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Angenommene Texte
Mittwoch, 6. Oktober 2021 - Straßburg
Die Rolle der Entwicklungspolitik bei der Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030
 Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei und Justizbehörden in Strafsachen
 Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen und von Sorgerechtsregelungen auf Frauen und Kinder
 EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 – Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“
 Wiederaufbau der Fischbestände im Mittelmeer
 Wirkstoffe, einschließlich Chlortoluron und Difenoconazol
 Die Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und den USA

Die Rolle der Entwicklungspolitik bei der Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Rolle der Entwicklungspolitik bei der Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030 (2020/2274(INI))
P9_TA(2021)0404A9-0258/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Internationale Union für die Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1992 über die biologische Vielfalt (CBD) und die bevorstehende 15. Sitzung der Konferenz der Vertragsparteien dieses Übereinkommens (COP15),

–  unter Hinweis auf den Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen von 2007 über die Rechte der indigenen Völker,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen von 2018 zu den Rechten von Kleinbauern und anderen in ländlichen Regionen arbeitenden Menschen,

–  unter Hinweis auf den Sonderbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der Vereinten Nationen von 2019 über Klimawandel und Land,

–  unter Hinweis auf den IPCC-Sonderbericht von 2019 über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima,

–  unter Hinweis auf den „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ (Globaler Bewertungsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen) der zwischenstaatlichen Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (Weltbiodiversitätsrat, IPBES) von 2019,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Weltbiodiversitätsrats vom 29. Oktober 2020 über die Arbeitstagung zum Thema biologische Vielfalt und Pandemien,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker, der der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2016 vorgelegt wurde,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) von 1989 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Sekretariats des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vom 15. September 2020 mit dem Titel „Global Biodiversity Outlook 5“ (Fünfter globaler Bericht über die biologische Vielfalt),

–  unter Hinweis auf den Biodiversitätsgipfel der Vereinten Nationen vom 30. September 2020,

–  unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung,

–  unter Hinweis auf die Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen,

–  unter Hinweis auf die am 14. Dezember 2016 abgegebene Erklärung von Cancún zur Förderung einer nachhaltigen Weide- und Viehwirtschaft für die Erhaltung der biologischen Vielfalt im Gras- und Weideland, die auf der 13. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (COP 13),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Hochrangigen Sachverständigengruppe des Ausschusses für Welternährungssicherheit (CFS) vom Juli 2019 über Ernährungssicherheit und Ernährung mit dem Titel „Agroecological and other innovative approaches for sustainable agriculture and food systems that enhance food security and nutrition“ (Agrarökologische und andere innovative Ansätze für eine nachhaltige Landwirtschaft und nachhaltige Lebensmittelsysteme zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und der Ernährung),

–  unter Hinweis auf den 2020 veröffentlichten Bericht der FAO mit dem Titel „State of knowledge of soil biodiversity – Status, challenges and potentialities“ (Wissensstand in Bezug auf die biologische Vielfalt des Bodens – Lage, Herausforderungen und Potenzial),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) und das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (CMS),

–  unter Hinweis auf den Bericht „Global Analysis 2020“ von Frontline Defenders,

–  unter Hinweis auf die Veröffentlichung der Europäischen Umweltagentur mit dem Titel „Streamlining European Biodiversity Indicators“ (SEBI),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 9. März 2020 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden Strategie mit Afrika“ (JOIN(2020)0004),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. Februar 2021 mit dem Titel „Ein klimaresilientes Europa aufbauen – die neue EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel“ (COM(2021)0082),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „Vom Hof auf den Tisch – eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 – Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission 2013/396/EU vom 11. Juni 2013 mit dem Titel „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“(1),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Juli 2019 über die Intensivierung der EU-Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Wälder in der Welt (COM(2019)0352) und auf die anschließenden Schlussfolgerungen des Rates,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 15. Mai 2017 zu indigenen Völkern,

–  unter Hinweis auf den neuen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik von 2017,

–  unter Hinweis auf den im November 2003 angenommenen EU-Aktionsplan für Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor,

–  unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im Juni 2020 veröffentlichte eingehende Analyse zu dem Thema „Handel und biologische Vielfalt“(2),

–  unter Hinweis auf die Halbzeitbewertung der Strategie der EU zur Erhaltung der biologischen Vielfalt(3),

–  unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im Dezember 2020 veröffentlichte eingehende Analyse mit dem Titel „Der Zusammenhang zwischen dem Verlust der biologischen Vielfalt und der zunehmenden Verbreitung von Zoonosen“(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Juli 2018 zur Verletzung der Rechte indigener Völker in der Welt, unter anderem durch Landnahme(5),

–  unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im September 2014 veröffentlichte Studie mit dem Titel „Indigenous peoples, extractive industries and human rights“ (Indigene Völker, mineralgewinnende Industrie und Menschenrechte)(6),

–  unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im Juni 2020 veröffentlichte eingehende Analyse mit dem Titel „Challenges for environmental and indigenous peoples’ rights in the Amazon region“ (Herausforderungen in den Bereichen Umweltrecht und Rechte indigener Völker im Amazonasgebiet)(7),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung(8),

–  unter Hinweis auf den europäischen Grünen Deal,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Entwicklungsausschusses (A9‑0258/2021),

A.  in der Erwägung, dass etwa 70 % der Armen der Welt für ihren Lebensunterhalt unmittelbar von der biologischen Vielfalt abhängen;

B.  in der Erwägung, dass der größte Verlust an biologischer Vielfalt in den Entwicklungsländern zu verzeichnen ist;

C.  in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt nach wie vor eine wichtige Quelle für die Entwicklung von Arzneimitteln ist;

D.  in der Erwägung, dass der umfassendsten pauschalen Schätzung zufolge Ökosystemleistungen einen jährlichen Nutzen im Gegenwert von 125–140 Billionen USD bringen, was mehr als dem anderthalbfachen Wert des weltweiten BIP entspricht(9);

E.  in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt einerseits vom Klimawandel betroffen ist und andererseits – durch die auf ihr beruhenden Ökosystemleistungen – einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel leistet;

F.  in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich abnehmen, das Angebot an und die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen, die derzeit einen Marktwert haben (Lebens- und Futtermittel, Holz und Bioenergie), hingegen voraussichtlich zunehmen;

G.  in der Erwägung, dass zu den größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt an Land, in den Meeren und in sonstigen Gewässern der Verlust an und die Zerstückelung von Lebensräumen (insbesondere durch die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft), der Raubbau an den natürlichen Ressourcen (z. B. an den Fischbeständen), die Umweltverschmutzung, invasive gebietsfremde Arten und der Klimawandel zählen;

H.  in der Erwägung, dass laut dem globalen Bewertungsbericht über biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen der IPBES von 2019 die meisten Biodiversitätsziele von Aichi für 2020 verfehlt worden sind;

I.  in der Erwägung, dass Umweltrisiken gemäß dem Global Risks Report 2020 des Weltwirtschaftsforums die größte systemische Bedrohung für die Weltwirtschaft darstellen;

J.  in der Erwägung, dass Schätzungen der OECD zufolge jährlich Finanzmittel im Wert von 500 Mrd. USD fließen, die potenziell schädlich für die biologische Vielfalt sind (durch Subventionen für fossile Brennstoffe und die Landwirtschaft), was dem zehnfachen Wert der weltweiten Finanzströme für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt entspricht, und dass die Kosten der Untätigkeit im Zusammenhang mit dem Verlust an biologischer Vielfalt hoch sind und voraussichtlich weiter steigen(10);

K.  in der Erwägung, dass laut der IPBES Landnutzungsänderungen, die Ausweitung der Landwirtschaft und Urbanisierung für mehr als 30 % der neu auftretenden Krankheiten verantwortlich sind;

L.  in der Erwägung, dass jüngeren Erhebungen zufolge zwischen 1,65 und 1,87 Mrd. Angehörige indigener Völker und lokaler Gemeinschaften und Menschen afrikanischer Abstammung in für den Schutz der biologischen Vielfalt wichtigen Gebieten leben; in der Erwägung, dass einer weiteren Untersuchung zufolge 56 Prozent der Menschen, die in für den Schutz der biologischen Vielfalt wichtigen Gebieten leben, in Ländern mit niedrigem bzw. mit niedrigem mittlerem Einkommen zu Hause sind; in der Erwägung, dass nur 9 % in Ländern mit hohem Einkommen leben; in der Erwägung, dass sich nach Angaben der Initiative für Rechte und Ressourcen (Rights and Resources Initiative) daran deutlich zeigt, dass sich Schutzmaßnahmen unverhältnismäßig stark auf den Globalen Süden auswirken;

M.  in der Erwägung, dass nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ein komplexer Zusammenhang zwischen dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem wachsenden Risiko von Zoonosen wie COVID-19 besteht;

N.  in der Erwägung, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften für ihre Grundbedürfnisse und Lebensgrundlagen in hohem Maße auf Land, natürliche Ressourcen und Ökosysteme angewiesen sind, wobei zu berücksichtigen ist, dass ihr niedriger Lebensstandard und ihre politische und wirtschaftliche Ausgrenzung zu entscheidenden Konflikten um natürliche Ressourcen und Landnutzungsrechte führen können;

O.  in der Erwägung, dass die angestammten Gebiete indigener Völker etwa 22 % der Landfläche der Erde ausmachen und dort 80 % der biologischen Vielfalt der Erde zu finden sind;

P.  in der Erwägung, dass in Schutzgebieten die biologische Vielfalt zum Nutzen der gesamten Menschheit bewahrt werden könnte, es aber auch heißt, dort seien in einigen Fällen massive Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Völker und lokale Gemeinschaften begangen worden;

Q.  in der Erwägung, dass indigene Völker nach wie vor zu den Ärmsten der Armen gehören und dass die rechtliche Anerkennung des Landes ihrer Vorfahren als kollektives Eigentum indigener Völker eine ihrer größten Schwierigkeiten weltweit ist, insbesondere wenn dieses Land als Schutzgebiet ausgewiesen ist;

R.  in der Erwägung, dass schätzungsweise 50 % der weltweiten Schutzgebiete auf Land eingerichtet wurden, das traditionell von indigenen Völkern bewohnt und genutzt wird, und dass dieser Anteil nirgendwo so hoch wie in Nord-, Mittel- und Südamerika ist und in Zentralamerika womöglich über 90 % beträgt;

S.  in der Erwägung, dass aus der mangelnden Anerkennung der gewohnheitsmäßigen Landnutzungsrechte indigener Völker und Gemeinschaften Risiken der Landnahme erwachsen, wodurch deren Lebensgrundlagen und Fähigkeit, auf den Klimawandel oder den Verlust an biologischer Vielfalt zu reagieren, gefährdet werden;

T.  in der Erwägung, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für indigene Völker die mineralgewinnende Industrie als Hauptquelle von Konflikten und Gewalt in den Gebieten der indigenen Völker ausgemacht hat;

U.  in der Erwägung, dass aus einem Bericht der nichtstaatlichen Organisation „Front Line Defenders“ von 2020 („Global Analysis 2020) hervorgeht, dass im Jahr 2020 mindestens 331 Menschenrechtsverteidiger getötet wurden, von denen 69 % Umweltschützer waren und 26 % sich insbesondere für den Schutz der Rechte indigener Völker einsetzten;

V.  in der Erwägung, dass die EU im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt bestrebt ist, mindestens 30 % der biologischen Vielfalt zu schützen;

W.  in der Erwägung, dass immer mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften über sehr wichtiges Wissen verfügen und für die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die Verbesserung der Lebensgrundlagen in ländlichen Gebieten und die Stärkung der Resilienz der ortsansässigen Bevölkerung und der lokalen Gemeinschaften von entscheidender Bedeutung sind; in der Erwägung, dass die weltweiten Ziele zur Erhaltung der biologischen Vielfalt nur erreicht werden können, wenn die Rechte der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften anerkannt werden;

X.  in der Erwägung, dass die EU weitreichende Zusagen im Bereich Umweltschutz gegeben und sich mit dem europäischen Grünen Deal hohe Ziele gesetzt hat, ihr ökologischer Gesamtfußabdruck aber nach wie vor groß ist, was negative Folgen für die Umwelt in Entwicklungsländern mit sich bringt; in der Erwägung, dass die Biodiversitätsstrategie der EU darauf abzielt, eine Situation herbeizuführen, in der alle Ökosysteme der Welt im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bis 2050 wiederhergestellt, widerstandsfähig gemacht und angemessen geschützt werden, und die Zusage enthält, das Ziel zu verwirklichen, bis 2050 dem von Menschen verursachten Artensterben ein Ende zu bereiten, indem sich die EU von der generationenübergreifenden Verantwortung und dem Grundsatz der Gleichheit leiten lässt und gleichzeitig die Rechte der indigenen Völker und der lokalen Gemeinschaften achtet und deren umfassende und wirksame Teilhabe sicherstellt; in der Erwägung, dass die Strategie der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Unterstützung von Entwicklungsländern so gestaltet sein sollte, dass die Auswirkungen des Klimawandels und der Rückgang der biologischen Vielfalt von vornherein Berücksichtigung finden;

Y.  in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt für die Ernährungssicherheit, das Wohlergehen des Menschen und die Entwicklung weltweit von entscheidender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die Ökosysteme dem Menschen Vorteile wie unter anderen Wasser- und Luftreinigung, Schädlings- und Krankheitsbekämpfung, Bestäubung von Kulturpflanzen, Bodenfruchtbarkeit, genetische Vielfalt, Süßwasserversorgung, Hochwasserschutz, Kohlenstoffbindung und Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel bringen; in der Erwägung, dass Wälder mehr als 75 % der terrestrischen biologischen Vielfalt der Erde beherbergen und über 25 % der Weltbevölkerung ihren Lebensunterhalt mit Waldressourcen bestreiten; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie Bereiche der Ungleichheit in den Agrar- und Lebensmittelsystemen in den Blickpunkt gerückt und verdeutlicht hat, dass es gilt, die Produktion in Kleinbetrieben in Entwicklungsländern nachhaltig anzupassen und zu verbessern, die Agrar- und Lebensmittelsysteme umzugestalten und die Landwirtschaft im Interesse der Klimaverträglichkeit neu auszurichten;

Z.  in der Erwägung, dass aus dem Sonderbericht des Weltklimarats über Klimawandel und Landsysteme vom 8. August 2019 hervorgeht, dass indigene Völker eine lange Erfolgsbilanz bei der Anpassung an Klimaschwankungen vorzuweisen haben und dabei auf ihr traditionelles Wissen zurückgreifen, was ihre Resilienz erhöht;

AA.  in der Erwägung, dass der Sonderbericht des Weltklimarats über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima vom 24. September 2019 ebenfalls Belege dafür enthält, dass die Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit dem Wissen der ortsansässigen Bevölkerung und indigener Völker mit Blick auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Vorteil ist;

AB.  in der Erwägung, dass gemäß Artikel 8 Buchstabe j des Übereinkommens über die biologische Vielfalt die Vertragsparteien verpflichtet sind, die Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, zu achten und zu erhalten; in der Erwägung, dass das Übereinkommen jedoch keine ausdrückliche Anerkennung der Menschenrechte indigener Völker enthält;

AC.  in der Erwägung, dass Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge weltweit etwa 75 % der genetischen Vielfalt der Pflanzenwelt verloren gegangen sind und zugleich 75 % der Nahrungsmittel auf der Welt heute aus nur 12 Pflanzen- und fünf Tierarten gewonnen werden, was eine erhebliche Gefahr für die globale Ernährungssicherheit darstellt;

AD.  in der Erwägung, dass sich durch den Rückgang der genetischen Vielfalt, insbesondere durch die Verdrängung gut angepasster lokaler Arten, die Anfälligkeit für Schädlinge, Krankheiten und Umweltveränderungen, auch gegenüber dem Klimawandel, erhöht; in der Erwägung, dass sich durch die Globalisierung der Agrarmärkte der Schwund der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft noch verstärkt hat, was eine geringere Innovationsfähigkeit und eine geringere Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel bedeutet;

AE.  in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge weltweit 30 % der Bedrohungen von Arten auf den internationalen Handel zurückzuführen sind;

AF.  in der Erwägung, dass durch den illegalen Artenhandel und den illegalen Handel mit Holz und Rohstoffen die Verschlechterung und Zerstörung der biologischen Vielfalt in Ländern mit schwachen Institutionen und unzulänglichen Umweltgesetzen beschleunigt werden kann;

AG.  in der Erwägung, dass die Weltmeere riesige Reservoirs für die biologische Vielfalt sind und bei der Regulierung des Weltklimas den höchsten Stellenwert haben; in der Erwägung, dass ihre Erhaltung für die nachhaltige Entwicklung und die Beseitigung der Armut von entscheidender Bedeutung ist, indem so für eine nachhaltige Existenzgrundlage und die Ernährungssicherheit für Milliarden von Menschen gesorgt wird; in der Erwägung, dass die Verschmutzung der marinen Ökosysteme mit Plastik ein sowohl globales als auch lokales Problem mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt, die Wirtschaftstätigkeit und die Gesundheit des Menschen in Entwicklungsländern ist; in der Erwägung, dass das Ausmaß dieser Verschmutzung erheblich unterschätzt wurde und in diesem Bereich nach wie vor Wissenslücken bestehen, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf Küstengebiete und die dort lebenden Gemeinschaften; in der Erwägung, dass laut dem unlängst veröffentlichten Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen mit dem Titel „Neglected: Environmental Justice Impacts of Marine Litter and Plastic Pollution“ (Vernachlässigt – die Auswirkungen der Verschmutzung mit Abfällen im Meer und mit Plastik auf die Umweltgerechtigkeit) derartige Abfälle und Verunreinigungen übermäßig große Auswirkungen auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen haben, eine Bedrohung der uneingeschränkten und tatsächlichen Inanspruchnahme der Menschenrechte darstellen und ein erhebliches Hindernis für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung verkörpern;

AH.  in der Erwägung, dass in der Biodiversitätsstrategie der EU eine faire und gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung genetischer Ressourcen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt und der Förderung günstiger Rahmenbedingungen unter Nutzung von Forschungs-, Innovations- und Technologieinstrumenten zugesagt wird;

AI.  in der Erwägung, dass sich durch Umweltkriminalität, deren Umsätze laut Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und von Interpol die weltweiten Ausgaben für Entwicklungshilfe um das Doppelte übersteigen, der Rückgang der biologischen Vielfalt und der Klimawandel beschleunigen, vor allem durch die kriminelle Zerstörung der Wälder;

AJ.  in der Erwägung, dass die für die biologische Vielfalt bedeutenden Regionen und die von Armut betroffenen Gebiete teilweise deckungsgleich sind, da sich die meisten Schutzgebiete in Ländern mit großer Armut und starker Ernährungsunsicherheit befinden;

AK.  in der Erwägung, dass die Republik Malediven in ihrer Erklärung vom 3. Dezember 2019 gefordert hat, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs so zu ändern, dass Handlungen, die auf einen Ökozid hinauslaufen, als strafbare Handlungen anerkannt werden;

AL.  in der Erwägung, dass laut der IPBES der internationale legale Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten seit 2005 um 500 % und seit den 1980er Jahren um 2 000 % zugenommen hat(11);

AM.  in der Erwägung, dass die EU weltweit einer der größten Einführer von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und damit zusammenhängenden Erzeugnissen ist;

AN.  in der Erwägung, dass der illegale Artenhandel weltweit eine der lukrativsten Formen der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität ist;

AO.  in der Erwägung, dass in einem Szenario mit unveränderten Rahmenbedingungen davon ausgegangen wird, dass sich durch den Klimawandel die Fischbiomasse in einigen tropischen Regionen bis 2100 um 30 bis 40 % verringert und sich der Klimawandel erheblich auf die biologische Vielfalt der Meere auswirkt; in der Erwägung, dass die in diesen Zonen gelegenen Länder stark von der Fischerei abhängig sind, ihnen aber die gesellschaftlichen und finanziellen Ressourcen fehlen, um sich anzupassen und für die Zukunft zu wappnen;

AP.  in der Erwägung, dass sich die Internationale Union für die Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen dafür einsetzt, dass bis 2020 mindestens 30 % aller marinen Lebensräume in ein Netz streng geschützter Meeresschutzgebiete einbezogen werden;

AQ.  in der Erwägung, dass infolge der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU) die Nachhaltigkeit der weltweiten Meeresressourcen bedroht ist, da die IUU-Fischerei zum Raubbau an diesen Ressourcen beiträgt;

1.  ist beunruhigt darüber, dass durch den Rückgang der biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen die Fortschritte bei etwa 80 % der bewerteten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zunichte gemacht werden; fordert die EU auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, die darauf gerichtet sind, ihren ökologischen Fußabdruck im Bereich der biologischen Vielfalt weltweit zu verkleinern und ihn mit den Grenzen des Planeten in Einklang zu bringen;

2.  weist darauf hin, dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung für ihren Lebensunterhalt unmittelbar von natürlichen Ressourcen abhängig ist und dass viele der am stärksten schutzbedürftigen und ärmsten Menschen unmittelbar von der biologischen Vielfalt abhängig sind, um ihren täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten; betont daher, dass infolge des Rückgangs der biologischen Vielfalt die Gefahr besteht, dass sich die Ungleichheit und die Marginalisierung der am stärksten schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen verschärfen, indem deren Möglichkeiten, ein gesundes Leben zu führen, und deren Wahl- und Handlungsfreiheit eingeschränkt werden; weist erneut darauf hin, dass die biologische Vielfalt durch den Klimawandel bedroht ist, wodurch sich die Bedrohungslage dieser Bevölkerungsgruppen verschärft und ihre Grundrechte und Würde beeinträchtigt werden; ist der Ansicht, dass Entwicklungsländer bei der Ausarbeitung und Umsetzung wirksamer Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden müssen;

3.  fordert die EU auf, auf breiter Front gegen die Ursachen des Verlusts an biologischer Vielfalt vorzugehen und im Einklang mit dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung Verpflichtungen bezüglich der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von Ressourcen und der Wiederherstellung von Ökosystemen in sämtliche Strategien und Partnerschaften in den Bereichen Außenbeziehungen und Entwicklungszusammenarbeit einzubeziehen, um den Druck auf die biologische Vielfalt weltweit zu verringern;

4.  weist erneut darauf hin, dass es im Interesse der nachhaltigen Entwicklung erforderlich ist, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekten in ausgewogener Art und Weise Rechnung zu tragen; weist zudem darauf hin, dass die Erhaltung, nachhaltige Nutzung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt von entscheidender Bedeutung ist, um viele andere entwicklungspolitische Ziele zu verwirklichen, darunter den Schutz der Gesundheit des Menschen, den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel, Frühwarnsysteme, die Verringerung des Katastrophenrisikos, sichere Wasserversorgung, Lebensmittel- und Ernährungssicherheit, die Entwicklung des ländlichen Raums, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die nachhaltige Nutzung von Wald- und Agrarökosystemen und die Schaffung bzw. Erhaltung widerstandsfähiger Ernährungssysteme; weist nochmals darauf hin, dass die schädlichen Auswirkungen der Verschlechterung der Ökosysteme unverhältnismäßig stark zulasten armer Menschen, insbesondere Frauen und junger Menschen, sowie zulasten indigener Völker und anderer von natürlichen Ressourcen abhängiger Gemeinschaften gehen;

5.  hebt hervor, dass die EU auch für die Erhaltung der biologischen Vielfalt weltweit und für die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt verantwortlich ist; betont, dass die Ziele und Vorgaben der EU im Bereich der biologischen Vielfalt auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vollständig in das auswärtige Handeln der EU integriert werden sollten, insbesondere in Bezug auf Partnerschaftsstrategien und -vereinbarungen, wozu auch Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern zählen; beharrt darauf, dass Bemühungen um die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, insbesondere auf regionaler Ebene, intensiviert werden sollten;

6.  weist erneut darauf hin, dass die EU und entwickelte Drittländer für den Rückgang der biologischen Vielfalt auf globaler Ebene verantwortlich sind; fordert die EU auf, die Entwicklungsländer finanziell und technisch weltweit stärker zu unterstützen, um die neuen globalen Ziele zu erreichen, die Umweltkriminalität zu bekämpfen und gegen die Ursachen des Rückgangs der biologischen Vielfalt vorzugehen;

7.  betont die Pflicht der Staaten, natürliche Ökosysteme mit großer biologischer Vielfalt zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften sowie die Menschenrechte und Landnutzungsrechte von indigenen Völkern, lokalen Gemeinschaften und Menschen afrikanischer Abstammung zu schützen, deren Überleben von diesen Ökosystemen abhängig ist;

8.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Anerkennung des Rechts auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufzunehmen, die weltweite Anerkennung dieses Rechts als Menschenrecht zu unterstützen, sich für die Verankerung des umfassenden Schutzes und der umfassenden Verteidigung der Natur, der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme als Grundlage des Lebens einzusetzen, wobei die wechselseitige Abhängigkeit und das Recht aller Menschen einschließlich künftiger Generationen auf die Natur anerkannt wird, insbesondere durch die Durchsetzung strenger Normen in den Bereichen Transparenz, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gerichten im Einklang mit dem Übereinkommen von Århus und dem Völkerrecht; hält es in diesem Zusammenhang für notwendig, gegen sämtliche Formen der Schädigung von Ökosystemen vorzugehen, auch in allen Drittländern, mit denen die EU zusammenarbeitet, und in Gegenden, in denen die Armen der Welt von der Umwelt abhängig sind, zumal die schlimmsten Schäden an Ökosystemen in Entwicklungsländern verursacht werden, und nötigenfalls zu prüfen, ob es von Bedeutung und von Interesse ist, der Natur Rechte zu gewähren;

9.  ist zutiefst besorgt darüber, dass umfangreiche Daten, Indikatoren und Finanzmittel fehlen, die jedoch erforderlich sind, um dem Verlust an biologischer Vielfalt Einhalt zu gebieten, und darüber, dass Unstimmigkeiten bestehen, was die Berichterstattung über die Finanzierung der Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Nachverfolgung dieser Finanzmittel anbelangt; weist erneut darauf hin, dass die Festlegung konkreter, messbarer und quantitativer Ziele und Indikatoren für die Zeit nach 2020 von entscheidender Bedeutung ist, um die Fortschritte noch besser überwachen zu können;

10.  begrüßt die afrikanische Initiative „Große Grüne Mauer“ und fordert die Kommission auf, dieses Projekt zu unterstützen;

11.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, die darauf gerichtet sind, den Wert der biologischen Vielfalt und von Ökosystemleistungen besser zu bestimmen und diese Werte in die Entscheidungsfindung einzubeziehen;

12.  begrüßt, dass mit dem Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt) dazu beigetragen wird, das Biodiversitätsziel im allgemeinen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zu verwirklichen; betont, dass Planung, Prüfung und Überwachung des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ für die Verwirklichung der globalen Biodiversitätsziele der EU von entscheidender Bedeutung sind; weist darauf hin, dass mit dem Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ zur Umsetzung der Vorgabe beigetragen werden soll, im Jahr 2024 7,5 % der jährlichen Ausgaben im MFR und ab 2026 10 % der jährlichen Ausgaben im MFR für Biodiversitätsziele bereitzustellen; fordert die wirksame Anwendung des Grundsatzes der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen in allen EU-Ausgaben und ‑Programmen; fordert, den Rahmen für die Berichterstattung über und die Überwachung der externen Biodiversitätsstrategie der EU unter anderem um detaillierte Bestimmungen über Biodiversitätsziele und -indikatoren zu erweitern; fordert im weiteren Sinne die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Forschung und Innovation im Bereich der Erhaltung und des Schutzes der biologischen Vielfalt sowie agrarökologische Lösungen, mit denen entscheidende Vorteile für die Entwicklung geschaffen und so zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung beigetragen wird, zu fördern;

13.  bedauert, dass die Mittel für das auswärtige Handeln der EU zur Unterstützung der Biodiversitätsstrategie im Vergleich zu den für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehenen Mitteln nach wie vor sehr niedrig sind; forderte eine konkrete Aufstockung der Mittel für den Schutz der biologischen Vielfalt im Einklang mit der MFR-Vereinbarung und technische Unterstützung für die Entwicklung weiterer Instrumente zur Mobilisierung von Ressourcen, um den weltweiten Zusagen im Bereich biologische Vielfalt nachzukommen; betont, dass umweltschädliche Subventionen nachverfolgt, gemeldet und abgeschafft sowie im Einklang mit der Agenda 2030 und den einschlägigen internationalen Übereinkommen und Verpflichtungen Tätigkeiten zugeführt werden müssen, die die der biologischen Vielfalt förderlich sind; fordert, dass ein erheblicher Teil der für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehenen öffentlichen Entwicklungshilfe der EU für die Unterstützung der Erhaltung der biologischen Vielfalt vorgesehen und damit ein positiver Nebeneffekt beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel erzielt wird;

14.  fordert die EU auf, ein verbindliches Gesetz über die Sorgfaltspflicht zu verabschieden, damit Unternehmen und ihre Geldgeber direkt dafür verantwortlich gemacht werden können, dass sie tatsächlich sicherstellen, dass ihre Einfuhren nicht mit Menschenrechtsverstößen wie Landnahme und Umweltschädigung (einschließlich Entwaldung und Verlust an biologischer Vielfalt) im Zusammenhang stehen; fordert die EU zudem auf, von Unternehmen und Finanzinstituten zu verlangen, dass sie ihr Engagement für die biologische Vielfalt verstärken, unter anderem durch fundierte und verbindliche Bestimmungen über Folgenabschätzungen, Risikomanagement, Offenlegungsvorschriften und Pflichten zur externen Berichterstattung; fordert die OECD auf, eine Reihe praktischer Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht und zur biologischen Vielfalt auszuarbeiten, um die Bemühungen der Wirtschaft zu unterstützen;

15.  begrüßt die Zusage der Kommission, einen Legislativvorschlag zu verbindlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen in Bezug auf die Menschenrechte und die Umwelt in ihren Lieferketten auszuarbeiten; empfiehlt, dass mit diesem Legislativvorschlag die Ausarbeitung gemeinsamer Methoden zur Messung der Umweltauswirkungen und der Auswirkungen des Klimawandels unterstützt und erleichtert werden sollte; betont, dass eine wirksame, sinnvolle und sachkundige Konsultation und Kommunikation mit allen tatsächlich und potenziell betroffenen Interessenträgern wie Menschenrechtsverteidigern und Umweltschützern, der Zivilgesellschaft, den Gewerkschaften, indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften wichtig ist; bedauert, dass die Umsetzung des Rahmens der Vereinten Nationen „Schutz, Achtung und Abhilfe“ und der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte im Hinblick auf die Rechte und die Landnutzungsrechte indigener Völker eklatante Mängel aufweist; fordert die EU erneut auf, sich konstruktiv in die Arbeit des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen an einem rechtlich bindenden internationalen Instrument zur Regulierung der Tätigkeiten transnationaler Konzerne und anderer Unternehmen im Rahmen der internationalen Menschenrechtsnormen einzubringen, was eigene Normen für den Schutz indigener Völker einschließen sollte;

16.  bekräftigt seine Forderung an die Kommission, umgehend einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung und Waldschädigung vorzulegen, durch den Unternehmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verpflichtet werden, damit in der EU in Verkehr gebrachte Produkte nicht mit der Entwaldung, der Umwandlung natürlicher Ökosysteme und der Verletzung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften im Zusammenhang stehen;

Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung

17.  weist erneut darauf hin, dass die Wirksamkeit der externen Biodiversitätspolitik der EU von der Politikkohärenz zwischen der Biodiversitätspolitik und anderen wichtigen außenpolitischen Maßnahmen der EU wie Handels- und Investitionsabkommen abhängt;

18.  stellt fest, dass im Globalen Sachstandsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) von 2019 veranschaulicht wird, wo die Grenzen des Ansatzes liegen, die biologische Vielfalt durch die Vergrößerung der Schutzgebiete an Land und der Meeresschutzgebiete zu schützen, wobei diese Vergrößerung als eines der wenigen Biodiversitätsziele von Aichi teilweise verwirklicht wurde;

19.  betont, dass die biologische Vielfalt im Mittelpunkt zahlreicher Wirtschaftstätigkeiten, insbesondere von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Ackerbau und Viehzucht, Forstwirtschaft und Fischerei, sowie zahlreicher Tourismusformen, die unmittelbar auf der Natur und gesunden Ökosystemen beruhen, steht; fordert die EU nachdrücklich auf, die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen in allen einschlägigen Politikbereichen, insbesondere Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Energie, Bergbau, Handel, Tourismus und Klimawandel sowie in den Bereichen Entwicklung und Armutsminderung durchgängig zu berücksichtigen und zudem innovative und umsetzbare Lösungen zu fördern, um dem Verlust an biologischer Vielfalt entgegenzuwirken, und gleichzeitig gesunde, sichere, erhältliche und bezahlbare Lebensmittel für alle zu sichern;

20.  stellt mit tiefer Besorgnis fest, dass etwa 10 % der Entwaldung weltweit auf den Verbrauch in der EU zurückzuführen sind, da die EU bei landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen wie Palmöl, Fleisch, Soja, Kakao, Kaffee, Mais, Holz und Kautschuk in hohem Maße einfuhrabhängig ist; bekräftigt seine Forderung an die Kommission, 2021 einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung vorzulegen, durch den sichergestellt wird, dass durch die Markt- und Verbrauchsmuster der EU die Wälder und die biologische Vielfalt in Entwicklungsländern nicht beeinträchtigt werden, wobei der Dominoeffekt im Hinblick auf die Bevölkerung zu berücksichtigen ist; fordert die EU auf, diese Länder durch die Schaffung kurzer Versorgungsketten, die Weiterentwicklung der Agrarökologie und die Unterstützung von Kleinlandwirten bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeit in den Ernährungssystemen zu unterstützen und dabei die Landnutzungsrechte und die Rechte der ortsansässigen Gemeinschaften zu wahren;

21.  fordert die EU auf, im Rahmen ihres internationalen Handelns im Interesse der Entwicklung nachhaltige Verfahren in der Landwirtschaft zu fördern, um die Wälder der Welt zu schützen und wiederherzustellen, und dabei der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserressourcen, der Sanierung geschädigter Böden und dem Schutz und der Wiederherstellung biologisch vielfältiger Gebiete mit zahlreichen Ökosystemleistungen und hohem Klimaschutzpotenzial besondere Aufmerksamkeit zu widmen; fordert die EU auf, ihren Aktionsplan zur Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor (FLEGT) und insbesondere die freiwilligen Partnerschaftsabkommen rascher umzusetzen, um die Nachfrage nach illegal geschlagenem Holz und den damit verbundenen Handel einzudämmen und die Rechte der Gemeinschaften und indigenen Völker, auf deren Leben sich der Holzeinschlag auswirkt, zu stärken;

22.  weist darauf hin, dass die zunehmende Nachfrage der EU nach Holz als Werkstoff, für die Erzeugung von Energie und für die Bioökonomie die Grenzen des Angebots in der EU übersteigt, wodurch die Gefahr der indirekt durch Einfuhren verursachten Entwaldung, der Landnahme, der Vertreibung und der Verletzung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften erhöht wird; bekräftigt, dass die Politik der EU im Bereich der Bioenergie strengen ökologischen und sozialen Kriterien genügen sollte;

23.  hebt hervor, dass von der EU unterstützte Investitionen in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei oder in Unternehmen, deren Tätigkeit sich auf Böden, Grünland, Wälder, das Wasser oder die Meere auswirkt, mit den vom Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS) der FAO herausgegebenen freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Regulierung von Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechten an Land, Fischgründen und Wäldern und den Grundsätzen des CFS der FAO für verantwortungsvolle Investitionen in die Landwirtschaft und in Ernährungssysteme im Einklang stehen müssen, damit Ökosysteme geschützt werden und der Verlust an biologischer Vielfalt verhindert wird;

24.  fordert, dass dem Schutz und der Wiederherstellung von Wäldern und dem Schutz der biologischen Vielfalt im bevorstehenden NDICI Priorität eingeräumt wird; hebt hervor, dass Wälder ihre Funktionen für das Klima und die Umwelt nur dann vollumfänglich entfalten können, wenn sie nachhaltig bewirtschaftet werden;

25.  betont, dass nicht automatisch eine positive Wechselwirkung zwischen dem Schutz der biologischen Vielfalt und der Eindämmung des Klimawandels besteht; fordert eine Überarbeitung der Richtlinie über Energie aus erneuerbaren Quellen, um sie mit den internationalen Verpflichtungen der EU im Rahmen der Agenda 2030, des Übereinkommen von Paris und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in Einklang zu bringen, was unter anderem mit sich bringt, Kriterien der sozialen Nachhaltigkeit einzuführen und dabei den Gefahren der Landnahme Rechnung zu tragen; betont in diesem Zusammenhang, dass die überarbeitete Richtlinie über Energie aus erneuerbaren Quellen mit internationalen Normen im Bereich der Landnutzungsrechte, etwa dem Übereinkommen Nr. 169 der IAO und den freiwilligen Leitlinien der FAO für die verantwortungsvolle Regulierung von Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechten an Land, Fischgründen und Wäldern vereinbar sein sollte;

Landwirtschaft und Fischerei

26.  weist darauf hin, dass die Agrar- und Lebensmittelsysteme und Kleinlandwirte sowohl von der biologischen Vielfalt abhängen als auch erhebliche Auswirkungen auf sie haben; hebt hervor, dass die biologische Vielfalt in der Landwirtschaft nur dann wirklich durchgängig berücksichtigt werden kann, wenn tatsächlich finanzielle Anreize gesetzt, freiwillige Maßnahmen vorgeschlagen und Regelungen vorgeschrieben werden, mit denen mittels Schulungen, Technologienutzung und Innovation die Einführung und Erbringung von Biodiversitäts- und Umweltleistungen durch die Landwirte sowie die gute und nachhaltige landwirtschaftliche Praxis gefördert wird, was unter anderem mit sich bringt, dass die begrenzten Wasserressourcen wiederhergestellt werden und gegen Bodenverschlechterung und Wüstenbildung vorgegangen wird; hebt hervor, dass gemäß dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung umweltschädlich wirkende Subventionen nach Maßgabe der Beschlüsse auf der Ebene der EU ermittelt werden und allmählich auslaufen sollten; fordert, dass bei diesbezüglichen von der EU unterstützten Investitionen Ex-ante- und Ex-post-Umweltverträglichkeitsprüfungen für verbindlich erklärt werden; fordert zu diesem Zweck die EU auf, die Entwicklungsländer finanziell und technisch stärker zu unterstützen;

27.  weist erneut darauf hin, dass die einzigartige Fähigkeit der Agrarökologie, die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit miteinander in Einklang zu bringen, in wegweisenden Berichten des Weltklimarats (IPCC) und des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sowie in dem unter der Federführung der Weltbank und der FAO erstellten Weltagrarbericht des Weltagrarrats (IAASTD) anerkannt wurde; besteht darauf, dass die EU-Finanzierung von Maßnahmen im Außenbereich für die Landwirtschaft mit dem Transformationscharakter der Agenda 2030, des Übereinkommens von Paris und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt im Einklang stehen sollte; ist der Ansicht, dass Investitionen in an die Verhältnisse vor Ort angepasste und ressourceneffiziente Kulturpflanzen, Agrarökologie, Agroforstwirtschaft und Anbaudiversifizierung dementsprechend Vorrang erhalten sollten;

28.  weist erneut darauf hin, dass der Einsatz genetisch veränderten Saatguts unter den Patenschutz fällt, durch den die Rechte von Kleinlandwirten und indigenen Völkern auf Gewinnung, Aussaat, Tausch und Verkauf ihres Saatguts ausgehöhlt werden, die in internationalen Übereinkommen wie dem Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker und der Erklärung der Vereinten Nationen zu den Rechten von Kleinbauern und anderen in ländlichen Regionen arbeitenden Menschen verankert sind; weist erneut darauf hin, dass genetisch veränderte Kulturpflanzen häufig mit dem großflächigen Einsatz von Herbiziden in Verbindung gebracht werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Verpflichtungen der Union aus internationalen Übereinkommen Rechnung zu tragen und zudem dafür Sorge zu tragen, dass in Entwicklungsländern mit Geldern aus der Entwicklungshilfe keine Technologien zur genetischen Veränderung gefördert werden;

29.  weist darauf hin, dass die Mehrung der Vielfalt des Saatguts und der Kulturpflanzen durch Umstellung auf resistente Sorten von entscheidender Bedeutung ist, um die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft zu stärken und sich an veränderte Bedingungen wie den Klimawandel, den Rückgang der biologischen Vielfalt, neue Zoonosen, Schädlinge, Dürren und Überschwemmungen und eine nachhaltige Lebensweise anzupassen und dabei die Nachfrage nach Lebensmitteln und die Ernährungssicherheit in den Entwicklungsländern zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Entwicklungshilfe-, Handels- und Investitionspolitik eine Landwirtschaft zu unterstützen, die mit den Bestimmungen des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Einklang steht, durch den die Rechte von Kleinlandwirten auf Erhaltung, Kontrolle, Schutz und Weiterentwicklung ihres eigenen Saatguts und überlieferten Wissens geschützt werden (auch finanziell und technisch durch die Einrichtung von Saatgutbanken zur Erhaltung und zum Austausch traditionellen Saatguts sowie in Freihandelsabkommen); unterstreicht, dass das System des Internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV-System) den Interessen von Entwicklungsländern nicht entspricht, da dort von den Landwirten betriebene Saatgutsysteme (informelle Saatgutwirtschaft) und die Praxis vorherrscht, Saatgut zu gewinnen, auszusäen, zu tauschen und zu verkaufen; fordert die EU auf, das informelle Saatgutsystem voranzubringen und das UPOV-System so zu reformieren, dass Kleinlandwirte gewonnenes Saatgut verwenden dürfen und ein Mechanismus zur fairen Aufteilung der Gewinne eingeführt wird; weist erneut auf die Zusage der Kommission hin, die konkrete Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in Handels- und Investitionsabkommen mit Vorrang zu behandeln, und fordert die EU nachdrücklich auf, die Entwicklung von an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Saatgutsorten und von von den Landwirten selbst gewonnenem Saatgut zu unterstützen, wodurch die Rechte der Landwirte auf Erhaltung genetischer Ressourcen für die Zwecke der Ernährungssicherheit und der Anpassung an den Klimawandel gewahrt werden;

30.  fordert die EU auf, Regelungen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums zu unterstützen, die der Entwicklung von an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Saatgutsorten und von von den Landwirten selbst gewonnenem Saatgut förderlich sind;

31.  weist erneut darauf hin, dass durch nicht nachhaltige Praktiken in der Land- und Forstwirtschaft – etwa übermäßige Wasserentnahme oder Verschmutzung mit gefährlichen Chemikalien – Umweltzerstörung und Verluste an biologischer Vielfalt in erheblichem Ausmaß verursacht werden; fordert die EU auf, die Entwicklungsländer in ihren Bemühungen zu unterstützen, die darauf gerichtet sind, stärkeren Einfluss auf die Risiken des Einsatzes von Pestiziden zu nehmen, ihr Pestizidregistrierungssystem zu bewerten und an den internationalen Verhaltenskodex der FAO und der WHO zum Einsatz von Pestiziden anzugleichen, auch im Rahmen der Süd-Süd-Kooperation, Forschung und Bildung im Bereich der Alternativen zu Pestiziden zu stärken und ihre Investitionen in agrarökologische und ökologische/biologische Verfahren und den ökologischen/biologischen Landbau aufzustocken, auch in Verfahren zur nachhaltigen Bewässerung und zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung; fordert die EU zudem auf, im Einklang mit ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung, den Grünen Deal, den Grundsatz der Schadensvermeidung und dem Rotterdamer Übereinkommen vom 1998 sämtliche Ausfuhren von in der EU verbotenen Pflanzenschutzmitteln einzustellen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausfuhr von in der EU verbotenen gefährlichen Stoffen aus der EU zu verbieten; fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass Erzeugnisse, die für die Ausfuhr bestimmt sind, denselben Normen wie jenen genügen müssen, die für Erzeuger aus der EU gelten, sodass in der EU nicht zugelassene gefährliche Stoffe nicht ausgeführt werden dürfen und weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen herbeigeführt werden;

32.  stellt fest, dass Genantriebstechnologien wie bei genetisch veränderten Mücken zur Eindämmung von vektorübertragenen Krankheiten schwerwiegende und neuartige Gefahren für Umwelt und Natur darstellen, darunter unumkehrbare Änderungen in den Lebensmittelversorgungsketten und Ökosystemen sowie Verluste an biologischer Vielfalt – eine Vielfalt, auf die die Ärmsten der Welt für ihren Lebensunterhalt angewiesen sind; bekräftigt seine Besorgnis angesichts der neuen Herausforderungen in den Bereichen Recht, Umwelt, biologische Sicherheit und Regierungsführung, die sich aus der Freisetzung von durch Genantrieb veränderten Organismen in die Umwelt ergeben könnten, selbst wenn die Freisetzung zu zum Zwecke der Erhaltung der Natur erfolgt; bekräftigt, dass die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften eingeholt werden muss, bevor Technologien eingeführt werden, die sich auf deren traditionelles Wissen, Innovation, Gebräuche und Lebensumstände sowie auf die Landnutzung und den Ressourcen- und Wasserverbrauch auswirken können; betont, dass dabei alle möglicherweise betroffenen Bevölkerungsgruppen im Vorfeld auf partizipative Weise einbezogen werden müssen; vertritt die Auffassung, dass Genantriebstechnologien Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Schwierigkeiten geben, das Verhalten der betroffenen Organismen vorherzusagen, und dass durch Genantrieb veränderte Organismen sich selbst zu invasiven Arten wandeln könnten, weshalb nach Maßgabe des Vorsorgeprinzips die Freisetzung von durch Genantrieb veränderten Organismen nicht gestattet werden sollte, auch nicht zum Zwecke der Erhaltung der Natur;

33.  weist darauf hin, dass die Erhaltung, Wiederherstellung und nachhaltige Bewirtschaftung von Meeresökosystemen von entscheidender Bedeutung für Klimaschutzstrategien sind, wobei es sicherzustellen gilt, dass die Rechte und Lebensgrundlagen der handwerklichen Fischerei und der Küstengemeinden geachtet werden; betont, dass der Sonderbericht des IPCC über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima Belege dafür liefert, dass die Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit dem Wissen der ortsansässigen Bevölkerung und indigener Völker mit Blick auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Vorteil ist; fordert die EU nachdrücklich auf, einen menschenrechtsgestützten Ansatz für die Meerespolitik auszuarbeiten;

34.  betont, dass etwa drei Milliarden Menschen weltweit von Fischereierzeugnissen als wichtigster Quelle für die Deckung des Proteinbedarfs abhängig sind; betont, dass die Ernährungssicherheit von Küstengemeinden und Meeresökosystemen in Entwicklungsländern durch eine übermäßige Fangkapazität im Rahmen des internationalen Fischhandels bedroht werden, wie es beim Gelbflossenthun in den Gewässern der Seychellen der Fall ist; weist erneut darauf hin, dass sich die EU dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und der verantwortungsvollen Führung verpflichtet hat; ist der Ansicht, dass partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei so verbessert werden sollten, dass sie wirklich nachhaltig werden, mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten im Einklang stehen und in ihnen der Kumulationswirkung der verschiedenen geltenden Fischereiabkommen Rechnung getragen wird; fordert die EU auf, die nachhaltige Fischerei in den Entwicklungsländern zu unterstützen, um die Meeres- und Küstenökosysteme wiederherzustellen und zu schützen; betont, dass die Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) fortgesetzt und verstärkt werden muss, indem die Strafen für die damit verbundenen kriminellen Praktiken verschärft und finanzielle Mittel zu diesem Zweck bereitgestellt werden;

35.  fordert die Kommission auf, die Einrichtung eines globalen Programms für den Aufbau von Kapazitäten für die Nutzung und Bewirtschaftung der biologischen Vielfalt des Bodens und einer globalen Beobachtungsstelle für die biologische Vielfalt des Bodens zu unterstützen; fordert die Kommission auf, die laufenden Bemühungen der FAO-Kommission zu genetischen Ressourcen für die Ernährung und Landwirtschaft um einen globalen Aktionsplan zu unterstützen, um den Rückgang der biologischen Vielfalt in Bezug auf Lebensmittel und die Landwirtschaft anzugehen und die nachhaltige Bewirtschaftung dieser Ressourcen zu fördern;

36.  betont, dass die Lebensgrundlage der handwerklichen Fischerei unmittelbar von der biologischen Vielfalt an der Küste und in den Meeren abhängt; betont, dass die Meere und Küsten der Welt in erheblichem Ausmaß bedroht sind, unter anderem durch nicht nachhaltige Fangmethoden, den raschen Klimawandel, die vom Land ausgehende und in die Meere und Ozeane gelangende Verschmutzung, die Meeresverunreinigung, die Verschlechterung des Zustands der Weltmeere, die Eutrophierung und die Übersäuerung; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Ursachen der Meeresverunreinigung und der Erschöpfung der Fischbestände umfassend anzugehen, und zwar mit einem übergreifenden und integrierten Ansatz, bei dem den externen Auswirkungen sämtlicher Politikbereiche der EU – auch der durch ihre Agrarpolitik bedingten Meeresverunreinigung – Rechnung getragen wird, um ihren internationalen Verpflichtungen bezüglich der biologischen Vielfalt und des Klimawandels wirksam nachzukommen;

37.  weist darauf hin, dass die Meeresressourcen von hoher Bedeutung sind, damit die Menschen in den Entwicklungsländern ihre grundlegenden Bedürfnisse erfüllen können; fordert, dass die Weltmeere als weltweites Gemeingut anerkannt werden, um dazu beizutragen, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Entwicklungsländern erfüllt und die Weltmeere konkret geschützt werden; fordert die Kommission demgemäß auf, sich in multilateralen Gremien wie den regionalen Fischereiorganisationen für ein ambitioniertes internationales Politikmodell für die biologische Vielfalt und die genetische Vielfalt der Meere einzusetzen, das über nationale Zuständigkeiten hinausgeht, betont zudem, dass ein wissenschaftlich fundierter integrierter und ökosystembasierter Ansatz für alle Branchen der blauen Wirtschaft verfolgt werden muss; hebt dementsprechend hervor, dass Staaten davon Abstand nehmen müssen, Maßnahmen – darunter große Entwicklungsprojekte – durchzuführen, die sich nachteilig auf die Lebensgrundlagen von Kleinfischern in der Binnenfischerei und der Meeresfischerei, ihre Gebiete oder Zugangsrechte auswirken können, sofern diese nicht ihre freie vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung erteilt haben, und sicherstellen müssen, dass diese Rechte von den Gerichten geschützt werden; betont, dass sie Ex-ante-Bewertungen in Bezug auf von privaten Einrichtungen durchgeführte Projekte im Bereich der mineralgewinnenden Industrie vornehmen sollten, um die möglichen negativen menschenrechtlichen Auswirkungen auf lokale Fischereigemeinschaften zu bewerten;

Handel

38.  betont die Verantwortung der EU, die indirekten Triebkräfte des Verlusts an biologischer Vielfalt abzuschwächen, indem die biologische Vielfalt und Maßnahmen zum Schutz vor Landnahme systematisch in Handelsverhandlungen und Dialoge mit Entwicklungsländern einbezogen werden;

39.  fordert die Kommission auf, im Rahmen der Nachhaltigkeitsprüfungen auf der Grundlage umfassender und belastbarer wissenschaftlicher Daten und Evaluierungsmethoden die Auswirkungen von Handelsabkommen auf die Entwaldung, den Verlust an biologischer Vielfalt und die Menschenrechte sorgfältig zu prüfen;

40.  weist darauf hin, dass laut FAO etwa ein Drittel der Lebensmittel auf der Welt verloren geht oder verschwendet wird und etwa ein Drittel der geernteten Lebensmittel in der Lebensmitteltransport- oder der Lebensmittelverarbeitungskette verloren geht; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Verfahren zu fördern, mit denen weltweit der Verlust und die Verschwendung von Lebensmitteln verringert werden, und die Rechte der Entwicklungsländer auf Ernährungshoheit zu wahren, um so Ernährungssicherheit herbeizuführen, die Armut zu verringern und globale Lieferketten und lokale und regionale Märkte zu schaffen, die inklusionsgeprägt, nachhaltig und fair sind, wobei besonderes Augenmerk auf landwirtschaftliche Familienbetriebe zu legen ist, um die Versorgung mit erschwinglichen und erhältlichen Lebensmitteln sicherzustellen; fordert dementsprechend eine Priorisierung von Erzeugung und Verbrauch vor Ort, womit landwirtschaftliche Kleinbetriebe unterstützt werden und was insbesondere Frauen und jungen Menschen zugutekommt und wodurch für die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort gesorgt wird, gerechte Preise für Erzeuger und Verbraucher sichergestellt werden, die Abhängigkeit der Länder von Einfuhren verringert wird und dafür Sorge getragen wird, dass insbesondere Entwicklungsländer in geringerem Maße Preisschwankungen auf den internationalen Märkten ausgesetzt sind;

41.  stellt fest, dass die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU nicht wirksam durchsetzbar sind; fordert die Kommission auf, die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU zu stärken, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt; betont, dass sich die Bestimmungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt und die umweltpolitischen Ziele der Freihandelsabkommen der EU nur dann wirksam durchsetzen lassen, wenn sie klar und konkret sind und ihre Umsetzung überprüft werden kann; fordert die Kommission auf, im Rahmen der bevorstehenden Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans weitere Maßnahmen und die Zuweisung weiterer Ressourcen in Betracht zu ziehen, um unter Anwendung des Grundsatzes der Politikkohärenz im Interesse nachhaltiger Entwicklung die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung wirksam umzusetzen;

42.  stellt fest, dass die EU bereits nicht handelsbezogene Bestimmungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt in Freihandelsabkommen aufnimmt, dass jedoch umsetzbare, messbare und realistische Garantien in Betracht gezogen werden könnten;

43.  hebt hervor, dass die biologische Vielfalt von Kulturpflanzen und Nutztieren infolge des internationalen Handels zurückgegangen ist; fordert eine umfassende Bewertung der direkten und indirekten Auswirkungen der Freihandelsabkommen der EU auf die biologische Vielfalt;

44.  fordert die Kommission auf, ihre Handelspolitik und insbesondere die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sorgfältig zu überprüfen, damit sie den Grundsätzen der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung, dem Übereinkommen von Paris und dem Grünen Deal nicht zuwiderläuft; fordert die Kommission und den Rat auf, keine neuen Freihandelsabkommen zu schließen, mit denen dazu beigetragen werden könnte, dass die Entwaldung und der Verlust an biologischer Vielfalt weltweit verstärkt werden;

Öffentliche Gesundheit

45.  betont, dass die Verschlechterung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hat;

46.  weist darauf hin, dass eine vielfältige Ernährung in Verbindung mit einem weltweiten Wandel hin zu einem moderaten Kaloriengehalt und einem maßvollen Fleischverzehr die Gesundheit und Ernährungssicherheit in vielen Gebieten verbessern und auch die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt erheblich verringern würde;

47.  betont den Zusammenhang zwischen dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem zunehmenden Auftreten von zoonotischen Krankheitserregern; weist darauf hin, dass das Risiko von Pandemien durch anthropogene Veränderungen verstärkt wird, durch die es zu vermehrtem Kontakt zwischen Wildtieren, Nutztieren und Menschen kommt, etwa durch Landnutzungsänderungen, Entwaldung, die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft, die Zunahme des legalen und illegalen Handels mit und des Verzehrs von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten sowie den Bevölkerungsdruck; weist darauf hin, dass die Wiederherstellung von Ökosystemen für die Umsetzung des Konzepts „Eine Gesundheit“ von entscheidender Bedeutung ist; betont zudem, dass die COVID-19-Pandemie aufgezeigt hat, dass der enge Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Mensch und Tier und der biologischen Vielfalt unbedingt anerkannt werden muss; betont dementsprechend, dass das Konzept „Eine Gesundheit“ wichtig und es folglich notwendig ist, die Gesundheitsversorgung, die Prävention von Krankheiten und den Zugang zu Arzneimitteln in den Entwicklungsländern stärker in den Blickpunkt zu rücken, indem Kohärenz zwischen den Strategien in den Bereichen Handel, Gesundheit, Forschung und Innovation einerseits und den Zielen der Entwicklungspolitik andererseits sicherzustellen; fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten die Maßnahmen der EU gegen Pandemien und andere Gesundheitsgefahren zu intensivieren, dabei im Einklang mit dem neuen Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahrenden den Verbindungen zwischen zoonotischen Pandemien und dem Rückgang der biologischen Vielfalt Rechnung zu tragen und zugleich auf die Zusammenarbeit mit Partnerländern der EU aufzubauen, um die Gefahr künftiger zoonotischer Pandemien zu verringern und unter dem Dach der WHO die Ausarbeitung eines internationalen Vertrags in Bezug auf Pandemien zu unterstützen;

48.  weist erneut darauf hin, dass die meisten Medikamente in der Gesundheitsversorgung und für die Prävention von Krankheiten dank der biologischen Vielfalt und insbesondere Pflanzen aus allen Teilen der Welt hergestellt werden können, während viele wichtige Therapeutika auf indigenem Wissen und traditioneller Medizin basieren;

49.  weist auf die Herausforderungen hin, mit denen Entwicklungsländer aufgrund von Rechten des geistigen Eigentums an genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen hinsichtlich des Zugangs zu Arzneimitteln, der Herstellung von Generika und des Zugangs von Landwirten zu Saatgut konfrontiert sind;

50.  betont, dass sichergestellt werden muss, dass die Vorteile der genetischen Ressourcen der Natur ausgewogen und gerecht verteilt sind, und hebt hervor, dass diesbezüglich Kohärenz in den internationalen Übereinkommen herrschen muss; hebt hervor, dass Regelungen zum Schutz der genetischen Ressourcen und des entsprechenden traditionellen Wissens im Einklang mit internationalen Verpflichtungen zur Stärkung und Achtung der Rechte indigener Völker stehen müssen, die in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker von 2007 und im IAO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker von 1989 verankert sind; betont, dass gemäß der Richtlinie 98/44/EG(12) in Patentverfahren offengelegt werden muss, woher genetische Ressourcen stammen, falls dieser Ursprung bekannt ist; fordert die Kommission auf, sich dafür einzusetzen, dass die WTO-Regeln mit dem Protokoll von Nagoya zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt in Einklang gebracht werden, um Biopiraterie wirksam zu verhindern;

Indigene Völker und lokale Gemeinschaften

51.  betont, dass im globalen Bewertungsbericht der IPBES nachgewiesen wurde, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Bewirtschaftung der Ökosysteme weltweit wichtig sind; bedauert, dass man sich das Wissen indigener Völker trotz seines großen Potenzials nicht effizient zunutze gemacht hat und dass die ausdrückliche Anerkennung indigener Völker und Stammesvölker und ihrer Rechte in den rechtlichen, politischen und institutionellen Rahmenbedingungen vieler Länder fehlt und deren Umsetzung nach wie vor ein großes Problem ist;

52.  betont, dass Landwirte, die Weidewirtschaft betreiben, und sonstige naturbasiert wirtschaftende Landnutzer auf Weideflächen und natürlichem Grasland zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der natürlichen und heimischen biologischen Vielfalt beitragen;

53.  hebt hervor, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker über zahlreiche Vorwürfe bezüglich massiver Verletzungen der Rechte indigener Völker berichtet hat, wobei sich diese Rechtsverletzungen unter anderem aus dem zunehmenden Abbau von Mineralen, der Entwicklung von Projekten im Bereich der Energie aus erneuerbaren Quellen, der Expansion der Agrarindustrie und Maßnahmen zur Entwicklung und Erhaltung großer Infrastruktur ergeben;

54.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Kontrolle der von der EU finanzierten Projekte und Handelsabkommen zu verstärken, um Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen und aufzudecken und Maßnahmen gegen solche Verstöße zu ermöglichen, wobei besonderes Augenmerk auf Projekte und Abkommen zu richten ist, die sich auf das Land, die Gebiete oder die natürlichen Ressourcen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften auswirken können, auch wenn es sich um die Schaffung eines Schutzgebiets oder die Erweiterung eines bestehenden Schutzgebiets handelt; betont, dass der Mechanismus für nachhaltige Entwicklung darauf abzielen sollte, Projekte zu finanzieren, die jenen zugutekommen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels und des Rückgangs der biologischen Vielfalt bedroht sind, und einer Abschätzung der Folgen im Zusammenhang mit den Menschenrechten unterzogen werden sollte, wobei nur Projekte mit positiven Folgen für einschlägige Finanzierungsanträge infrage kommen; beharrt darauf, dass alle Tätigkeiten der europäischen Finanzinstitutionen in Entwicklungsländern, insbesondere der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, mit den Klimaverpflichtungen der EU im Einklang stehen und auf einem menschenrechtsgestützten Ansatz beruhen müssen; fordert eine Stärkung und Vertiefung ihrer jeweiligen Beschwerdeverfahren für Einzelpersonen oder Gruppen, deren Rechte durch diese Tätigkeiten verletzt worden sein könnten und die Anspruch auf Rechtsbehelfe haben könnten;

55.  weist erneut darauf hin, dass die Staaten völkerrechtlich verpflichtet sind, die Rechte indigener Völker auf Eigentum, Erschließung, Kontrolle und Nutzung ihrer gemeinschaftlichen Landflächen sowie auf Teilhabe an der Bewirtschaftung und Erhaltung ihrer natürlichen Ressourcen anzuerkennen und zu schützen; fordert die EU nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass bei allen Projekten, die im Rahmen der öffentlichen Entwicklungshilfe finanziert werden, ein rechtegestützter Ansatz verfolgt wird, insbesondere im Hinblick auf die Rechte von Landwirten, die Weidewirtschaft betreiben, sowie die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften, wozu auch die uneingeschränkte Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung und der Landnutzungsrechte gehört, die in Menschenrechtsverträgen – insbesondere der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker – verankert sind; betont, dass der Grundsatz der freien, vorherigen und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung gemäß dem IAO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker von 1989 eingehalten werden muss, auch in Bezug auf alle Entscheidungen in Bezug auf Schutzgebiete, und dass Mechanismen für Rechenschaftspflicht, Beschwerden und Rechtsbehelfe bei Verletzungen der Rechte indigener Völker geschaffen werden müssen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit Erhaltungsmaßnahmen; fordert die Mitgliedstaaten, die das IAO-Übereinkommen Nr. 169 noch nicht ratifiziert haben, auf, diesen Schritt nachzuholen; betont, dass das IAO-Übereinkommen Nr. 169 alle ratifizierenden Staaten dazu verpflichtet, abgestimmte Maßnahmen zum Schutz der Rechte indigener Völker auszuarbeiten;

56.  hebt hervor, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Lage von Menschenrechtsverteidigern über zahlreiche Vorwürfe bezüglich massiver Verletzungen der Rechte von Umweltschützern berichtet sowie die Tatsache verurteilt hat, dass Umweltschützer immer häufiger Angriffen und Morddrohungen ausgesetzt sind und ermordet werden; weist darauf hin, dass die Staaten gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen dazu verpflichtet sind, Umweltschützer und deren Familien vor Schikanen, Einschüchterung und Gewalt zu schützen und ihre Grundfreiheiten zu garantieren; fordert die EU auf, weiter in spezifische Schutzmechanismen und -programme für Menschenrechtsverteidiger im Umweltbereich und für indigene Bevölkerungsgruppen und lokale Gemeinschaften zu investieren und diese Mechanismen und Programme zu stärken, wozu auch gehört, dass die Projekte im Rahmen von „ProtectDefenders.eu“ fortgeführt werden; hält es für dringend geboten, ihre Rechte anzuerkennen und ihr Wissen und ihre Erfahrung im Kampf gegen den Rückgang der biologischen Vielfalt und die Umweltverschlechterung zu würdigen;

57.  fordert die EU nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass mit der Initiative „NaturAfrica“ Wildtiere und wichtige Ökosysteme nach einem rechtegestützten Ansatz für die Erhaltung geschützt werden, wofür die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der betroffenen indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften und der sie unterstützenden Gruppen der Zivilgesellschaft erforderlich ist; fordert die EU auf, zu diesem Zweck technische und finanzielle Unterstützung bereitzustellen;

58.  legt der EU und den Mitgliedstaaten nahe, die afrikanische Governance-Architektur und insbesondere den Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker zu unterstützen, um den strategischen Rahmen der Afrikanischen Union für die Weidewirtschaft in Afrika umzusetzen und grundsätzlich die Rechte Weidewirtschaft betreibender und indigener Völker anzuerkennen;

59.  betont, dass die Sicherung der Eigentumsrechte eine Voraussetzung für die tatsächliche durchgängige Berücksichtigung der biologischen Vielfalt ist; stellt jedoch fest, dass der Mangel an kollektiven Landnutzungsrechten für indigene Völker ein Haupthindernis dafür ist, dass die rechtsbasierte Erhaltung wirksam wird;

60.  weist erneut darauf hin, dass der Übergang zu einer ökologischen und digitalen Wirtschaft erhebliche Auswirkungen auf den Bergbau hat und dass zunehmend Bedenken bestehen, dass sich der Bergbau in empfindliche Waldlandschaften ausbreiten und zur Entwaldung und Waldschädigung beitragen könnte; weist erneut darauf hin, dass 80 % der Waldflächen weltweit auf angestammtem Land bzw. in angestammten Gebieten indigener Völker liegen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen im Hinblick auf die Förderung verantwortungsvoller und nachhaltiger Bergbauverfahren zu verstärken und gleichzeitig die Umstellung des Bergbaus auf die Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen; fordert die EU insbesondere auf, einen jeweils die gesamte Region betreffenden Rahmen für die mineralgewinnende Industrie auszuarbeiten, auf dessen Grundlage Unternehmen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, bestraft und indigenen Völkern, deren Rechte verletzt werden, Rechtsbehelfe gewährt werden; betont, dass die Erschließung und Gewinnung von Mineralen in allen Schutzgebieten einschließlich Nationalparks und Welterbestätten verboten werden müssen;

Umweltkriminalität

61.  hebt hervor, dass durch Umweltkriminalität die Erhaltung der Natur, die nachhaltige Entwicklung sowie die Stabilität und Sicherheit weltweit bedroht sind;

62.  betont, dass der illegale Artenhandel gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität als schwere Straftat eingestuft werden sollte, um die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern, insbesondere in einem Kontext, in dem der Handel mit Wildtieren und deren Verzehr ein erhebliches Risiko für künftige Pandemien darstellt;

63.  fordert die Kommission auf, den EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels im Jahr 2021 zu überarbeiten, um gegen den illegalen Artenhandel vorzugehen; begrüßt den von der Kommission veröffentlichten Entwurf von Maßnahmen, mit denen der Elfenbeinhandel in der EU praktisch verboten werden soll; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, internationale Maßnahmen voranzutreiben, um der Nachfrage nach Elefantenelfenbein Einhalt zu gebieten und die Ursachen der Krise der Elefantenwilderei zu bekämpfen, indem sie ihre Zusammenarbeit mit den Ländern in Afrika intensivieren und deren Unterstützung aufstocken; fordert, dass die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt(13) überarbeitet und dabei ihr Anwendungsbereich erweitert wird und besondere Bestimmungen über Sanktionen aufgenommen werden, damit Umweltkriminalität, darunter die illegale Fischerei, Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und Wäldern, als schwere Straftaten anerkannt und angemessen bestraft werden, insbesondere im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität, um so eine stark abschreckende Wirkung zu entfalten;

64.  fordert die Ursprungs-, Transit- und Zielländer des illegalen Artenhandels nachdrücklich auf, bei dessen Bekämpfung entlang der gesamten Handelskette intensiver zusammenzuarbeiten; fordert insbesondere die Regierungen der Ursprungsländer nachdrücklich auf, erstens die Lage in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und wirksame, abschreckende Maßnahmen zu ergreifen, indem vermehrt strafrechtlich ermittelt und vermehrt Anklage erhoben wird und dann auch Urteile verhängt werden, zweitens striktere Gesetze zu erlassen, in deren Rahmen der illegale Artenhandel als „schwere Straftat“ gilt, der dasselbe Maß an Aufmerksamkeit gewidmet und die ebenso schwer bestraft wird wie andere Formen der transnationalen organisierten Kriminalität, drittens mehr Ressourcen für die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten bereitzustellen und insbesondere auch die Strafverfolgung, die Handelskontrollen, die Überwachung und die Aufdeckung dieser Straftaten und Beschlagnahme der Waren durch den Zoll zu stärken und viertens im Hinblick auf Korruption eine Politik der Nulltoleranz zu verfolgen;

65.  stellt fest, dass durch Umweltkriminalität auch die Sicherheit der Menschen bedroht ist, da Ressourcen in Mitleidenschaft gezogen werden, die für die Lebensgrundlagen von entscheidender Bedeutung sind, Gewalt und Konflikte ausgelöst werden, Korruption angeheizt wird und weitere Schäden verursacht werden; fordert die EU nachdrücklich auf, die Bekämpfung der Umweltkriminalität zu einer vorrangigen strategischen politischen Priorität in der internationalen justiziellen Zusammenarbeit und in multilateralen Gremien zu machen, insbesondere indem die Einhaltung der multilateralen Umweltübereinkommen durch die Annahme strafrechtlicher Sanktionen gefördert wird, bewährte Verfahren ausgetauscht werden und die Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs des Internationalen Strafgerichtshofs auf Straftaten, die einem Ökozid gleichkommen, gefördert wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, angemessene finanzielle und personelle Ressourcen für die Verhütung, Untersuchung und Verfolgung von Umweltstraftaten bereitzustellen;

66.  unterstreicht, dass sich das Völkerrecht weiterentwickelt hat und nun auch neue Konzepte wie das gemeinsame Erbe der Menschheit, die nachhaltige Entwicklung und die Rechte künftiger Generationen umfasst, betont aber, dass es keinen ständigen internationalen Mechanismus zur Überwachung und Bekämpfung von Umweltschäden und -zerstörungen gibt, durch die globale Gemeingüter oder Ökosystemleistungen auf Dauer verändert werden; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, zu diesem Zweck einen Paradigmenwechsel zu unterstützen, damit der Ökozid und die Rechte künftiger Generationen in das internationale Umweltrecht aufgenommen werden;

o
o   o

67.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 60.
(2) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2020/603494/EXPO_IDA(2020)603494_EN.pdf
(3) https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/communication-annex-eu-biodiversity-strategy-2030_de.pdf und https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2016-0034_DE.html
(4) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2020/658217/IPOL_IDA(2020)658217_DE.pdf
(5) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 15.
(6) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2014/534980/EXPO_STU(2014)534980_EN.pdf
(7) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2020/603488/EXPO_IDA(2020)603488_EN.pdf
(8) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0285.
(9) „Biodiversity: Finance and the Economic and Business Case for Action. Executive Summary and Synthesis“, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Mai 2019, S. 7.
(10) „Biodiversity: Finance and the Economic and Business Case for Action. Executive Summary and Synthesis“, OECD, Mai 2019.
(11) Workshop der IPBES zu den Themen biologische Vielfalt und Pandemien, 2020, S. 23.
(12) Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (ABl. L 213 vom 30.7.1998, S. 13).
(13) Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28).


Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei und Justizbehörden in Strafsachen
PDF 185kWORD 62k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu dem Thema: Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei und Justizbehörden in Strafsachen (2020/2016(INI))
P9_TA(2021)0405A9-0232/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf die Artikel 2 und 6, und auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 16,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), insbesondere die Artikel 6, 7, 8, 11, 12, 13, 20, 21, 24 und 47,

–  unter Hinweis auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV 108) und das dazugehörige Änderungsprotokoll (Übereinkommen 108+),

–  unter Hinweis auf die Europäische Ethik-Charta der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) des Europarats über den Einsatz künstlicher Intelligenz in Justizsystemen,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 8. April 2019 mit dem Titel „Schaffung von Vertrauen in eine auf den Menschen ausgerichtete künstliche Intelligenz“ (COM(2019)0168),

–  unter Hinweis auf die von der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für künstliche Intelligenz am 8. April 2019 veröffentlichten Ethik-Leitlinien für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz,

–  unter Hinweis auf das Weißbuch der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Künstliche Intelligenz – ein europäisches Konzept für Exzellenz und Vertrauen“ (COM(2020)0065),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Eine europäische Datenstrategie“ (COM(2020)0066),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)(1),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates(2),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG(3),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation)(4),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Juni 2020 zu den Protestkundgebungen gegen Rassismus nach dem Tod von George Floyd(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2017 zu den Folgen von Massendaten für die Grundrechte: Privatsphäre, Datenschutz, Nichtdiskriminierung, Sicherheit und Rechtsdurchsetzung(7),

–  unter Hinweis auf die Anhörung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) vom 20. Februar 2020 zu dem Thema: Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei- und Justizbehörden in Strafsachen,

–  unter Hinweis auf den Bericht über die Reise einer Delegation des LIBE-Ausschusses in die Vereinigten Staaten im Februar 2020,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie des Rechtsausschusses,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9‑0232/2021),

A.  in der Erwägung, dass die digitalen Technologien im Allgemeinen und die durch künstliche Intelligenz (KI) ermöglichte starke Zunahme von Datenverarbeitung und Analytik im Besonderen außerordentlich vielversprechend sind und außerordentlich große Gefahren bergen; in der Erwägung, dass die Entwicklung der KI in den letzten Jahren einen großen Sprung nach vorn gemacht hat, was sie zu einer der strategischen Technologien des 21. Jahrhunderts macht, die das Potenzial hat, erhebliche Vorteile in Bezug auf Effizienz, Genauigkeit und Komfort zu bringen und damit positive Veränderungen für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft zu bewirken, aber auch große Risiken für die Grundrechte und die auf Rechtsstaatlichkeit beruhenden Demokratien mit sich bringt; in der Erwägung, dass die KI nicht als Selbstzweck betrachtet werden sollte, sondern als ein Werkzeug, das den Menschen dient, mit dem letztendlichen Ziel, das menschliche Wohlergehen, die Fähigkeiten der Menschen und ihre Sicherheit zu steigern;

B.  in der Erwägung, dass es trotz stetiger Fortschritte bei der Rechengeschwindigkeit und der Speicherkapazität der Computer noch keine Programme gibt, die es mit der menschlichen Flexibilität in ausgedehnteren Bereichen oder bei Aufgaben, die Kontextverständnis oder kritische Analyse erfordern, aufnehmen können; in der Erwägung, dass einige KI-Anwendungen das Leistungsniveau menschlicher Experten und Fachleute bei der Ausführung bestimmter spezifischer Aufgaben (z. B. im Bereich der Rechtstechnologie) erreicht haben und Ergebnisse mit drastisch höherer Geschwindigkeit und in sehr viel größerem Umfang liefern können;

C.  in der Erwägung, dass einige Länder, darunter mehrere Mitgliedstaaten, mehr Gebrauch von KI-Anwendungen oder eingebetteten KI-Systemen in der Strafverfolgung und der Justiz machen als andere, was zum Teil auf fehlende Regulierung und auf regulatorische Unterschiede zurückzuführen ist, die den Einsatz von KI für bestimmte Zwecke ermöglichen oder verbieten; in der Erwägung, dass der zunehmende Einsatz von KI im Bereich des Strafrechts insbesondere auf den Verheißungen beruht, dass sie zur Abnahme bestimmter Arten von Straftaten und zu objektiveren Entscheidungen führen würde; in der Erwägung, dass diese Verheißungen jedoch nicht immer erfüllt werden;

D.  in der Erwägung, dass die in der Charta verankerten Grundrechte und -freiheiten während des gesamten Lebenszyklus von KI und verwandten Technologien, insbesondere während ihrer Konzeption, ihrer Entwicklung, ihres Einsatzes und ihrer Verwendung, gewährleistet sein sollten und dass sie unter allen Umständen in der Strafverfolgung angewendet werden sollten;

E.  in der Erwägung, dass die KI-Technologie so entwickelt werden sollte, dass sie den Menschen in den Mittelpunkt stellt, dass sie das Vertrauen der Öffentlichkeit verdient und dass sie stets im Dienste des Menschen arbeitet; in der Erwägung, dass KI-Systeme die ultimative Garantie bieten sollten, dass sie so konzipiert sind, dass sie stets von einer menschlichen Bedienungsperson abgeschaltet werden können;

F.  in der Erwägung, dass es notwendig ist, dass KI-Systeme zum Schutz und Nutzen aller Mitglieder der Gesellschaft konzipiert werden (wobei bei der Ausgestaltung auch gefährdete und marginalisierte Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden müssen), dass sie nicht diskriminierend und sicher sind, dass ihre Entscheidungen erklärbar und transparent sind und dass sie die menschliche Autonomie und die Grundrechte respektieren, damit sie vertrauenswürdig sind, wie in den Ethik-Leitlinien der hochrangigen Expertengruppe für künstliche Intelligenz beschrieben;

G.  in der Erwägung, dass die Union zusammen mit den Mitgliedstaaten eine maßgebliche Verantwortung dafür trägt, dass Entscheidungen im Umfeld des Lebenszyklus und des Einsatzes von KI-Anwendungen im Bereich der Justiz und der Strafverfolgung auf transparente Weise getroffen werden, die Grundrechte in vollem Umfang schützen und insbesondere keine Diskriminierung, Voreingenommenheit oder Vorurteile festschreiben, wo sie bestehen; in der Erwägung, dass bei den einschlägigen politischen Entscheidungen die Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden sollten, um die Verfassungsmäßigkeit und ein faires und humanes Justizsystem zu gewährleisten;

H.  in der Erwägung, dass KI-Anwendungen große Chancen im Bereich der Strafverfolgung bieten können, insbesondere bei der Verbesserung der Arbeitsmethoden der Strafverfolgungs- und Justizbehörden und bei der effizienteren Bekämpfung bestimmter Arten von Straftaten, insbesondere von Finanzkriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, sexuellem Missbrauch und Ausbeutung von Kindern im Internet sowie bestimmten Arten von Cyberkriminalität, und damit zur Sicherheit der EU-Bürger beitragen können, wenn sie auch gleichzeitig erhebliche Risiken für die Grundrechte der Menschen mit sich bringen können; in der Erwägung, dass eine undifferenzierte Anwendung von KI zum Zwecke der Massenüberwachung unverhältnismäßig wäre;

I.  in der Erwägung, dass die Entwicklung und der Einsatz von KI-Systemen für Polizei- und Justizbehörden die Mitwirkung verschiedenster Einzelpersonen, Organisationen, Maschinenkomponenten, Software-Algorithmen und menschlicher Nutzer in einem häufig komplexen und herausfordernden Umfeld umfassen; in der Erwägung, dass sich die KI-Anwendungen für Strafverfolgung und Justiz in verschiedenen Entwicklungsphasen befinden, die von der Konzeptualisierung über Versuche mit Prototypen oder Evaluierungen bis hin zur Anwendung nach der Zulassung reichen; in der Erwägung, dass sich in Zukunft neue Einsatzmöglichkeiten ergeben können, wenn die Technologien dank der laufenden wissenschaftlichen Forschung weltweit ausgereifter werden;

J.  in der Erwägung, dass ein klares Modell für die Zuweisung der rechtlichen Verantwortung für die potenziell schädlichen Auswirkungen von KI-Systemen im Bereich des Strafrechts unerlässlich ist; in der Erwägung, dass die Verwaltungsvorschriften in diesem Bereich stets die menschliche Verantwortlichkeit wahren sollten und in erster Linie darauf abzielen müssen, schädliche Auswirkungen überhaupt zu vermeiden;

K.  in der Erwägung, dass letztendlich die Mitgliedstaaten für die Gewährleistung der uneingeschränkten Achtung der Grundrechte verantwortlich sind, wenn KI-Systeme auf dem Gebiet der Strafverfolgung und der Justiz eingesetzt werden;

L.  in der Erwägung, dass das Verhältnis zwischen dem Schutz der Grundrechte und einer effektiven Polizeiarbeit bei den Diskussionen darüber, ob und wie KI in der Strafverfolgung eingesetzt werden sollte, stets ein wichtiger Faktor sein muss, da die Entscheidungen in diesem Bereich langfristige Auswirkungen auf das Leben und die Freiheit Einzelner haben können; in der Erwägung, dass dies besonders wichtig ist, da KI das Potenzial hat, ein fester Bestandteil unseres strafrechtlichen Ökosystems zu werden, indem sie Ermittlungsanalysen und -unterstützung bietet;

M.  in der Erwägung, dass KI von den Strafverfolgungsbehörden genutzt wird bei Anwendungen wie Gesichtserkennungstechnologien – etwa zur Durchsuchung von Fahndungsdatenbanken und zur Identifizierung von Opfern von Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch von Kindern –, automatische Nummernschilderkennung, Sprecheridentifizierung, Spracherkennung, Lippenlesetechnologien, akustische Überwachung (d. h. Schusserkennungsalgorithmen), autonome Forschung und Analyse identifizierter Datenbanken, Vorhersage (vorausschauende Polizeiarbeit und Kriminalitäts-Hotspot-Analyse), Verhaltenserkennungswerkzeuge, moderne virtuelle Autopsie-Instrumente, die bei der Bestimmung der Todesursache nützlich sind, autonome Werkzeuge zur Erkennung von Finanzbetrug und Terrorismusfinanzierung, Überwachung sozialer Medien (Scraping und das Sammeln von Daten zum Aufspüren von Zusammenhängen) und automatisierte Überwachungssysteme mit unterschiedlichen Erkennungsfähigkeiten (wie Herzschlagerkennung und Wärmebildkameras); in der Erwägung, dass die vorgenannten Anwendungen neben anderen potenziellen oder künftigen Anwendungen von KI-Technologie in der Strafverfolgung einen sehr unterschiedlichen Grad an Zuverlässigkeit und Genauigkeit sowie an Auswirkungen auf den Schutz der Grundrechte und auf die Dynamik der Strafjustizsysteme aufweisen können; in der Erwägung, dass viele dieser Werkzeuge in Nicht-EU-Ländern eingesetzt werden, aber nach dem Besitzstand der Union im Bereich des Datenschutzes und nach der Rechtsprechung rechtswidrig wären; in der Erwägung, dass der routinemäßige Einsatz von Algorithmen, selbst mit einer geringen Falsch-Positiv-Rate, zu Fehlalarmen führen kann, deren Zahl bei weitem höher liegt als die Zahl der richtigen Alarme;

N.  in der Erwägung, dass KI-Instrumente und -Anwendungen auch von der Justiz in mehreren Ländern weltweit eingesetzt werden, u. a. zur Unterstützung von Entscheidungen über die Untersuchungshaft, bei der Strafzumessung, der Berechnung der Rückfallwahrscheinlichkeit und der Festsetzung von Bewährungsstrafen, der Online-Streitbeilegung, der Bearbeitung der Rechtsprechung und der Bereitstellung eines erleichterten Zugangs zum Recht; in der Erwägung, dass dies die Möglichkeiten von People of Color und anderen Minderheiten verfälscht und schmälert; in der Erwägung, dass ihr Einsatz in der EU derzeit mit Ausnahme einiger Mitgliedstaaten hauptsächlich auf Zivilsachen beschränkt ist;

O.  in der Erwägung, dass der Einsatz von KI in der Strafverfolgung eine Reihe von potenziell hohen und in einigen Fällen nicht hinnehmbaren Risiken für den Schutz der Grundrechte des Einzelnen mit sich bringt, wie etwa undurchsichtige Entscheidungsfindung, verschiedene Arten von Diskriminierung und dem zugrunde liegenden Algorithmus innewohnende Fehler, die durch Rückkopplungsschleifen verstärkt werden können, sowie Risiken für den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, den Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit, die Unschuldsvermutung, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren sowie Risiken für die Freiheit und Sicherheit des Einzelnen;

P.  in der Erwägung, dass KI-Systeme, die von den Strafverfolgungs- und Justizbehörden eingesetzt werden, auch anfällig sind für KI-unterstützte Angriffe auf Informationssysteme und die Verfälschung von Daten („Data poisoning“), bei der absichtlich ein falscher Datensatz eingegeben wird, um verzerrte Ergebnisse zu erzielen; in der Erwägung, dass in diesen Situationen der daraus resultierende Schaden potenziell sogar noch bedeutender ist und zu einem exponentiell höheren Schadensausmaß sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen führen kann;

Q.  in der Erwägung, dass der Einsatz von KI im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz nicht als bloß technisch machbar betrachtet werden sollte, sondern als eine politische Entscheidung, die die Konzeption und die Ziele der Strafverfolgung und der Strafrechtssysteme betrifft; in der Erwägung, dass das moderne Strafrecht auf der Auffassung beruht, dass die Behörden auf eine Straftat reagieren, nachdem diese begangen wurde, und nicht davon ausgeht, dass alle Menschen gefährlich sind und permanent überwacht werden müssen, damit ein potenzielles Fehlverhalten verhindert werden kann; in der Erwägung, dass KI-basierte Überwachungstechniken diesen Ansatz ernsthaft in Frage stellen und es dringend erforderlich machen, dass Gesetzgeber weltweit die Folgen der Zulassung des Einsatzes von Technologien gründlich prüfen, die dazu führen, dass der Mensch bei der Strafverfolgung und der Urteilsfällung eine geringere Rolle spielt;

1.  bekräftigt, dass, da die Verarbeitung großer Mengen personenbezogener Daten im Mittelpunkt der künstlichen Intelligenz steht, das Recht auf Schutz des Privatlebens und das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten für alle Bereiche der künstlichen Intelligenz gelten und dass der Rechtsrahmen der Union für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre uneingeschränkt eingehalten werden muss; ruft daher in Erinnerung, dass die EU bereits Datenschutzstandards für die Strafverfolgung festgelegt hat, die die Grundlage für jegliche künftige Regulierung der KI für den Einsatz in der Strafverfolgung und der Justiz bilden; erinnert daran, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgen sollte, dass die Zwecke der Verarbeitung angegeben, eindeutig und rechtmäßig sein sollten, dass die Verarbeitung dem Zweck, zu dem sie erfolgt, entsprechen, dafür erheblich sein und nicht darüber hinausgehen sollte, dass sie sachlich richtig sein und auf dem neuesten Stand gehalten werden sollte und dass unrichtige Daten, sofern keine Einschränkungen gelten, berichtigt oder gelöscht werden sollten, dass die Daten nicht länger als nötig aufbewahrt werden sollten, dass klare und angemessene Fristen für die Löschung oder für die regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung solcher Daten festgelegt werden sollten und dass die Verarbeitung auf sichere Weise erfolgen sollte; betont ferner, dass eine mögliche Identifizierung von Personen durch eine KI-Anwendung unter Verwendung von Daten, die zuvor anonymisiert wurden, verhindert werden sollte;

2.  bekräftigt, dass alle KI-Lösungen für die Strafverfolgung und die Justiz auch die Grundsätze der Menschenwürde, der Nichtdiskriminierung und der Freizügigkeit, die Unschuldsvermutung und das Recht auf Verteidigung, einschließlich des Rechts zur Aussageverweigerung, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz, den Grundsatz der Waffengleichheit und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren gemäß der Charta und der Europäischen Menschenrechtskonvention in vollem Umfang achten müssen; betont, dass der Einsatz von KI-Anwendungen untersagt werden muss, wenn er nicht mit den Grundrechten vereinbar ist;

3.  erkennt an, dass die Geschwindigkeit, mit der KI-Anwendungen weltweit entwickelt werden, keine erschöpfende Auflistung von Anwendungen zulässt und daher ein klares und kohärentes Governance-Modell erforderlich ist, das sowohl die Grundrechte des Einzelnen als auch Rechtsklarheit für die Entwickler in Anbetracht der ständigen Weiterentwicklung der Technologie gewährleistet; ist jedoch der Ansicht, dass in Anbetracht der Rolle und Verantwortung von Polizei- und Justizbehörden und der Auswirkungen von Entscheidungen, die sie zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Vollstreckung von strafrechtlichen Sanktionen treffen, der Einsatz von KI-Anwendungen dann als hochrisikoreich eingestuft werden muss, wenn die Möglichkeit besteht, dass er beträchtliche Auswirkungen auf das Leben von Einzelpersonen hat;

4.  vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass alle KI-Instrumente, die von den Strafverfolgungsbehörden oder der Justiz entwickelt oder eingesetzt werden, mindestens sicher, robust und zweckmäßig sein und den Grundsätzen der Fairness, der Datenminimierung, der Rechenschaftspflicht, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Erklärbarkeit entsprechen sollten und dass ihre Entwicklung, ihr Einsatz und ihre Verwendung einer Risikobewertung und einer strengen Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit unterliegen sollten, wobei die Schutzmaßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu den ermittelten Risiken stehen müssen; hebt hervor, dass das Vertrauen der Bürger in die Verwendung von in der EU entwickelter und eingesetzter KI von der uneingeschränkten Erfüllung dieser Kriterien abhängt;

5.  erkennt den positiven Beitrag bestimmter Arten von KI-Anwendungen zur Arbeit der Strafverfolgungs- und Justizbehörden in der gesamten Union an; hebt beispielsweise die bessere Bearbeitung der Rechtsprechung hervor, die durch Instrumente mit zusätzlichen Suchoptionen ermöglicht wird; ist der Auffassung, dass es eine Reihe weiterer potenzieller Verwendungen von KI für die Strafverfolgung und die Justiz gibt, die unter Berücksichtigung der fünf Grundsätze der von der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) angenommenen Ethik-Charta für den Einsatz künstlicher Intelligenz in Justizsystemen und deren Umfeld erforscht werden könnten, wobei den von der CEPEJ genannten „mit größten Vorbehalten zu betrachtenden Verwendungen“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

6.  betont, dass jede Technologie zweckentfremdet werden kann, und fordert daher eine strenge demokratische Kontrolle und unabhängige Aufsicht über alle KI-fähigen Technologien, die von Strafverfolgungs- und Justizbehörden eingesetzt werden, insbesondere über solche, die für die Massenüberwachung oder das Erstellen von Massenprofilen zweckentfremdet werden können; nimmt daher mit großer Sorge das Potenzial bestimmter KI-Technologien zur Kenntnis, die in der Strafverfolgung für Massenüberwachungszwecke eingesetzt werden; unterstreicht das rechtliche Erfordernis, eine Massenüberwachung mittels KI-Technologien zu verhindern, die per definitionem nicht den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit entspricht, und den Einsatz von Anwendungen zu verbieten, die dazu führen könnten;

7.  betont, dass der in einigen Nicht-EU-Ländern verfolgte Ansatz hinsichtlich der Entwicklung, des Einsatzes und der Verwendung von Massenüberwachungstechnologien unverhältnismäßig in Grundrechtspositionen eingreift und daher von der EU nicht übernommen werden darf; betont daher, dass auch die Schutzmaßnahmen gegen den Missbrauch von KI-Technologien durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden unionsweit einheitlich geregelt werden müssen;

8.  betont das Potenzial für Verzerrung und Diskriminierung, das sich aus dem Einsatz von KI-Anwendungen wie etwa maschinellem Lernen ergibt, einschließlich der Algorithmen, auf denen solche Anwendungen beruhen; stellt fest, dass Verzerrungen den zugrunde liegenden Datensätzen innewohnen können, insbesondere wenn historische Daten verwendet, von den Entwicklern der Algorithmen eingeführt oder bei der Implementierung der Systeme in der realen Welt erzeugt werden; weist darauf hin, dass die von KI-Anwendungen gelieferten Ergebnisse zwangsläufig von der Qualität der verwendeten Daten beeinflusst werden und dass solche inhärenten Verzerrungen die Tendenz haben, allmählich zuzunehmen und dadurch bestehende Diskriminierungen fortzusetzen und zu verstärken, insbesondere für Personen, die bestimmten ethnischen Gruppen oder Gemeinschaften, die aufgrund von Rassismus benachteiligt sind, angehören;

9.  unterstreicht die Tatsache, dass viele der derzeit verwendeten algorithmusgesteuerten Identifizierungstechnologien unverhältnismäßig viele Personen falsch identifizieren und falsch klassifizieren und daher Menschen, die aufgrund von Rassismus benachteiligt sind, Personen, die bestimmten ethnischen Gemeinschaften angehören, LGBTI-Personen, Kindern und älteren Menschen sowie Frauen Schaden zufügen; erinnert daran, dass Einzelpersonen nicht nur das Recht haben, korrekt identifiziert zu werden, sondern auch das Recht, überhaupt nicht identifiziert zu werden, es sei denn, dies ist aus zwingendem und rechtmäßigem öffentlichem Interesse gesetzlich vorgeschrieben; betont, dass KI-Vorhersagen, die auf Merkmalen einer bestimmten Personengruppe beruhen, dazu führen, dass bestehende Formen der Diskriminierung verstärkt und reproduziert werden; ist der Auffassung, dass große Anstrengungen unternommen werden sollten, um automatisierte Diskriminierung und Voreingenommenheit zu vermeiden; fordert robuste zusätzliche Schutzmaßnahmen, wenn KI-Systeme in der Strafverfolgung oder in der Justiz bei Minderjährigen oder in Bezug auf sie eingesetzt werden;

10.  betont die Machtasymmetrie zwischen denjenigen, die KI-Technologien einsetzen, und denjenigen, die ihnen unterworfen sind; betont, dass es zwingend erforderlich ist, dass der Einsatz von KI-Instrumenten durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden nicht zu einem Faktor der Ungleichheit, der sozialen Spaltung oder der Ausgrenzung wird; unterstreicht die Auswirkungen des Einsatzes von KI-Instrumenten auf die Verteidigungsrechte von Verdächtigen, die Schwierigkeit, aussagekräftige Informationen über ihre Funktionsweise zu erhalten, und die daraus resultierende Schwierigkeit der Anfechtung ihrer Ergebnisse vor Gericht, insbesondere durch Personen, gegen die ermittelt wird;

11.  nimmt die Risiken zur Kenntnis, die insbesondere mit Datenlecks, Verstößen gegen die Datensicherheit und unbefugtem Zugriff auf personenbezogene Daten und andere Informationen im Zusammenhang beispielsweise mit strafrechtlichen Ermittlungen oder Gerichtsverfahren verbunden sind, die von KI-Systemen verarbeitet werden; betont, dass die Sicherheitsaspekte von KI-Systemen, die in der Strafverfolgung und in der Justiz eingesetzt werden, sorgfältig geprüft werden und hinreichend robust und widerstandsfähig sein müssen, um die potenziell katastrophalen Folgen böswilliger Angriffe auf KI-Systeme abzuwenden; unterstreicht die Bedeutung eingebauter Sicherheit (security by design) sowie einer spezifischen menschlichen Aufsicht vor dem Betrieb bestimmter kritischer Anwendungen und fordert daher, dass Strafverfolgungs- und Justizbehörden nur KI-Anwendungen einsetzen, die dem Grundsatz des „eingebauten Datenschutzes“ (privacy and data protection by design) entsprechen, um eine schleichende Ausweitung auf andere Zwecke zu vermeiden;

12.  betont, dass kein KI-System, das von Strafverfolgungsbehörden oder der Justiz eingesetzt wird, in die Lage versetzt werden sollte, die körperliche Unversehrtheit von Menschen zu schädigen oder Einzelpersonen Rechte zu übertragen bzw. rechtliche Verpflichtungen aufzuerlegen;

13.  erkennt die Herausforderungen an, die sich angesichts der Komplexität der Entwicklung und des Betriebs von KI-Systemen in Bezug auf die korrekte Zuweisung rechtlicher Verantwortung und Haftung für potenzielle Schäden stellen; hält es für notwendig, eine klare und faire Regelung für die Zuweisung der rechtlichen Verantwortung und Haftung für die möglichen nachteiligen Folgen zu schaffen, die durch diese fortgeschrittenen digitalen Technologien verursacht werden; betont jedoch, dass das Ziel in erster Linie darin bestehen muss, das Eintreten solcher Folgen von vornherein zu verhindern; fordert daher die Anwendung des Vorsorgeprinzips bei allen Anwendungen von KI im Rahmen der Strafverfolgung; betont, dass die rechtliche Verantwortung und Haftung immer bei einer natürlichen oder juristischen Person liegen muss, die bei Entscheidungen, die mit Hilfe von KI getroffen werden, immer identifiziert werden muss; betont daher die Notwendigkeit, die Transparenz der Unternehmensstrukturen, die KI-Systeme herstellen und verwalten, sicherzustellen;

14.  erachtet es sowohl für die Wirksamkeit der Ausübung von Verteidigungsrechten als auch für die Transparenz der nationalen Strafrechtssysteme für wesentlich, dass ein spezifischer, klarer und präziser Rechtsrahmen die Bedingungen, Modalitäten und Folgen des Einsatzes von KI-Instrumenten im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz sowie die Rechte der betroffenen Personen und wirksame und leicht zugängliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, einschließlich gerichtlicher Rechtsbehelfe, regelt; unterstreicht das Recht der Parteien eines Strafverfahrens auf Zugang zu dem Datenerhebungsprozess und den damit verbundenen Bewertungen, die durch den Einsatz von KI-Anwendungen vorgenommen oder erlangt wurden; unterstreicht die Notwendigkeit, dass die Vollstreckungsbehörden, die an der justiziellen Zusammenarbeit beteiligt sind, bei der Entscheidung über ein Ersuchen um Auslieferung (oder Übergabe) an einen anderen Mitgliedstaat oder einen Nicht-EU-Staat prüfen, ob der Einsatz von KI-Instrumenten in dem ersuchenden Land das Grundrecht auf ein faires Verfahren offenkundig beeinträchtigen könnte; fordert die Kommission auf, Leitlinien für die Durchführung einer solchen Prüfung im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen herauszugeben; besteht darauf, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften sicherstellen sollten, dass Einzelpersonen darüber informiert werden, wenn Strafverfolgungsbehörden oder die Justiz KI-Anwendungen bei ihnen einsetzen;

15.  weist darauf hin, dass Menschen nicht in der Lage sein werden, eine unabhängige Bewertung vorzunehmen, wenn sie sich ausschließlich auf von Maschinen generierte Daten, Profile und Empfehlungen stützen; weist auf die potenziell schwerwiegenden nachteiligen Folgen in Fällen – insbesondere im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz – hin, in denen Einzelpersonen zu sehr auf den scheinbar objektiven und wissenschaftlichen Charakter von KI-Instrumenten vertrauen und nicht die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ihre Ergebnisse falsch, unvollständig, irrelevant oder diskriminierend sein könnten; betont, dass ein übermäßiges Vertrauen in die von KI-Systemen gelieferten Ergebnisse vermieden werden sollte, und hebt hervor, dass die Behörden Vertrauen und Wissen aufbauen müssen, um eine algorithmische Empfehlung zu hinterfragen oder ihr nicht zu folgen; hält es für wichtig, realistische Erwartungen an solche technologischen Lösungen zu haben und keine perfekten Lösungen für die Strafverfolgung und die Aufdeckung aller begangenen Straftaten zu versprechen;

16.  betont, dass im Kontext von Justiz und Strafverfolgung die Entscheidung, die rechtliche oder ähnliche Wirkungen entfaltet, immer von einem Menschen getroffen werden muss, der für die getroffenen Entscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden kann; ist der Ansicht, dass diejenigen, die KI-gestützten Systemen unterworfen sind, die Möglichkeit haben müssen, Rechtsmittel einzulegen; erinnert daran, dass eine Person nach EU-Recht das Recht hat, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung von Daten beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie erheblich beeinträchtigt; betont ferner, dass automatisierte Einzelentscheidungen nicht auf besonderen Kategorien personenbezogener Daten beruhen dürfen, es sei denn, es bestehen geeignete Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Person; betont, dass das Unionsrecht eine Profilerstellung, die zu Diskriminierung natürlicher Personen auf der Grundlage bestimmter Kategorien personenbezogener Daten führt, verbietet; weist darauf hin, dass Entscheidungen im Bereich der Strafverfolgung fast immer Entscheidungen sind, die aufgrund der exekutiven Qualität von Strafverfolgungsbehörden und ihren Maßnahmen eine rechtliche Wirkung gegenüber der betroffenen Person nach sich ziehen; stellt fest, dass der Einsatz von KI menschliche Entscheidungen beeinflussen und sich auf alle Stadien von Strafverfahren auswirken kann; vertritt daher die Auffassung, dass Behörden, die KI-Systeme einsetzen, extrem hohe rechtliche Standards einhalten und menschliches Tätigwerden sicherstellen müssen, insbesondere bei der Analyse von Daten, die von solchen Systemen stammen; verlangt daher, dass das souveräne Ermessen von Richtern und die Entscheidungsfindung in jedem Einzelfall nicht angetastet werden; fordert ein Verbot des Einsatzes von KI und verwandten Technologien für die Erstellung von Vorschlägen von Gerichtsentscheidungen;

17.  fordert algorithmische Erklärbarkeit, Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Überprüfung als notwendigen Teil der Aufsicht, um sicherzustellen, dass die Entwicklung, der Einsatz und die Nutzung von KI-Systemen für Justiz und Strafverfolgung den Grundrechten entsprechen und das Vertrauen der Bürger genießen, sowie um sicherzustellen, dass die von KI-Algorithmen erzeugten Ergebnisse für die Nutzer und die diesen Systemen unterworfenen Personen verständlich gemacht werden können und dass Transparenz über die Quelldaten und die Art und Weise besteht, wie das System zu einer bestimmten Schlussfolgerung gelangt ist; weist darauf hin, dass es Strafverfolgungs- und Justizbehörden in der Union – zur Gewährleistung der technischen Transparenz, Robustheit und Genauigkeit – nur erlaubt sein sollte, solche Instrumente und Systeme zu erwerben, deren Algorithmen und Logik überprüfbar und zumindest der Polizei und der Justiz sowie den unabhängigen Prüfern zugänglich sind, um ihre Bewertung, Prüfung und Kontrolle zu ermöglichen, und dass sie von den Verkäufern nicht verschlossen oder als „geschützt“ gekennzeichnet werden dürfen; weist ferner darauf hin, dass eine Dokumentation in klarer, verständlicher Sprache über die Art des Dienstes, die entwickelten Instrumente, die Leistung und die Bedingungen, unter denen sie erwartungsgemäß funktionieren, sowie die Risiken, die sie verursachen könnten, bereitgestellt werden sollte; fordert daher die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden auf, für proaktive und vollständige Transparenz in Bezug auf private Unternehmen zu sorgen, die ihnen KI-Systeme für die Zwecke der Strafverfolgung und der Justiz zur Verfügung stellen; empfiehlt daher die Verwendung von Open-Source-Software, wo immer dies möglich ist;

18.  empfiehlt den Strafverfolgungs- und Justizbehörden, die Bereiche zu ermitteln und zu bewerten, in denen einige maßgeschneiderte KI-Lösungen von Nutzen sein könnten, und sich über bewährte Verfahren für den Einsatz von KI auszutauschen; fordert, dass die Mitgliedstaaten und die EU-Agenturen geeignete Verfahren für die öffentliche Beschaffung von KI-Systemen einführen, wenn diese in einem Kontext der Strafverfolgung oder Justiz eingesetzt werden, um die Einhaltung der Grundrechte und der geltenden Rechtsvorschriften zu gewährleisten, wobei auch sichergestellt werden muss, dass die Software-Dokumentation und die Algorithmen den zuständigen Behörden und Aufsichtsbehörden zu Überprüfungszwecken zur Verfügung stehen und zugänglich sind; fordert insbesondere verbindliche Regeln, durch die eine öffentliche Offenlegung von öffentlich-privaten Partnerschaften, Verträgen und Akquisitionen und des Zwecks, für den sie beschafft werden, vorgeschrieben wird; betont, dass die Behörden mit den notwendigen Finanzmitteln und mit dem erforderlichen Fachwissen ausgestattet werden müssen, damit gewährleistet ist, dass die ethischen, rechtlichen und technischen Anforderungen, die mit dem Einsatz von KI verknüpft sind, uneingeschränkt erfüllt werden;

19.  fordert die Rückverfolgbarkeit von KI-Systemen und des Entscheidungsprozesses, die ihre Funktionen umreißt, die Fähigkeiten und Grenzen der Systeme definiert und durch eine verpflichtende Dokumentation nachvollziehbar macht, woher die bestimmenden Kriterien für eine Entscheidung stammen; unterstreicht die Bedeutung einer vollständigen Dokumentation der Trainingsdaten, ihres Kontexts, ihres Zwecks, ihrer Genauigkeit und ihrer Nebenwirkungen sowie ihrer Verarbeitung durch die Urheber und Entwickler der Algorithmen und ihrer Einhaltung der Grundrechte; betont, dass es immer möglich sein muss, die Rechenvorgänge eines KI-Systems auf eine für Menschen verständliche Form zu reduzieren;

20.  fordert, dass vor der Einführung oder dem Einsatz von KI-Systemen für die Strafverfolgung oder die Justiz eine obligatorische Folgenabschätzung für die Grundrechte durchgeführt wird, um mögliche Risiken für die Grundrechte abzuschätzen; erinnert daran, dass die vorherige Datenschutzfolgenabschätzung für jede Art der Verarbeitung obligatorisch ist, insbesondere bei der Verwendung neuer Technologien, die wahrscheinlich zu einem hohen Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führen wird, und ist der Ansicht, dass dies bei den meisten KI-Technologien im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz der Fall ist; unterstreicht die Sachkenntnis von Datenschutzbehörden und Grundrechtsagenturen, wenn es um die Bewertung dieser Systeme geht; betont, dass diese Folgenabschätzungen für die Grundrechte so offen wie möglich und unter aktiver Beteiligung der Zivilgesellschaft durchgeführt werden sollten; fordert, dass die Folgenabschätzungen auch klare Angaben zu den Schutzmaßnahmen enthalten, die erforderlich sind, um die ermittelten Risiken zu bewältigen, und dass sie vor dem Einsatz eines KI-Systems so weit wie möglich öffentlich zugänglich gemacht werden;

21.  betont, dass nur eine robuste europäische KI-Governance mit unabhängiger Evaluierung die notwendige Umsetzung der Grundrechtsprinzipien ermöglichen kann; fordert eine regelmäßige obligatorische Prüfung aller von Strafverfolgungsbehörden und der Justiz eingesetzten KI-Systeme, die das Potenzial haben, das Leben von Einzelpersonen erheblich zu beeinträchtigen, durch eine unabhängige Behörde, um algorithmische Systeme, ihren Kontext, ihren Zweck, ihre Genauigkeit, ihre Leistung und ihr Ausmaß zu testen und zu bewerten und, sobald sie in Betrieb sind, um unerwünschte und nachteilige Auswirkungen zu erkennen, zu untersuchen, zu diagnostizieren und zu beheben und um sicherzustellen, dass die KI-Systeme wie beabsichtigt funktionieren; fordert daher einen klaren institutionellen Rahmen für diesen Zweck, einschließlich einer angemessenen Regulierungsaufsicht und Beaufsichtigung, um eine vollständige Umsetzung sicherzustellen und eine demokratische Debatte in voller Sachkenntnis über die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit von KI im Bereich der Strafjustiz zu gewährleisten; betont, dass die Ergebnisse dieser Prüfungen in öffentlichen Registern zur Verfügung gestellt werden sollten, sodass die Bürgerinnen und Bürger die KI-Systeme, die eingesetzt werden, kennen und wissen, welche Maßnahmen getroffen werden, um einer Verletzung von Grundrechten abzuhelfen;

22.  betont, dass die Datensätze und algorithmischen Systeme, die bei der Erstellung von Klassifizierungen, Bewertungen und Vorhersagen in den verschiedenen Phasen der Datenverarbeitung bei der Entwicklung von KI und verwandten Technologien verwendet werden, auch zu einer unterschiedlichen Behandlung und einer unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung von Personengruppen führen können, insbesondere da die Daten, die zum Trainieren von Algorithmen für die vorausschauende Polizeiarbeit verwendet werden, die aktuellen Überwachungsprioritäten widerspiegeln und folglich dazu führen können, dass bestehende Vorurteile reproduziert und verstärkt werden; betont daher, dass KI-Technologien, insbesondere wenn sie für die Strafverfolgung und die Justiz eingesetzt werden, interdisziplinäre Forschung und Beiträge erfordern, auch aus den Bereichen der Wissenschafts- und Technologiestudien, der Forschung zum Thema „Critical Race“ (Rasse als Analysekategorie des Rechts), der Behindertenforschung und anderen Disziplinen, die sich mit dem sozialen Kontext befassen, einschließlich der Art und Weise, wie Unterschiede konstruiert werden, sowie der Arbeit der Klassifizierung und ihrer Folgen; betont daher, dass systematisch in die Einbeziehung dieser Fachrichtungen in Studien und Forschung über künstliche Intelligenz auf allen Ebenen investiert werden muss; betont ferner, wie wichtig es ist, dass sich in den Teams, die diese KI-Systeme für die Strafverfolgung und die Justiz konzipieren, entwickeln, testen, warten, einsetzen und beschaffen, möglichst die Vielfalt der Gesellschaft im Allgemeinen als nichttechnisches Mittel zur Verringerung der Diskriminierungsrisiken widerspiegelt;

23.  weist weiter darauf hin, dass für eine angemessene Rechenschaftspflicht, Verantwortung und Haftung eine spezielle Schulung in Bezug auf die ethischen Bestimmungen, die potenziellen Gefahren, die Beschränkungen und die richtige Verwendung der KI-Technologie, insbesondere für die Mitarbeiter von Polizei und Justiz, erforderlich ist; betont, dass durch angemessene fachliche Schulungen und Qualifikationen sichergestellt werden sollte, dass die Entscheidungsträger über das Risiko der Voreingenommenheit aufgeklärt werden, da die Datensätze auf diskriminierenden und vorurteilsbelasteten Daten beruhen können; unterstützt die Gründung von Sensibilisierungs- und Bildungsinitiativen, damit Einzelpersonen, die in der Strafverfolgung und der Justiz arbeiten, sich der Einschränkungen, Fähigkeiten und Risiken, die die Nutzung von KI-Systemen nach sich zieht, einschließlich des Risikos einer Automatisierungsverzerrung, bewusst sind und sie verstehen; erinnert daran, dass die Einbeziehung von Fällen von Rassismus seitens der Polizeikräfte bei der Erfüllung ihrer Pflichten in KI-Trainingsdatensätze unweigerlich zu rassistischen Verzerrungen in den von KI generierten Erkenntnissen, Bewertungen und Empfehlungen führen wird; wiederholt daher seinen Aufruf an die Mitgliedstaaten, Antidiskriminierungsmaßnahmen zu fördern und nationale Aktionspläne gegen Rassismus im Bereich der Polizei und der Justiz zu entwickeln;

24.  stellt fest, dass vorausschauende Polizeiarbeit zwar zu den KI-Anwendungen gehört, die im Bereich der Strafverfolgung eingesetzt werden, warnt jedoch davor, dass vorausschauende Polizeiarbeit zwar die gegebenen Datensätze zur Identifizierung von Mustern und Korrelationen analysieren kann, aber nicht die Frage der Kausalität beantworten und keine verlässlichen Vorhersagen über individuelles Verhalten machen kann und daher nicht die alleinige Grundlage für ein Eingreifen darstellen darf; weist darauf hin, dass mehrere Städte in den Vereinigten Staaten ihre Nutzung von Systemen der vorausschauenden Polizeiarbeit nach Prüfungen eingestellt haben; erinnert daran, dass während der Erkundungsreise des LIBE-Ausschusses in die Vereinigten Staaten im Februar 2020 den Mitgliedern von den Polizeidienststellen der Stadt New York und von Cambridge (Massachusetts) mitgeteilt wurde, dass sie ihre Programme für vorausschauende Polizeiarbeit wegen mangelnder Wirksamkeit, diskriminierender Auswirkungen und praktischer Misserfolge hatten auslaufen lassen und sich stattdessen der bürgernahen Polizeiarbeit zugewandt hatten; nimmt zur Kenntnis, dass dies zu einem Rückgang der Kriminalitätsraten geführt hat; spricht sich daher gegen den Einsatz von KI durch Strafverfolgungsbehörden aus, um Vorhersagen über das Verhalten von Einzelpersonen oder Gruppen auf der Grundlage von historischen Daten und früherem Verhalten, Gruppenzugehörigkeit, Standort oder anderen derartigen Merkmalen zu treffen und damit zu versuchen, Personen zu identifizieren, die wahrscheinlich eine Straftat begehen werden;

25.  nimmt die verschiedenen Arten der Nutzung von Gesichtserkennung zur Kenntnis, wie z. B. Verifizierung/Authentifizierung (d. h. Abgleich des Gesichts einer anwesenden Person mit einem Foto in einem Ausweisdokument, z. B. intelligente Grenzen), Identifizierung (d. h. Abgleich eines Fotos mit einer bestimmten Fotodatenbank) und Erkennung (d. h. Erkennung von Gesichtern in Echtzeit aus Quellen wie CCTV-Aufzeichnungen und Abgleich mit Datenbanken, z. B. Überwachung in Echtzeit), die jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf den Schutz der Grundrechte haben; ist fest davon überzeugt, dass der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen durch Strafverfolgungsbehörden auf eindeutig gerechtfertigte Zwecke beschränkt sein sollte, bei denen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit sowie das geltende Recht uneingeschränkt eingehalten werden; bekräftigt, dass die Nutzung von Gesichtserkennungstechnologie mindestens den Anforderungen der Datenminimierung, Datengenauigkeit, Speicherbegrenzung, Datensicherheit und Rechenschaftspflicht genügen sowie rechtlich erlaubt, fair und transparent sein und einem spezifischen, expliziten und rechtmäßigen Zweck dienen muss, der im Recht des Mitgliedstaats oder dem Unionsrecht eindeutig definiert ist; ist der Auffassung, dass Verifizierungs- und Authentifizierungssysteme nur dann weiterhin erfolgreich eingesetzt und verwendet werden können, wenn ihre nachteiligen Auswirkungen abgeschwächt und die vorgenannten Kriterien erfüllt werden können;

26.  fordert darüber hinaus das dauerhafte Verbot der Verwendung einer automatisierten Analyse und/oder Erkennung anderer menschlicher Merkmale, wie Gangart, Fingerabdrücke, DNA, Stimme und anderer biometrischer und verhaltensbezogener Signale, in öffentlich zugänglichen Räumen;

27.  fordert ein Moratorium für den Einsatz von Gesichtserkennungssystemen für Strafverfolgungszwecke, die die Funktion der Identifizierung haben – es sei denn, sie werden ausschließlich für die Identifizierung von Verbrechensopfern verwendet –, bis die technischen Standards als vollständig grundrechtskonform angesehen werden können, die erzielten Ergebnisse unverzerrt und nicht diskriminierend sind, der Rechtsrahmen strenge Vorkehrungen gegen Missbrauch und strenge demokratische Kontrolle und Überwachung vorsieht und empirische Nachweise für die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes solcher Technologien vorliegen; stellt fest, dass die Systeme nicht verwendet oder eingesetzt werden sollten, wenn die oben genannten Kriterien nicht erfüllt sind;

28.  äußert seine große Besorgnis über die Nutzung privater Gesichtserkennungsdatenbanken durch Akteure der Strafverfolgung und Nachrichtendienste wie Clearview AI, eine Datenbank mit mehr als drei Milliarden Bildern unter anderem von EU-Bürgern, die illegal in sozialen Netzwerken und anderen Teilen des Internets gesammelt wurden; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Akteuren der Strafverfolgung zwingend vorzuschreiben, dass sie offenlegen, ob sie die Technologie Clearview AI oder gleichwertige Technologien anderer Anbieter nutzen; erinnert an die Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA), wonach die Nutzung eines Dienstes wie Clearview AI durch Strafverfolgungsbehörden in der Europäischen Union wahrscheinlich nicht mit der Datenschutzregelung der Union im Einklang stünde; fordert ein Verbot der Nutzung privater Gesichtserkennungsdatenbanken in der Strafverfolgung;

29.  nimmt die Machbarkeitsstudie der Kommission zu möglichen Änderungen am Beschluss zum Prümer Vertrag(8), auch hinsichtlich Gesichtsbildern, zur Kenntnis; nimmt frühere Untersuchungen zur Kenntnis, wonach keine potenziellen neuen Identifikationsmerkmale, etwa die Iris- oder Gesichtserkennung, in einem forensischen Kontext so zuverlässig wären wie die DNA oder Fingerabdrücke; erinnert die Kommission daran, dass jeder Gesetzgebungsvorschlag faktengestützt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss; fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Rahmen des Beschlusses zum Prümer Vertrag nur zu erweitern, wenn solide wissenschaftliche Nachweise für die Zuverlässigkeit der Gesichtserkennung in einem forensischen Kontext im Vergleich zu DNA oder Fingerabdrücken vorliegen, nachdem sie eine umfassende Folgenabschätzung durchgeführt hat, wobei auch die Empfehlungen des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) und des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu berücksichtigen sind;

30.  betont, dass die Verwendung biometrischer Daten im weiteren Sinne mit dem Grundsatz des Rechts auf Menschenwürde zusammenhängt, der die Grundlage für alle durch die Charta garantierten Grundrechte bildet; ist der Auffassung, dass die Nutzung und Erhebung biometrischer Daten für Zwecke der Fernidentifizierung, beispielsweise durch Gesichtserkennung im öffentlichen Bereich, sowie an automatischen Sicherheitsschleusen, die für Grenzkontrollen an Flughäfen verwendet werden, spezifische Risiken für die Grundrechte aufwerfen kann, deren Auswirkungen je nach Zweck, Kontext und Umfang der Verwendung erhebliche Unterschiede aufweisen könnten; hebt ferner die umstrittene wissenschaftliche Gültigkeit der Technologie zur Affekterkennung, wie z. B. Kameras, die Augenbewegungen und Veränderungen der Pupillengröße erkennen, in einem Kontext der Strafverfolgung hervor; ist der Ansicht, dass die Verwendung biometrischer Identifizierung im Kontext der Strafverfolgung und der Justiz immer als hochrisikoreich betrachtet werden sollte und daher zusätzlichen Anforderungen unterworfen werden sollte, wie es die hochrangige Expertengruppe der Kommission für KI empfiehlt;

31.  äußert sich sehr besorgt über im Rahmen von Horizont 2020 finanzierte Forschungsprojekte, bei denen künstliche Intelligenz an Außengrenzen zum Einsatz kommt, beispielsweise das Projekt iBorderCtrl, ein „intelligentes Lügendetektionssystem“, das auf der Grundlage eines vor der Reise mit der Webcam des Reisenden aufgenommenen, per Computer automatisierten Interviews und einer KI-gestützten Analyse von 38 Mikroimpressionen Profile von Reisenden erstellt und in Ungarn, Lettland und Griechenland erprobt wird; fordert die Kommission daher auf, mit legislativen und nichtlegislativen Mitteln und erforderlichenfalls durch Vertragsverletzungsverfahren ein Verbot jeglicher Verarbeitung biometrischer Daten, einschließlich Gesichtsbildern, zu Strafverfolgungszwecken zu erwirken, wenn diese Verarbeitung zu einer Massenüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen führt; fordert die Kommission ferner auf, die Finanzierung von Forschungsarbeiten, Einsätzen oder Programmen im Zusammenhang mit biometrischen Identifikatoren einzustellen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie zu einer wahllosen Massenüberwachung in öffentlichen Räumen führen; betont in diesem Zusammenhang, dass dem Einsatz von Drohnen bei Polizeieinsätzen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte und dass ein strikter Rahmen dafür gelten sollte;

32.  unterstützt die Empfehlungen der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für KI, die sich für ein Verbot von KI-gestützter massenhafter Bewertung („Scoring“) von Einzelpersonen ausspricht; ist der Auffassung, dass jede Art der normativen Bewertung von Bürgern in großem Maßstab durch Behörden, insbesondere im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz, zum Verlust von Autonomie führt, den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit gefährdet und nicht als mit den im EU-Recht kodifizierten Grundrechten, insbesondere der Menschenwürde, im Einklang stehend betrachtet werden kann;

33.  fordert eine größere generelle Transparenz, um sich ein umfassendes Bild von dem Einsatz von KI-Anwendungen in der Union machen zu können; verlangt, dass die Mitgliedstaaten umfassende Informationen über die von ihren Strafverfolgungs- und Justizbehörden eingesetzten Instrumente, die Arten der verwendeten Instrumente, die Zwecke, für die sie eingesetzt werden, die Arten von Straftaten, auf die sie angewandt werden, und die Namen der Unternehmen oder Organisationen, die diese Instrumente entwickelt haben, bereitstellen; fordert die Strafverfolgungs- und Justizbehörden auf, auch die Öffentlichkeit zu informieren und ausreichende Transparenz in Bezug auf ihren Einsatz von KI und verwandten Technologien bei der Ausübung ihrer Befugnisse an den Tag zu legen, einschließlich der Offenlegung der Falsch-Positiv- und Falsch-Negativ-Raten der betreffenden Technologie; verlangt, dass die Kommission die Informationen an einer zentralen Stelle bündelt und aktualisiert; fordert die Kommission auf, auch Informationen über den Einsatz von KI durch die mit Strafverfolgungs- und Justizaufgaben betrauten Agenturen der Union zu veröffentlichen und zu aktualisieren; fordert den EDSB auf, die Rechtmäßigkeit der KI-Technologien und -Anwendungen zu bewerten, die von den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz eingesetzt werden;

34.  erinnert daran, dass KI-Anwendungen, einschließlich solcher, die im Rahmen der Strafverfolgung und der Justiz eingesetzt werden, weltweit in rasantem Tempo entwickelt werden; fordert alle europäischen Interessenträger, einschließlich der Mitgliedstaaten und der Kommission, nachdrücklich auf, durch internationale Zusammenarbeit sicherzustellen, dass sich Partner außerhalb der EU engagieren, um die Standards auf internationaler Ebene anzuheben und einen gemeinsamen und ergänzenden Rechts- und Ethikrahmen für den Einsatz von KI, insbesondere für die Strafverfolgung und die Justiz, zu finden, durch den die Charta, der europäische Besitzstand im Bereich des Datenschutzes und die Menschenrechte im weiteren Sinne uneingeschränkt geachtet werden;

35.  fordert die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte auf, in Zusammenarbeit mit dem EDSA und dem EDSB umfassende Leitlinien, Empfehlungen und bewährte Verfahren auszuarbeiten, um die Kriterien und Bedingungen für die Entwicklung, die Verwendung und den Einsatz von KI-Anwendungen und -Lösungen zur Nutzung durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden weiter zu spezifizieren; sagt zu, eine Studie über die Umsetzung der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung(9) durchzuführen, um zu ermitteln, wie der Schutz personenbezogener Daten bei Verarbeitungstätigkeiten von Strafverfolgungs- und Justizbehörden, insbesondere bei der Entwicklung oder dem Einsatz neuer Technologien, gewährleistet wird; fordert die Kommission ferner auf zu prüfen, ob spezifische legislative Maßnahmen erforderlich sind, um die Kriterien und Bedingungen für die Entwicklung, die Verwendung und den Einsatz von KI-Anwendungen und -Lösungen durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden weiter zu spezifizieren;

36.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.
(2) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89.
(3) ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39.
(4) ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.
(5) ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53.
(6) ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 63.
(7) ABl. C 263 vom 25.7.2018, S. 82.
(8) Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 1).
(9) Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).


Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen und von Sorgerechtsregelungen auf Frauen und Kinder
PDF 244kWORD 79k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu den Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen und von Sorgerechtsregelungen auf Frauen und Kinder (2019/2166(INI))
P9_TA(2021)0406A9-0254/2021

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und die Artikel 6, 8 und 67 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (im Folgenden „Opferschutzrichtlinie“)(1),

–  unter Hinweis auf die Artikel 21, 23, 24 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul), das am 1. August 2014 in Kraft trat,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 13 des Ausschusses für die Rechte des Kindes vom 18. April 2011 zum Recht des Kindes auf Schutz vor allen Formen der Gewalt,

–  unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung,

–  unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind(2),

–  unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention,

–  unter Hinweis auf das am 18. Dezember 1979 von den Vereinten Nationen angenommene Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau und die Allgemeine Empfehlung Nr. 35 zur geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen, mit der die Allgemeine Empfehlung Nr. 19 des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau aktualisiert wird,

–  unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere deren Grundsatz 2,

–  unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist, und insbesondere auf das Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 5 zur Geschlechtergleichstellung sowie auf das Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 16.2 zur Beendigung von Missbrauch, Ausbeutung, Menschenhandel und aller Formen von Folter und Gewalt gegen Kinder,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 4. März 2016 für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union (COM(2016)0109),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ (COM(2020)0152), insbesondere deren erstes Ziel, die Freiheit von Gewalt und Stereotypen gegenüber Frauen und Mädchen herbeizuführen,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. November 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020–2025“ (COM(2020)0698),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. Juni 2020 mit dem Titel „EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020–2025)“ (COM(2020)0258),

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 6. März 2019 mit dem Titel „2019 Report on equality between women and men in the EU“ (Bericht 2019 über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der EU) (SWD(2019)0101),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. November 2019 zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul und zu weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zur Notwendigkeit einer gesonderten Ratsformation „Gleichstellung der Geschlechter“(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der geschlechtsspezifischen Sichtweise in der COVID-19-Krise und der Zeit danach(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter(7),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung(8),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen(9),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (im Folgenden „Brüssel-IIa-Verordnung“)(10),

–  unter Hinweis auf den Bericht über den Geschlechtergleichstellungsindex 2020 des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE),

–  unter Hinweis auf die Studie des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) vom 12. Juni 2019 mit dem Titel „Understanding intimate partner violence in the EU: the role of data“ (Zum Stellenwert von Daten bei der Ermittlung der Gründe für Gewalt in Paarbeziehungen in der EU),

–  unter Hinweis auf die EIGE-Studie vom 18. November 2019 mit dem Titel „A guide to risk assessment and risk management of intimpartner violence against women for police“ (Ein Leitfaden für die Polizei zur Risikobewertung und zum Risikomanagement bei Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen: eine EU‑weite Erhebung“,

–  unter Hinweis auf die „Platform of Independent Expert Mechanisms on Discrimination and Violence against Women“ (EDVAW Platform; Plattform unabhängiger Sachverständigenmechanismen in Bezug auf Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen) und ihre Erklärung vom 31. Mai 2019 mit dem Titel „Intimate partner violence against women is an essential factor in the determination of child custody“ (Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen – ein wesentlicher Faktor bei der Bestimmung des Sorgerechts für Kinder),

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vorsitzenden der Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO), Marceline Naudi, vom 24. März 2020 mit dem Titel „For many women and children, the home is not a safe place“ (Für viele Frauen und Kinder ist das Zuhause kein sicherer Ort), wonach die Vorschriften des Übereinkommens von Istanbul auch in Zeiten einer Pandemie zu beachten sind,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der gemeinsamen Überlegungen des Rechtsausschusses und des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter gemäß Artikel 58 der Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses und des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (A9-0254/2021),

A.  in der Erwägung, dass die Geschlechtergleichstellung zu den Grundwerten und Kernzielen der Europäischen Union zählt und in allen Politikbereichen der EU zum Ausdruck kommen sollte; in der Erwägung, dass das Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung ein in den Verträgen(11) und der Charta(12) verankertes Grundrecht ist und uneingeschränkt geachtet werden sollte; in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Gewalt in all ihren Formen eine extreme Form der Diskriminierung und eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, die in der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verankert ist und dazu beiträgt, diese aufrechtzuerhalten und zu verstärken; in der Erwägung, dass diese Art von Gewalt aus geschlechtsspezifischen Stereotypen über die Rollen und Fähigkeiten von Frauen und Männern sowie aus ungleichen Machtverhältnissen in Gesellschaften entsteht und aufrechterhalten wird; in der Erwägung, dass diese Form der Gewalt nach wie vor weit verbreitet ist, Frauen auf allen Ebenen der Gesellschaft – ungeachtet ihres Alters, Bildungsgrads, Einkommens, ihrer sozialen Stellung oder ihres Herkunfts- bzw. Wohnsitzlands – betrifft und eines der größten Hindernisse für die Erreichung der Gleichstellung der Geschlechter ist; in der Erwägung, dass Frauen und Kinder in der EU aufgrund unterschiedlicher Strategien und Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten nicht im gleichen Umfang vor geschlechtsspezifischer Gewalt geschützt sind;

B.  in der Erwägung, dass Frauen nach wie vor diskriminiert und benachteiligt werden und soziale, wirtschaftliche und kulturelle Ungleichheiten fortbestehen, obgleich die Geschlechtergleichstellung formell bei zahlreichen Gelegenheiten anerkannt wurde und Fortschritte bei der Geschlechtergleichstellung zu verzeichnen sind; in der Erwägung, dass laut dem Gleichstellungsindex 2020 des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) die Geschlechtergleichstellung bislang in keinem Mitgliedstaat vollständig erreicht wurde; in der Erwägung, dass die EU bei der Geschlechtergleichstellung nach wie vor nur schleppend vorankommt und sich der Indexwert im Durchschnitt alle zwei Jahre um einen Punkt verbessert; in der Erwägung, dass es bei dieser Zuwachsrate fast 70 Jahre dauern wird, bis die EU die Gleichstellung der Geschlechter erreicht; in der Erwägung, dass das Parlament bereits die Einrichtung einer neuen Ratsformation gefordert hat, in der für die Geschlechtergleichstellung zuständige Minister und Staatssekretäre zusammenkommen;

C.  in der Erwägung, dass verschiedene Formen der Unterdrückung nicht getrennt voneinander existieren, sondern sich überschneiden und Einzelpersonen gleichzeitig betreffen, was zu intersektionaler Diskriminierung führt; in der Erwägung, dass sich Diskriminierung aufgrund des Geschlechts häufig mit Diskriminierung aus anderen Gründen überschneidet, wie z. B. aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauungen, der politischen oder sonstigen Anschauungen, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters und der sexuellen Orientierung;

D.  in der Erwägung, dass das gegenwärtige Jahrzehnt eine sichtbare und organisierte Offensive auf globaler und EU-Ebene gegen die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frauen, einschließlich in der EU, mit sich bringt;

E.  in der Erwägung, dass die Geschlechtergleichstellung eine grundlegende Voraussetzung für eine innovative, wettbewerbsfähige und wohlhabende EU-Wirtschaft ist, die Schaffung neuer Arbeitsplätze sicherstellt und Produktivität erzeugt, insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des Übergangs zu einer ökologischen Wirtschaft;

F.  in der Erwägung, dass Gewalt in Paarbeziehungen jeden Akt physischer, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt bezeichnet, die zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnern stattfindet, unabhängig davon, ob Täter und Opfer in einer gemeinsamen Wohnung wohnen oder wohnten; in der Erwägung, dass Gewalt in Paarbeziehungen eine der häufigsten Formen geschlechtsspezifischer Gewalt ist, wobei schätzungsweise 22 % der Frauen körperliche und/oder sexuelle Gewalt und 43 % psychische Gewalt durch ihren Partner erfahren haben(13); in der Erwägung, dass Frauen und Kinder unverhältnismäßig stark von dieser Art von Gewalt betroffen sind; in der Erwägung, dass der Begriff „häusliche Gewalt“ alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt bezeichnet, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte(14); in der Erwägung, dass häusliche Gewalt ein schwerwiegendes und häufig langfristiges verborgenes soziales Problem ist, das systematische körperliche und/oder psychische Traumata mit ernsthaften Folgen für die Opfer verursacht und das emotionale, wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der gesamten Familie stark beeinträchtigen kann, weil sie von einer Person ausgeübt wird, der das Opfer trauen können sollte; in der Erwägung, dass zwischen 70 % und 85 % der Kinder, die Opfer von Gewalt wurden, den Täter bzw. die Täterin persönlich kennen und dass die überwiegende Mehrheit dieser Kinder Opfer von Menschen sind, denen sie vertrauen(15); in der Erwägung, dass die Opfer häufig durch Zwang der Kontrolle durch den Täter ausgesetzt sind („coercive control“), die durch Einschüchterung, Fremdbestimmung, Isolation und Misshandlung gekennzeichnet ist;

G.  in der Erwägung, dass die Raten von Gewalt in Paarbeziehungen in ländlichen und abgelegenen Gemeinden noch höher sind als in städtischen Gebieten; in der Erwägung, dass Frauen in ländlichen und entlegenen Regionen höhere Raten von Gewalt in Paarbeziehungen und eine größere Häufigkeit und Schwere von körperlichem, psychologischem und wirtschaftlichem Missbrauch erleben, was durch die Tatsache verstärkt wird, dass sie weiter entfernt von verfügbaren Ressourcen und Diensten wohnen, bei denen sie um Hilfe ersuchen könnten; in der Erwägung, dass das mangelnde Verständnis von häuslicher Gewalt im Gesundheitswesen, der Justiz und den Sozialdiensten in ländlichen und entlegenen Regionen ein bedeutendes Hindernis für Überlebende von Gewalt in Paarbeziehungen darstellt;

H.  in der Erwägung, dass es sich auf EU-Ebene bei der Mehrheit der Haushalte von Alleinerziehenden um alleinerziehende Mütter handelt, die wirtschaftlich besonders gefährdet sind, insbesondere in den Niedriglohngruppen, und die auch anfälliger dafür sind, den Arbeitsmarkt frühzeitig zu verlassen, wenn sie Eltern werden, und somit bei dem Versuch des Wiedereintritts in den Arbeitsmarkt benachteiligt sind; in der Erwägung, dass in der EU 40,3 % der Haushalte von Alleinerziehenden im Jahr 2019 von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren(16);

I.  in der Erwägung, dass 30 % der Frauen, die sexuelle Viktimisierung durch einen früheren oder gegenwärtigen Partner erlebt haben, auch in der Kindheit sexuelle Gewalt erfahren haben, und dass 73 % der Mütter, die Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch einen Partner geworden sind, angeben, dass mindestens eines ihrer Kinder Zeuge dieser Gewalt geworden ist(17);

J.  in der Erwägung, dass die Ausgangsbeschränkungen und die Maßnahmen zur Einhaltung der Abstandsregeln während der COVID-19-Pandemie mit dem exponentiellen Anstieg der Häufigkeit und Intensität von Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen sowie von psychischer Gewalt, Kontrolle durch Zwang und von Gewalt im Internet in vielen Mitgliedstaaten in Verbindung gebracht werden, einhergehend mit einem Anstieg der Notrufe von Opfern von häuslicher Gewalt um 60 %(18); in der Erwägung, dass Lockdownmaßnahmen und das besorgniserregende Anschwellen der „Schattenpandemie“ unzureichende Strukturen und Ressourcen zur Unterstützung aufgezeigt und den Zugang für Frauen und Kinder zu wirksamem Schutz, Unterstützungsdiensten und zum Recht erschwert haben, sodass vielen Personen kein angemessener und rechtzeitiger Schutz gewährt wurde; in der Erwägung, dass bewährte Vorgehensweisen für rechtzeitige, leicht zugängliche Hilfemaßnahmen für betroffene Opfer, einschließlich der Einrichtung von Notruf-Systemen per SMS oder der Schaffung von Anlaufstellen für Hilfe in Apotheken und Supermärkten, unter den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden sollten; in der Erwägung, dass in der EU Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen aus verschiedenen Gründen immer noch häufiger verübt als tatsächlich von den Opfern, Familienangehörigen, Freunden, Bekannten oder Nachbarn gemeldet wird, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, und dass es einen erheblichen Mangel an umfassenden, vergleichbaren und nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten gibt, was es schwierig macht, die Auswirkungen der Krise vollständig zu bewerten; in der Erwägung, dass die FRA-Erhebung über Gewalt gegen Frauen zeigt, dass die Opfer die schwersten Fälle von Gewalt in der Partnerschaft nur in 14 % der Fälle der Polizei gemeldet hatten, und zudem zwei Drittel der weiblichen Opfer systematisch keine Anzeige bei den Behörden erstatten, entweder aus Angst oder aus Mangel an Informationen über die Rechte des Opfers, sowie aus der allgemeinen Überzeugung, dass Gewalt in Paarbeziehungen eine private Angelegenheit ist, die nicht öffentlich gemacht werden sollte(19);

K.  in der Erwägung, dass häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt als Folge der während der COVID-19-Pandemie ergriffenen Ausgangsbeschränkungen zugenommen hat, und dass laut dem jüngsten Europol-Bericht(20) der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet in der EU dramatisch zugenommen hat;

L.  in der Erwägung, dass während der Ausgangsbeschränkungen ein signifikanter Anstieg der häuslichen Gewalt gegen LGBTI+-Personen, insbesondere junge Menschen, gemeldet wurde;

M.  in der Erwägung, dass wirtschaftliche Gewalt gegen Frauen in Form von Sachbeschädigung, Einschränkung des Zugangs zu finanziellen Mitteln, zur Bildung oder zum Arbeitsmarkt oder Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen wie Unterhaltszahlungen gebührende Aufmerksamkeit verdient, da die Behinderung der finanziellen Unabhängigkeit und des Familienvermögens mit anderen Formen der Gewalt Hand in Hand geht und eine zusätzliche Bedrohung für die Opfer darstellt; in der Erwägung, dass Opfer, die finanziell nicht unabhängig sind, oftmals gezwungen sind, mit ihrem Täter in einer Wohnung zu bleiben, um finanzielle Unsicherheit, Obdachlosigkeit oder Armut zu vermeiden, und dass diese Tendenz in letzter Zeit durch die COVID-19-Pandemie noch verstärkt wurde; in der Erwägung, dass ein gerechtes Arbeitsentgelt und wirtschaftliche Unabhängigkeit entscheidende Faktoren sind, um Frauen in die Lage zu versetzen, sich aus von Missbrauch und Gewalt geprägten Beziehungen zu lösen; in der Erwägung, dass durch die Praxis in einigen Mitgliedstaaten, die die Opfer zwingt, für die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen, mit denen eine finanzielle Entschädigung von den Tätern zugesprochen wird, mit dem Täter in Kontakt zu bleiben, die Opfer einer weiteren physischen und emotionalen Gefährdung ausgesetzt werden;

N.  in der Erwägung, dass Kinder außerdem als Zeugen von Gewalt auch „miterlebter Gewalt“(21) im familiären Umfeld ausgesetzt sind, wenn sie Formen von Misshandlung miterleben, die sich durch Akte physischer, verbaler, psychischer, sexueller und wirtschaftlicher Gewalt gegen Bezugspersonen oder andere in ihrem Gefühlsleben wichtige Personen richtet; in der Erwägung, dass diese Gewalt schwerwiegende Folgen für die psychische und emotionale Entwicklung des Kindes hat und es daher von wesentlicher Bedeutung ist, dieser Art von Gewalt bei Trennungen und in Vereinbarungen über das elterliche Sorgerecht gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, wobei das Kindeswohl vorrangige Erwägung ist, insbesondere bei der Festlegung des Sorgerechts und des Besuchsrechts nach einer Trennung; in der Erwägung, dass „miterlebte“ Gewalt nicht immer unmittelbar erkennbar ist, und dass Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, in ständiger erheblicher emotionaler Anspannung leben; in der Erwägung, dass die Gerichte in Fällen, in denen es sowohl um häusliche Gewalt als auch um Fragen des Kinderschutzes geht, auf Fachkräfte zurückgreifen sollten, die über das entsprechende Wissen und die Instrumente verfügen, um Entscheidungen gegen die Mutter zu vermeiden, die nicht alle Umstände angemessen berücksichtigen;

O.  in der Erwägung, dass Bildung eine grundlegende unterstützende Rolle beim Aufbau der Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zur Gestaltung gesunder Beziehungen spielt, insbesondere durch die Aufklärung über geschlechterspezifische Rollenerwartungen, die Gleichstellung der Geschlechter, über Machtdynamiken in Beziehungen, die Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit sowie die Einhaltung von Grenzen, und dazu beiträgt, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen; in der Erwägung, dass gemäß den internationalen technischen Leitlinien der UNESCO zur Sexualaufklärung lehrplanbasierte Programme zur umfassenden Sexualaufklärung es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, Wissen, positive Verhaltensweisen und Fähigkeiten in diesem Bereich zu entwickeln, einschließlich der Achtung der Menschenrechte, der Geschlechtergleichstellung, der Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit und der Vielfalt, und dass sie Kinder und Jugendliche stärken;

P.  in der Erwägung, dass es im Hinblick auf die Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt notwendig ist, sich auf kohärente und vergleichbare amtliche Daten zu stützen, die auf einem soliden und koordinierten Rahmen für die Datenerhebung beruhen; in der Erwägung, dass in den derzeit verfügbaren und von den Strafverfolgungs- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten erhobenen Daten nicht das gesamte Ausmaß der Gewalt in Paarbeziehungen und ihre Auswirkungen und langfristigen Folgen für die Frauen und ihre Kinder zum Ausdruck kommt, da die meisten Mitgliedstaaten weder nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Vergleichsdaten über Gewaltakte erheben noch Gewalt in Paarbeziehungen als eigenen Tatbestand anerkennen, sodass die tatsächliche Prävalenz und Häufigkeit von Gewalt in Paarbeziehungen nach wie vor in erheblichem Maße eine unquantifizierte und diffuse Grauzone bleibt; in der Erwägung, dass auch Daten über die erhöhten Risiken und die Prävalenz von häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen für bestimmte Gruppen, darunter benachteiligte oder diskriminierte Frauen, fehlen;

Q.  in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen häufig außer Acht gelassen wird und dass bei Vereinbarungen und Entscheidungen in Bezug auf das Sorge-, Umgangs-, Kontakt- und Besuchsrecht anscheinend in der Regel das gemeinsame Sorgerecht oder elterliches Erziehungsrecht festgelegt werden; in der Erwägung, dass die Ausklammerung dieser Gewalt katastrophale Folgen für Frauen und Kinder hat, die so eskalieren können, dass es letztendlich zu Femizid und/oder Infantizid kommt; in der Erwägung, dass die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen besondere Schutzmaßnahmen benötigen; in der Erwägung, dass sich die Lage der Opfer erheblich verschlechtert, wenn sie wirtschaftlich oder sozial vom Täter abhängig sind; in der Erwägung, dass es daher von entscheidender Bedeutung ist, dass diese Art von Gewalt bei Entscheidungen über Trennungs- und Sorgerechtsregelungen in vollem Umfang berücksichtigt wird und dass Vorwürfe von Gewalt vor Sorgerechts- und Umgangsrechtsfragen behandelt werden müssen; in der Erwägung, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten eine umfassende Bewertung nach dem Grundsatz des „Vorrangs des Kindeswohls“ sicherstellen sollten, damit bei der Festlegung des Sorge- und Besuchsrechts – unter Einbeziehung der Anhörung des Kindes – der Zugang zu sämtlichen relevanten Diensten, psychologischer Unterstützung und Berücksichtigung des Fachwissens aller beteiligten Fachleute gewährleistet ist;

R.  in der Erwägung, dass die Risikobewertungen der Strafverfolgungsbehörden in den meisten Mitgliedstaaten nicht systematisch Angaben von Kindern über ihre Erfahrungen mit Gewalt in Paarbeziehungen einbeziehen;

S.  in der Erwägung, dass bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, einschließlich familiärer Streitigkeiten, das Wohl des Kindes stets die vorrangige Erwägung sein sollte, und dass das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 9 des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes verankerte Recht jedes Kindes, mit beiden Elternteilen in Kontakt zu bleiben, eingeschränkt werden sollte, wenn dies für das Kindeswohl erforderlich ist;

T.  in der Erwägung, dass Kinder gemäß Artikel 12 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und gemäß den Artikeln 4 und 16 der Richtlinie (EU) 2016/800 das Recht haben, ihre Meinung in allen sie betreffenden Angelegenheiten – insbesondere in Gerichts- und Verwaltungsverfahren – in kindgerechter Weise zu äußern und dass ihre Meinung entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes gebührend zu berücksichtigen ist;

U.  in der Erwägung, dass zwei der renommiertesten Institutionen für psychische Gesundheit, nämlich die American Association of Psychology und die Weltgesundheitsorganisation, die Anwendung der so genannten „Eltern-Kind-Entfremdung“ und ähnlicher Konzepte und Begriffe verurteilen, da diese als Strategie gegen Gewaltopfer eingesetzt werden können, indem elterliche Fähigkeiten der Opfer in Frage gestellt, ihre Aussagen missachtet und der Gewalt, der die Kinder ausgesetzt sind, keine Beachtung geschenkt wird; in der Erwägung, dass Vorwürfe der elterlichen Entfremdung durch Väter, die Gewalt ausüben, gegen Mütter gemäß Empfehlung der EDVAW-Plattform als Fortsetzung der Machtausübung und Kontrolle durch staatliche Stellen und Akteure, insbesondere derjenigen, die über das Sorgerecht entscheiden, betrachtet werden müssen(22);

V.  in der Erwägung, dass anonyme Anzeigen und Anzeigen, die von den Opfern später zurückgezogen werden, die weitere Untersuchung durch die Behörden behindern und das Verhindern weiterer Gewalt erschweren können;

W.  in der Erwägung, dass Strafverfahren, die sich aus einer Anzeige häuslicher Gewalt ergeben, häufig vollständig separat von den Trennungs- und Sorgerechtsverfahren behandelt werden; in der Erwägung, dass dies bedeuten kann, dass das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder angeordnet wird und/oder Besuchsrechte verfügt werden, die die Rechte und die Sicherheit des Opfers und der Kinder gefährden; in der Erwägung, dass dieser Umstand unumkehrbare Folgen für die psychische und emotionale Entwicklung des Kindes haben kann, sodass in der Praxis das Kindeswohl selbst beeinträchtigt wird; in der Erwägung, dass es daher notwendig ist, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Opfer je nach ihren Bedürfnissen Zugang zu vertraulichen und kostenlosen Opferunterstützungsdiensten haben, die im Interesse der Opfer vor, während und für eine angemessene Zeit nach dem Strafverfahren tätig werden, einschließlich eines Systems der psychosozialen Unterstützung – insbesondere während und nach Vernehmungen –, das den mit den Umständen einhergehenden emotionalen Spannungen Rechnung trägt;

X.  in der Erwägung, dass gemäß Artikel 67 AEUV die Union einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu bilden hat, in dem die Grundrechte geachtet werden; der diskriminierungsfreie Zugang aller zur Justiz ist hierfür von zentraler Bedeutung;

Y.  in der Erwägung, dass die Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Opfer bei Familiensachen die vorrangige Überlegung sein muss, so dass Mechanismen zur alternativen Streitbeilegung, wie die Mediation, in Fällen, in denen Gewalt gegen Frauen und Kinder vorliegt, vor oder während des Gerichtsverfahrens nicht eingesetzt werden sollten, um eine weitere Schädigung der Opfer zu vermeiden;

Z.  in der Erwägung, dass die Vertragsparteien gemäß dem Übereinkommen von Istanbul verpflichtet sind, die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht betreffend Kinder berücksichtigt werden und dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder nicht gefährdet(23); in der Erwägung, dass sechs EU-Mitgliedstaaten und die EU das Übereinkommen von Istanbul acht Jahre nach Inkrafttreten noch nicht ratifiziert haben; in der Erwägung, dass das Übereinkommen von Istanbul der wichtigste bestehende internationale Rahmen zur Prävention und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt ist;

AA.  in der Erwägung, dass Frauen durch das gemeinsame Sorgerecht in Situationen von Gewalt in Paarbeziehungen ständig Formen verhinderbarer Gewalt ausgesetzt sind, da sie gezwungen sind, in geografischer Nähe zu den Tätern zu bleiben, und sie weiterer körperlicher und psychischer Gewalt sowie emotionaler Misshandlung ausgesetzt sind, was sich sowohl direkt als auch indirekt auf die Kinder auswirken kann; in der Erwägung, dass in Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen das Recht von Frauen und Kindern auf Schutz und ein Leben frei von körperlicher und psychischer Gewalt Vorrang vor dem gemeinsamen Sorgerecht haben sollte; in der Erwägung, dass Kinder von Gewalttätern in der Partnerschaft häufig Opfer von Misshandlungen werden können, um Macht und Gewalt gegen die Mutter auszuüben – ein Phänomen, das in manchen Mitgliedstaaten als indirekte Gewalt bezeichnet wird und als Form der geschlechtsspezifischen Gewalt anzusehen ist;

AB.  in der Erwägung, dass Telefon-Hotlines zwar ein entscheidender Kanal sind, um Unterstützung zu erhalten, jedoch nur 13 Mitgliedstaaten die Telefon-Hotline 116 006 der EU für Opfer von Gewaltverbrechen eingeführt haben, und nur wenige Mitgliedstaaten über spezielle Telefon-Hotlines für Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen verfügen;

AC.  in der Erwägung, dass Gewalt in Paarbeziehungen untrennbar mit Gewalt gegen Kinder und Kindesmisshandlung verbunden ist; in der Erwägung, dass es als Gewalt gegen Kinder zu betrachten ist, wenn sie häuslicher Gewalt ausgesetzt werden; in der Erwägung, dass Kinder, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, psychische und/oder körperliche und möglicherweise akute und chronische Gesundheitsschäden davontragen; in der Erwägung, dass sich die Viktimisierung von Kindern in Situationen von Gewalt gegen Frauen im Zusammenhang mit Sorgerechts- und Betreuungsstreitigkeiten fortsetzen und verschlimmern kann; in der Erwägung, dass sich die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern aufgrund der wegen COVID-19 erlassenen Beschränkungsmaßnahmen verschlechtert haben; in der Erwägung, dass die Menge der für Kinder angebotenen Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausfällt und häufig nicht ausreicht;

AD.  in der Erwägung, dass das Aufwachsen in einem gewalttätigen häuslichen Umfeld äußerst nachteilige Auswirkungen auf die physische, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes und sein anschließendes Verhalten als erwachsener Mensch hat; in der Erwägung, dass ein Risikofaktor gegeben ist, für Viktimisierung anfällig zu sein, problematisches Verhalten zu zeigen oder physische oder psychische Probleme zu entwickeln oder im Erwachsenenalter selbst gewalttätig zu werden, wenn Kinder Gewalt ausgesetzt sind, sei es durch Misshandlung und/oder als Zeugen von Gewalt in Paarbeziehungen;

AE.  in der Erwägung, dass es zwar Fortschritte gegeben hat, dass aber dennoch aus jüngsten Berichten erkennbar ist, dass Opfer von Straftaten in der Union ihre Rechte immer noch nicht umfassend in Anspruch nehmen können; in der Erwägung, dass der Zugang zu Hilfsdiensten für Frauen, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen sind, entscheidend ist; in der Erwägung, dass es nach wie vor eine unzureichende Anzahl spezialisierter und allgemeiner Hilfsdienste für Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen gibt und dass sich Opfer von Straftaten, die von ihrem Recht Gebrauch machen möchten, sich an die Justiz zu wenden, häufig Problemen aufgrund von mangelnden Informationen sowie mangelhafter Unterstützung und fehlenden Schutzes gegenüber sehen; und wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt und sie eine Entschädigung beantragen, oftmals eine sekundäre Viktimisierung erfahren; in der Erwägung, dass es mehrere Fälle gibt, in denen Strafverfolgungsbeamte und Justizsysteme nicht in der Lage sind, Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt sind, ausreichend zu unterstützen, und in der Erwägung, dass Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt sogar abschätzigem Verhalten oder unangemessenen Bemerkungen ausgesetzt sind, wenn sie die Gewalt anzeigen; in der Erwägung, dass zivilgesellschaftliche und öffentliche Organisationen, insbesondere solche, die mit Kindern und Opfern von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt zusammenarbeiten und sich für diese einsetzen, bei der Prävention von und dem Umgang mit häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen eine entscheidende Rolle spielen; in der Erwägung, dass solche Organisationen aufgrund ihrer praktischen Erfahrungen auch wertvolle Beiträge zur Politik und Gesetzgebung leisten können; in der Erwägung, dass EU-Förderprogramme wie das Programm „Justiz“ und das Programm „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ für die Unterstützung von Aktivitäten zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt genutzt werden können, insbesondere um den Zugang zur Justiz und die Finanzierung von Organisationen, die mit Opfern zusammenarbeiten, sicherzustellen;

AF.  in der Erwägung, dass grenzüberschreitende Trennungs-, Scheidungs- und Sorgerechtsverfahren vielschichtiger sind und in aller Regel länger dauern; in der Erwägung, dass die gestiegene Mobilität in der EU dazu geführt hat, dass eine zunehmende Anzahl grenzüberschreitender Streitigkeiten zu elterlicher Verantwortung und dem Sorgerecht für Kinder zu verzeichnen sind; in der Erwägung, dass die automatische Anerkennung von Entscheidungen über Sorgerechtsverfahren in Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt dahingehend problematisch ist, dass die Rechtsvorschriften über geschlechtsspezifische Gewalt in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind und nicht alle Mitgliedstaaten Gewalt in Paarbeziehungen als Straftat und eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt anerkennen; in der Erwägung, dass die Kommission ihre Bemühungen verstärken muss, um in allen Mitgliedstaaten die konsequente und konkrete Umsetzung der Grundsätze und Ziele des von allen EU-Mitgliedstaaten ratifizierten Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes zu fördern; in der Erwägung, dass für die Mitgliedstaaten als Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes bei allen öffentlichen Maßnahmen, insbesondere bei der Behandlung grenzüberschreitender Familienstreitigkeiten, das Kindeswohl stets an erster Stelle stehen muss; in der Erwägung, dass Artikel 83 Absatz 1 AEUV die Möglichkeit vorsieht, Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festzulegen, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben; in der Erwägung, dass Artikel 83 Absatz 2 AEUV die Möglichkeit vorsieht, „Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen“ festzulegen, um eine „wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind“, sicherzustellen;

AG.  in der Erwägung, dass Artikel 82 Absatz 2 AEUV die Möglichkeit der Festlegung von in den Mitgliedstaaten anwendbaren Mindestvorschriften zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension vorsieht, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Opfer von Straftaten;

Allgemeine Anmerkungen

1.  verurteilt sämtliche Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen auf das Schärfste und bedauert, dass Frauen und Kinder in ihrer ganzen Vielfalt nach wie vor Gewalt in Paarbeziehungen ausgesetzt sind, wobei es sich um eine schwere Verletzung ihrer Menschenrechte und ihrer Menschenwürde handelt, was sich auch auf die wirtschaftliche Stellung von Frauen auswirkt, wobei sich dieses Phänomen während der COVID-19-Krise weiter verschärft hat;

2.  erinnert daran, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über Gewalt gegen Frauen festgestellt hat, dass die COVID-19-Krise das Fehlen einer ordnungsgemäßen Umsetzung internationaler Übereinkommen zum Schutz vor und zur Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt verdeutlicht hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dringend mit der Zunahme von Gewalt in Paarbeziehungen während der COVID-19-Pandemie zu befassen, und ermutigt sie zum Austausch von landesweiten Innovationen, Leitlinien, bewährten Verfahren und Protokollen, die sich beim Umgang mit Gewalt in Paarbeziehungen und für die Hilfe für Opfer – insbesondere in Notfällen – als wirksam erwiesen haben; fordert die Kommission auf, diese Vorgehensweisen zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten und die lokalen Behörden auf, das Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt zu ermitteln und die Opfer von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu unterstützen, indem sie ihnen Sicherheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit durch den Zugang zu speziellen Unterkünften und zu grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen wie Gesundheit und Verkehr sowie professionelle psychologische Unterstützung garantieren; fordert die Kommission auf, ein Protokoll der Europäischen Union zu Gewalt gegen Frauen in Krisen- und Notsituationen auszuarbeiten und Opfer während Notsituationen wie der COVID-19-Pandemie zu unterstützen, sichere und flexible Notfallwarnsysteme einzurichten und an die Opfer gerichtete Schutzangebote wie Beratungsstellen, sichere Unterkünfte und Gesundheitsdienste als in den Mitgliedstaaten bereitgestellte „grundlegende Dienste“ aufzunehmen; betont in diesem Zusammenhang, dass konkrete Maßnahmen benötigt werden, um die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede im Bereich der Rechtsetzung, der Politik und der Dienstleistungen abzubauen und um den Anstieg der häuslichen und geschlechtsspezifische Gewalt im Rahmen der COVID-19-Pandemie anzugehen;

3.  betont, dass die Täter Gerichtsverfahren häufig dazu ausnutzen, ihre Macht und Kontrolle auszuweiten, ihre Opfer weiter einzuschüchtern und weiter Angst bei ihnen zu schüren; betont in diesem Zusammenhang, dass der gewalttätige Elternteil häufig auf das Kind einwirkt und das gemeinsame Sorgerecht zu manipulativen Zwecken beantragt, um auch nach der Trennung Druck auf die Mutter auszuüben; betont, dass die Täter in der Absicht, ihren Partnern bzw. Ex-Partnern Leid zuzufügen, häufig die Kinder misshandeln oder damit drohen, ihnen Schaden zuzufügen oder sie mitzunehmen, was schwerwiegende Folgen für die harmonische Entwicklung des Kindes nach sich zieht; weist darauf hin, dass dies auch eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt ist; stellt fest, dass Täter die Zurückhaltung von Unterhaltszahlungen als Drohung und eine Form des Missbrauchs ihrer Opfer nutzen können; betont, dass diese Vorgehensweise bei Opfern großen psychologischen Schaden anrichten und finanzielle Schwierigkeiten verursachen oder verschärfen kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass die Opfer Unterhaltszahlungen aus Opferfonds erhalten, um finanziellen Missbrauch und die Gefahr einer weiteren Schädigung der Opfer zu vermeiden;

4.  begrüßt die Strategie der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025 zur Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt und betont, wie wichtig es ist, ihre zentralen Zielsetzungen in dieser Hinsicht vollständig und rasch umzusetzen; weist auf die alarmierenden Zahlen zu geschlechtsspezifischer Gewalt hin, die patriarchalische Verhaltensweisen offenbaren, die dringend umgestaltet werden müssen; weist erneut darauf hin, dass ein gemeinsames Vorgehen unerlässlich ist, damit die Rechte von Frauen in Europa nach oben hin angenähert und harmonisiert werden; fordert daher die Schaffung einer Ratsformation zur Gleichstellung der Geschlechter innerhalb des Europäischen Rates, damit die Vertreter der Mitgliedstaaten zu regelmäßigen Treffen zusammenkommen, die Gesetzgebung betreiben und sich über bewährte Verfahren austauschen können; betont, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einen intersektionalen, möglichst integrativen Ansatz beinhalten müssen, um jede Art von Diskriminierung zu vermeiden;

5.  weist darauf hin, dass das Übereinkommen von Istanbul ein zentrales Instrument bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist; bedauert, dass das Übereinkommen von der Europäischen Union noch nicht ratifiziert wurde und dass es bis heute erst von 21 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde; fordert seine zügige Ratifizierung und Umsetzung auf nationaler Ebene und Unionsebene; fordert Bulgarien, Lettland, Litauen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn nachdrücklich auf, das Übereinkommen von Istanbul zu ratifizieren; bekräftigt seine entschlossene Verurteilung der jüngsten Entscheidung des polnischen Justizministers, das Austrittsverfahren Polens aus dem Übereinkommen von Istanbul offiziell zu beginnen, was einen Rückschlag für die Gleichstellung der Geschlechter, die Frauenrechte und die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt bedeuten würde; fordert die Kommission auf, die Ausarbeitung eines umfassenden Rahmenkonzepts, das sich aus politischen Maßnahmen, Programmen und anderen Initiativen zusammensetzt, fortzusetzen, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu bekämpfen, und im Rahmen seiner Finanzierungsprogramme, die im mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 und über das Programm Daphne abgesichert sind, ausreichende und angemessene Ressourcen für Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens von Istanbul einzuplanen; begrüßt sämtliche Kampagnen, die sich für die Ratifizierung und Umsetzung des Übereinkommens von Istanbul einsetzen; unterstützt das Vorhaben der Kommission, weiterhin auf die EU-weite Ratifizierung zu drängen; verurteilt aufs Schärfste sämtliche Versuche, das Übereinkommen von Istanbul zu diskreditieren, und verurteilt die Versuche, die Fortschritte im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt, die in einigen Mitgliedstaaten unternommen werden, wieder zunichte zu machen; stellt mit großer Sorge fest, dass die tatsächliche Umsetzung des Übereinkommens EU-weit nach wie vor lückenhaft ist; fordert die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, auf, seine umfassende, wirksame und praktische Umsetzung sicherzustellen und besonderes Augenmerk auf Artikel 31 des Übereinkommens von Istanbul zu legen sowie alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht für Kinder stets unter Achtung der Unschuldsvermutung berücksichtigt werden und dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder nicht gefährdet;

6.  fordert die Kommission und den Rat auf, geschlechtsspezifische Gewalt in die Liste der Kriminalitätsbereiche gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV aufzunehmen und dabei die besondere Notwendigkeit zu berücksichtigen, diese Straftat auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen; fordert die Kommission auf, dies als Rechtsgrundlage zu nutzen, um verbindliche Maßnahmen und eine ganzheitliche EU-Rahmenrichtlinie zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich der Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen auf Frauen und Kinder, vorzuschlagen, die einheitliche Standards und Sorgfaltspflichten zur Datenerhebung, zur Gewaltprävention und zu Ermittlungen nach Fällen von Gewalt, zum Opfer- und Zeugenschutz sowie zur Verfolgung und Bestrafung von Tätern enthalten; weist darauf hin, dass solche neuen gesetzgeberischen Maßnahmen in jedem Fall mit den Rechten, Pflichten und Zielen des Übereinkommens von Istanbul in Einklang stehen sollten und die Ratifizierung des Übereinkommens ergänzen sollten; empfiehlt, das Übereinkommen von Istanbul als Mindeststandard zu betrachten und weitere Fortschritte bei der Ausmerzung geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt anzustreben;

7.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalt im Internet, einschließlich Belästigung im Internet, Cybermobbing und frauenfeindlicher Hetze, von denen Kinder und vor allem Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind, zu beseitigen und insbesondere gegen die Zunahme dieser Formen geschlechtsspezifischer Gewalt während der COVID-19-Pandemie vorzugehen; fordert die Kommission auf, einschlägige Vorschriften und andere mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hetze und Belästigung im Internet vorzulegen;

8.  bedauert, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Bekämpfung häuslicher Gewalt angesichts des Ausmaßes dieses Phänomens nicht ausreichend finanzieren; stellt fest, dass die Mitgliedstaaten, die die Mittel zur Bekämpfung häuslicher Gewalt erheblich aufgestockt haben, Ergebnisse erzielt haben, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung der Anzahl an Femiziden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die für die Bekämpfung häuslicher Gewalt vorgesehenen Mittel zu erhöhen; ist besorgt angesichts der Tatsache, dass Finanzierung häufig nur fragmentiert und kurzfristig sowie unter erheblichem Verwaltungsaufwand zur Verfügung gestellt wird, was den Zugang von Verbänden zu Finanzmitteln einschränken und somit die Qualität der Unterstützung für Opfer häuslicher Gewalt und ihre Kinder beeinträchtigen kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich für eine stabile und langfristige Finanzierung einzusetzen;

Schutz, Sicherheit und Unterstützung für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt – der Umgang mit Gewalt in Paarbeziehungen bei Entscheidungen über das Sorgerecht und Umgangsregelungen

9.  erinnert daran, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, deren Wohl im Vordergrund stehen muss; erinnert an das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt ist, regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen, soweit dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht; stellt fest, dass das gemeinsame Sorgerecht und unbeaufsichtigte Besuche grundsätzlich wünschenswert sind, um gleiche Rechte und Pflichten für die Eltern sicherzustellen, es sei denn, das Kindeswohl wird dadurch gefährdet; betont, dass es dem Kindeswohl zuwiderläuft, wenn die elterliche Verantwortung gemäß Gesetz automatisch einem oder beiden Elternteilen zugewiesen wird; erinnert daran, dass gemäß dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes die Beurteilung des Kindeswohls eine einzigartige Maßnahme ist, die in jedem einzelnen Fall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Kindes vorgenommen werden sollte; betont, dass Gewalt in Paarbeziehungen wegen ihrer schwerwiegenden Folgen für Frauen und Kinder und auch des Risikos von der Trennung nachfolgenden Gewaltexzessen wie Femizid und Infantizid eindeutig nicht mit dem Wohl des Kindes, dem aufgeteiltem Sorgerecht und der gemeinsamen Fürsorge vereinbar ist; betont, dass der Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt und das Kindeswohl bei der Festlegung der Modalitäten des Sorgerechts und des Umgangs- und Besuchsrechts von überragender Bedeutung ist und daher Vorrang vor anderen Kriterien haben muss; betont, dass die Rechte oder Ansprüche von Tätern oder mutmaßlichen Tätern während und nach einem Gerichtsverfahren, insbesondere in Bezug auf Eigentum, Privatsphäre, Sorgerecht für das Kind, Zugang, Umgang und Besuche, im Lichte der Menschenrechte von Frauen und Kindern auf Leben und körperliche, sexuelle und psychische Unversehrtheit bestimmt und vom Grundsatz des Kindeswohls geleitet werden sollten(24); betont daher, dass der Entzug von Sorge- und Besuchsrecht des gewalttätigen Partners und die Zuerkennung des alleinigen Sorgerechts an die Mutter, wenn sie Opfer von Gewalt ist, die einzige Möglichkeit sein kann, um weitere Gewalt und die sekundäre Viktimisierung der Opfer zu verhindern; betont, dass die Zuerkennung der gesamten elterlichen Verantwortung an das eine Elternteil mit entsprechenden Ausgleichsmechanismen einhergehen muss, wie z. B. Sozialhilfe und vorrangiger Zugang zu kollektiven und individuellen Betreuungsregelungen;

10.  betont, dass die Nichtberücksichtigung von Gewalt in Paarbeziehungen bei Entscheidungen über Umgangs- und Sorgerecht eine fahrlässige Verletzung der Menschenrechte auf Leben, ein gewaltfreies Leben und die gesunde Entwicklung von Frauen und Kindern darstellt; fordert nachdrücklich, dass jegliche Form der Gewalt, einschließlich wenn Kinder Zeugen von Gewalt gegen einen Elternteil oder eine ihnen nahestehende Person werden, rechtlich und in der Praxis als Menschenrechtsverletzung und Verbrechen gegen das Kindeswohl betrachtet wird; ist zutiefst besorgt über die alarmierende Zahl von Femiziden in Europa, die die extremste Form von Gewalt gegen Frauen darstellen; sieht Grund zur Sorge angesichts der steigenden Zahlen, in denen es zu Femiziden und Infantiziden kommt, nachdem die Frau geschlechtsspezifische Gewalt angezeigt hat, dass Frauen nur unzulänglicher Schutz gewährt wird; betont, dass in Fällen von Femizid die elterliche Sorge des beschuldigten Elternteils aus Gründen des Kindeswohls systematisch für die gesamte Dauer des Verfahrens ausgesetzt werden sollte; betont ferner, dass Nachkommen von der Unterhaltspflicht gegenüber einem Elternteil befreit werden sollten, wenn dieser für Femizid verurteilt wurde; fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, sicherzustellen, dass alle weiblichen Opfer, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen geworden sind, in all ihrer Vielfalt und unabhängig von ihrem Status in angemessenem Umfang und kostenlos Zugang zu Justiz und Opferschutz erhalten, und im Bedarfsfall für die Bereitstellung von Dolmetschdiensten zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die zuständigen Stellen der Tatsache Beachtung schenken, dass Frauen und Kinder mehreren Formen der Diskriminierung ausgesetzt sein können, die einander überlagern; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Betreuung, die Überwachung und den Schutz von Frauen, die geschlechtsspezifische Gewalt angezeigt haben, zu verstärken; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Unterstützungsdienste einen koordinierten Ansatz zur Identifizierung gefährdeter Frauen verfolgen, um sicherzustellen, dass all diese Maßnahmen für alle Frauen und Mädchen in ihrem Zuständigkeitsbereich verfügbar und zugänglich sind; betont, dass, wenn ein Täter auf frischer Tat festgenommen wird, das Opfer an einen sicheren Ort gebracht werden und der Schutz der Kinder vor dem Angreifer obligatorisch sein sollte, betont ferner, dass, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Festnahme nicht erfüllt sind, der mutmaßliche Täter dennoch unverzüglich aus dem Haus des Opfers entfernt und vom Arbeitsplatz des Opfers ferngehalten werden sollte, um weitere Gewalt zu verhindern;

11.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Systeme zu entwickeln, die es Dritten und Verbänden ermöglichen, den Umgang mit den Kindern des gewalttätigen Ex-Partners zu regeln, um die Gefährdung von Müttern, die Opfer häuslicher Gewalt sind, zu verringern, wenn ihr ehemaliger Partner nach wie vor ein Besuchsrecht, Zugang zu einer Unterkunft oder das gemeinsame Sorgerecht hat; ist der Ansicht, dass diese Mechanismen für Frauen zugänglich sein müssen, sobald sie häusliche Gewalt melden; ist der Ansicht, dass für diese Aufgabe spezifische Fähigkeiten erforderlich sind und dass die mit dem Umgang mit den Kindern betrauten Personen eine angemessene Ausbildung erhalten müssen; ist der Auffassung, dass diese Mechanismen von spezialisierten Verbänden und Institutionen getragen werden sollten;

12.  ist besorgt angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt; weist auf die Situation von Frauen hin, die Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt sind und in Gebieten leben, in denen es an Unterstützungsstrukturen mangelt und der Zugang zur Justiz sowie zu öffentlichen und Rechtsdiensten, um ihre Rechte verteidigen zu können, schwierig ist; ist besorgt darüber, dass spezialisierte Hilfsdienste nicht in allen Mitgliedstaaten in gleichem Umfang zur Verfügung stehen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, für deren angemessene geografische Streuung zu sorgen und sicherzustellen, dass Opfern, unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Frauen oder ihrer Fähigkeit oder Bereitschaft, an einem Verfahren gegen den mutmaßlichen Täter mitzuwirken, spezialisierte Hilfsdienste für die sofortige, kurzfristige und langfristige Unterstützung zur Verfügung stehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, uneingeschränkten Zugang zu Rechtsdienstleistungen und maßgeschneiderten Diensten sowie Maßnahmen vorzusehen, die auf konkrete Situationen ausgelegt sind, in denen es im ländlichen Raum zu Gewalt in Paarbeziehungen kommt; betont, dass verschiedene Dienste und Programme untereinander vernetzt werden müssen, um Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen in ländlichen und abgelegenen Gebieten erfolgreich zu bekämpfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit zu prüfen, EU-Mittel, insbesondere für die regionale Entwicklung bestimmte Mittel, für dieses Problem einzusetzen;

13.  begrüßt die EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020–2025), die sich mit den besonderen Bedürfnissen von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt befasst, insbesondere den spezifischen Ansatz für psychische Gewalt gegen Frauen und die langfristigen Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit; fordert die Kommission auf, bei ihrer Bewertung der EU-Opferschutzrichtlinie zu prüfen, ob der geschlechterspezifische Aspekt der Viktimisierung angemessen und wirksam berücksichtigt wurde, insbesondere hinsichtlich internationaler Standards zur Gewalt gegen Frauen, etwa des Übereinkommens von Istanbul, und die Rechtsvorschriften über die Rechte von Opfern sowie deren Schutz und deren Entschädigung angemessen auszuweiten; fordert, dass die Rechte von Opfern weiter gefördert werden, darunter durch bereits bestehende Instrumente wie die Europäische Schutzanordnung; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedstaaten die Opferschutzrichtlinie in nationales Recht übertragen und vollständig und korrekt umsetzen, damit die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen uneingeschränkten Zugang zu einer Reihe von Unterstützungsdiensten erhalten, einschließlich spezialisierter und allgemeiner Unterstützungsdienste sowie der Telefon-Hotline 116 006 für Opfer von Verbrechen;

14.  empfiehlt den Mitgliedstaaten, alternative Systeme für Opfer einzurichten, die keine Beschwerde einreichen, damit sie die Rechte, die Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen zuerkannt werden, z. B. Sozial- und Arbeitsrechte, wahrnehmen können, etwa durch Gutachten, die von spezialisierten öffentlichen Diensten erstellt wurden und den Status von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt bestätigen;

Schutz und Unterstützung: Zugang zu Rechtsschutz, Notunterkünften und Opferfonds

15.  hebt hervor, welch zentrale Rolle der wirtschaftlichen Unterstützung von Opfern zukommt, um finanzielle Unabhängigkeit vom gewalttätigen Partner zu erlangen; betont, dass die Mehrheit der Frauen während Trennungs- und Scheidungsverfahren ärmer wird und dass einige Frauen aus Angst vor dem Verlust des Sorgerechts darauf verzichten, ihren gerechten Anteil und ihnen zustehendes Recht einzufordern; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, dem Risiko, dass Opfer häuslicher Gewalt während Trennungs- und Scheidungsprozessen in eine prekäre Lage geraten, besondere Aufmerksamkeit zu widmen; betont, dass die wirtschaftlichen Hindernisse beseitigt werden müssen, die eine Frau dazu veranlassen können, die erlittene Gewalt nicht zur Anzeige zu bringen; weist darauf hin, dass ein angemessenes Einkommen und wirtschaftliche Unabhängigkeit entscheidende Faktoren sind, um Frauen in die Lage zu versetzen, sich aus von Missbrauch und Gewalt geprägten Beziehungen zu lösen; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung wirtschaftlicher Gewalt einzuführen, um das Vermögen und Einkommen von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen und einen Rahmen zu schaffen, der rasche und wirksame Entscheidungen über Unterhaltszahlungen für Kinder ermöglicht, mit denen die Befähigung zur Selbstbestimmung, die finanzielle Sicherheit und die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt sichergestellt werden sollen, um es ihnen zu ermöglichen, die Kontrolle über das eigene Leben zu übernehmen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine derartige Unabhängigkeit zu fördern und zu unterstützen; begrüßt den Vorschlag einer Richtlinie über angemessene Mindestlöhne(25) und den Vorschlag verbindlicher Maßnahmen zur Lohntransparenz(26); betont, wie wichtig die Umsetzung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben(27) ist, ist sie doch von besonderer Bedeutung für Alleinerziehende, da ihnen geholfen würde, ihre besondere Beschäftigungssituation mit ihren Betreuungspflichten zu vereinbaren, etwa durch die Sicherstellung zugänglicher und angemessener Betreuungseinrichtungen; fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene finanzielle Unterstützungsleistungen sicherzustellen und Kompensationsmechanismen für Opfer zu entwickeln, mit denen sich die Umsetzung und Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen koordinieren, überwachen und regelmäßig bewerten lässt, um wirtschaftliche Gewalt gegen Frauen zu verhindern;

16.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dafür einzusetzen, dass Frauen, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen geworden sind, einen besseren Zugang zu Rechtsschutz erhalten, wirksam angehört werden, Kontaktverbote erwirken können, Unterkunft und Beratung erhalten sowie Opferfonds und auf die Stärkung der finanziellen Eigenverantwortung ausgelegte Programme in Anspruch nehmen können; fordert die Mitgliedstaaten auf, durch die Bereitstellung von Unterstützung für Mütter und ihre Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, in Form von Gemeinschafts-, Ausbildungs- und finanziellen Hilfen, beispielsweise Opferfonds für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, um sicherzustellen, dass diese Mütter über die notwendigen Mittel verfügen, um für ihre Kinder zu sorgen und zu verhindern, dass ihnen das Sorgerecht entzogen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, besondere, auf gemeinsamen Mindeststandards basierende Verfahren anzuwenden und Opfern häuslicher Gewalt Unterstützung zuteilwerden zu lassen, um zu verhindern, dass sie aufgrund des gemeinsamen Sorgerechts erneut zu Opfern werden oder das Sorgerecht für ihre Kinder vollständig verlieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Gerichtskosten von Opfern häuslicher Gewalt zu übernehmen, wenn diese über keine ausreichenden Mittel verfügen, um ihnen angemessenen Rechtsbeistand durch einen Anwalt sicherzustellen, der auf Situationen häuslicher Gewalt spezialisiert ist; fordert die Kommission auf, die EU-weite Festlegung von Mindeststandards für Schutzanordnungen zu prüfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen über die gesamte Dauer ihrer Rechtsverfahren hinweg jederzeit Zugang zu psychologischer Unterstützung und Beratung erhalten;

17.  bedauert den Mangel an geeigneten Lösungen für die Not- und Übergangsunterbringung von Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen und ihren Kindern; fordert Mitgliedstaaten auf, Notunterkünfte speziell für Fälle von Gewalt in Paarbeziehungen einzurichten und für ihre ständige Verfügbarkeit zu sorgen, um geeignete Dienste für die Betreuung und den Schutz von Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, sowie eventuell beteiligte Kinder auszubauen, zu verbessern und sicherzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den zuständigen Behörden adäquate Mittel – auch im Rahmen von Projekten und Ausschreibungen für die Schaffung und den Ausbau von Frauenhäusern – zur Verfügung zu stellen sowie in andere geeignete Maßnahmen zu investieren, um Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, Privatsphäre sowie ein sicheres und ortsnahes Umfeld zu bieten;

18.  bedauert, dass Frauen in eine Lage ohne angemessene soziale, gesundheitliche und psychologische Unterstützung geraten können; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bereitstellung wirksamer, zugänglicher, universeller und hochwertiger medizinischer und psychologischer Unterstützung für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich Leistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, sicherzustellen, insbesondere in Krisenzeiten, in denen diese Unterstützung als wesentlich erachtet werden muss, z. B. durch Investitionen in die Telemedizin, um zu gewährleisten, dass die Gesundheitsdienste weiterhin erbracht werden können;

19.  ersucht die Mitgliedstaaten, eine auf die Patienten ausgerichtete Gesundheitsversorgung zu schaffen, die die Früherkennung von Gewalt im häuslichen Umfeld und die Organisation von fachgerechten therapeutischen Behandlungsmaßnahmen und Unterbringungsprogrammen sowie von Rechtsdienstleistungen für Opfer ermöglicht, wodurch sich die Folgen von Gewalt in Paarbeziehungen erheblich verringern und weitere Gewalt verhindern ließen;

20.  fordert die Mitgliedstaaten auf, virtuelle Optionen zur Unterstützung der Opfer von Gewalt zu untersuchen, auch mit Blick auf die psychische Gesundheit und auf Beratung, unter Berücksichtigung der bestehenden Ungleichheiten beim Zugang zu IT-Diensten;

21.  tritt für bewährte Verfahren ein, wie sie bereits in einigen Mitgliedstaaten bestehen, um weitere Gewalt zu verhindern, etwa die Verzeichnung der Telefonnummern von Opfern von Stalking und Gewalt in Paarbeziehungen in speziellen Listen, damit künftig im Notfall Anrufe von diesen Nummern absoluten Vorrang erhalten, und um wirksame Einsätze zur Strafverfolgung zu ermöglichen;

Schutz und Hilfe für Kinder

22.  betont, dass es auf EU-Ebene gemeinsamer Rechtsdefinitionen und Mindeststandards zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und zum Schutz der Kinder von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt bedarf, da Gewalt in Paarbeziehungen, Zeugenschaft von Gewalt und indirekte Gewalt in vielen Rechtssystemen nicht anerkannt werden; weist darauf hin, dass Kinder, die Zeugen von Gewalt in ihrem familiären Umfeld sind, nicht als Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt anerkannt werden, was sich unmittelbar auf die Datenerhebung durch Polizei und Justiz und auf die länderübergreifende Zusammenarbeit auswirkt; betont die Notwendigkeit, Kindern, die Zeugen von Gewalt in Paarbeziehungen sind oder indirekte Gewalt erleiden, in Straf- und Ermittlungsverfahren den Status eines Opfers geschlechtsspezifischer Gewalt zuzuerkennen, damit sie besseren Rechtsschutz und angemessene Unterstützung erhalten; empfiehlt daher die Einführung systematischer Verfahren für die Betreuung und insbesondere die psychologische Betreuung von Kindern, die Opfer, aber auch Zeugen von Gewalt in Paarbeziehungen sind, einzuführen, um auf die im Leben dieser Kinder durch das Erleben dieser Gewalt verursachten Störungen einzugehen und zu verhindern, dass sie selbst diese Form von Gewalt im Erwachsenenleben ausüben; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, geeignete Bestimmungen über die sogenannte „miterlebte Gewalt“ einzuführen, einschließlich der Festlegung erschwerender Umstände;

23.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eine jährliche Kampagne einzuleiten, die der Information von Kindern und der Sensibilisierung über die Rechte von Kindern dient; fordert die Mitgliedstaaten auf, zur Betreuung von Kindern, die Opfer von Gewalt geworden sind, spezielle Zentren einzurichten, in denen Kinderärzte und Therapeuten tätig sind, die auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisiert sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, Kontaktstellen für Kinder einzurichten, die u. a. per Telefon, E-Mail, online, Chat usw. leicht erreichbar sind und Kindern die Möglichkeit bieten, das Thema Gewalt anzusprechen, Fragen zu stellen und gegen sie selbst, einen Elternteil oder ein Geschwisterkind verübte Gewalt zu melden, und von der sie Informationen und Beratung erhalten oder an andere Unterstützungsstellen weiterverwiesen werden können;

24.  betont, dass dem Kind insbesondere die Möglichkeit gegeben werden muss, angehört zu werden, was für die Feststellung des Kindeswohls bei der Prüfung von Sorgerechts- und Pflegschaftsrechtsfällen entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes unerlässlich ist; weist darauf hin, dass solche Anhörungen in jedem Fall und unbedingt in den Fällen, in denen ein Verdacht auf Gewalt in Paarbeziehungen besteht, in einem kinderfreundlichen Umfeld von geschulten Fachkräften wie Ärzten oder Psychologen – etwa solchen mit einer Zusatzqualifikation in Kinderneuropsychiatrie – durchgeführt werden sollten, damit die Auswirkungen von Sorgerechtsregelungen auf die harmonische Entwicklung des Kindes untersucht werden können und sich die Traumatisierung nicht verschärft und keine Viktimisierung entsteht; fordert EU-Mindeststandards für die Durchführung solcher Anhörungen; weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass Opfern und deren Kindern nach der Zeit des Missbrauchs für die gesamte Dauer des Genesungsprozesses eine langfristige psychologische und psychiatrische Betreuung und Sozialberatung in angemessenem Umfang sichergestellt wird;

25.  betont, dass in Fällen, in denen das Opfer oder ein betroffenes Kind eine Behinderung aufweist oder einer besonders schutzbedürftigen Gruppe angehört, besondere Aufmerksamkeit und spezielle Verfahren und Standards notwendig sind;

26.  begrüßt die von der Kommission vorgelegte umfassende Strategie zum Schutz gefährdeter Kinder und zur Förderung einer kindgerechten Justiz; betont, dass die Rechte der schutzbedürftigsten Kinder gewahrt werden müssen, wobei Kindern mit Behinderungen, der Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt und der Förderung einer kindgerechten Justiz besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist; fordert die umfassende und zügige Umsetzung der Strategie durch alle Mitgliedstaaten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu ergreifen, indem sie in Präventionsmaßnahmen und Behandlungsprogramme investieren, die verhindern sollen, dass die Täter erneut straffällig werden, und indem sie die Opfer wirksamer unterstützen und die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Organisationen der Zivilgesellschaft verstärken; betont, dass bei Verdacht auf Kindesmissbrauch unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten und weitere oder potenzielle Gewalt zu stoppen und zu verhindern, wobei das Recht des Kindes auf Anhörung während des gesamten Prozesses gewährleistet sein muss; ist der Auffassung, dass ein solches Vorgehen eine sofortige Risikobewertung und Schutzmaßnahmen umfassen sollte, die ein breites Spektrum wirksamer Maßnahmen wie einstweilige Maßnahmen oder Schutz- oder Unterlassungsanordnungen während der Abklärung des Sachverhalts umfassen; erinnert daran, dass in allen Verfahren, an denen Kinder als Opfer von Gewalt beteiligt sind, grundsätzlich ein zügiges Vorgehen geboten ist; betont, dass Gerichte, die sich mit Kindesmissbrauch befassen, auch über eine Spezialisierung auf geschlechtsspezifische Gewalt verfügen sollten;

27.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um dem sexuellen Missbrauch von Kindern ein Ende zu setzen, indem sie in Präventivmaßnahmen investieren, spezifische Programme für potenzielle Straftäter ausarbeiten und die Opfer wirksamer unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu verbessern, um den sexuellen Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu bekämpfen;

28.  betont, dass Gewalt gegen Kinder auch mit geschlechtsspezifischer Gewalt einhergehen kann, wenn diese entweder Zeugen der Gewalt werden, die gegen ihre Mutter ausgeübt wird, oder wenn sie selbst Opfer von Misshandlungen sind, wenn diese indirekt zur Ausübung von Macht und psychischer Gewalt gegen ihre Mutter eingesetzt werden; stellt fest, dass Programme zur Unterstützung von Kindern, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, unerlässlich sind, um langfristige Schäden auf ein Mindestmaß zu senken; fordert die Mitgliedstaaten auf, weiterhin innovative Programme durchzuführen, die auf die Bedürfnisse dieser Kinder abgestimmt sind, z. B. durch die Schulung von Anbietern, die mit Kindern arbeiten, um Frühwarnzeichen zu erkennen, angemessene Reaktionen und Unterstützung zu bieten und Kindern während Straf- und Zivilverfahren, die auch sie betreffen, wirksame psychologische Hilfe zu leisten; empfiehlt den Mitgliedstaaten nachdrücklich, systematische Verfahren für die Betreuung von Kindern, die Opfer oder Zeugen von häuslicher Gewalt sind, einzuführen, darunter psychologische Unterstützung, um auf die im Leben dieser Kinder durch das Erleben dieser Gewalt verursachten Störungen einzugehen und zu verhindern, dass sie selbst diese Form von Gewalt im Erwachsenenleben ausüben;

Prävention: Ausbildung von Expertinnen und Experten

29.  fordert einen regelmäßigen, wirksamen Aufbau von Kapazitäten und obligatorische zielgerichtete Schulungen von Fachkräften, die mit Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt, Kindesmissbrauch und allgemein mit allen Formen häuslicher Gewalt und deren Mechanismen, einschließlich Manipulation, psychischer Gewalt und Kontrolle durch Zwang, befasst sind; unterstreicht, dass eine solche zielgerichtete Schulung daher für Richter, Strafverfolgungsbeamte, spezialisierte Angehörige der Rechtsberufe, gerichtsmedizinisches Personal, Angehörige der Gesundheitsberufe, Sozialarbeiter, Lehrer und Kinderbetreuer sowie für in diesen Bereichen tätige öffentliche Bedienstete bestimmt sein sollte; fordert, dass bei dieser Schulung auch die Bedeutung von Gewalt in Paarbeziehungen für die Rechte von Kindern sowie für ihren Schutz und ihr Wohlergehen hervorgehoben wird; fordert, dass diese Schulung die Kenntnisse und das Verständnis dieser Fachleute für die derzeitigen Schutzmaßnahmen sowie für die Sicherheit, die Auswirkungen der Straftat, die Bedürfnisse des Opfers und die Art und Weise, wie auf diese Bedürfnisse eingegangen werden kann, verbessert und ihnen angemessene Fähigkeiten vermittelt, um besser mit den Opfern zu kommunizieren und sie zu unterstützen; fordert, dass sie durch diese Schulungsmaßnahmen auch in die Lage versetzt werden, die Situation mithilfe zuverlässiger Instrumente zur Risikobewertung zu beurteilen und Anzeichen von Missbrauch zu erkennen; unterstreicht die Notwendigkeit, die von den beteiligten Fachkräften genutzten Mechanismen zur Erkennung dieser Anzeichen zu bewerten; fordert, dass bei dieser Schulung die Bedürfnisse und Belange der Opfer im Vordergrund stehen und anerkannt wird, dass Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt durch einen spezifischen, geschlechtersensiblen und menschenrechtsorientierten Ansatz unter Einhaltung nationaler, regionaler und internationaler Normen und Maßnahmen angegangen werden müssen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, eine solche Schulung zu entwickeln und zu finanzieren; erinnert in diesem Zusammenhang an die Bedeutung des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten; betont, dass zivilgesellschaftliche Organisationen, die mit Kindern und Opfern von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt arbeiten und sich für diese einsetzen, gebeten werden sollten, derartige Schulungen anzubieten oder zumindest daran teilzunehmen, um das Wissen und ihre Expertise weiterzugeben, die sie aus realen Erfahrungen gewonnen haben; fordert die Kommission auf, diese Art von Schulungen zu erleichtern und zu koordinieren und sich dabei besonders auf grenzüberschreitende Fälle zu konzentrieren;

30.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass ihre Polizei- und Justizdienste angemessen finanziert, ausgestattet und geschult sind, um Beschwerden über häusliche Gewalt zu bearbeiten und dabei reaktionsfähig zu sein; bedauert, dass die Unterfinanzierung und die Haushaltskürzungen bei diesen Diensten zu Verfahrensmängeln, einem Mangel an Informationen für die Beschwerdeführer über den Fortgang des Verfahrens und übermäßigen Verzögerungen führen können, die mit dem Gebot des Opferschutzes und der Erholung der Opfer nicht vereinbar sind; unterstreicht die wichtige Rolle der Sozialarbeiter und Psychologen in Polizeidienststellen, um die konkrete und menschliche Unterstützung der Opfer häuslicher Gewalt zu erleichtern; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Vereinigungen mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, um weiblichen Opfern und ihren Kindern zu helfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um Maßnahmen zur Verbesserung der Identifizierung der Opfer von häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen zu ergreifen und die Opfer und Zeugen zu ermutigen, sich zu melden und die Straftat anzuzeigen, da in vielen Fällen Gewalt in Paarbeziehungen nicht angezeigt wird;

31.  fordert die Kommission und das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten auf, eine EU-weite Plattform für das gegenseitige Lernen und den Austausch bewährter Verfahren zwischen Angehörigen der Rechtsberufe und politischen Entscheidungsträgern verschiedener Mitgliedstaaten in allen relevanten Bereichen einzurichten;

32.  empfiehlt den Mitgliedstaaten nachdrücklich, spezialisierte Gerichte und Kammern einzurichten sowie einschlägige Gesetze, Schulungen, Verfahren und Leitlinien für alle Fachkräfte, die mit Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen zu tun haben, einzuführen, wozu auch die Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Gewalt und Geschlechterstereotypen gehört, damit keine Diskrepanzen zwischen Gerichtsentscheidungen entstehen und niemand während gerichtlicher, medizinischer, polizeilicher, Kinderschutz- und Vormundschaftsverfahren diskriminiert oder sekundär viktimisiert wird und gleichzeitig gewährleistet ist, dass Kinder und Frauen gebührend Gehör finden und ihrem Schutz und Entschädigungsmaßnahmen Vorrang eingeräumt wird; betont, dass spezialisierte Gerichte und Kammern sowie eine gegenüber Kindern und Frauen in ihrer Eigenschaft als Opfer freundliche Justiz dabei unterstützt werden müssen, Einheiten zur umfassende Bewertung von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt einzurichten, die sich aus Gerichtsmedizinern, Psychologen und Sozialarbeitern zusammensetzen, und in Abstimmung mit den auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisierten öffentlichen Diensten arbeiten, die für die Betreuung der Opfer zuständig sind; betont, wie wichtig es ist, dass gesetzliche Schutzmaßnahmen in vollem Umfang angewandt werden, um Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen, und dass solche Maßnahmen nicht durch elterliche Rechte begrenzt oder eingeschränkt werden; fordert nachdrücklich, dass Entscheidungen über das gemeinsame Sorgerecht aufgeschoben werden, bis Gewalt in der Partnerschaft angemessen untersucht und eine Risikobewertung durchgeführt wurde;

33.  betont, dass die Tatsache anerkannt werden muss, dass strafrechtliche, zivilrechtliche und andere Verfahren miteinander verflochten sind, damit die Reaktionen der Justiz und anderer rechtlicher Instanzen auf Gewalt in Paarbeziehungen koordiniert werden können, und regt daher an, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Verknüpfung der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Fälle einer Familie vorsehen, damit Diskrepanzen zwischen Gerichtsentscheidungen, die zulasten der Kinder und Opfer gehen, wirksam vermieden werden; bedauert das Fehlen vorläufiger Maßnahmen zum Schutz von Opfern und das Fehlen vorübergehender Regelungen zum Aufheben des elterlichen Sorgerechts des gewalttätigen Elternteils für die Dauer von Gerichtsverfahren, die sich in der Regel über mehrere Jahre hinstrecken; fordert die Mitgliedstaaten auf, entsprechende Schutzmaßnahmen zu erproben und zu entwickeln; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, Schulungen für alle Fachkräfte sowie an solchen Verfahren beteiligte freiwillige Einsatzkräfte zu organisieren und zivilgesellschaftliche Organisationen, die für und mit Kindern und Opfern arbeiten, in diese Schulungsangebote einzubinden; fordert die zuständigen nationalen Behörden auf, die Koordinierung zwischen den Gerichten zu verbessern, indem die Kontakte zwischen den Staatsanwaltschaften erleichtert werden, um dringend eine Lösung der Fragen der elterlichen Pflichten herbeizuführen und sicherzustellen, dass die Familiengerichte in der Lage sind, alle Fragen im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen bei der Festlegung des Sorgerechts und des Umgangsrechts zu berücksichtigen;

34.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Plattform für den regelmäßigen Austausch bewährter Verfahren zwischen Zivil- und Strafgerichten, Angehörigen der Rechtsberufe, die mit Fällen von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, Kindesmissbrauch, Trennungs- und Sorgerechtsfällen befasst sind, und allen anderen einschlägigen Akteuren einzurichten;

35.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einschlägige zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere solche, die für und mit Kindern sowie Opfern häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt arbeiten, in die Erarbeitung, Umsetzung und Bewertung von politischen Maßnahmen und Rechtsvorschriften einzubeziehen; fordert, dass diesen zivilgesellschaftlichen Organisationen auf EU-, nationaler und lokaler Ebene strukturelle Unterstützung geleistet wird, die auch finanzielle Unterstützung einschließt, damit diese ihre Reaktions- und Vertretungskapazitäten ausbauen und den angemessenen Zugang aller Menschen zu ihren Dienstleistungen sowie ihren Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten sicherstellen können;

36.  wiederholt, dass es die sektorübergreifende Stärkung der Kapazität von Dienstleistern (Justiz- und Strafverfolgungsbehörden und Sozialwesen) zur Erfassung von Daten und zum Erhalt von Datenbanken auf neuestem Stand umfassend unterstützt; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Leitlinien und bewährte Verfahren zu schaffen und Schulungen bereitzustellen, um das in allen Bereichen mit Publikumskontakt tätige Personal sämtlicher Ebenen für das Thema Gewalt in Paarbeziehungen zu sensibilisieren, da dies wesentlich ist, damit Schutz suchende Frauen eine einfühlsame Aufnahme erfahren; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Dienstleistungen nach Bereich zu überwachen und die notwendigen Mittel in Übereinstimmung mit dem Bedarf vorzusehen;

37.  empfiehlt den nationalen Behörden, insbesondere Leitlinien für die Fachkräfte auszuarbeiten und zu verbreiten, die mit Fällen von Intimpartnergewalt und Sorgerechtsfragen befasst sind, wobei Risikofaktoren (die Kinder betreffende Risikofaktoren, familiäre, milieubedingte, soziale und wiederholte Gewalt) zu berücksichtigen sind, damit eine Bewertung der Gewalt in der Partnerschaft zur Unterstützung der Rechte von Kindern und Frauen vorgenommen werden kann;

38.  stellt fest, dass diese Leitlinien und Orientierungshilfen die Angehörigen der Gesundheitsberufe dabei unterstützen sollten, in ihrem beruflichen Umfeld die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, welch erhebliche Auswirkungen Gewalt gegen Frauen, einschließlich Gewalt in Paarbeziehungen, auf deren psychische Gesundheit hat;

39.  betont, dass sämtliche forensischen Experten und Fachleute wie etwa Ärzte, forensische klinische Psychologen und Sozialarbeiter, die in diesen Verfahren forensisches und psychologisches Fachwissen liefern, eine wichtige Aufgabe wahrnehmen, da sie nicht nur Frauen beistehen, die Opfer von häuslicher Misshandlung oder häuslicher Gewalt geworden sind, sondern auch den betroffenen Kindern, insbesondere wenn ihr Wohnumfeld zum Schutz ihrer Gesundheit, Würde, ihres emotionalen Gleichgewichts und zur Wahrung ihrer Lebensqualität nicht geeignet ist; weist daher darauf hin, dass die Gerichtsärzte und die beteiligten Fachleute unter anderem Leitlinien benötigen, die auf Datensätzen, Vorgehensweisen und bewährten Verfahren auf EU-Ebene beruhen; stellt fest, dass Gerichtsärzte sich dank ihrer spezifischen technischen und medizinischen Kenntnisse gut für die professionelle Unterstützung von Fachärzten (wie Kinderärzten, Gynäkologen und Psychologen) bei deren Tätigkeit eignen, da sie über die entsprechende Ausbildung und das Fachwissen verfügen, um Anzeichen von Gewalt zu erkennen, und in begründeten Fällen der Meldepflicht nachzukommen und mit den Justizbehörden in Verbindung zu treten;

40.  verweist auf die Bestimmungen der Opferschutzrichtlinie; betont, dass Frauen, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind, sowie deren Kinder aufgrund des bei dieser Art von Gewalt hohen Risikos einer sekundären und wiederholten Viktimisierung, von Einschüchterung und Vergeltung häufig besondere Unterstützung und Schutz benötigen; fordert daher besondere Beachtung für eine Haltung in der Gesellschaft, auch bei den Fachleuten im Bereich der Strafjustiz, bei der Täter- und Opferrolle umgekehrt werden; fordert, dass institutionelle Gewalt anerkannt und angegangen wird, was sämtliche Handlungen und Unterlassungen von Behörden und Bediensteten des öffentlichen Dienstes einschließt, die darauf abzielen, den Zugang zu den einschlägigen öffentlichen Diensten oder die Ausübung der Rechte der Opfer zu verzögern, zu behindern oder zu verhindern, wobei geeignete Sanktionen und Maßnahmen zu ergreifen sind, um den Schutz und die Entschädigung der Opfer zu gewährleisten; unterstreicht, dass es von entscheidender Bedeutung ist, Schulungen, Verfahren und Leitlinien für alle Fachkräfte zu erarbeiten, die Umgang mit Opfern haben, damit sie auch ohne explizite Klagen von Opfern die Anzeichen für Gewalt in Paarbeziehungen erkennen; schlägt vor, dass solche Leitlinien und Orientierungshilfen Maßnahmen zur Förderung sicherer, respektvoller und schuldzuweisungsfreier Programme zur Behandlung von Frauen, die Opfer von Gewalt – einschließlich Gewalt in Paarbeziehungen – geworden sind, umfassen sollten, und die besten Behandlungsmethoden für sie und ihre Kinder zu verbreiten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Frage der anonymen Beschwerden und zurückgezogenen Beschwerden anzugehen, indem sie wirksame und schnelle Verfahren zum Schutz der Opfer gewährleisten, aber auch die Rechenschaftspflicht der gewalttätigen Partner sicherstellen; fordert die Schaffung von Strafverfolgungsdatenbanken, in denen alle Angaben, die das Opfer oder ein Dritter im Zusammenhang mit Gewalt in der Partnerschaft gemacht hat, um entsprechende Situationen zu überwachen und weitere Gewaltepisoden zu verhindern; fordert ein verbessertes Bildungs- und Sensibilisierungsangebot für die Gemeinschaft sowie die Schulung und Fortbildung von Einsatzkräften in Polizei und Sozialdiensten in ländlichen und abgelegenen Gebieten mit Blick auf Gewalt in Paarbeziehungen, und betont dabei die Bedeutung von Bildung für die Aufklärung und Unterstützung von Kindern sowie von Konfliktbewältigungsprogrammen, positiven Vorbildern und gemeinsamem Spielen;

Prävention: Umgang mit Geschlechterstereotypen und Vorurteilen – Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen

41.  erklärt sich besorgt angesichts der Auswirkungen von Geschlechterstereotypen und geschlechterspezifischen Vorurteilen, die zu geschlechterbasierter Gewalt gegen Frauen sowie dazu führen, dass Frauen weniger Glaubwürdigkeit zugebilligt wird, insbesondere bei angeblich falschen Vorwürfen von Kindesmisshandlung und häuslicher Gewalt; ist auch besorgt über den Mangel an spezifischen Schulungen für Richter, Staatsanwälte und Angehörige der Rechtsberufe; betont, wie wichtig Maßnahmen zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen und patriarchalischen Vorurteilen auf dem Wege von Bildungs- und Sensibilisierungskampagnen sind; fordert die Mitgliedstaaten zur Überwachung und Bekämpfung der Kultur der Verunglimpfung von Frauen auf; verurteilt die Anwendung, Akzeptanz und Übernahme unwissenschaftlicher Theorien und Konzepte in Sorgerechtsfällen, die Müttern als Strafe das Sorgerecht absprechen, wenn sie versuchen, Fälle von Kindesmissbrauch oder geschlechtsspezifischer Gewalt anzuzeigen, indem verhindert wird, dass sie das Sorgerecht erhalten oder indem sie deren elterlichen Rechte einschränken; betont, dass das Konzept der so genannten „Eltern-Kind-Entfremdung“, das sich auf keinerlei wissenschaftliche Grundlage stützt, sondern auf geschlechtsspezifischen Stereotypen fußt, Frauen zum Nachteil gereichen kann, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen werden, da dadurch Müttern die Schuld für die „Entfremdung“ ihrer Kinder vom Vater angelastet, die elterliche Kompetenz des Opfers infrage gestellt, die Aussagen des Kindes und die Gewaltrisiken, denen Kinder ausgesetzt sind, missachtet und die Rechte und die Sicherheit von Müttern und Kindern gefährdet werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Syndrom der Eltern-Kind-Entfremdung in ihrer Rechtspraxis und ihrem Recht nicht anzuerkennen und von seiner Verwendung in Gerichtsverfahren, insbesondere bei Ermittlungen zur Feststellung von Gewalt, abzuraten oder es sogar zu verbieten;

42.  hebt die Bedeutung von Sensibilisierungskampagnen hervor, die Zeugen (insbesondere Nachbarn, Kollegen) dazu befähigen, die Anzeichen von Gewalt in Paarbeziehungen (insbesondere nicht-physischer Gewalt) zu erkennen, und sie dazu anleiten, Opfer adäquat zu unterstützen und ihnen zu helfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Sensibilisierungs-, Informations- und Aufklärungskampagnen zu fördern, die sich mit geschlechterspezifischen Vorurteilen und Stereotypen, aber auch mit häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt in all ihren Formen, wie physische Gewalt, sexuelle Belästigung, Cyber-Gewalt, psychische Gewalt und sexuelle Ausbeutung, befassen, insbesondere im Zusammenhang mit neu geschaffenen Präventionsmaßnahmen und flexiblen Notfallwarnsystemen, um die Berichterstattung in Abstimmung und Zusammenarbeit mit anerkannten und spezialisierten Frauenorganisationen zu fördern; betont, wie wichtig es ist, alle öffentlichen Strukturen aktiv in die Durchführung von Sensibilisierungskampagnen einzubeziehen;

43.  betont, dass eine wirksame Bestrafung von Tätern sowohl als Abschreckung vor weiterer Gewalt als auch zur Stärkung des Vertrauens insbesondere der Opfer in die Behörden unerlässlich ist; weist allerdings darauf hin, dass eine Gefängnisstrafe allein nicht ausreicht, um künftige Gewalttätigkeit zu verhindern, sondern dass spezielle Wiedereingliederungsprogramme und Verhaltensschulungen benötigt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen rechtlichen und sonstigen Maßnahmen laut Artikel 16 des Übereinkommens von Istanbul zu ergreifen, um Programme einzurichten oder zu fördern, mit denen Täter häuslicher Gewalt darin geschult werden, sich gewaltfreie Verhaltensweisen für zwischenmenschliche Beziehungen anzueignen, um weitere Gewalt zu verhindern und gewalttätige Verhaltensmuster zu ändern; hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten dabei sicherstellen müssen, dass die Sicherheit, die Unterstützung und die Menschenrechte der Opfer ein vorrangiges Anliegen sind und dass diese Programme gegebenenfalls in enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Hilfsdiensten für Opfer ausgearbeitet und umgesetzt werden; weist darauf hin, dass Bildung eine zentrale Rolle bei der Beseitigung von geschlechtsspezifischer Gewalt und insbesondere von Gewalt in Paarbeziehungen spielt; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025 Präventivprogramme umzusetzen, darunter zu Themen wie der Gleichstellung von Frauen und Männern, gegenseitigem Respekt, gewaltfreier Konfliktlösung in zwischenmenschlichen Beziehungen, geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen, dem Recht auf Unversehrtheit und altersgerechter Sexualerziehung, die an den jeweiligen Entwicklungsstand der Lernenden angepasst sind, und in die formalen Lehrpläne und auf allen Bildungsebenen aufzunehmen; betont, dass eine umfangreiche, altersgerechte Sexual- und Beziehungserziehung eine entscheidende Rolle spielt, um Kinder vor Gewalt zu schützen und ihnen die Fähigkeiten zu vermitteln, sichere Beziehungen einzugehen, die frei sind von sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt bzw. Gewalt in Paarbeziehungen; fordert die Kommission zur Unterstützung von Programmen auf, die der Verhinderung von geschlechterspezifischer Gewalt dienen, einschließlich über den Aktionsbereich „Daphne“ des Programms „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“, um wirksame Präventivmaßnahmen sicherzustellen;

44.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu fördern, mit denen sich hartnäckig haltende Vorstellungen in Bezug auf ein geschlechtsspezifisches Gefälle bei Betreuungs- und Pflegeaufgaben möglichst überwunden werden können;

45.  betont, dass Strategien zur Verhinderung von Gewalt in Paarbeziehungen Maßnahmen enthalten sollten, mit denen Gewalterfahrungen im Kindesalter verringert werden und die nötigen Fähigkeiten vermittelt werden, um eine sichere und gesunde Beziehung einzugehen, und soziale Normen infrage zu stellen, die autoritäres Verhalten und Vormachtstellung von Männern gegenüber Frauen oder andere Formen sexistischen Verhaltens fördern;

46.  fordert die Kommission auf, unionsweite Kampagnen zur Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit und den Austausch bewährter Verfahren als notwendige Maßnahme zur Verhinderung häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen sowie zur Schaffung eines Klimas der Nulltoleranz gegenüber Gewalt und eines sicheren Umfelds für Opfer zu fördern; betont die strategische Rolle, die den Medien in diesem Zusammenhang zukommt; hebt jedoch hervor, dass Femizide und Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor in einer Weise dargestellt werden, die die gewalttätigen Partner ihrer Verantwortung enthebt; betont, dass Medien und Werbung keine frauenfeindlichen und sexistischen Botschaften verbreiten dürfen, auch nicht durch den Versuch, Gewalt und die Verantwortung gewalttätiger Partner zu entschuldigen, zu legitimieren oder zu verharmlosen; ist der Auffassung, dass häusliche Gewalt auch auf geschlechtsstereotypische Elternkonzepte zurückzuführen ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, geschlechtsspezifische Stereotype zu bekämpfen und die Gleichstellung der Geschlechter bei der elterlichen Verantwortung zu fördern, indem die elterlichen Lasten gerecht verteilt werden und sichergestellt wird, dass Frauen kein untergeordneter Status zugewiesen wird; fordert die Kommission auf, den Austausch über bewährte Verfahren hinsichtlich Präventiv-, Schutz- und Strafverfolgungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt sowie deren praktische Umsetzung auf EU-Ebene zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten auf, die EU-weite Kampagne um die Verbreitung von Informationen über Stellen zu verbreiten, bei denen Opfer und Zeugen solche Gewalttaten anzeigen können, und zwar auch über das Kampagnenende hinaus, um auch die Besonderheit der COVID-19-Krise mit Schwerpunkt auf deren Auswirkungen auf Kinder zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, Aktivitäten in Schulen und anderen Einrichtungen zu unterstützen, mit denen Kinder und Menschen, die mit Kindern arbeiten, für die Thematik Verbrechen und Trauma sensibilisiert werden und erfahren, wo sie Hilfe erhalten, wie sie Anzeige erstatten und wie sie ihre Widerstandsfähigkeit ausbauen können;

Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, einschließlich in grenzüberschreitenden Fällen

47.  erachtet den Informationsaustausch zwischen den Gerichten, den zentralen Behörden der Mitgliedstaaten und den Polizeidienststellen als besonders wichtig, insbesondere in Bezug auf länderübergreifende Sorgerechtsfälle; verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass mit den überarbeiteten Vorschriften in der Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen(28) dazu beigetragen wird, die Zusammenarbeit zwischen den Justizsystemen zu verbessern, um konkret festzulegen, was dem Kindeswohl, unabhängig vom Familienstand der Eltern oder der Zusammensetzung der Familie, und den Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen zuträglich ist; betont, wie wichtig es für Gerichtsärzte oder andere beteiligte Fachkräfte ist, die zuständige nationale Behörde über Partnerschaftsgewalt zu informieren, wenn sie der Auffassung sind, dass durch eine solche Gewalt das Leben des erwachsenen Opfers oder Kindes gefährdet ist und dass das Opfer sich aufgrund des vom Täter ausgeübten moralischen oder wirtschaftlichen Drucks, mit dem dieser versucht, Zustimmung des erwachsenen Opfers zu erreichen, nicht selbst schützen kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Durchsetzung und wirksame Umsetzung der Brüssel-IIa-Verordnung sicherzustellen; bedauert in diesem Zusammenhang, dass bei deren letzter Überarbeitung ihr Anwendungsbereich nicht auch auf eingetragene Partnerschaften und nicht verheiratete Paare ausgedehnt wurde; ist der Auffassung, dass dies zu Diskriminierung und potenziell gefährlichen Situationen für Opfer und Kinder eingetragener Partnerschaften und nicht verheirateter Paare führt; weist erneut darauf hin, dass der Anwendungsbereich und die Ziele der Brüssel-IIa-Verordnung auf dem Grundsatz des Verbots der Diskriminierung von Unionsbürgern aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten beruhen; fordert die Kommission auf, dem Parlament über die Umsetzung und die Auswirkungen dieser Verordnungen, auch in Zusammenhang mit Gewalt in Paarbeziehungen und Auseinandersetzungen über das Sorgerecht, bis spätestens August 2024 Bericht zu erstatten.

48.  betont, dass alle Familienstreitigkeiten tiefgreifende emotionale Auswirkungen nach sich ziehen, wobei grenzübergreifende Fälle aus rechtlicher Sicht noch sensibler und vielschichtiger sind; betont, dass die Öffentlichkeit stärker für diese vielschichtigen Probleme sowie für grenzübergreifende Sorgerechtsfälle und Unterhaltspflichten sensibilisiert werden muss, auch was die Notwendigkeit betrifft, für Klarheit in Bezug auf die Rechte und Pflichten von Eltern und Kindern in jedem Land zu sorgen; weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten dazu beitragen könnten, solche grenzübergreifenden Fälle im Bereich des Familienrechts schneller zu lösen, indem sie im Rahmen der nationalen Gerichtssysteme spezialisierte Bereiche einrichten, einschließlich auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisierter Abteilungen, die sich aus Gerichtsmedizinern, Psychologen und anderem einschlägigen Fachpersonal zusammensetzen und mit öffentlichen Diensten zusammenarbeiten, die auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisiert und mit der Unterstützung von Opfern betraut sind; fordert, der Situation von Alleinerziehenden-Haushalten und dem Einzug grenzübergreifender Unterhaltszahlungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da die derzeit geltenden Bestimmungen, nämlich die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen sowie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, in denen die gesetzlichen Verpflichtungen zum Einzug grenzübergreifender Unterhaltszahlungen festgelegt sind, mit Blick auf die Durchsetzung und die praktischen Einzelheiten auf Schwierigkeiten stoßen; betont, dass die rechtlichen Instrumente zum Einzug grenzübergreifender Unterhaltszahlungen durchgesetzt werden müssen, wobei die Öffentlichkeit für deren Verfügbarkeit sensibilisiert werden muss; fordert die Kommission daher auf, eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um praktische Probleme im Zusammenhang mit dem Einzug von Unterhaltszahlungen in grenzübergreifenden Situationen zu ermitteln und sie bei der Erarbeitung wirksamer Instrumente zur Durchsetzung von Zahlungsverpflichtungen zu unterstützen; betont die Bedeutung dieser Frage und ihrer Folgen für Alleinerziehenden-Haushalte und das Armutsrisiko;

49.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Analyse von Daten über die Prävalenz und Tendenzen der Prävalenz aller Formen geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt und die Berichterstattung über diese Gewalt sowie über die Folgen für Kinder fortzusetzen, solange Ausgangsbeschränkungen in Kraft sind und während des Zeitraums unmittelbar danach;

50.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit zu verbessern und Maßnahmen zu ergreifen, die es Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen ermöglichen, die Straftat anzuzeigen, da Gewaltvergehen in Paarbeziehungen in vielen Fällen nicht zur Anzeige gebracht werden; nimmt die Zusage der Kommission zur Kenntnis, eine neue EU-Erhebung über geschlechtsspezifische Gewalt durchzuführen, deren Ergebnisse 2023 vorgelegt werden sollen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in enger Zusammenarbeit einen permanenten Mechanismus zu entwickeln, mit dem regelmäßig hochwertige, nach Geschlechtern aufgeschlüsselte, genaue, zuverlässige und vergleichbare unionsweite Daten darüber bereitgestellt werden, wie häufig Gewalt in Paarbeziehungen auftritt, welche Ursachen und Folgen diese Gewalt für Frauen und Kinder hat, wie mit diesem Tatbestand umgegangen wird und welche Sorgerechtsregelungen getroffen werden, und dabei vollumfänglich auf die Kapazitäten und das Fachwissen von EIGE und Eurostat zurückzugreifen; weist darauf hin, dass die Bereitstellung nationaler Statistiken über geschlechtsspezifische Gewalt eine Maßnahme ist, die im Rahmen des Binnenmarktprogramms für den Zeitraum 2021–2027 finanziert werden kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Daten u. a. nach Alter, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsmerkmalen, Rasse und ethnischer Zugehörigkeit sowie Behinderungsstatus aufgeschlüsselt werden, um sicherzustellen, dass die Erfahrungen von Frauen in ihrer ganzen Vielfalt erfasst werden; stellt fest, dass dies zu einem besseren Verständnis des Ausmaßes und der Ursachen des Problems beitragen wird, beispielsweise der sozioökonomischen Gruppen, in denen geschlechtsspezifische Gewalt verstärkt auftritt, und andere Einflussfaktoren sowie die unterschiedlichen Rechtsrahmen und politischen Maßnahmen der einzelnen Länder, die durch ausführliche Ländervergleiche eingehend erforscht werden können, um die politischen Rahmenbedingungen zu ermitteln, die sich auf das Auftreten von Gewalt auswirken; betont nachdrücklich, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten statistische Daten über Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erheben, in denen es um das Sorgerecht nach Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen geht, insbesondere mit Blick auf den Entscheidungsausgang sowie die für die Entscheidungen über das Sorgerecht und das Umgangsrecht angeführten Gründe;

51.  fordert die Kommission auf, unionsweite Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit als notwendige Maßnahme zur Verhinderung häuslicher Gewalt und zur Schaffung eines Klimas der Nulltoleranz gegenüber Gewalt zu fördern;

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52.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.
(2) ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 1.
(3) ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 167.
(4) ABl. C 232 vom 16.6.2021, S. 48.
(5) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0379.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0024.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0025.
(8) ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2.
(9) ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 4.
(10) ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1.
(11) Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 8, 10, 19 und 157 AEUV.
(12) Artikel 21 und 23 der Charta.
(13) Bericht der FRA vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen – eine EU‑weite Erhebung“.
(14) Das Übereinkommen von Istanbul.
(15) Europarat, „Human Rights Channel: Stop Child Sexual Abuse in Sport“ (Human Rights Channel: Stoppt den sexuellen Missbrauch von Kindern im Sport“), abgerufen am 21. Juli 2021.
(16) Eurostat, „EU children at risk of poverty or social exclusion“ (Kinder, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind), Daten abgerufen im Oktober 2020.
(17) Bericht der FRA vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen – eine EU-weite Erhebung“.
(18) Presseerklärung vom 7. Mai 2020 von Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, mit dem Titel „During COVID-19 pandemic, violence remains preventable, not inevitable“ (Während der COVID-19-Pandemie ist Gewalt vermeidbar, nicht unausweichlich).
(19) Bericht der FRA vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen – eine EU‑weite Erhebung“.
(20) Bericht von Europol mit dem Titel „Exploiting Isolation: Offenders and victims of online child sexual abuse during the COVID-19 pandemic“ (Ausnutzung der Isolation: Täter und Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet während der COVID-19-Pandemie)“, veröffentlicht am 19. Juni 2020.
(21) Erläuternder Bericht des Europarats vom 11. Mai 2011 zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
(22) Erklärung der EDVAW-Plattform (Plattform unabhängiger Sachverständigenmechanismen in Bezug auf Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen) vom 31. Mai 2019 mit dem Titel „Intimate partner violence against women is an essential factor in the determination of child custody“ (Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen – ein wesentlicher Faktor bei der Bestimmung des Sorgerechts für Kinder).
(23) Artikel 31 des Übereinkommens von Istanbul.
(24) Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und Allgemeine Empfehlung Nr. 35 zur geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen, mit der die Allgemeine Empfehlung Nr. 19aktualisiert wird.
(25) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2020 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (COM(2020)0682).
(26) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmaßnahmen, COM(2021)0093 vom 4. März 2021.
(27) Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79).
(28) ABl. L 178 vom 2.7.2019, S. 1.


EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 – Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“
PDF 190kWORD 63k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu dem EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 – Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“ (2021/2014(INI))
P9_TA(2021)0407A9-0211/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 19. Juni 2019 mit dem Titel „EU Road Safety Policy Framework 2021-2030 – Next steps towards ,Vision Zero‘“ (SWD(2019)0283),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2020 mit dem Titel „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen“ (COM(2020)0789),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/413 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte(1) (Richtlinie über die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein(2) (Führerscheinrichtlinie),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/2144 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern(3) (Allgemeine Sicherheitsverordnung),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. April 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die Aspekte der Straßenverkehrssicherheit im Paket zur Verkehrssicherheit(4),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2017 mit dem Titel „Straßenverkehrssicherheit – zur Unterstützung der Erklärung von Valletta vom März 2017“,

–  unter Hinweis auf die während der 3. globalen Ministerkonferenz zur Straßenverkehrssicherheit am 19./20. Februar 2020 abgegebene Erklärung von Stockholm,

–  unter Hinweis auf die von den Verkehrsministern der EU bei einem informellen Treffen in Luxemburg unterzeichnete Erklärung des Rates vom 7. Oktober 2015 zum Fahrrad als klimafreundlichem Verkehrsmittel,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (A9‑0211/2021),

A.  in der Erwägung, dass jedes Jahr noch immer etwa 22 700 Menschen auf den Straßen der EU ihr Leben verlieren und etwa 120 000 schwer verletzt werden; in der Erwägung, dass in der EU in den letzten 10 Jahren mehr als 11 800 Kinder und Jugendliche im Alter von bis zu 17 Jahren bei Zusammenstößen im Straßenverkehr getötet wurden; in der Erwägung, dass der Fortschritt bei der Verringerung der Zahl der Verkehrstoten in der EU in den letzten Jahren stagniert hat, weshalb das Ziel, die Zahl der Straßenverkehrstoten zwischen 2010 und 2020 zu halbieren, verfehlt wurde; in der Erwägung, dass die oben genannten Zahlen für die EU-Bürger einen in menschlicher und sozialer Hinsicht unannehmbaren Preis darstellen, und in der Erwägung, dass die externen Kosten von Straßenverkehrsunfällen in der EU etwa 2 % ihres jährlichen BIP ausmachen;

B.  in der Erwägung, dass die EU mit neuen Trends und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Automatisierung konfrontiert ist, die erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben könnten; in der Erwägung, dass das zunehmende Phänomen der Ablenkung durch mobile Geräte angegangen werden muss; in der Erwägung, dass in naher Zukunft die Tatsache, dass sowohl Fahrzeuge mit einer großen Auswahl an automatisierten/vernetzten Funktionen als auch herkömmliche Fahrzeuge in einem gemischten Verkehr fahren, ein neues Risiko darstellen wird, insbesondere für ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Motorrad- und Fahrradfahrer und Fußgänger;

C.  in der Erwägung, dass technologische Fortschritte, Konnektivität, Automatisierung und die Wirtschaft des Teilens neue Möglichkeiten für die Straßenverkehrssicherheit und die Bewältigung von Verkehrsüberlastung bieten, insbesondere in städtischen Gebieten; in der Erwägung, dass die Entwicklung von Synergien zwischen Sicherheits- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen und die Fortsetzung der Verkehrsverlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel und aktive Mobilität zu einer Verringerung der CO2-Emissionen und einer Verbesserung der Luftqualität führen und zur Entwicklung einer aktiveren und gesünderen Lebensweise beitragen könnten;

D.  in der Erwägung, dass bei den jüngsten Tests für das Europäische Programm zur Bewertung von Neufahrzeugen (Euro NCAP) für Fahrzeuginsassen in mit fünf Sternen bewerteten Personenkraftwagen ein um 68 % niedrigeres Risiko tödlicher Verletzungen und ein um 23 % niedrigeres Risiko schwerer Verletzungen bestand als für Insassen in mit zwei Sternen bewerteten Fahrzeugen;

E.  in der Erwägung, dass der Anteil der Verkehrstoten unter den ungeschützten Verkehrsteilteilnehmern zunimmt, da von verbesserter Fahrzeugsicherheit und anderen Verkehrssicherheitsmaßnahmen in erster Linie die Nutzer von Fahrzeugen profitiert haben; in der Erwägung, dass das Gewicht, die Leistung und die Höchstgeschwindigkeit der in der EU verkauften Neufahrzeuge zunehmen, wodurch auch die Risiken für die Verkehrssicherheit steigen; in der Erwägung, dass die Sicherheit von Motorradfahrern, Fahrradfahrern und Fußgängern dringend angegangen werden muss;

F.  in der Erwägung, dass auf zweirädrige Kraftfahrzeuge zwar nur 2 % aller zurückgelegten Kilometer, aber 17 % aller Verkehrstoten entfallen; in der Erwägung, dass zwischen den einzelnen Ländern große Unterschiede bestehen; in der Erwägung, dass die EU im kommenden Jahrzehnt weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit dieser Fahrzeuge Priorität einräumen sollte;

G.  in der Erwägung, dass sich einer Studie der Kommission zufolge nur 8 % der Todesfälle im Straßenverkehr auf Autobahnen, 37 % in städtischen Gebieten und 54 % auf Landstraßen ereignen; in der Erwägung, dass neue Investitionen und die ordnungsgemäße Instandhaltung der bestehenden Infrastruktur während ihres gesamten Lebenszyklus für die Straßenverkehrssicherheit von entscheidender Bedeutung sind;

H.  in der Erwägung, dass nicht alle Unfallopfer gemeldet werden, was die verfügbaren Statistiken verzerrt; in der Erwägung, dass wirksame Testmethoden entwickelt werden müssen, um die tatsächliche Zahl der Opfer von Straßenverkehrsunfällen zu ermitteln;

I.  in der Erwägung, dass die Gewährleistung und Durchsetzung des sicheren Verhaltens von Verkehrsteilnehmern, wie etwa Fahren mit der richtigen Geschwindigkeit, die Verwendung von Schutzausrüstung wie Sicherheitsgurten und Schutzhelmen, kein Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss sowie keine Ablenkungen während des Fahrens oder Gehens, von entscheidender Bedeutung sind, um tödliche Verkehrsunfälle zu verhindern und zu verringern;

J.  in der Erwägung, dass in Bezug auf Mobilität und Straßenverkehrssicherheit geschlechts- und altersspezifische sowie soziale Ungleichheiten zum Tragen kommen;

K.  in der Erwägung, dass zur Verwirklichung der neuen Ziele der EU für die Straßenverkehrssicherheit intensivere kooperative Anstrengungen erforderlich sind, um mit den Interessenträgern starke europäische Strategien für die Sicherheit des Straßenverkehrs zu entwickeln, Unterstützung von Forschung und Innovation, um politikgestützte Lösungen auf der Grundlage einer fundierten Datenanalyse und Folgenabschätzung auszuarbeiten, sowie verstärkte und gezieltere Durchsetzungsmaßnahmen auf nationaler Ebene und eine wirksame Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Geldbußen und Geldstrafen;

L.  in der Erwägung, dass 40 bis 60 % aller arbeitsbedingten Todesfälle Straßenverkehrsunfälle sind, die sich während der Arbeit oder auf der Fahrt zum Arbeitsplatz ereignen; in der Erwägung, dass die Übermüdung von Fahrern auf den Straßen der EU weit verbreitet ist;

M.  in der Erwägung, dass die Umsetzung der nationalen Straßenverkehrssicherheitspläne und des neuen EU-Politikrahmens für die Straßenverkehrssicherheit stabile und ausreichende finanzielle Ressourcen sowohl von den Mitgliedstaaten als auch aus dem EU-Haushalt erfordert;

EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 – die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“

1.  begrüßt es, dass die EU im EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 ihr langfristiges strategisches Ziel, die Zahl der Todesfälle und der schweren Verletzungen auf den europäischen Straßen bis 2050 auf nahezu Null zu senken („Vision Null Straßenverkehrstote“), sowie ihr mittelfristiges Ziel, Todesfälle und schwere Verletzungen im Einklang mit der Erklärung von Valletta bis 2030 um 50 % zu reduzieren, erneut bekräftigt hat; betont, dass diese Vorgaben und Ziele der EU im Bereich der Straßenverkehrssicherheit durch einen koordinierten, gut geplanten, systematischen und gut finanzierten Ansatz für die Straßenverkehrssicherheit auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene untermauert werden sollten;

2.  begrüßt in diesem Zusammenhang die Annahme des „Safe System“-Ansatzes auf EU-Ebene auf der Grundlage eines Leistungsrahmens und zeitlich festgelegter Ziele zur Reduzierung von Opfern und schweren Verletzungen; begrüßt die Festlegung wesentlicher Leistungsindikatoren in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um eine genauer ausgerichtete und zielgerichtetere Analyse der Leistungen der Mitgliedstaaten zu ermöglichen und Schwachstellen aufzudecken; fordert die Kommission auf, bis 2023 Ergebnisziele festzulegen; hebt die Bedeutung der laufenden Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht hervor und fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich uneingeschränkt zu diesem Vorgehen zu bekennen und sich im Hinblick auf die wesentlichen Leistungsindikatoren auf eine harmonisierte Methodik zu einigen, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, die Daten zu vergleichen; fordert einen detaillierten Fahrplan für ein Vorgehen der EU, an dem die Leistung gemessen werden kann und nach dem bestimmten Stellen gegenüber Rechenschaft für die Umsetzung abgelegt wird;

3.  ist jedoch der Ansicht, dass bei den genannten wesentlichen Leistungsindikatoren Verbesserungsbedarf besteht, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, in Erwägung zu ziehen, diese Indikatoren in ihrem strategischen Aktionsplan der EU für die Straßenverkehrssicherheit auszuweiten und zu aktualisieren; ist der Auffassung, dass der wesentliche Leistungsindikator für Schutzausrüstung durch einen wesentlichen Leistungsindikator ergänzt werden sollte, bei dem für alle Straßennutzer Expositionsdaten, aufgeschlüsselt nach zurückgelegter Entfernung und Reisezeit je Verkehrsträgeranteil und Straßentyp, erhoben werden, um die entsprechenden unterschiedlichen Risikoverhältnisse und Gefahren besser verstehen zu können; fordert die Kommission auf, weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um einen wesentlichen Leistungsindikator für Straßenverkehrsinfrastruktur festzulegen, mit dem die Sicherheitsqualität eines Straßennetzes unabhängig vom Verhalten der Verkehrsteilnehmer und von Fahrzeugtechnologien auf der Grundlage einer vereinbarten gemeinsamen Ratingmethode angegeben wird; bedauert, dass wesentliche Leistungsindikatoren für die Fahrzeugsicherheit die Sicherheit zweirädriger Kraftfahrzeuge nicht berücksichtigen; fordert die Kommission auf, einen Fahrzeugsicherheitsindex für Fahrzeuge der Klasse L zu erstellen, und betont, dass alle wesentlichen Leistungsindikatoren für Fahrzeuge der Klasse L darin aufgenommen werden müssen;

4.  hebt hervor, dass die EU-Finanzierung entscheidend ist, um in nachhaltige und intelligente Lösungen für die Straßenverkehrssicherheit zu investieren und die Verwirklichung von Ergebnissen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit in der gesamten EU zu beschleunigen; fordert die Kommission auf, die EU-Investitionen in die Straßenverkehrssicherheit auf Unionsebene quer durch alle einschlägigen Finanzierungsprogramme der Union, auch im Bereich Forschung und Innovation, zu erhalten und zu erhöhen; fordert weiterhin alle Mitgliedstaaten auf, einen angemessenen Betrag aus ihrem nationalen Haushalt vorzumerken, der zusammen mit den EU-Mitteln die Umsetzung ihrer nationalen Verkehrssicherheitsprogramme und des neuen EU-Politikrahmens für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 ermöglichen sollte; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Fonds für die Straßenverkehrssicherheit als Mechanismen zur Einziehung von Geldbußen im Rahmen ihrer Straßenverkehrsordnung und zur Umverteilung der für die Straßenverkehrssicherheit aufgebrachten Mittel einzurichten; fordert die Kommission auf, das EU-Programm für den Austausch über Straßenverkehrssicherheit, mit dem die Leistung im Bereich der Straßenverkehrssicherheit verbessert werden soll, das derzeit jedoch schwerpunktmäßig auf nur sechs Mitgliedstaaten ausgerichtet ist, auf alle Mitgliedstaaten auszuweiten;

5.  legt den Mitgliedstaaten nahe, nationale Beobachtungsstellen für Straßenverkehrssicherheit einzurichten, die nationale Datenbanken für Straßenverkehrssicherheit erstellen, bearbeiten und pflegen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen Strategien für die Straßenverkehrssicherheit mit den Zielen des EU-Politikrahmens für Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 in Einklang zu bringen und die entsprechenden Mängel so rasch wie möglich zu beheben;

Sichere Infrastrukturen

6.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Investitionen mit dem größten Nutzen für die Straßenverkehrssicherheit, bei denen den unfallträchtigsten Gebieten besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, Vorrang einzuräumen, einschließlich Investitionen in den Erhalt der bestehenden Infrastruktur und in den Bau neuer Infrastrukturen, wo notwendig; begrüßt die Tatsache, dass in der Fazilität „Connecting Europe“ 2021–2027 eine Finanzierung von Projekten im Bereich sichere und geschützte Infrastruktur und Mobilität, einschließlich Straßenverkehrssicherheit, vorgesehen ist; fordert die Kommission auf, die Finanzierungsmöglichkeiten der EU durch die Fazilität „Connecting Europe“, die Regional- und Kohäsionsfonds, InvestEU und die von der Europäischen Investitionsbank (EIB) ins Leben gerufene Plattform für sichereren Verkehr weiter zu fördern, insbesondere in Mitgliedstaaten mit relativ schlechten Leistungen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit; betont, wie wichtig es ist, die Förderkriterien für diese Instrumente für Maßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit klarer zu gestalten; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu unterstützen und darin zu bestärken, durch ihre nationalen Aufbau- und Resilienzpläne in ein sichereres, nachhaltigeres, widerstandsfähiges und multimodales Verkehrsnetz zu investieren; fordert die Kommission auf, bei der Überarbeitung der Verordnung über das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V)(5) die Grundlagen für künftige Investitionsentscheidungen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit festzulegen, einschließlich der Umsetzung eines Kernnetzüberwachungsplans für die Instandhaltung auf EU-Ebene;

7.  betont, dass eine proaktive Bewertung des EU-Straßennetzes ein nützliches Instrument sein wird, um die bauliche Sicherheit der Straßen zu bewerten und gezielte Investitionen zu tätigen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Risikobewertung und Einschätzung der Sicherheit von Autobahnen und Fernstraßen, die in den kürzlich überarbeiteten EU-Sicherheitsvorschriften für die Infrastruktur(6) eingeführt wurden, und fordert die Mitgliedstaaten auf, möglichst viele Fernstraßen in ihrem Hoheitsgebiet zu benennen, um das Potenzial der neuen Richtlinie für die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit der Richtlinie nationale Systeme für die freiwillige Meldung einzurichten, die online verfügbar und allen Verkehrsteilnehmern zugänglich sein sollten, um die Erhebung von Daten über Ereignisse, die von Straßenverkehrsteilnehmern und Fahrzeugen übermittelt werden, und alle anderen sicherheitsrelevanten Informationen, die vom Meldenden als tatsächliche oder potenzielle Gefahr für die Sicherheit der Straßenverkehrsinfrastruktur wahrgenommen werden, zu erleichtern, um sicherzustellen, dass die EU-Bürger einen transparenten, unmittelbaren und direkten Beitrag zur Sicherheit leisten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich so bald wie möglich auf eine Methodik für die Durchführung systematischer netzweiter Straßenbewertungen zu einigen, wie sie in der Überarbeitung des genannten Rechtsakts vorgesehen sind, wobei alle für die Sicherheit der aktiven Straßenverkehrsteilnehmer relevanten Aspekte zu berücksichtigen sind;

8.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Arbeiten an den EU-Spezifikationen für die Leistung von Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen zu beschleunigen, um den Weg für ein höheres Maß an Fahrzeugautomatisierung zu ebnen; verweist darauf, wie wichtig die Leistung von Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen, einschließlich ihrer Platzierung, Sichtbarkeit und Retroreflexion, ist, insbesondere für die Wirksamkeit von Fahrassistenzsystemen wie intelligenten Geschwindigkeitsassistenten oder Spurhalteassistenten; betont, wie wichtig es ist, die Infrastruktur für den Bau selbsterklärender, selbstdurchsetzender und „fehlerverzeihender“ Straßen für die Sicherheit aller Straßenverkehrsteilnehmer zu nutzen, insbesondere in gefährlichen Gebieten oder Gebieten mit einer erheblichen Zahl von ungeschützten Verkehrsteilnehmern;

9.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Qualitätsanforderungen für Fußweg- und Fahrradinfrastruktur zu erarbeiten, um das unzureichende Sicherheitsniveau der aktiven Verkehrsteilnehmer zu verbessern; fordert die Kommission auf, im Rahmen ihres neuen Forums für Straßenverkehrssicherheitsgutachter gemeinsame EU-Lehrpläne für Gutachter und Prüfer im Bereich der Straßeninfrastruktur zu erstellen, einschließlich spezifischer Schulungen zu den Bedürfnissen gefährdeter Verkehrsteilnehmer;

10.  weist darauf hin, dass Verkehrsteilnehmer mit eingeschränkter Mobilität und sonstigen Behinderungen besondere Bedürfnisse haben, die bei der Planung und dem Bau neuer Straßenverkehrsinfrastruktur berücksichtigt werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Investitionen in Projekte zu unterstützen, mit denen die Straßenverkehrsinfrastruktur inklusiv und für alle zugänglich gemacht werden soll;

11.  weist darauf hin, dass die Kommission gemäß der letzten Überarbeitung der EU-Sicherheitsvorschriften für die Infrastruktur verpflichtet ist, eine Überarbeitung der Richtlinie 2004/54/EG über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln(7) bis 2021 und die Annahme eines neuen Gesetzgebungsvorschlags über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Brücken zu prüfen; fordert die Kommission auf, die sichere Nutzung von Tunneln u. a. durch die Durchführung von Sensibilisierungskampagnen und einschlägigen Studien weiter zu verbessern;

12.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Sachverständigengruppe für die Ausarbeitung eines Rahmens für die Straßenklassifizierung einzurichten, bei der Geschwindigkeitsbegrenzungen im Einklang mit dem „Safe System“-Ansatz besser an die Straßenführung und ‑gestaltung angepasst sind;

13.  fordert, dass bei der anstehenden Überarbeitung der TEN-V-Verordnung Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit in städtischen Knotenpunkten und stadtnahen und ländlichen Gebieten und zur Verbesserung der Betriebssicherheit während des gesamten Lebenszyklus von kritischen Infrastrukturen wie Tunneln oder Brücken festgelegt werden, wobei auch die Nutzung neuer Überwachungstechnologien für gefährdete Infrastrukturen zu erwägen ist, und dass dabei spezifische Sicherheitsziele und Qualitätsanforderungen festgelegt werden;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bedeutung einer Verkehrsverlagerung auf aktive Verkehrsträger wie Fußgänger- und Fahrradverkehr sowie nachhaltige öffentliche Verkehrsmittel als wichtige Instrumente zur Verringerung der Gefahren auf der Straße anzuerkennen und angemessene Investitionen dafür bereitzustellen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einleitung der Initiative „Safer Transport Platform“, in der ausdrücklich die Schaffung besserer Einrichtungen für einen nachhaltigen Verkehr, auch für Radfahrer und Fußgänger, und Projekte zur Unfallprävention gefordert werden; fordert die Kommission und die EIB auf, Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen einzuleiten, damit alle interessierten Parteien gut über die Bedingungen unterrichtet sind und die Nutzung in Erwägung ziehen;

15.  fordert verstärkte Synergien zwischen dem europäischen Radwegenetz EuroVelo und dem TEN-V, um die Radverkehrsinfrastruktur sicherer und besser vernetzt zu gestalten; betont, wie wichtig es ist, in TEN-V-Projekten für durchgehende Fuß- und Radwege zu sorgen, wo dies machbar ist; fordert die Kommission auf, die Umwidmung stillgelegter Eisenbahntrassen zu fördern und Rad-Bahn-Projekte und Intermodalität aktiv zu unterstützen; weist darauf hin, dass neue Formen von Infrastruktur, wie etwa Radaufstellstreifen, Fahrradboxen und Straßen oder Schnellwege für Fahrräder, neue Möglichkeiten für eine sichere aktive Mobilität eröffnen; betont, dass an der Harmonisierung und Durchsetzung der Vorschriften für Verkehrszeichen und ‑signale gearbeitet werden muss, um Verwirrung zu vermeiden und die Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen;

16.  vertritt die Auffassung, dass die Kommission ihr Möglichstes tun sollte, um sicherzustellen, dass die Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer, die in den Mitgliedstaaten als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie eingeführt wurde, erhalten bleibt und ausgebaut wird, um weiterhin eine sichere aktive Mobilität zu fördern;

17.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eng mit Regionen und Städten zusammenzuarbeiten, um etwaige fehlende Infrastrukturen an den Endpunkten („letzte Meile“) sowie intermodale und grenzüberschreitende Verbindungen im gesamten TEN‑V zu vervollständigen und so eine reibungslosere und wirksamere Nutzung von Infrastruktur und Dienstleistungen zu ermöglichen und die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern;

Sichere Fahrzeuge

18.  begrüßt die jüngst erfolgte Überarbeitung der Allgemeinen Sicherheitsverordnung, wodurch neue hochentwickelte Sicherheitssysteme in Fahrzeugen wie intelligente Geschwindigkeitsassistenten und Notfall-Spurhalteassistenten in der EU ab 2022 verpflichtend werden, womit bis 2030 potenziell ungefähr 7 300 Menschenleben gerettet und 38 900 schwere Verletzungen vermieden werden können; fordert die Kommission auf, rechtzeitig ehrgeizige sekundäre Rechtsvorschriften anzunehmen, mit denen u. a. die Ausstattung aller Neufahrzeuge mit leistungsfähigen Systemen für die intelligente Geschwindigkeitsassistenz (ISA-Systeme) verpflichtend wird; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die praktische Umsetzung der Verpflichtung, Motorräder mit diesen Systemen auszurüsten, sowie die Durchführbarkeit, die Akzeptanz und die möglichen Auswirkungen intelligenter Geschwindigkeitsassistenten der nächsten Generation für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Lastkraftwagen und Busse auf die Straßenverkehrssicherheit zu prüfen;

19.  weist auf die Bedeutung von Innovationen in der Fahrzeugtechnologie hin, mit denen mithilfe von aktiven und passiven Sicherheitsmerkmalen sowohl die Schwere von Verkehrsunfällen gemindert als auch die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen reduziert werden kann; fordert die Kommission auf, künftige Normen für Personenkraftwagen vor dem Hintergrund neuer technologischer Entwicklungen zu überprüfen und Faktoren wie Masse, Leistung, Geschwindigkeit und Frontalfläche, die sich auf die Straßenverkehrssicherheit auswirken können, zu berücksichtigen;

20.  fordert die Kommission auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Typgenehmigung von Fahrzeugen der Klasse L die Ausrüstung von Motorrädern mit Antiblockiersystemen vorzuschreiben; fordert die Kommission auf, die Fahrzeugklassen, für welche die Pflicht zum Einbau des eCall-Systems gilt, zu erweitern, insbesondere um zweirädrige Kraftfahrzeuge;

21.  fordert die Kommission auf, die Anforderungen an die Aufprallunfallsicherheit für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen weiterzuentwickeln und in künftige Überarbeitungen von Rechtsvorschriften aufzunehmen, wobei auch die jüngsten Kriterien der Aufprallversuche von Euro NCAP einbezogen werden sollten, mit denen die Auswirkungen eines Zusammenstoßes auf andere Fahrzeuge und ungeschützte Verkehrsteilnehmer überwacht werden, um eine Harmonisierung von Mindeststandards zu erreichen und die Sicherheit der Fahrzeuginsassen anzugleichen;

22.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Städte bei der Einrichtung von Datenbanken für Geschwindigkeitsbeschränkungen zu unterstützen, um die Einführung der Technologie der intelligenten Geschwindigkeitsassistenz gemäß der Verordnung über die allgemeine Fahrzeugsicherheit zu unterstützen;

23.  betont, dass die Gefahr und die Häufigkeit von Unfällen zwischen Lastkraftwagen und ungeschützten Verkehrsteilnehmern durch den weit verbreiteten Einsatz von Abbiegeassistenzsystemen erheblich verringert werden könnten; hebt hervor, dass Abbiegeassistenzsysteme 2022 für neue Typen von Lastkraftwagen und 2024 für alle neuen Lastkraftwagen verbindlich werden; fordert die Kommission auf, ein europäisches Aktionsprogramm für Abbiegeassistenzsysteme einzurichten, um die Nutzeffekte dieser Technologie bewerben und die Interessenträger dazu anzuregen, Neu- und Bestandsfahrzeuge so bald wie möglich freiwillig mit Abbiegeassistenzsystemen auszustatten; würdigt Initiativen, mit denen die freiwillige Einführung obligatorischer Abbiegeassistenzsysteme unterstützt wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Einbau von Abbiegeassistenzsystemen in Neu- und Bestandsfahrzeugen finanziell zu unterstützen;

24.  hebt hervor, dass Manipulation und Betrug im Zusammenhang mit den elektronischen Sicherheitsmerkmalen, z. B. bei Fahrerassistenzsystemen, erhebliche Sicherheitsrisiken darstellen und daher durch spezifische Schulungen für Prüfer zur Kontrolle der Softwareintegrität angegangen werden müssen;

25.  fordert die Kommission auf, Standards für Crash-Test-Dummies zu entwickeln, die einer Bandbreite an Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Größe und Statur der Nutzer innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs besser Rechnung tragen;

26.  fordert die Mitgliedstaaten auf, steuerliche Anreize zu schaffen, und fordert private Versicherer auf, attraktive Kfz-Versicherungssysteme für den Kauf und die Nutzung von Fahrzeugen mit den höchsten Sicherheitsstandards anzubieten; fordert die Kommission auf, die Rechtsvorschriften über die Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen zu überarbeiten, um zusätzliche Informationen an der Verkaufsstelle und in digitaler Form aufzunehmen, die die Sicherheitsbewertung neuer Fahrzeuge betreffen;

27.  begrüßt die Anforderung, dass gemäß der überarbeiteten Verordnung über die allgemeine Sicherheit Sicherheitsgurt-Warnhinweise für alle Sitze verbindlich vorgeschrieben werden, und fordert die Kommission auf, Standards für die Informationsanforderungen zu den Sicherheitsparametern von Kinderrückhaltesystemen auszuarbeiten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Sensibilisierungskampagnen für Eltern und Erziehungsberechtigte zur Sicherheit von Kindern im Verkehr durchzuführen, um weiter das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Nutzung von Sicherheitsgurten, auch auf den Rücksitzen, erforderlich ist, da Fahrzeuginsassen in vielen Fahrzeugen, die sich derzeit in Gebrauch befinden – und sich auch noch viele Jahre in Gebrauch befinden werden – und die nicht über eine derartige Gurtwarntechnologie verfügen, Sicherheitsrisiken ausgesetzt sind;

28.  fordert die Kommission mit Nachdruck auf, im Einklang der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. April 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die Aspekte der Straßenverkehrssicherheit im Paket zur Verkehrssicherheit den technischen Fortschritt bei den in der neuen Allgemeinen Sicherheitsverordnung vorgesehenen Sicherheitsmerkmalen von Fahrzeugen gebührend zu berücksichtigen und hochentwickelte Sicherheitssysteme in den Geltungsbereich der nächsten Überarbeitung des Pakets zur Verkehrssicherheit einzubeziehen, um sicherzustellen, dass sie während der regelmäßigen technischen Prüfungen überprüft werden; fordert die zuständigen Behörden in diesem Zusammenhang auf, für zusätzliche Schulung, Weiterqualifizierung und Umschulung der Prüfer, die die regelmäßigen technischen Prüfungen durchführen, zu sorgen; fordert strengere Anforderungen bezüglich der Selbstdiagnose von Fahrzeugen, um zu verhindern, dass fehlerhafte fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme, die zur Erhöhung der Sicherheit konzipiert sind, letztendlich zu einer Gefahr werden;

29.  bedauert, dass die im Paket zur Verkehrssicherheit enthaltenen Bestimmungen zur Kontrolle der Befestigung der Ladung nicht verbindlich sind; fordert die Kommission auf, bei der nächsten Überprüfung des Pakets eine Verschärfung dieser Bestimmungen vorzuschlagen;

30.  betont, dass größere Anstrengungen erforderlich sind, um gegen Kilometerstandbetrug vorzugehen und so die Qualität und Sicherheit von Gebrauchtfahrzeugen sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, das von der Generaldirektion Mobilität und Verkehr (GD MOVE) der Kommission entwickelte System für den Austausch von Kilometerstandangaben, die EU-Plattform MOVEHUB und deren ODOCAR-Modul als Ergebnis des vom Parlament vorgeschlagenen Pilotprojekts zu einem europäischen System zur Eindämmung des Kilometerstandbetrugs (OREL) zu nutzen;

31.  fordert die Kommission auf, einen neuen harmonisierten Rechtsrahmen für automatisierte Fahrzeuge vorzuschlagen, um durch umfassende Tests, auch im praktischen Fahrbetrieb, sicherzustellen, dass automatisierte Fahrzeuge in für ihre Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer absolut sicherer Weise betrieben werden, insbesondere in Bezug auf ihre Interaktion mit konventionellen Fahrzeugen und ungeschützten Verkehrsteilteilnehmern;

32.  fordert die Kommission auf, in der Zwischenzeit die Risiken der derzeit verfügbaren Fahrerassistenzsysteme für die Straßenverkehrssicherheit, wie etwa die übermäßige Abhängigkeit und Ablenkung von Fahrern, zu bewerten; fordert die Kommission auf, die Einführung einer Vorschrift in Erwägung zu ziehen, wonach die mobilen und elektronischen Geräte der Fahrer mit einem „sicheren Fahrmodus“ ausgestattet werden müssen und andere technische Instrumente zur Verringerung von Ablenkungen während der Fahrt standardmäßig eingebaut werden müssen;

33.  betont, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge – wie von der Kommission in ihrem Strategischen Aktionsplan der EU zur Straßenverkehrssicherheit dargelegt – eine interessante Möglichkeit darstellt, die Straßenverkehrssicherheit positiv zu beeinflussen; fordert die Kommission auf, der Tatsache ausdrücklich Rechnung zu tragen, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses bewertet werden sollte, wobei auch Fahrzeugsicherheit, Innovation, Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Fragen berücksichtigt werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten und die öffentlichen Auftraggeber auf, Sicherheitsaspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für Straßenverkehrsdienste als eines der wichtigsten Kriterien zu betrachten;

34.  weist darauf hin, dass neue Elektrokleinstfahrzeuge auch Anlass für einige ernste Bedenken sind, die sich nicht nur auf die Sicherheit dieser Fahrzeuge selbst, sondern auch auf ihre sichere Nutzung im Verkehr beziehen; bedauert, dass nur einige wenige Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften zu diesem Thema erlassen haben und dass die fehlende Harmonisierung in der EU zu Verwirrung führen kann und es für Besucher schwierig machen kann, die lokalen Vorschriften zu befolgen; fordert die Kommission auf, einen Rahmen für die Typgenehmigung dieser neuen Elektrokleinstfahrzeuge zu erwägen und Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Regelung von Sicherheitsaspekten, einschließlich Verkehrsregeln für die sichere Nutzung dieser Fahrzeuge, zu erlassen; weist die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut darauf hin, dass europäische und nationale Sensibilisierungs- und Bildungskampagnen zur sicheren Nutzung von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität umgesetzt werden müssen, wobei besonderes Augenmerk auf ungeschützte Verkehrsteilnehmer, darunter Kinder, ältere Menschen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität, zu richten ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren in Bezug auf eine sicherere Nutzung von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität auszutauschen;

35.  fordert die Kommission auf, die Anforderungen der EU-Datenbank über Straßenverkehrsunfälle (CARE) zu aktualisieren und die Erfassung von Zusammenstößen von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität, wie Elektrorollern und anderen Pedelecs, aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, auf der Grundlage der Informationen in der CARE-Datenbank konkrete präventive Sicherheitsmaßnahmen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene umzusetzen;

Sichere Teilnahme am Straßenverkehr

36.  stellt fest, dass laut einer Studie der Kommission davon ausgegangen wird, dass Alkohol bei ungefähr 25 % aller Todesfälle im Straßenverkehr eine Rolle spielt, während das bei Drogen bei 15 % der Verkehrstoten der Fall ist(8); weist darauf hin, dass die Empfehlungen der EU über den zulässigen Blutalkoholgehalt aus dem Jahr 2001 stammen; fordert die Kommission auf, ihre Empfehlungen zu aktualisieren und darin eine Null-Toleranz-Grenze für Alkohol am Steuer aufzunehmen und eine Empfehlung der EU für Null-Toleranz in Bezug auf illegale psychoaktive Drogen sowie Standards für die Durchsetzung von Drogenkontrollen im Straßenverkehr einzuführen; weist darauf hin, dass eine Harmonisierung des zulässigen Blutalkoholgehalts in der EU für alle Fahrzeugklassen Vergleiche mit Hilfe der wesentlichen Leistungsindikatoren für Nüchternheit am Steuer erleichtern würde; fordert die Kommission auf, Leitlinien für die Kennzeichnung von Arzneimitteln auszuarbeiten, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen, sowie Aufklärungskampagnen zu unterstützen, um das medizinische Personal, einschließlich Hausärzten, hierfür zu sensibilisieren; fordert die Kommission auf, in die überarbeiteten Empfehlungen auch Leitlinien für den Einbau von Alkohol-Wegfahrsperren aufzunehmen, wobei der Fokus insbesondere auf Wiederholungstäter und Ersttäter, die schwere Verstöße begehen, und alle Berufskraftfahrer zu richten ist;

37.  weist darauf hin, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen bei ungefähr 30 % der tödlichen Straßenverkehrsunfälle ein Schlüsselfaktor und bei den meisten anderen Unfällen ein erschwerender Faktor sind; fordert die Kommission auf, eine Empfehlung zur Anwendung sicherer Geschwindigkeitsbegrenzungen im Einklang mit dem „Safe System“-Ansatz für alle Straßentypen vorzulegen, wie z. B. eine standardmäßige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in Wohngebieten und Gebieten, in denen es zahlreiche Radfahrer und Fußgänger gibt, wobei für Hauptverkehrsadern mit einem angemessenen Schutz ungeschützter Verkehrsteilnehmer höhere Geschwindigkeitsbegrenzungen festgelegt werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, vorrangig in die Durchsetzung von Geschwindigkeitsbegrenzungen und eine qualitativ hochwertige Kommunikation über die zentrale Bedeutung von Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsmanagement zu investieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, Strafen zu verhängen, um vor Geschwindigkeitsüberschreitungen abzuschrecken, einschließlich Strafpunktesystemen, und Sensibilisierungskurse für die Problematik der Geschwindigkeit in Erwägung zu ziehen, die der Rehabilitierung von Wiederholungstätern dienen;

38.  stellt fest, dass laut den Schätzungen der Kommission(9) in der EU jedes Jahr 10 Millionen schwere Verkehrsdelikte in Verbindung mit Geschwindigkeitsüberschreitungen, Überfahren roter Ampeln und Alkohol am Steuer von Gebietsfremden begangen werden; nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die bei der Schaffung eines Rahmens für die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten seit 2015 erzielt wurden, bedauert jedoch, dass mit dem bestehenden Rahmen für die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten, der in der Richtlinie über die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten niedergelegt ist, keine angemessenen Ermittlungen sichergestellt werden, um Sanktionen durchzusetzen oder Entscheidungen über Sanktionen anzuerkennen; ist der Ansicht, dass durch eine bessere grenzüberschreitende Durchsetzung der Straßenverkehrsvorschriften die Befolgung dieser Vorschriften erhöht und eine abschreckende Wirkung erzielt würde, sodass gefährliches Verhalten reduziert und die Straßenverkehrssicherheit verbessert würde; fordert die Kommission in dieser Hinsicht auf, die oben genannten Themen bei der nächsten Überprüfung der Richtlinie anzugehen, das Problem der gegenseitigen Anerkennung des Entzugs der Fahrerlaubnis und von Strafpunkten zu bewerten und den Anwendungsbereich der Richtlinie dahingehend zu überarbeiten, dass die Durchsetzung der Zahlung von Straßenbenutzungsgebühren einbezogen wird, um gefährliches Fahrverhalten zu verhindern und die Qualität der Infrastruktur zu erhalten;

39.  weist erneut darauf hin, dass mit der Richtlinie über den Führerschein ein harmonisiertes EU-Führerscheinmuster aufgestellt wurde und Mindestanforderungen für die Erlangung eines Führerscheins eingeführt wurden; stellt fest, dass diese Richtlinie in Bezug auf neue technologische Entwicklungen bei der Fahrzeug- und Infrastrukturtechnologie und der Fahrzeugautomatisierung und in Ausbildungsprogrammen insbesondere für Berufskraftfahrer auf dem aktuellen Stand gehalten werden muss; fordert die Kommission auf, Mindeststandards für die Ausbildung von Fahrern und die Verkehrserziehung zu erarbeiten und gleichzeitig Form, Inhalt und Ergebnisse von Fahrschulkursen in der gesamten EU schrittweise anzugleichen, und in Erwägung zu ziehen, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Richtlinie die Matrix der Ziele für die Fahrerausbildung (Goals for Driver Education – GDE) aufzunehmen, die drei Kategorien umfasst: Kenntnisse und Fähigkeiten, risikoerhöhende Aspekte und Selbsteinschätzung; fordert darüber hinaus die Einführung eines abgestuften System der Fahrerlaubnis, das Fahranfänger darin bestärkt, mehr Erfahrung mit komplizierteren Fähigkeiten wie dem Bewahren des Überblicks über die jeweilige Verkehrssituation, der Selbsteinschätzung und der Gefahrenerkennung zu sammeln, während bestimmte Tätigkeiten mit hohem Risiko wie das Fahren bei Nacht und die Beförderung von Personen eingeschränkt werden, wobei den Mobilitätsbedürfnissen von Personen, die in abgelegenen Gebieten und Gebieten mit eingeschränktem Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln leben, Rechnung zu tragen ist; fordert die Kommission ferner auf, die Mindeststandards für die Lehrkräfte in der Fahrausbildung für Kraftfahrzeuge und Krafträder weiter zu harmonisieren, wozu auch regelmäßige Weiterbildung und Schulung in der Gefahrenerkennung sowie strengere Mindestanforderungen hinsichtlich Lehr- und Kommunikationsfähigkeiten gehören; nimmt besorgt zur Kenntnis, dass aus mehreren Mitgliedstaaten die irreguläre Erteilung von Führerscheinen berichtet wird, und fordert die Kommission auf, diesen Aspekt zu beobachten;

40.  fordert die Kommission auf, zu erwägen, eine theoretische und praktische Ausbildung und entsprechende Prüfungen für den Erwerb einer Fahrerlaubnis für sämtliche Kategorien zweirädriger Kraftfahrzeuge verpflichtend zu machen;

41.  fordert die Kommission auf, zentrale Leistungsindikatoren für die Bereitstellung von Verkehrssicherheits- und Mobilitätserziehung in den Mitgliedstaaten zu entwickeln und EU-Instrumente für die Gestaltung, Umsetzung und Bewertung der Verkehrssicherheits- und Mobilitätserziehung zu entwickeln; fordert sämtliche Mitgliedstaaten auf, hochwertige Verkehrserziehung anzubieten, die in der Schule beginnen und Teil des anhaltenden lebenslangen Lernens sein sollte;

42.  weist darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie zu einer Ausweitung von Hauszustelldiensten und insbesondere der Nutzung von Lieferwagen, motorisierten Zweirädern wie Mopeds und Fahrrädern geführt hat und das Entstehen neuer Arten von Plattformarbeit und Geschäftsmodellen gefördert hat; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Berufskraftfahrer angemessen geschult werden, und sich mit dem Problem der Ermüdung von und Geschwindigkeitsübertretungen durch Fahrer – insbesondere infolge des starken Anstiegs der Zahl der Hauszustellungen – zu befassen; fordert die Kommission ferner auf, in Erwägung zu ziehen, das System der technischen Überwachung zu verschärfen und zusätzliche verpflichtende Kontrollen für Lieferwagen einzuführen, die von Anbietern von Paketzustelldiensten verwendet werden, sobald eine bestimmte Kilometerleistung erreicht ist, und im Rahmen der Überarbeitung des Pakets zur Verkehrssicherheit in Erwägung zu ziehen, diese Verpflichtung auf andere Fahrzeuge dieser Kategorien auszuweiten, die für weitere gewerbliche Zwecke verwendet werden; fordert die Kommission auf, eine Empfehlung in Bezug auf die Sicherheit des Personals der Zustelldienste vorzulegen, die auch eine Verpflichtung der Arbeitgeber und der Unternehmen umfasst, sicherzustellen, dass Sicherheitsausrüstungen und sichere Fahrzeuge bereitgestellt und genutzt werden, sowie Schulungen zu den digitalen Instrumenten, die sie möglicherweise nutzen müssen, wie Anwendungen und interaktive Plattformen, anzubieten;

43.  ist zutiefst besorgt über die Ermüdung der Fahrer im gewerblichen Güter- und Personenverkehr als Unfallursache; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, dafür zu sorgen, dass die Richtlinie 89/391/EWG des Rates über Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer(10) im Hinblick auf Aspekte der Straßenverkehrssicherheit ordnungsgemäß umgesetzt wird; fordert die Kommission auf, einen zentralen Leistungsindikator für die Ermüdung von Fahrern im gewerblichen Güter- und Personenverkehr einzuführen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Zahl der geschützten Parkplätze im TEN-V zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass diese an die Bedürfnisse der Fahrer angepasst sind, und über eine aktualisierte und benutzerfreundliche Website Informationen über deren Verfügbarkeit bereitzustellen; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob der Einbau von Klimaanlagen oder gleichwertigen Systemen für Fahrerkabinen in Schwerlastkraftwagen positive Auswirkungen auf die Ermüdung der Fahrer und die Straßenverkehrssicherheit haben könnte, da diese Anlagen unabhängig vom Motor betrieben werden können;

44.  betont, dass eine wirksame und umfassende Reaktion nach einem Umfall neben medizinischer Versorgung und Rehabilitation auch die Bereitstellung psychischer und sozialer Unterstützung, die Anerkennung der Opfer und eine gründliche Untersuchung zur Ermittlung der Ursachen von Unfällen und Maßnahmen zur Verhinderung eines erneuten Vorkommens in der Zukunft sowie gegebenenfalls straf- und zivilrechtliche Verfahren umfasst; fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine engere Zusammenarbeit zwischen ihren für die Straßenverkehrssicherheit zuständigen Behörden und der Gesundheitsbranche zu sorgen, um die korrekte Nutzung von Rettungsgassen durchzusetzen, um Rettungseinsätze zu beschleunigen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, für eine ausreichende Finanzierung einer effizienten Notfallinfrastruktur einschließlich medizinischer Luftrettungsdienste zu sorgen, insbesondere in abgelegenen und bergigen Gebieten und auf Inseln; fordert die Kommission auf, die Ausbildung in Erster Hilfe bei der zukünftigen Überarbeitung der Richtlinie über den Führerschein verpflichtend zu machen; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Konzept der Rettungsgasse in ihren nationalen Straßenverkehrsordnungen zu verankern und weitere Sensibilisierungskampagnen durchzuführen; weist erneut darauf hin, wie wichtig die weitergehende Betreuung von Unfallopfern ist;

45.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre wichtigsten Traumanetzwerke auszubauen und Leitlinien für die gegenseitige Zusammenarbeit anzunehmen, damit die Notfalldienste Patienten – auch grenzüberschreitend – rasch zur Behandlung bringen können;

46.  hebt hervor, dass eine unzureichende Durchsetzung der Straßenverkehrsvorschriften die Bemühungen, die „Vision Null Straßenverkehrstote“ zu verwirklichen, untergräbt; fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren Straßenverkehrssicherheitsplänen jährliche Ziele für die Durchsetzung und Befolgung festzulegen und ihre angemessene Finanzierung sicherzustellen sowie eine jährliche Folgemaßnahme durchzuführen und zu veröffentlichen, in der die verwirklichten Ziele und die erzielten Ergebnisse analysiert werden; betont, dass nur gut erklärte, weithin bekannt gemachte und konsequente Durchsetzungsaktivitäten und Schulung mittels Durchsetzung eine langanhaltende Wirkung auf das Fahrverhalten haben können; weist darauf hin, dass die Effizienz weiter gesteigert wird, wenn die Bearbeitung von Bußgeldern für festgestellte Verstöße weitgehend automatisiert wird;

47.  weist darauf hin, dass die Benutzung von Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten beim Führen eines Kraftfahrzeugs oder Kraftrads die Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträchtigt und bei 10–30 % der Unfälle auf der Straße eine Rolle spielt; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen, auch nichtfinanzieller Art, für die Benutzung von Mobiltelefonen einzuführen, das Bewusstsein für die Risiken zu schärfen und die Durchsetzung zu verbessern;

Ein zukunftstauglicher Rahmen

48.  hebt hervor, dass externe Faktoren und aufkommende gesellschaftliche Trends beispiellose Herausforderungen für die Verkehrssicherheit im Rahmen der EU-Strategie bis 2030 und darüber hinaus darstellen; weist darauf hin, dass die EU den Weg dafür ebnen sollte, dass vernetzte und automatisierte Fahrzeuge zeitnah eingeführt werden, und die möglichen Risiken bewerten sollte, die entstehen, wenn diese Fahrzeuge in einem gemischten Verkehr mit herkömmlichen Fahrzeugen und mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern kombiniert werden; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der größeren Zahl automatisierter Fahrzeuge auf den Verkehr in städtischen Gebieten und auf die Umwelt umfassend zu bewerten; betont, dass eine Modernisierung der Infrastruktur erforderlich sein könnte, um den sicheren Betrieb automatisierter und halbautomatisierter Fahrzeuge zu gewährleisten und gleichzeitig die Sicherheit konventioneller Fahrzeuge zu verbessern und damit allen Verkehrsteilnehmern zugutezukommen;

49.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Abwrackprämien im Einklang mit Umweltauflagen einzuführen, um Anreize für den Kauf und die Nutzung sichererer, sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge und die Erneuerung der öffentlichen und privaten Fahrzeugflotten zu schaffen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit der EIB zusammenzuarbeiten, um neue Finanzierungsmodelle zu untersuchen, mit denen Investitionen in sichere und nachhaltige Verkehrsdienstleistungen sowie sichere und nachhaltige Fahrzeugflotten gefördert werden;

50.  stellt fest, dass Daten bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit eine entscheidende Rolle spielen werden; weist erneut darauf hin, dass Fahrzeugdaten für das Verkehrsmanagement, die technische Überwachung und die Unfallanalyse äußerst wertvoll sind; fordert die Kommission auf, einen Rahmen für den Zugriff auf Fahrzeugdaten jenseits des Reparaturmarkts in Übereinstimmung mit der Datenschutz-Grundverordnung(11) ausschließlich für den Zweck der Erforschung von Unfallursachen und der technischen Überwachung aufzustellen; betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der in Ereignisdatenspeichern gespeicherten digitalen Daten für die Durchführung gründlicher Unfallanalysen, um die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass alle Datenelemente, die für eine eingehende Unfallanalyse und die Forschung im Bereich der Straßenverkehrssicherheit relevant sind (einschließlich Standort, Datum und Uhrzeit), vom Ereignisdatenspeicher aufgezeichnet und gespeichert werden müssen;

51.  weist darauf hin, dass die Straßenverkehrssicherheit zwar in der gemeinsamen Zuständigkeit aller einschlägigen Akteure und Behörden auf Unions-, nationaler und lokaler Ebene liegt, dass aber die Union eine starke Führungsrolle wahrnehmen sollte, damit die Straßenverkehrssicherheit im Straßenverkehr nach wie vor Priorität genießt, um dazu beizutragen, die in der Straßenverkehrssicherheit zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede abzubauen, und um sicherzustellen, dass die EU in diesem Bereich weltweit führend bleibt; betont die Verantwortung der EU, die Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Verfahren mit Drittländern wie dem Vereinigten Königreich zu fördern, um die Stockholmer Erklärung zur Straßenverkehrssicherheit umzusetzen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Ziele der EU-Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit für alle einschlägigen externen Programme gelten, und ein wirksames System für den Austausch von Informationen über Verkehrsdelikte mit benachbarten Drittländern zu entwickeln, um die Durchsetzung zu verbessern und gleichzeitig sicherzustellen, dass jeder Informationsaustausch strengen Sicherheitsvorkehrungen, Prüfungen und Aufsichtsbedingungen unterliegt und die geltenden EU-Vorschriften uneingeschränkt eingehalten werden;

52.  fordert die Kommission auf, angesichts der bevorstehenden Überarbeitung des Pakets zur Mobilität in der Stadt Synergien zwischen Sicherheits- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen in städtischen Gebieten zu fördern; fordert in dieser Hinsicht die Neuausrichtung der Verkehrsinfrastruktur in städtischen Gebieten, einschließlich einer Umwidmung öffentlicher Räume, weg vom motorisierten Individualverkehr und hin zu nachhaltigen, sichereren und gesünderen Verkehrsträgern wie öffentlichen Verkehrsmitteln, Fußgänger- und Radfahrerverkehr, wobei die besonderen Bedürfnisse von schwächeren Verkehrsteilnehmern wie etwa Kindern, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen zu berücksichtigen sind; fordert mehr Investitionen und eine Kofinanzierung durch EU-Finanzierungsinstrumente für Parkplätze und andere Bereiche vernetzter Mobilität an den Stadträndern, wodurch ein einfacher Zugang zu unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsträgern ermöglicht wird, um die Verkehrsbelastung in städtischen Gebieten zu verringern und die CO2-Emissionen zu senken; begrüßt es, dass die EIB die Absicht hat, ambitionierte Investitionsprogramme zu unterstützen, um Behörden dabei zu helfen, nachhaltige Mobilität auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern, wie beispielsweise Pläne für nachhaltige städtische Mobilität und Projekte für den öffentlichen Verkehr; fordert die Kommission auf, die Ziele und Maßnahmen der EU im Bereich der Straßenverkehrssicherheit besser in die Leitlinien für Pläne für eine nachhaltige urbane Mobilität zu integrieren, indem sie bewährte Verfahren überwacht und fördert, unter anderem durch die Festlegung eines Indikators für die wirksame Verwendung von EU-Mitteln zur Verbesserung der Sicherheit im städtischen Straßenverkehr;

53.  stellt fest, dass ländliche Gebiete rund 83 % des Hoheitsgebiets der EU ausmachen und 30,6 % ihrer Bevölkerung in diesen Gebieten leben; weist darauf hin, dass es insbesondere in ländlichen und dünn besiedelten Gebieten an hochwertiger Verkehrsinfrastruktur und regelmäßigen öffentlichen Verkehrsdiensten mangelt, was sich unmittelbar auf die Straßenverkehrssicherheit auswirkt; stellt zudem fest, dass sich 54 % der durch Verkehrsunfälle verursachten Todesfälle in der EU auf Landstraßen ereignen; hebt hervor, dass die Verbesserung der Erreichbarkeit, Anbindung und Straßenverkehrssicherheit für ländliche Gebiete Teil der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität sein sollte; fordert die Kommission auf, den letztgenannten Aspekt in ihrer bevorstehenden Mitteilung über eine langfristige Vision für ländliche Gebiete zu berücksichtigen;

54.  betont, dass ein integrierter Ansatz gefördert werden muss, um die im Rahmen der „Vision Null Straßenverkehrstote“ festgelegten Ziele zu erreichen und eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit unter Einbeziehung von nichtstaatlichen Organisationen, der Zivilgesellschaft sowie von Unternehmen und Industrie auf regionaler, nationaler und EU-Ebene zu stärken; fordert Unternehmen und KMU auf, entsprechend der Stockholmer Erklärung auf die Verwirklichung der Straßenverkehrssicherheit hinzuwirken, indem sie die Grundsätze des „Safe System“-Ansatzes auf ihre gesamten Wertschöpfungsketten, einschließlich interner Verfahren im Rahmen der Beschaffungs-, Herstellungs- und Vertriebsabläufe, anwenden und die Berichterstattung über die Leistung im Bereich Sicherheit in ihren Nachhaltigkeitsberichten und auf ihren offiziellen Webseiten erfassen; fordert Unternehmen und KMU ferner auf, ihren Fahrern gegebenenfalls spezifische Schulungen zur Straßenverkehrssicherheit anzubieten und die Aufnahme der Funktion eines „Mobilitätsmanagers“ zu erwägen, der den Mobilitätsbedarf des Unternehmens für die Beförderung von Waren und Arbeitnehmern entlang der gesamten Logistikkette koordiniert und optimiert;

55.  fordert die Kommission auf, bei der Entwicklung einer europaweiten Kultur der Straßenverkehrssicherheit mit den Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft und anderen wichtigen Interessenträgern zusammenzuarbeiten; begrüßt die Einführung des EU-Preises für städtische Straßenverkehrssicherheit im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche und die Modernisierung der Europäischen Charta für Straßenverkehrssicherheit, der größten zivilgesellschaftlichen Plattform zur Straßenverkehrssicherheit; fordert die Kommission auf, in den kommenden Jahren als Teil des EU-Politikrahmens für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 eine Initiative für ein Europäisches Jahr der Straßenverkehrssicherheit zu starten; spricht sich außerdem im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr für grünere Städte 2022 für die Einführung, Finanzierung und Überwachung einer Auszeichnung als „sicherere Stadt“ aus, die auf den Kriterien der höchsten Standards im Bereich der Straßenverkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer und lebenswerterer öffentlicher Räume, einschließlich einer besseren Luftqualität und eines verringerten CO2-Ausstoßes, beruht;

56.  erkennt den Weltgedenktag für die Straßenverkehrsopfer an, der jedes Jahr am dritten Sonntag im November begangen wird, um der vielen Millionen Menschen zu gedenken, die auf den Straßen weltweit getötet oder schwer verletzt wurden, und um den Rettungsdiensten für ihre Arbeit zu danken und über die enormen Belastungen und Kosten für Familien, Gemeinschaften und Länder im Zusammenhang mit dieser sich alltäglich wiederholenden Katastrophe nachzudenken; erkennt diesen Tag offiziell an und fordert den Europäischen Rat und die Kommission auf, dies ebenfalls zu tun, indem sie eine jährliche Veranstaltung durchführen, die von den drei Organen unterstützt wird;

57.  ist der Auffassung, dass zur ordnungsgemäßen Umsetzung der nächsten Schritte der EU-Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit im Rahmen der übergeordneten Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität einige neue Kapazitäten im Bereich der Straßenverkehrssicherheit erforderlich sind, insbesondere in Bezug auf die Koordinierungs-, Überwachungs- und Evaluierungsfunktionen und die technische Unterstützung der Gesamtstrategie; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Einrichtung einer europäischen Straßenverkehrsagentur in Erwägung zu ziehen, um einen nachhaltigen, sicheren und intelligenten Straßenverkehr zu unterstützen, oder – falls dies nicht möglich ist – eine bestehende Agentur mit dieser Aufgabe zu betrauen;

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58.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 68 vom 13.3.2015, S. 9.
(2) ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18.
(3) ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 1.
(4) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0122.
(5) ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1.
(6) Richtlinie (EU) 2019/1936 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zur Änderung der Richtlinie 2008/96/EG über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 1).
(7) ABl. L 167 vom 30.4.2004, S. 39.
(8) Studie der Kommission vom 18. Februar 2014 mit dem Titel „Prevention of drink-driving by the use of alcohol interlock devices“ (Prävention von Alkohol am Steuer durch Alkohol-Wegfahrsperren).
(9) Folgenabschätzung der Kommission in der Anfangsphase vom 15. März 2019 zur Überarbeitung der Richtlinie über die grenzüberschreitende Durchsetzung.
(10) ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1.
(11) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.


Wiederaufbau der Fischbestände im Mittelmeer
PDF 179kWORD 56k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu dem Wiederaufbau der Fischbestände im Mittelmeer: Bewertung und nächste Schritte (2019/2178(INI))
P9_TA(2021)0408A9-0225/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640) und die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2020 zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“(1),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „Vom Hof auf den Tisch – eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381),

–  unter Hinweis auf die Biodiversitätsstrategie der EU für 2030, die in der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 – Mehr Raum für die Natur in unserem Leben” (COM(2020)0380) dargestellt wird, insbesondere auf Ziffer 2.2.6 dieser Mitteilung, „Wiederherstellung des guten Umweltzustands der Meeresökosysteme“, u. a. durch finanzielle Anreize durch die künftigen Finanzinstrumente für die Fischerei und Meerespolitik für Meeresschutzgebiete (einschließlich Natura-2000-Gebiete und durch internationale oder regionale Abkommen festgelegte Gebiete);

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Juni 2020 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Fischerei in der EU: Sachstand und Leitlinien für 2021“ (COM(2020)0248),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. September 2020 mit dem Titel „Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021“ (COM(2020)0575),

–   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 betreffend die Maßnahmen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Mittelmeer(2),

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie)(3),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates vom 29. September 2008 über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei(4),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik(5),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds(6) und auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (COM(2018)0390),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2017/159 des Rates vom 19. Dezember 2016 zur Durchführung der Vereinbarung über die Durchführung des Übereinkommens über die Arbeit im Fischereisektor von 2007 der Internationalen Arbeitsorganisation, die am 21. Mai 2012 zwischen dem Allgemeinen Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften der Europäischen Union (COGECA), der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) und der Vereinigung der nationalen Verbände von Fischereiunternehmen in der Europäischen Union (Europêche) geschlossen wurde(7),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/1004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Einführung einer Rahmenregelung der Union für die Erhebung, Verwaltung und Nutzung von Daten im Fischereisektor und Unterstützung wissenschaftlicher Beratung zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik(8),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/2107 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2017 zur Festlegung von Bewirtschaftungs-, Bestandserhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Übereinkommensbereich der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT)(9),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Fischereien, die Grundfischbestände im westlichen Mittelmeer befischen(10),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/982 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1343/2011 über Vorschriften für die Fischerei im Übereinkommensgebiet der GFCM (Allgemeine Kommission für die Fischerei im Mittelmeer)(11),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2020/560 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 508/2014 und (EU) Nr. 1379/2013 hinsichtlich spezifischer Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs im Fischerei- und Aquakultursektor(12),

–   unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 25. Juni 2020 über die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/56/EG) (COM(2020)0259),

–   unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 26/2020 des Europäischen Rechnungshofs vom 26. November 2020 mit dem Titel „Meeresumwelt: EU-Schutz ist weit gefasst, aber nicht tiefgreifend“,

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 9. Februar 2021 mit dem Titel „Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft – Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“ (JOIN(2021)0002),

–  gestützt auf die Artikel 38 und 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Europäische Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union (ENP),

–  unter Hinweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS),

–  unter Hinweis auf die mittelfristige Strategie (2017–2020) der GFCM für die nachhaltige Entwicklung der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer,

–  unter Hinweis auf den Bericht der GFCM über die Lage der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer für das Jahr 2018,

–  unter Hinweis auf das Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG) 14 – „Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen“ – der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen, verabschiedet am 25. September 2015,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei (STECF) von 2020 über die Überwachung der Leistungen der Gemeinsamen Fischereipolitik (STECF-Adhoc-20-01),

–   unter Hinweis auf die Studie der Kommission über eine rückblickende Evaluierung der Mittelmeer-Verordnung von Mai 2016,

–   unter Hinweis auf den Bericht der Europäischen Umweltagentur Nr. 17/2019 mit dem Titel „Marine messages II – Navigating the course towards clean, healthy and productive seas through implementation of an ecosystem‑based approach“ (Botschaften des Meeres II – Mit einem ökosystembasierten Konzept Kurs nehmen auf saubere, gesunde und produktive Meere),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt und der Küstengebiete des Mittelmeers („Übereinkommen von Barcelona“) und die dazugehörigen Protokolle und Beschlüsse der EU,

–  unter Hinweis auf die Ministererklärung der an das Mittelmeer grenzenden Küstenstaaten MedFish4Ever, angenommen in La Valletta (Malta) am 30. März 2017,

–   unter Hinweis auf die Ministererklärung von Sofia vom 7. Juni 2018,

–  unter Hinweis auf die Ministererklärung vom 26. September 2018 zur Umsetzung eines regionalen Aktionsplans für die kleine und nachhaltige Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer,

–   unter Hinweis auf den „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ (Globaler Sachstandsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen) der zwischenstaatlichen Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (IPBES) von 2019,

–   unter Hinweis auf den Sonderbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Weltklimarat, IPCC) von 2019 über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima,

–  unter Hinweis auf Teil II Abschnitt 2 des SRÜ mit dem Titel „Grenzen des Küstenmeers“,

–   unter Hinweis auf den „First Mediterranean Assessment Report (MAR1)” (Erster Bericht zur Bewertung des Mittelmeerraums) des unabhängigen Netzwerks „Mediterranean Experts on Climate and environmental Change (MedECC)” (Sachverständige für Umwelt- und Klimaveränderungen im Mittelmeerraum),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der GFCM mit dem Titel „The State of Mediterranean and Black Sea Fisheries 2020“ (Lage der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer 2020),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses über die Folgen der steigenden Wassertemperaturen im Meer für die Fischbestände und die Fischerei (2019/2163(INI)),

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Fischereiausschusses für den Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu einer Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (2020/2260(INI)) – PECH_AD(2021)662054,

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 17. April 2020 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1379/2013 und (EU) Nr. 508/2014 hinsichtlich spezifischer Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs im Fischerei- und Aquakultursektor (COM(2020)0142 – C9-0093/2020 – 2020/0059(COD))(13),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu dem Thema „Mehr Fische im Meer? Maßnahmen zur Förderung der Wiederaufstockung der Bestände über den höchstmöglichen Dauerertrag hinaus, darunter Bestandsauffüllungsgebiete und geschützte Meeresgebiete“(14),

–  unter Hinweis auf die gegenwärtigen und langfristigen negativen sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie für die Branche, darunter auch für Einzelhändler und kleine Händler von frischen Lebensmittelerzeugnissen,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses (A9-0225/2021),

A.  in der Erwägung, dass das Mittelmeer nicht nur einer der wichtigsten Orte für die Biodiversität weltweit, sondern auch ein Becken ist, an dem sich Küstengemeinschaften angesiedelt haben, die größtenteils von der Fischerei und insbesondere der kleinen Fischerei abhängig sind; in der Erwägung, dass sein derzeitiger besorgniserregender ökologischer Zustand, der teilweise auf die Überfischung zurückzuführen ist, nicht nur die Biodiversität ernstlich gefährdet, sondern auch das Überleben einer Branche, deren Rentabilitätsverlust äußerst nachteilige sozioökonomische Folgen für die Fischereigemeinschaften, die Industrie und die damit verbundenen Wirtschaftszweige haben kann;

B.  in der Erwägung, dass die Fischbestände sich nicht unbegrenzt fortpflanzen können und dass die Nachfrage nach Fisch und der Fischkonsum beständig steigen;

C.  in der Erwägung, dass die Lage im Mittelmeer – insbesondere im westlichen Mittelmeer, wo neue Maßnahmen durchgeführt werden, die aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bewertet werden können, und weitere Initiativen erforderlich sind – und im Schwarzen Meer seit Beginn der Datenerhebung 2003 im Wesentlichen unverändert ist, wobei seit 2012 eine leichte Zunahme der Biomasse zu verzeichnen ist;

D.  in der Erwägung, dass dem Bericht der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) von 2020 über den Zustand der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer zufolge der prozentuale Anteil der überfischten Fischbestände von 88 % im Jahr 2014 auf 75 % im Jahr 2018 gesunken ist, wobei eindeutig aufgezeigt wird, dass noch viel zu tun ist, sich aber auch schrittweise bessere Ergebnisse aufgrund des Einsatzes der Fischer in der gesamten Region zeigen; in der Erwägung, dass die Lage vieler Bestände nach wie vor kritisch ist, da Angaben des STECF zufolge mehr als 80 % der wissenschaftlich bewerteten Bestände über dem Niveau des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY) bewirtschaftet werden;

E.  in der Erwägung, dass 2019 die Verordnung zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Fischereien, die Grundfischbestände im westlichen Mittelmeer befischen, angenommen wurde und dass die Auswirkungen der mit dieser Verordnung ergriffenen Maßnahmen abgewartet werden müssen;

F.  in der Erwägung, dass die Beschränkungen der Fischereitätigkeit aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht erhebliche Auswirkungen haben, die die Rentabilität von tausenden Unternehmen so stark bedrohen, dass sogar ihr Überleben in Gefahr ist, was verheerende Folgen für die Beschäftigung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Küstengebieten haben kann;

G.  in der Erwägung, dass durch Bestandserschöpfung und die Aushöhlung der marinen biologischen Vielfalt die Ernährungssicherheit der Küstengemeinschaften sowie Arbeitsplätze und Einkommen in der gesamten Wertschöpfungskette der handwerklichen Fischerei gefährdet sind;

H.  in der Erwägung, dass der Umstand, dass die Beschränkungen der Fischereitätigkeiten in unterschiedlichem Maße eingehalten werden, dazu führt, dass die festgelegten Ziele nicht verwirklicht werden können und diejenigen, die sich an die Beschränkungen halten, eindeutig im Nachteil sind;

I.  in der Erwägung, dass der Europäische Meeres- und Fischereifonds für die Linderung der abträglichen sozioökonomischen Auswirkungen und für die Diversifizierung der Branche herangezogen werden sollte;

J.  in der Erwägung, dass die Mehrheit der Mittelmeerfischereiflotte aus Fahrzeugen der kleinen handwerklichen Fischerei besteht, der etwa 84 % der Fischereiflotte und 60 % der Arbeitsplätze im Mittelmeerbecken zuzuschreiben sind, und in der Erwägung, dass einige Flotten zwar deutlich zurückgegangen sind – wenn auch in unterschiedlichem Maße in den EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten mit erheblichen Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft –, die Tendenzen in Bezug auf die Zahl der Schiffe jedoch relativ stabil geblieben sind;

K.  in der Erwägung, dass für die meisten Küsten- und Inselgebiete die handwerkliche Fischerei eine traditionelle Form der Fischerei ist, bei der es sich um einen Lebensstil und eine wichtige Existenzgrundlage handelt, die besondere Maßnahmen und Unterstützung benötigt, um wachsen und sich weiterentwickeln zu können;

L.  in der Erwägung, dass ein gesundes Niveau der Fischbestände erreicht werden muss, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen und wichtige Wirtschaftszweige, die von der Fischerei abhängig sind, erhalten bleiben;

M.  in der Erwägung, dass zu den Faktoren, aufgrund deren die Fischbestände im Mittelmeer und die marine biologische Vielfalt unter Druck geraten, nicht nur die Fischerei zählt, sondern auch vom Menschen verursachte Probleme wie die Verschmutzung durch Kunststoffe, die Brennstoffdispersion, der Verlust von Lebensräumen, der Seeverkehr und der Klimawandel sowie die Verbreitung invasiver gebietsfremder Arten;

N.  in der Erwägung, dass die Statistiken eine stetige Zunahme des Konsums von Fischereierzeugnissen und einen damit einhergehenden Anstieg der Einfuhren zeigen;

O.  in der Erwägung, dass bei der Kennzeichnung von europäischen Erzeugnissen noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen, um die Fischereien des Mittelmeers aufzuwerten und die Rückverfolgbarkeit zu verbessern und gleichzeitig gegen die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei (IUUF) vorzugehen;

P.  in der Erwägung, dass der Ertrag ständig zurückgeht und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Nachhaltigkeit der Ressourcen ergriffen werden müssen;

Q.  in der Erwägung, dass Fischerei und Aquakultur zu den am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Wirtschaftszweigen gehören, da die Nachfrage plötzlich zurückgegangen ist;

R.  in der Erwägung, dass die Kommission eine Reihe befristeter und gezielter Maßnahmen vorgeschlagen hat, um den Herausforderungen zu begegnen, mit denen der Wirtschaftszweig Fisch und Meeresfrüchte infolge der COVID-19-Pandemie konfrontiert ist;

S.  in der Erwägung, dass die politische Instabilität und die Unruhen in Libyen eine deutliche Bedrohung für die Fischerinnen und Fischer der EU darstellen, die im südlichen Mittelmeer tätig sind, da ihre persönliche Freiheit und die Sicherheit der Fangtätigkeit gefährdet sind;

T.  in der Erwägung, dass die Fischer in der EU verpflichtet sind, die Bestimmungen zum Erhalt der Fischbestände zu befolgen, wohingegen die Fischer aus anderen Mittelmeerländern nicht dieselben Bestimmungen einhalten müssen, was nicht nur die Bemühungen um den Wiederaufbau der Bestände unterminiert, sondern auch unlauteren Wettbewerb für die EU-Fischerei bedeutet;

U.  in der Erwägung, dass sich das Mittelmeer um bis zu 20 % schneller erwärmt als die Meere in anderen Teilen der Welt; in der Erwägung, dass der Klimawandel nach Angaben der Sachverständigen für den Klimawandel und Umweltveränderungen im Mittelmeerraum (Mediterranean Experts on Climate and Environmental Change, MedECC) bis 2050 zum lokalen Aussterben von bis zu 50 % der kommerziell befischten Fischarten und wirbellosen Meerestiere führen könnte;

Verbesserung der legislativen Aspekte

1.  fordert die Kommission auf, im Benehmen mit dem Beirat für das Mittelmeer (MEDAC) festzustellen, welche Hindernisse dem Wiederaufbau der Fischbestände im Weg stehen, wozu auch eine Analyse der Anwendung der Strategie der GFCM im Zeitraum 2017–2020 gehört, damit die Schlussfolgerungen in die Strategie 2021–2030 einfließen können und dafür Sorge getragen ist, dass praktische Maßnahmen ergriffen werden, um die Fischbestände wiederaufzubauen, einschließlich der Erwägung legislativer und nicht legislativer Maßnahmen, sofern diese benötigt und für angemessen befunden werden;

2.  begrüßt den in der Biodiversitätsstrategie für 2030 unterbreiteten Vorschlag der Kommission, mindestens 30 % der Meeresgebiete der EU zu schützen, indem beispielsweise Bestandsauffüllungsgebiete nach Maßgabe der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP)ausgewiesen werden;

3.  ist der Ansicht, dass die Stärkung und die wirksame Umsetzung der bestehenden geschützten Meeresgebiete dringend erforderlich sind und dass die Fischer in die Vorbereitungsphase und in ihre Bewirtschaftung einbezogen werden sollten;

4.  hält es für geboten, die Bewertung der Ausweisung und des Erfolgs dieser Gebiete in den anstehenden Bericht über das Funktionieren der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) aufzunehmen; fordert die GFCM auf, das erfolgreiche Beispiel des Bestandsauffüllungsgebiets „Jabuka/Pomo“ heranzuziehen;

5.  fordert die Kommission auf, für gleiche Bedingungen für alle Wirtschaftszweige zu sorgen, was die Umsetzung wirksam bewirtschafteter und verbundener geschützter Meeresgebiete anbelangt;

6.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Bedürfnissen der Mittelmeerländer Rechnung zu tragen, indem sie diese Länder bei der Inanspruchnahme regionaler und internationaler Finanzierungsmechanismen und bei der Entwicklung von Projekten für nachhaltige Entwicklung wissenschaftlich und technisch unterstützt;

7.  fordert die Kommission auf, die Zweckmäßigkeit der Erstellung neuer Bewirtschaftungspläne für die Bestände zu prüfen, damit die in der GFP verankerten Grundsätze der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit verwirklicht werden;

8.  weist erneut darauf hin, dass eines der Ziele der GFP darin besteht, bis spätestens 2020 für alle Bestände eine Größe zu erreichen, die den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht;

9.  nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass nach wie vor bei vielen Beständen nicht bekannt ist, in welchem Zustand sie sich befinden; fordert, dass die Bemühungen um eine bessere Datenerhebung ausgeweitet werden, damit die erforderlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen besser konzipiert werden;

10.  weist erneut darauf hin, dass eines der Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie darin besteht, bis spätestens 2020 in der Meeresumwelt einen guten Umweltzustand zu erreichen oder aufrechtzuerhalten;

11.  fordert die Kommission auf, anhand des erfolgreichen Beispiel des Roten Thuns zu prüfen, ob langfristig eine zulässige Gesamtfangmenge (TAC) für bestimmte Arten, darunter Seehecht, eingeführt werden muss, und bei der Bewertung des Mehrjahresplans im Jahr 2024 einen Vorschlag vorzulegen;

12.  weist darauf hin, dass der Erfolg von Meeresschutzgebieten und anderen geschützten Gebieten davon abhängt, dass sie von den Fischern, der Küstenbevölkerung und anderen Interessenträgern angenommen werden; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die aktive Beteiligung der Fischereiwirtschaft und auch der handwerklichen Fischerei, der lokalen Gemeinschaften und aller einschlägigen Akteure an der Gestaltung, Bewirtschaftung und Überwachung der jeweiligen geschützten Meeresgebiete erleichtert werden muss;

13.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um Schutzgebieten im Mittelmeer, die nur auf dem Papier bestehen, ein Ende zu bereiten und Meeresschutzgebiete als Teil eines schlüssigen Netzes effizient verwalteter und vernetzter Gebiete, die auch Offshore- und Tiefseegebiete einschließen, einzurichten; weist auf die Verpflichtung hin, in Gebieten, in denen es gefährdete marine Ökosysteme (VME) gibt oder solche vermutet werden, die Fischerei mit grundberührendem Fanggerät unterhalb von 400 m Tiefe einzustellen;

14.  ersucht die EU und ihre Mitgliedstaaten, das Netz der im Rahmen der GFP und unter Beteiligung der GFCM eingerichteten Bestandsauffüllungsgebiete auszuweiten, und zwar insbesondere dann, wenn es eindeutige Hinweise auf große Fischpopulationen unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung oder auf Laichgründe gibt; hält es für geboten, die Bewertung der Ausweisung und des Erfolgs dieser Gebiete in den anstehenden Bericht über das Funktionieren der GFP aufzunehmen; fordert die GFCM auf, das erfolgreiche Beispiel des Bestandsauffüllungsgebiets „Jabuka/Pomo“ heranzuziehen;

15.  fordert die GFCM auf, eine ehrgeizige und ganzheitliche neue gemeinsame Strategie für Fischerei und Aquakultur im Mittelmeer und im Schwarzen Meer für den Zeitraum 2021–2025 vorzuschlagen, die wirksame und nachhaltige Bewirtschaftungsmaßnahmen auf regionaler und nationaler Ebene nach dem MSY-Ansatz umfassen muss; fordert die GFCM auf, sich mit Problemen wie der Erderwärmung, der IUU-Fischerei und der Freizeitfischerei zu befassen und neue Bestandsauffüllungsgebiete einzurichten;

16.  bedauert, dass es an wissenschaftlichen Daten zur Freizeitfischerei mangelt; fordert die EU-Mitgliedstaaten und die GFCM auf, umfassend zu bewerten, wie sich die Freizeitfischerei auf die Bewirtschaftung der Fischereiressourcen auswirkt und wie sie zu dieser Bewirtschaftung beiträgt, und die Freizeitfischerei in ihre Bewirtschaftungspläne einzubeziehen;

17.  betont, dass die Überwachung und Kontrolle und die wirksame regionale Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung biologischer Meeresschätze wichtig sind;

18.  fordert die Kommission auf, die Ziele des europäischen Grünen Deals in der GFCM zu fördern und durch angemessene Finanzmittel die nachhaltige internationale Meerespolitik und die Bewirtschaftung der Fischbestände zu unterstützen;

19.  fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass vor jedem Legislativvorschlag, der auf die Vergrößerung der Fischbestände ausgerichtet ist und mit dem Fischereitätigkeiten beschränkt werden, eine umfassende Folgenabschätzung durchgeführt wird, um seine möglichen sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen auf Küstengemeinschaften und auf die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Fischereiunternehmen und die Produktionskette zu beziffern, und dass jeder entsprechende Legislativvorschlag durch die besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten gestützt wird, die mit Interessenträgern im Zusammenhang mit der Fischereibranche geteilt werden;

20.  fordert in Anbetracht des europäischen Grünen Deals und der diesem zugrunde liegenden Strategien für Biodiversität und „Vom Hof auf den Tisch“ sowie angesichts der umfassenden Auswirkungen des europäischen Grünen Deals auf die Fischereitätigkeit im Allgemeinen und im Mittelmeer im Besonderen, dass die Auswirkungen dieser Maßnahmen und ihrer Umsetzung auf die Fischerei- und Aquakulturbranche vorab bewertet werden, wobei darauf zu achten ist, dass das Mittelmeer ein gemeinsam mit Drittstaaten, in denen andere Regelungen gelten, genutztes Meer ist;

21.  betont, dass noch keine genaue Quantifizierung der Folgen aller über die Fischereitätigkeit hinausgehenden möglichen Auswirkungen für die Fischbestände vorgenommen wurde, z. B. Verschmutzung, globale Erwärmung, gebietsfremde Arten, Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, Baggerarbeiten und Seeverkehr; weist darauf hin, dass dieser Mangel an Informationen verhindert, dass ausreichend angepasste und wirksame Entscheidungen getroffen werden, um die Erhaltung der Bestände und der Meeresökosysteme zu garantieren;

22.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle legislativen und nichtlegislativen Initiativen in einem Mitbestimmungsmodell gemeinsam mit Fischereiverbänden und Berufsvereinigungen umgesetzt werden;

23.  betont, dass mögliche künftige Rechtsetzungsmaßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaus der Fischbestände im Mittelmeer, die Auswirkungen auf die Fischereibetriebe der Union nach sich ziehen, schrittweise und im Verhältnis zu den Handlungsmöglichkeiten umgesetzt werden müssen; betont ferner, dass etwaige künftige Legislativvorschläge keinen übermäßigen Verwaltungs- und Finanzaufwand für die Fischereibetriebe der Union und insbesondere für die kleine und handwerkliche Fischerei mit sich bringen dürfen;

24.  weist darauf hin, dass alle auf den Schutz und den Wiederaufbau der Bestände im Mittelmeer ausgerichteten Legislativinitiativen nicht lediglich auf Maßnahmen zur Einschränkung der Fischereitätigkeit beschränkt sein dürfen, sondern vielmehr einen ganzheitlichen Ansatz in Bezug auf das Problem verfolgen und in ihrer Gesamtheit auf das Vorgehen gegen sämtliche Gefahren mit Blick auf die Bestandserschöpfung ausgerichtet sein müssen;

25.  betont, dass bei der Rechtsetzung ein ökosystemorientiertes Konzept verfolgt werden muss, damit alle Interaktionen, die die Fischbestände beeinflussen, erfasst und analysiert werden können, wobei nicht nur die Fischereitätigkeit zu berücksichtigen ist, sondern auch belastende Faktoren, die das Gleichgewicht stören, und das Auftreten neuer invasiver Arten;

26.  hebt die positiven Auswirkungen hervor, die die Erneuerung der europäischen Fischereifahrzeuge im Mittelmeer, die im Durchschnitt sehr alt sind – sowohl die Schiffe selbst als auch die Motoren –, nach sich zöge, da so ihre Umweltfolgen eingedämmt, die Kraftstoffeffizienz und die Dekarbonisierung der Schiffe gefördert und die Sicherheit und die Arbeitsbedingungen für die Besatzung verbessert würden; weist erneut darauf hin, dass die Einigung über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) der Unterstützung in diesem Zusammenhang zuträglich ist;

27.  fordert die Kommission auf, die Wettbewerbsfähigkeit und die nachhaltige Entwicklung der gesamten Fischerei und der verbundenen Produktionskette zu schützen, indem sie das Fischereierzeugnis aufwertet und die Kennzeichnung und die Rückverfolgbarkeit verbessert und besonderes Augenmerk auf Maßnahmen legt, mit denen sichergestellt wird, dass eingeführte Erzeugnisse den europäischen Standards entsprechen;

28.  fordert den Rat und die Kommission auf, den Standpunkt des Parlaments zur laufenden Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008(15) (IUU-Verordnung) positiv zu bewerten, insbesondere in Bezug auf den Vorschlag des Parlaments, Sicherheitsvorkehrungen einzuführen, und zwar unter bestimmten Bedingungen, unter denen Vorzugstarife für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse von Drittstaaten, die bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei nicht ordnungsgemäß zusammenarbeiten, vorübergehend ausgesetzt werden;

29.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit aller Meereserzeugnisse zu verbessern, damit die Verbraucher klarere Informationen über die Herkunft des Erzeugnisses, Art die Art und andere Aspekte wie Produktionsverfahren und angewandte Standards in Bezug auf den Fang und die Verarbeitung auch bei Einfuhren aus Drittstaaten erhalten;

30.  fordert das für Fischerei und maritime Angelegenheiten zuständige Kommissionsmitglied auf, ein Konsultierungsgremium unter Einbeziehung von Drittstaaten aus dem Mittelmeerraum einzurichten, damit unlauterer Wettbewerb eingedämmt und für gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Fischer und Frauen, die in der Branche arbeiten, gesorgt ist;

31.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei zu bekämpfen, indem die Transparenz von Fischereitätigkeiten und von Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen erhöht wird;

32.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kapazität für die Fischereiaufsicht zu stärken und den Austausch über bewährte Verfahren und Ziele zwischen den Mitgliedstaaten auf kurzfristiger taktischer Ebene mit der Unterstützung der Europäischen Fischereiaufsichtsagentur (EFCA) zu fördern;

33.  fordert die Mitgliedstaaten im Mittelmeerraum nachdrücklich auf, die Anzahl der durch die GFCM eingerichteten Fischereisperrgebiete mit sofortiger Wirkung zu erhöhen, um den Schutz überfischter Meeresökosysteme zu gewährleisten, und dabei das Gebiet mit Fangbeschränkungen „Jabuka/Pomo“ als Beispiel für bewährte Verfahren heranzuziehen,

34.  fordert die Kommission auf, die Aufnahme der Fischerei in die Nachbarschaftspolitik der EU als Instrument für die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit zu betrachten;

35.  besteht darauf, dass es Ziel der korrekten und obligatorischen Anwendung der GFP ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen ökologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Tragfähigkeit zu erzielen;

36.  fordert die Kommission auf, eine Analyse der ökologischen und sozioökonomischen Daten zu den örtlichen Gemeinden und der Fischerei im Mittelmeer vorzunehmen, um die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Fischerei und die Fischbestände zu bewerten, und fordert, dass dieser Bewertung danach bei der Entscheidungsfindung Rechnung getragen wird;

37.  fordert die Kommission auf, diese Analyse bei der Ausarbeitung politischer Maßnahmen, der Förderung der Forschungszusammenarbeit und der Zusammenarbeit mit allen Akteuren rund um den gesamten Mittelmeerraum, einschließlich EU-Anrainerstaaten wie auch Nicht-EU-Anrainerstaaten, zu nutzen, um mögliche Konflikte zwischen Fischereiflotten, die dieselben, sich in empfindlichen Gebieten internationaler Gewässer befindlichen biologischen Meeresschätze befischen, zu bewerten und zu vermeiden;

38.  fordert die Kommission auf, die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen der Freizeitfischerei sowie ihre Folgen für die Fischbestände zu analysieren, damit diese Analyse in etwaige Maßnahmen, die ergriffen werden können, einfließt;

39.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Mittel aus dem EMFF ordnungsgemäß zu verwenden, um die handwerkliche Fischerei zu entschädigen, die ihre Tätigkeit aufgrund der Bestandserhaltungsmaßnahmen vorübergehen einstellen musste, und zwar entsprechend den Vorgaben und Bestimmungen des EMFF;

40.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Chancen der Mitbestimmung und der ökosystembasierten, adaptiven und präventiven Bewirtschaftung, die letztendlich auf eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen abzielen, zu fördern und sich dabei auf die Kontrolle des Fischereiaufwands und der Selektivität bei der Fischerei im Mittelmeer zu stützen;

Bewältigung der Auswirkungen sonstiger wirtschaftlicher Tätigkeiten und Belastungen auf die Bestandsauffüllung

41.  begrüßt die Arbeit, die seit 2017 auf der Ebene der GFCM geleistet wurde, um Strategien zur Bewältigung der möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischerei zu entwickeln und anzunehmen;

42.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Vorschriften anzunehmen, um das Ankern und Festmachen großer privater Schiffe in einer Entfernung von weniger als 300 m zur Küstenlinie, in einer Entfernung von weniger als 300 m zu geschützten Lebensräumen und in Reeden angesichts der gravierenden Auswirkungen auf fragile Ökosysteme wie Wiesen von Posidonia oceanica zu verbieten;

43.  fordert die Kommission auf, eine Studie zu den Auswirkungen der unterschiedlichen menschlichen Tätigkeiten und Verschmutzungsquellen, sowohl an Land als auch auf See, auf die Fischbestände und Meeresökosysteme zu veröffentlichen;

44.  hebt hervor, dass es an Ressourcen, insbesondere Personal, fehlt, um wissenschaftliche Forschungsarbeiten und Bestandsabschätzungen im Mittelmeer durchzuführen;

45.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Schulung neuer wissenschaftlicher Experten zu finanzieren;

Ausweitung von Datenerfassung und Forschung

46.  betont, dass die kleine Küstenfischerei und Fangtechniken mit geringen Umweltauswirkungen im Mittelmeer gefördert müssen, indem die Mitgliedstaaten unter anderem verpflichtet werden, diesen Fischereien im Falle der beiden Fischereitätigkeiten, für die zulässige Gesamtfangmengen (TAC) eingeführt wurden, gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 mehr Fangmöglichkeiten zuzuteilen;

Mehr Kompetenzen für Akteure bei Entscheidungsfindung und Datenerfassung

47.  fordert die Kommission auf, eine wirtschaftliche Analyse der Auswirkungen des Ressourcenrückgangs im Mittelmeer auf Gesellschaft und Beschäftigung vorzunehmen, damit Unterstützungsmaßnahmen ermittelt werden können, mit denen ein gerechter und ausgewogener Übergang zu Fangtechniken mit geringen Umweltauswirkungen gewährleistet werden kann;

48.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass sowohl für die Datenanalyse als auch für etwaige darauf aufbauende Maßnahmen die Mittel des EMFF in Anspruch genommen werden können, damit die Nachhaltigkeit und die Innovation in der Branche und ihre Diversifizierung gefördert werden;

49.  fordert eine stärkere Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, von wissenschaftlichen Einrichtungen und der Akteure vor Ort bei der Erhebung der Daten zum selektiven Fischfang, und zwar in enger Zusammenarbeit mit dem Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF);

50.  fordert die Förderung des Austauschs über bewährte Verfahren und Innovation im Hinblick auf die bessere Selektivität des Fanggeräts und das Einsammeln von Abfällen aus dem Meer, damit die Rolle der Fischer als Hüter der Meere anerkannt und ein Beitrag zu einem gesünderen und saubereren Meer geleistet wird;

51.  betont, dass die uneingeschränkte Umsetzung einer Zielvorgabe in Bezug auf die Bestandsauffüllung im Mittelmeer und eine ordnungsgemäße Umsetzung der von den europäischen Rechtsetzungsorganen angenommenen Bestimmungen von der wirksamen Beteiligung der Fischereibranche abhängen;

52.  fordert die Kommission auf, die Zusammenarbeit und den Dialog mit den Beiräten, den Fischern und den in den Küstengemeinschaften in der Branche Tätigen zu verbessern und zu verstärken, ihrer Meinung angemessen Rechnung zu tragen und anzuerkennen, dass Fischern, in der Branche tätigen Frauen und den einschlägigen Berufsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen ein hoher Stellenwert bei der Formulierung der umzusetzenden Bestimmungen und der Entscheidungsfindung zukommt;

53.  fordert die Mitgliedstaaten auf, auf lokaler Ebene die Einführung von Mitbestimmungsmodellen in der Fischerei zu ermöglichen, die auf Beteiligung, Konsultation und der Möglichkeit beruhen, dass Entscheidungen gemeinsam von allen einschlägigen Akteuren gefällt werden; weist darauf hin, dass diese Bewirtschaftungspläne eine umfassende Erfassung der Fänge erforderlich machen, damit die Ressourcen nachhaltig bewirtschaftet werden und damit ausgewogene sozioökonomische Bedingungen in der Fischerei erlangt werden, mit denen die Unterschiede zwischen den Flottensegmenten stärker ausgeglichen werden;

54.  hebt hervor, dass Mitbestimmungsmodelle auf der Aufrechterhaltung der Ökosystemdienstleistungen und auf dem Erhalt der bewirtschafteten Ökosysteme im Wege ihres Schutzes beruhen, was bedeutet, dass ein ökosystemorientiertes Konzept in den Fischereien und die adaptive Bewirtschaftung zur Anwendung kommen müssen und ein ständiges Informations-, Analyse- und Handlungssystem eingeführt werden muss, das dazulernt, Rückmeldungen gibt und bei der Entscheidungsfindung flexibel ist;

55.  begrüßt die Annahme des Aktionsplans 2018, mit dem eine nachhaltige Zukunft für die handwerkliche Fischerei und die Meeresumwelt in der Region gesichert werden soll, sowie die Einrichtung der Plattform „Friends of Small-Scale Fisheries“ (Freunde der handwerklichen Fischerei);

56.  betont, dass etwaige Schutzziele auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten beruhen müssen;

Wahrung der Rechtsstaatlichkeit

57.  verurteilt die anhaltenden Verstöße gegen das Seerecht im Mittelmeer wie Freiheitsberaubung, Beschlagnahmung von Schiffen, rechtswidrige Gefangenschaft, Einschüchterungen, Kontrollen, Schikane, Angriffe und unfaire Gerichtsverfahren zum Schaden der Unionsfischer, die ihrer Arbeit nachgegangen sind, was eindeutig gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen verstößt;

58.  fordert die Kommission auf, die Lage im Mittelmeer zu analysieren und die Möglichkeit der Einführung operativer Modalitäten zu prüfen, um die europäischen Seeleute und Schiffe zu schützen;

59.  fordert die Kommission auf, einen Dialog mit den nordafrikanischen Ländern aufzunehmen, die das SRÜ und die Maßnahmen und Beschlüsse der GFCM nicht einhalten, um allen Fischern in der EU Sicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu garantieren;

60.  fordert die Kommission auf, Initiativen zur Ausarbeitung von Lösungen auch mit anderen Staaten zu fördern, damit Abkommen im Bereich der regionalen Fischereiorganisationen geachtet werden und zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und dem ordnungsgemäßen Wiederaufbau der Fischbestände beigetragen wird;

61.  fordert die Kommission auf, über ihre Agenturen die Gewässer, für die sie zuständig ist, stärker zu überwachen, damit Fischereifahrzeuge aus Drittstaaten ermittelt werden, die illegal in den Hoheitsgewässern der EU und in geschützten Meeresgebieten fischen, und damit die Fischer der Unionsflotte unter sichereren Bedingungen arbeiten können; betont, dass zu diesem Zweck unbedingt die Agenturen mit Finanzmitteln in ausreichender Höhe und entsprechendem Personal auszustatten sind;

62.  fordert den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, den Einsatz der Union im südlichen Mittelmeer zu verstärken, was das Völkerrecht, die Sicherheit und die Rechtsstaatlichkeit anbelangt;

o
o   o

63.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0005.
(2) ABl. L 409 vom 30.12.2006, S. 11.
(3) ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19.
(4) ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1.
(5) ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22.
(6) ABl. L 149 vom 20.5.2014, S. 1.
(7) ABl. L 25 vom 31.1.2017, S. 12.
(8) ABl. L 157 vom 20.6.2017, S. 1.
(9) ABl. L 315 vom 30.11.2017, S. 1.
(10) ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 1.
(11) ABl. L 164 vom 20.6.2019, S. 1.
(12) ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11.
(13) ABl. C 316 vom 6.8.2021, S. 28.
(14) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0017.
(15) Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates vom 29. September 2008 über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei, zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2847/93, (EG) Nr. 1936/2001 und (EG) Nr. 601/2004 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1093/94 und (EG) Nr. 1447/1999 (ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1).


Wirkstoffe, einschließlich Chlortoluron und Difenoconazol
PDF 179kWORD 54k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission vom 3. September 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 2-Phenylphenol (einschließlich seiner Salze, z. B. Natriumsalz), 8-Hydroxychinolin, Amidosulfuron, Bifenox, Chlormequat, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Dimethachlor, Etofenprox, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Paraffinöl, Penconazol, Picloram, Propaquizafop, Prosulfocarb, Quizalofop-P-ethyl, Quizalofop-P-tefuryl, Schwefel, Tetraconazol, Triallat, Triflusulfuron und Tritosulfuron (2021/2869(RSP))
P9_TA(2021)0409B9-0481/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission vom 3. September 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 2-Phenylphenol (einschließlich seiner Salze, z. B. Natriumsalz), 8-Hydroxychinolin, Amidosulfuron, Bifenox, Chlormequat, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Dimethachlor, Etofenprox, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Paraffinöl, Penconazol, Picloram, Propaquizafop, Prosulfocarb, Quizalofop-P-ethyl, Quizalofop-P-tefuryl, Schwefel, Tetraconazol, Triallat, Triflusulfuron und Tritosulfuron(1),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates(2), insbesondere auf Artikel 17 Absatz 1 und Artikel 21,

–  unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 der Kommission vom 11. März 2015 zur Durchführung des Artikels 80 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Erstellung einer Liste mit Substitutionskandidaten(3),

–  gestützt auf die Artikel 11 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren(4),

—  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2018 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über Pflanzenschutzmittel(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 10. Oktober 2019 und 26. November 2020, in denen es Einwände hinsichtlich der zuvor erfolgten Verlängerungen der Laufzeit der Genehmigung für den Wirkstoff Chlortoluron erhebt(6),

–  gestützt auf Artikel 112 Absätze 2 und 3 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Entschließung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,

A.  in der Erwägung, dass Chlortoluron am 1. März 2006 durch die Richtlinie 2005/53/EG der Kommission(7) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG(8) des Rates aufgenommen wurde und als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt gilt;

B.  in der Erwägung, dass seit 2013 ein Verfahren zur Erneuerung der Genehmigung von Chlortoluron gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012(9) der Kommission läuft;

C.  in der Erwägung, dass die Laufzeit der Genehmigung für den Wirkstoff Chlortoluron mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 533/2013 der Kommission(10) bereits um ein Jahr verlängert wurde und dass die Laufzeit daraufhin mit den Durchführungsverordnungen (EU) 2017/1511(11), (EU) 2018/1262(12), (EU) 2019/1589(13) und (EU) 2020/1511(14) der Kommission seit 2017 jedes Jahr um ein weiteres Jahr verlängert wurde und jetzt mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 erneut um ein Jahr verlängert wurde, weshalb die Genehmigung bis zum 31. Oktober 2022 gültig ist;

D.  in der Erwägung, dass die Kommission die Verlängerung lediglich mit der folgenden Erklärung begründet hat: „Da sich die Bewertung dieser Wirkstoffe aus Gründen verzögert hat, die die Antragsteller nicht zu verantworten haben, wird die Genehmigung für diese Wirkstoffe wahrscheinlich auslaufen, bevor eine Entscheidung über die Erneuerung der Genehmigung getroffen werden kann.“;

E.  in der Erwägung, dass mit der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ein hohes Maß an Schutz sowohl der Gesundheit von Mensch und Tier als auch der Umwelt sichergestellt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft der Union gewahrt werden soll; in der Erwägung, dass dem Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen, darunter von Schwangeren, Säuglingen und Kindern, besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden sollte;

F.  in der Erwägung, dass das Vorsorgeprinzip angewendet werden sollte und dass in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegt ist, dass Stoffe nur dann in Pflanzenschutzmitteln enthalten sein sollten, wenn nachgewiesen ist, dass sie einen offensichtlichen Nutzen für die Pflanzenerzeugung bieten und voraussichtlich keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder unannehmbare Folgen für die Umwelt haben;

G.  in der Erwägung, dass aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hervorgeht, dass im Interesse der Sicherheit die Gültigkeitsdauer der Genehmigung für Wirkstoffe begrenzt sein sollte; in der Erwägung, dass die Gültigkeitsdauer der Genehmigung dem möglichen Risiko bei der Verwendung solcher Stoffe entsprechen sollte, dass es in diesem Fall jedoch offensichtlich ist, dass eine solche Verhältnismäßigkeit nicht vorliegt;

H.  in der Erwägung, dass Chlortoluron, nachdem es vor 15 Jahren als Wirkstoff genehmigt wurde, inzwischen als vermutlich endokrinschädlicher Stoff gilt, aber seine Genehmigung seitdem weder überarbeitet noch aufgehoben wurde;

I.  in der Erwägung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Möglichkeit und die Verantwortung haben, nach dem Grundsatz der Vorsorge zu handeln, wenn erkannt wurde, dass es zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen kommen kann, aber keine wissenschaftliche Gewissheit besteht, indem sie die vorläufigen Risikominderungsmaßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit sicherzustellen;

J.  in der Erwägung, dass in Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 konkret vorgesehen ist, dass die Kommission insbesondere dann, wenn es ihrer Ansicht nach aufgrund neuer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse Anzeichen dafür gibt, dass der Stoff die Genehmigungskriterien des Artikels 4 der Verordnung nicht mehr erfüllt, die Genehmigung für einen Wirkstoff jederzeit überprüfen kann, und in der Erwägung, dass diese Überprüfung zur Aufhebung oder Änderung der Genehmigung des Stoffes führen kann;

Endokrinschädliche Eigenschaften

K.  in der Erwägung, dass gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates(15) für Chlortoluron eine harmonisierte Einstufung als sehr giftig für Wasserorganismen, sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung, vermutlich krebserzeugend (Karz. 2) und vermutlich das Kind im Mutterleib schädigend (Repr. 2) besteht;

L.  in der Erwägung, dass Chlortoluron in wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit endokrinschädlichen Eigenschaften in Verbindung gebracht wurde(16);

M.  in der Erwägung, dass Chlortoluron im Jahr 2015 im Rahmen der Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 der Kommission auf die „Liste mit Substitutionskandidaten“ gesetzt wurde, weil es endokrinschädliche Eigenschaften aufweisen soll, die sich auf Menschen schädlich auswirken können, und weil es die Kriterien für die Einstufung als persistenter und toxischer Stoff erfüllt;

N.  in der Erwägung, dass ein Wirkstoff, bei dem festgestellt wurde, dass er endokrinschädliche Eigenschaften besitzt, die schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, gemäß Anhang II Nummer 3.6.5 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht zugelassen werden darf, es sei denn, die Exposition von Menschen gegenüber diesem Wirkstoff in einem Pflanzenschutzmittel ist unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen vernachlässigbar, d. h. das Mittel wird in geschlossenen Systemen oder unter anderen Bedingungen verwendet, unter denen der Kontakt mit Menschen ausgeschlossen ist und Rückstände dieses Wirkstoffs in Nahrungs- und Futtermitteln den gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates(17) festgelegten Standardwert nicht übersteigen;

O.  in der Erwägung, dass es nicht hinnehmbar ist, dass ein Wirkstoff, der wahrscheinlich die Ausschlusskriterien für Wirkstoffe mit endokrinschädlichen Eigenschaften erfüllt, auch künftig in der Union verwendet werden darf, wodurch die öffentliche Gesundheit und die Umwelt gefährdet werden;

P.  in der Erwägung, dass Antragsteller das in die Arbeitsmethoden der Kommission integrierte automatische System ausnutzen können, mit dem die Laufzeiten der Genehmigungen für Wirkstoffe unverzüglich verlängert werden, wenn die Risikoneubewertung noch nicht abgeschlossen wurde, indem sie das Neubewertungsverfahren absichtlich dadurch hinauszögern, dass sie unvollständige Daten bereitstellen und weitere Ausnahmeregelungen und Sonderbedingungen fordern, was nicht vertretbare Risiken für die Umwelt und die Gesundheit des Menschen zur Folge hat, da diese dem gefährlichen Stoff in der Zwischenzeit weiterhin ausgesetzt sind;

Q.  in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 13. September 2018 die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, „dafür Sorge zu tragen, dass die prozedurale Ausweitung des Genehmigungszeitraums um die Dauer des Verfahrens gemäß Artikel 17 der Verordnung nicht für Wirkstoffe verwendet wird, die mutagen, krebserregend, reproduktionstoxisch und damit in Kategorie 1A oder 1B eingestuft oder einzustufen sind, oder für Wirkstoffe, die endokrinschädliche Eigenschaften besitzen, die schädliche Auswirkungen auf Mensch oder Tier haben können, wie dies derzeit für Stoffe wie Flumioxazin, Thiacloprid, Chlortoluron und Dimoxystrobin der Fall ist“;

R.  in der Erwägung, dass das Parlament bereits in seinen Entschließungen vom 10. Oktober 2019 und vom 26. November 2020 Einwände gegen die zuvor erfolgten Verlängerungen der Laufzeit der Genehmigung für den Wirkstoff Chlortoluron erhoben hat;

S.  in der Erwägung, dass sich die Kommission in ihren Antworten(18) auf die vorherigen Einwände gegen die Verlängerungen der Laufzeit der Genehmigung für Chlortoluron nur auf die Studie bezieht, auf die sich die vor dem Erlass der Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission(19) durchgeführte Folgenabschätzung stützt, in der Chlortoluron nicht als möglicherweise endokrinschädigender Wirkstoff eingestuft wird, und dass die Kommission in ihrer Antwort jedoch nicht einräumt, dass diese Studie nicht zur Streichung von Chlortoluron von der Liste der Substitutionskandidaten geführt hat;

T.  in der Erwägung, dass die Kommission nach dem Erlass der Delegierten Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission(20) und der Verordnung (EU) 2018/605 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) beauftragt hat, harmonisierte Leitlinien auszuarbeiten, damit die von der Union festgelegten Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften bei der Bewertung von Bioziden und Pestiziden in der Union einheitlich angewandt werden; in der Erwägung, dass diese Leitlinien, die neue OECD-Tests umfassen, im Juni 2018 veröffentlicht wurden(21), jedoch nicht zur Bewertung der endokrinschädigenden Eigenschaften von Chlortoluron herangezogen wurden;

U.  in der Erwägung, dass daher Chlortoluron nicht ordnungsgemäß bewertet wurde, sodass die Einstufung als endokrinschädigend nicht aufgehoben werden konnte;

V.  in der Erwägung, dass der Entwurf des Bewertungsberichts im Hinblick auf die Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für Chlortoluron noch nicht von der EFSA bewertet wurde;

W.  in der Erwägung, dass im Anschluss an die vorige Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für mehrere Wirkstoffe – darunter Chlortoluron – im Jahr 2020 im Wege der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 nur bei einem der 27 Stoffe, die in den Geltungsbereich dieser Durchführungsverordnung fallen, die Laufzeitverlängerung nicht erneuert wurde, während im Wege der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission die Laufzeit der Genehmigung für nicht weniger als 39 Wirkstoffe erneut und für viele dieser Wirkstoffe zum dritten oder vierten Mal verlängert wird;

X.  in der Erwägung, dass bei Difenoconazol – unabhängig davon, ob es getrennt oder in Kombination mit verschiedenen Azolen wie Penconazol verwendet wird – vermutet wird, dass es Triazolresistenz bei dem Pilzstamm Aspergillus fumigatus hervorruft(22);

Y.  in der Erwägung, dass die Triazolresistenz in Aspergillus fumigatus zunehmend ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt(23); in der Erwägung, dass Daten aus mehreren Studien(24) massiv darauf hindeuten, dass landwirtschaftliche Azole verantwortlich sind, wenn medizinische Behandlungen bei bislang nicht mit Azolen behandelten Patienten in klinischen Einrichtungen nicht anschlagen;

Z.  in der Erwägung, dass bei jedem vierten Patienten, der aufgrund von Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit COVID-19 einer Intensivbehandlung unterzogen wurde, eine Infektion mit Aspergillus fumigatus festgestellt wurde, wobei in 15 % der Fälle eine resistente Variante von Aspergillus fumigatus diagnostiziert wurde; in der Erwägung, dass diese Patienten kaum therapierbar sind und ihre Überlebensrate auf lediglich 20 % geschätzt wird(25);

AA.  in der Erwägung, dass die Verlängerung des Genehmigungszeitraums von Stoffen, die eine Resistenz gegenüber Arzneimitteln gegen Pilzinfektionen bewirken, aus gesundheitlicher Sicht nicht hinnehmbar ist;

1.  vertritt die Auffassung, dass die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 über die in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht;

2.  ist der Ansicht, dass die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission insofern mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, als sie dem Vorsorgeprinzip nicht gerecht wird;

3.  missbilligt die erheblichen Verzögerungen im Verfahren für die erneute Zulassung und bei der Bestimmung von Stoffen mit endokrinschädigender Wirkung aufs Schärfste;

4.  vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung, die Gültigkeitsdauer der Genehmigung für Chlortoluron und Difenoconazol erneut zu verlängern, nicht mit den in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Sicherheitskriterien vereinbar ist und weder auf Nachweisen dafür, dass diese Stoffe sicher verwendet werden können, noch auf einer erwiesenen dringenden Notwendigkeit, diese Wirkstoffe für die Lebensmittelerzeugung in der Union einzusetzen, beruht;

5.  fordert die Kommission auf, ihre Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 aufzuheben und dem Ausschuss einen neuen Entwurf vorzulegen, in dem den wissenschaftlichen Nachweisen zu den schädlichen Eigenschaften aller betroffenen Wirkstoffe – insbesondere von Chlortoluron und Difenoconazol – Rechnung getragen wird;

6.  fordert die Kommission auf, nur Entwürfe von Durchführungsverordnungen zur Verlängerung der Laufzeit von Genehmigungen für Stoffe vorzulegen, bei denen der derzeitige Stand der Wissenschaft voraussichtlich nicht in einem Vorschlag der Kommission münden wird, die Genehmigung für den betreffenden Wirkstoff nicht zu erneuern;

7.  fordert die Kommission auf, Stoffen die Genehmigung zu entziehen, wenn es Belege dafür gibt, dass diese Stoffe die in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Sicherheitskriterien nicht erfüllen werden, oder begründete Zweifel diesbezüglich bestehen;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, für die ordnungsgemäße und rechtzeitige Neubewertung der Genehmigungen für die Wirkstoffe zu sorgen, über die sie Bericht erstatten müssen, und sicherzustellen, dass die gegenwärtigen Verzögerungen so bald wie möglich wirksam behoben werden;

9.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 313 vom 6.9.2021, S. 20.
(2) ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.
(3) ABl. L 67 vom 12.3.2015, S. 18.
(4) ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.
(5) Angenommene Texte, P8_TA(2018)0356.
(6) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2019 zu dem Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, beta-Cyfluthrin, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Picloram, Prosulfocarb, Pyriproxyfen, Thiophanat-methyl, Triflusulfuron und Tritosulfuron (ABl. C 202 vom 28.5.2021, S. 7); Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. November 2020 zu der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 der Kommission vom 16. Oktober 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Fenoxaprop‑P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Picloram, Prosulfocarb, Schwefel, Triflusulfuron und Tritosulfuron (Angenommene Texte, P9_TA(2020)0325)..
(7) Richtlinie 2005/53/EG der Kommission vom 16. September 2005 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid und Thiophanatmethyl (ABl. L 241 vom 17.9.2005, S. 51).
(8) Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1)
(9) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 der Kommission vom 18. September 2012 zur Festlegung der notwendigen Bestimmungen für das Erneuerungsverfahren für Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 252 vom 19.9.2012, S. 26).
(10) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 533/2013 der Kommission vom 10. Juni 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Genehmigungsdauer der Wirkstoffe 1-Methylcyclopropen, Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid, Forchlorfenuron, Indoxacarb, Thiophanatmethyl und Tribenuron (ABl. L 159 vom 11.6.2013, S. 9).
(11) Durchführungsverordnung (EU) 2017/1511 der Kommission vom 30. August 2017 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 1-Methylcyclopropen, Beta-Cyfluthrin, Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dimethenamid-p, Flufenacet, Flurtamon, Forchlorfenuron, Fosthiazat, Indoxacarb, Iprodion, MCPA, MCPB, Silthiofam, Thiophanatmethyl und Tribenuron (ABl. L 224 vom 31.8.2017, S. 115).
(12) Durchführungsverordnung (EU) 2018/1262 der Kommission vom 20. September 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 1-Methylcyclopropen, betaCyfluthrin, Chlorthalonil, Chlortoluron, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dimethenamid-p, Diuron, Fludioxonil, Flufenacet, Flurtamon, Fosthiazat, Indoxacarb, MCPA, MCPB, Prosulfocarb, Thiophanatmethyl und Tribenuron (ABl. L 238 vom 21.9.2018, S. 62).
(13) Durchführungsverordnung (EU) 2019/1589 der Kommission vom 26. September 2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, beta-Cyfluthrin, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Picloram, Prosulfocarb, Pyriproxyfen, Thiophanatmethyl, Triflusulfuron und Tritosulfuron (ABl. L 248 vom 27.9.2019, S. 24).
(14) Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 der Kommission vom 16. Oktober 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Picloram, Prosulfocarb, Schwefel, Triflusulfuron und Tritosulfuron (ABl. L 344 vom 19.10.2020, S. 18).
(15) Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
(16) Siehe unter anderem: Hong, M., Ping, Z., Jian, X.: „Testicular toxicity and mechanisms of chlorotoluron compounds in the mouse“, Toxicology Mechanisms and Methods 2007;17(8):483‑8.
(17) Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70 vom 16.3.2005, S. 1).
(18) Weiterbehandlung der nichtlegislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, beta‑Cyfluthrin, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Diflufenican, Fenoxaprop‑P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Picloram, Prosulfocarb, Pyriproxyfen, Thiophanat‑methyl, Triflusulfuron und Tritosulfuron durch die Kommission, SP(2019)669, https://oeil.secure.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?reference=2019/2826(RSP)&l=en; Weiterbehandlung der nichtlegislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 der Kommission vom 16. Oktober 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Picloram, Prosulfocarb, Schwefel, Triflusulfuron und Tritosulfuron durch die Kommission, SP(2021)129, https://oeil.secure.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?reference=2020/2853(RSP)&l=en
(19) Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission vom 19. April 2018 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 durch die Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädlicher Eigenschaften (ABl. L 101 vom 20.4.2018, S. 33).
(20) Delegierte Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission vom 4. September 2017 zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 301 vom 17.11.2017, S. 1).
(21) Leitlinien der EFSA und der ECHA für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften im Zusammenhang mit den Verordnungen (EU) Nr. 528/2012 und (EG) Nr. 1107/2009, EFSA Journal 2018, 16(6):5311, http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5311.
(22) Verweij, P.E., Lucas, J.A., Arendrup, M.C., Bowyer, P., Brinkmann, A.J.F., Denning, D.W., Dyer, P.S., Fisher, M.C., Geenen, P.L., Gisi, U., Hermann, D., Hoogendijk, A., Kiers, E., Lagrou, K., Melchers, W.J.G., Rhodes, J., Rietveld, A.G., Schoustra, S.E., Stenzel, K., Zwaan, B.J. und Fraaije, B.A.: „The one health problem of azole resistance in Aspergillus fumigatus: current insights and future research agenda“, Fungal Biology Reviews, Band 34, Ausgabe 4, 2020, S. 202, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1749461320300415
(23) https://www.researchgate.net/publication/349087541_Prevalence_of_Azole-Resistant_Aspergillus_fumigatus_is_Highly_Associated_with_Azole_Fungicide_Residues_in_the_Fields
(24) Cao, D., Wang, F., Yu, S., Dong, S., Wu, R., Cui, N., Ren, J., Xu, T., Wang, S., Wang, M., Fang, H. und Yu, Y.: „Prevalence of Azole-Resistant Aspergillus fumigatus is Highly Associated with Azole Fungicide Residues in the Fields“’, Environmental Science & Technology, 2021, 55(5), S. 3041, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5461301/
(25) https://huisarts.bsl.nl/levensbedreigende-schimmel-ontdekt-bij-kwart-coronapatienten-op-ic/


Die Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und den USA
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und den USA (2021/2038(INI))
P9_TA(2021)0410A9-0250/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 2. Dezember 2020 mit dem Titel „Eine neue EU-US-Agenda für den globalen Wandel“ (JOIN(2020)0022),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber vom 24. August 2020 zu den Beziehungen zwischen der EU und den USA,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 7. Dezember 2020 zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten,

–   unter Hinweis auf die Aussagen des US-Außenministers Anthony Blinken im Ausschuss des Senats der Vereinigten Staaten zur Außenpolitik am 19. Januar 2021,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 26. Februar 2021 zu Sicherheit und Verteidigung,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Pressemitteilung der Präsidentin von der Leyen und des US-Außenministers Blinken vom 24. März 2021,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Außenministers der Vereinigten Staaten und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission (HR/VP) vom 24. März 2021,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des US-Außenministeriums vom 26. April 2021 mit dem Titel „U.S. Commitment to the Western Balkans“ (Verpflichtungen der USA gegenüber dem Westbalkan),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. November 2016 zur Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union mit dem Titel „Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa“,

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit zwischen EU und NATO, die am 8. Juli 2016 in Warschau von dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Präsidenten der Europäischen Kommission und dem NATO-Generalsekretär unterzeichnet wurde,

–  unter Hinweis auf den Meinungsaustausch mit dem NATO-Generalsekretär in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung und der Delegation für die Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 15. März 2021,

–  unter Hinweis auf die Teilnahme des HR/VP an der Tagung der NATO-Verteidigungsminister vom 17. und 18. Februar 2021 sowie an der Tagung der Außenminister der NATO vom 23. und 24. März 2021,

–  unter Hinweis auf die von den Staats- und Regierungschefs, die an der Tagung des Nordatlantikrats am 14. Juni 2021 in Brüssel teilgenommen haben, abgegebene Erklärung,

–  unter Hinweis auf die am 15. Juni 2021 abgegebene Erklärung zum Gipfeltreffen EU-USA mit dem Titel „Towards a Renewed Transatlantic Partnership“ (Auf dem Weg zu einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2018 zu den Beziehungen zwischen der EU und der NATO(1),

–  unter Hinweis auf frühere Entschließungen zu den transatlantischen Beziehungen, insbesondere seine Entschließung vom 26. März 2009 zu dem Stand der transatlantischen Beziehungen nach den Wahlen in den USA(2), seiner Entschließung vom 13. Juni 2013 zur Rolle der EU bei der Förderung einer umfassenderen transatlantischen Partnerschaft(3) und seine Entschließung vom 12. September 2018 zu dem Stand der Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – Jahresbericht 2020(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zu der Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Jahresbericht 2020(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2021 zum Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020 – Data Protection Commissioner/Facebook Ireland Limited und Maximillian Schrems („Schrems II“) – Rechtssache C-311/18(7),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0250/2021),

A.  in der Erwägung, dass die transatlantische Partnerschaft seit 75 Jahren für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie für Sicherheit steht; in der Erwägung, dass die USA nach wie vor der engste und wichtigste strategische Partner der EU sind; in der Erwägung, dass diese Partnerschaft auf starken politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und historischen Bindungen und auf geteilten Werten wie Freiheit, Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit basiert und ein großes Potenzial für Dialog und Zusammenarbeit sowie für die erfolgreiche Behandlung von Problemen, das Erreichen von Zielen und die Umsetzung von Prioritäten, die im gesamten Politikspektrum ein gemeinsames Interesse oder Anliegen darstellen, birgt;

B.  in der Erwägung, dass die EU und die USA über gemeinsame Werte verfügen und ein grundlegendes Interesse daran haben, ein regelbasiertes internationales Umfeld zu gestalten, mit dem Ziel, den Multilateralismus und die demokratischen Werte zu stärken, die Menschenrechte zu verteidigen, das Völkerrecht zu wahren, eine regelbasierte internationale Ordnung und gleichermaßen die friedliche Beilegung von Konflikten sowie die nachhaltige Entwicklung in der Welt zu fördern;

C.  in der Erwägung, dass sich durch die Wahl von Joe Biden zum Präsidenten der Vereinigten Staaten und die Wahl von Kamala Harris zu seiner Vizepräsidentin neue Möglichkeiten eröffnet haben, diese wesentliche transatlantische Partnerschaft weiter aufrechtzuerhalten und zu stärken, die Anstrengungen und Innovationen auf allen Ebenen der seit Langem bestehenden Zusammenarbeit wieder neu zu entfachen und bei multilateralen Themen wie Klimawandel, digitaler und ökologischer Wandel, Demokratie und internationale Zusammenarbeit besser zusammenzuarbeiten; in der Erwägung, dass sowohl die EU als auch die USA diese erneute Chance für einen intensiven Dialog und eine enge Zusammenarbeit ergreifen sollten, um ihre ständigen Verpflichtungen gegenüber den internationalen Organisationen, denen sie beide angehören, zu erfüllen und in Zukunft eine bessere Koordinierung und Lastenteilung angesichts vielfältiger geopolitischer Fragen sicherzustellen; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten ein ständiges Ziel der EU ist, unabhängig davon, welche Regierung im Amt ist;

D.  in der Erwägung, dass die Biden-Regierung ihre Absicht erklärt hat, die Beziehungen zur EU und zu anderen demokratischen Verbündeten zu stärken; in der Erwägung, dass die erste Auslandsreise Präsident Bidens nach Europa führte, während der er am 14. und 15. Juni 2021 am NATO-Gipfel und am Gipfeltreffen EU-USA in Brüssel teilnahm; in der Erwägung, dass so das starke Engagement der USA für die Stärkung ihrer Beziehungen mit der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sowie für die Zukunft der gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung innerhalb des Nordatlantischen Bündnisses und mit der Europäischen Union bekräftigt wird; in der Erwägung, dass Präsident Biden vorgeschlagen hat, ein Gipfeltreffen für Demokratie abzuhalten, in dessen Rahmen gemeinsame Verpflichtungen mit der EU und anderen Demokratien angestrebt werden, um die Demokratien zu stärken und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen demokratischen Staaten zu fördern und gleichzeitig Autoritarismus und Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt zu bekämpfen;

E.  in der Erwägung, dass es zum Aufbau einer starken und ehrgeizigen transatlantischen Agenda und zur Beseitigung transatlantischer Differenzen, wo immer solche bestehen, durch eine verstärkte Zusammenarbeit, unter anderem in Bereichen wie den Beziehungen mit China und Russland, den Verteidigungsverpflichtungen und -fähigkeiten, den Konflikten im Nahen Osten und bei anderen Sicherheits- und Stabilitätsthemen, eines ständigen, konstruktiven und ausgewogenen Dialogs auf der Grundlage gemeinsamer Ziele bedarf, um nach Möglichkeit gemeinsame Ansätze zu eruieren; in der Erwägung, dass es offensichtlich ist, dass das transatlantische Bündnis nicht als selbstverständlich angesehen werden kann, sondern dass es wiederbelebt und ständig gestärkt werden muss;

F.  in der Erwägung, dass die EU bei der transatlantischen Zusammenarbeit und deren Vertiefung eine partnerschaftliche Vorreiterrolle zusammen mit den USA anstreben sollte, die auf die Verfolgung gemeinsamer Interessen ausgerichtet ist; In der Erwägung, dass die EU auch ihre strategische Autonomie in den verteidigungs- und wirtschaftspolitischen Beziehungen steigern sollte, um damit ihre eigenen legitimen diplomatischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen und gleichzeitig die transatlantischen Bindungen zu stärken und den gemeinsamen Einfluss der EU und der USA auf der Weltbühne zu stärken, aber auch im Hinblick darauf, mehr Verantwortung für die Bewältigung wichtiger globaler und regionaler Herausforderungen zu übernehmen und bei Bedarf in außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten eigenständig zu entscheiden und zu handeln;

G.  in der Erwägung, dass die EU und die USA die weltweit umfangreichsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen und die weltweit am stärksten verflochtenen Wirtschaftsbeziehungen unterhalten;

H.  in der Erwägung, dass die EU und die USA vor eine Reihe neuer gemeinsamer Herausforderungen stehen, darunter der bösartige Einfluss autoritärer Regime, die multilaterale Institutionen untergraben, die sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie, die Gesundheitsförderung weltweit, der Klimawandel und die Notwendigkeit, bei Maßnahmen zur Abmilderung seiner Auswirkung voranzukommen, der Kampf gegen eine globale Welle des Autoritarismus, der Kampf gegen globale kriminelle Netzwerke und Terrorismus, die Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung und der Diskriminierungsfreiheit, die Bewältigung der zunehmenden Spaltung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten und die Fortsetzung des digitalen und grünen Wandels als Mittel für eine nachhaltige Modernisierung, der Fortschritt der Technologie, z. B. in den Bereichen künstliche Intelligenz und Cybersicherheit, Steuervermeidung und allgemeinere Herausforderungen, die durch die Digitalisierung der Wirtschaft hervorgerufen wurden;

I.  in der Erwägung, dass eine Wiederbelebung der transatlantischen Beziehungen für einen förderlichen politischen Kontext sorgen würde, in deren Rahmen die gemeinsamen Herausforderungen konstruktiv angegangen und die Fragen behandelt werden können, bei denen die Standpunkte auseinandergehen;

J.  in der Erwägung, dass die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) im Dezember 2020 eine neue Cybersicherheitsstrategie der EU vorgestellt haben, die „der EU auch die Möglichkeit [bietet], ihre Führungsrolle bei internationalen Normen und Standards im Cyberraum zu festigen und die Zusammenarbeit mit Partnern in der ganzen Welt zu stärken, um sich für einen globalen, offenen, stabilen und sicheren Cyberraum einzusetzen, der auf Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, Grundfreiheiten und demokratischen Werten beruht“(8);

K.  in der Erwägung, dass es in den Vereinigten Staaten eine starke parteiübergreifende Unterstützung für die Zusammenarbeit mit demokratischen Verbündeten gibt, um die Widerstandsfähigkeit der transatlantischen Gemeinschaft angesichts hybrider Bedrohungen durch autoritäre Regime zu steigern;

L.  in der Erwägung, dass die regelbasierte Ordnung und die demokratischen Werte durch den zunehmenden durchsetzungsstarken Autoritarismus und den Niedergang der Demokratie in Drittländern sowie durch die Zunahme antidemokratischer populistischer und rechtsextremer Bewegungen in Frage gestellt werden;

M.  in der Erwägung, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu einer weiteren Fragmentierung des strategischen Gewichts Europas führen könnte, nicht nur in Bezug auf die Beziehungen zwischen der EU und den USA, sondern auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, den G7, den G20 und anderen multilateralen Formaten;

N.  in der Erwägung, dass Lateinamerika eine Region ist, die viele gemeinsame Werte, Interessen, historische Beziehungen sowie wichtige wirtschaftliche und menschliche Kontakte mit der EU und den USA hat;

1.  begrüßt die Annahme des neuen Vorschlags der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu einer neuen EU-US-Agenda für den globalen Wandel vom Dezember 2020 als Konzept für eine erneuerte und gestärkte transatlantische Partnerschaft;

2.  bekräftigt seine Unterstützung für eine starke transatlantische Zusammenarbeit, Partnerschaft und Freundschaft zwischen den USA und der EU, die in den vergangenen 70 Jahren zu Europas Entwicklung, Wohlstand und erfolgreicher Integration beigetragen hat und seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Grundlage für seine Stabilität und Sicherheit ist; betont, dass die Beziehungen der EU zu den USA auf gemeinsamen Werten beruhen; weist erneut darauf hin, dass die politischen Systeme sowohl der USA als auch der EU auf demokratischen Grundsätzen, Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundfreiheiten beruhen; zeigt sich überzeugt, dass durch transatlantische Zusammenarbeit am besten zu einer friedlichen, nachhaltigen und konstruktiven Lösung der bestehenden globalen und regionalen Herausforderungen beigetragen werden kann, unter anderem durch die Konzentration auf einen nachhaltigen Wandel hin zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft, wozu auch das Erreichen von CO2-Neutralität bis 2050 gehört, und die Überwindung von regionaler, sozialer, rassistischer und geschlechtsspezifischer Ungerechtigkeit; besteht darauf, dass die erneuerte transatlantische Partnerschaft auf der Gleichheit der Partner beruhen muss; betont gleichzeitig, dass die strategische Autonomie der EU nicht ohne eine qualitative Verbesserung der Umsetzung der Prioritäten und Grundsätze der EU-Außen- und Verteidigungspolitik und der Fähigkeit der EU, bei Bedarf bei der Verfolgung ihrer legitimen Interessen autonom zu handeln, einschließlich einer ehrgeizigen Partnerschaft und Zusammenarbeit mit den engsten Verbündeten der Union, wie den Vereinigten Staaten, erreicht werden kann;

3.  fordert den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) auf, zu bekräftigen, dass die strategischen transatlantischen Beziehungen nach wie vor wichtig sind, um die multilaterale, regelbasierte internationale Ordnung, deren Kern das System der Vereinten Nationen und das Völkerrecht bilden, wiederherzustellen und ihr neue Impulse zu verleihen, die Demokratie und demokratischen Werte weltweit zu stärken und die Menschenrechte zu fördern, dem bösartigen Einfluss und der Desinformation autoritärer Regime zu begegnen und die Regeln der digitalen Zukunft gemäß den gemeinsamen Werten, einer nachhaltigen Entwicklung sowie eines integrativen Wachstums zu fördern, eine koordinierte Haltung gegenüber Russland und China einzunehmen und ein gemeinsames Angebot von Investitionen in globale Infrastrukturinitiativen im Einklang mit der Konnektivitätsstrategie der EU zu unterbreiten; unterstreicht die Bedeutung der Konnektivitätsstrategie der EU und fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA im Kernbereich Konnektivität; unterstützt transatlantische Bemühungen zur Vermeidung von Energieabhängigkeit durch die Förderung der Energiediversifizierung und der Konnektivität im Allgemeinen durch alle möglichen Mechanismen, wie sich dies auch in der Erklärung der G7 mit dem Titel „Our shared agenda for global action to build back better“ (Unsere gemeinsame Agenda für globales Handeln für einen besseren Wiederaufbau) widerspiegelt;

4.  nimmt auch die neue transatlantische Entschlossenheit zur Förderung der Demokratie weltweit, insbesondere durch die Verteidigung der Medienfreiheit, die Unterstützung der Zivilgesellschaft und den Schutz von Journalisten zur Kenntnis und unterstützt diese; begrüßt das klare Bekenntnis der USA zur Stärkung und zum weiteren Ausbau der transatlantischen Beziehungen, das durch die Entscheidung des US-Präsidenten, während seiner ersten Überseereise nach Europa zu reisen und am Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA im Juni 2021 teilzunehmen, zum Ausdruck kommt; unterstützt die in der Erklärung vom 15. Juni 2021 „Towards a Renewed Transatlantic Partnership“ (Auf dem Weg zu einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft) zum Gipfeltreffen EU-USA dargelegten operativen Schlussfolgerungen, die ein starkes Engagement beider Parteien bestätigen, Synergien anzustreben und den transatlantischen Dialog und die Zusammenarbeit auszubauen; nimmt insbesondere die transatlantische Entschlossenheit zu Kenntnis, humanitäre Bedürfnisse anzugehen, für das humanitäre Völkerrecht einzutreten und mehr Ressourcen für humanitäre Einsätze bereitzustellen; nimmt ebenfalls die Absicht zur Kenntnis, die transatlantische Zusammenarbeit zum Einsatz von Sanktionen zur Verfolgung gemeinsamer Ziele im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik zu stärken und unterstützt diese;

5.  fordert eine neue transatlantische Agenda, in deren Rahmen gemeinsame Interessen verfolgt werden, die kollektive Stärke genutzt sowie die multilaterale Zusammenarbeit zum Zwecke einer gerechteren und gesünderen Welt, des Kampfes gegen den Klimawandel, der Förderung der friedlichen und nachhaltigen Beilegung von Konflikten, einschließlich regionaler Konflikte, auf Basis der Grundsätze des Völkerrechts, der Rüstungskontrolle, der nuklearen Abrüstung und der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen gefördert wird; hebt hervor, dass unsere gemeinsamen strategischen Ziele, wie die Stärkung der Versorgungskette für Medikamente und die Reform der WHO, die Sicherstellung eines angemessenen Zugangs gefährdeter Länder zu Impfstoffen, die Verringerung der Abhängigkeit von externen Energiereserven, die Aufstockung der Investitionen in fortschrittliche Technologien, der Kampf gegen Ungleichheiten, die Förderung des ökologischen Wandels sowie die Zusammenarbeit untereinander und mit entsprechenden Drittländern, in deren Zentrum die Sicherheit und Stabilität der östlichen und südlichen Nachbarschaft der EU, des Westbalkans und des afrikanischen Kontinent steht, den Kern dieser Agenda bilden sollten;

6.  betont, dass eine Intensivierung der legislativen Zusammenarbeit vonnöten ist sowie stärkere Strukturen für die legislative Zusammenarbeit und einen inklusiven transatlantischen Dialog auf der Grundlage der gesetzgebenden Organe sowohl der EU als auch der USA – etwa im Rahmen einer transatlantischen Versammlung der Gesetzgeber – geschaffen werden müssen; stellt fest, dass eine stärkere Sensibilisierung für Strukturen wie den Transatlantischen Dialog der Gesetzgeber und die Organisation regelmäßigerer Treffen und Besuche des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments mit den US-amerikanischen Amtskollegen, beispielsweise anlässlich regelmäßiger jährlicher Besuche der jeweiligen Ausschüsse, das Vertrauen in sowie die Nachhaltigkeit und Effizienz der transatlantischen Zusammenarbeit wiederherstellen würden; fordert den US-Kongress nachdrücklich auf, den Transatlantischen Dialog der Gesetzgeber zu stärken, indem er ihn als förmliches Gremium mit ständiger Mitgliedschaft anerkennt, das dem Zweck dient, die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu fördern, und das natürliche Gegenüber für die interparlamentarische Delegation des Europäischen Parlaments darstellt, wenn es um die Beziehungen zum US-Kongress geht; begrüßt die Wiederbelebung des Ausschusses zur Europäischen Union im US-Kongress und unterstreicht die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit und einer Verknüpfung mit den Tätigkeiten des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber; bekräftigt, dass der Lenkungsausschuss des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber äußerst wichtig ist, um sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der transatlantischen Zusammenarbeit bei Gesetzgebungsvorhaben im Europäischen Parlament zu koordinieren, mit dem Ziel, die parlamentarische Kontrolle zu stärken;

7.  begrüßt den umfassenden transatlantischen Dialog auf zivilgesellschaftlicher Ebene und fordert die EU und die USA dazu auf, einen solchen Dialog weiter zu fördern und alle Interessenträger aus der Gesellschaft und der Wirtschaft in die Debatte zur Zukunft der transatlantischen Beziehungen einzubinden; ist der Auffassung, dass zu diesem Zweck ein regelmäßiger transatlantischer zivilgesellschaftlicher Dialog ins Leben gerufen werden könnte; betont, dass die Kontakte zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der EU und der USA dazu beitragen, gemeinsame Werte, Vertrauen und ein gegenseitiges Verständnis zwischen den transatlantischen Partnern zu entwickeln; fordert daher, dass die Förderung und Erleichterung von Mobilitäts- und Austauschprogrammen wie Erasmus+ und der Austausch von Praktikantinnen und Praktikanten zwischen dem Kongress und dem Europäischen Parlament stärker unterstützt werden; betont, wie wichtig es ist, die direkten persönlichen Kontakte in Wissenschaft, Forschung und Bildung auszubauen;

8.  fordert eine intensivere interparlamentarische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und den Mitgliedern des Kongresses, den Mitgliedern der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und den Mitgliedern der verschiedenen Parlamente der 50 US-Bundestaaten in verschiedenen Themenbereichen, mit der der Austausch bewährter Verfahren ermöglicht werden könnte, einschließlich subnationaler Dialoge wie die „Under2 Coalition“, und eine verstärkte Koordinierung bezüglich globaler, aber auch innenpolitischer Herausforderungen, etwa die Bekämpfung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten, der Schutz der Menschenrechte und der demokratischen Standards angesichts wachsender antidemokratischer Bedrohungen von innen und außen, die Verteidigung des Völkerrechts und die Wahrung rechtsverbindlicher Vereinbarungen, die Förderung gemeinsamer strategischer Interessen, die universelle Gesundheitsversorgung, die Konvergenz der Rechtsvorschriften im Bereich der am Menschen orientierten KI in all ihren Formen, die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus den USA und der EU, Innovationen und andere Spitzentechnologien wie 5G, 6G und Biotechnologie, Forschung, Entwicklung und Innovationen, die Besteuerung von Technologieunternehmen, die Verantwortung und Rechenschaftspflicht von Online-Plattformen, unter anderem durch die Gewährleistung der erforderlichen Aufsicht, um sicherzustellen, dass die Richtlinien von Online-Plattformen den demokratischen Grundwerten Rechnung tragen, der Kampf gegen den Klimawandel, unter anderem als Sicherheitsbedrohung, und das Ziel eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität, der Schutz einer freien und unabhängigen Medienlandschaft und der Schutz der demokratischen Wahlen vor ausländischer Einflussnahme; bekräftigt die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in Bezug auf den Weltraum und des Weltraumdialogs EU-USA; begrüßt die angekündigte Zusage, die transatlantische Zusammenarbeit in Bezug auf den Weltraum auf der Grundlage des Galileo-GPS-Abkommens zu stärken; vertritt die Auffassung, dass durch die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten im Weltraumbereich ein Beitrag dazu geleistet werden könnte, in der gesamten internationalen Gemeinschaft Sicherheitsstandards und bewährte Verfahren für den Weltraumbereich voranzutreiben;

9.  fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, bei globalen steuerlichen Herausforderungen zusammenzuarbeiten und dabei auf den Arbeiten der OECD aufzubauen, wie etwa einer Reform des internationalen Körperschaftsteuersystems, um es den Wirtschaftsakteuren nicht zu gestatten, Strategien zur Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) zur Vermeidung der Zahlung von Unternehmenssteuern zu nutzen; unterstützt in dieser Hinsicht die Arbeit des inklusiven Rahmens der OECD und der G20 zu BEPS; betont, dass die Reformbemühungen die Beseitigung von Steueroasen umfassen müssen; betont, dass solche Maßnahmen dazu dienen können, wirtschaftliche Ungleichheiten abzubauen; bekräftigt das Engagement der EU für eine faire Besteuerung in der digitalen Wirtschaft, wie es in der neuen EU-USA-Agenda für den globalen Wandel gefordert wird;

10.  betont die Bedeutung der Gegenseitigkeit bei der Visumpflicht zwischen der EU und den USA und fordert beide Seiten auf, im Rahmen aktiver diplomatischer Bemühungen eine für beide Seiten annehmbare Lösung zu finden, die eine Regelung für visumfreies Reisen zwischen allen EU-Mitgliedstaaten ermöglicht; begrüßt die Aufnahme Polens in das US-Programm für visumfreies Reisen und die Bestätigung, dass Kroatien ebenfalls alle Anforderungen für eine Aufnahme erfüllt; fordert die USA auf, die Verfahren des Beitritts von Bulgarien, Zypern und Rumänien zum Programm für visumfreies Reisen zu beschleunigen;

Wiederherstellung des Multilateralismus

11.  begrüßt das erneute Bekenntnis der USA zu einem regelbasierten Multilateralismus und zu Bündnissen mit Partnern und betont, dass dies eine wichtige Gelegenheit bietet, wieder mit den USA zusammenzuarbeiten, um die transatlantischen Beziehungen, auch in Bereichen wie Multilateralismus und Menschenrechte, wieder aufzubauen, zu festigen und zu erweitern und die regelbasierte Weltordnung im Einklang mit unseren geteilten liberal-demokratischen Werte gemeinsam zu stärken; unterstreicht, wie wichtig ein enges Zusammenwirken mit den USA und anderen gleich gesinnten Staaten für die Modernisierung multilateraler Organisationen ist, damit sie ihren Zweck erfüllen können und die Förderung des weltweiten Friedens und der Sicherheit, der Grundrechte, der universellen Werte und des Völkerrechts vorangetrieben werden kann; betont, dass bei diesen Bemühungen auch die Länder des globalen Südens einbezogen werden müssen; betont, dass eine enge Zusammenarbeit innerhalb des Systems der Vereinten Nationen, ihrer Agenturen, Organisationen und Missionen erforderlich ist, auch im Hinblick auf die Besetzung von Führungspositionen;

12.  bekräftigt sein Engagement für die internationale Zusammenarbeit innerhalb der Vereinten Nationen als unverzichtbares Forum für multilaterale Lösungen für globale Herausforderungen und für politische Öffentlichkeitsarbeit, politischen Dialog und Konsensbildung in der internationalen Gemeinschaft;

13.  fordert eine verstärkte gemeinsame Finanzierung von Spitzenprojekten zwischen der EU und den USA auf der Grundlage von bahnbrechenden Technologien, verstärkten gemeinsamen Investitionen in Forschung und Entwicklung, einem verstärkten persönlichen Austausch zwischen Wissenschaftlern im MINT-Bereich und einer verstärkten gemeinsamen Unterstützung von Technologie-Start-ups und KMU;

14.  begrüßt die Entscheidung der Biden-Regierung, dem Pariser Abkommen wieder beizutreten, und die Ernennung von John Kerry als Sonderbeauftragten des Präsidenten für das Klima; begrüßt die Ankündigung der Einrichtung einer hochrangigen Klima-Aktionsgruppe EU-USA; fordert die EU und die USA auf, konkrete Vorschläge zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Ökologisierung des Handels vorzulegen und die Operationalisierung umweltfreundlicher Technologien einschließlich Wasserstoff sowie ein nachhaltiges Finanzwesen und die biologische Vielfalt zu fördern;

15.  betont, wie wichtig die weltweite Zusammenarbeit bei den transnationalen Herausforderungen der Förderung von Bildung, Wissenschaft, Jugend und kultureller Vielfalt und des Dialogs ist; fordert die USA auf, zur Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zurückzukehren;

16.  begrüßt die Entscheidung der USA zur Rückkehr in die Weltgesundheitsorganisation; fordert eine transatlantische Führungsrolle im Bereich der Gesundheitsdiplomatie, um den Ansatz zur Eindämmung von COVID-19 auf globaler Ebene sowie möglicher zukünftiger Gesundheitskrisen zu koordinieren und die globale Gesundheitssicherheit zu stärken, insbesondere die Reform der Weltgesundheitsorganisation und die gemeinsamen transatlantischen Bemühungen, einen gerechten weltweiten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen, -Tests und -Behandlungen sowie eine ebensolche Verteilung, insbesondere in einkommensschwächeren Ländern, zu ermöglichen; beharrt darauf, dass die Zusammenarbeit intensiviert werden muss, um bessere Verfahren für die Vorbereitung auf künftige Pandemien festzulegen, auch durch einen kohärenten und konsistenten klinischen und regulatorischen Ansatz, der die globalen Lieferketten ergänzt, um Flexibilität und Widerstandsfähigkeit sicherzustellen; fordert eine unparteiische unabhängige Untersuchung des Ursprungs und der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie sowie des Umgangs der WHO mit ihr zu Beginn;

17.  weist darauf hin, wie wichtig eine verbesserte öffentliche Impfstoffdiplomatie ist, bei der die EU und die USA eine führende Rolle spielen können, da weltweite Impfungen der einzige Weg zur Beendigung der Pandemie sind; begrüßt die finanziellen Beiträge der EU und der USA zur COVAX-Fazilität und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit zur Verbesserung des weltweiten Zugangs zu Impfstoffen durch einen koordinierten Ansatz bei der Umsetzung des Vorschlags zur Vereinfachung der Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums für Impfstoffe; fordert in diesem Sinne die transatlantischen Partner nachdrücklich zur Zusammenarbeit auf, um eine rasche Produktion und Auslieferung von Impfstoffen, wo immer Bedarf danach besteht, zu ermöglichen; fordert den Austausch bewährter Verfahren zur Einführung von Impfstoffen zwischen den USA und der EU, um zukünftig eine bessere Vorbereitung und Widerstandsfähigkeit sicherzustellen;

18.  fordert einen konzertierten Ansatz zwischen der EU und den USA in den Vereinten Nationen, einschließlich bei der Reform der Vereinten Nationen, um deren Wirksamkeit als multilaterale Organisation zu stärken, der Institution mehr Transparenz zu verleihen und ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen; fordert koordinierte Anstrengungen, um bei den VN-Gipfeltreffen zum Klimawandel bzw. zur biologischen Vielfalt im Jahr 2021 (COPS 26) ehrgeizige Zusagen zu erzielen; fordert die EU und die USA auf, im Rahmen der Vereinten Nationen für den Klimawandel und in anderen Foren wie der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation eine führende Rolle zu spielen; betont in diesem Zusammenhang, dass die Zusammenarbeit in den Bereichen saubere Energie und Forschung, Entwicklung und Innovation sowie bei kohlenstoffarmen Technologien und Produkten von entscheidender Bedeutung ist, wie auch die Zusammenarbeit bei anderen drängenden Fragen wie Nichtverbreitung von Waffen, Konfliktlösung und Bekämpfung von Radikalisierung und Terrorismus; ist besorgt über die Tatsache, dass China in den letzten drei Jahrzehnten seine CO2-Emissionen verdreifacht hat und nun 27 % der weltweiten Treibhausgasemissionen ausstößt, wodurch die Bemühungen der EU und der USA zur Bekämpfung der Treibhausgasemissionen ohne eine klare Zusage und Umsetzung durch China weitgehend unzureichend sind;

19.  fordert nachdrücklich, das internationale Seerecht zu verteidigen und fordert die USA in diesem Zusammenhang erneut auf, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen zu ratifizieren; fordert die USA auf, sich den Bemühungen der EU anzuschließen, um mit Blick auf die nächste Umweltversammlung der VN auf die Verabschiedung eines internationalen Abkommens gegen Meeresabfälle und Meeresverschmutzung durch Plastik zu drängen; fordert die USA und die EU nachdrücklich auf, ihre Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei auf globaler Ebene zu verstärken:

20.  stellt fest, dass Präsident Biden ein neues Dekarbonisierungsziel von 50 % bis 52 % bis 2030 gegenüber 2005 angekündigt hat; weist außerdem darauf hin, dass Präsident Biden einen virtuellen Gipfel der Staats- und Regierungschefs zum Thema Klima abgehalten hat, um die Bemühungen der großen Volkswirtschaften um Klimaschutz zu stimulieren;

21.  ist sich der erheblichen Verbesserung der Luftqualität in den USA in den letzten Jahrzehnten bewusst, die größtenteils auf technologische Verbesserungen und Innovationen in der Energiewirtschaft zurückzuführen ist;

22.  ist der Auffassung, dass die EU gemeinsam mit den USA die zentrale Bedeutung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekräftigen sollte, wenn es darum geht, einen Rahmen für eine wirksame multilaterale Zusammenarbeit, an der auch China beteiligt ist, festzulegen, sofern dies möglich ist, vorausgesetzt es gibt eine echte Zusage Chinas für Dialog und Zusammenarbeit in einer nicht gegnerischen Art und Weise und mit einer Agenda, die die innere Struktur und die Ziele der Agenda 2030 stärkt;

23.  fordert im Hinblick auf die Nutzung restriktiver Mechanismen, einschließlich die Verhängung von Sanktionen im Bereich der Menschenrechte, eine verstärkte Koordinierung und fordert den Rat nachdrücklich auf, eine Korruptionskomponente als Teil des globalen Menschenrechtssanktionssystems der EU einzuführen; fordert die EU und die USA dazu auf, ihre Sanktionspolitik zu koordinieren, wo immer dies möglich und sinnvoll ist;

24.  begrüßt, dass die Biden-Regierung zugesagt hat, die Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen wieder aufzunehmen, und damit die neuerliche Absicht der USA signalisiert hat, die Menschenrechte weltweit zu fördern, in der Hoffnung, die Bemühungen um die Wahrung der Menschenrechte weltweit zu stärken und die autoritäre Neudefinition der Menschenrechte als staatszentriertes Konzept zu verhindern; fordert die EU und die USA dazu auf, zusammen mit gleichgesinnten Verbündeten an einer Reform des Menschenrechtsrats zu arbeiten und insbesondere klare Kriterien für seine Mitgliedschaft festzulegen;

25.  fordert, das Engagement der EU und der USA für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte weltweit und für die Bekämpfung des Aufstiegs von Autoritarismus und illiberalen Regimen zu stärken; fordert die Ausarbeitung eines umfassenden gemeinsamen Instrumentariums der EU und der USA zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen; fordert die EU-Institutionen auf, eng mit verbündeten Demokratien zusammenzuarbeiten, um die grundlegenden Menschenrechte und demokratischen Werte auf internationaler Ebene durch eine verstärkte enge Kooperation mit internationalen Organisationen wie dem Europarat und der OSZE zu verteidigen und zu fördern; ist der Auffassung, dass Parlament und Kongress in Fällen von Menschenrechtsverteidigern und Vertretern der Zivilgesellschaft, die ohne Grund oder zur Unterdrückung ihrer Aktivität verfolgt und inhaftiert werden, zusammenarbeiten könnten.

26.  begrüßt die Aufhebung der US-Sanktionen gegen hochrangige Beamte des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) durch die Biden-Regierung; fordert die USA auf, dem Römischen Statut zur Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs beizutreten und mit dem Gericht bei seinen laufenden Ermittlungen und Gerichtsverfahren konstruktiv zusammenzuarbeiten;

27.  wiederholt seinen Appell an die USA, die Todesstrafe abzuschaffen und ihr Strafrechtssystem zu reformieren;

28.  fordert nachdrücklich einen Dialog und den Austausch bewährter Verfahren zwischen der EU und den USA in Bezug auf die Förderung der Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse und die Gleichstellung der Geschlechter; fordert die EU und die USA auf, entschlossene Schritte zur Bekämpfung des systemischen Rassismus zu unternehmen, der sich in Polizeigewalt widerspiegelt, die unverhältnismäßig gegen ethnische und rassische Minderheiten gerichtet ist, und festgefahrenen Ungleichheiten, die legitime friedliche Proteste anheizen;

29.  ist der Auffassung, dass die EU und die USA gemeinsam die Gleichheit und die Achtung der Menschenrechte verbessern und sicherstellen können, dass sich diese in der Beschlussfassung multilateraler Gremien widerspiegeln und Unterstützung finden. schlägt daher vor, eine ständige Plattform für den Dialog zwischen der EU und den USA in Erwägung zu ziehen, um konkrete Schritte zur Bekämpfung von Rassismus, Hetze und Diskriminierung, einschließlich die Diskriminierung von LGBTQI-Personen, zu unternehmen, und fordert diesbezüglich eine engere multilaterale Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der OSZE, den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der OAS und dem Europarat; fordert die EU und die USA auf, gemeinsam einen globalen Anti-Rassismus-Gipfel zur Bekämpfung des weltweiten Rassismus und der Diskriminierung zu organisieren;

30.  ist zutiefst besorgt über die Annahme des Texas Heartbeat Act (Herzschlaggesetz) durch die texanische Legislative, wodurch Abtreibung de facto verboten wird, da es sich dabei um einen schwerwiegenden Angriff auf die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen handelt; bedauert, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten es in einer knappen Mehrheitsentscheidung abgelehnt hat, über die Annahme dieses beispiellosen Gesetzes zu entscheiden;

31.  besteht darauf, dass verstärkte Anstrengungen erforderlich sind, um unter anderem Verbesserungen bei der Gleichstellung der Geschlechter und den Rechten der Frau, auch hinsichtlich geschlechtsspezifischer Gewalt sowie sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte, zu erreichen;

32.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit mit den USA bei der Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit zu verstärken; fordert die EU und die USA dazu auf, sich gemeinsam für den Schutz und die Erhaltung des kulturellen und historischen Erbes Europas in den USA einzusetzen;

33.  legt der Biden-Regierung nahe, ihre angekündigten Pläne zur Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo zügig umzusetzen; bedauert die Tatsache, dass fast 20 Jahre nach der Schaffung der Einrichtung noch immer 40 Gefangene inhaftiert sind, darunter fünf, deren Freilassung bereits von der Obama-Regierung angeordnet worden war; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Unterstützung anzubieten, um den Prozess zu erleichtern;

34.  legt den USA nahe, einem größeren Teil der Bevölkerung einen gerechten und offenen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie dem Gesundheitsversorgungssystem und Sozialschutzsystemen zu gewähren; legt der neu ernannten Biden-Regierung nahe, konkrete Maßnahmen zur Regelung des Waffenbesitzes von US-Bürgerinnen und -Bürgern zu ergreifen;

35.  betont, dass die transatlantische Gemeinschaft mit einer Vielzahl beispielloser gemeinsamer Herausforderungen konfrontiert ist, die von der Bekämpfung des Terrorismus bis hin zu hybriden Bedrohungen, Klimawandel, Desinformation, Cyberangriffen, neuen und disruptiven Technologien (EDTS) und einem sich wandelnden weltweiten Machtgleichgewicht reichen, sowie mit der daraus resultierenden Herausforderung für die auf Regeln beruhende internationale Ordnung;

Verstärkte Zusammenarbeit in Bezug auf den internationalen Handel und auf Investitionen

36.  hält es für geboten, gemeinsam mit den USA auf der Grundlage einer positiven Dynamik auf die Stärkung des multilateralen Handelssystems und eine Reform der Welthandelsorganisation hinzuarbeiten; begrüßt das Ergebnis des Gipfeltreffens EU-USA „Towards a Renewed Transatlantic Partnership“ (Auf dem Weg zu einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft) vom 15. Juni 2021 als Zeichen eines wiederbelebten und konstruktiven Engagements; begrüßt die „Understanding on a Cooperative Framework for Large Civil Aircraft“ (Vereinbarung über einen Rahmen für die Zusammenarbeit in Bezug auf große zivile Luftfahrzeuge); nimmt zur Kenntnis, dass in der Erklärung zum Gipfeltreffen EU-USA anerkannt wird, dass die Anwendung von Zöllen gemäß Abschnitt 232 seitens der USA auf Einfuhren aus der EU zu Spannungen in den transatlantischen Beziehungen geführt hat und begrüßt, dass in derselben Erklärung die ausdrückliche Zusage gemacht wird, bestehende Differenzen in Bezug auf Überkapazitäten im Stahl- und Aluminiumsektor bis Jahresende auszuräumen; hält die Einrichtung mehrerer Plattformen für den ständigen Dialog, wie den Handels- und Technologierat und den gemeinsamen Dialog EU-USA über die Wettbewerbspolitik im Technologiebereich für wesentlich, da damit der transatlantische Handel weiter intensiviert wird, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, so bald wie möglich eine wirksame und inklusive Struktur für den Handels- und Technologierat auf EU-Seite zu schaffen; begrüßt die Einrichtung einer Taskforce EU-USA für Herstellung und Lieferketten im Zusammenhang mit COVID-19;

37.  betont, dass der Handels- und Technologierat Teil der positiven transatlantischen Handelsagenda ist und sein letztendliches Ziel darin besteht, demokratische Werte und Ethik in neue Technologien zu integrieren, um zu einer transparenten institutionellen Struktur zu werden und eine führende Rolle beim globalen digitalen Wandel zu übernehmen; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die konstituierende Sitzung wie geplant stattgefunden hat, obwohl Spannungen bestehen, die offen und ehrlich erörtert werden müssen; weist darauf hin, dass es möglich wäre, rasch Gewinne zu erzielen, die den bilateralen Handel fördern würden, und fordert daher beide Seiten nachdrücklich auf, sich auf konkrete, greifbare Ergebnisse zu konzentrieren; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der ersten Tagung des Handels- und Technologierates vom 29. September in Pittsburgh, auf der konkrete Themen für jede der zehn Arbeitsgruppen festgelegt wurden; unterstützt unter anderem die Verpflichtung, bei der Vermeidung neuer und unnötiger Handelshemmnisse bei neuen und aufkommenden Technologien, bei der Überprüfung von Investitionen und der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck zusammenzuarbeiten, sowie die Verpflichtung, die Wirksamkeit von Maßnahmen zu verbessern, mit denen nicht marktbestimmte und handelsverzerrende Strategien und Praktiken angegangen werden; begrüßt die Ermittlung spezifischer Themen wie die Bewältigung der Herausforderungen, die von Nichtmarktwirtschaften ausgehen, und die Zusammenarbeit bei Arbeitnehmerrechten und handelsbezogenen Klimaschutzmaßnahmen in der Arbeitsgruppe für Herausforderungen im Welthandel; betont, wie wichtig die Zusammenarbeit bei der Festlegung internationaler Technologienormen ist; fordert die Einrichtung eines Unterausschusses für Handel und Technologie im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber, um die exekutive Rolle des Handels- und Technologierats zu ergänzen und eine demokratische Kontrolle über diesen Rat auszuüben; betont, dass der Handels- und Technologierat – unbeschadet künftiger diesbezüglicher Initiativen – kein Forum für die Aushandlung eines Handelsabkommens zwischen der EU und den USA ist;

38.  betont, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die am stärksten verflochtenen Wirtschaftsbeziehungen der Welt unterhalten, wobei es sich gleichzeitig um die umfassendsten und engsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen handelt, und dass der Handel mit Waren und Dienstleistungen einen Wert von mehr als 1 Billion EUR pro Jahr hat; weist darauf hin, dass auf die Volkswirtschaften der EU und der USA zusammen mehr als 40 % des weltweiten BIP und fast ein Drittel der weltweiten Handelsströme entfallen;

39.  betont, wie wichtig es ist, unsere transatlantischen Handelsbeziehungen als historische Verbündete und Handelspartner neu zu beleben, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der derzeitigen COVID-19-Krise, um den Multilateralismus und ein offenes, regelbasiertes Handelssystem zu fördern und gemeinsame Lösungen für drängende globale Herausforderungen, einschließlich der globalen Gesundheitskrise, zu finden;

40.  nimmt die Angaben, die die US-amerikanischen Amtskollegen bereits gemacht haben, und die Erklärungen, die die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai bei der Anhörung zur Handelsagenda 2021 der Regierung Biden abgegeben hat, zur Kenntnis;

41.  bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Unterstützung für die neue Handelsstrategie der EU, die – auch im Rahmen der transatlantischen Agenda der Union – auf Synergien zwischen innen- und außenpolitischen Zielen im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung abzielt;

42.  hält die Handelspolitik für ein strategisches geopolitisches Instrument für die transatlantische Agenda; betont, dass die USA ein wichtiger Handelspartner sind, und begrüßt daher die positiven Signale der Regierung Biden bezüglich ihrer Pläne, die bilateralen Beziehungen zur EU zu stärken, und fordert eine erneuerte Zusammenarbeit, die in den kommenden Jahren zu dauerhaften und konkreten Ergebnissen führen sollte, wobei zu berücksichtigen ist, dass unsere Wirtschaftsbeziehungen auch von Sicherheitsinteressen im Kontext der offenen strategischen Autonomie beeinflusst werden;

43.  betont, dass auf gemeinsamen Interessen und Werten sowie auf gemeinsamen Risiken und Bedrohungen basierende gemeinsame Maßnahmen ermittelt werden müssen, um zu einer nachhaltigen und inklusiven wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Pandemie weltweit beizutragen;

44.  betont, dass das Welthandelssystem reformiert werden muss, damit weltweit für gleiche Wettbewerbsbedingungen gesorgt wird, und dass eine Zusammenarbeit im Hinblick auf die Entwicklung neuer Regeln erforderlich ist, insbesondere in Bezug auf unlautere Handelspraktiken, da der unlautere Wettbewerb unsere Unternehmen und Arbeitnehmer stark beeinträchtigt;

45.  befürwortet den Ansatz einer Partnerschaft in Führung mit den USA, einschließlich einer koordinierten Haltung gegenüber Russland und China, die auf die Verfolgung gemeinsamer Interessen bezüglich des ökologischen und digitalen Wandels unserer Volkswirtschaften ausgerichtet ist, sowie gemeinsame Initiativen in Bezug auf die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter; betont, dass „Arbeitnehmer und Löhne“ sowie widerstandsfähigere, nachhaltigere und verantwortungsvollere Lieferketten Teil dieser Agenda sind; fordert in diesem Zusammenhang beide Seiten auf, ihre Ansätze in Bezug auf Zwangsarbeit und ausbeuterische Arbeitsbedingungen zu koordinieren und bei der Verbesserung der Achtung der Arbeitnehmerrechte und der Umweltstandards in Handelsabkommen sowie auf multilateraler Ebene zusammenzuarbeiten, unter anderem, indem auf den Erfahrungen der jeweils anderen Seite aufgebaut wird, um diese Bestimmungen effizienter durchzusetzen;

46.  hebt hervor, dass aufgezeigt werden muss, dass bessere Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA den Bürgern, insbesondere denen, die von der Globalisierung zurückgelassen wurden, und den Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks zugutekommen werden; fordert die EU und die USA in diesem Zusammenhang auf, zusammenzuarbeiten und ihre Strategien aufeinander abzustimmen, um Investitionssynergien zu schaffen, insbesondere, um einen nachhaltigen und inklusiven digitalen und ökologischen Wandel ihrer Volkswirtschaften zu erreichen;

47.  stellt fest, dass gemeinsame Herausforderungen für die EU und die USA zunehmend nichtmilitärischer Natur sind und in den Rahmen unserer Wirtschaftspartnerschaft fallen; fordert daher einen kontinuierlichen und verstärkten transatlantischen parlamentarischen Dialog über Handel zwischen dem Europäischen Parlament und dem Kongress der Vereinigten Staaten durch die Interaktion zwischen dem Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments auf EU-Seite und dem „Way & Means“-Ausschuss, dessen Unterausschuss für Handel und dem Finanzausschuss des Senats auf Seiten der USA sowie im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber;

48.  begrüßt nachdrücklich die Unterstützung der USA für die neue Generaldirektorin der WTO, Ngozi Okonjo-Iweala, und die Rückkehr der USA zum Übereinkommen von Paris; begrüßt die viermonatige vorübergehende Aussetzung der Airbus-Boeing-Zölle, die unverhältnismäßige negative Auswirkungen auf die Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse der EU hatten, als einen positiven Schritt hin zu einer dauerhaften Lösung für Subventionen für zivile Luftfahrzeuge; stellt fest, dass die Aussetzung dieser Zölle im Juli 2021 ausläuft, und fordert nachdrücklich, dass eine Lösung gefunden wird, die zu einer dauerhaften Aufhebung dieser Zölle führt;

49.  begrüßt die Bereitschaft der USA, Gespräche über die weltweiten Überkapazitäten im Stahl- und Aluminiumsektor aufzunehmen; nimmt den Beschluss der Kommission zur Kenntnis, die Erhöhung der Zölle auf US-Einfuhren als Gegenreaktion auf Maßnahmen vonseiten der USA auszusetzen;

50.  begrüßt ferner den raschen Abschluss des WTO-Abkommens über Zollkontingente, bei dem es sich um das erste Abkommen mit den USA unter der neuen Regierung Biden handelte und das die Bereitschaft dieser neuen Regierung aufzeigt, sich im Rahmen der WTO um Vereinbarungen mit der EU zu bemühen;

51.  erkennt gleichzeitig an, dass es nach wie vor einige divergierende Interessen gibt; fordert in diesem Zusammenhang beide Seiten nachdrücklich auf, bilaterale Streitigkeiten beizulegen; fordert die USA nachdrücklich auf, einseitige Handelsmaßnahmen und die Androhung zusätzlicher Maßnahmen im Bereich der Digitalsteuer zurückzuziehen, davon abzusehen, weitere solche Maßnahmen zu ergreifen, und sich stattdessen auf das zu konzentrieren, was uns zusammenbringt; misst dem Gipfeltreffen EU-USA im Juni 2021 große Bedeutung zu als Sprungbrett, um unsere Handelsbeziehungen weiter zu verbessern und Bereiche zu erörtern, in denen das Potenzial für eine engere Zusammenarbeit noch nicht ausgeschöpft ist;

52.  fordert die USA nachdrücklich auf, trotz der laufenden Gespräche die Zölle auf Stahl und Aluminium gemäß Abschnitt 232 sofort aufzuheben, da europäische Unternehmen von den USA nicht als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen werden können, und betont, dass die Bedenken in Bezug auf die Überkapazitäten an Stahl und Aluminium aus Drittländern gemeinsam angegangen werden müssen; bekräftigt unter anderem das Bestreben der EU, Zölle auf Industrieerzeugnisse zwischen der EU und den USA abzuschaffen;

53.  bedauert zwar den Abschluss der Untersuchungen gemäß Abschnitt 301 zu Digitalsteuern, begrüßt aber die Aussetzung von Handelsvergeltungsmaßnahmen gegen Wirtschaftssektoren wie Schuhwaren in Mitgliedstaaten, die eine Digitalsteuer eingeführt haben, für sechs Monate, während die Verhandlungen im Rahmen der OECD andauern; ist besorgt über die vorläufige Liste mit Vergeltungszöllen der Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten auf der Grundlage der Untersuchungen gemäß Abschnitt 301 zu den verschiedenen EU-Digitalsteuern, die sich auch auf besonders sensible Branchen des verarbeitenden Gewerbes wie die Schuh- und Lederindustrie erstrecken, die möglicherweise vom US-Markt ausgeschlossen werden könnten, wenn zusätzliche Zölle eingeführt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Verhandlungen im Rahmen des OECD-Vorschlags zur Digitalsteuer zu beschleunigen und so rasch wie möglich abzuschließen und alle möglichen Wege zu nutzen, um weitere wirtschaftliche Schäden für Unternehmen in der EU, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, zu vermeiden, insbesondere im Zusammenhang mit den Strategien zur Erholung nach der COVID-19-Pandemie; ist der Ansicht, dass angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit der EU im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und der Androhung von Vergeltungsmaßnahmen durch die Vereinigten Staaten im Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften im Bereich der Digitalsteuer ein gemeinsamer Ansatz der EU-Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene vorzuziehen ist, insbesondere im Hinblick darauf, ein weiteres transatlantisches gegenseitiges Aufschaukeln der Zölle zu vermeiden;

54.  erkennt an, dass nach wie vor unausgeschöpfte Möglichkeiten für einen erheblichen Bürokratieabbau und die Stärkung der transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft bestehen; betont vor dem Hintergrund des anhaltenden technologischen Wettlaufs die Bedeutung eines engen transatlantischen Regulierungsraums für unsere Unternehmen, insbesondere für neue Technologien im Zusammenhang mit Digitalem, Energie und Klima; erwartet, dass beide Seiten im Rahmen eines Dialogs den Bedenken der EU in Bezug auf den US-amerikanischen „Buy American Act“ und den „Jones Act“ Rechnung tragen, auch in Bezug auf die Vergabe öffentlicher Aufträge und den Zugang zu Dienstleistungsmärkten;

55.  spricht sich für einen gemeinsamen Ansatz zur Bewältigung der COVID-19-Krise aus, unter anderem durch Maßnahmen zur Erhöhung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Impfstoffen; fordert die EU und die USA auf, zusammenzuarbeiten und bei den Bemühungen zur Bewältigung des Problems der Impfstoffknappheit eine Führungsrolle zu übernehmen, um sicherzustellen, dass Impfstoffe weltweit und so schnell wie möglich an möglichst viele Menschen ausgeliefert werden; begrüßt die Ankündigung der Partnerschaft zwischen der EU und den USA, um die weltweiten Bemühungen um Impfungen gegen COVID-19 voranzutreiben, indem bis zur Generalversammlung der Vereinten Nationen im kommenden Jahr 70 % der Weltbevölkerung geimpft werden; weist darauf hin, dass die Welt mit einem weltweiten Mangel an Impfstoffen konfrontiert ist; fordert die EU und die USA daher auf, mit den Herstellern zusammenzuarbeiten, um die weltweite Produktionskapazität für Impfstoffe und ihre Bestandteile zu erhöhen, um für Impfstoffgerechtigkeit zu sorgen; fordert beide Seiten auf, von jeglichen Ausfuhrbeschränkungen abzusehen, das ordnungsgemäße Funktionieren der Lieferketten sicherzustellen, den erforderlichen Technologietransfer sicherzustellen und die Vorsorge für künftige weltweite Gesundheitskrisen zu verbessern; legt beiden Seiten nahe, die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zu intensivieren, um den unentbehrlichen Zugang zu Arzneimitteln zu erleichtern;

56.  fordert die Kommission und die Regierung Biden auf, die Initiativen der neuen Generaldirektorin der WTO, insbesondere im Bereich Gesundheit, aktiv zu unterstützen; verweist in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt des Parlaments zu einer möglichen Aussetzung des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), der in seiner Entschließung vom 10. Juni 2021 zum Ausdruck gebracht wurde(9);

57.  erkennt zwar an, wie wichtig es ist, die europäischen Rechte des geistigen Eigentums zu schützen, um die Innovationsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten, hält es jedoch für wichtig, alle einschlägigen Flexibilitätsmöglichkeiten im Rahmen des TRIPS-Übereinkommens zu prüfen, um die weltweite Produktionskapazität für Impfstoffe und Impfstoffkomponenten zu erhöhen; betont, dass die Suche nach Lösungen für die Rechte des geistigen Eigentums nur ein Teil der gemeinsamen globalen Reaktion sein kann;

58.  betont, dass die WTO nach wie vor der Eckpfeiler eines regelbasierten, multilateralen Handelssystems ist; fordert eine verstärkte Zusammenarbeit bei der WTO-Reform, unter anderem in Bezug auf die Reform ihrer drei Kernaufgaben, wozu eine dringende Reform und Wiedereinsetzung des Berufungsgremiums sowie die Stärkung der Überwachungs- und Beratungsfunktionen der WTO gehören, unter anderem durch die Förderung offener, plurilateraler Abkommen;

59.  fordert beide Seiten nachdrücklich auf, unter anderem bei der Regulierung des Handels mit Gesundheitsprodukten, der Ausarbeitung von Regeln für den digitalen Handel und der Festlegung einer ehrgeizigen Klima- und Umweltagenda zusammenzuarbeiten, indem die Verhandlungen über das Abkommen über Umweltschutzgüter wiederaufgenommen werden, und gemeinsame Vorschläge auszuarbeiten, unter anderem in Bezug auf die Disziplinen für Subventionen und den schrittweisen Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe;

60.  erwartet von beiden Seiten, dass sie sich auf konkrete Ziele für die 12. Ministerkonferenz der WTO (MC12) einigen, um die WTO auf den ökologischen und den digitalen Wandel vorzubereiten, darunter ein Fischereiabkommen, eine Erklärung zu Handel und Gesundheit, ein Arbeitsprogramm für die Reform des Streitbeilegungssystems, ein Arbeitsprogramm für Industriesubventionen und staatseigenen Unternehmen sowie wesentliche Fortschritte bei den Verhandlungen über den elektronischen Geschäftsverkehr;

61.  fordert beide Seiten auf, gemeinsam an der Aktualisierung der WTO-Regeln für staatseigene Unternehmen, Industriesubventionen, Überkapazitäten und Technologietransfer zu arbeiten, um die Organisation effizient für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu rüsten; befürwortet in diesem Zusammenhang auch die Ausweitung der trilateralen Initiative mit Japan und fordert die EU und die USA auf, eine Koalition gleichgesinnter Länder in der WTO anzuführen, um neue Regeln zu vereinbaren, und gleichzeitig ein eigenständiges Instrument gegen unfaire ausländische Subventionen zu entwickeln; erwartet, dass beide Seiten multilaterale Übereinkünfte fördern und anstreben; fordert die USA auf, ihre Zusagen im Rahmen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zu bekräftigen;

62.  nimmt das Ergebnis des ersten hochrangigen Treffens im Rahmen des Dialogs zwischen der EU und den USA über China zur Kenntnis, bei dem beide Seiten bekräftigten, dass ihre Handelsbeziehungen zu China vielschichtig sind und Elemente der Zusammenarbeit, des Wettbewerbs und der systemischen Rivalität umfassen; spricht sich wo immer möglich für einen gemeinsamen strategischen Ansatz gegenüber China sowie für eine Zusammenarbeit innerhalb multilateraler Rahmen bei gemeinsamen Herausforderungen wie dem Klimawandel, unlauteren Handelspraktiken, die zu Marktverzerrungen führen, und fehlenden gleichen Wettbewerbsbedingungen aus;

63.  weist darauf hin, wie wichtig es ist, einen abgestimmten Standpunkt zu vertreten, um verzerrende Industriesubventionen – insbesondere in Bezug auf staatseigene Unternehmen und Überkapazitäten in kritischen Sektoren –, erzwungene Technologietransfers, den Diebstahl geistigen Eigentums, obligatorische Joint Ventures, Marktbarrieren und das Verbot von Zwangsarbeit anzugehen, indem eine Diskussion über das Phase-1-Abkommen der USA mit China und das umfassende Investitionsabkommen der EU aufgenommen wird;

64.  stellt fest, dass solche Probleme nicht unilateral oder bilateral gelöst werden können und eine Koalition gleichgesinnter Partner auf internationaler Ebene im Rahmen der WTO erfordern;

65.  betont, wie wichtig es ist, dass in der gemeinsamen Strategie EU-USA und innerhalb der WTO die Achtung der Menschenrechte, auch bei der Tätigkeit internationaler Unternehmen, einbezogen wird; weist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit verbindlicher Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht hin und fordert die USA auf, sich diesem Ansatz anzuschließen und ihn in der gesamten Lieferkette zu unterstützen;

66.  ist der Ansicht, dass die EU und die USA die transatlantische Zusammenarbeit im Bereich der regelbasierten und nachhaltigen Konnektivität als Reaktion auf Chinas Initiative „Neue Seidenstraße“ stärken sollten, und hofft auf eine künftige Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf die Aufrechterhaltung hoher Qualitätsstandards;

67.  fordert die Kommission auf, bei gleichzeitiger Förderung des Dialogs und des gemeinsamen Vorgehens die Interessen der EU und ihre offene strategische Autonomie entschlossen voranzubringen und auf ungerechtfertigte US-Zölle, die exterritoriale Anwendung von Sanktionen, die gegen das Völkerrecht verstößt, und Marktbarrieren zu reagieren; betont, dass die autonomen Handelsmaßnahmen der EU gestärkt werden müssen;

68.  fordert insbesondere die USA auf, dafür zu sorgen, dass ihre Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge transparent, offen und berechenbar sind und auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung basieren;

69.  fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag für ein Instrument zur Abschreckung und Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen von Drittländern und für Rechtsvorschriften zur Unterstützung von europäischen Unternehmen, gegen die diese Sanktionen verhängt wurden und die im Einklang mit dem Völkerrecht handeln, auszuarbeiten;

70.  legt beiden Seiten nahe, einen ehrgeizigen Dialog aufzunehmen und über die Neubelebung eines strategischen Dialogs auf hoher Ebene einen Rahmen für gemeinsame Maßnahmen zu finden und sich um selektive Handels- und Investitionsabkommen zu bemühen;

71.  fordert eine stärkere regulatorische, ökologische, nachhaltige und digitale Partnerschaft durch den Handels- und Technologierat; fordert eine Einigung über die Konformitätsbewertung, die insbesondere KMU zugutekommen wird, einen koordinierten Ansatz für die Festlegung internationaler Standards für kritische und neu entstehende Technologien wie künstliche Intelligenz und eine Zusammenarbeit in Regulierungsfragen für große Technologieunternehmen sowie Digitalsteuern und globale Steuern; fordert die EU und die USA auf, Informationen über die Überprüfung ausländischer Investitionen in strategischen Sektoren, einschließlich in Bezug auf mögliche feindselige Übernahmen, auszutauschen und dabei zusammenzuarbeiten;

72.  fordert beide Seiten auf, bewährte Regulierungspraktiken auszutauschen; fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, ihre Verhandlungen über die Konformitätsbewertung fortzusetzen, um finanziell belastende nichttarifäre Hemmnisse zu beseitigen; betont, wie wichtig es für beide Seiten ist, sich abzustimmen und eine Koalition gleichgesinnter Partner zu leiten, um die Nutzung transatlantischer Standards durch internationale Normungsorganisationen zu fördern;

73.  fordert beide Seiten auf, den Handel als Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Verwirklichung von Aufwärtskonvergenz zu nutzen; fordert in diesem Zusammenhang beide Seiten nachdrücklich auf, bei der Bepreisung von CO2 zusammenzuarbeiten und sich insbesondere bei der Entwicklung eines CO2-Grenzausgleichssystems sowie wirksamen Maßnahmen gegen den illegalen Waffenhandel abzustimmen und die Transparenz und Rechenschaftspflicht des Waffenhandels, einschließlich der Waffenausfuhren der USA und der EU-Mitgliedstaaten, zu verbessern;

74.  fordert die USA und die EU auf, im Rahmen der OECD zusammen an einer globalen Körperschaftssteuer zu arbeiten, wobei es insbesondere die von den G7-Staaten erzielte Vereinbarung über eine weltweite Steuerreform begrüßt und das Übereinkommen über einen weltweiten Körperschaftsteuer-Mindestsatz von mindestens 15 % hervorhebt, und fordert beide Seiten auf, bei der Bekämpfung betrügerischer und schädlicher Handelspraktiken zusammenzuarbeiten;

75.  betont, dass stärkere Handels- und Wirtschaftspartner stärkere Bündnisse schaffen; begrüßt die Bemühungen beider Seiten, ihre Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, insbesondere in Bezug auf kritische Rohstoffe;

76.  fordert angesichts der Öffnung neuer Schifffahrtsrouten und der möglichen Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen aufgrund des Klimawandels und unter Berücksichtigung des wachsenden wirtschaftlichen Interesses anderer Länder wie Chinas an der Arktis eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in der Arktis; fordert die Kommission auf, diese Möglichkeiten und Herausforderungen auch in ihrer künftigen Arktis-Strategie anzusprechen;

77.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei ihrer Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten als gängige Praxis Transparenz walten zu lassen, indem sie unter anderem alle an die Vereinigten Staaten übermittelten Vorschläge veröffentlicht und die Beteiligung des Parlaments und der Zivilgesellschaft an der Ausarbeitung dieser Vorschläge sicherstellt, um so das Vertrauen der Verbraucher und der Bürger zu stärken;

Gemeinsame Bewältigung der Herausforderungen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich

78.  betont, dass das transatlantische Bündnis für die Sicherheit und Stabilität des europäischen Kontinents nach wie vor von grundlegender Bedeutung ist, da die NATO die Grundlage der kollektiven Verteidigung Europas ist und eine tragende Säule der europäischen Sicherheit darstellt; bekräftigt ferner, dass die NATO-Verbündeten und -Partner sowie die Europäische Union gemeinsam mehr tun müssen, um den gerechten Erwartungen als glaubwürdige und gleichberechtigte transatlantische Partner gerecht zu werden, die in der Lage und willens sind, sich selbst zu verteidigen und Krisen in ihrer eigenen Nachbarschaft zu bewältigen und gleichzeitig die Führung zu übernehmen, wenn notwendig, jedoch in enger Abstimmung mit den USA; unterstützt die Neuausrichtung der Verantwortlichkeiten in den transatlantischen Beziehungen im Sicherheitsbereich, indem auf mehr Eigenständigkeit der EU-Mitgliedstaaten im Verteidigungsbereich hingearbeitet wird, um die USA zu entlasten, sowie in einer Weise, dass Synergien zwischen der NATO-Mitgliedschaft und den EU-Verteidigungsfähigkeiten geschaffen werden; betont, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO auf 74 gemeinsam vereinbarten Maßnahmen in bestimmten Bereichen beruht; weist darauf hin, dass beide Organisationen unterschiedliche Aufgaben und Prioritäten haben, da die NATO für die kollektive territoriale Verteidigung ihrer Mitglieder zuständig ist und die EU ein militärisches Krisenmanagement im Ausland anstrebt, wobei das Potenzial für mehr Dialog und Zusammenarbeit besteht, was Sicherheitsherausforderungen und eine strategische Partnerschaft basierend auf der gemeinsamen Unterstützung der Grundwerte Demokratie, Freiheit und Förderung des Friedens betrifft; betont, dass eine vertiefte Zusammenarbeit, Bündelung und gemeinsame Nutzung sowie ein effizienter und transparenter europäischer Verteidigungssektor auch die der NATO zur Verfügung stehenden Fähigkeiten stärken; betont, dass die Schaffung einer starken industriellen Basis der EU und stärkerer militärischer Fähigkeiten sowie Investitionen in die militärische Mobilität und Interoperabilität nicht nur die EU, sondern gleichzeitig auch das transatlantische Bündnis stärken und Synergieeffekte im Zusammenhang mit der Rolle und Bedeutung der EU und ihrer Mitgliedstaaten in der NATO schaffen würde; bekundet daher sein uneingeschränktes Engagement für die europäischen Verteidigungsinitiativen, insbesondere EEF, SSZ, EPF und andere; betont, dass die transatlantische Partnerschaft nur erfolgreich sein kann, wenn alle Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen, einschließlich der Zusagen für Verteidigungsinvestitionen, erfüllen und sich gegenseitig unterstützen und eine ausgewogene Lastenteilung anstreben; betont in diesem Zusammenhang, dass alle NATO-Verbündeten finanziell in die Entwicklung, den Erwerb und den Erhalt der Fähigkeiten investieren müssen, die die NATO zum Schutz ihrer Bürger benötigt; weist auf den laufenden Ausarbeitungsprozess des Strategischen Kompass der EU hin, der ein Meilenstein für eine stärkere europäische Verteidigungs- und Sicherheitszusammenarbeit sein wird, und unterstreicht, dass der Strategische Kompass eng mit dem Entwurf des Strategischen Konzepts der NATO verknüpft werden sollte, und ist überzeugt dass diese parallelen Prozesse eine einzigartige Gelegenheit bieten, die transatlantische Politik- und Sicherheitspartnerschaft erheblich voranzubringen, sie auf einen neuen Stand zu bringen und sie für die aktuellen globalen Herausforderungen, mit denen sowohl die EU als auch die USA konfrontiert sind, zu rüsten; betont, dass das Streben nach europäischer strategischer Autonomie keineswegs die NATO untergräbt, sondern sie ergänzt; fordert den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Europäischen Verteidigungsagentur und den Vereinigten Staaten und begrüßt die Zusagen der EU und der USA in der Erklärung zum Gipfeltreffen EU-USA vom 15. Juni 2021, so bald wie möglich die Diskussion darüber zu beginnen; unterstützt die Einführung von Verfahren zur Koordination der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zwischen den USA, der EU und dem Vereinigten Königreich;

79.  begrüßt den positiven Beschluss des Rates vom 6. Mai 2021, mit dem der Koordinator des Projekts „Militärische Mobilität“, die Niederlande, ermächtigt wird, die USA, Kanada und Norwegen auf deren jeweiligen Antrag hin zur Teilnahme an dem SSZ-Projekt „Militärische Mobilität“ einzuladen betont, dass diese Beteiligung die Kohärenz der Fähigkeiten der EU und der NATO sowie die Interoperabilität, Bereitschaft und Widerstandsfähigkeit der transatlantischen Streitkräfte verbessern wird;

80.  fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU, den USA und der NATO mit unseren östlichen Nachbarn, insbesondere Georgien, der Ukraine und Moldau, in Sicherheits- und Verteidigungsangelegenheiten, einschließlich durch die Unterstützung der territorialen Integrität dieser Länder und ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Cyber-, Informations-, Spionage- und andere Bedrohungen, die gegen sie gerichtet sind;

81.  begrüßt die Entscheidung der USA, den Abzug der US-Streitkräfte aus der EU rückgängig zu machen und ihre militärische Präsenz in den EU-Mitgliedstaaten als Zeichen des Engagements für die transatlantische Sicherheitszusammenarbeit zu verstärken; dankt den vielen Angehörigen der US-Armee, die in den letzten Jahrzehnten zum Schutz der Sicherheit Europas und seiner Bürger beigetragen haben;

82.  fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, eine enge Zusammenarbeit nicht nur im Bereich der traditionellen Sicherheitsbedrohungen, sondern auch im Bereich aufkommender Bedrohungen, etwa der feindlichen technologischen Vorherrschaft durch Drittstaaten, hybrider Bedrohungen, Desinformation und böswillige Einmischung in Wahlprozesse, zu verstärken; fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Cybersicherheit aufzubauen; fordert die EU nachdrücklich auf, wirksamere Cyberfähigkeiten zu entwickeln, um ihre Fähigkeit zur Abwehr von Cyberbedrohungen zu stärken; begrüßt die neue Cybersicherheitsstrategie der Kommission als Grundlage für die Festlegung internationaler Normen und Standards im Cyberraum; fordert die Entwicklung, den Erwerb und den Erhalt der Fähigkeiten, auch innerhalb der NATO und auch, was den Austausch von Erkenntnissen betrifft, sowie eine stärkere Koordinierung zwischen den Agenturen der Europäischen Union wie der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) und mit ihren amerikanischen Amtskollegen; erkennt an, dass bis zu einem gewissen Grad Cyberabwehr wirksamer ist, wenn sie auch einige offensive Mittel und Maßnahmen umfasst, vorausgesetzt, deren Einsatz steht im Einklang mit dem Völkerrecht; betont, wie wichtig ein gemeinsamer Ansatz in Bezug auf das Verbot tödlicher autonomer Waffen ohne wesentliche menschliche Eingriffe, die Regulierung der Autonomie von Waffensystemen auf globaler Ebene und die Beschränkung des Exports und der Verbreitung von Cyberwerkzeugen und Massenüberwachungstechnologien ist; betont, dass die globale Rüstungskontrolle auf einen neuen Stand gebracht werden muss, damit den Cyber- und KI-Herausforderungen begegnet werden kann; fordert die transatlantischen Partner auf, die Forderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen nach einem weltweiten Waffenstillstand zu unterstützen und aktiv dazu beizutragen;

83.  ist der Ansicht, dass der Schutz demokratischer Prozesse und Wahlprozesse ein zentrales globales Sicherheitsthema ist; schlägt in diesem Zusammenhang die gemeinsame Entwicklung eines strukturierten Rahmens für Reaktionen auf Einmischungen in Wahlprozesse vor, basierend auf einem transatlantischen Verhaltenskodex für freie und belastbare demokratische Prozesse, der strukturelle und umfassende Maßnahmen anstrebt, um auf die hybride Natur von Einmischungen zu reagieren, und in enger Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie die OSZE; fordert die EU und die Vereinigten Staaten auf, eine engere und ehrgeizigere internationale Zusammenarbeit bei Wahlbeobachtungen gemeinsam mit allen relevanten Partnern zu fördern, insbesondere mit den Organisationen, die die „Grundsatzerklärung für die internationale Wahlbeobachtung“ unterstützen, um der zunehmenden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit in Wahlprozessen entgegenzuwirken; betont, dass dem zunehmenden Phänomen der Pseudo-Wahlbeobachtung durch Einheimische entgegengewirkt werden muss, da dadurch das öffentliche Vertrauen in die Wahlbeobachtung insgesamt untergraben wird, und dass die Chancen, Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit der zunehmenden Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien bei Wahlen bewertet werden müssen; besteht darauf, dass die notwendige Zusammenarbeit mit den einschlägigen einheimischen Wahlbeobachtungsorganisationen auf allen Ebenen sowie deren Schutz im Rahmen ihrer Aktivitäten verstärkt werden müssen;

84.  hebt hervor, dass unbedingt Fähigkeiten im Bereich Quanteninformatik erworben werden müssen, und betont, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in diesem Bereich verstärkt werden muss, damit sichergestellt wird, dass die Quanteninformatik zuerst zwischen den Partnern verwirklicht wird, die enge Beziehungen zueinander pflegen und flankierende Ziele miteinander teilen;

85.  betont die strategische Bedeutung der unterseeischen Telekommunikationskabel im Nordatlantik, die für 95 % der internationalen Telekommunikation genutzt werden; weist erneut darauf hin, wie wichtig eine verstärkte transatlantische Zusammenarbeit für den Schutz und die Einhaltung der internationalen Instrumente zur Regelung von Unterseekabeln wie dem VN-Seerechtsübereinkommen ist;

86.  unterstützt die Einrichtung des Sicherheits- und Verteidigungsdialogs zwischen der EU und den USA und fordert den HR/VP auf, diesen so bald wie möglich aufzunehmen; weist darauf hin, dass es wichtig ist, auch Vertreter der NATO in diesen Dialog einzubeziehen, um Synergien mit der ständigen Zusammenarbeit der EU mit der NATO zu fördern und jede Duplizierung politischer Reaktionen zu vermeiden; betont, dass der Sicherheits- und Verteidigungsdialog zwischen der EU und den USA die Zusammenarbeit bei Sicherheits- und Verteidigungsinitiativen, Krisenmanagement, Militäroperationen und bilateralen Sicherheitsfragen umfassen sollte, wie in der EU-USA-Agenda für den globalen Wandel angeführt; betont, dass der Informationsaustausch ein wichtiger Bestandteil dieses Dialogs wäre;

87.  betont, dass unsere Gesellschaften auf beiden Seiten an einem introspektiven Prozess zu unseren demokratischen Werten sowie zur Achtung des anderen und der Vielfalt der Meinungen teilhaben müssen, um die globale Demokratie gegenüber dem zunehmenden Autoritarismus, der sowohl von Russland als auch von China gefördert wird, aber auch innerhalb der transatlantischen Gemeinschaft wiederzubeleben und zu verteidigen, unter anderem indem die Rechenschaftspflicht und Widerstandsfähigkeit unserer demokratischen Systeme gestärkt, extremistische Ansichten und Rassismus, die den Nährboden für antidemokratische Bewegungen bieten, bekämpft, eine gemeinsame Stimme gegen den böswilligen geopolitischen Einfluss autoritärer Akteure erhoben, der transatlantische Dialog gepflegt und eine integrative Sozial- und Wirtschaftspolitik, mit der die Ursachen von Ungleichheiten angegangen werden, gefördert werden; unterstreicht den Wert des transatlantischen Dialogs und der transatlantischen Zusammenarbeit bei Strategien zur Unterstützung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit und zur Bekämpfung von Desinformation und ausländischer Einmischung; betont, dass beide Seiten die Ursachen für den Rückgang des öffentlichen Vertrauens in Politik und Institutionen angehen müssen; betont, dass Bemühungen in diese Richtung den Aufbau von Vertrauen in Wissenschaft und Fakten, die Schaffung eines Sicherheitsnetzes von Maßnahmen gegen Diskriminierung sowie die Ablehnung von und die Beschäftigung mit Diskriminierung aus Gründen der Rasse und der Religion umfassen sollten;

88.  fordert die EU und die Vereinigten Staaten ferner auf, gemeinsam bestehenden regionalen Organisation in Afrika – wie die Afrikanische Union (AU), die Einsatztruppe der G5 der Sahelzone (G5 Sahel) und die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS – Economic Community of West African States) – wirtschaftliche, politische und operative Unterstützung zu gewähren;

89.  betont, dass die EU und die Vereinigten Staaten ihre Anstrengungen zur Bekämpfung von Terrorismus und Radikalisierung koordinieren und sicherstellen müssen, dass die unternommenen Anstrengungen mit den erforderlichen Mitteln unterstützt werden und die Bedrohungen, die sie darstellen, angemessen sind; ist der Ansicht, dass beide Partner bestrebt sein sollten, die derzeitigen Verfahren für den Austausch von Erkenntnissen zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, mit besonderem Schwerpunkt auf der Verbesserung des gemeinsamen Verständnisses in Schlüsselbereichen, einschließlich sicherer Zufluchtsorte und der Nutzung neuer und disruptiver Technologien und hybrider Taktiken durch Terroristen;

90.  unterstützt die starke Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten bei den Bemühungen zur Deradikalisierung und Terrorismusbekämpfung, die unter anderem die Einführung gemeinsamer Schulungsmaßnahmen, gemeinsamer Kurse zum Thema Terrorismusbekämpfung, Austauschprogramme für Offiziere, gemeinsame Militärübungen und Bildungsinitiativen umfassen;

91.  unterstreicht die grundlegende Bedeutung demokratischer Prinzipien, die die Basis für unseren sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt und für unsere freien Gesellschaften darstellen; unterstützt den Vorschlag von Präsident Biden, ein Gipfeltreffen für Demokratie zur Förderung universeller Werte abzuhalten; fordert die Vereinigten Staaten auf, die Erfahrungen aus der Konferenz der EU zur Zukunft Europas zu nutzen und fordert die Kommission und den Rat auf, diese Initiative sowohl politisch als auch praktisch zu unterstützen; ist der Ansicht, dass das vorgeschlagene Gipfeltreffen für Demokratie zusätzlich zur Bekämpfung des zunehmenden Einflusses von autoritären Regimen darauf abzielen sollte, einen wertebasierten Multilateralismus und die Solidarität zwischen den Demokratien, wenn sie unter Druck geraten, zu fördern, Demokratie im Inland und weltweit zu stärken, insbesondere die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der demokratischen Regierungsführung zu erhöhen, Bedenken zu äußern und friedliche Lösungen für das anhaltende harte Durchgreifen gegen Demokratiebewegungen zu finden und Menschenrechtsverteidiger einschließlich Umweltschützer auf der ganzen Welt zu schützen; betont in diesem Zusammenhang, dass diese Bemühungen dabei helfen könnten, einen klaren Kurs gegen Populismus und Autoritarismus zu finden und die grundlegenden demokratischen Werte und Menschenrechte zu schützen; schlägt vor, dass die EU gemeinsam mit den USA ein transatlantisches Bündnis zur weltweiten Verteidigung der Demokratie aufbaut und ein Instrumentarium zur Verteidigung der Demokratie entwickelt, das gemeinsame Maßnahmen in Bezug auf Sanktionen, Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche, Vorschriften über die Konditionalität der wirtschaftlichen und finanziellen Unterstützung, internationale Ermittlungen und die Unterstützung von Verfechtern der Menschenrechte und der Demokratie umfassen sollte; fordert eine bessere Kommunikation mit und zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten in Bezug auf die fortdauernde Bedeutung der transatlantischen Bindung und ihre Relevanz in der heutigen Zeit; bekräftigt in diesem Zusammenhang den Wert des Austauschs zwischen Gesetzgebern, Unternehmen und der Zivilgesellschaft;

Engere Koordinierung der Außenpolitik

92.  vertritt die Auffassung, dass die EU ihre Zusammenarbeit mit den USA intensivieren und die strategische Partnerschaft in Bezug auf Länder der Östlichen Partnerschaft und des Westbalkanraums erneuern sollte, um dort widerstandsfähige, wohlhabende und demokratische multiethnische Gesellschaften aufzubauen, die in der Lage sind, dem disruptiven Einfluss von lokalen und externen autoritären Kräften standzuhalten; erinnert daran, dass die Stabilität des Westbalkanraums und der Länder der Östlichen Partnerschaft entscheidend für den Frieden und die Sicherheit sowohl in der Region als auch in der EU ist; begrüßt die erheblich verstärkte Koordination der USA mit der EU im Hinblick auf die Unterstützung der Länder im Westbalkanraum auf ihrem Weg zur europäischen Integration und Mitgliedschaft in der EU; ist der Ansicht, dass eine regelmäßige, institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen dem Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ und dem Außenminister der USA in dieser und anderen außenpolitischen Angelegenheiten den transatlantischen Dialog und die Zusammenarbeit in außenpolitischen Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse verstärken und eine zunehmende Konvergenz politischer Standpunkte auf transatlantischer Ebene fördern würde; erinnert an seinen Vorschlag, einen Transatlantischen Politischen Rat für eine systematische Konsultation und Abstimmung in außen- und sicherheitspolitischen Fragen ins Leben zu rufen, der unter der Führung des HR/VP und des US-Außenministers stünde und durch den regelmäßigen Kontakt zwischen den politischen Direktoren zur unterstützt würde; fordert eine starke Führungsrolle der EU und eine wirksame Koordination mit den Vereinigten Staaten, um Initiativen, deren Ziel es ist, Grenzen neu zu ziehen, und ähnlichen subnationalen Initiativen zur Vertiefung der ethnischen Spannungen und Segregation sowie dem Problem chinesischer Investitionen und Finanzierungstätigkeiten in der Region und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf die demokratische Regierungsführung und die Umwelt, entgegenzuwirken; betont, wie wichtig eine enge Koordination zwischen der EU und den USA ist, um die Vereinnahmung von Staaten, Korruption, das organisierte Verbrechen, ausländische Einmischung und Angriffe auf die Freiheit der Medien zu bekämpfen und die Rechtsstaatlichkeit, tiefgreifende Reformen, gute nachbarschaftliche Beziehungen, Aussöhnung und das Ziel der euro-atlantischen Integration zu fördern; hebt die Führungsrolle der EU im Prozess der Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo hervor;

93.  betont das gemeinsame Interesse an der Unterstützung eines langfristig nachhaltigen Friedens, der Sicherheit, der Widerstandsfähigkeit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte im Südkaukasus; begrüßt das Engagement der USA in der Region in Zusammenarbeit mit der EU, unter anderem im Rahmen von Mechanismen wie der Minsk-Gruppe der OSZE;

94.  fordert die EU und die USA auf, gemeinsam gegen die anhaltenden und zunehmenden Bedrohungen für den Schutz und die Erhaltung des kulturellen Erbes, unter anderem gegen den Schmuggel von Kulturgütern, insbesondere in Konfliktgebieten, vorzugehen; fordert, dass eine Strategie verfolgt wird, die effektive öffentliche Sensibilisierungskampagnen, eine universelle Verurteilung des illegalen Handels mit Antiquitäten ungeklärter Herkunft, die Schaffung eines einheitlichen Verhaltenskodex für den Schutz von Kulturstätten, die Förderung einer besseren Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Strafverfolgungsbehörden, die den sofortigen Austausch von Informationen zwischen nationalen Nachrichtendiensten beinhaltet, und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Strafverfolgung und Kunst- und Archäologie-Experten umfasst;

95.  stellt fest, dass Chinas wirtschaftlicher Einfluss, geopolitische Macht und verschiedene Formen chinesischer Machtprojektion sowie seine militärische Stärke dazu geführt haben, dass sein System der autoritären Regierungsführung in Konflikt mit den westlichen Regierungssystemen geraten ist, die auf liberalen demokratischen Werten basieren; weist erneut darauf hin, dass China durch seine Initiative der neuen Seidenstraße („One Belt, One Road“), seine Aktivitäten im Cyberspace, in der Arktis und in Afrika zunehmend auf der Weltbühne und in Europa präsent ist; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass China zu einem Systemrivalen geworden ist, aber auch ein wichtiger Partner bei der Bekämpfung zahlreicher globaler Probleme sein sollte; ist davon überzeugt, dass ein gemeinsamer transatlantischer Ansatz für den Umgang mit China der beste Weg ist, um langfristig eine friedliche und nachhaltige Beziehung mit China sicherzustellen, von der beide Seiten profitieren; begrüßt in diesem Zusammenhang die kürzliche Neubelebung eines umfassenden hochrangigen strategischen Dialogs zwischen der EU und den USA zu China und ist der Ansicht, dass damit ein Schlüsselmechanismus erarbeitet werden sollte, um unsere Interessen voranzutreiben, mit unseren Differenzen umzugehen und Möglichkeiten des multilateralen Engagements der EU und der USA mit der Volksrepublik China hinsichtlich gemeinsamer und globaler Herausforderungen – etwa des Klimawandels, Gesundheitsrisiken, des Cyberspace, der Rüstungskontrolle, der Nichtverbreitung von Waffen und der neuen disruptiven Technologien – ausgelotet werden sollten; betont, wie wichtig eine starke parlamentarische Dimension für diesen Dialog ist; fordert die Entwicklung eines breiten Spektrums an politischen Instrumenten und, wenn möglich, die Suche nach transatlantischen Synergien im Hinblick auf den Umgang mit China; betont in diesem Zusammenhang, dass sowohl die EU als auch die USA sehr besorgt in Bezug auf systematische Menschenrechtsverletzungen in China sind, insbesondere was die Gemeinschaft der Uiguren betrifft; ist der festen Überzeugung, dass bilaterale und andersartige Beziehungen mit der Volksrepublik China immer den Schutz und die Förderung gemeinsamer demokratischer Werte beinhalten sollten und dass im Mittelpunkt jeder multilateralen Agenda die uneingeschränkte Achtung des Völkerrechts und des Schutzes der Menschenrechte stehen muss;

96.  betont, dass in Bezug auf China Bereiche, in denen Übereinstimmung herrscht und eine Zusammenarbeit und eine bessere Abstimmung und Konsultation zwischen den USA und der EU möglich ist, sondiert werden müssen, um transatlantische Spannungen zu vermeiden, wie sie beispielsweise im Anschluss an die Annahme – ohne Konsultation der Verbündeten der EU – des trilateralen Sicherheitsabkommens zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich und Australien entstanden sind, das als AUKUS bezeichnet wird, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte und die Deeskalation der Spannungen im Süd- und Ostchinesischen Meer, Hongkong und in der Taiwanstraße; betont die Bedeutung des VN-Seerechtsübereinkommens als Rechtsgrundlage für die Lösung von Konflikten; bekräftigt seine Unterstützung gemeinsamer Konnektivitätsinitiativen, auch im Rahmen der kürzlich angekündigten „Global Gateway“-Strategie der EU;

97.  begrüßt die aktuellen Fortschritte bei der EU-Strategie für den indopazifischen Raum ; fordert ihre rasche und umfassende Umsetzung, da sie im Interesse der EU liegt und deren Werte fördern würde, und unterstreicht die geostrategische Bedeutung dieser Region, die Heimat gemeinsamer transatlantischer demokratischer Freunde und Partner wie Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland sowie Taiwan ist, und fordert eine verstärkte Partnerschaft und Koordinierung zwischen der Union und den USA für den indopazifischen Raum; weist darauf hin, wie wichtig die Pflege strategischer Kontakte mit den ASEAN-Mitgliedern sowie mit dem Forum der pazifischen Inseln (PIF) ist;

98.  betont, dass nichtdemokratische Regime wie China zunehmend Technologien einsetzen, um ihre Bürger und Bürgerinnen zu kontrollieren und zu unterdrücken, wodurch die Ausübung grundlegender, sozialer und politischer Rechte eingeschränkt wird; fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA bei der Entwicklung einer Technologie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, die Privatsphäre respektiert und Vorurteile und Diskriminierung reduziert;

99.  stellt fest, dass der Erwerb von geistigem Eigentum und technologischen Neuerungen führender Forschungszentren durch China häufig dazu genutzt wird, die militärischen Ziele voranzutreiben, und betont daher, dass die EU eine langfristige Strategie ausarbeiten sollte, um Chinas Strategie der militärisch-zivilen Fusion in Europa entgegenzuwirken;

100.  stellt fest, dass die EU und die USA sich in Fragen, in denen die Handlungen Chinas den euro-atlantischen Sicherheitsinteressen zuwiderlaufen, abstimmen sollten; betont, dass das Hauptaugenmerk dabei auf Herausforderungen in den Bereichen Cyberbedrohungen, hybride Bedrohungen, neue und bahnbrechende Technologien, Weltraum, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Kernwaffen gelegt werden sollte;

101.  ist besorgt über den wirtschaftlichen Zwang, den China auf Mitgliedstaaten und Drittländer ausübt; unterstützt die Idee einer kollektiven wirtschaftlichen Verteidigung durch Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Demokratien gegen den wirtschaftlichen Zwang Chinas;

102.  ist besorgt über die enge Verbindung der Kommunistischen Partei Chinas mit der chinesischen Industrie, insbesondere mit Unternehmen des Sicherheitssektors; empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten eine interne Prüfung ihrer Beschaffungsverfahren durchführen, um sicherzustellen, dass Produkte, die in ihren nationalen Netzen und Verteidigungsinstitutionen eingesetzt werden, frei von Technologien von chinesischen Unternehmen sind;

103.  fordert eine enge Zusammenarbeit, um auf einen gemeinsamen Plan für den Umgang mit der Russischen Föderation hinzuarbeiten und um die zahlreichen Bedrohungen, die von der Russischen Föderation ausgehen – etwa die anhaltende Destabilisierung der Ukraine und Georgiens und der Republik Moldau, die Unterstützung der unrechtmäßigen Herrschaft Lukaschenkos in Belarus, Russlands Rolle und Einfluss im Westbalkanraum und im Schwarzen Meer, die beklagenswerte Einmischung in demokratische Prozesse, einschließlich Wahlen, in der EU und den USA, die Finanzierung extremistischer politischer Parteien und die revisionistische Politik, hybride Bedrohungen und Desinformationskampagnen –, gemeinsam anzugehen und gleichzeitig in den Bereichen von gemeinsamem transatlantischem Interesse, insbesondere im Bereich der Rüstungskontrolle, einschließlich des Vertrags über die Beseitigung von Flugkörpern mittlerer und kürzerer Reichweite, bei der Klimadiplomatie sowie bei der Wiederbelebung des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans (JCPOA) und der Stabilisierung Afghanistans, auf selektive Zusammenarbeit zu setzen; begrüßt die Entscheidung der derzeitigen US-Regierung, die neuen Verhandlungen über die Verringerung strategischer Waffen (START) auszuweiten; betont, dass die Gespräche über die Rüstungskontrolle zwischen den wichtigsten globalen Akteuren wie den USA und Russland, die direkten Einfluss auf die europäische Sicherheit haben, wiederbelebt werden müssen und dass auch China in zukünftige Verhandlungen über die Rüstungskontrolle eingebunden werden muss; unterstreicht, dass der Wiederaufbau der konventionellen Rüstungskontrollarchitektur dringend erforderlich ist, um das Ausmaß des Rüstungswettlaufs und unvorhergesehener Vorfälle zu begrenzen; begrüßt die Bereitschaft der Biden-Regierung, den Dialog und die Verhandlungen mit Russland wieder aufzunehmen und unterstützt die Absicht der EU und der USA, einen hochrangigen Dialog zwischen der EU und den USA zu Russland aufzunehmen; ist der Ansicht, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten aktiv die Suche nach Wegen zu einem weiteren Dialog unterstützen und zur Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens beitragen sollten; betont, wie wichtig es ist, gleichzeitig einen Dialog mit der Zivilgesellschaft in Russland zu führen und zivilgesellschaftliche Organisationen in Russland, die den Dialog zu politischem Pluralismus, zur Handlungsfähigkeit und zu den rechtmäßigen Demokratiebestrebungen der russischen Bevölkerung voranbringen möchten, zu unterstützen;

104.  vertritt die Auffassung, dass die EU und die USA sich bei ihrem zweigleisigen Ansatz gegenüber Russland – nämlich Abschreckung und Dialog, innerhalb der bei den Gipfeltreffen in Wales und Warschau vereinbarten Parameter – miteinander abstimmen müssen;

105.  fordert die EU und die USA auf, rechtzeitig und entschlossen gegen störende Handlungen russischer Geheimdienste auf dem Hoheitsgebiet der EU vorzugehen; legt den Mitgliedstaaten nahe, die Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten und den Informationsaustausch zu verbessern;

106.  fordert den HR/VP und den Rat auf, einen neuen strategischen Ansatz für die Beziehungen der EU zu Russland auszuarbeiten, der vorsehen muss, die Zivilgesellschaft besser zu unterstützen, die Kontakte zwischen den Menschen mit den Bürgerinnen und Bürgern Russlands zu stärken, klare rote Linien für die Zusammenarbeit mit staatlichen russischen Akteuren festzulegen, technologische Standards und das offene Internet für die Unterstützung freier Räume und gegen Unterdrückungstechnologien zu nutzen und Solidarität mit den östlichen Partnern der EU zu bekunden, auch in Bezug auf Sicherheitsfragen und die friedliche Beilegung von Konflikten; betont, dass die Wahrung des Völkerrechts und der Menschenrechte Grundlage jedes Dialogs zwischen der EU und den USA und Russland sein muss;

107.  unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den USA und der EU gegenüber dem afrikanischen Kontinent, seinen verschiedenen Regionen und Ländern und fordert diese ein; betont, dass eine starke und faire Partnerschaft zwischen den USA, der EU und Afrika dringend notwendig ist, und zwar unter Berücksichtigung der Herausforderung des Klimawandels und seiner demografischen Folgen, des Zusammenbruchs der ökologischen Vielfalt, der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Afrikas durch China, einer nachhaltigen sozioökonomischen Entwicklung, der Bildung, der Digitalisierung, der Rechtsstaatlichkeit, der Förderung der Demokratie und der Stärkung der Menschenrechte, der Zivilgesellschaft und der Gleichstellung der Geschlechter; ist der Auffassung, dass jeglicher Sicherheitsbeistand auf dem Ansatz der menschlichen Sicherheit und auf den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung beruhen, in vollem Einklang mit dem internationalen Recht stehen und starke Rechenschaftspflichten sowie demokratische und parlamentarische Aufsichtsmechanismen umfassen sollte; begrüßt die Zusage der Regierung Biden, die Zusammenarbeit mit der internationalen Koalition für den Sahel zu verstärken; fordert die USA und die EU nachdrücklich zur Zusammenarbeit auf, um den Anstieg des gewaltbereiten Extremismus, den vom IS und al-Qaida-Ablegern ausgehenden Terrorismus und die humanitären, wirtschaftlichen und regierungsrelevanten Herausforderungen sowohl im Sahel als auch in der weiteren MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) anzugehen; fordert einen verstärkten Dialog und eine bessere Koordinierung in Bezug auf das Vorgehen der transatlantischen Partner angesichts der Herausforderungen in Ländern wie dem Irak, dem Libanon, Syrien, dem Iran und Libyen;

108.  fordert eine bessere Zusammenarbeit in der Arktis unter Berücksichtigung des wachsenden Interesses anderer Länder wie China an der Arktis sowie der zunehmenden militärischen Präsenz Russlands in der Arktis; begrüßt die in der nach dem Gipfeltreffen EU-USA am 15. Juni 2021 abgegebenen Erklärung enthaltene Entscheidung der EU und der USA, gemeinsam die Arktis als Region des Friedens und der Stabilität zu bewahren und im Rahmen des Arktischen Rats zusammenzuarbeiten;

109.  betont, dass die strukturellen und strategischen Beziehungen zwischen der EU, den USA und dem Vereinigten Königreich aufrechterhalten und ggf. vertieft werden müssen, wobei die gemeinsamen Werte, Interessen und Herausforderungen, einschließlich Sicherheitsfragen, bei gleichzeitiger Wahrung der Autonomie der Entscheidungsfindung der EU stärker in den Vordergrund gerückt werden müssen;

110.  bedauert die gewaltsame Übernahme Afghanistans durch die Taliban nach dem Abzug der US- und der europäischen Streitkräfte und die daraus resultierenden weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen, insbesondere der Rechte von Mädchen, Frauen sowie ethnischen und religiösen Minderheiten, sowie die sich abzeichnende humanitäre Krise im Land; bekräftigt seinen Standpunkt, dass die transatlantische Gemeinschaft ihre Bemühungen um dauerhaften Frieden, Stabilität und Fortschritt in Afghanistan verstärken muss, indem sie die afghanische Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, insbesondere Frauenrechtsaktivisten, politische Aktivisten, Journalisten, Akademiker, Künstler und andere gefährdete Gruppen und Personen unterstützt; fordert eine solide transatlantische Koordinierung und Konsultation, um Erkenntnisse über die terroristische Bedrohung, die von Afghanistan – insbesondere von ISIS, Al-Qaida und ihren Verbündeten – ausgeht, zu gewinnen, zu bewahren und weiterzugeben; fordert einen konzertierten transatlantischen Ansatz, bei dem die Notwendigkeit eines operativen Engagements mit den Taliban für humanitäre Zwecke und Terrorismusbekämpfung mit klaren Bedingungen für die künftige Zusammenarbeit mit der Taliban-geführten Regierung verknüpft wird, wozu auch die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung des Terrorismus gehören sollte; fordert eingehende transatlantische Überlegungen darüber, welche Erkenntnisse aus der Mission in Afghanistan gewonnen werden können, um die notwendigen Schlussfolgerungen für künftige Bemühungen um die Förderung von Stabilität, Sicherheit und verantwortungsvoller Staatsführung in der Welt zu ziehen; fordert die transatlantischen Partner ferner auf, mit allen Nachbarn Afghanistans zusammenzuarbeiten, wobei die Notlage der afghanischen Menschen, die dort Zuflucht gesucht haben, und die Notwendigkeit, ihnen zu helfen, zu berücksichtigen sind;

111.  begrüßt das erneute Engagement der USA im östlichen Mittelmeerraum, insbesondere im Rahmen des Gesetzes zum östlichen Mittelmeerraum von 2019, durch das neuer Sicherheitsbeistand für Zypern und Griechenland ermöglicht und die Zusammenarbeit zwischen regionalen Akteuren im Energiebereich gestärkt wird; begrüßt die in der nach dem Gipfeltreffen EU-USA am 15. Juni 2021 abgegebenen Erklärung enthaltene Entscheidung der EU und der USA, Hand in Hand auf eine dauerhafte Deeskalation im östlichen Mittelmeerraum hinzuarbeiten, wo die Differenzen durch einen Dialog in gutem Glauben und im Einklang mit dem Völkerrecht beilegt werden sollen; unterstützt die Erklärung der EU und der USA, dass sie auf eine kooperative Beziehung mit einer demokratischen Türkei, von der beide Seiten profitieren, abzielen wollen;

112.  unterstützt eine engere Zusammenarbeit mit den USA und den Ländern Lateinamerikas bei der Förderung des Multilateralismus, demokratischer Werte, der Menschenrechte, der völkerrechtlichen Standards, des Wirtschaftswachstums, des Kampfes gegen Ungleichheiten, des Kampfes gegen den Drogenhandel und das organisierte Verbrechen, der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung des Klimawandels; hebt hervor, dass die EU und die USA engere Beziehungen zu Lateinamerika und dem karibischen Raum als wichtige Verbündete in internationalen Gremien und als strategische Partner bei der Verteidigung des Multilateralismus aufbauen müssen; fordert ein „Bündnis im atlantischen Dreieck“ bestehend aus der EU, den USA und Lateinamerika, wodurch es beiden Regionen ermöglicht würde, gemeinsam in Bereichen wie Demokratie, Sicherheit und Drogenhandel, Bekämpfung der Ungleichheiten und Entwicklungszusammenarbeit Fortschritte zu erzielen; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer solchen Zusammenarbeit zwischen den USA und den Ländern Lateinamerikas, die zu gemeinsamen Anstrengungen führen sollte, um Oppositionelle und Dissidenten zu unterstützen, gegen die in verschiedenen Ländern Repressalien ergriffen werden, weil sie die Werte der Demokratie und den Schutz der Menschenrechte verteidigen; fordert in diesem Zusammenhang die USA und die Europäische Union auf, miteinander und mit anderen gleichgesinnten Ländern zusammenzuarbeiten, um die Menschenrechte und die Demokratie in Venezuela durch wirklich freie, glaubwürdige, inklusive, transparente und voll und ganz demokratische Wahlen sowie durch die Unterstützung der durch das Europäische Parlament anerkannten legitimen politischen Kräfte wiederherzustellen; bekräftigt darüber hinaus sein Engagement für die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte in allen lateinamerikanischen Ländern; fordert eine stärkere Abstimmung zwischen der EU und den USA in Bezug auf Sanktionen; bekräftigt seinen Vorschlag, dass die USA und die EU auf ihren jeweiligen Gipfeltreffen mit den lateinamerikanischen Ländern, d. h. auf den Gipfeln EU-CELAC und dem panamerikanischen Gipfel, die von der Organisation Amerikanischer Staaten abgehalten werden, einen regelmäßigen Gedankenaustausch pflegen sollten;

113.  verweist auf die Bedeutung der MENA-Region für die europäische und damit auch die transatlantische Sicherheit und Stabilität; fordert einen verstärkten Dialog und eine bessere Koordinierung in Bezug auf das Vorgehen der transatlantischen Partner gegenüber der MENA-Region, unter anderem durch die Ergreifung von Maßnahmen gegen schwere Verstöße gegen die Menschenrechte und das Völkerrecht in der Region; fordert die USA mit Nachdruck auf, dem Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA) wieder beizutreten, der ein Eckpfeiler eines weltweiten Nichtverbreitungssystems und die Grundlage für eine Deeskalation im Nahen Osten und am Persischen Golf darstellt; unterstützt die Forderung der USA nach einem langfristiger ausgelegten und stärkeren Nuklearabkommen mit dem Iran und fordert als nächsten Schritt mit Nachdruck eine transatlantische Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit; begrüßt die Entscheidung der USA, erneut Finanzmittel für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) bereitzustellen; fordert neuerliche transatlantische Bemühungen, um den Nahost-Friedensprozess sinnvoll wiederzubeleben und erfolgreich abzuschließen und zu einer tragfähigen Zweistaatenlösung zu gelangen; begrüßt die Unterzeichnung und Umsetzung des Abraham-Abkommens und legt den Ländern der transatlantischen Zusammenarbeit nahe, diese Beziehungen zu vertiefen;

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114.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie – zur Information – dem US-Außenministerium und dem US-Kongress zu übermitteln.

(1) ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 49.
(2) ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 198.
(3) ABl. C 65 vom 19.2.2016, S. 120.
(4) ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 89.
(5) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0012.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0013.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0256.
(8) https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_2391
(9) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juni 2021 zum Umgang mit der Herausforderung der weltweiten COVID-19-Pandemie: Folgen der Aussetzung des TRIPS-Übereinkommens der WTO für COVID-19-Impfstoffe, Behandlung, Ausrüstung und die Steigerung der Produktions- und Fertigungskapazitäten in Entwicklungsländern (Angenommener Text, P9_TA(2021)0283).

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