, beispielsweise online oder über die diplomatischen Vertretungen der EU und der Mitgliedstaaten;

20.  hebt hervor, dass ein derartiger EU-Talentpool als wichtiges neues Instrument zur Abstimmung und Steuerung des Qualifikationsangebots mit den nationalen Arbeitsmärkten dienen könnte und dass der EU eine wichtige Rolle bei der Einrichtung, Überwachung und Beaufsichtigung eines solchen Instruments zukommen könnte, auch durch Finanzierung und Wissensaustausch; empfiehlt, dass die Plattform genutzt wird, um die Anforderungen an die allgemeine und berufliche Bildung zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten und Drittländern zu klären und besser abzustimmen; vertritt die Ansicht, dass ein harmonisierter Rahmen auf EU-Ebene für Anträge auf der Grundlage dieses Talentpools dazu beitragen würde, den bürokratischen Aufwand auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu verringern; ist der Auffassung, dass der EU eine wichtige Rolle bei der Vorabprüfung der Qualifikationen, der Sprachniveaus und der Fähigkeiten der Bewerber zukommen kann; hebt hervor, wie wichtig eine gezielte Informationsverbreitung bei der Förderung des Talentpools und der Matching-Plattform in Drittländern und teilnehmenden Mitgliedstaaten wäre;

21.  empfiehlt, die Bewertung, gegenseitige Anerkennung und Bescheinigung von Diplomen, Zeugnissen und sonstigen beruflichen Qualifikationen, einschließlich des formalen und nicht formalen Erwerbs von Fähigkeiten in Drittländern, in allen Mitgliedstaaten einfacher, schneller, gerechter und straffer zu gestalten, indem beschleunigte Verfahren eingeführt und der Zugang zu Informationen erleichtert werden; vertritt die Ansicht, dass dies die EU-Binnenmobilität stärken würde; betont, dass der Europäische Qualifikationsrahmen eine gute Grundlage bietet, um die Qualifikationssysteme von Drittländern mit einem gemeinsamen EU-Referenzrahmen in Beziehung zu setzen;

22.  besteht darauf, dass die Mitgliedstaaten unverzüglich Mechanismen und Regelungen für die Validierung der Berufserfahrung und des nichtformalen und informellen Lernens im Einklang mit der Empfehlung des Rates von 2012(16) einführen; betont, dass die nationalen Behörden bewährte Verfahren austauschen müssen; besteht darauf, dass es von Bedeutung ist, einschlägige Organisationen der Zivilgesellschaft, Sozialpartner und Diaspora-Netzwerke und Arbeitskräfte mit Drittstaatsangehörigkeit selbst sowie lokale Behörden und internationale Organisationen (insbesondere die Internationale Organisation für Migration (IOM), die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)) in die Debatten über die Definition von Kompetenzen einzubeziehen, die Ausbildung am Arbeitsplatz, informelle Qualifikationen und Berufserfahrung umfassen sollten;

Stärkung der Beziehungen zu Drittländern und Verbesserung der legalen Migrationswege

23.  betont, dass angesichts der alternden Bevölkerung und der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung in der EU Programme zur Förderung der Arbeitskräftemobilität das Potenzial haben, die Arbeitsmärkte in der EU in Schwung zu bringen und zum Wirtschaftswachstum beizutragen;

24.  unterstützt die globale und regionale Zusammenarbeit im Bereich der Migration als eine Möglichkeit, die Verfügbarkeit und Flexibilität von Wegen für die reguläre Migration zu stärken; ist nach wie vor der Überzeugung, dass die Verbesserung ordnungsgemäßer legaler Migrationswege dazu beitragen würde, die irreguläre Migration zu verringern, das Geschäftsmodell krimineller Schleuser auszuhebeln, den Menschenhandel und die Ausbeutung von Arbeitskräften einzudämmen, die Chancengleichheit für alle Arbeitnehmer zu verbessern und denjenigen, die eine Migration in die Union in Erwägung ziehen, einen legalen Weg zu bieten; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, Arbeitsvermittlungsagenturen zu regulieren, möglicherweise mithilfe der Europäischen Arbeitsbehörde;

25.  ist der Auffassung, dass ein umfassenderer Migrationsdialog, beispielsweise durch regelmäßige Gipfeltreffen zwischen der EU und mehreren Drittländern, die Deckung des Bedarfs der EU-Arbeitsmärkte und die Entwicklung ausgewogener Partnerschaften, auch auf Initiative von Unternehmen und der Zivilgesellschaft, erleichtern könnte, die dazu beitragen können, die Integration von Drittstaatsangehörigen in den Arbeitsmarkt des Ziellandes vorzubereiten, und die den nachhaltigen Transfer von erworbenen Fähigkeiten zwischen Herkunfts- und Zielländern verbessern können, hebt hervor, dass bestehende auf Kompetenzen basierende Abkommen über die Entwicklung von Fachkräftepartnerschaften, die es dem Zielland ermöglichen, direkt an der Gestaltung der Fähigkeiten von Drittstaatsangehörigen, die potenziell an einer Migration in die EU interessiert sind, beteiligt zu sein, auch durch die Einrichtung von Ausbildungseinrichtungen und -programmen für Drittländer, als Anregung dienen könnten, und geht auf das Erfordernis der Transparenz von Partnerschaften mit Drittländern ein, auch durch die Notwendigkeit der Einbeziehung der Sozialpartner;

26.  hebt die wichtige Rolle von Heimatüberweisungen und die Vorteile hervor, die eine sichere, reguläre und geordnete Migration sowohl für die Entsende- als auch für die Aufnahmeländer hat; unterstützt die Bemühungen, das Problem der Abwanderung hochqualifizierter Kräfte und der Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften anzugehen, indem Instrumente weiterentwickelt werden, die eine zirkuläre Migration ermöglichen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Vor- und Nachteile bestehender Modelle zu analysieren, die von anderen Ländern angewandt werden, wie etwa ein auf Punkten basierendes System und auf Interessenbekundungen basierende Modelle; empfiehlt im Hinblick auf die Erleichterung der zirkulären Migration die Einführung einer bevorzugten Mobilität und den Zugang zu verlängerbaren Genehmigungen, das Recht auf Wiedereinreise und eine Verlängerung der zulässigen Abwesenheitszeit für Drittstaatsangehörige, um ihnen die Rückkehr in ihre Heimatländer zu ermöglichen;

Weiterentwicklung des Rechtsrahmens der EU

27.  weist erneut darauf hin, dass die EU im weltweiten Wettbewerb um Talente hinterherhinkt; stellt fest, dass der einzige Vorschlag, der von der vorherigen Kommission zum Thema legale Arbeitskräftemigration vorgelegt wurde, die Überarbeitung der Richtlinie über die Blaue Karte betraf; setzt sich weiterhin für eine zweckmäßige und solide Überarbeitung der Richtlinie über die Blaue Karte ein, um einen Mehrwert im Sinn von Harmonisierung, Anerkennung von Fähigkeiten, Vereinfachung von Verfahren und verbesserter EU-Binnenmobilität zu erzielen;

28.  betont die Notwendigkeit eines strukturierten Dialogs und einer strukturierten Konsultation der interessierten Akteure, einschließlich der einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft, der Sozialpartner und der Diaspora-Netzwerke, der Arbeitskräfte mit Drittstaatsangehörigkeit selbst sowie lokaler Behörden und internationaler Organisationen (insbesondere der IOM, der IAO und der OECD), wenn es um die künftige Entwicklung des Rechtsrahmens der EU geht;

29.  vertritt die Auffassung, dass sich die politischen Maßnahmen auf EU-Ebene und nationaler Ebene im Bereich der legalen Migration auf die Behebung des Mangels an Arbeitskräften und Kompetenzen konzentrieren sollten; fordert die Kommission zu diesem Zweck auf, Arbeitsmarkttests und Arbeitsmigrationsprogramme, die den tatsächlichen Erfordernissen des Arbeitsmarktes nicht gerecht werden, auf Ineffizienzen zu prüfen; empfiehlt, dass die Union ihren Rechtsrahmen erweitert, damit Drittstaatsangehörige, die eine Beschäftigung im Bereich geringer oder mittlerer Qualifikation suchen, in größerem Maß abgedeckt werden(17);

30.  weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Drittstaatsangehörige häufig im Bereich der häuslichen Pflege beschäftigt sind(18); stellt fest, dass es sich hierbei um eine Branche handelt, in der überwiegend Frauen beschäftigt sind; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, das IAO-Übereinkommen 189 über Hausangestellte zu ratifizieren und die uneingeschränkte Anwendung der Beschäftigungsnormen sicherzustellen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, legislative Maßnahmen in diesem Bereich in Erwägung zu ziehen;

31.  fordert die Kommission auf, unter Berücksichtigung der Dienste der Europass-Plattform im Einklang mit dem Beschluss (EU) 2018/646 des Europäischen Parlaments und des Rates(19) ein EU-weites Programm zu entwickeln, um attraktive Bedingungen für die grenzüberschreitende Tätigkeit von Selbstständigen, Unternehmern und Start-up-Unternehmen sowie jüngeren Drittstaatsangehörigen ohne formale Qualifikationen zu schaffen und deren Tätigkeiten zu erleichtern;

32.  stellt fest, dass sektorale Richtlinien weder für die Bedürfnisse des EU-Arbeitsmarkts noch allgemeiner gesehen für das Problem der legalen Migration ein Patentrezept darstellen, und nimmt zugleich zur Kenntnis, dass die meisten Mitgliedstaaten über nationale Regelungen verfügen, um Wanderarbeitnehmer anzuwerben; vertritt die Ansicht, dass die EU mittelfristig den sektoralen Ansatz verlassen und einen Einwanderungskodex verabschieden muss, mit dem für alle Drittstaatsangehörige, die Arbeit in der Union suchen, allgemeine Regeln für die Einreise und den Aufenthalt festgelegt und die Rechte dieser Drittstaatsangehörigen und ihrer Angehörigen harmonisiert werden;

33.  weist darauf hin, dass mit einem solchen übergreifenden Gesetzgebungsakt der derzeit bestehende Flickenteppich an Verfahren überwunden und die unterschiedlichen Anforderungen auf nationaler Ebene beseitigt würden und für die erforderliche Vereinfachung und Harmonisierung der Regeln gesorgt würde, ohne einzelne Beschäftigungssektoren oder Kategorien von Arbeitskräften zu diskriminieren; ist ferner der Ansicht, dass ein solches Instrument die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen der EU und Drittstaaten erleichtern würde;

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o   o

34.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. C 58 vom 15.2.2018, S. 9.
(2) PE573.223v01-00.
(3) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0176.
(4) ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 21.
(5) ABl. L 155 vom 18.6.2009, S. 17.
(6) ABl. L 343 vom 23.12.2011, S. 1.
(7) ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 375.
(8) ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1. Unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer werden von einem Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU zum Arbeiten an eine Niederlassung abgestellt, die zur gleichen Unternehmensgruppe gehört und ihren Sitz im Hoheitsgebiet der EU hat.
(9) ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21.
(10) Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3.10.2003, S. 12).
(11) Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44).
(12) Studien der Fachabteilung C zur Erschließung neuer Wege für die Gesetzgebung zur Arbeitskräftemigration in die EU und zur Zusammenarbeit der EU mit Drittländern im Bereich der Migration.
(13) Fasani, F. und Mazza, J.: Immigrant Key Workers: Their Contribution to Europe's COVID-19 Response, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2020.
(14) Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24).
(15) In der Eignungsprüfung wurden die folgenden Hauptbereiche mit den meisten internen Kohärenzproblemen ermittelt: Antragsverfahren, Aufnahme- und Aufenthaltsbedingungen (einschließlich der Gründe für die Ablehnung oder Entziehung), Gleichbehandlungsbedingungen, EU-Binnenmobilität und Familienzusammenführung.
(16) Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens (ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 1).
(17) Siehe z. B. Europäisches Migrationsnetzwerk: „Determining labour shortages and the need for labour migration from third countries in the EU“ (Feststellung von Arbeitskräftemangel und Notwendigkeit der Arbeitskräftemigration in die EU), Europäische Kommission, Brüssel 2015.
(18) Siehe auch: EPRS: „The cost of non-Europe in the area of legal migration“ (Die Kosten des Verzichts auf EU-politisches Handeln im Bereich der legalen Zuwanderung), Europäisches Parlament, Brüssel 2019, S. 21–22.
(19) Beschluss (EU) 2018/646 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. April 2018 über einen gemeinsamen Rahmen für die Bereitstellung besserer Dienste für Fertigkeiten und Qualifikationen (Europass) (ABl. L 112 vom 2.5.2018, S. 42).


Digitale Zukunft Europas: digitaler Binnenmarkt und Einsatz von KI für europäische Verbraucher
PDF 212kWORD 71k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021zu der Gestaltung der digitalen Zukunft Europas: Beseitigung von Hindernissen für einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt und Verbesserung des Einsatzes von KI für europäische Verbraucher (2020/2216(INI))
P9_TA(2021)0261A9-0149/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“ (COM(2020)0067),

–  unter Hinweis auf das Weißbuch der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Künstliche Intelligenz – ein europäisches Konzept für Exzellenz und Vertrauen“ (COM(2020)0065),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Auswirkungen künstlicher Intelligenz, des Internets der Dinge und der Robotik in Hinblick auf Sicherheit und Haftung“ (COM(2020)0064),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Hindernisse für den Binnenmarkt ermitteln und abbauen“ (COM(2020)0093),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Langfristiger Aktionsplan zur besseren Umsetzung und Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften“ (COM(2020)0094),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. November 2020 mit dem Titel „Neue Verbraucheragenda – Stärkung der Resilienz der Verbraucher/innen für eine nachhaltige Erholung“ (COM(2020)0696),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. April 2018 zu „Künstliche Intelligenz für Europa“ (COM(2018)0237),

–  unter Hinweis auf das von McKinsey & Company für die Kommission erstellte Arbeitspapier zur Gestaltung des digitalen Wandels in Europa vom Februar 2020(1),

–  unter Hinweis auf den Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2020 (DESI – Digital Economy and Society Index) und auf die Ergebnisse der Eurobarometer-Spezial-Umfrage mit dem Titel „Attitudes towards the impact of digitalisation on daily lives“(2) (Einstellungen zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf das tägliche Leben),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9. Juni 2020 zur Gestaltung der digitalen Zukunft Europas,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Eine europäische Datenstrategie“ (COM(2020)0066),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“)(3),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit(4),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation)(5),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates („Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“)(6),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt(7),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(8),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2016 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer Akte zum digitalen Binnenmarkt“(10),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG(11),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012(12),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union(13),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen(14),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG(15),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten(16),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2020 zum Thema „Automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse: Gewährleistung des Verbraucherschutzes und des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen“(17),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission zum Gesetz über digitale Dienste: Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarkts(18),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 zu den Rechten des geistigen Eigentums bei der Entwicklung von KI-Technologien(19),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission zu dem Rahmen für die ethischen Aspekte von künstlicher Intelligenz, Robotik und damit zusammenhängenden Technologien(20),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission für eine Regelung der zivilrechtlichen Haftung beim Einsatz künstlicher Intelligenz(21),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zur Stärkung des Binnenmarkts: die Zukunft des freien Dienstleistungsverkehrs(22),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, des Ausschusses für Verkehr und Tourismus, des Ausschusses für Kultur und Bildung, des Rechtsausschusses, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A9-0149/2021),

A.  in der Erwägung, dass im digitalen Binnenmarkt nach wie vor Hürden bestehen, die beseitigt werden müssen, um sein volles Potenzial auszuschöpfen, und dass ein gemeinsamer auf den Menschen ausgerichteter EU-Ansatz für seinen Erfolg von entscheidender Bedeutung ist;

B.  in der Erwägung, dass die Digitalisierung auf dem Binnenmarkt insgesamt für erheblichen Mehrwert sorgen kann und sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Union als auch für die traditionellen und für die nicht traditionellen Branchen wichtig ist und sich als Wettbewerbsvorteil auf dem globalen Markt erweisen kann;

C.  in der Erwägung, dass auf dem digitalen Binnenmarkt andere Herausforderungen herrschen als auf traditionellen Märkten, und in der Erwägung, dass der Grundsatz „Was außerhalb des Internets verboten ist, ist auch im Internet illegal“ gewahrt werden sollte;

D.  in der Erwägung, dass KI bereits – zu einem gewissen Grad – bestehenden gesetzlichen Anforderungen unterliegt;

E.  in der Erwägung, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in KI gestärkt werden muss, indem dafür Sorge getragen wird, dass die umfassende Achtung der Grundrechte, Verbraucherschutz, Datenschutz und Datensicherheit selbstverständlicher Bestandteil der KI sind, und in der Erwägung, dass wir Innovationen in Europa fördern müssen;

F.  in der Erwägung, dass die Landwirtschaft gemäß dem Weißbuch zur künstlichen Intelligenz zu den Bereichen gehört, in denen die Effizienz durch KI gesteigert werden kann, und dass eines der allgemeinen Ziele der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) darin besteht, die intelligente Landwirtschaft zu fördern; in der Erwägung, dass KI-Forschung und -Arbeit im Bereich Landwirtschaft und Tierhaltung die Möglichkeit bieten, die Attraktivität des Sektors für jüngere Menschen zu erhöhen und die landwirtschaftliche Leistung in Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen sowie den Tierschutz und die Produktivität zu verbessern; in der Erwägung, dass die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie darauf abzielen, die Landwirte dabei zu unterstützen, hochwertige Produkte zu erzeugen und den Nährstoffverlust und den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu verringern;

G.  in der Erwägung, dass für den digitalen Wandel mehr Investitionen in die zentralen Wegbereiter der digitalen Wirtschaft und in die Abstimmung mit den politischen Maßnahmen und Strategien für den grünen Wandel erforderlich sind;

H.  in der Erwägung, dass KI viele Chancen bietet, aber auch bestimmte Risiken birgt;

I.  in der Erwägung, dass die EU-Mitgliedstaaten sowie die Organe und Einrichtungen der Union gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet sind, dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte jedes Menschen auf Privatsphäre, Datenschutz, freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, Nichtdiskriminierung, Würde und die sonstigen Grundrechte durch den Einsatz neuer und neu entstehender Technologien nicht unangemessen eingeschränkt werden;

J.  in der Erwägung, dass die Verwendung von KI auch Risiken birgt und Bedenken hinsichtlich der Ethik, des Umfangs und der Transparenz der Erhebung, Nutzung und Verbreitung von personenbezogenen Daten aufwirft;

Teil 1: Beseitigung von Hindernissen für einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt

1.  vertritt die Auffassung, dass durch die EU-Digitalpolitik die wesentlichen Grundlagen geschaffen bzw. gestärkt werden sollten, die erforderlich sind, damit sowohl der öffentliche als auch der private Sektor der Union im Bereich der vertrauenswürdigen, auf den Menschen ausgerichteten, digitalen Innovation weltweit eine Führungsposition einnehmen können; ist der Auffassung, dass der digitale Binnenmarkt zu diesen Grundlagen gehört und es dabei um die Freisetzung des vollen Potenzials neuer Technologien geht, indem ungerechtfertigte nationale Hindernisse beseitigt werden sowie Rechtsklarheit für Verbraucher und Unternehmen geschaffen wird, was den europäischen Bürgern zugutekommt und den Wettbewerb stärkt; ist der Ansicht, dass durch einen besser organisierten und gemeinsamen europäischen Ansatz für die Marktintegration und -harmonisierung hierzu beigetragen werden kann; vertritt ferner die Auffassung, dass hierzu sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene weitere Maßnahmen notwendig sind;

2.  betont, wie wichtig und nützlich ein voll funktionierender digitaler Binnenmarkt für die Verbraucherinnen und Verbraucher und für die Unternehmen ist; verlangt, dass KMU beim digitalen Wandel unterstützt werden; fordert die Kommission dazu auf, eine Eignungsprüfung im Hinblick auf KMU einzuführen, die durchgeführt werden muss, bevor Rechtsvorschriften vorgeschlagen werden;

3.  vertritt die Auffassung, dass der Digitalisierungsansatz der EU vollständig im Einklang mit den Grundrechten sowie dem Verbraucherschutz, der Technologieneutralität, der Netzneutralität und den Datenschutzvorschriften, der Inklusivität und der Nichtdiskriminierung stehen muss;

4.  vertritt die Auffassung, dass die Digitalisierung und neu entstehende Technologien wie KI dazu beitragen können, die Ziele der Industriestrategie der EU und des Grünen Deals zu erreichen und einige der durch die COVID-19-Krise verursachten Schwierigkeiten zu überwinden; vertritt ferner die Auffassung, dass mit sich gegenseitig verstärkenden politischen Ansätzen in Richtung des Grünen Deals, der Industriestrategie und der Digitalisierung sowohl zur Verwirklichung der Ziele ihrer Digitalisierung als auch zur Förderung der technologischen Führungsrolle beigetragen werden könnte; weist darauf hin, dass digitale Lösungen, wie Telearbeit und KI-Anwendungen, ein Potenzial aufweisen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am digitalen Binnenmarkt zu fördern; ist der Auffassung, dass die COVID-19-Krise auch eine Chance zur Beschleunigung der Digitalisierung bietet und dass der digitale Wandel dem öffentlichen Interesse insgesamt dienen muss; vertritt ferner die Auffassung, dass der digitale Wandel dazu beitragen könnte, den Bedürfnissen der städtischen, ländlichen und entlegenen Gebiete in der Union Rechnung zu tragen;

5.  stellt fest, dass die neuen Technologien Potenzial für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Wirtschaft bergen, indem die Einführung von kreislauforientierten Wirtschaftsmodellen erleichtert, die Energieeffizienz der Datenverarbeitung und Speichersysteme gefördert, ein Beitrag zu nachhaltigeren Wertschöpfungsketten geleistet und die Ressourcennutzung optimiert wird;

6.  fordert die Kommission dazu auf, bei der Umsetzung des Grünen Deals den Einsatz und die Weiterentwicklung nachhaltiger Technologie zu fördern und zu unterstützen, unter anderem durch die Bewertung hinsichtlich der Umweltauswirkungen des Datenaustauschs und hinsichtlich der Infrastrukturen, die für einen nachhaltigen Ausbau der digitalen Infrastruktur erforderlich sind;

7.  betont, dass die Ermöglichung des Austauschs von und des Zugangs zu wesentlichen und genau definierten Datensätzen von entscheidender Bedeutung sein wird, wenn das Potenzial des Grünen Deals voll ausgeschöpft werden soll; fordert die Kommission dazu auf, zu bewerten, welche Datensätze für diesen Zweck von wesentlicher Bedeutung sind;

8.  ist der Ansicht, dass Praktiken, die den Verbraucher- und Datenschutz sowie Arbeitsrechte untergraben, beseitigt werden sollten;

9.  betont, dass die Kommission bei der Gesetzgebung einen ausgewogenen, zukunftssicheren und faktengestützten Ansatz auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips verfolgen sollte, mit dem ein digitaler Binnenmarkt geschaffen wird, auf dem die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen sichergestellt wird, der wettbewerbsfähig, fair, zugänglich, technologisch neutral, innovationsfreundlich, verbraucherfreundlich, auf den Menschen ausgerichtet und vertrauenswürdig ist und der die Grundlage für eine sichere Datengesellschaft und -wirtschaft bildet;

10.  betont, dass bei der Besteuerung der digitalen Wirtschaft und der traditionellen Wirtschaft gleiche Bedingungen herrschen sollten, indem ein gemeinsames Verständnis dafür gefunden wird, wo die Wertschöpfung entsteht;

11.  weist darauf hin, dass KMU und andere Wirtschaftsakteure gegebenenfalls davon profitieren könnten, wenn sie je nach Situation oder Kontext und unbeschadet der geltenden Rechtsvorschriften kooperative Modelle wie Open-Source-Software und offene Software einsetzen, wobei die potenziellen Vorteile, die Cybersicherheit, die Privatsphäre und der Datenschutz zu berücksichtigen sind; ist der Ansicht, dass dies zur Verwirklichung der strategischen Autonomie Europas im digitalen Bereich beitragen kann;

12.  fordert die Kommission auf, ihren Leitprinzipien in ihren künftigen Legislativvorschlägen Rechnung zu tragen und die Fragmentierung des digitalen Binnenmarkts zu vermeiden, bestehende ungerechtfertigte Hindernisse und unnötige Verwaltungsanforderungen zu beseitigen, Innovationen insbesondere für KMU zu unterstützen und geeignete Anreize einzusetzen, die gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen gleichberechtigten Zugang zu Investitionsmöglichkeiten schaffen;

13.  fordert die Kommission dazu auf, für eine wirksame und effiziente Durchsetzung sowohl aktueller als auch neuer gesetzlicher Anforderungen zu sorgen; vertritt die Auffassung, dass es einer effektiven grenz- und sektorübergreifenden Durchsetzung bedarf, einschließlich einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen den Behörden und unter Berücksichtigung der jeweiligen Expertise und Kompetenz der einzelnen Behörden; vertritt ferner die Auffassung, dass die Kommission einen Bezugsrahmen schaffen sollte, um bei allen neuen regulatorischen Anforderungen im Bereich KI oder in ähnlichen Bereichen eine entsprechende Koordinierung zu gewährleisten;

14.  fordert die Kommission auf, sich um ein innovations- und verbraucherfreundliches Regelungsumfeld zu bemühen und die finanzielle und institutionelle Unterstützung der europäischen digitalen Wirtschaft in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern beispielsweise durch folgende Maßnahmen zu stärken: Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, Unterstützung von Innovationen in Europa, Bereitstellung eines besseren und breiteren Zugangs zu leicht lesbaren und interoperablen hochwertigen industriellen und öffentlichen Daten, Aufbau digitaler Infrastruktur, Verbesserung der allgemeinen Verfügbarkeit digitaler Kompetenzen in der Bevölkerung, Förderung der technologischen Führungsposition für das Unternehmensumfeld und Schaffung eines verhältnismäßigen und harmonisierten Regelungsumfelds;

15.  vertritt die Auffassung, dass der intelligenten Vergabe öffentlicher Aufträge – etwa über die europäische GovTech-Plattform – eine wichtige Rolle zukommt, um die Digitalisierung EU-weit voranzutreiben;

16.  ist der Auffassung, dass erhebliche Investitionen und eine Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor im Bereich der KI und andere neue Schlüsseltechnologien erforderlich sind; begrüßt es insofern, dass die Finanzierungsprogramme der EU dafür genutzt werden, die Digitalisierung unserer Gesellschaft und Industrie voranzutreiben, als sie auf den Grundsätzen der Effizienz, der Transparenz und der Inklusivität aufbauen; fordert, dass die Mittel aus den einzelnen Fonds in koordinierter Weise eingesetzt werden, um die Synergieeffekte zwischen den Programmen voll auszuschöpfen; schlägt eine strategische Priorisierung der Mittel für den Aufbau der erforderlichen digitalen Infrastruktur vor; fordert verstärkte Investitionen über NextGenerationEU sowie mehr öffentliche und private Investitionen, um dem Ziel der EU, im Technologiebereich weltweit eine Spitzenposition einzunehmen, ihre Forschung und ihr Wissen zu vertiefen und den mit der Digitalisierung verbundenen Nutzen für alle in der Gesellschaft voll auszuschöpfen, gerecht zu werden;

17.  ist der Auffassung, dass KI für KMU mit besonderen Herausforderungen verbunden ist und dass unnötig komplexe regulatorische Anforderungen ihre Wettbewerbsfähigkeit unverhältnismäßig beeinflussen können; stellt fest, dass der Übergang zu KI-Lösungen diese Unternehmen dabei unterstützen sollte und neue Rechtsvorschriften über den Einsatz von KI nicht zu einem ungerechtfertigten Verwaltungsaufwand führen sollten, der ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt gefährdet;

18.  fordert die Kommission auf, eine umfassende Koordinierung der Investitionen im Rahmen des Aufbauplans NextGenerationEU sicherzustellen; fordert die Kommission auf, im Rahmen dieses Plans konkrete Maßnahmen zur Unterstützung von Technologien und Infrastruktur mit hohem Wirkungsgrad in der EU vorzuschlagen, wie beispielsweise künstliche Intelligenz, Hochleistungsrechentechnik, Quanteninformatik, Cloud-Infrastruktur, Plattformen, intelligente Städte, 5G und Glasfaserinfrastruktur;

19.  weist darauf hin, dass KMU das Rückgrat der europäischen Wirtschaft sind und besonderer Unterstützung aus den Finanzierungsprogrammen der EU bedürfen, um den digitalen Wandel zu vollziehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, Start-up-Unternehmen sowie kleinste, kleine und mittelständische Unternehmen (KKMU) über das Binnenmarktprogramm, die Zentren für digitale Innovation sowie die Aufbau- und Resilienzfazilität stärker bei der Entwicklung und Anwendung digitaler Technologien zu unterstützen, um den digitalen Wandel weiter voranzutreiben und die genannten Unternehmen in die Lage zu versetzen, ihr digitales Potenzial und ihre Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung in der Union voll zu entfalten;

20.  merkt an, dass es in der EU im Vergleich zu anderen Märkten einen erheblichen Mangel an Risiko- und Startkapital sowie an privatem Beteiligungskapital gibt; ist der Auffassung, dass Start-up-Unternehmen, die in der Union gegründet werden, für ihre Scale-up-Phase deshalb oftmals auf Märkte außerhalb der Union wechseln, statt in der Union zu expandieren; vertritt die Auffassung, dass dies die Wirtschaft der Union insgesamt daran hindert, den vielfältigen Begleitnutzen, der sich aus in der Union gegründeten Start-up-Unternehmen ergibt, auszuschöpfen; hebt die unverhältnismäßig große Rolle öffentlicher Stellen bei der derzeitigen Finanzierung von Forschung und Innovation und die erheblichen Unterschiede in den Ökosystemen für Start-up-Unternehmen und den verfügbaren Finanzmitteln in den verschiedenen Mitgliedstaaten hervor; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen umfassenden europäischen Ansatz vorzuschlagen, um die Finanzierungsquellen für technologische Investitionen in der EU zu erweitern, einschließlich Initiativen zur Unterstützung von Angel-Investitionen von führenden Vertretern des europäischen Privatsektors, und die Verfügbarkeit von Wagniskapital und Seed-Kapital für europäische Unternehmen und Start-up-Unternehmen zu erleichtern;

21.  betont, dass das Programm „Digitales Europa“ sowie die Programme „Horizont Europa“ und „Connecting Europe“ notwendig sind, um den digitalen Wandel in Europa voranzutreiben, und dass sie angemessen finanziert werden sollten; fordert die Kommission nachdrücklich dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass die genannten Instrumente möglichst bald genutzt werden können; weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung im Rahmen der Strategie Europa 2020 nachkommen müssen, 3 % ihres BIP in Forschung und Entwicklung zu investieren;

22.  fordert die Kommission auf, darauf hinzuarbeiten, dass die EU eine Führungsrolle bei der Einführung und Standardisierung neuer Technologien einnimmt und dafür sorgt, dass KI auf den Menschen ausgerichtet ist und im Einklang mit den europäischen Werten, Grundrechten und Normen steht; betont, dass es angesichts des globalen Charakters der Technologieführerschaft und -entwicklung einer Zusammenarbeit mit Normungsgremien, der Industrie und internationalen Partnern zur Festsetzung globaler Standards bedarf; ist der Auffassung, dass mit der Nutzung von CEN-Workshop-Vereinbarungen (CWA – CEN Workshop Agreement) in bestimmten Bereichen – etwa KI und neu entstehende Technologien – die Effizienz bei der Schaffung harmonisierter Normen gesteigert werden kann;

23.  unterstützt das Ziel der Kommission, die Verfügbarkeit und den Austausch nicht personenbezogener Daten zu verbessern und die europäische Wirtschaft zu stärken; ist der Ansicht, dass bei der Verwirklichung dieses Ziels den mit einem verbesserten Zugang zu nicht personenbezogenen Daten verbundenen Risiken wie der Deanonymisierung Rechnung getragen werden sollte;

24.  hält es für notwendig, Anreize für den Zugang von KMU zu mehr Daten zu schaffen, und fordert Anreize, die KMU den Zugang zu nicht personenbezogenen Daten ermöglichen sollen, die von anderen privaten Interessenträgern im Rahmen eines freiwilligen und für beide Seiten vorteilhaften Verfahrens erstellt wurden, und hebt hervor, dass alle erforderlichen Garantien im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 sowie dem Rechtsrahmen für die Rechte des geistigen Eigentums einzuhalten sind;

25.  stellt fest, dass öffentliche Unternehmen bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen oder bei öffentlichen Aufträgen eine beträchtliche Menge nicht personenbezogener Daten generieren, erheben und verarbeiten, was für ihre kommerzielle Weiterverwendung und für die Gesellschaft von erheblichem Wert ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Daten umfassender für die Weiterverwendung im allgemeinen Interesse zur Verfügung zu stellen, um die Ziele der Richtlinie über offene Daten zu fördern;

26.  erinnert daran, dass wir eine die gesamte EU umfassende Datenwirtschaft benötigen, da sie ein zentraler Wegbereiter der Digitalisierung ist; ist der Auffassung, dass ein hohes Maß an Datenschutz für vertrauenswürdige KI dazu beitragen könnte, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken; vertritt die Auffassung, dass die EU unbedingt für ein hohes Maß an Datenkontrolle durch Kunden und gegebenenfalls Verbraucher Sorge tragen sowie die strengsten Standards für den Schutz personenbezogener Daten sicherstellen sollte und dass dies mit klaren und ausgewogenen Bestimmungen unter anderem über geistige Eigentumsrechte einhergehen sollte; hält es jedoch für unerlässlich, gegenüber Drittländern offen zu bleiben und erachtet den freien, grenzüberschreitenden Verkehr nicht-personenbezogener Daten für wichtig;

27.  nimmt das Gesetz über digitale Dienste und das Gesetz über digitale Märkte zur Kenntnis und vertritt die Auffassung, dass diese dazu beitragen sollten, die Innovation zu fördern, ein hohes Niveau beim Verbraucherschutz sicherzustellen sowie die Rechte, das Vertrauen und die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer im Internet zu stärken; betont, dass sichergestellt werden muss, dass der europäische Markt weiterhin aktiv und in hohem Maße wettbewerbsfähig bleibt;

28.  hebt hervor, dass der Verbraucherschutz eine wichtige Rolle im Gesetz über digitale Dienste spielen sollte, und ist überzeugt, dass eine stärkere Transparenz und Sorgfaltspflicht für Online-Marktplätze die Produktsicherheit erhöhen und damit das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Online-Marktplätze stärken würden;

29.  betont deshalb, dass es klarer Zuständigkeiten auf Online-Marktplätzen basierend auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedarf; weist darauf hin, dass die Verantwortung von Hosting-Plattformen für Inhalte für über sie verkaufte oder beworbene Waren geklärt werden sollte, um die Rechtslücke zu schließen, die sich ergibt, wenn der Käufer nicht die Zufriedenheit erlangt, auf die er nach dem Gesetz oder dem Vertrag über die Lieferung von Waren Anspruch hat, weil er beispielsweise nicht in der Lage ist, den ursprünglichen Verkäufer zu identifizieren (Geschäftsgrundsatz „Know Your Customer“ („Kenne deinen Kunden“));

30.  begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene neue Verbraucheragenda und fordert die Kommission auf, gegebenenfalls Anpassungen am Verbraucherschutzrecht vorzunehmen, um den Auswirkungen neuer Technologien und möglichen Nachteilen für die Verbraucher besser Rechnung zu tragen, wobei vor allem die besonders schutzbedürftigen Gruppen und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu berücksichtigen sind; ist der Ansicht, dass die europäischen Verbraucher in die Lage versetzt werden sollten, eine aktive Rolle beim digitalen Wandel zu spielen, und dass das Vertrauen der Verbraucher und die Einführung digitaler Technologien davon abhängen, dass ihre Rechte unter allen Umständen geschützt werden;

31.  weist erneut darauf hin, dass das ungerechtfertigte Geoblocking von Online-Diensten ein erhebliches Hemmnis für den Binnenmarkt und eine unberechtigte Diskriminierung zwischen den Verbrauchern in der Union darstellt; nimmt die von der Kommission durchgeführte erste kurzfristige Überprüfung der Geoblocking-Verordnung zur Kenntnis und fordert die Kommission nachdrücklich dazu auf, ihre Bewertung fortzusetzen und einen Dialog mit den Interessenträgern aufzunehmen und dabei der steigenden Nachfrage nach grenzüberschreitendem Zugang zu audiovisuellen Diensten Rechnung zu tragen, um die Verbreitung hochwertiger Inhalte in der gesamten EU zu fördern;

32.  bekräftigt die Grundrechte der EU auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten, unter anderem die ausdrückliche Einwilligung nach Aufklärung, wie sie in der DSGVO verankert ist; weist darauf hin, dass die Einwilligung auf verständlichen und leicht zugänglichen Informationen darüber beruhen sollte, wie die personenbezogenen Daten verwendet und verarbeitet werden, und dass dies auch dann mit Hilfe von Algorithmen respektiert werden sollte;

33.  begrüßt die neue Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade, die unverzichtbar ist, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu sichern, in vollem Umfang von der durch den digitalen Wandel ermöglichten Innovation, Konnektivität und Automatisierung zu profitieren und zugleich die Grundrechte zu schützen; fordert die wirksame und zügige Umsetzung der in der genannten Strategie umrissenen Maßnahmen;

34.  fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit unverzüglich anzuwenden, um Barrieren für Bürgerinnen und Bürger mit Behinderungen wirksam abzubauen und die Verfügbarkeit barrierefreier digitaler Dienste sowie die Angemessenheit der Bedingungen, unter denen sie bereitgestellt werden, sicherzustellen, womit insgesamt darauf abgezielt werden sollte, einen vollständig inklusiven und zugänglichen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, auf dem die Gleichbehandlung und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen sichergestellt ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Anwendung der Richtlinie über die Zugänglichkeit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen auf öffentlich zugängliche Bereiche auszudehnen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Verkehr, Post und Telekommunikation(23);

Teil 2: Verbesserung des Einsatzes von KI für europäische Verbraucher

35.  ist der festen Überzeugung, dass KI, wenn sie im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften entwickelt wird, das Potenzial hat, bestimmte Bereiche für die europäischen Bürgerinnen und Bürgern verbessern und in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit, Bildung, Gesundheitsversorgung, Verkehr und Umwelt von erheblichem Nutzen und Wert sein kann; ist der Ansicht, dass die Sicherheit, Inklusivität, Nichtdiskriminierung, Zugänglichkeit und Fairness von KI-gestützten Produkten und Diensten, insbesondere für Gruppen von Verbrauchern, die sich in einer prekären Lage befinden, sichergestellt werden müssen, damit niemand zurückgelassen wird und ihre Vorteile in der gesamten Gesellschaft verfügbar sind;

36.  bekräftigt, dass die Kommission, die Mitgliedstaaten, der Privatsektor, die Zivilgesellschaft und die Wissenschaft wirksam zusammenarbeiten und ein geeignetes Ökosystem schaffen müssen, um eine sichere und auf den Menschen ausgerichtete KI zu entwickeln und von ihr zu profitieren;

37.  merkt an, dass KI zwar gute Chancen bietet, aufgrund von Problemen wie Einseitigkeit und Opazität aber auch hohe Risiken bergen kann; vertritt die Auffassung, dass sich diese Risiken je nach spezifischem Kontext und Anwendungsfall von KI manifestieren können; fordert, dass die Verfahren zur Rückverfolgbarkeit von KI-gestützten Systemen transparent sein müssen und im Falle nachgewiesener ernsthafter Schäden überprüft werden können müssen;

38.  ist der Auffassung, dass – neben einigen Hemmnissen, die die Entwicklung, Einführung und wirksame Regulierung von digitalen Technologien in der EU behindern, – mangelndes Vertrauen der Verbraucher einer breiten Nutzung von KI im Wege stehen kann; weist darauf hin, dass die Bürger nicht verstehen, wie fortschrittliche algorithmische Systeme und Systeme der künstlichen Intelligenz Entscheidungen treffen;

39.  stellt fest, dass die Verbraucher einen klaren und vorhersehbaren Rechtsrahmen im Falle von Produktfehlfunktionen benötigen;

40.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Teil der öffentlichen Verwaltung, der für die Umsetzung künftiger Rechtsvorschriften zur KI zuständig sein wird, kontinuierlich zu verbessern;

41.  begrüßt das Weißbuch der Kommission zu KI und fordert die Kommission auf, einen auf den Menschen ausgerichteten, risikobasierten, klaren und zukunftssicheren gemeinsamen EU-Regelungsrahmen für KI zu erarbeiten; ist der Ansicht, dass dies zur Überwachung automatisierter Entscheidungsfindungssysteme erforderlich ist und dass dies die bestehenden, für KI relevanten Rechtsvorschriften ergänzen und sicherstellen sollte, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum Risikoniveau stehen;

42.  betont, dass sichergestellt werden muss, dass es eine angemessene menschliche Kontrolle über die algorithmische Entscheidungsfindung gibt und dass angemessene und wirksame Abhilfemechanismen vorhanden sind;

43.  betont, wie wichtig es ist, den Verbrauchern grundlegende Schulungen und Kenntnisse über KI zu vermitteln, damit sie mehr von diesen Technologien profitieren und sich gleichzeitig vor möglichen Bedrohungen schützen können;

44.  stellt fest, dass AI zwar in unterschiedlichem Maße bereits aktuellem EU-Recht unterliegt, jedoch neue, bislang ungelöste Rechtsfragen aufwirft, die die Verbraucher betreffen, und fordert die Kommission daher auf, klare Leitlinien für die Funktionsweise und das Zusammenspiel aktuell gültiger Rechtsvorschriften und möglicher neu vorgeschlagener Maßnahmen zu definieren, um die bestehenden rechtlichen Lücken zu schließen und einen verhältnismäßigen und kohärenten Rechtsrahmen zu schaffen; hält es für wichtig, dass die Mitgliedstaaten zur Stärkung des digitalen Binnenmarkts zusammenarbeiten;

45.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine enge Zusammenarbeit bei der Durchsetzung des Rechtsrahmens zu gewährleisten, um eine Fragmentierung des Binnenmarktes zu verhindern;

46.  hält KI für eine sich rasch entwickelnde Technologie, die wirksame Rechtsvorschriften, die auf Grundsätzen und Verhältnismäßigkeit beruhen, und nicht nur Leitlinien erfordert; ist der Ansicht, dass dafür eine umfassende Definition für KI erforderlich ist, damit alle Regulierungsmaßnahmen in den verschiedenen Sektoren flexibel und anpassungsfähig bleiben können, um künftigen Entwicklungen und den unterschiedlichen Risikoniveaus von KI-Nutzungszwecken angemessen Rechnung zu tragen, die innerhalb des sektoralen Rahmens genauer zu definieren sind; ist der Ansicht, dass die künftige Verordnung dem Ausmaß angemessen Rechnung tragen muss, in dem die wahrgenommenen KI-Risiken in der Praxis im Rahmen der unterschiedlichen Art und Weise der Nutzung und des Einsatzes von KI entstehen;

47.  weist darauf hin, dass die Verwendung von Selbstlernalgorithmen es Unternehmen ermöglicht, einen umfassenden Einblick in die persönlichen Umstände und Verhaltensmuster der Verbraucher zu erlangen; fordert daher die Kommission auf, KI-Technologien umfassend zu regulieren, um eine unfaire oder missbräuchliche Nutzung solcher Systeme zu verhindern;

48.  vertritt die Auffassung, dass das Ziel eines Regelungsrahmens für KI die Schaffung eines Binnenmarkts für vertrauenswürdige und sichere KI-gestützte Produkte, Anwendungen und Dienste sein sollte und dass die Basis hierfür Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sein sollte;

49.  betont, dass die Verbraucher das Recht haben, rechtzeitig und in leicht zugänglicher Form angemessen über das Vorhandensein und die möglichen Ergebnisse von KI-Systemen sowie darüber informiert zu werden, wie die Entscheidungen des Systems überprüft, sinnvoll angefochten und korrigiert werden können;

50.  fordert, dass Verbraucher verpflichtend darüber informiert werden, wenn sie mit KI-Systemen interagieren;

51.  ist der Ansicht, dass Erklärbarkeit und Transparenz für den Aufbau und die Aufrechterhaltung des Vertrauens der Nutzer in KI-Systeme von entscheidender Bedeutung sind; ist der Ansicht, dass sich hieraus ergibt, dass Prozesse transparent sein müssen, die Fähigkeiten und der Zweck von KI-Systemen offen kommuniziert werden müssen und Entscheidungen für die direkt Betroffenen nachvollziehbar sein müssen;

52.  vertritt die Auffassung, dass der Regelungsrahmen die Entwicklung vertrauenswürdiger KI-Systeme unterstützen muss und hohe Verbraucherschutzstandards gewährleisten sollte, um das Vertrauen der Verbraucher in KI-gestützte Produkte zu stärken; ist der Ansicht, dass eine schrittweise Festlegung von Risiken und entsprechende rechtliche Anforderungen und Schutzmaßnahmen gegen Schäden für die Verbraucher erforderlich sind; glaubt ferner, dass der Regelungsrahmen Transparenz und Rechenschaftspflicht gewährleisten und dafür sorgen muss, dass den Verbrauchern und zuständigen Behörden die einschlägigen Anforderungen klar kommuniziert werden sowie Anreize für Entwickler und Deployer von KI schaffen sollte, um vertrauenswürdige KI proaktiv einzuführen;

53.  fordert die Kommission auf, den Informationsaustausch im Zusammenhang mit algorithmischen Systemen zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten zu fördern und die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von algorithmischen Systemen im Binnenmarkt durch die Herausgabe von Leitlinien, Stellungnahmen und Gutachten zu unterstützen;

54.  glaubt, dass ein solcher Rahmen auf einem während der Konzeption, Entwicklung und Lebensdauer von KI-Produkten zu verfolgenden ethischen, auf den Menschen ausgerichteten und grundrechtsbasierten Ansatz beruhen sollte, der auf der Wahrung der Grundrechte sowie auf den Prinzipien Transparenz, (gegebenenfalls) Erklärbarkeit, Rechenschaftspflicht und den Rechten und Pflichten der DSGVO – einschließlich des Grundsatzes der Datenminimierung, des Grundsatzes der Zweckbindung und des Datenschutzes durch Technik (data protection by design) und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen (data protection by default) – basiert;

55.  glaubt, dass der Umfang neuer regulatorischer Anforderungen so weit gefasst werden sollte, dass KI-Anwendungen in ihrem spezifischen Kontext, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie das höchste Risiko darstellen, den strengsten regulatorischen Anforderungen und Kontrollen unterliegen, einschließlich der Möglichkeit, schädliche oder diskriminierende Praktiken zu verbieten; fordert die Kommission auf, neben den im geltenden Verbraucherrecht bereits existierenden Ansätzen eine objektive Methode für die Ermittlung des Schadensrisikos zu entwickeln; ist der Meinung, dass dabei kein restriktiver, binärer Ansatz angewandt werden sollte, der schnell überholt sein kann, sondern dass vielmehr Kontext, Anwendung und spezifische Nutzung von KI im Vordergrund stehen sollten;

56.  betont, dass eine EU-weite Standardisierung von KI Innovation und Interoperabilität fördern und ein hohes Maß an Verbraucherschutz gewährleisten dürfte; erkennt an, dass es trotz zahlreicher bereits bestehender Standards einer weiteren Förderung und Entwicklung gemeinsamer KI-Standards, z. B. für Bauteile und vollständige Anwendungen, bedarf;

57.  ist der Auffassung, dass die Rolle einer freiwilligen, vertrauenswürdigen Kennzeichnung für KI in Betracht gezogen werden könnte, sobald klare rechtliche Regeln und Durchsetzungsmechanismen vorhanden sind, wobei zu bedenken ist, dass sich die Rolle von Kennzeichnungssystemen aufgrund der Informationsasymmetrie, die algorithmischen Lernsystemen eigen ist, sehr komplex gestaltet; ist der Ansicht, dass eine solche Kennzeichnung die Transparenz von KI-gestützten Technologien verbessern könnte; hebt hervor, dass ein solches System zur Kennzeichnung für die Verbraucher verständlich sein muss und nachweislich einen messbaren Vorteil in Bezug auf das Bewusstsein der Verbraucher mit Blick auf konforme KI-Anwendungen bieten muss, durch das sie in die Lage versetzt werden, eine fundierte Entscheidung zu treffen, da sonst keine ausreichende Akzeptanz in der Praxis erreicht wird;

58.  ist der festen Überzeugung, dass neue regulatorische Anforderungen und Bewertungen sowohl verständlich als auch umsetzbar sein müssen und nach Möglichkeit in bereits existierende sektorspezifische Anforderungen integriert werden sollten, um den Verwaltungsaufwand auf einem verhältnismäßigen Niveau zu halten;

59.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, innovative regulatorische Instrumente wie „regulatorische Sandkästen“ im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip zu nutzen, um Start-ups und kleinen Unternehmen eine klare Wachstumsperspektive zu bieten; ist der Ansicht, dass diese Instrumente dazu beitragen sollten, Innovationen zu fördern, wenn sie in einem kontrollierten Umfeld eingesetzt werden; weist darauf hin, dass die Schaffung eines kohärenten Umfelds für innovative Tests und die Validierung von Produkten, die auf Technologien wie KI basieren, den europäischen Unternehmen helfen wird, die Fragmentierung des Binnenmarkts zu überwinden und das Wachstumspotenzial in der gesamten EU zu nutzen;

60.  weist darauf hin, dass der effizienteste Weg zur Verringerung von Verzerrungen darin besteht, die Qualität der Datensätze sicherzustellen, die für das Training von KI-Systemen verwendet werden;

61.  ist der Ansicht, dass die Nutzung von KI in einem Hochrisikokontext auf spezifische Fälle beschränkt sein sollte und dass eine solche Nutzung unter uneingeschränkter Einhaltung des geltenden Rechts erfolgen und Transparenzpflichten unterliegen sollte; betont, dass allein ein klarer und rechtssicherer Rechtsrahmen entscheidend dafür sein wird, die Sicherheit, den Daten- und Verbraucherschutz und das Vertrauen und die Zustimmung der Öffentlichkeit zur Notwendigkeit und Angemessenheit des Einsatzes dieser Technologien zu gewährleisten; fordert die Kommission auf, sorgfältig zu prüfen, ob es bestimmte Anwendungsfälle, Situationen oder Praktiken gibt, für die spezifische technische Standards, einschließlich zugrunde liegender Algorithmen, festgelegt werden sollten; hält es bei Festlegung solcher technischen Standards für notwendig, dass diese angesichts der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung von den zuständigen Behörden regelmäßig überprüft und neu bewertet werden;

62.  ist der Ansicht, dass die Einrichtung von Prüfgremien für KI-Produkte und -Dienste durch Organisationen und Unternehmen zur Bewertung des potenziellen Nutzens und Schadens, insbesondere der potenziellen sozialen Auswirkungen, die sich aus weitreichenden KI-basierten Projekten mit hohem Risiko ergeben, ein nützliches Instrument sein kann, um Organisationen dabei zu helfen, verantwortungsbewusste Entscheidungen über KI-Produkte und -Dienste zu treffen, insbesondere wenn relevante Interessenträger einbezogen werden;

63.  betont, wie wichtig Bildung und Forschung für KI sind; betont, dass die EU ihre digitalen Kapazitäten ausbauen muss, indem mehr Menschen ermutigt werden, eine Laufbahn in IKT-bezogenen Sektoren zu verfolgen, und indem mehr Datenexperten im Bereich KI sowie Fachkräfte in damit verbundenen neuen Bereichen wie KI-Investment und KI-Sicherheit geschult werden; fordert umfangreiche Investitionen in das Europäische Netzwerk der Exzellenzzentren für Künstliche Intelligenz und die Schaffung europaweiter Hochschul- und Forschungsnetzwerke mit Schwerpunkt auf KI; ist der Ansicht, dass dieses Netzwerk dazu beitragen sollte, den Wissensaustausch über KI zu stärken, Talente im Bereich der KI innerhalb der EU zu fördern und neue Talente anzuziehen, die Zusammenarbeit zwischen innovativen Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und KI-Entwicklern zu fördern sowie fachliche Schulungen und Weiterbildungen in den Regulierungsbehörden anzubieten, um die ordnungsgemäße Nutzung dieser Technologien sicherzustellen und die europäischen Bürger vor potenziellen Risiken und Schäden mit Blick auf ihre Grundrechte zu schützen; betont, wie wichtig Maßnahmen und Informationskanäle sind, mit denen kleinen und mittleren Unternehmen und Start-up-Unternehmen geholfen wird, effektiv zu digitalisieren und in die „Industrie 5.0“ vorzustoßen; nimmt zur Kenntnis, dass der Austausch und die Wiederverwendung von Komponenten KI-gestützter Anwendungen für die Nutzung und die Akzeptanz von KI-Lösungen förderlich sind; stellt die Bedeutung der Grundlagenforschung im Bereich KI heraus; hebt hervor, dass darauf hingewirkt werden muss, dass alle Anwendungen und Technologien im Bereich der künstlichen Intelligenz gründlich erforscht werden können;

64.  fordert Folgenabschätzungen zu den Folgen der digitalen Kluft für die Menschen und konkrete Maßnahmen zur Überwindung dieser Kluft; fordert eine Abmilderung der negativen Auswirkungen durch Bildung, Umschulung und Fortbildung; hebt hervor, dass die geschlechtsspezifische Dimension angesichts der ungenügenden Vertretung von Frauen in der MINT-Branche und in Digitalunternehmen berücksichtigt werden muss; ist der Ansicht, dass Programmen zur Vermittlung von Kompetenzen im Bereich künstlicher Intelligenz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

65.  fordert die Kommission auf, den bestehenden Rahmen für die Produktsicherheit und die Produkthaftung anzupassen, um den neuen Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit den neu entstehenden digitalen Technologien wie KI stellen, gerecht zu werden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, unter anderem die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und die Produkthaftungsrichtlinie zu überarbeiten, indem sie insbesondere in Betracht zieht, das Konzept der Beweislast für Schäden, die durch neue digitale Technologien verursacht werden, in klar definierten Fällen und nach einer ordnungsgemäßen Bewertung umzukehren und die Begriffe „Produkt“, „Schaden“ und „Fehler“ so anzupassen, dass sie der Komplexität neu entstehender Technologien Rechnung tragen, einschließlich der Produkte mit KI, IoT und Robotik, eigenständiger Software und Software oder Aktualisierungen, die eine substanzielle Änderung am Produkt mit sich bringen, die de facto zu einem neuen Produkt führt;

66.  hebt hervor, dass zur Einführung von KI sowie von anderen neuen Technologien für eine geeignete Konnektivität gesorgt werden muss, auch in Regionen, die mit demografischen oder wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert sind; fordert, dass der ungleiche Zugang zu Technologien in ländlichen Gebieten insbesondere dann berücksichtigt wird, wenn für den Aufbau von 5G-Netzen, zur Verringerung von Funklöchern und für Konnektivitätsinfrastruktur im Allgemeinen EU-Mittel verwendet werden; fordert eine EU-Kommunikationsstrategie, durch die EU-Bürger vertrauenswürdige Informationen erhalten, sowie eine Aufklärungskampagne zu 5G;

67.  fordert die Kommission auf, die Entwicklung und Nutzung von auf dezentralen Transaktionsnetzwerken basierenden Technologien, einschließlich der Blockchain-Technologie, und insbesondere von intelligenten Verträgen im digitalen Binnenmarkt zu bewerten, Orientierungshilfe bereitzustellen und die Entwicklung eines geeigneten Rechtsrahmens zu erwägen, um den Unternehmen und Verbrauchern Rechtssicherheit zu bieten, vor allem was die Frage der Rechtmäßigkeit, die Durchsetzung intelligenter Verträge in grenzüberschreitenden Sachlagen und – soweit erforderlich – das Erfordernis einer notariellen Beurkundung betrifft;

68.  fordert, dass die plurilateralen Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) über den elektronischen Handel mit einem ausgewogenen Ergebnis abgeschlossen werden; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Quellcode-Klausel, die derzeit im Rahmen der Verhandlungen über den elektronischen Handel auf künftige EU-Rechtsvorschriften im Bereich der KI auf WTO-Ebene erörtert wird, sorgfältig zu prüfen, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die Verbraucherrechte, und das Europäische Parlament in diese Bewertung einzubeziehen; bedauert, dass EU-Unternehmen in Ermangelung internationaler Vorschriften mit nichttarifären Handelshemmnissen im digitalen Handel konfrontiert sein könnten, wie etwa ungerechtfertigtes Geoblocking, Datenlokalisierung und verbindliche Anforderungen an den Technologietransfer; weist darauf hin, dass diese Hindernisse insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Herausforderungen darstellen; betont, dass der Verbraucherschutz durch internationale Vorschriften für den digitalen Handel weiter verbessert werden könnte; spricht sich dafür aus, dass das Moratorium der WTO für die elektronische Datenübermittlung dauerhaften Charakter erhält, und betont, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, in Bezug auf die Definition von elektronischen Datenübermittlungen für Klarheit zu sorgen; fordert die vollständige Umsetzung und breitere Annahme des WTO-Übereinkommens über Informationstechnologie, seiner Ausweitung und des WTO-Referenzpapiers zu Telekommunikationsdiensten;

69.  erkennt das Bestreben an, die EU zu einem weltweiten Vorreiter auf dem Gebiet der Entwicklung und Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) zu machen; fordert die EU auf, mit Partnern wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der WTO enger zusammenzuarbeiten und globale Standards für KI festzulegen, um Handelshemmnisse zu verringern und vertrauenswürdige KI im Einklang mit den Werten der EU zu fördern; unterstützt die internationale Zusammenarbeit in Regulierungsfragen und anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern der OECD in Bezug auf die digitale Wirtschaft, darunter die Globale Partnerschaft für künstliche Intelligenz; fordert die EU auf, ihre Arbeit mit den Vereinten Nationen und internationalen Normungsgremien in diesem Bereich zu intensivieren; nimmt den Abschluss des auf Regeln beruhenden Abkommens über eine umfassende regionale Wirtschaftspartnerschaft Asiens (Regional Comprehensive Economic Partnership – RCEP) zur Kenntnis, das den Weg für das weltweit größte Projekt der wirtschaftlichen Integration geebnet hat; ist der Ansicht, dass die EU Vorschriften im Digitalbereich fördern sollte, die mit den demokratischen Grundsätzen, den Menschenrechten und der nachhaltigen Entwicklung im Einklang stehen; unterstützt in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines EU-US-Handels- und Technologierates (Trade and Technology Council – TTC);

70.  unterstützt in diesem Zusammenhang die Arbeit an einem transatlantischen KI-Abkommen zur Schaffung eines stärkeren und breiteren Konsenses in Bezug auf die Grundsätze ethischer KI und die Daten-Governance sowie – im Rahmen dieser Grundsätze – zur Förderung der Innovation und der Weitergabe von Daten zur Entwicklung von KI sowie zur Förderung des Handels und der Entwicklung kompatibler Regeln und Standards im digitalen Handel, wodurch dafür gesorgt wird, dass die EU eine zentrale Rolle bei der Festlegung dieser Standards einnimmt; betont, dass dieses transatlantische KI-Abkommen auch ein Kapitel enthalten sollte, das der Datensicherheit und dem Datenschutz von Nutzern und Verbrauchern gewidmet ist, um den Schutz der EU-Vorschriften sicherzustellen; fordert die Kommission auf, weiterhin mit den USA, Japan und anderen gleichgesinnten Partnern an der Reform der WTO-Regeln — unter anderem in Bezug auf Subventionen, erzwungene Technologietransfers und staatseigene Unternehmen — zu arbeiten; betont, dass Freihandelsabkommen der EU wichtig sind, um die Interessen und Werte der Unternehmen, Verbraucher und Arbeitnehmer der EU in der globalen digitalen Wirtschaft zu fördern, und betrachtet sie als Ergänzung zu einem wettbewerbsorientierten digitalen Binnenmarkt; hält insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich, das in der globalen digitalen Wirtschaft eine wichtige Rolle spielt, für wesentlich;

71.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihre Aufbaupläne Projekte zur Digitalisierung des Verkehrs aufzunehmen; betont, dass eine stabile und angemessene Finanzierung des Aufbaus von Verkehrs- und IKT-Infrastrukturen für intelligente Verkehrssysteme (IVS), einschließlich der sicheren Bereitstellung von 5G, Entwicklung der 6G-Netze und künftiger drahtloser Netze, sichergestellt werden müssen, um das volle Potenzial des digitalisierten Verkehrs auszuschöpfen und gleichzeitig für hohe Standards in der Verkehrssicherheit zu sorgen; betont diesbezüglich, dass neue Infrastrukturen entwickelt und die bestehenden Infrastrukturen modernisiert werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, eine sichere, widerstandsfähige und hochwertige Verkehrsinfrastruktur bereitzustellen, die die Einführung vernetzter und automatisierter Mobilitätsdienste erleichtert; weist darauf hin, dass die Modernisierung der einschlägigen Verkehrsinfrastruktur und digitalen Infrastruktur im transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V) beschleunigt werden muss; fordert daher die Kommission auf, im Zuge der Überarbeitung der TEN-V-Verordnung und der Verordnung über Schienengüterverkehrskorridore Mechanismen vorzuschlagen, um dies sicherzustellen;

72.  betont, welch ungeheures Potenzial KI in der Verkehrsbranche durch eine Steigerung der Automatisierung des Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Flugverkehrs hat; hebt die Rolle hervor, die KI bei der Förderung der Multimodalität und der Verlagerung auf alternative Verkehrsträger sowie bei der Entwicklung intelligenter Städte zukommt, wodurch sich das Reiseerlebnis aller Bürger verbessert, da der Verkehr, die Logistik und die Verkehrsflüsse effizienter, sicherer und umweltfreundlicher werden, wodurch Reisezeiten verkürzt, Staus vermindert, schädliche Emissionen verringert und Kosten gesenkt werden können; betont das enorme Potenzial von Systemen, die KI im Verkehrssektor in Bezug auf die Straßenverkehrssicherheit und die Verwirklichung der in der „Vision Null“ festgelegten Ziele einsetzen; betont, dass KI zur weiteren Entwicklung einer nahtlosen Multimodalität gemäß dem Konzept von Mobilität als Dienstleistung (MaaS) beitragen wird; fordert die Kommission auf, zu untersuchen, wie die ausgewogene Entwicklung von Mobilität als Dienstleistung insbesondere in städtischen Gebieten erleichtert werden kann;

73.  begrüßt die Errungenschaften des gemeinsamen Unternehmens SESAR (Single European Sky ATM Research) und fordert eine Intensivierung der Forschung und von Investitionen, um das Potenzial von KI in der Luftfahrt für die Verbraucher durch Verbesserungen im Marketing, im Verkauf, im Vertrieb, bei Preisfestsetzungsverfahren von Fluglinien sowie bei der Bodenabfertigung (Sicherheitskontrollen usw.) zu maximieren; stellt fest, dass mithilfe von KI eine automatisierte Navigation sowohl im Lang- als auch im Kurzstreckenseeverkehr und in der Binnenschifffahrt entwickelt und die Seeraumüberwachung angesichts eines zunehmenden Schiffsverkehrs verbessert werden kann; fordert die Einführung von KI und eine Ausweitung der Digitalisierung im großen Maßstab in allen europäischen Häfen, um eine höhere Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen; hebt hervor, dass die Digitalisierung, KI und Robotik in der Tourismusbranche eine herausragende Rolle spielen und dadurch langfristig zu deren Nachhaltigkeit beitragen werden; stellt fest, dass angemessene Finanzmittel und Anreize für touristische Einrichtungen erforderlich sind, insbesondere für Kleinstunternehmen, kleinere und mittlere Unternehmen, damit sie die Vorteile der Digitalisierung nutzen und ihr Angebot für die Verbraucher modernisieren können; weist darauf hin, dass dadurch zur Förderung der digitalen Führungsrolle der EU im Bereich des nachhaltigen Tourismus durch Forschung und Entwicklung, Gemeinschaftsunternehmen und öffentlich-private Partnerschaften beigetragen wird;

74.  weist darauf hin, dass KI zu Verzerrungen und folglich zu verschiedenen Formen der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, führen kann; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Rechte aller Menschen uneingeschränkt geschützt werden müssen und dass auf KI beruhende Initiativen in keiner Weise diskriminierend sein dürfen; betont, dass derartige Verzerrungen und Diskriminierung aus bereits verzerrten Datensätzen, die die bestehende Diskriminierung in der Gesellschaft widerspiegeln, hervorgehen können; hebt hervor, dass KI Verzerrungen, die zu verbotener Diskriminierung führen, vermeiden muss und keine Diskriminierungsprozesse reproduzieren darf; betont, dass diesen Risiken bei der Entwicklung von KI-Technologien Rechnung getragen werden muss, und dass es wichtig ist, mit Anbietern von KI-Technologien zusammenzuarbeiten, um die anhaltenden Lücken, die Diskriminierung begünstigen, zu schließen; betont, dass die Teams, die mit der Konzipierung und Entwicklung von KI betraut sind, die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln sollten;

75.  hebt hervor, dass Algorithmen transparent sein müssen, damit die Grundrechte umfassend geschützt sind; betont, dass die Gesetzgeber in Anbetracht der wichtigen ethischen und rechtlichen Aspekte die komplexe Frage der Haftung, insbesondere für Personen- und Sachschäden, berücksichtigen müssen und dass bei allen KI-Anwendungen stets eine natürliche oder juristische Person haften sollte;

76.  betont, dass KI der Kultur- und Kreativwirtschaft in ganz Europa auf breiter Basis zugänglich gemacht werden muss, um gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen fairen Wettbewerb für alle Interessengruppen und Akteure in Europa aufrechtzuerhalten; weist auf das Potenzial hin, das KI-gestützte Technologien für die Kultur- und Kreativwirtschaft bergen und das von einer Verbesserung des Publikumsmanagements, der Publikumserschließung und der Publikumsbindung über die unterstützte Inhaltskuratierung zur Aufwertung kultureller Archive bis hin zur Unterstützung von Faktenprüfung und Datenjournalismus reichen; betont, dass Lern- und Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden müssen, damit die europäische Gesellschaft die Möglichkeit erhält, die Nutzung sowie die potenziellen Risiken und Chancen von KI zu verstehen; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Auffassung, dass Innovationen in KI und Robotik in die Bildungspläne und Schulungsprogramme integriert werden müssen; erinnert an die besonderen Anforderungen, die im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung hinsichtlich KI bestehen, und fordert, dass auf europäischer Ebene ein auf Zusammenarbeit beruhender Ansatz verfolgt wird, der zum Ziel hat, das Potenzial von KI im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung in ganz Europa zu verbessern; betont, dass die Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste(24) (AVMD-Richtlinie) in nationales Recht von entscheidender Bedeutung ist, wenn ein echter digitaler Binnenmarkt verwirklicht werden soll, in dessen Rahmen die kulturelle Vielfalt gefördert wird;

77.  hebt hervor, dass die Finanzierung durch europäisches Risikokapital und der Zugang zu Finanzmitteln unzureichend und nicht hinreichend Daten verfügbar sind; nimmt ferner Kenntnis von den externen und internen Hindernissen bei der Einführung von KI-Technologien, insbesondere für weniger entwickelte Wirtschaftszweige und KMU; fordert einen umfassenden Ansatz in der Union, der auf der Förderung des Unternehmertums durch eine investorenfreundliche Regulierung basiert, um den Zugang zu Finanzmitteln für vielversprechende europäische Start-up-Unternehmen in allen Wachstumsphasen zu gewährleisten; fordert, dass gemeinsame Bemühungen unternommen werden, um die Abwanderung von vielversprechenden jungen europäischen Unternehmen, die häufig unmittelbar nach ihrem Markteintritt in Finanzierungsschwierigkeiten geraten, zu verhindern und ihr entgegenzuwirken;

78.  weist darauf hin, dass die derzeitigen Rechtsvorschriften der EU keine verbindlichen Anforderungen an die Cybersicherheit von Produkten und Dienstleistungen im Allgemeinen vorsehen; fordert, dass in die Entwurfsphase grundlegende Anforderungen aufgenommen werden (eingebaute Sicherheit) und dass sowohl während des Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen als auch in ihren Lieferketten angemessene Cybersicherheitsstandards und -verfahren angewandt werden;

79.  weist darauf hin, dass die vierte industrielle Revolution unter anderem vom Zugang zu Rohstoffen wie Lithium und seltenen Erden abhängen wird und dass die Union ihre Abhängigkeit von ihrer Einfuhr durch eine Drosselung des Gesamtverbrauchs und den Aufbau einer eigenen umweltverträglichen Bergbau- und Kreislaufwirtschaft verringern muss; vertritt die Auffassung, dass ein entschlosseneres Vorgehen bei der Kreislaufwirtschaft für digitale Geräte und Halbleiter dazu beitragen könnte, sowohl die industrielle Souveränität der Union zu stärken als auch die nachteiligen Folgen des Abbaus von Rohstoffen abzuwenden;

80.  fordert, dass eine klarere Strategie für die europäischen Drehscheiben für digitale Innovation entwickelt wird, um der breiten Nutzung neuer Technologien durch KMU, Midcap-Unternehmen und Start-ups den Weg zu ebnen; weist darauf hin, dass das Netzwerk der europäischen Drehscheiben für digitale Innovation in Europa möglichst flächendeckend – also auch in abgelegenen und ländlichen Regionen sowie in Inselregionen – vertreten sein und einen sektorübergreifenden Dialog anstoßen sollte; fordert die Kommission auf, eine ehrgeizige und umfassende Strategie zu entwickeln, um ein günstiges Umfeld für die Gründung und das Wachstum von Start-ups zu schaffen, sodass innerhalb von zehn Jahren eine neue Generation von europäischen digitalen Einhörnern heranwächst, insbesondere sollten bei der Strategie Maßnahmen wie Steuervergünstigungen für Start-ups und neu gegründeten KMU und die Einführung von EU-Start-up-Visa in den Blick genommen werden;

81.  begrüßt die neue Cloud-Strategie der Kommission und die europäische Cloud-Initiative;

82.  begrüßt die positiven Auswirkungen, die KI auf die europäischen Arbeitsmärkte haben könnte, darunter die Schaffung von Arbeitsplätzen, sicherere und integrativere Arbeitsplätze, die Bekämpfung von Diskriminierung in den Bereichen Personalbeschaffung und Entlohnung sowie die Förderung einer besseren Abstimmung von Qualifikationen auf den Bedarf des Arbeitsmarkts und die Förderung besserer Arbeitsabläufe, sofern die Risiken gemindert und die rechtlichen Rahmenbedingungen mit Voranschreiten der digitalen Welle regelmäßig aktualisiert werden;

83.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in hochwertige, reaktionsfähige und integrative Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung und des lebenslangen Lernens sowie in Maßnahmen zur Umschulung und Fortbildung von Arbeitnehmern in Branchen zu investieren, die potenziell stark von KI beeinflusst werden, auch im Bereich Land- und Forstwirtschaft; betont, dass der Eingliederung benachteiligter Gruppen in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss;

84.  nimmt das Qualifikationsdefizit auf dem europäischen Arbeitsmarkt zur Kenntnis; begrüßt die aktualisierte europäische Kompetenzagenda und den neuen Aktionsplan für digitale Bildung (2021–2027) der Kommission, mit denen Arbeitnehmer dabei unterstützt werden, ihre digitalen Kompetenzen zu verbessern und sich für die künftige Arbeitswelt zu qualifizieren, und die dazu beitragen werden, die Anpassung und den Erwerb von Qualifikationen und Wissen im Hinblick auf den digitalen und ökologischen Wandel anzugehen; betont, dass die ethischen Aspekte von KI und die Entwicklung von Kompetenzen im Bereich ethischer Fragen zu einem festen Bestandteil der Lehrpläne für die Aus- und Weiterbildung von Entwicklern und Menschen, die mit KI arbeiten, gemacht werden müssen; betont, dass Entwickler, Programmierer, Entscheidungsträger und Unternehmen, die KI einsetzen, sich ihrer ethischen Verantwortung bewusst sein müssen; betont, dass durch den Zugang zu den richtigen Fähigkeiten und dem richtigen Wissen über KI die digitale Kluft in der Gesellschaft überwunden werden kann und dass KI-Lösungen die Integration schutzbedürftiger Gruppen wie Menschen mit Behinderungen oder Menschen in entlegenen oder ländlichen Gebieten in den Arbeitsmarkt unterstützen sollten;

85.  hebt hervor, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein Grundprinzip der Europäischen Union ist und in allen Politikbereichen der EU zum Ausdruck kommen sollte; fordert, dass die zentrale Funktion von Frauen bei der Verwirklichung der Ziele der digitalen Strategie der Union im Einklang mit den Zielen der Geschlechtergleichstellung gewürdigt wird; weist darauf hin, dass die Teilhabe von Frauen an der digitalen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, eine florierende digitale Gesellschaft zu gestalten und den digitalen Binnenmarkt der EU zu stärken; fordert die Kommission auf, für die Umsetzung der ministeriellen Verpflichtungserklärung zu dem Thema „Frauen im digitalen Bereich“ Sorge zu tragen; ist der Ansicht, dass KI unter der Voraussetzung, dass ein geeigneter Rechts- und Ethikrahmen ausgearbeitet wird, bewusste und unbewusste Verzerrungen beseitigt werden und die Grundsätze der Gleichstellung der Geschlechter geachtet werden, erheblich dazu beitragen kann, geschlechterbezogene Diskriminierung zu überwinden und die frauenspezifischen Herausforderungen anzugehen, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern;

86.  betont, dass die Landwirtschaft ein Sektor ist, in dem KI eine Schlüsselrolle bei der Lösung von Problemen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Lebensmittelerzeugung und -versorgung spielen wird; betont, dass Technologien des Internets der Dinge und insbesondere KI eine bedeutende Chance für die Modernisierung, Automatisierung und Verbesserung der Effizienz und Nachhaltigkeit des Agrar- und Lebensmittelsektors sowie für die lokale Entwicklung in ländlichen Gebieten bieten, wodurch die pflanzliche Erzeugung gesteigert und die Pflanzenqualität verbessert werden kann; ist der Ansicht, dass der Einsatz von digitalen Technologien und KI sowie die Intensivierung von Forschung und Entwicklung im Agrar- und Lebensmittelsektor erforderlich ist, um die Nachhaltigkeit, Effizienz und Genauigkeit zu verbessern und die Produktivität zu steuern; betont die Möglichkeiten des Internets der Dinge und der KI in der Präzisionslandwirtschaft, insbesondere bei der Ermittlung der Wetterbedingungen, der Bodennährstoffe und des Wasserbedarfs, sowie bei der Feststellung von Schädlingsbefall und Pflanzenkrankheiten; betont, dass die Überwachung mithilfe automatisierter und digitaler Instrumente dazu beitragen kann, den ökologischen und klimatischen Fußabdruck der Landwirtschaft zu verringern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Ressourcen und Investitionen für den Agrarsektor für diese Zwecke aufzustocken, ausreichende Ressourcen bereitzustellen und Instrumente für die Erforschung des Einsatzes von KI in diesen Bereichen zu entwickeln, um eine bessere Nutzung der verfügbaren Ressourcen durch die betroffenen Landwirte zu erleichtern, Effizienz und Produktion zu steigern und die Schaffung von Innovationszentren und Start-up-Unternehmen in diesem Bereich zu fördern;

87.  ist der Auffassung, dass die Anwendung von KI in der Union und die damit verbundene Nutzung von personenbezogenen Daten der Unionsbürger im Einklang mit unseren Werten und den in der Charta der Grundrechte der EU anerkannten Grundrechten, etwa der Menschenwürde, dem Schutz der Privatsphäre, dem Datenschutz und der Sicherheit, erfolgen sollte; betont, dass die EU-Rechtsvorschriften zum Datenschutz, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), geachtet werden müssen, da künstliche Intelligenz per definitionem Datenverarbeitung umfasst; weist erneut darauf hin, dass es wichtig ist, unabhängige Datenschutzbehörden mit den erforderlichen Ressourcen auszustatten, damit sie in der Lage sind, die Einhaltung der Datenschutzvorschriften zu überwachen und wirksam durchzusetzen;

88.  hebt hervor, dass Investitionen in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in den Bereichen Digitales und KI, die Förderung eines besseren Zugangs zu Risikokapital, die Entwicklung einer starken Cybersicherheit kritischer Infrastrukturen und elektronischer Kommunikationsnetze und der Zugang zu unverzerrten hochwertigen Daten die Grundpfeiler der Wahrung der digitalen Souveränität der Union bilden; fordert die Kommission auf, zu untersuchen, auf welch unterschiedliche Weise die Union von externen Akteuren abhängig zu werden droht; stellt fest, dass unklare, überzogene oder fragmentierte Vorschriften das Entstehen innovativer High-Tech-Einhörner, Start-up-Unternehmen und KMU behindern oder sie dazu anregen werden, ihre Produkte und Dienstleistungen außerhalb Europas zu entwickeln;

89.  betont, dass die Verwirklichung einer sicheren und inklusiven europäischen Gigabit-Gesellschaft eine Voraussetzung dafür ist, dass der digitale Wandel der EU erfolgreich verläuft; unterstreicht die Rolle der Konnektivität, die insbesondere durch 5G und Glasfaserinfrastruktur angetrieben wird, bei der Transformation von Arbeits- und Bildungsmodi, Geschäftsmodellen und ganzen Sektoren wie Fertigung, Verkehr und Gesundheitswesen, insbesondere in Verbindung mit anderen Technologien wie Virtualisierung, Cloud-Computing, Edge-Computing, KI, Network Slicing und Automatisierung, und unterstreicht, dass sie das Potenzial hat, für eine höhere Produktivität und mehr Innovation und Nutzererfahrungen zu sorgen;

90.  fordert die Kommission auf, Anreize für europäische Unternehmen zu schaffen, damit diese mit der Entwicklung und dem Aufbau von Technologiekapazitäten für Mobilfunknetze der nächsten Generation beginnen; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen des ungleichen Zugangs zu digitalen Technologien und der Unterschiede bei der Konnektivität in den Mitgliedstaaten zu analysieren;

91.  weist darauf hin, dass Investitionen in Hochleistungsrechentechnik (HPC) von entscheidender Bedeutung sind, um das volle Potenzial von KI und anderen neuen Technologien zu nutzen; fordert, dass die Investitionslücke im Bereich der Konnektivität durch das Aufbauinstrument „NextGenerationEU“ sowie durch öffentliche und private Fördermittel geschlossen wird, um die Kürzungen der Investitionen der EU in neue Technologien im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021–2027 auszugleichen;

92.  fordert einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz in Sachen Cybersicherheit; hebt hervor, dass neue Ansätze für Cybersicherheit auf der Grundlage von Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit an Belastungen und Angriffe konzipiert werden sollten; fordert einen ganzheitlichen Ansatz im Hinblick auf Cybersicherheit, bei dem das gesamte System vom Systemdesign und der Benutzerfreundlichkeit bis hin zur Ausbildung und Schulung der Bürger berücksichtigt wird; betont, dass infolge des digitalen Wandels und der damit einhergehenden rasanten Digitalisierung von Dienstleistungen und der großflächigen Einführung von vernetzten Geräten unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft zwangsläufig anfälliger für Cyberangriffe werden; hebt hervor, dass durch Fortschritte auf dem Gebiet des Quanten-Computing die derzeitigen Verschlüsselungsmethoden erhebliche Veränderungen erfahren werden; fordert die Kommission auf, Forschungen zu unterstützen, die es Europa ermöglichen, diese Herausforderung zu meistern, und betont die Notwendigkeit einer starken und sicheren Übermittlungsverschlüsselung; fordert die Kommission auf, den Einsatz von Cybersicherheitsprotokollen und ‑anwendungen auf Grundlage der Blockchain-Technologie zu prüfen, mit denen die Widerstandsfähigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Robustheit von KI-Infrastrukturen verbessert werden kann; unterstreicht, dass Elemente der Cybersicherheit in alle sektorspezifischen Politikbereiche aufgenommen werden müssen; hebt hervor, dass die EU und die nationalen Institutionen für einen wirksamen Schutz mit der Unterstützung der ENISA zusammenarbeiten müssen, um die Sicherheit, Integrität, Resilienz und Nachhaltigkeit kritischer Infrastrukturen und elektronischer Kommunikationsnetze sicherzustellen; begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine Überarbeitung der Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit, durch die der Anwendungsbereich der Richtlinie erweitert werden soll und die Unterschiede bei der Anwendung durch die Mitgliedstaaten verringert werden sollen; fordert einen vorsichtigen Ansatz in Bezug auf potenzielle Abhängigkeiten von Anbietern mit hohem Risiko, insbesondere beim Aufbau von 5G-Netzen;

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93.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) https://ec.europa.eu/newsroom/dae/document.cfm?doc_id=64962
(2) https://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinionmobile/index.cfm/survey/getsurveydetail/instruments/special/surveyky/2228;jsessionid=0A2965AA1C68AA476CBA202BE3EE7448.cfusion07001?CFID=9498722&CFTOKEN=32cd2e310977224c-A882F889-08D5-0E55-6CDA27376F14C4BE
(3) ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.
(4) ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4.
(5) ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.
(6) ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22.
(7) ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36.
(8) ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64.
(9) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.
(10) ABl. C 11 vom 12.1.2018, S. 55.
(11) ABl. L 60 I vom 2.3.2018, S. 1.
(12) ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 1.
(13) ABl. L 328 vom 18.12.2019, S. 7.
(14) ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70.
(15) ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92.
(16) ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57.
(17) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0032.
(18) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0272.
(19) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0277.
(20) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0275.
(21) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0276.
(22) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0007.
(23) Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen, (ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1), Erwägungsgrund 34.
(24) Richtlinie (EU) 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 69).

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