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Angenommene Texte
Donnerstag, 7. Oktober 2021 - Straßburg
Bericht über die Umsetzung der Treuhandfonds der EU und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei
 Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr
 Die Arktis: Chancen, Bedenken und Sicherheitsherausforderungen
 Erfahrungswerte im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschen mit Behinderungen durch Petitionen
 Bankenunion – Jahresbericht 2020
 Reform der EU-Politik im Bereich schädliche Steuerpraktiken (einschließlich der Reform der Gruppe „Verhaltenskodex“)
 Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen
 Der Fall Paul Rusesabagina in Ruanda
 Das Abtreibungsgesetz im US-Bundesstaat Texas
 Die Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung
 Humanitäre Lage in Tigray

Bericht über die Umsetzung der Treuhandfonds der EU und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die EU-Treuhandfonds und die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei (2020/2045(INI))
P9_TA(2021)0411A9-0255/2021

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Artikel 208, 210, 214 und 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020(1),

–  gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012(2),

–  gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates vom 20. Juni 1996 über die humanitäre Hilfe(3),

–  unter Hinweis auf die Gesamthaushaltspläne der Europäischen Union für die Haushaltsjahre 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. November 2011 mit dem Titel „Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM)“ (COM(2011)0743),

–  unter Hinweis auf den globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration und den globalen Pakt für Flüchtlinge, die 2018 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurden,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Juni 2016 über einen neuen Partnerschaftsrahmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern im Kontext der Europäischen Migrationsagenda (COM(2016)0385),

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan des Valletta-Gipfels vom November 2015,

–  unter Hinweis auf die Erklärung EU-Türkei vom 18. März 2016,

–  unter Hinweis auf den am 30. Juni 2017 veröffentlichten neuen europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik mit dem Titel: „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“,

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 30. April 2014 mit dem Titel „Tool-box – A right-based approach, encompassing all human rights for EU development Cooperation“ (Toolbox – An Rechtsnormen orientierter, alle Menschenrechte einschließender Ansatz für die Entwicklungszusammenarbeit) (SWD(2014)0152),

–  unter Hinweis auf den Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe vom 30. Januar 2008,

–  unter Hinweis auf die ursprünglichen Gründungsvereinbarungen des EU-Treuhandfonds Bêkou, des EU-Treuhandfonds Madad, des EU-Treuhandfonds für Afrika und des EU-Treuhandfonds für Kolumbien sowie deren überarbeitete Gründungsvereinbarungen vom Dezember 2020,

–  unter Hinweis auf den Beschluss C(2015)9500 der Kommission vom 24. November 2015 über die Koordinierung der Maßnahmen der Union und der Mitgliedstaaten durch einen Koordinierungsmechanismus – die Flüchtlingsfazilität für die Türkei(4) in der durch die Beschlüsse der Kommission C(2016)0855 vom 10. Februar 2016(5), C(2017)2293 vom 18. April 2017(6), C(2018)1500 vom 14. März 2018(7) und C(2018)4959 vom 24. Juli 2018(8) geänderten Fassung,

–  unter Hinweis auf den vierten Jahresbericht der Kommission über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei vom 30. April 2020 (COM(2020)0162) sowie auf ihre vorausgehenden Jahresberichte,

–  unter Hinweis auf den siebten Ergebnisbericht über den EU-Treuhandfonds Madad,

–  unter Hinweis auf die Sonderberichte des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Der EU-Treuhandfonds Bêkou für die Zentralafrikanische Republik: trotz einiger Schwachstellen ein hoffnungsvoller Anfang“ (Nr. 11/2017), „Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei: Unterstützung zwar hilfreich, doch eine optimale Mittelverwendung ist nur mit Verbesserungen zu erreichen“ (Nr. 27/2018) und „ Der Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika: ein flexibles, aber nicht ausreichend fokussiertes Instrument“ (Nr. 32/2018),

–  unter Hinweis auf die Beschlüsse der Kommission, die EU-Treuhandfonds im Einklang mit Artikel 234 der Haushaltsordnung bis Dezember 2021 auszuweiten, und die Position des Parlaments mit Blick auf die Entwürfe der Ausweitungsbeschlüsse,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. April 2018 zur Anwendung der Finanzierungsinstrumente der EU im Bereich der Außenbeziehungen: Halbzeitbewertung 2017 und künftige Struktur in der Zeit nach 2020(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2018 zu der Anwendung des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit, des Instruments für humanitäre Hilfe und des Europäischen Entwicklungsfonds(10),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2016 zu dem Thema „Der Treuhandfonds der Europäischen Union für Afrika: Auswirkungen auf Entwicklung und humanitäre Hilfe“(11),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu einer neuen Strategie EU-Afrika – eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 20. Januar 2021 zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – Jahresbericht 2020(12), vom 18. Mai 2017 zur EU-Strategie für Syrien(13), vom 6. Oktober 2016 zu Syrien(14), vom 24. November 2016 zur Lage in Syrien(15), vom 6. Juli 2016 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2016 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2016: Einstellung des Haushaltsüberschusses 2015(16),

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 13. März 2019 zu dem Bericht 2018 der Kommission über die Türkei(17), vom 12. Dezember 2018 zu dem Standpunkt des Rates zum zweiten Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2019(18), vom 4. Juli 2018 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2018 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2018, Einzelplan III – Kommission: Ausweitung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei(19),

–  unter Hinweis auf den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 5/2020(20) und den dazugehörigen Beschluss über die Inanspruchnahme des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben im Jahr 2020: Fortsetzung der humanitären Hilfe für Flüchtlinge in der Türkei(21),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2021 zu den Berichten 2019–2020 der Kommission über die Türkei(22),

–  gestützt auf die Beschlüsse der Kommission aus den Jahren 2019 und 2020, den EU-Treuhandfonds Madad gemäß Artikel 234 der Haushaltsordnung bis zum 14. Dezember 2021 zu verlängern,

–  gestützt auf die Verpflichtungen zur Bewältigung der Krise in Syrien und zur Unterstützung der syrischen Bevölkerung, die die EU und ihre Mitgliedstaaten bei den Konferenzen in London im Jahr 2016 und in Brüssel im Jahr 2021 eingegangen sind,

–  unter Hinweis auf die Zwischenbewertung der Kommission von 2018 und die regelmäßige Berichterstattung über die Ergebnisse des EU-Treuhandfonds Madad,

–  gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates vom 20. Juni 1996 über die humanitäre Hilfe(23), den Vorschlag vom 14. Juni 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (COM(2018)0460) und auf den Vorschlag vom 14. Juni 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III) für den Zeitraum 2021–2027 (COM(2018)0465),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 zum Verfahren für die Genehmigung der Ausarbeitung von Initiativberichten,

–  unter Hinweis auf die gemeinsamen Beratungen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses und des Haushaltsausschusses gemäß Artikel 58 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie des Haushaltskontrollausschusses,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses und des Haushaltsausschusses (A9-0255/2021),

A.  in der Erwägung, dass seit 2014 vier EU-Treuhandfonds eingerichtet wurden, um dem Bedarf an Instrumenten, mit denen flexibel und rasch für kohärente und verbesserte Hilfsmaßnahmen in Krisenfällen gesorgt werden kann, gerecht zu werden: der am 15. Juli 2014 eingerichtete Treuhandfonds Bêkou, mit dem das Ziel verfolgt wird, die Zentralafrikanische Republik auf ihrem Weg aus der Krise und beim Wiederaufbau zu unterstützen; der regionale Treuhandfonds Madad, der am 15. Dezember 2014 als Reaktion auf die Krise in Syrien eingerichtet wurde, um die Bündelung und Anpassung von Ressourcen und der Reaktion auf regionaler Ebene zu ermöglichen; der Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika zur Förderung der Stabilität und zur Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibungen in Afrika, der am 12. November 2015 eingerichtet wurde, und der am 12. Dezember 2016 eingerichtete EU‑Treuhandfonds für Kolumbien zur Unterstützung der Umsetzung des Friedensabkommens in der ersten Wiederaufbau‑ und Stabilisierungsphase in der Zeit nach dem Konflikt;

B.  in der Erwägung, dass mit der Überarbeitung der Haushaltsordnung im Jahr 2018 Bestimmungen eingeführt wurden, mit denen dem Parlament für den Fall, dass neue EU-Treuhandfonds eingerichtet oder die bestehenden erweitert werden, eine in gewissem Ausmaß gestärkte Kontrollbefugnis verliehen wurde; in der Erwägung, dass die Bestimmungen zu eng gefasst sind, um eine umfassende demokratische Kontrolle durch das Parlament sowie eine vollständige parlamentarische Kontrolle als Haushaltsbehörde sicherstellen zu können;

C.  in der Erwägung, dass das Parlament im Jahr 2020 überwiegend positive Stellungnahmen zu den Anträgen auf Verlängerung der EU-Treuhandfonds bis Ende 2021 abgegeben hat, wobei es jedoch Bedenken hinsichtlich der fehlenden Transparenz bei der Umsetzung von Vorhaben – insbesondere bei jenen, die mit dem Grenz- und Migrationsmanagement im Zusammenhang stehen – geäußert hat und die positiven Stellungnahmen im Fall des EU-Treuhandfonds für Afrika an die Bedingung geknüpft waren, dass zu allen finanzierten Vorhaben verpflichtende Garantien zur Einhaltung der grundlegenden Menschenrechte vorgelegt werden;

D.  in der Erwägung, dass die Einrichtung sowohl der EU-Treuhandfonds als auch der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei mit der Notwendigkeit einer flexiblen und raschen Ad-hoc-Reaktion, die im klassischen institutionellen Rahmen nicht möglich wäre, sowie mit den begrenzten Mitteln und der begrenzten Flexibilität im Rahmen der EU-Haushalts begründet wurde; in der Erwägung, dass mit dem neuen Finanzrahmen der EU für Außenmaßnahmen (Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI)/Europa in der Welt) die Zwänge, aufgrund derer Treuhandfonds eingerichtet werden müssen, um flexibler und rascher auf spezifische Krisen zu reagieren, überwunden werden sollten; in der Erwägung, dass Instrumente wie EU-Treuhandfonds, die nicht im EU-Haushalt verankert sind, sowie außerordentliche Instrumente wie die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei die Grundsätze der demokratischen Rechenschaftspflicht, der Transparenz und der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung gefährden und die Rolle des Parlaments und die Integrität und Einheit des Haushalts der Union untergraben; in der Erwägung, dass das Parlament im Zusammenhang mit der Einrichtung der außerhalb des Haushaltsplans angesiedelten Instrumente nicht konsultiert wurde; in der Erwägung, dass Mittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) in den EU-Treuhandfonds für Afrika und den EU-Treuhandfonds Bêkou geflossen sind und deshalb das Parlament in keiner Weise in die Einrichtung dieser beiden EU-Treuhandfonds eingebunden war; in der Erwägung, dass sich die mögliche Einbeziehung des Parlaments auf einen Einwand gegen die Entwürfe von Durchführungsbeschlüssen über die Gründungsabkommen zum EU-Treuhandfonds Madad und zum EU-Treuhandfonds für Kolumbien beschränkte;

E.  in der Erwägung, dass die Kommission bei der Einrichtung eines EU-Treuhandfonds dessen Mehrwert, Sichtbarkeit, Komplementarität mit anderen Finanzierungsinstrumenten der Union und Abstimmung auf die politischen Ziele begründen muss, und in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, für eine fortlaufende Überwachung und Bewertung der Verwendung der Mittel zu sorgen, damit sichergestellt ist, dass deren Wirkung stets mit dem EU-Recht sowie mit den grundlegenden Werten und Zielen der EU im Einklang steht;

F.  in der Erwägung, dass die EU-Treuhandfonds gemäß der Haushaltsordnung einer jährlichen externen, unabhängigen Prüfung unterzogen werden sollten und dass die Kommission berechtigt ist, die Finanzierungsvereinbarung bei Verstößen des Partnerlandes gegen eine Verpflichtung im Zusammenhang mit der Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze oder der Rechtsstaatlichkeit sowie in schweren Fällen von Korruption auszusetzen; in der Erwägung, dass der Europäische Rechnungshof der Kommission in seinen Sonderberichten zu den EU-Treuhandfonds empfohlen hat, die Geberkoordinierung zu verbessern (Treuhandfonds Bêkou), Mängel in der Umsetzung zu beheben, die Effizienz zu erhöhen und mehr gezielte Maßnahmen zu ergreifen (Treuhandfonds für Afrika) und ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis herzustellen (Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei);

G.  in der Erwägung, dass nach Einschätzung der Kommission ein wesentlicher humanitärer Bedarf im Zusammenhang mit Flüchtlingen über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei hinaus besteht;

H.  in der Erwägung, dass das Parlament zwar ihren Mehrwert hervorgehoben, aber auch immer wieder auf die Notwendigkeit einer verstärkten parlamentarischen Kontrolle der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei sowie einer stärkeren Einbeziehung in die Ausarbeitung und Aushandlung künftiger EU-Treuhandfonds und der Verlängerung der bestehenden EU-Treuhandfonds und sonstiger Finanzierungsinstrumente im Bereich des auswärtigen Handelns der EU hingewiesen hat; in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission aufgefordert hat, die Kommunikation bezüglich der EU-Treuhandfonds zu verbessern, und festgestellt hat, dass regelmäßige, auf Zahlen basierende Informationen über die Ausführung der EU-Treuhandfonds wesentlich sind, um dem Parlament die Ausübung seiner demokratischen Kontroll- und Überwachungsfunktion zu ermöglichen;

I.  in der Erwägung, dass der größte Anteil der Beiträge zu den EU-Treuhandfonds nunmehr aus dem EU-Haushalt selbst kommt, während die Beiträge der Mitgliedstaaten einen sehr begrenzten Anteil ihrer Gesamtmittel ausmachen; in der Erwägung, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten zur Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nicht auf Freiwilligkeit, sondern auf dem auf dem BNE beruhenden Beitragsschlüssel basieren und als externe zweckgebundene Einnahmen gemäß Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b der Haushaltsordnung direkt in den Unionshaushalt einbezogen werden; in der Erwägung, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten im Fall der EU-Treuhandfonds gemäß Artikel 187 Absatz 6 der Haushaltsordnung nicht in den Unionshaushalt eingegliedert werden;

J.  in der Erwägung, dass in der Erklärung EU-Türkei vom März 2016 und im Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei der Verhinderung von neuen Routen auf dem See- oder Landweg für die irreguläre Migration, der Zerschlagung von Schleusernetzen, der Kontrolle der Grenzen der Türkei und der Akzeptanz von Rückführungen in nichtdiskriminierender Weise besondere Beachtung geschenkt wird;

K.  in der Erwägung, dass das Hauptziel der Politik der Union im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit gemäß Artikel 208 AEUV die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut ist; in der Erwägung, dass der neue Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik weiterhin der maßgebende Rahmen für die Entwicklungspolitik der EU ist und dass im Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe die Grundsätze der humanitären Hilfe bekräftigt werden; in der Erwägung, dass die EU und ihre Partner im humanitären Bereich in der Lage sein müssen, für Hilfe und Schutz zu sorgen, und zwar auf der Grundlage des Bedarfs und der Achtung der Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit, Menschlichkeit und Unabhängigkeit der humanitären Hilfe; in der Erwägung, dass Mittel, die aus Finanzierungsquellen für die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) stammen, für die wirtschaftliche, humanitäre und soziale Entwicklung, insbesondere für die Sicherung des Zugangs zu hochwertiger Bildung, die Stärkung der Resilienz vor Ort, auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel, und Friedenssicherungseinsätze für die Erbringung von Entwicklungs- und/oder humanitärer Hilfe eingesetzt werden müssen, wobei besonderes Gewicht auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung gelegt werden sollte, die in dem Beschluss über den Treuhandfonds ermittelt wurden;

L.  in der Erwägung, dass mit dem Gründungsabkommen zu dem EU-Treuhandfonds für Afrika eindeutig Projekte zum Grenzmanagement in Libyen in den Anwendungsbereich des Mandats des EU-Treuhandfonds sowie der Verordnung über das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI) aufgenommen wurden; in der Erwägung, dass seit Juli 2017 über den EU-Treuhandfonds für Afrika fast 90 Mio. EUR für Schulungen, Ausrüstungen und die Verbesserung der Kapazitäten der libyschen Küstenwache sowie 49 Mio. EUR für die Verbesserung der Haftbedingungen von Rückkehrern bereitgestellt wurden; in der Erwägung, dass es in dem Gründungsabkommen zum EU-Treuhandfonds eindeutig heißt, dass mit dem Treuhandfonds Tätigkeiten zur Verbesserung des Migrationsmanagements in all seinen Gesichtspunkten im Einklang mit dem Gesamtansatz für Migration und Mobilität, einschließlich der Eindämmung und Verhinderung irregulärer Migration und der Bekämpfung von Menschenhandel, finanziert werden; in der Erwägung, dass es dennoch Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Aktivitäten der libyschen Küstenwache gibt;

M.  in der Erwägung, dass das Parlament im Jahr 2020 die Auffassung vertreten hat, dass im Hinblick auf eine weitere Ausweitung des EU-Treuhandfonds für Afrika in allen Projekten, die Mittel erhalten haben, verbindliche Garantien für die Achtung der Menschenrechte vorgesehen werden sollten – mit besonderem Augenmerk auf der Migrationssteuerung – und außerdem sichergestellt wird, dass diese Garantien festgelegt werden, falls in der Zukunft ein ordnungsgemäß begründeter neuer Treuhandfonds erforderlich sein sollte;

N.  in der Erwägung, dass der Regionale Treuhandfonds der Europäischen Union als Reaktion auf die Syrien-Krise (Madad-Treuhandfonds) der EU 2,3 Mrd. EUR bereitgestellt hat, einschließlich freiwilliger Beiträge von 21 EU-Mitgliedstaaten, der Türkei und des Vereinigten Königreichs; in der Erwägung, dass seine Programme, von denen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und lokale Gemeinschaften profitieren, den Schwerpunkt auf Bildung, Lebensgrundlagen, Gesundheitsversorgung, Schutzmaßnahmen und Wasserwirtschaft legen und mehr als 7 Millionen Begünstigte unterstützen; in der Erwägung, dass der Madad-Treuhandfonds angesichts des anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien zunehmend humanitäre Hilfe mit Entwicklungshilfe kombiniert, wobei der Schwerpunkt auf der Stärkung der Systeme liegt, um die Bemühungen und Kapazitäten der Aufnahmeländer zur Bewältigung dieser anhaltenden Krise zu unterstützen, insbesondere durch die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen in Irak, Jordanien und Libanon;

O.  in der Erwägung, dass die Bewertung des Madad-Treuhandfonds zeigt, dass Projekte über den Fonds erheblich schneller eingeleitet werden können als über die Standardverfahren im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftsinstruments und des Instruments für Heranführungshilfe; in der Erwägung, dass es mithilfe des Fonds auch gelungen ist, Skaleneffekte zu erzielen, dank Großprojekten mit einem Durchschnittswert von 20 Mio. EUR und einer durchschnittlichen Durchführungsdauer von etwa 30 Monaten;

P.  in der Erwägung, dass sich die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei von den Treuhandfonds der EU vor allem dahingehend unterscheidet, dass sie weiterhin in den Unionshaushalt eingebunden ist;

Q.  in der Erwägung, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nach Angaben der Kommission dazu bestimmt ist, die bestehenden EU-Finanzierungsinstrumente zu koordinieren, damit sie in kohärenter und gemeinsamer Weise mobilisiert werden, um den Bedürfnissen der Flüchtlinge gerecht zu werden;

I.Allgemeine Erwägungen

Haushaltstechnische Aspekte

1.  stellt fest, dass sich die Gesamtzusagen für alle EU-Treuhandfonds bis zum 31. Dezember 2020 auf 7 691 Mio. Euro beliefen, wobei sich der Beitrag aus dem EU-Haushalt auf 3 170 Mio. EUR bezifferte, wovon 3 534 Mio. EUR aus dem Europäischen Entwicklungsfonds stammten und 998 Mio. EUR von den Mitgliedstaaten und anderen Gebern zugesagt wurden; stellt ferner fest, dass bis zu diesem Zeitpunkt 7 141 Mio. EUR vertraglich gebunden und 4 869 Mio. EUR von den EU-Treuhandfonds ausgeführt worden waren; stellt auch fest, dass die Ausführungsrate für die Mittel für Verpflichtungen für alle EU-Treuhandfonds am 31. Dezember 2020 bei 98 % lag (beim EU-Treuhandfonds Madad waren über 95 % der verfügbaren Mittel für Verpflichtungen gebunden, beim EU-Treuhandfonds Bêkou waren es 99 %, beim EU-Treuhandfonds für Afrika waren es 99 % und beim EU-Treuhandfonds für Kolumbien waren es 94 %), während die Gesamtausführungsrate der Mittel für Zahlungen bei 63 % lag (beim EU-Treuhandfonds für Afrika belief sich dieser Wert auf 62 %, beim EU-Treuhandfonds Bêkou auf 66 %, beim EU-Treuhandfonds für Kolumbien auf 52 % und beim EU-Treuhandfonds Madad auf 64 %);

2.  weist erneut darauf hin, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zwei Tranchen von jeweils 3 Mrd. EUR umfasst; bedauert, dass im Gegensatz zur ersten Tranche für den Zeitraum 2016–2017, bei der aus dem Haushalt der EU 1 Mrd. EUR und von den Mitgliedstaaten 2 Mrd. EUR beigesteuert wurden, bei der zweiten Tranche für den Zeitraum 2018–2019 das Verhältnis der Beiträge umgekehrt wurde, zum Nachteil der bestehenden Projekte der Union;

3.  verweist darauf, dass bei der ersten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei 52,4 % aus dem IPA II, 46,6 % aus der humanitären Hilfe, 0,7 % aus dem Stabilitäts- und Friedensinstrument und 0,3 % aus dem Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit beigesteuert wurden, während bei der zweiten Tranche die Beiträge aus dem IPA II 64,5 % und aus der humanitären Hilfe 35,5 % ausmachten;

4.  stellt fest, dass bis Ende 2020 von den im Rahmen der ersten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bereitgestellten Mitteln 63,6 % in direkter Mittelverwaltung und 63,4 % in indirekter Mittelverwaltung durchgeführt wurden (davon mehr als vier Fünftel durch internationale Organisationen); stellt ferner fest, dass bei der zweiten Tranche die direkte Mittelverwaltung 32,1 % (davon 100 % durch die Europäische Kommission) und die indirekte Mittelverwaltung 67,9 % (davon drei Viertel durch internationale Organisationen) ausmachte;

5.  stellt ferner fest, dass internationale Organisationen die wichtigsten Durchführungspartner bei den EU-Treuhandfonds sind (36,8 %) – vor der Europäischen Kommission (35,7 %), den Einrichtungen der Mitgliedstaaten (24,2 %) und den öffentlichen Stellen (3,4 %);

Einbeziehung des Parlaments in den Rahmen der Entscheidungsfindung und Ergebnisüberwachung sowie in die Berichterstattung und/oder Bewertung

6.  stellt fest, dass Ausschussvorsitzende und einschlägige Mitglieder einen Beobachterstatus bei Sitzungen der strategischen Ausschüsse der Treuhandfonds und im Lenkungsausschuss der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei erhalten haben; stellt mit Bedauern fest, dass dieser Status in den Gründungsakten zur Einrichtung der Treuhandfonds formell nicht berücksichtigt wurde; fordert nachdrücklich, dass die Einladungen zu Sitzungen des Vorstands dem offiziellen Kalender des Parlaments Rechnung tragen und dass alle relevanten Informationen und Dokumente, die in den Sitzungen des Vorstands erörtert werden sollen, rechtzeitig vor den Sitzungen zur Verfügung gestellt werden, damit eine aktive Teilnahme der Mitglieder und Mitarbeiter des Sekretariats möglich ist;

7.  bedauert die eingeschränkte Rolle des Parlaments bei der Beschlussfassung, Überwachung und Kontrolle hinsichtlich der Beiträge der Union zu den EU-Treuhandfonds und bekräftigt, dass die bestehenden rechtlichen, regulatorischen und haushaltspolitischen Lösungen vor der Einrichtung bzw. Erweiterung der EU-Treuhandfonds, die weiterhin nur als letztes Mittel dienen sollten, vollständig hätten genutzt werden sollen; verweist auf seine früheren unbeantworteten Ersuchen und bekräftigt, dass das Parlament auf den Sitzungen der operationellen Ausschüsse vertreten sein und deren Tätigkeiten überwachen sollte, und fordert die Kommission auf, rechtzeitig ausführliche Informationen über die in diesen Ausschüssen gefassten Beschlüsse vorzulegen; ist der Ansicht, dass das Parlament seine Durchführungs- und Haushaltskontrollbefugnisse voll ausschöpfen und sicherstellen muss, dass die Finanzierungsbeschlüsse der EU und die damit verbundenen Zuweisungen den für die Union geltenden Grundsätzen der Rechtmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung entsprechen und so den Maßnahmen der EU demokratische Legitimität und Rechenschaftspflicht verleihen;

8.  nimmt die Anstrengungen der Kommission zur Kenntnis, die Interventionen genau zu überwachen und zu bewerten und durch eine Reihe von Berichten Erkenntnisse über die Tätigkeiten der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu gewinnen; fordert, dass diese Bemühungen um mehr Transparenz durch die Veröffentlichung einschlägiger Daten, einschließlich spezifischer Einzelheiten zu finanzierten Projekten und erzielten Ergebnissen im Hinblick auf die erklärten Ziele, auf den Websites der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei gestärkt werden; betont, dass die Verfügbarkeit, Detailgenauigkeit, Vollständigkeit und sachliche Kohärenz solcher Berichte unerlässlich sind, um das Parlament als Haushaltsbehörde bei einer angemessen Bewertung der Umsetzung zu unterstützen;

9.  stellt fest, dass in den Jahresberichten 2019 und 2020 des EU-Treuhandfonds für Afrika Informationen über die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen bereitgestellt wurden; bedauert, dass diese Informationen aufgrund der geringen Transparenz bei der Unterauftragsvergabe nicht offen zugänglich sind; stellt fest, dass diese Informationen soweit möglich auf Projektebene aufgeschlüsselt werden sollten, wobei die ausreichend begründeten Vertraulichkeits- und Sicherheitserfordernisse zu berücksichtigen sind;

10.  bedauert die späte Mitteilung der Kommission über ihre Absicht, die Laufzeit der EU-Treuhandfonds zu verlängern, und die verspätete Bewertung einiger Treuhandfonds, wodurch es dem Parlament im Falle des Treuhandfonds für Afrika nicht möglich war, rechtzeitig zu umfassenden und ausführlichen Schlussfolgerungen zu gelangen, sodass die demokratische Kontrolle und die Rechenschaftspflicht eingeschränkt wurden;

11.  bekräftigt, dass es darauf besteht, dass die von ihm gebilligten Verlängerungen der EU-Treuhandfonds bis Dezember 2021 hauptsächlich technischer Natur sein müssen, um einen reibungslosen Übergang zum neuen MFR und eine effiziente Auftragsvergabe und Verwendung der bereits gebundenen Mittel zu ermöglichen; hebt die Zusicherungen der Kommission hervor, dass mit den Verlängerungen eine fortgesetzte Rechtsgrundlage für Zahlungen für im Rahmen des vorangegangenen MFR 2014–2020 eingegangene Verpflichtungen sichergestellt werden sollte und dass keine neuen Verpflichtungen für die EU-Treuhandfonds im Rahmen des NDICI oder des IPA III eingegangen werden;

12.  betont, dass die Kommission in ihren Berichten die Komplementarität und den Mehrwert der verschiedenen Finanzinstrumente, einschließlich der Investitionsoffensive der EU für Drittländer, die für die von den EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei abgedeckten Bereiche vorgesehen sind, aufzeigen sollte;

II.Bewertung einzelner EU-Treuhandfonds/der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei

Treuhandfonds Bêkou

13.  ist der Auffassung, dass der Treuhandfonds Bêkou als eines der Instrumente zum Teil zur Bewältigung der Lage in der Zentralafrikanischen Republik sowie zum Nexus-Ansatz für Entwicklung und humanitäre Hilfe in der Zentralafrikanischen Republik beigetragen hat;

14.  verweist ferner auf die Schlussfolgerungen der Delegation seines Entwicklungsausschusses in der Zentralafrikanischen Republik vom Februar 2018, in denen festgestellt wird, dass der Treuhandfonds Bêkou mit Projekten, die auf Notlagen in den Bereichen Rehabilitation, Existenzsicherung und längerfristige Entwicklung eingehen – zumindest auf lokaler Ebene und in kleinerem Maßstab –, sichtbar ist und im Land gut aufgenommen zu werden scheint;

15.  hebt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rechnungshofs, die in seinem Sonderbericht von 2017 veröffentlicht wurden, hervor, wonach mit dem Treuhandfonds Bêkou insgesamt positive Ergebnisse erzielt und Hilfen mobilisiert, aber nur wenige zusätzliche Geber gewonnen wurden, und wonach mit den meisten Projekten die erwarteten Outputs erzielt und die Sichtbarkeit der EU gestärkt wurden; weist jedoch darauf hin, dass in dem Bericht eine bessere Definition des Interventionsumfangs, verbesserte Geberkoordinierung, Projektauswahlverfahren, Überwachung und Leistungsmessung sowie eine Optimierung der Kosten und mehr Transparenz bei der Auswahl der Durchführungseinrichtungen empfohlen werden; stellt fest, dass im operationellen Ausschuss die Mitgliedstaaten durch ihre eigenen nationalen Entwicklungseinrichtungen vertreten sind, die wiederum als Projektdurchführer ausgewählt werden, und ist besorgt, dass dies zu einem Interessenkonflikt beim Projektauswahlverfahren des operationellen Ausschusses führen könnte;

16.  stellt fest, dass aufgrund der humanitären Krise, Armut und neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Zentralafrikanischen Republik eine weitere Hilfe der EU zielgerichtete Programme sowie ggf. flexible Finanzierungen der EU im Rahmen des NDICI/Europa in der Welt zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen, von Frieden und Sicherheit, zur Verbesserung der Demokratisierung sowie zur Stärkung der demokratischen Institutionen und der Achtung der Menschenrechte in der Zentralafrikanischen Republik erfordert;

17.  ist der Ansicht, dass die Lage im Land trotz des Eingreifens der EU und anderer Geber aufgrund des Auftretens neuer Konflikte und der gravierenden Ernährungsunsicherheit nach wie vor instabil ist;

Treuhandfonds Madad

18.  ist der Auffassung, dass der EU-Treuhandfonds Madad seinen Mehrwert bei der Bekämpfung der Krise und für die EU im Hinblick auf eine größere Sichtbarkeit und Schlagkraft nach außen und eine stärkere Kontrolle, Koordinierung und Hebelwirkung der Mittel aus unterschiedlichen Quellen im Vergleich zu denen einzelner Länder oder anderer internationaler Kanäle unter Beweis gestellt hat; stellt fest, dass die Ausgaben des Fonds mit den Rechtsgrundlagen bzw. den in Anspruch genommenen Unionsinstrumenten und mit deren Zielen im Einklang standen; weist deshalb darauf hin, dass Projekte, die über den Madad-Treuhandfonds finanziert werden, die Würde, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten fördern und schützen sowie die soziale und wirtschaftliche Inklusion, insbesondere von Minderheiten und schutzbedürften Gruppen fördern müssen; bedauert, dass der Konflikt in Syrien weiterhin andauert, und betont, dass angesichts der Nöte der syrischen Flüchtlinge, die in absehbarer Zukunft nicht in ihr Heimatland zurückkehren können, sowie der Erfordernisse in den Aufnahmegemeinschaften im Hinblick auf die längerfristige Integration und Beschäftigung nach wie vor eine langfristige Unterstützung durch die EU und die internationale Gemeinschaft erforderlich ist, um die Fähigkeit zur längerfristigen Integration und Beschäftigung in kohärenter Weise mit den Aufnahmegemeinschaften sicherzustellen; weist darauf hin, dass die konfliktanfälligen Gebiete in Syrien derzeit keinen langfristigen Wiederaufbau zulassen;

19.  stellt fest, dass der Bericht über die strategische Halbzeitbewertung vom Oktober 2018 zu dem Schluss kam, der Madad-Treuhandfonds sei umfassend und kostenwirksam, erreiche zahlreiche Begünstigte zu vergleichsweise niedrigen Kosten und habe es der EU ermöglicht, flexibel zu handeln;

20.  begrüßt die schnelle und flexible Reaktion bezüglich des Treuhandfonds zur Unterstützung von Partnerländern und Gemeinschaften während des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie, wobei sich aktive Bemühungen um die Neuausrichtung der Tätigkeiten gezeigt haben, nicht nur in Bezug auf die Gesundheitsversorgung, sondern auch in anderen Bereichen wie Lebensgrundlagen, Schutzmaßnahmen, Bildung oder sozialer Zusammenhalt im Libanon, im Irak, in der Türkei und in Jordanien;

21.  betont, wie wichtig es ist, von den anhaltenden Konflikten betroffene Flüchtlinge, Binnenvertriebene und hilfsbedürftige Aufnahmegemeinschaften auch in der Gesamtregion kontinuierlich zu unterstützen, indem auf eine Mischung von langfristiger, kalkulierbarer, vollkommen transparenter und schnell einsetzbarer Finanzierung im Rahmen der für den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021–2027 festgelegten Instrumente sowie auf potenzielle Beiträge der Mitgliedstaaten als externe zweckgebundene Einnahmen zurückgegriffen wird, wobei alle Finanzinstrumente gemäß der Haushaltsordnung zu berücksichtigen sind;

22.  weist erneut auf die Schutzbedürftigkeit der palästinensischen Flüchtlingsgemeinschaften in Syrien und der Region hin, und fordert, dass sie kontinuierlich unterstützt und in die humanitären Pläne und Maßnahmen der EU in Bezug auf die Syrien-Krise einbezogen werden;

Treuhandfonds für Afrika

23.  stellt fest, dass der Treuhandfonds für Afrika als Nothilfe-Treuhandfonds eingerichtet wurde, um bei der Bewältigung der Krisen in drei Regionen Afrikas zu helfen und auf diese Weise langfristige Ziele in den Bereichen Stabilität und Entwicklung zu erreichen; ist der Ansicht, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika ein Instrument ist, das schnelles und flexibles Handeln ermöglicht, um die Bewältigung gemeinsamer globaler Herausforderungen wie Migration und Vertreibung, Auswirkungen des Klimawandels und Wirtschaftskrisen zu unterstützen; betont, dass die im Zusammenhang mit der anhaltenden COVID-19-Pandemie entstandene beispiellose Situation das notwendige Maß an Flexibilität und Schnelligkeit erforderte; hebt jedoch hervor, dass Flexibilität stets mit voller Transparenz und Rechenschaftspflicht einhergehen muss; ist der Auffassung, dass mit zielgerichteteren gelenkten Maßnahmen über die drei Bereiche hinweg sowie Unterstützung für die Bewertung der Ergebnisse und die Berichterstattung darüber Spielraum für Verbesserungen bestehen könnte;

24.  nimmt zur Kenntnis, dass 78 Projekte zur Stärkung der wirtschaftlichen Chancen und Beschäftigungsmöglichkeiten beigetragen haben, 97 Projekte zur Förderung der Resilienz von Gemeinschaften durchgeführt wurden, 75 Projekte der Migrationssteuerung gewidmet waren und 75 Projekte zur Verbesserung der Regierungsführung und Konfliktprävention beigetragen haben; stellt mit Besorgnis fest, dass aufgrund besonderer Umstände die Migrationssteuerung in einigen Projekten in den Mittelpunkt des EU-Handelns gerückt ist; bekräftigt jedoch, dass an den ursprünglichen Zielen einer Verbesserung der Resilienz und Bekämpfung der Ursachen der Migration festgehalten werden sollte;

25.  begrüßt die Tatsache, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika in einigen Fällen zum dreiteiligen Nexus-Ansatz von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden beigetragen hat, was mit den EU-Finanzinstrumenten im Rahmen des vorherigen MFR nicht möglich gewesen war; weist darauf hin, dass die Finanzierung des EU-Treuhandfonds auf der Grundlage der Kriterien der ODA erfolgen und bewertet werden muss und dass sämtliche Ausgaben, die diese Anforderung nicht erfüllen, aus unterschiedlichen im Treuhandfonds gebündelten Quellen bereitgestellt werden müssen, und verurteilt jede Verwendung von Mitteln der ODA, die im Widerspruch zu den Entwicklungszielen steht; weist erneut darauf hin, dass humanitäre Hilfe grundsätzlich unabhängig sein muss;

26.  bedauert, dass bis zu 37 % des EU-Treuhandfonds für Afrika für Maßnahmen zur Einschränkung und Verringerung der Migration bereitgestellt werden, während weniger als 9 % für die Bekämpfung der Ursachen von Migration und Zwangsumsiedlung bereitgestellt werden; stellt fest, dass weniger als 1,5 % des EU-Treuhandfonds für Afrika für reguläre Migrationskanäle bereitgestellt wurden; nimmt zur Kenntnis, dass Sicherheit für die Stabilität der afrikanischen Partnerländer unerlässlich ist und dass die EU Partnerländer dabei unterstützen muss, die Ursachen für irreguläre Migrationsströme, Schleuserkriminalität und Menschenhandel zu bekämpfen;

27.  nimmt die Berichte über anhaltende Menschenrechtsverletzungen, die im Rahmen des Vorgehens der libyschen Küstenwache begangen werden, zur Kenntnis; betont, dass viele der von der Küstenwache geretteten oder aufgegriffenen Menschen in Libyen unter entsetzlichen Bedingungen willkürlich in Haft gehalten werden; hebt hervor, dass die Rückführung von Flüchtlingen in Länder, in denen sie nicht sicher sind, einen Verstoß gegen das Genfer Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge darstellt; stellt fest, dass im Zusammenhang mit dem Nothilfe-Transitmechanismus Bedenken wegen der Achtung der Menschenrechte bei der Durchführung von Projekten bestehen; nimmt die Nichteinhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung in Libyen zur Kenntnis; weist jedoch darauf hin, dass jede Intervention den uneingeschränkten Schutz von Menschenleben, der Menschenwürde und der Menschenrechte gewährleisten sollte; fordert in dieser Hinsicht die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Abstimmung mit Organisationen der Zivilgesellschaft eine spezielle Risikobewertung bei den zuständigen Behörden im Bereich der Überwachung und Verwaltung der See- und Grenzüberwachung, die im Rahmen des EU-Treuhandfonds für Afrika finanziert wird, durchzuführen, um eine objektive Bewertung der Achtung der Menschenrechte sicherzustellen;

28.  hebt hervor, dass die Zusammenarbeit und der Dialog mit den Partnern vor Ort wichtig sind; begrüßt, dass Konsultationen und Studien durchgeführt wurden, um vorrangige Bedürfnisse zu ermitteln; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Behörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort gebührend in Projekte einzubinden, die durch den EU-Treuhandfonds für Afrika gefördert werden;

29.  weist darauf hin, dass eines der wesentlichen Ziele des EU-Treuhandfonds für Afrika gemäß seiner Gründungsvereinbarung darin besteht, die Ursachen der Migration zu bekämpfen, insbesondere indem die Widerstandsfähigkeit, die wirtschaftlichen Perspektiven und die Chancengleichheit, die Sicherheit und die Entwicklung gefördert und Menschenrechtsverletzungen angegangen werden; fordert, dass der Schwerpunkt stärker auf langfristige Entwicklungsziele wie Beschäftigung, Bildung, Ernährungssicherheit und die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung vor Ort gelegt wird;

30.  stellt fest, dass im Sonderbericht Nr. 32/2018 des Europäischen Rechnungshofs auf verschiedene Mängel hingewiesen wurde, darunter die Nichtanwendung des EU-Vergaberechts und die undurchsichtige Verwaltung, ein verbessertes Verfahren für die Auswahl der Projekte, eine beschleunigte Umsetzung und eine systematischere Leistungsüberwachung für die gesamte Bandbreite der Projekte empfohlen wurden und festgestellt wurde, dass der Fonds aufgrund seines breiten Anwendungsbereichs häufig ineffizient war, wenn es darum ging, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, weil die Erfordernisse und Mittel, anhand derer eine messbare Wirkung erzielt hätte werden können, nicht in angemessener Weise quantifiziert worden waren; fordert eine Vereinfachung der Bewerbungen bei Vergabeverfahren und eine Verbesserung der entsprechenden Kommunikation, um den Zugang zu EU-Mitteln für kleinere und lokale NGO zu erleichtern;

31.  stellt fest, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika einen Beitrag zur Stärkung der Resilienz und zur Umsetzung des Nexus von humanitärer Hilfe und Entwicklung in fragilen Verhältnissen geleistet hat; stellt ferner fest, dass durch ihn auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessenträgern gefördert wurde und Beiträge von Nicht-EU-Gebern ermöglicht wurden, die in der Zeit nach dem Brexit besonders wichtig geworden sind, und dass das Bewusstsein für die Themen Migration und Zwangsumsiedlung und für die diesbezüglichen Maßnahmen der EU geschärft wurde; bedauert gleichzeitig, dass die Umsetzung dieses Fonds nicht angemessen überwacht wurde, und fordert, dass spezifische, messbare, ausführbare, realistische und terminierte (SMART) Ziele in die Projektplanung aufgenommen und quantifizierbare Ziele für die Bewertung von Projekten festgelegt werden;

32.  begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Bindung von Mitteln aus dem EU-Treuhandfonds für Afrika aufzuheben, die ursprünglich Eritrea zugewiesen worden waren, insbesondere für die Erneuerung einer Straße, die unter Einsatz von Zwangsarbeit entsteht;

Treuhandfonds für Kolumbien

33.  ist der Auffassung, dass der Treuhandfonds für Kolumbien sich als wertvoll erwiesen hat und unter den derzeitigen Umständen ein wichtiges Instrument darstellt, um die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen der kolumbianischen Regierung und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) zu unterstützen; weist darauf hin, dass durch die Ausweitung des EU-Treuhandfonds für Kolumbien das Engagement der EU erneut bekräftigt und dringend erforderliche Hilfe für den Friedensprozess in Kolumbien geleistet wurde; weist erneut darauf hin, dass der EU-Treuhandfonds für Kolumbien im Rahmen des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit eingerichtet wurde und im Einklang mit dem vorrangigen Ziel der Entwicklungspolitik der Europäischen Union stehen muss: Das „Hauptziel der Unionspolitik in diesem Bereich ist die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut“, und „bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, trägt die Union den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung“;

34.  hebt hervor, dass er wesentlich dazu beiträgt, Kolumbien im Bereich der umfassenden Entwicklung des ländlichen Raums und des Wirtschaftswachstums zu unterstützen; fordert, dass der Friedensprozess in Kolumbien im Rahmen lang- und mittelfristiger, uneingeschränkt transparenter Finanzierungsprogramme und Überwachungsmaßnahmen weiterhin vorrangig umgesetzt wird und dass für diese Programme eine angemessene demokratische Kontrolle und Einbindung des Europäischen Parlaments und angemessene, transparente und inklusive Konsultationen von Interessenträgern, insbesondere der Zivilbevölkerung vor Ort, ermöglicht werden;

35.  beglückwünscht Kolumbien zu den Bemühungen, trotz der eigenen Herausforderungen bei der Umsetzung des Friedensabkommens, Hilfe für über 1,7 Millionen venezolanische Migranten zu leisten, die nach Kolumbien geflohen sind, insbesondere durch die Gewährung von vorübergehendem Schutz für zehn Jahre;

36.  begrüßt die Einbeziehung der Republik Chile als Geber im Rahmen des Treuhandfonds; weist darauf hin, dass die Beteiligung regionaler Partner einen hohen Mehrwert bringt und sowohl die lokale Anerkennung als auch die Legitimation des Engagements der EU und der Zusammenarbeit mit ihr erhöht hat;

Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei

37.  weist darauf hin, dass die Türkei mit fast vier Millionen registrierten Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan weltweit am meisten Flüchtlinge aufgenommen hat; weist erneut auf die tragende Rolle der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien hin; fordert eine eingehende Bewertung der Auswirkungen der Erklärung EU-Türkei für die Menschenrechte und hält es für geboten, dass sich beide Seiten im Rahmen ihrer Umsetzung an die Grundrechte halten; ist der Ansicht, dass die EU den Flüchtlingen aus Syrien und anderen Ländern und den Aufnahmegemeinschaften in der Türkei auch künftig die erforderliche Unterstützung zukommen lassen sollte, wobei sicherzustellen ist, dass die türkische Regierung nicht direkt an der Verwaltung und Zuweisung der Mittel beteiligt ist, die den Flüchtlingen und den Aufnahmegemeinschaften direkt zukommen und von Organisationen verwaltet werden sollten, die Rechenschaftspflicht und Transparenz gewährleisten können;

38.  ist der Ansicht, dass die EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei ihren Wert als innovatives Bündelungsinstrument und wichtiger Koordinierungsmechanismus zur Unterstützung der Türkei bei der schnellen Reaktion auf unmittelbare Bedürfnisse der Flüchtlinge und ihrer Aufnahmegemeinschaften in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklung nachgewiesen hat, und betont, dass die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen sichergestellt werden muss; weist deshalb darauf hin, dass die Mehrheit der Projekte ausgeweitet werden musste, um die erwarteten Ergebnisse zu erzielen; bringt seine Unterstützung für die türkische Zivilgesellschaft zum Ausdruck und erinnert an die lobenswerten Bemühungen internationaler Organisationen bei der Umsetzung dieser Projekte; hebt den durch die Einbeziehung lokaler Organisationen, Sachverständiger und nichtstaatlicher Organisationen sowie solcher aus allen Mitgliedstaaten in die Umsetzung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei erzeugten Mehrwert hervor;

39.  begrüßt den Erfolg der ersten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei, insbesondere das soziale Sicherheitsnetz für Notsituationen (ESSN) – das größte von der Kommission verwaltete humanitäre Projekt; begrüßt den Fortschritt der zweiten Tranche, die eine schrittweise Umstellung von humanitärer auf Entwicklungshilfe ermöglicht;

40.  nimmt die Rolle zur Kenntnis, die die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bei der Abdeckung von Grundbedürfnissen von rund 1,8 Millionen Flüchtlingen, durch pädagogische Unterstützung von 668 900 Flüchtlingskindern und durch Gesundheits- und Schutzdienste für Millionen von Flüchtlingen spielt; betont jedoch, dass dem Sonderbericht Nr. 27/2018 des Europäischen Rechnungshofs zu entnehmen ist, dass bei der Finanzierung von Gesundheits- und Bildungsmaßnahmen Unstimmigkeiten auftraten, wobei für die Finanzierung ähnlicher Projekte unterschiedliche Verwaltungsstrukturen parallel verwendet wurden; zudem wurde im Bericht darauf hingewiesen, dass durch Bargeldhilfe-Projekte mehr Nutzen hätte gestiftet werden können, und die Kommission aufgefordert, die Programmplanung im Bereich der kommunalen Infrastruktur und der sozioökonomischen Unterstützung, das Arbeitsumfeld für nichtstaatliche Organisationen zu ermöglichen und die Berichterstattung über die Fazilität zu verbessern; nimmt insbesondere die Folgen der COVID-19-Pandemie für die Flüchtlinge zur Kenntnis und weist darauf hin, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei trotz ernsthafter Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage von Flüchtlingen in der Türkei unter dem Blickwinkel des internationalen Asylrechts eingerichtet wurde; weist darauf hin, dass die Kommission im Jahr 2020 im Rahmen des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben, der im Haushalt der EU vorgesehen ist, um zusätzliche Mittel in Höhe von 481,6 Mio. EUR angesucht hat, was die ursprünglich geplante Mittelzuweisung für die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei übersteigt, um Maßnahmen im Rahmen des sozialen Sicherheitsnetzes für Notsituationen und des Programms an Bedingungen geknüpfter Geldzuweisungen für Bildungsleistungen zu finanzieren;

41.  bringt erneut sein tiefes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass das Parlament nicht formal konsultiert wurde oder gebeten wurde, die Schaffung oder Ausweitung dieser Fazilität zu genehmigen, und nur als Teil der Haushaltsbehörde involviert war, wodurch die demokratische Rechenschaftspflicht der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei untergraben wurde; fordert mit Nachdruck, dass es nicht erneut mit einer solchen Situation konfrontiert werden sollte;

42.  betont, dass im Sonderbericht Nr. 27/2018 des Europäischen Rechnungshofs(24) Fragen hinsichtlich der Effizienz der aus der Fazilität finanzierten humanitären Projekte aufgeworfen werden, da die Angemessenheit der veranschlagten Kosten bei diesen Projekten nicht einheitlich und umfassend bewertet wurde; stellt fest, dass in dem Bericht auch Besorgnis darüber geäußert wird, dass es nicht möglich ist, während der Prüfung alle humanitären Projekte zu überwachen; betont in diesem Zusammenhang, dass die Weigerung der türkischen Behörden, Zugang zu den Daten der Begünstigten der beiden Bargeldhilfe-Projekte zu gewähren, Fragen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung im Rahmen der Fazilität aufwerfen könnte, insbesondere angesichts der raschen Rückschritte der Türkei in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte; weist erneut darauf hin, dass die von der türkischen Regierung und den lokalen Behörden verwendeten Mittel kontrolliert werden müssen; bekräftigt, dass die Mittel ausschließlich zur Deckung aller physischen und psychologischen Bedürfnisse von Flüchtlingen, einschließlich Unterkunft, Nahrung, Bildung und Gewährleistung eines angemessenen Lebensstandards, verwendet werden dürfen; fordert die Kommission auf, die Überwachung zu verbessern und Daten über die Begünstigten aller Programme und Projekte der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu erlangen; betont, dass die Kommission die Ressourcen auf der Grundlage der von den Durchführungspartnern vor Ort verwirklichten Ziele und nach der gemäß den Vorschriften der Haushaltsordnung durchgeführten Bewertung der Umsetzung bereitstellen sollte, um eine uneingeschränkte Rechenschaftspflicht zu erreichen und eine Doppelfinanzierung zu vermeiden; fordert deshalb die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Ziele und die Umsetzung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei mit den allgemeinen Grundsätzen, Strategien und Zielen der EU vereinbar sind, darunter Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, und äußert seine Besorgnis über die Erosion dieser Grundsätze in der Türkei;

43.  betont, wie wichtig der Übergang von humanitärer Hilfe zu Entwicklungszusammenarbeit ist, und fordert die Kommission auf, eine Übergangsstrategie zu entwickeln und umzusetzen, in deren Mittelpunkt die Schaffung von Existenzgrundlagen für Flüchtlinge steht, um deren Eigenständigkeit und soziale Eingliederung in die Aufnahmegemeinschaften zu verbessern; verweist erneut auf das langfristige Ziel der EU, eine schrittweise Übernahme der von der EU finanzierten Tätigkeiten durch die türkischen Staatsorgane unter uneingeschränkter Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte zu erreichen; fordert alle beteiligten Parteien der bevorstehenden multilateralen Konferenz über den östlichen Mittelmeerraum auf, sich neben humanitären und entwicklungspolitischen Fragen auch damit eingehend zu befassen;

44.  fordert erneut, dass die Türkei den Grundsatz der Nichtzurückweisung respektiert, insbesondere an der syrischen Grenze, wobei sichergestellt sein muss, dass die in der Flüchtlingskonvention von 1951 garantierten Menschenrechte und der Status von Flüchtlingen uneingeschränkt geachtet werden, und die Migrationsströme nicht für politische Zwecke gegen die EU instrumentalisiert; erwartet, dass die Türkei die Erklärung EU-Türkei vom März 2016 und das Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei uneingeschränkt und diskriminierungsfrei umsetzt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, für eine engmaschige Überwachung der Umsetzung der Erklärung EU-Türkei, auch in Bezug auf die Menschenrechtslage der im Rahmen der Erklärung EU-Türkei in die Türkei zurückgeführten Asylsuchenden und Migranten, zu sorgen und dem Parlament darüber Bericht zu erstatten; fordert die türkischen Behörden auf, dem UNHCR uneingeschränkten Zugang zu den Abschiebezentren an der türkisch-syrischen Grenze zu gewähren, damit die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung überwacht werden kann; betont, dass bei der finanziellen Unterstützung der Türkei bei der Steuerung der Flüchtlingsströme die vollständige Haushaltstransparenz und die uneingeschränkte Einbeziehung von Organisationen der Zivilgesellschaft geachtet werden müssen; fordert die Kommission auf, die türkischen Behörden dazu anzuhalten, das Arbeitsumfeld für internationale nichtstaatliche Organisationen zu verbessern; fordert die Kommission auf, auf ihren Erfahrungen mit besonderen Systemen zur Überprüfung durch Dritte aufzubauen, um die Kontrolle der Ausgaben zu stärken;

45.  fordert die Türkei auf, davon abzusehen, Flüchtlinge in Gewahrsamseinrichtungen unterzubringen, um sie dazu zu bringen, Formulare über die freiwillige Rückkehr zu unterzeichnen, und ihnen unabhängig von ihrem Registrierungsort im Land den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu garantieren;

46.  stellt fest, dass durch die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nur registrierte Flüchtlinge unterstützt werden; bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass viele Flüchtlinge keine Unterstützung erhalten, da die Registrierung in einigen Provinzen und Städten erschwert wurde;

47.  begrüßt das Ersuchen des Rates an die Kommission, dem Rat einen Vorschlag für die Fortsetzung der Finanzierung für syrische Flüchtlinge in der Türkei sowie in Jordanien, Libanon und anderen Teilen der Region vorzulegen;

III.Ausblick und Empfehlungen

48.  betont, dass in Situationen anhaltender Krisen und angesichts der Koordinierung und des Übergangs zwischen humanitärer Soforthilfe, Wiederaufbau und Entwicklung auf flexible und vernetzte Weise besser auf den Finanzierungsbedarf eingegangen werden muss, und zwar auf eine Art und Weise, die im Einklang mit internationalen entwicklungspolitischen Zielen, einschließlich der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und der entwicklungspolitischen Grundsätze der Union, wie etwa die Unterstützung der Beseitigung der Armut und der Verringerung der Ungleichheit, und im Falle humanitärer Hilfe unter uneingeschränkter Achtung der Grundsätze der humanitären Hilfe Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit mit einem uneingeschränktem Schutz von Menschenleben, der Menschenwürde und der Menschenrechte steht; besteht darauf, dass die Unterstützung durch die EU effizient und wirksam sein muss, damit vor Ort echte Erfolge erzielt werden können;

49.  betont, dass die bei der Einrichtung, Verwaltung und Umsetzung der Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei gewonnenen Erkenntnisse übernommen und bei der neuen Generation externer Finanzinstrumente angewendet werden und die Synergien und Kohärenz der Außenhilfe der EU und der parlamentarischen Kontrolle verbessert werden müssen; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die endgültige umfassende Überprüfung der Umsetzung der EU-Treuhandfonds vorzulegen, in der deren Abstimmung mit den Entwicklungszielen sowie den menschenrechtlichen und humanitären Zielen der EU evaluiert wird; besteht ferner darauf, dass, sollten in der Zukunft neue EU-Treuhandfonds oder Ad-hoc-Instrumente notwendig werden, der Mechanismus für den Beitrag aus dem Unionshaushalt klar definiert und von Beginn an unter voller Einbeziehung des Parlaments verhandelt werden muss; ist außerdem der Meinung, dass die Wirkung und Sichtbarkeit der Außenhilfe der EU weiter erhöht werden müssen, um die Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten als größte Geber der weltweiten Entwicklungsfinanzierung hervorzuheben;

50.  fordert die Kommission auf, eine transparente Folgenabschätzung in Bezug auf die Auswirkungen von EU-finanzierten Projekten auf die Menschenrechte von Migranten und Flüchtlingen sowie auf die Gesamtbevölkerung des betreffenden Landes sicherzustellen, die von unabhängigen EU-Gremien und Sachverständigen durchgeführt wird; fordert die Einrichtung eines wirksamen und unabhängigen Überwachungsmechanismus zur umfassenden Überwachung und Evaluierung der endgültigen Verwendung dieser Mittel und Protokolle für Maßnahmen im Falle von Grundrechtsverletzungen; hält es für notwendig, dass die regionalen und lokalen Behörden und Akteure der Zivilgesellschaft umfassend in ihre Gestaltung und Umsetzung einbezogen werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen vollständigen und klaren Überblick über die Mittel zu erstellen, die zur Finanzierung der Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich der Migrationssteuerung bei allen Finanzierungsinstrumenten und ihrer Umsetzung verwendet werden; hebt die Bedeutung des Austauschs der Prüfungsdaten mit dem EU-Finanzkontrollrahmen (einschließlich EuRH, OLAF und EUStA) hervor;

51.  weist darauf hin, dass die Herausforderungen im Zusammenhang mit der innerafrikanischen Migration, auf die fast 90 % der Migrationsströme in Afrika entfallen, in enger Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und im Einklang mit ihrem migrationspolitische Rahmen für Afrika und dem Aktionsplan 2018–2030 besser angegangen werden müssen; beharrt gleichwohl darauf, dass auf lange Sicht ein langfristiger Ansatz erforderlich ist, bei dem die Entstehung von Abhängigkeiten von externen Interventionen vermieden wird; besteht diesbezüglich auf der Stärkung mittels Bildung und der Bedeutung von hochwertiger Bildung, wenn es darum geht, mehr Unterstützung für Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen;

52.  stellt fest, dass die Gleichstellung der Geschlechter und die soziale Inklusion zwei der wichtigsten Ausgabenziele der Programmgestaltung des NDICI/Europa in der Welt sind; bekräftigt das Engagement der EU für die Stärkung der Rolle der Frauen und Mädchen und fordert die Kommission auf, die Gleichstellung der Geschlechter zusammen mit der Stärkung der Resilienz und der Anpassung an den Klimawandel in die Planung und Umsetzung der Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu integrieren; empfiehlt, dass bei der Durchführung von Projekten sowohl im Rahmen des EU-Treuhandfonds als auch der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei regelmäßig eine geschlechterdifferenzierte Analyse und Prüfung der Einbeziehung von Frauen in die Gestaltung der unterstützten Projekte durchgeführt werden sollten;

53.  fordert die Kommission auf, die Zusammenarbeit mit Drittländern, die die Grundrechte nicht in vollem Umfang achten, vorläufig einzustellen oder zu überprüfen, was auch die Aussetzung solcher Finanzierungen und Projekte einschließt, mit denen die Menschenrechte gefährdet oder untergraben werden;

54.  nimmt zwar zur Kenntnis, dass die Einrichtung von Treuhandfonds für auswärtige Maßnahmen gemäß der Haushaltsordnung möglich ist, bekräftigt jedoch die seit langem bestehende Forderung des Parlaments, dass die Außenhilfe vollständig aus dem Haushalt der Union finanziert und auf kohärente Weise umgesetzt werden sollte, und zwar auf der Grundlage von optimierten Regeln, die auf im Mitgesetzgebungsverfahren beschlossenen Instrumenten beruhen, und unter uneingeschränkter Achtung der Vorrechte des Parlaments in den Bereichen Rechtsetzung, Haushalt und Überwachung sowie der Grundsätze der Einheitlichkeit des Haushaltsplans, der Rechenschaftspflicht, der Transparenz, der Wirksamkeit und der wirtschaftlichen Haushaltsführung der EU; hebt hervor, dass sich durch die Einführung außerordentlicher Instrumente die Komplexität der Steuerung der Finanzierung erhöht und die bestehenden außenpolitischen Instrumente dadurch unter finanziellen Druck geraten, wodurch deren Effizienz möglicherweise beeinträchtigt wird; ist der Auffassung, dass EU-Treuhandfonds nur genutzt werden sollten, um auf eine plötzliche größere Krise und auf Situationen zu reagieren, in denen eine Reaktion mehrerer Geber in Ländern koordiniert werden muss und wenn das außenpolitische Ziel mit den bestehenden Finanzierungsinstrumenten nicht vollständig erreicht werden kann, sowie unter der Bedingung, dass sie dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung folgen und dass der EU-Treuhandfonds keine Überschneidungen mit anderen bestehenden Finanzierungskanälen oder ähnlichen Instrumenten aufweist, ohne einen zusätzlichen Nutzen zu bieten, und dass die Ziele des Treuhandfonds mit den Zielen des EU-Instruments oder des Haushaltspostens, aus dem er finanziert wird, übereinstimmen; fordert die Kommission auf, eine effizientere Kommunikation vor Ort zu gewährleisten und dabei die Rolle der EU als größter Geber der weltweiten Entwicklungsfinanzierung hervorzuheben;

55.  weist darauf hin, dass sich die Bündelung der Mittel aus dem EEF, dem Unionshaushalt und von anderen Gebern in Treuhandfonds nicht auf die Fähigkeit der bestehenden EU-Strategien und -Programme, ihre ursprünglichen Ziele zu verfolgen – wie die Beseitigung der Armut oder die Förderung der Grundrechte –, auswirken sollte;

56.  weist darauf hin, dass die EU-Treuhandfonds und die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei als Ausnahme oder wirkliche Notfallinstrumente gesehen werden sollten, deren Mehrwert und Auswirkungen vor Ort sehr gut begründet und sorgfältig überwacht werden sollten; erwartet von der Kommission die vollständige Nutzung der Möglichkeiten, die sich durch den programmbasierten Ansatz der geografischen Säule des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI/Europa in der Welt) und des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III) – das nicht länger zur Finanzierung von Heranführungshilfe an die Türkei genutzt werden darf, ausgenommen Unterstützung von türkischen Organisationen der Zivilgesellschaft über das Finanzierungsinstrument für die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte – ergeben, wobei ergänzend auch die globalen thematischen Programme, die Krisenreaktionsfinanzierung und die große programmunabhängige Reserve im Rahmen des NDICI/Europa in der Welt von Bedeutung sind;

57.  weist darauf hin, dass mit den Mitteln aus dem Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten im Rahmen des NDICI/Europa in der Welt die Mittel aus den geografischen und thematischen Programmen sowie den Krisenreaktionsmaßnahmen aufgestockt werden sollen; betont, dass sich die Kommission verpflichtet hat, die Verwendung dieser Mittel im Rahmen des geopolitischen Dialogs mit dem Parlament zu erörtern und vor deren Inanspruchnahme ausführliche Informationen bereitzustellen, wobei die Anmerkungen des Parlaments zu der Art und den Zielen der vorgesehenen Finanzbeträge in vollem Umfang berücksichtigt werden;

58.  begrüßt das neue Finanzierungsinstrument der EU für Außenmaßnahmen „NDICI/Europa in der Welt“, da damit die Möglichkeiten, mit Mitteln aus dem EU-Haushalt auf neu entstehende Notsituationen zu reagieren, verbessert werden sollen; ist davon überzeugt, dass das NDICI/Europa in der Welt für eine effizientere Zuteilung von Mitteln und eine ausreichende Flexibilität und Reaktionsfähigkeit sorgen und man für das NDICI/Europa in der Welt aus den bisherigen Erfahrungen und Bewertungen im Rahmen der bestehenden Treuhandfonds Lehren ziehen wird;

59.  betont, dass das NDICI/Europa in der Welt sein volles Potenzial entfalten und erforderlichenfalls verbessert werden sollte, während außerordentliche Finanzierungsinstrumente nur in unvorhergesehenen Notsituationen zum Einsatz kommen sollten, um somit die Einheit und demokratische Rechenschaftspflicht des Haushaltsplans der Union zu wahren; weist in diesem Zusammenhangdarauf hin, dass der herkömmliche Steuerungsrahmen für die Entscheidungsfindung dem außenpolitischen Handeln der EU sowohl innerhalb der EU als auch in den Zielländern mehr Legitimität verleiht;

60.  fordert, dass die Finanzierung eines Nachfolgers für die derzeitige Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nicht auf Kosten der neu angenommenen Finanzierungsinstrumente, insbesondere des IPA III und des NDICI-Europa in der Welt, einschließlich des Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten, erfolgt, da mit dem Nachfolger für die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nicht auf eine wirklich neue Herausforderung oder Krise reagiert wird; spricht sich nachdrücklich dafür aus, dass eine etwaige Initiative dieser Art durch neue Mittel finanziert wird, die gegebenenfalls durch Beiträge aus den Mitgliedstaaten aufgestockt werden können; bekräftigt, dass das Parlament vollständig und von Anfang an in die Beratungen über den Nachfolger für die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei einbezogen werden muss, auch zu dessen Finanzierungs- und Verwaltungsstrukturen, die der Herkunft der Finanzmittel und der Rolle der Haushaltsbehörde Rechnung tragen müssen;

61.  spricht sich für den Fall eines größeren Bedarfs in Bezug auf den MFR für die Jahre 2021–2027 dafür aus, dass die erste und wichtigste zu prüfende Lösung über die im Mitgesetzgebungsverfahren beschlossenen Instrumente erfolgen sollte, indem die Mittelausstattung des NDICI/Europa in der Welt durch eine Überarbeitung der MFR- und der NDICI-Verordnung aufgestockt wird, oder als zweite Option und unter der Bedingung, dass das Parlament voll in den Entscheidungsprozess einbezogen und mit den entsprechenden Kontrollbefugnissen ausgestattet wird, die relevanten NDICI-Haushaltslinien mit Beiträgen in Form von für externe Politikbereiche zweckgebundenen Einnahmen gestärkt werden; erwartet in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der Haushaltsordnung für eine angemessene Beteiligung der Haushaltsbehörde an der Verwaltung der für externe Politikbereiche zweckgebundenen Einnahmen gesorgt wird; betont, dass, sollte sich dennoch ein Bedarf für einen ordnungsgemäß begründeten neuen Treuhandfonds ergeben, etwa infolge des Ausbruchs einer größeren Krise oder einer plötzlichen Veränderung in den internationalen Beziehungen, die eine umfangreiche finanzielle Reaktion der EU erfordern, oder aufgrund der Notwendigkeit, Ressourcen mit Drittländern zusammenzulegen, was im Rahmen der im Mitgesetzgebungsverfahren beschlossenen Instrumente Mitentscheidungsinstrumente nicht möglich wäre, das Parlament von Anfang an vollständig einbezogen werden muss; ist diesbezüglich der Auffassung, dass die Haushaltsordnung überarbeitet werden sollte, um für eine angemessene Rolle des Parlaments bei der Einrichtung und Kontrolle eines etwaigen neuen Treuhandfonds zu sorgen, wozu auch die Ausarbeitung der Gründungsvereinbarung und die Mobilisierung des EU-Beitrags, die Umsetzung, Fortführung und mögliche Auflösung gehören;

62.  fordert die Kommission auf, bei der Umsetzung des NDICI/Europa in der Welt den Nexus-Ansatz zu priorisieren, und fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den EU-Akteuren in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklung, insbesondere nach Krisen und in lange andauernden Krisen, um besser auf lokale Bedürfnisse eingehen zu können und effizientere Ergebnisse zu erzielen;

63.  stellt fest, dass die Möglichkeiten, die Migrationspolitik in der Außenpolitik der EU durchgängig zu berücksichtigen, durch die Einbeziehung der Migration in die thematische und geografische Komponente und die Krisenreaktionskomponente des NDICI erheblich erweitert werden; stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass im Rahmen der Krisenreaktionskomponente die Zusammenarbeit mit Drittländern beim Migrationsmanagement finanziert werden kann, ohne dass die Kommission Programmplanungsdokumente veröffentlichen oder Akteure der Zivilgesellschaft konsultieren muss und ohne dass das Parlament einbezogen wird, auch nicht im Rahmen des Vorsorge- und Krisenplans für Migration, in dem es an Mechanismen zur Bewertung der möglichen negativen Auswirkungen solcher Interventionen mangelt; beharrt in diesem Zusammenhang darauf, dass sichergestellt werden muss, dass der MRF 2021–2027 von einem soliden Menschenrechtsrahmen für die Ermittlung, Umsetzung und Überwachung künftiger Programme für die Zusammenarbeit im Bereich Migration flankiert wird;

64.  stellt fest, dass beim NDICI/Europa in der Welt eine Halbzeit- und eine Abschlussbewertung sowie eine ausführliche jährliche Berichterstattung der Kommission an das Parlament und den Rat über die laufenden Tätigkeiten, die erzielten Ergebnisse, die Wirksamkeit und die Fortschritte bei der Verwirklichung der thematischen Vorgaben und Ziele der Verordnung vorgesehen sind; fordert die Kommission auf, eine genaue Methodik für die Nachverfolgung der für die Problemfelder Migration und Zwangsumsiedlung vorgesehenen 10 % der Ausgaben zu entwickeln und umzusetzen, damit wirksam für angemessene Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf diese Ausgaben, wie in der Verordnung gefordert, gesorgt wird;

65.  begrüßt die Entscheidungsverfahren unter Einbeziehung lokaler Vertreter, die Anpassungen an die lokalen Gegebenheiten und die Möglichkeit, grenzüberschreitende und mehrjährig geförderte Projekte im Rahmen der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei durchzuführen, da diese einen hohen Mehrwert aufweisen; fordert, dass solche Aspekte bei der künftigen Programmplanung im Zusammenhang mit den Haushaltsinstrumenten für die Außenpolitik der EU durchgängig berücksichtigt werden;

66.  erkennt an, dass die Zusammenarbeit mit Vertretern lokaler Gemeinschaften und Interessenvertretern, einschließlich lokaler Regierungsbehörden, Organisationen der Zivilgesellschaft, Sozialpartnern und Glaubensvertretern, in von Konflikten betroffenen Gebieten von entscheidender Bedeutung ist, um Aussöhnung, Dialog und Frieden zu fördern; betont, dass lokale Glaubensgemeinschaften und entsprechende Organisationen eine aktive Rolle bei der Entwicklungszusammenarbeit und der Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Bedürftigsten spielen, und fordert die Kommission auf, mit ihnen zusammenzuarbeiten, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung direkter Unterstützung für schwer zugängliche Gemeinschaften in Entwicklungsländern;

67.  erachtet es als sehr wichtig, einen erheblichen Teil der künftigen EU-Mittel im Bereich Migration zivilgesellschaftlichen Gruppen in Drittländern zuzuweisen, damit diese Gruppen Unterstützung leisten und die Rechte von Migranten schützen und die Einhaltung dieser Rechte überwachen können, und sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der EU-Mittel für die Verbesserung der Menschenrechte, den internationalen Schutz und die Zukunftsperspektiven von Flüchtlingen vorgesehen ist;

68.  fordert die Kommission auf, die Programmplanungsmethoden im Hinblick auf lokale Gegebenheiten und entstehende lokale Herausforderungen anzupassen und die lokale Eigenverantwortung bei der Umsetzung der neuen EU-Entwicklungsinstrumente zu unterstützen; fordert die Kommission ferner auf, eine Bewertung der Bedürfnisse durchzuführen und die Reaktion der EU auf lokale Bedürfnisse entsprechend anzupassen;

69.  fordert die Kommission auf, die Möglichkeiten zu prüfen, Partner aus Drittländern in gemeinsame Initiativen und die Finanzierung der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen wie Migration, Zwangsumsiedlung, Klimawandel, Stärkung der Rolle der Frau und Schutz gefährdeter Gruppen einzubeziehen;

70.  fordert die Kommission auf, Investitionen in Bildung und die Schaffung von Arbeitsplätzen Vorrang einzuräumen, um Menschen in den Partnerländern die Möglichkeit zu geben, sich an existenzsichernden Tätigkeiten vor Ort zu beteiligen;

71.  erwartet, dass die Kommission bestehende oder künftige Krisen und den potenziellen Bedarf eines Wiederaufbaus effizienter und gezielter angeht, indem sie die bestehenden und andere Mittel nutzt, die im Rahmen der geltenden Haushaltsordnung in enger und koordinierter Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und anderen EU-Organen im Rahmen des Konzepts „Team Europa“ sowie mit gleichgesinnten internationalen Partnern und Gebern möglich sind;

o
o   o

72.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und dem Rat zu übermitteln.

(1) ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.
(2) ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1.
(3) ABl. L 163 vom 2.7.1996, S. 1.
(4) ABl. C 407 vom 8.12.2015, S. 8.
(5) ABl. C 60 vom 16.2.2016, S. 3.
(6) ABl. C 122 vom 19.4.2017, S. 4.
(7) ABl. C 106 vom 21.3.2018, S. 4.
(8) ABl. C 278 vom 8.8.2018, S. 3.
(9) ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 76.
(10) ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 33.
(11) ABl. C 204 vom 13.6.2018, S. 68.
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0012.
(13) ABl. C 307 vom 30.8.2018, S. 117.
(14) ABl. C 215 vom 19.6.2018, S. 44.
(15) ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 88.
(16) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 179.
(17) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 58.
(18) ABl. C 388 vom 13.11.2020, S. 326.
(19) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 264.
(20) Endgültiger Erlass (EU, Euratom) 2020/1157 des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2020 (ABl. L 299 vom 11.9.2020, S. 1).
(21) Beschluss (EU) 2020/1268 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 über die Inanspruchnahme des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben im Jahr 2020 zur fortgesetzten Bereitstellung humanitärer Hilfe in der Türkei (ABl. L 298 vom 11.9.2020, S. 21).
(22) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0243.
(23) ABl. L 163 vom 2.7.1996, S. 1.
(24) Sonderbericht Nr. 27/2018 des Europäischen Rechnungshofs, „Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei: Unterstützung zwar hilfreich, doch eine optimale Mittelverwendung ist nur mit Verbesserungen zu erreichen“, S. 6 und S. 40.


Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr
PDF 188kWORD 59k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zum Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr (2020/2256(INI))
P9_TA(2021)0412A9-0234/2021

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf das am 28. Juni 2016 von der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) vorgelegte Dokument mit dem Titel „Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa – Eine Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20. Dezember 2013, vom 26. Juni 2015, vom 15. Dezember 2016, vom 9. März 2017, vom 22. Juni 2017, vom 20. November 2017 und vom 15. Dezember 2017,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union(1),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juni 2017 zu einem Rahmen für eine gemeinsame diplomatische Reaktion der EU auf böswillige Cyberaktivitäten („Cyber Diplomacy Toolbox“),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 13. September 2017 mit dem Titel „Abwehrfähigkeit, Abschreckung und Abwehr: die Cybersicherheit in der EU wirksam erhöhen“ (JOIN(2017)0450),

–  unter Hinweis auf die im Juli 2018 unterzeichnete Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO,

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2019/797 des Rates vom 17. Mai 2019 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Dezember 2019 über zusätzliche Anstrengungen zur Stärkung der Resilienz und zur Abwehr hybrider Bedrohungen,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/881 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die ENISA (Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit) und über die Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik (Rechtsakt zur Cybersicherheit)(2),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Juni 2020 zum auswärtigen Handeln der EU zur Prävention und Bekämpfung von Terrorismus und Gewaltextremismus,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Schaffung eines Pakts für die zivile GSVP,

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2020/1127 des Rates vom 30. Juli 2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2019/797 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen(3),

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2020/1537 des Rates vom 22. Oktober 2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2019/797 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. Juli 2020 über die EU-Strategie für eine Sicherheitsunion (COM(2020)0605),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 16. Dezember 2020 mit dem Titel „Die Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade“ (JOIN(2020)0018),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 16. Dezember 2020 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148 (COM(2020)0823),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 16. Dezember 2020 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Resilienz kritischer Einrichtungen (COM(2020)0829),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9. März 2021 zur Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 25. März 2021,

–  unter Hinweis auf den Bericht der offenen Arbeitsgruppe vom 10. März 2021,

–  unter Hinweis auf die Agenda der Vereinten Nationen für die Abrüstung mit dem Titel „Sicherung unserer gemeinsamen Zukunft“,

–  unter Hinweis auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und insbesondere auf das Ziel Nr. 16, bei dem es darum geht, friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern,

–  unter Hinweis auf die Analyse Nr. 09/2019 des Europäischen Rechnungshofes zum Thema „Europäische Verteidigung“,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2018 zur Cyberabwehr(5),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0234/2021),

A.  in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten weiterhin eine Cybersicherheitsstrategie entwickeln müssen, mit der realistische, konkrete und hochgesteckte Ziele festgelegt und die politischen Strategien sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich und auch dort, wo sich beide Bereiche überschneiden, klar definiert werden; in der Erwägung, dass sämtliche Organe und Mitgliedstaaten der Union auf allen Ebenen verstärkt zusammenarbeiten müssen, um eine solche Strategie zu erarbeiten, deren oberstes Ziel es sein sollte, die Abwehrfähigkeit weiter zu stärken und in der Folge gemeinsame, aber auch bessere, nationale, solide zivile und militärische Cyberfähigkeiten und die Zusammenarbeit zu entwickeln, um auf anhaltende Sicherheitsprobleme reagieren zu können;

B.   in der Erwägung, dass sich die EU für die Anwendung des geltenden Völkerrechts im Cyberraum einsetzt, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, mit der die Staaten aufgefordert werden, nationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen;

C.  in der Erwägung, dass böswillige Cyberaktivitäten seitens staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, die sich gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten richten, in den letzten Jahren stetig zugenommen haben, wobei sich Schwachstellen in den für die europäische Sicherheit unverzichtbaren Netzen offenbart haben; in der Erwägung, dass offensiv vorgehende Cyberakteure hinsichtlich Differenziertheit, Geschicklichkeit und Anzahl einen stetigen Zuwachs verzeichnen; in der Erwägung, dass aufgrund dieser Angriffe vorrangig die Verteidigungskapazitäten gestärkt und europäische Cyberfähigkeiten entwickelt werden müssen; in der Erwägung, dass es jederzeit zu zerstörerischen Cyberangriffen kommen kann und Akteure auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten dazu angehalten werden sollten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um auch in Friedenszeiten wirksame Cyberabwehrfähigkeiten dauerhaft aufrechtzuerhalten;

D.  in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie und die zunehmende Cyberunsicherheit einen Bedarf an internationalen Vereinbarungen aufgezeigt haben; in der Erwägung, dass Cyberangriffe während der COVID-19-Pandemie erheblich zugenommen und die EU und ihre Mitgliedstaaten Cyberbedrohungen und böswillige Cyberaktivitäten, die sich gegen systemrelevante Einrichtungen richten, darunter auch Angriffe zur Störung kritischer Infrastrukturen wie Stromversorgung, Verkehr und Gesundheitswesen, sowie eine erhebliche cybergestützte ausländische Einmischung beobachtet haben, wodurch sich die Grenze zwischen Frieden und Feindseligkeit verwischt hat; in der Erwägung, dass im Aufbauplan für Europa zusätzliche Investitionen in die Cybersicherheit vorgesehen sind;

E.  in der Erwägung, dass der Cyberraum inzwischen als Einsatzbereich definiert wird; in der Erwägung, dass durch Cyberbedrohungen sämtliche herkömmlichen Militärbereiche eine Gefährdung erfahren können und dass herkömmliche Bereiche von der Funktionsfähigkeit des Cyberraums abhängen und nicht andersherum; in der Erwägung, dass sich Konflikte in allen physischen Bereichen (Land, Luft, See und Weltraum) sowie im virtuellen Raum (Cyberraum) ereignen können und durch Elemente hybrider Kriegsführung – etwa durch den Cyberraum ermöglichte Desinformationskampagnen, Stellvertreterkriege, offensiv und defensiv ausgerichtete Nutzung von Cyberfähigkeiten und strategische Angriffe auf Anbieter digitaler Dienstleistungen mit dem Ziel der Beeinträchtigung kritischer Infrastrukturen und demokratischer Institutionen – eine Ausweitung erfahren und erhebliche finanzielle Verluste verursachen können;

F.  in der Erwägung, dass der Europäische Auswärtige Dienst (EAD), die Kommission und die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) die Mitgliedstaaten dabei unterstützen sollten, ihre Anstrengungen zur Bereitstellung von Cyberabwehrfähigkeiten und entsprechender Technologien zu koordinieren und zu verstärken, wobei sämtliche Aspekte der Entwicklung von Fähigkeiten zu berücksichtigen sind, was Doktrin, Leitung, Organisation, Personal, Ausbildung, Industrie, Technologie, Infrastruktur, Logistik, Interoperabilität und Ressourcen einschließt;

G.  in der Erwägung, dass sich bei der Ausarbeitung des Bedarfskatalogs von 2017, der zur Ermittlung des gesamten Spektrums der militärischen Anforderungen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) anhand einer Reihe anschaulicher Szenarien verwendet wird, herausgestellt hat, dass ein vorrangiger Bedarf an Cyberabwehrfähigkeiten besteht;

H.  in der Erwägung, dass die erfolgreiche Durchführung von Missionen und Operationen der EU in zunehmendem Maße von einem störungsfreien Zugang zu einem sicheren Cyberraum abhängt und daher abwehrfähige operative Fähigkeiten für den Cyberraum erforderlich sind;

I.  in der Erwägung, dass für den im Jahr 2018 aktualisierten EU-Politikrahmen für die Cyberabwehr Prioritäten wie die Entwicklung von Cyberabwehrfähigkeiten sowie der Schutz der Kommunikations- und Informationsnetze der GSVP ermittelt wurden;

J.  in der Erwägung, dass die Präsidentin der Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union im Jahr 2021 deutlich gemacht hat, dass es einer Cyberabwehrpolitik der EU bedarf;

K.  in der Erwägung, dass die zunehmende Einbindung künstlicher Intelligenz (KI) in die Cyberfähigkeiten der Streitkräfte (cyber-physische Systeme, darunter der Kommunikations- und Datenverbindungen zwischen Fahrzeugen in einem vernetzten System) zu Schwachstellen für Angriffe im Zuge der elektronischen Kriegsführung wie HF-Störung, Datenmanipulation oder Hacking führen kann;

L.  in der Erwägung, dass die Anhebung des Niveaus der Cybersicherheit und der Cyberverteidigung in der EU eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg der digitalen und geopolitischen Ambitionen Europas ist und mit einer besseren Abwehrfähigkeit einhergehen würde, wodurch mit der zunehmenden Geschicklichkeit bei Cyberangriffen und der Bedrohung durch Cyberangriffe Schritt gehalten würde; in der Erwägung, dass eine EU mit einer ausgeprägten Cybersicherheitskultur und einer entsprechenden leistungsfähigen Technologie, darunter die Fähigkeit, böswillige Aktivitäten rechtzeitig und wirksam zu erkennen und zuzuordnen und angemessen darauf zu reagieren, in der Lage wäre, ihre Bürger zu schützen sowie für die Sicherheit ihrer Mitgliedstaaten zu sorgen;

M.  in der Erwägung, dass internationale terroristische Vereinigungen ihr Fachwissen in Bezug auf Cyberkriegsführung erweitert haben und diese auch einsetzen, und dass Cyberangreifer modernste Technologien verwenden, um Schwachstellen in Systemen und Geräten auszuloten und groß angelegte Cyberangriffe durchzuführen;

N.  in der Erwägung, dass die Verteidigungs- und die Raumfahrtindustrie aufgrund neuer fortschrittlicher Cybertechnologien einem beispiellosen weltweiten Wettbewerb und einem enormen technologischen Wandel ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass der Europäische Rechnungshof auf Defizite bei den Fähigkeiten im Bereich der IKT-Technologien, der Cyberkriegsführung und der künstlichen Intelligenz hingewiesen hat; in der Erwägung, dass die EU ein Nettoeinführer von Cybersicherheitsprodukten und -dienstleistungen ist, wodurch sich das Risiko einer technologischen Abhängigkeit von Betreibern aus Drittstaaten und der Anfälligkeit ihnen gegenüber erhöht; in der Erwägung, dass mit einer Auswahl gemeinsamer Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz in der EU technische Defizite beseitigt werden könnten und sichergestellt werden kann, dass Mitgliedstaaten, die weder über die einschlägige Technologie und das industrielle Fachwissen verfügen noch imstande sind, Systeme der künstlichen Intelligenz in ihren Verteidigungsministerien einzuführen, nicht außen vor bleiben;

O.  in der Erwägung, dass der Skandal um die Spähsoftware „Pegasus“ deutlich gemacht hat, dass zahlreiche Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, gewählte Vertreter und andere EU-Bürger ausgespäht wurden; in der Erwägung, dass verschiedene staatliche Akteure wie Russland, China und Nordkorea in böswillige Cyberaktivitäten verwickelt sind und dabei politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Ziele verfolgen, darunter Angriffe auf kritische Infrastrukturen, sich gegen EU-Bürger richtende Cyberspionage und Massenüberwachung, Unterstützung von Desinformationskampagnen und Verbreitung von Schadsoftware sowie Einschränkung des Zugangs zum Internet und des Betriebs von IT-Systemen; in der Erwägung, dass durch solche Aktivitäten das Völkerrecht, die Menschenrechte und die Grundrechte der EU beeinträchtigt und verletzt und gleichzeitig Demokratie, Sicherheit, öffentliche Ordnung und strategische Autonomie der EU aufs Spiel gesetzt werden und daher eine gemeinsame Reaktion der EU erfordern, beispielsweise mithilfe des Rahmens für eine gemeinsame diplomatische Reaktion der EU, einschließlich restriktiver Maßnahmen, die im Instrumentarium der EU im Bereich der Cyberdiplomatie (Cyber Diplomacy Toolbox) vorgesehen sind;

P.  in der Erwägung, dass der Rat am 30. Juli 2020 zum ersten Mal beschlossen hat, restriktive Maßnahmen gegen Personen, Organisationen und Stellen zu verhängen, die für verschiedene Cyberangriffe verantwortlich zeichnen oder daran beteiligt sind, um böswilligem Verhalten im Cyberraum besser vorzubeugen, auf Abschreckung zu setzen. davon abzuhalten und darauf zu reagieren; in der Erwägung, dass der Rechtsrahmen für das Cybersanktionssystem der EU im Mai 2019 angenommen wurde;

Q.   in der Erwägung, dass verschiedene Formen von Attribution ein zentraler Bestandteil von Cyberdiplomatie und Abschreckungsstrategien sind;

R.  in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der EU und der NATO im Einklang mit der Gemeinsamen Erklärung beider Partner von 2016 in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen, einschließlich der Cybersicherheit und -verteidigung, zugenommen hat;

S.  in der Erwägung, dass die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligten Konsensberichte der Gruppe der Vereinten Nationen von Regierungssachverständigen aus den Jahren 2010, 2013 und 2015 einen universellen normativen Rahmen für die Cyberstabilität bilden, mit dem anerkannt wird, dass das geltende Völkerrecht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit, und elf freiwillige nicht verbindliche Normen für verantwortungsvolles staatliches Handeln sowie für vertrauensbildende Maßnahmen und Kapazitätsaufbau für den Cyberraum gelten;

Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr

1.  betont, dass eine gemeinsame Politik und eine weitreichende Zusammenarbeit auf der Ebene der EU beim Aufbau gemeinsamer und auch besserer Fähigkeiten im Bereich der Cyberabwehr zentrale Elemente bei der Entwicklung einer vertieften und verbesserten Europäischen Verteidigungsunion sind und eine komplexe Mischung technischer, strategischer und operativer Kompetenzen erfordern; stellt fest, dass sich Cyberabwehr auf Maßnahmen, Instrumente und Prozesse bezieht, die verhältnismäßig sind und im Einklang mit dem Völkerrecht stehen, sowohl militärische als auch zivile Elemente umfassen und darauf abzielen, unter anderem GSVP-Kommunikations- und Informationsnetze sowie GSVP-Missionen und -Operationen zu schützen und die Mitgliedstaaten zu unterstützen; betont, dass sowohl die gemeinsamen militärischen Cyberabwehrfähigkeiten als auch diejenigen der Mitgliedstaaten dringend entwickelt und gestärkt werden müssen;

2.  weist darauf hin, dass der Cyberraum aufgrund seines grenzüberschreitenden Charakters sowie die beträchtliche Zahl und zunehmende Komplexität von Cyberangriffen eine abgestimmte Reaktion auf der Unionsebene erfordern, was auch die Mobilisierung gemeinsamer Unterstützungsfähigkeiten der Mitgliedstaaten und ihre Unterstützung für Maßnahmen aus dem Instrumentarium der EU im Bereich der Cyberdiplomatie sowie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO auf der Grundlage eines Informationsaustauschs zwischen Cyberkrisenreaktionsteams, des Austauschs bewährter Verfahren, einer verbesserten Ausbildung sowie von Forschung und Übungen einschließt;

3.  begrüßt den Politikrahmen für die Cyberabwehr als ein Instrument zur Unterstützung der Entwicklung von Cyberabwehrfähigkeiten der Mitgliedstaaten; betont, dass im Rahmen der Überprüfung des Politikrahmens für die Cyberabwehr zunächst die bestehenden Defizite und Schwachstellen bei den militärischen Strukturen der EU und der Mitgliedstaaten aufgezeigt werden sollten; hebt hervor, dass die Koordinierung zwischen den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zwischen und mit den Mitgliedstaaten sowie mit dem Europäischen Parlament verbessert werden muss, damit mit dem aktualisierten Politikrahmen für die Cyberabwehr die Ziele der EU im diesem Bereich verwirklicht werden;

4.  fordert den EAD und die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Ausarbeitung eines umfassenden Maßnahmenpakets und einer schlüssigen IT-Sicherheitspolitik fortzusetzen, um die Abwehrfähigkeit zu stärken und die Koordinierung der militärischen Cyberabwehr zu verbessern; fordert nachdrücklich die Verstärkung der Zusammenarbeit mit dem zivilen IT-Notfallteam für die EU (CERT-EU), um in enger Zusammenarbeit mit den Leitern für Informationstechnik (CIO) der jeweiligen Einrichtungen die von allen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU genutzten Netze zu schützen, was auch für die Netze gilt, die für die Kommunikation der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU mit den Mitgliedstaaten genutzt werden; fordert, dass das Europäische Parlament für seine Einbeziehung hinsichtlich der Ergebnisse des CERT-EU und somit für ein IT-Sicherheitsniveau sorgt, das es ihm ermöglicht, alle erforderlichen Verschlusssachen und nicht als Verschlusssache eingestuften Informationen zu erhalten, die es für die Wahrnehmung seiner Aufgaben gemäß den Verträgen benötigt, auch als Ergebnis des laufenden Prozesses zur Ersetzung der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2002 über den Zugang zu Informationen im Bereich Sicherheit und Verteidigung; fordert den EAD auf, für ein angemessenes Maß an Cybersicherheit für seine Vermögenswerte, Räumlichkeiten und Tätigkeiten zu sorgen, was auch für den Hauptsitz, die Delegationen der Union sowie die Missionen und Operationen im Rahmen der GSVP gilt;

5.  nimmt das für den Politikrahmen für die Cyberabwehr aus dem Jahr 2018 formulierte Ziel, ein militärisches CERT-Netz der EU einzurichten, zur Kenntnis; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kapazitäten für den Austausch von Verschlusssachen deutlich zu erhöhen, um den Informationsaustausch dort zu erleichtern, wo er notwendig und sinnvoll ist, und ein schnelles und sicheres europäisches Netz zur Erkennung, Bewertung und Abwehr von Cyberangriffen zu entwickeln;

6.  weist darauf hin, dass die im Rahmen des Fähigkeitenentwicklungsplans (CDP) festgelegten Prioritäten der EU für die Fähigkeitenentwicklung von 2018 das Erfordernis widerspiegeln, das gesamte Spektrum der Fähigkeiten zu entwickeln und die Cyberabwehr zu einer Hauptpriorität zu machen; weist darauf hin, dass mit dem Fähigkeitenentwicklungsplan hervorgehoben wurde, dass Technologien für die Lageerfassung für den Cyberraum und verteidigungsorientierte Cybertechnologien für die Abwehr von Sicherheitsbedrohungen von herausragender Bedeutung sind; begrüßt, dass die Europäische Verteidigungsagentur die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung ihrer Fähigkeiten zur Verbesserung der Cyberabwehrfähigkeit etwa der Fähigkeit, Cyberangriffe zu erkennen, sie abzuwehren und sich davon zu erholen, unterstützt; nimmt die verschiedenen Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur zur Kenntnis, darunter das Projekt CyDRE zur Anforderungsanalyse für die Cyberabwehr, in dessen Rahmen eine Unternehmensarchitektur für Operationen im Cyberraum, was auch Umfang, Funktionalitäten und Anforderungen einschließt, auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der EU und der Mitgliedstaaten entwickelt werden soll;

7.  fordert die Mitgliedstaaten auf, einen gemeinsamen Kommunikationsstandard festzulegen, der für Verschlusssachen und nicht als Verschlusssache eingestufte Informationen verwendet werden könnte, wodurch rasches Handeln gefördert und für ein sicheres Netz zur Abwehr von Cyberangriffen gesorgt werden soll;

8.  begrüßt, dass die Koordinierte Jährliche Überprüfung der Verteidigung – die erste vollumfängliche Überprüfung der Verteidigung auf der Ebene der EU – eines der wichtigen Instrumente ist, mit denen die Gesamtkohärenz der Verteidigungsausgaben, der Verteidigungsplanung und der Verteidigungszusammenarbeit der Mitgliedstaaten unterstützt wird, und zur Förderung von Investitionen in die Entwicklung von Cyberabwehrfähigkeiten beigetragen werden soll;

9.  begrüßt die Fortschritte, die im Rahmen des Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich in Form mehrerer einschlägiger Projekte in den Bereichen Nachrichtenwesen, gesicherte Kommunikation und Cyberabwehr bereits erzielt wurden; begrüßt insbesondere die Forderung nach einem leicht einsetzbaren und vernetzten Instrumentarium für Cyberabwehr und die Tatsache, dass der Europäische Verteidigungsfonds auch dazu beitragen wird, die Abwehrfähigkeit zu stärken und die Abwehrbereitschaft, Reaktionsfähigkeit und Zusammenarbeit im Cyberbereich zu verbessern, sofern bei der Aushandlung der einschlägigen Arbeitsprogramme des Europäischen Verteidigungsfonds eine entsprechende Schwerpunktsetzung beschlossen wird; hebt hervor, dass die Fähigkeit der EU, Projekte im Bereich der Cyberabwehr zu entwickeln, davon abhängt, dass Technologien, Ausrüstung, Dienste, Daten und Datenverarbeitung beherrscht werden und dass auf vertrauenswürdige Akteure aus der Branche zurückgegriffen werden kann, und fordert zugleich, dass die Richtlinie über die Beschaffung von Verteidigungsgütern(6) vollständig umgesetzt und durchgesetzt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Europäischen Verteidigungsfonds zu nutzen, um gemeinsame Cyberabwehrfähigkeiten aufzubauen;

10.  begrüßt die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Cyberverteidigung und der Gefechtsfeldinformationssysteme (C4ISR) sowie die Fortschritte, die im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) erzielt wurden, auch durch die Umsetzung konkreter Projekte wie die Teams für die rasche Reaktion auf Cybervorfälle und die gegenseitige Unterstützung im Bereich der Cybersicherheit; weist darauf hin, dass der Europäische Verteidigungsfonds und die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit hervorragende Möglichkeiten bieten, Cyberabwehrfähigkeiten aufzubauen und Initiativen im Bereich der Cybersicherheit zu beschleunigen, etwa über die Plattform für den Austausch von Informationen über die Reaktion auf Cyberbedrohungen und -vorfälle und das Koordinierungszentrum für den Cyber- und Informationsraum; fordert die Mitgliedstaaten auf, für Kohärenz zu sorgen und sich auf Cyberfähigkeiten zu konzentrieren, indem sie ein gemeinsames Strategiekonzept für die Schwerpunktsetzung ausarbeiten; fordert, dass Forschung, Innovation und der Austausch von Fachwissen gefördert werden, um das volle Potenzial der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und des Europäischen Verteidigungsfonds ausschöpfen; begrüßt den Beschluss des Rates vom 5. November 2020, wonach sich Drittstaaten in bestimmten Fällen an einzelnen Projekten der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit beteiligen können, zumal sie einen Zusatznutzen erzeugen und technisches Fachwissen und zusätzliche Kapazitäten einbringen können und sofern sie eine Reihe vereinbarter politischer, inhaltlicher und rechtlicher Bedingungen erfüllen; hebt hervor, dass es in Ausnahmefällen im strategischen Interesse der EU liegen könnte, dass sich Mitgliedstaaten und Drittstaaten an cyberbezogenen Projekten der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit beteiligen, um ambitioniertere Ziele zu erfüllen, indem auf wirksame Gegenseitigkeit aufgebaut wird;

11.  betont, dass die Cyberabwehr als operative Aufgabe aller GSVP-Missionen betrachtet wird und dass die Cyberabwehrfähigkeit und die damit verbundenen Fähigkeiten vor dem Beginn der GSVP-Planungsverfahren entwickelt, erprobt und eingesetzt werden müssen; weist darauf hin, dass die erfolgreiche Durchführung von Missionen und Operationen der EU in zunehmendem Maße vom unterbrechungsfreien Zugang zu einem sicheren Cyberraum abhängt und daher solide und abwehrfähige operative Cyberfähigkeiten sowie angemessene Reaktionen auf Angriffe, die sich gegen militärische Einrichtungen, Missionen und Operationen richten, erfordert; betont, dass zivile GSVP-Missionen im Einklang mit dem Pakt für die zivile GSVP gegen Cyberangriffe gewappnet sein und in ihrem Rahmen Aufnahmeländer gegebenenfalls unterstützt werden müssen, unter anderem durch Überwachung, Betreuung und Beratung; regt an, Optionen zur Förderung des Aufbaus von Cyberfähigkeiten der Partner der EU zu prüfen, z. B. die Ausweitung des Mandats von Ausbildungsmissionen der EU auf Aspekte der Cyberabwehr oder die Einführung ziviler Cybermissionen;

12.  begrüßt den Beschluss des Rates vom 14. Mai 2019 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen, wodurch gezielte restriktive Maßnahmen zur Abschreckung und Reaktion auf Cyberangriffe ermöglicht werden, die eine Bedrohung für die EU oder ihre Mitgliedstaaten darstellen, wozu auch Cyberangriffe auf Drittstaaten oder internationale Organisationen zählen; begrüßt die Verhängung entsprechender restriktiver Maßnahmen im Juli und Oktober 2020 als überzeugenden Beitrag zur Umsetzung des Instrumentariums der EU im Bereich der Cyberdiplomatie, die auch auf restriktive Maßnahmen setzt, und zur Stärkung der EU-Cyberabschreckung; fordert die Weiterentwicklung und strikte Durchsetzung eines Systems verhältnismäßiger restriktiver Maßnahmen zur Eindämmung von Cyberangriffen, wobei die europäische Sichtweise auf das Internet, d. h. als ein einheitliches, offenes, neutrales, freies, sicheres und nicht fragmentiertes Netz, zu beachten ist;

13.  weist erneut darauf hin, dass gesicherte zivile Produkte und Dienstleistungen aufgrund des dualen Charakters von Cybertechnologien für das Militär von zentraler Bedeutung sind und daher zu einer besseren Cyberabwehr beitragen; begrüßt daher die Anstrengungen unter der Leitung der ENISA und unter Beteiligung der Mitgliedstaaten und Interessenträger, die darauf abzielen, für die EU Zertifizierungssysteme für IKT-Produkte sowie für entsprechende Dienste und Prozesse zur Verfügung zu stellen und somit das allgemeine Niveau der Cybersicherheit im digitalen Binnenmarkt zu erhöhen; betont die wegweisende Rolle der EU bei der Ausarbeitung von Normen, die die Cybersicherheitslandschaft prägen, zu einem fairen Wettbewerb innerhalb der EU und weltweit beitragen und eine Antwort auf extraterritoriale Maßnahmen und Sicherheitsrisiken aus Drittstaaten bilden; nimmt auch die wichtige Aufgabe der ENISA bei der Förderung von Forschungsinitiativen und anderen Formen der Zusammenarbeit zur Verbesserung der Cybersicherheit zur Kenntnis; unterstreicht die Bedeutung von Investitionen in Fähigkeiten in den Bereichen der Cyberabwehr und der Cybersicherheit, die darauf ausgerichtet sind, die Abwehrfähigkeit und die strategischen Kapazitäten der EU und der Mitgliedstaaten zu stärken; hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Programme „Digitales Europa“ und „Horizont Europa“ und insbesondere dessen Clusters „Zivile Sicherheit für die Gesellschaft“ hervor; nimmt die Bedeutung einschlägiger Finanzierungsinstrumente zur Kenntnis, die im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für den Zeitraum 2021–2027 sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität zur Verfügung gestellt werden;

14.   begrüßt die Fortschritte, die einige Mitgliedstaaten der EU bei der Einrichtung von Cyberkommandozentralen innerhalb ihres Militärs erzielt haben;

Strategische Vision – Verwirklichung einer widerstandsfähigen Cyberabwehr

15.  stellt fest, dass der Strategische Kompass dazu dienen wird, die Umsetzung der hochgesteckten Ziele der EU in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung zu verbessern und zu lenken und diesen Anspruch vorrangig bei den erforderlichen Fähigkeiten, auch im Bereich der Cyberabwehr, umzusetzen, wodurch die EU und die Mitgliedstaaten besser in der Lage sein werden, böswillige Cyberaktivitäten zu erkennen, zuzuordnen und zu verhindern, ihnen entgegenzuwirken, davon abzuschrecken, darauf zu reagieren und sich davon zu erholen, indem sie ihre Bereitschaft, ihre Lageerfassung, ihre Rechtsvorschriften, ihren Ethikrahmen, ihre Instrumente, ihre Verfahren und ihre Partnerschaften stärken;

16.  beharrt darauf, dass mit dem Strategischen Kompass die Strategiekultur im Cyberbereich vertieft und etwaige Überschneidungen von Fähigkeiten und Mandaten beseitigt werden sollten; betont, dass es unerlässlich ist, die derzeitige Fragmentierung und Komplexität der gesamten Cyberarchitektur in der EU zu überwinden und eine gemeinsame Vorstellung davon zu entwickeln, wie Sicherheit und Stabilität im Cyberraum erreicht werden können;

17.  betont, dass die Fragmentierung mit ernsthaften Bedenken hinsichtlich des Mangels an Ressourcen und Personal auf der Ebene der EU einhergeht, was das Bestreben, ein möglichst sicheres digitales Umfeld zu schaffen, behindert, und betont daher, dass beide aufgestockt werden müssen; fordert den HR/VP und/oder die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die finanziellen und personellen Ressourcen für die Cyberabwehr aufzustocken, insbesondere für Analysten im Bereich der Cyberaufklärung und für Experten für Computer-Forensik, sowie deren Ausbildung in den Bereichen Entscheidungsfindung und Politikgestaltung, Umsetzung der Politik, Reaktion auf Cybervorfälle und entsprechende Untersuchungen, was auch den Aufbau von Cyberkompetenzen einschließt, damit die EU besser in der Lage ist, Cyberangriffe zu beschreiben und zuzuordnen und somit innerhalb kurzer Zeit in politischer, ziviler und militärischer Hinsicht angemessen zu reagieren; fordert weitere Mittel für das CERT-EU und das Zentrum der Europäischen Union für Informationsgewinnung und Lageerfassung (EU INTCEN) sowie Unterstützung für die Mitgliedstaaten bei der Einrichtung und Stärkung von Sicherheitsoperationszentren, um ein EU-weites Netz dieser Zentren aufzubauen, mit dessen Hilfe die zivil-militärische Zusammenarbeit verbessert werden könnte, um rechtzeitig vor Cybersicherheitsvorfällen zu warnen;

18.  stellt fest, dass eine vereinheitlichte militärische Aus- und Weiterbildung der EU im Cyberbereich das Vertrauen unter den Mitgliedstaaten erheblich steigern würde, da auf diesem Wege die Zahl der standardisierten Betriebsverfahren erhöht würde, klarere Regeln aufgestellt würden und die Durchsetzung verbessert würde; weist in diesem Zusammenhang auf die vom Europäischen Sicherheits- und Verteidigungskolleg (ESVK) im Bereich der Cyberabwehr geleistete wertvolle Ausbildungsarbeit hin und begrüßt in dieser Beziehung die Einrichtung der Plattform zur Aus- und Fortbildung, Evaluierung und Übung bezüglich Cyberfragen, mit der das Ziel verfolgt wird, ziviles und militärisches Personal im Bereich der Cybersicherheit und -abwehr auszubilden und die notwendige Harmonisierung und Standardisierung der Ausbildung im Cyberbereich zu erreichen; betont, dass das Europäische Sicherheits- und Verteidigungskolleg mehr Mittel aus den Strukturfonds der Union erhalten sollte, damit es einen größeren Beitrag zur Förderung der Cyberabwehrkompetenzen in der EU leisten kann, insbesondere angesichts des gesteigerten Bedarfs an hochqualifizierten Cyberexperten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Partnerschaften mit Hochschulen zu fördern, über die Forschungs- und Entwicklungsprogramme im Bereich der Cybersicherheit unterstützt werden, um neue gemeinsame Technologien, Instrumente und Kompetenzen zu entwickeln, die sowohl im zivilen Bereich als auch im Verteidigungsbereich einsetzbar sind; betont, dass Bildung wichtig ist, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die Kompetenzen der Bürger zu verbessern, damit sie sich selbst gegen Cyberangriffe schützen können;

19.  betont, dass geschlechtsspezifische Erwägungen in die EU-Politik im Bereich der Cyberabwehr einbezogen werden müssen und die EU bestrebt sein muss, die geschlechtsspezifische Diskrepanz unter Cyberabwehrexperten zu verringern, insbesondere durch aktive gleichstellungsorientierte Maßnahmen und maßgeschneiderte Schulungsprogramme für Frauen;

20.  weist darauf hin, dass die Cyberabwehr sowohl eine militärische als auch eine zivile Dimension hat und daher eine stärkere Zusammenarbeit, Synergieeffekte und eine Abstimmung von Instrumenten erfordert; betont, dass zunächst Fragen der Zusammenarbeit und der Koordinierung, aber auch Defizite in Bezug auf personelle und technische Ressourcen sowohl auf nationaler Ebene als auch auf der Ebene der EU analysiert und erörtert werden müssen; stellt fest, dass eine erfolgreiche Zusammenführung militärischer und ziviler Ressourcen nur durch Schulungen und Übungen mit allen einschlägigen Interessenträgern möglich ist; weist in diesem Zusammenhang auf die NATO-Übung „Locked Shields“ als eines der besten Beispiele für die Erprobung und Verbesserung der zivilen und militärischen Fähigkeiten im Bereich der Cyberabwehr hin; fordert den HR/VP und die Kommission daher auf, ein politisches Gesamtkonzept zu entwickeln und Synergieeffekte und eine enge Zusammenarbeit zwischen dem militärischen CERT-Netz, CERT-EU und dem Netz der Reaktionsteams für Computersicherheitsverletzungen (CSIRT) zu fördern;

21.  begrüßt die gemeinsame Mitteilung des HR/VP und der Kommission mit dem Titel „Die Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade“, die darauf abzielt, die Synergieeffekte und die Zusammenarbeit in Cyberfragen im zivilen, verteidigungs- und weltraumbezogenen Bereich zu verbessern; betrachtet die Strategie als einen Meilenstein für die Stärkung der Abwehrfähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten gegenüber Cyberangriffen, wodurch die Führungsrolle der EU im Digitalbereich und ihre strategischen Kapazitäten gestärkt werden;

22.   regt die Einrichtung einer Gemeinsamen Cyber-Einheit an, um die Zusammenarbeit zu vertiefen und so dem mangelnden Informationsaustausch zwischen den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU zu begegnen, wodurch für ein sicheres und schnelles Informationssystem gesorgt und die vollumfängliche Nutzung der vorhandenen Strukturen, Ressourcen und Kapazitäten ermöglicht wird; stellt fest, dass eine Gemeinsame Cyber-Einheit beim Schutz der EU vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Cyberangriffen eine wichtige Aufgabe übernehmen könnte, wobei sie sich auf das Konzept des bereichsübergreifenden Informationsaustauschs stützen würde; betont, dass die Koordinierung in diesem Bereich äußerst wichtig ist, um einer Verdoppelung der Strukturen und Verantwortlichkeiten während der Entwicklung aus dem Weg zu gehen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Empfehlung der Kommission vom 23. Juni 2021, die vorsieht, dass spezifische Schnittstellen mit dem Gemeinsame Cyber-Einheit eingerichtet werden, um den Informationsaustausch mit der Cyberabwehrgemeinschaft insbesondere durch die Vertretung des EAD zu ermöglichen; betont ebenfalls, dass Vertreter einschlägiger im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit durchgeführten Projekte die Gemeinsame Cyber-Einheit insbesondere bei der Lageerfassung und der Abwehrbereitschaft unterstützen sollten;

23.  weist darauf hin, dass zur Verbesserung der Cyberabwehrfähigkeiten aufgrund ihres häufig doppelten Verwendungszwecks auch ziviles Fachwissen im Bereich der Netz- und Informationssicherheit benötigt wird; betont, dass die Verbreitung von serienmäßigen Systemen mit doppeltem Verwendungszweck mit Problemen einhergehen könnten, die sich aus der Nutzung der Systeme durch eine wachsende Zahl von staatlichen und nichtstaatlichen feindlich gesinnten Akteuren ergeben; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Reihe entsprechender Druckmitteln zu nutzen, wie die Zertifizierung und die Überwachung der Verantwortung privater Akteure; hebt hervor, dass die technologische Innovation hauptsächlich von Privatunternehmen vorangetrieben wird und daher die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und zivilen Akteuren, darunter der Industrie und der an der Verwaltung kritischer Infrastrukturen beteiligten Einrichtungen, sowie mit KMU, der Zivilgesellschaft, Organisationen und Hochschulen von entscheidender Bedeutung ist und verstärkt werden sollte; nimmt die vorgeschlagene Überarbeitung der Richtlinie über die Sicherheit von Netz- und Informationssystemen (NIS) sowie den Vorschlag für eine Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen zur Kenntnis, die darauf abzielen, kritische Infrastrukturen zu schützen, die Sicherheit der Lieferkette zu erhöhen und regulierte Akteure in das digitale Ökosystem einzubeziehen; weist darauf hin, dass jeder Mitgliedstaat eine eigene Politik für das Risikomanagement in der Lieferkette für Cybersicherheit vorweisen sollte, bei der insbesondere der Frage der vertrauenswürdigen Anbieter Rechnung getragen wird; weist ferner darauf hin, dass die NIS-Richtlinie die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten achten sollte, und verweist auf die einschlägigen Stellungnahmen des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung zu den beiden Vorschlägen;

24.  begrüßt den Start des Netzwerkes der Verbindungsorganisationen für Cyberkrisen (CyCLONe) am 29. September 2020, mit dem der rasche Informationsaustausch und die Lageerfassung weiter verbessert wurden, indem die Lücke zwischen der technischen und der politischen Ebene der EU geschlossen wurde; stellt fest, dass wirksame Fähigkeiten im Bereich der Cyberabwehr einen Paradigmenwechsel von dem Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“ hin zum Grundsatz der erforderlichen Wissensweitergabe verlangen;

25.  begrüßt den Aktionsplan der Kommission für Synergieeffekte zwischen der zivilen Wirtschaft, der Verteidigungs- und der Raumfahrtindustrie und weist auf die enge Verflechtung dieser drei Bereiche bei der Cyberabwehr hin; stellt fest, dass die Infrastruktur, die zur „Erzeugung“ des Cyberraums genutzt wird, im Gegensatz zu anderen militärischen Bereiche hauptsächlich von kommerziellen Unternehmen betrieben wird, die ihren Sitz vorwiegend außerhalb der EU haben, was in industrieller und technologischer Hinsicht zu Abhängigkeiten von Dritten führt; ist der festen Überzeugung, dass die EU ihre technologische Souveränität erhöhen, Innovationen vorantreiben und in den ethnischen Einsatz neuer Technologien wie künstliche Intelligenz und Quanteninformatik in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung investieren muss; unterstützt nachdrücklich die Ausarbeitung einer auf künstliche Intelligenz ausgerichteten Agenda für Forschung und Entwicklung in den Mitgliedstaaten; betont jedoch, dass die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht beim militärischen Einsatz von künstlicher Intelligenz gewahrt werden müssen und dass die EU bei der Förderung eines globalen Rechtsrahmens für künstliche Intelligenz, der auf demokratischen Werten und einem auf der Beteiligung des Menschen ausgerichteten Konzept beruht, eine Führungsrolle einnehmen muss;

26.  nimmt die wichtige Arbeit des Satellitenzentrums der Europäischen Union (Satcen) zur Kenntnis und betont, dass die Union über ausreichende Ressourcen in den Bereichen Satellitenaufnahmen und Informationsgewinnung verfügen muss; fordert das Zentrum auf, die Sicherheit und/oder Anfälligkeit von Satelliten der EU und der Mitgliedstaaten gegenüber Weltraummüll und Cyberangriffen zu analysieren und einen Bericht darüber zu erstellen; hebt hervor, dass das Satellitenzentrum der Europäischen Union mehr strukturelle EU-Mittel erhalten sollte, damit es auch weiterhin einen Beitrag zu den Maßnahmen der Union leisten kann; betont, dass Cyberabwehrfähigkeiten von entscheidender Bedeutung sind, wenn es darum geht, einen sicheren und belastbaren Informationsaustausch mit dem Satellitenzentrum im Bereich der Sicherheit sowohl im Luftraum als auch im Weltraum sicherzustellen, um die strategische Autonomie der EU bei der Lageerfassung zu erhalten und zu verbessern; hebt hervor, dass sich die EU unbedingt darum bemühen muss, die Militarisierung des Weltraums zu verhindern;

27.  begrüßt die Entscheidung des Rates, das Europäische Kompetenzzentrum für Industrie, Technologie und Forschung im Bereich der Cybersicherheit, das Mittel für Cybersicherheit aus den Programmen „Horizont Europa“ und „Digitales Europa“ weiterleiten wird, in Bukarest einzurichten, und ermutigt zu einer nahtlosen Zusammenarbeit mit seinem Netz nationaler Koordinierungszentren; betont, dass das Zentrum für die Umsetzung einschlägiger cybersicherheitsbezogener Vorhaben und Initiativen enorm wichtig ist, die zur Schaffung neuer, für die Abwehrfähigkeit der Union wesentlicher Kapazitäten und zur Stärkung der Koordinierung zwischen dem zivilen und dem verteidigungsbezogenen Bereich der Cybersicherheit beitragen werden; betont, dass das Kompetenzzentrum für Cybersicherheit die wichtigsten europäischen Interessenträger, darunter die Industrie, Hochschul- und Forschungseinrichtungen und andere einschlägige Organisationen der Zivilgesellschaft, zusammenbringen muss, um das Fachwissen im Bereich der Cybersicherheit EU-weit zu erhöhen und zu verbreiten;

28.  betont, dass Verschlüsselung und der legale Zugriff auf verschlüsselte Daten äußerst wichtig sind; weist erneut darauf hin, dass Datenverschlüsselung und der Ausbau und die bestmögliche Nutzung solcher Fähigkeiten wesentlich zur Cybersicherheit von Staaten, Gesellschaften und der Wirtschaft beitragen; fordert die Einrichtung eines Programms für die digitale Souveränität der EU, um die vorhandenen Fähigkeiten in Bezug auf Cyber- und Verschlüsselungsinstrumente, die an den europäischen Grundrechten und -werten wie Privatsphäre, Meinungsfreiheit und Demokratie ausgerichtet sind, zu stärken und zu erweitern, wobei das Ziel verfolgt wird, die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Markt für Cybersicherheit zu verbessern und die Binnennachfrage zu steigern;

29.  begrüßt die künftige „militärische Vision und Strategie für den Cyberraum als Einsatzbereich“, in der der Cyberraum als Einsatzbereich im Rahmen der GSVP der EU definiert wird; fordert eine kontinuierliche Bewertung der Schwachstellen der Informationsinfrastrukturen von GSVP-Missionen und die Umsetzung gemeinsamer harmonisierter Normen für die Aus- und Fortbildung sowie für Übungen im Bereich der Cyberabwehr zur Unterstützung von GSVP-Missionen;

30.  bedauert, dass die derzeitigen Einschränkungen in den als Verschlusssachen eingestuften Systemen des militärischen Planungs- und Durchführungsstabs der EU (MPCC) dessen Fähigkeiten beeinträchtigen; fordert den EAD daher auf, dem militärischen Planungs- und Durchführungsstab rasch ein autonomes und sicheres Kommunikations- und Informationssystem (CIS) nach dem neuesten Stand der Technik, mit dem Daten bis zum Geheimhaltungsgrad „EU – Geheim“ für seine GSVP-Missionen und -Operationen verarbeitet werden können, zur Verfügung zu stellen und für ein angemessenes Schutz- und Abwehrniveau sowie ein eingerichtetes operativ-taktisches Hauptquartier zu sorgen;

31.  fordert die weitere Integration der Cybersicherheit in die Krisenreaktionsmechanismen der EU und die Verknüpfung der bestehenden Initiativen, Strukturen und Verfahren der verschiedenen Cybergemeinschaften im Hinblick auf eine verstärkte gegenseitige Unterstützung und operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere im Falle größerer Cyberangriffe, mit dem Ziel, die Interoperabilität zu erhöhen und ein gemeinsames Verständnis der Cyberabwehr zu entwickeln; betont nachdrücklich die Bedeutung weiterer Übungen, die jedoch häufiger stattfinden sollten, und szenariobasierter politischer Debatten über das Krisenmanagement, auch über die Beistandsklausel (Artikel 42 Absatz 7 EUV) in einem hypothetischen Szenario eines schwerwiegenden Cyberangriffs, der potenziell als bewaffneter Angriff eingestuft wird; fordert, dass mit solchen Initiativen das gemeinsame Verständnis der Durchführungsverfahren für gegenseitige Unterstützung und/oder Solidarität im Einklang mit Artikel 42 Absatz 7 EUV und Artikel 222 AEUV gestärkt wird, auch mit dem spezifischen Ziel, diese Verfahren mit Blick auf Cyberangriffe auf die Mitgliedstaaten zu operationalisieren; begrüßt das Kommuniqué des NATO-Gipfels in Brüssel vom 14. Juni 2021, in dem das Engagement der NATO bekräftigt wird, jederzeit das gesamte Spektrum an Fähigkeiten einzusetzen, um aktiv auf Abschreckung im Hinblick auf Cyberbedrohungen zu setzen, sich gegen diese Bedrohungen zu verteidigen und dagegen vorzugehen, einschließlich der Entscheidung, Artikel 5 je nach Einzelfall geltend zu machen; begrüßt weitere Erörterungen zu den Zusammenhängen zwischen dem Rahmen der EU für das Krisenmanagement im Bereich der Cybersicherheit und dem Instrumentarium in eben diesem Bereich;

32.  stellt fest, dass die EU zunehmend in hybride Konflikte mit geopolitischen Kontrahenten verwickelt ist; betont, dass diese Aktivitäten besonders destabilisierend und gefährlich sind, da die Grenzen zwischen Krieg und Frieden durch sie verwischt, Demokratien destabilisiert und Zweifel bei der anvisierten Bevölkerung gesät werden; weist erneut darauf hin, dass diese Angriffe für sich selbst genommen oft nicht schwerwiegend genug sind, um Artikel 5 des NATO-Vertrags oder Artikel 42 Absatz 7 AEUV auszulösen, sie jedoch eine kumulative strategische Wirkung haben und nicht wirksam durch Gegenmaßnahmen des beeinträchtigten Mitgliedstaats bekämpft werden können; ist der Auffassung, dass die EU daher eine Lösung anstreben sollte, um dieses rechtliche Vakuum zu füllen, indem sie Artikel 42 Absatz 7 AEUV und Artikel 222 AEUV dahingehend neu auslegt, dass das Recht auf kollektive Verteidigung unterhalb der Schwelle der kollektiven Verteidigung gewahrt bleibt und kollektive Gegenmaßnahmen der Mitgliedstaaten der EU auf freiwilliger Basis möglich sind, und dass sie auf internationaler Ebene mit Verbündeten auf eine ähnliche Lösung hinarbeiten sollte; betont, dass dies das einzige wirksame Mittel ist, um der Lähmung bei der Reaktion auf hybride Bedrohungen entgegenzuwirken, und die Möglichkeit bietet, die Kosten für die Kontrahenten der EU zu steigern;

33.  bekräftigt, dass solide gemeinsame Fähigkeiten für die Attribution eines der wichtigsten Instrumente zur Stärkung der Fähigkeiten der EU und der Mitgliedstaaten und ein wesentlicher Bestandteil einer wirksamen Cyberabwehr und Cyberabschreckung sind; betont, dass die Verbesserung des Informationsaustauschs in Bezug auf technische Informationen, Analysen und Bedrohungsdaten zwischen den Mitgliedstaaten auf der Ebene der EU eine kollektive Attribution auf eben dieser Ebene ermöglichen könnte; stellt fest, dass die Cyberabwehr bis zu einem gewissen Grad wirksamer ist, wenn sie auch einige offensive Mittel und Maßnahmen umfasst, sofern deren Einsatz mit dem Völkerrecht vereinbar ist; hebt hervor, dass die explizite Attribution von Cyberangriffen ein nützliches Instrument der Abschreckung ist; fordert, eine gemeinsame öffentliche Attribution böswilliger Cyberaktivitäten in Betracht zu ziehen, was auch die Möglichkeit umfassen sollte, unter der Leitung des EAD Berichte über das Cyberverhalten bestimmter Akteure zu erstellen, mit denen auf der Ebene der EU staatlich geförderte böswillige Cyberaktivitäten gegen die Mitgliedstaaten zusammengefasst werden;

34.  ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO im Bereich der Cybersicherheit enorm wichtig ist, da sie eine offizielle gemeinsame Attribution böswilliger Cybervorfälle und somit die Verhängung restriktiver Sanktionen und Maßnahmen ermöglichen und verstärken könnte; weist darauf hin, dass sich eine funktionsfähige Abwehrfähigkeit und eine wirksame Abschreckung erreichen ließe, wenn potenziellen Angreifern der Katalog möglicher Gegenmaßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie deren Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen (je nach Schwere, Umfang und Ziel der Cyberangriffe) bekannt wäre;

35.  begrüßt den Vorschlag des HR/VP, die Einrichtung einer EU-Arbeitsgruppe für Cyberinformationen der Mitgliedstaaten innerhalb des Zentrums der Europäischen Union für Informationsgewinnung und Lageerfassung voranzutreiben und zu erleichtern, um die strategische nachrichtendienstliche Zusammenarbeit in Bezug auf Cyberbedrohungen und -aktivitäten zu fördern, wobei das Ziel verfolgt wird, die Lageerfassung der EU und die Entscheidungsfindung in Bezug auf eine gemeinsame diplomatische Reaktion weiter zu unterstützen; ermutigt zu weiteren Fortschritten bei den gemeinsamen Vorschlägen, insbesondere bei dem laufenden Austausch mit der EU-Analyseeinheit für hybride Bedrohungen und dem Pendant bei der NATO im Hinblick auf die gemeinsame Nutzung der Lageerfassung und von Analysen sowie auf die taktische und operative Zusammenarbeit;

Stärkung der Partnerschaften und Ausbau der Rolle der EU im internationalen Kontext

36.  ist der Ansicht, dass der Zusammenarbeit mit der NATO im Bereich der Cyberabwehr eine wichtige Funktion zukommt, wenn es darum geht, Cyberangriffe zu verhindern, für Abschreckung zu sorgen und auf Cyberangriffe zu reagieren, die Bereiche der kollektive Sicherheit der Mitgliedstaaten berühren; fordert die Mitgliedstaaten auf, Beweismaterial und Erkenntnisse in vollem Umfang auszutauschen, damit sie in die Erstellung von Cybersanktionslisten einfließen können; fordert eine verstärkte Koordinierung mit der NATO in diesem Bereich durch die Teilnahme an Cyberübungen und gemeinsamen Schulungen wie parallelen und koordinierten Übungen (PACE);

37.  stellt fest, dass sich die EU und die NATO in Angelegenheiten abstimmen sollten, in denen feindliche Akteure die euro-atlantischen Sicherheitsinteressen bedrohen; äußert seine Besorgnis über das systematische aggressive Verhalten, das insbesondere von China, Russland und Nordkorea im Cyberraum an den Tag gelegt wird, einschließlich zahlreicher Cyberangriffe auf staatliche Einrichtungen und private Unternehmen; ist der Auffassung, dass sich die Zusammenarbeit der EU und der NATO auf Herausforderungen in den Bereichen Cybertechnologien, hybride Technologien, neue bahnbrechende Technologien (EDT), Weltraum, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung konzentrieren sollte; fordert nachdrücklich eine Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, um für abwehrfähige, erschwingliche und sichere Hochgeschwindigkeitsnetze zu sorgen, die den Sicherheitsnormen der EU und der Mitgliedstaaten genügen und nationale und internationale Informationsnetze sichern, mit denen sensible Daten und Mitteilungen verschlüsselt werden können;

38.  begrüßt die Vereinbarung zwischen dem CERT-EU und der Stelle der NATO für die Reaktion bei Computervorfällen (NCIRC), mit der sichergestellt werden soll, dass auf Bedrohungen in Echtzeit reagiert werden kann, indem die Prävention und Erkennung von Cybersicherheitsvorfällen sowie die Reaktion darauf sowohl in der EU als auch in der NATO verbessert werden; betont ferner, dass es wichtig ist, die Ausbildungskapazitäten im Bereich der Cyberabwehr im Rahmen von IT- und Cybersystemen in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für kooperativen Schutz vor Computerangriffen der NATO (CCDCOE) und der Kommunikations- und Informationsakademie der NATO (NCI Academy) zu erhöhen;

39.  fordert eine weitere Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, insbesondere in Bezug auf die Interoperabilitätsanforderungen im Bereich der Cyberabwehr, indem mögliche Komplementaritäten und ein für beide Seiten vorteilhafter Ausbau der Kapazitäten ausgelotet und weitere einschlägige GSVP-Strukturen in die Initiative „Federated Mission Networking“ (FMN) der NATO aufgenommen werden, wobei Doppelarbeit zu vermeiden ist und ihre jeweiligen Zuständigkeiten anerkannt werden; fordert, dass die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit der EU und sowie die Initiative „Intelligente Verteidigung“, die Initiative „Streitkräfte im Verbund“ und die Zusage zu Investitionen im Verteidigungsbereich der NATO ausgeweitet werden und dass Zusammenlegung und gemeinsame Nutzung gefördert werden, um Synergieeffekte und Effizienzsteigerungen in den Beziehungen zwischen Anbietern und Endnutzern zu erzielen; begrüßt die Fortschritte, die bei der Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO im Bereich der Cyberabwehr erzielt wurden, insbesondere beim Austausch von Konzepten und Doktrinen, bei der wechselseitigen Teilnahme an Cyberübungen und bei gegenseitigen Unterrichtungen, insbesondere zu Cyberaspekten bei der Krisenbewältigung; schlägt die Einrichtung eines gemeinsamen Informationszentrums der EU und der NATO für Cyberbedrohungen sowie einer gemeinsamen Taskforce für Cybersicherheit vor;

40.  fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, den Organen der EU, den NATO-Verbündeten, den Vereinigten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei der Abwehr von Cyberangriffen; befürwortet in diesem Zusammenhang die weitere Förderung der vertrauensbildenden Maßnahmen der OSZE für den Cyberraum und betont, dass wirksame Instrumente der internationalen Zusammenarbeit entwickelt werden müssen, um den Ausbau der Cyberkapazitäten der Partner zu unterstützen sowie vertrauensbildende Maßnahmen und eine umfassende Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und Interessenträgern zu entwickeln und zu fördern; begrüßt, dass in der EU-Strategie für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum vom 19. April 2021 einem globalen, offenen, freien, stabilen und sicheren Cyberraum große Bedeutung beigemessen wird; spricht sich dafür aus, aktiv engere Beziehungen zu gleichgesinnten Demokratien im indopazifischen Raum wie den USA, Südkorea, Japan, Indien, Australien und Taiwan aufzubauen, um Fachwissen und Erfahrungen sowie Informationen über die Bekämpfung von Cyberbedrohungen auszutauschen; betont, dass die Zusammenarbeit mit anderen Ländern – insbesondere in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU – wichtig ist, um diese Länder beim Aufbau ihrer Kapazitäten zur Abwehr von Cyberbedrohungen zu unterstützen; würdigt die Unterstützung der Kommission für Programme zur Cybersicherheit in Ländern des Westbalkans und der Östlichen Partnerschaft; betont, dass das Völkerrecht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit, vordringlich zu achten ist, der weithin anerkannte internationale normative Rahmen für verantwortungsvolles staatliches Handeln einzuhalten ist und Beiträge zur laufenden Debatte über die Modalitäten der Anwendung des Völkerrechts im Cyberraum im Rahmen der Vereinten Nationen zu leisten sind;

41.  unterstreicht, dass eine starke Partnerschaft im Cyberbereich mit dem Vereinigten Königreich, das in Bezug auf sein Arsenal zu Cyberabwehr eine führende Stellung einnimmt, äußerst wichtig ist; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob erneut ein Verfahren in Gang gesetzt werden kann, mit dem künftig ein formaler, strukturierter Rahmen für die Zusammenarbeit in diesem Bereich geschaffen werden kann;

42.  betont, dass Frieden und Stabilität im Cyberraum sichergestellt werden müssen; fordert alle Mitgliedstaaten und die EU auf, bei Debatten und Initiativen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eine Führungsrolle – unter anderem durch Unterbreitung eines Aktionsprogramms – zu übernehmen, einen proaktiven Ansatz bei der Schaffung eines internationalen gemeinsamen Rechtsrahmens zu verfolgen, die Rechenschaftspflicht, die Einhaltung neuer Normen und die Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung digitaler Technologien tatsächlich voranzutreiben und auf der Grundlage der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligten Konsensberichte der Gruppe der Vereinten Nationen von Regierungssachverständigen ein verantwortungsvolles staatliches Handeln im Cyberraum zu fördern; begrüßt die Empfehlungen des Abschlussberichts der offenen Arbeitsgruppe, insbesondere zur Aufstellung eines Aktionsprogramms; fordert die Vereinten Nationen auf, den Dialog zwischen den Staaten, Forschern, Wissenschaftlern, Organisationen der Zivilgesellschaft, Akteuren im Bereich der humanitären Hilfe und dem Privatsektor zu fördern, um für integrative politische Entscheidungsprozesse zu sorgen, die auf die Ausarbeitung neuer internationaler Bestimmungen ausgerichtet sind; fordert, dass alle bestehenden multilateralen Bemühungen beschleunigt werden, damit die normativen und ordnungspolitischen Rahmen nicht durch die technologische Entwicklung und neue Methoden der Kriegsführung überholt werden; fordert die Modernisierung der Architektur für Rüstungskontrolle, um das Entstehen einer Grauzone im Digitalbereich zu vermeiden; fordert, dass die Friedenssicherungsmissionen der Vereinten Nationen zur wirksamen Umsetzung ihrer Mandate verstärkt werden, indem sie mit Kapazitäten zur Cyberabwehr ausgestattet werden;

43.  weist erneut auf seinen Standpunkt zum Verbot der Entwicklung, der Herstellung und des Einsatzes vollautonomer Waffen hin, die Angriffe ohne nennenswertes menschliches Zutun ermöglichen; fordert den HR/VP, die Mitgliedstaaten und den Europäischen Rat auf, einen gemeinsamen Standpunkt zu autonomen Waffensystemen anzunehmen, mit dem dafür Sorge getragen wird, dass eine wirksame menschliche Kontrolle über kritische Funktionen von Waffensystemen besteht; fordert, dass internationale Verhandlungen über ein rechtsverbindliches Instrument aufgenommen werden, mit dem vollautonome Waffen untersagt werden;

44.  hebt die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten hervor, wenn es darum geht, bewährte Vorgehensweisen im Bereich der Cyberabwehr auszutauschen;

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o   o

45.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidenten der Kommission, den mit Verteidigung und Cybersicherheit befassten Agenturen der EU, dem NATO-Generalsekretär und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 194 vom 19.7.2016, S. 1.
(2) ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 15.
(3) ABl. L 246 vom 30.7.2020, S. 12.
(4) ABl. L 351 I vom 22.10.2020, S. 5.
(5) ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 57.
(6) Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76).


Die Arktis: Chancen, Bedenken und Sicherheitsherausforderungen
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu der Arktis: Chancen, Probleme und Sicherheitsfragen (2020/2112(INI))
P9_TA(2021)0413A9-0239/2021

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Titel V des Vertrags über die Europäische Union, insbesondere auf die Artikel 21, 22, 34 und 36 sowie auf den fünften Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 9. Oktober 2008 zu der Politik für den Arktischen Raum(1), vom 20. Januar 2011 zu einer nachhaltigen EU-Politik für den hohen Norden(2), vom 12. März 2014 zu der EU-Strategie für die Arktis(3), vom 16. März 2017 zu einer integrierten Politik der Europäischen Union für die Arktis(4), vom 3. Juli 2018 über Klimadiplomatie(5) und vom 28. November 2019 über den Klima- und Umweltnotstand(6),

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker (UNDRIP), die am 13. Dezember 2007 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Juli 2018 zur Verletzung der Rechte indigener Völker in der Welt, unter anderem durch Landnahme(7),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. November 2008 mit dem Titel „Die Europäische Union und die Arktis“ (COM(2008)0763) und die gemeinsamen Mitteilungen vom 26. Juni 2012 mit dem Titel „Entwicklung einer Politik der Europäischen Union für die Arktis: Fortschritte seit 2008 und nächste Schritte“ (JOIN(2012)0019) und vom 27. April 2016 mit dem Titel „Eine integrierte Politik der Europäischen Union für die Arktis“ (JOIN(2016)0021),

–  unter Hinweis auf die einschlägigen Empfehlungen der Delegation für die Zusammenarbeit im Norden und für die Beziehungen zur Schweiz und zu Norwegen, im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Island und im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) (DEEA),

–  unter Hinweis auf die Zusammenfassung der Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zur EU-Politik für die Arktis vom Januar 2021,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020(8) und die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 (COM(2019)0640) zum europäischen Grünen Deal,

–  unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC),

–  unter Hinweis auf das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des UNFCCC in Paris verabschiedete Übereinkommen („Übereinkommen von Paris“),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Dezember 2009 zum Thema Arktis, vom 12. Mai 2014 zur Entwicklung einer Politik der Europäischen Union für die Arktis, vom 20. Juni 2016 zur Arktis, vom 21. November 2019 zu Weltraumlösungen für eine nachhaltige Arktis und vom 9. Dezember 2019 zur EU-Politik für die Arktis,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 15. Mai 2017 zu indigenen Völkern und die gemeinsame Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 17. Oktober 2016 über die Umsetzung der außenpolitischen Maßnahmen der EU für indigene Völker (SWD(2016)0340),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. November 2008 über die Europäische Union und die Arktis (COM(2008)0763),

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Ilulissat, die am 28. Mai 2008 von den fünf Arktis-Anrainerstaaten USA, Russland, Kanada, Norwegen und Dänemark verkündet und im Mai 2018 bekräftigt wurde,

–  unter Hinweis auf die Einsetzung des Ostseerates (CBSS) und des Euro-Arktischen Barents-Rates (BEAC),

–  unter Hinweis auf den Beschluss 2014/137/EU des Rates vom 14. März 2014 über die Beziehungen zwischen der Europäischen Union einerseits und Grönland und dem Königreich Dänemark andererseits,

–  unter Hinweis auf die Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union vom Juni 2016,

–  unter Hinweis auf die nationalen Arktis-Strategien, insbesondere die Strategien der Staaten des arktischen Raums, d. h. des Königreichs Dänemark, Schwedens und Finnlands, sowie die Strategien weiterer Mitgliedstaaten der EU und des EWR,

–  unter Hinweis auf die Strategie der Europäischen Union für maritime Sicherheit,

–  unter Hinweis auf die von der Kommission am 26. Oktober 2016 veröffentlichte Weltraumstrategie für Europa (COM(2016)0705),

–  unter Hinweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ), das am 10. Dezember 1982 abgeschlossen wurde und seit dem 16. November 1994 in Kraft ist,

–  unter Hinweis auf das UNESCO-Übereinkommen vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Verhinderung der unregulierten Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer vom 3. Oktober 2018 (CAOF-Übereinkommen),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR),

–  unter Hinweis auf den internationalen Verhaltenskodex für in polaren Gewässern verkehrende Schiffe („Polar-Code“) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation,

–  unter Hinweis auf das Internationale Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS), das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) in seiner durch das Protokoll von 1978 und durch das Protokoll von 1997 geänderten Fassung, das Internationale Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW) in seiner 1995 und 2010 geänderten Fassung, das Übereinkommen von 1972 über die Internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (COLREGs), das Übereinkommen von 1965 zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs (FAL) und das Internationale Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR),

–  unter Hinweis auf den Spitzbergenvertrag (zuvor der „Vertrag über das Archipel Spitzbergen“) vom 9. Februar 1920,

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Ottawa vom 19. September 1996 zur Einrichtung des Arktischen Rats,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen, die auf dem Parlamentarischen Forum der Nördlichen Dimension im November 2019 in Bodø (Norwegen), im November 2017 in Brüssel, im Mai 2015 in Reykjavik (Island), im November 2013 in Archangelsk (Russland), im Februar 2011 in Tromsø (Norwegen) und im September 2009 in Brüssel angenommen wurden,

–  unter Hinweis auf die drei rechtsverbindlichen Abkommen, die unter der Schirmherrschaft des Arktischen Rates ausgehandelt wurden, nämlich das Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Suche und Rettung auf See in der Arktis von 2011, das Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Vorsorge und Reaktion auf Meeresverschmutzung in der Arktis von 2013 und das Übereinkommen zur Verbesserung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Arktis von 2017,

–  unter Hinweis auf die Erklärung anlässlich der 14. Konferenz des Ständigen Ausschusses der Parlamentarier des Arktischen Raums, die am 13./14. April 2021 abgehalten wurde,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. September 2020 mit dem Titel „Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen: Einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit abstecken“ (COM(2020)0474),

–  unter Hinweis auf das EU-Arktis-Forum, das 2019 in Umeå (Schweden) stattfand,

–  unter Hinweis auf die Berichte des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC), insbesondere den IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima und den Sonderbericht über die globale Erwärmung um 1,5°C,

–  unter Hinweis auf den am 21. Dezember 2017 veröffentlichten zusammenfassenden Bericht über die Konsultation des Arktischen Stakeholder-Forums zur Ermittlung der wichtigsten Investitionsprioritäten in der Arktis und der Möglichkeiten, künftige EU-Finanzierungsprogramme für die Region besser zu straffen,

–  unter Hinweis auf das Strategiepapier des Europäischen Zentrums für politische Strategie vom Juli 2019 mit dem Titel: „Walking on Thin Ice: A Balanced Arctic Strategy for the EU“ (Unterwegs auf dünnem Eis: eine ausgewogene Arktis-Strategie für die EU),

–  unter Hinweis auf den Nordatlantikvertrag, die von den Staats- und Regierungschefs, die an der Tagung des Nordatlantikrats am 8./9. Juli 2016 in Warschau teilgenommen haben, abgegebene Gipfelerklärung sowie die Analysen und Empfehlungen der vom NATO-Generalsekretär eingesetzten Reflexionsgruppe „NATO 2030“: United for a New Era“,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0239/2021),

A.  in der Erwägung, dass die Arktis in den zurückliegenden Jahrzehnten eine Region des Friedens mit geringen Spannungen und einer konstruktiven internationalen Zusammenarbeit der acht Arktis-Anrainerstaaten (Dänemark, Schweden, Finnland, Island, Norwegen, Russland, Kanada und USA) war; in der Erwägung, dass die Arktis-Anrainerstaaten und die internationale Gemeinschaft diesen Zustand beibehalten und weiterhin politischen Willen zeigen sollten, im Einklang mit dem Völkerrecht zusammenzuarbeiten und strittige Fragen zu lösen;

B.  in der Erwägung, dass die geopolitische Bedeutung der Region zunimmt und die Zukunft der Arktis und die globalen Herausforderungen, denen sich die Arktis gegenübersieht und die über die der Anrainerstaaten der Arktis hinausgehen, daher eine Multi-Level-Governance erfordern, wobei regionale Zusammenarbeit und internationale Lösungen angestrebt werden müssen; in der Erwägung, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Geopolitik und der Sicherheit der Arktis und der dort herrschenden Umweltsituation besteht, die wiederum stark von den Folgen des Tuns der Menschen in anderen Weltregionen beeinflusst wird;

C.  in der Erwägung, dass sich das umfassende Governance-Modell für die Arktis, das sich im Wesentlichen auf das Völkerrecht stützt, als wirksam und robust erwiesen hat; in der Erwägung, dass sich die Zusammenarbeit als nützlichstes Instrument für den Aufbau von Beziehungen zwischen den Arktis-Anrainerstaaten erwiesen hat;

D.  in der Erwägung, dass der derzeitige Governance-Rahmen für die Arktis, der sich auf den Arktischen Rat konzentriert, in den letzten 25 Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität der Region geleistet hat; in der Erwägung, dass der Arktische Rat das wichtigste Forum für die Zusammenarbeit in der Arktis ist und dass seine Arbeitsgruppen als Plattform für eine positive und konstruktive internationale Zusammenarbeit dienen;

E.  in der Erwägung, dass die Bemühungen des Arktischen Rates um eine friedliche und konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Arktis-Anrainerstaaten von entscheidender Bedeutung war, was zu mehreren verbindlichen Abkommen zwischen ihnen geführt hat; in der Erwägung, dass die Arktis in der Vergangenheit zwar relativ wenig von globalen geopolitischen Konflikten betroffen war, ihre militärische Bedeutung und geopolitische strategische Rolle jedoch zunehmen; in der Erwägung, dass Sicherheit und Politik in der Arktisregion immer stärker mit globalen Fragen verknüpft sind, wobei Entwicklungen außerhalb der Arktis wahrscheinlich Folgen für die Anrainerstaaten der Arktis haben und umgekehrt, was die Vermeidung von Ausstrahlungseffekten geopolitischer Spannungen und Konflikte in anderen Regionen auf die Arktis umso wichtiger werden lässt;

F.  in der Erwägung, dass das Engagement des Arktischen Rates für das Wohlergehen der Einwohner der Arktisregion, die nachhaltige Entwicklung der Region und den Schutz der arktischen Umwelt, auch in Bezug auf gesunde Ökosysteme, die Bewahrung und Wiederherstellung der Artenvielfalt und die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, von der EU uneingeschränkt unterstützt wird;

G.  in der Erwägung, dass sich die EU seit langem für eine enge Zusammenarbeit in der Arktis einsetzt und sich seit Jahrzehnten in der Arktis engagiert, und zwar durch ihre Beteiligung an der Politik der Nördlichen Dimension mit Russland, Norwegen und Island, ihre Beteiligung an der Schaffung des Ostseerates (CBSS), ihre Zusammenarbeit in der europäisch-arktischen Barentsregion, insbesondere im Euro-Arktischen Barents-Rat und im Barents-Regionalrat, ihre strategischen Partnerschaften mit Kanada und den USA sowie durch ihre Teilnahme mit einem aktiven De-facto-Beobachterstatus im Arktischen Rat; in der Erwägung, dass die EU mehr als eine Milliarde Euro zur regionalen Entwicklung und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der europäischen Arktisregion beigetragen hat;

H.  in der Erwägung, dass das Völkerrecht die Grundlage für das internationale Engagement und die internationale Zusammenarbeit in der Arktis bildet; in der Erwägung, dass insbesondere des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) und die Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), die einen Rahmen für die internationale Zusammenarbeit und die Maßnahmen bei Fragen in Bezug auf das Nordpolarmeer bilden, bekräftigt und gestärkt werden sollten; in der Erwägung, dass das SRÜ den Rechtsrahmen festlegt, innerhalb dessen alle Tätigkeiten in den Ozeanen und Meeren durchgeführt werden müssen, den Küstenstaaten wirtschaftliche Rechte in Bezug auf ihre ausschließlichen Wirtschaftszonen sowie ihren Festlandsockel gewährt und regelt, dass Hochseegebiete keiner staatlichen Souveränität unterliegen; in der Erwägung, dass die Arktis-Anrainerstaaten in der Erklärung von Ilulissat bestätigt haben, dass sie bei staatlichem Handeln im Nordpolarmeer das Völkerrecht, insbesondere das Seerechtsübereinkommen, einhalten werden; in der Erwägung, dass die IMO weltweit geltende Regulierungsstandards für die Sicherheit, die Gefahrenabwehr und die Umweltbilanz der internationalen Schifffahrt festlegt;

I.  in der Erwägung, dass die Arktis in besonderem und zunehmendem Maße von den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels und der Verschlechterung der biologischen Vielfalt betroffen ist, darunter steigende Temperaturen, Veränderungen des Zustands der Eisflächen, Flächenbrände, steigende Meeresspiegel, sich verändernde Wettermuster, invasive gebietsfremde Arten, ein starker Rückgang der biologischen Vielfalt und das Auftauen der Permafrostböden, was sich nicht nur auf den gesamten Planeten auswirkt, sondern auch ein Risiko für die lokale Infrastruktur darstellt; in der Erwägung, dass lokale Anpassungsstrategien und der Schutz des arktischen Ökosystems nicht isoliert vom globalen Rahmen für Klimaschutzmaßnahmen angegangen werden können und dass die Umsetzung des Übereinkommens von Paris im Mittelpunkt einer solchen Zusammenarbeit steht;

J.  in der Erwägung, dass einige Teile der Arktis die höchste Konzentration von Kunststoffabfällen weltweit aufweisen, von denen bereits arktische Tierarten betroffen sind, was die Gefahr einer Kontaminierung des Nahrungskreislaufs birgt und sich letztlich auf die Menschen auswirkt;

K.  in der Erwägung, dass das alarmierende Tempo der schmelzenden Eiskappen in der Arktis auf den Klimawandel und Faktoren zurückzuführen ist, die hauptsächlich außerhalb der Arktis entstanden sind; in der Erwägung, dass der Klimawandel als ein Bedrohungsmultiplikator betrachtet werden sollte, durch den bestehende Tendenzen, Spannungen und Instabilität noch verschärft werden;

L.  in der Erwägung, dass das Abschmelzen der arktischen Eiskappe und der daraus resultierende Anstieg des Meeresspiegels weltweit schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Sicherheit der Menschen haben würden; in der Erwägung, dass das Abschmelzen der Eiskappe Grönlands weltweit zu einem Anstieg der Meeresspiegel um bis zu 7,2 Metern führen könnte, wodurch viele Regionen weltweit überflutet werden könnten; in der Erwägung, dass einige Bevölkerungsgruppen in der Arktis bereits von den Folgen des Abschmelzens der Eiskappen betroffen sind, was zu Migrationsströmen geführt hat; in der Erwägung, dass durch das Abschmelzen des Eises auf Grönland auch die biologische Vielfalt verändert wird;

M.  in der Erwägung, dass zu den verschiedenen Bedrohungen, denen die Arktis infolge menschlicher Aktivitäten ausgesetzt ist, insbesondere das Auftauen der Permafrostböden zählt; in der Erwägung, dass Permafrostböden etwa 24 % der nördlichen Hemisphäre bedecken, insbesondere große Gebiete im Norden Russlands; in der Erwägung, dass die Permafrostböden einen großen Anteil an gefährlichem Methan und CO2 enthalten und dass durch ihr Auftauen Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt werden, was zur globalen Erwärmung beiträgt; in der Erwägung, dass durch das Auftauen der Permafrostböden womöglich Ökosysteme verändert werden und die Sicherheit auf unerwartete Weise beeinträchtigt wird;

N.  in der Erwägung, dass die Herausforderungen für die Arktis zwar hauptsächlich durch den globalen Klimawandel und Aktivitäten außerhalb der Arktis verursacht werden, dass die Auswirkungen des Klimawandels jedoch in der Arktis besonders deutlich zutage treten, da sich die Arktis dreimal schneller erwärmt als der globale Durchschnitt und das arktische Meereis in nie dagewesenem Tempo abschmilzt, wobei der Anstieg des Meeresspiegels katastrophale soziale, ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen nicht nur in der Region selbst, sondern auch weltweit hat; in der Erwägung, dass diese Auswirkungen das regionale Ökosystem, die Geografie und die Wirtschaft verändern, indem sie potenziell neue Verkehrswege eröffnen, den Handel fördern, den Zugang zu seltenen natürlichen Ressourcen ermöglichen und Forschung, Fischerei und Tourismus intensivieren; in der Erwägung, dass einige dieser Veränderungen ein enormes Potenzial für eine technologisch fortschrittliche, umweltfreundliche und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung bieten; in der Erwägung, dass die die Arktis betreffenden Herausforderungen in der Verantwortung der ganzen Welt liegen, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel; in der Erwägung, dass die EU diese Herausforderungen sowohl durch ihre eigenen Verpflichtungen als auch durch Hilfeleistung für andere bewältigen sollte;

O.  in der Erwägung, dass es schwierig ist, von Menschen verursachte Umweltkatastrophen in der Arktisregion, insbesondere im Zusammenhang mit der Förderung von Erdöl und sonstigen arktischen Ressourcen, einzudämmen und in den Griff zu bekommen, und dass die Beseitigung der dabei verursachten Schäden hohe Kosten verursachen kann; in der Erwägung, dass es im Mai 2020 in Sibirien zur größten Ölverschmutzung in der Arktisregion kam, als mehr als 20 000 Tonnen Dieselkraftstoff ausliefen und die umgebenden Böden und Gewässer in der Nähe der russischen Stadt Norilsk verschmutzten, wobei die Dekontaminierungsarbeiten noch nicht abgeschlossen sind;

P.  in der Erwägung, dass die größtenteils exogenen Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis und das Wiederaufleben des geopolitischen Wettbewerbs in der Region erschwerende Faktoren für eine nachhaltige Entwicklung und den Erhalt der traditionellen Lebensgrundlagen in der fragilen Umwelt der Arktis darstellen und sich auf die Sicherheit und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Region auswirken können;

Q.  in der Erwägung, dass die geoökonomische Bedeutung der Region aufgrund des wachsenden Interesses an ihrem Reichtum und an ihren reichlich vorhandenen natürlichen Ressourcen, darunter auch Rohstoffe von kritischer Bedeutung, sowie an ihren neu entstehenden Seeverkehrsrouten und an ihrem Potenzial für den Seeverkehr rasch zunimmt; in der Erwägung, dass die arktischen Länder zwar das Recht haben, Ressourcen in ihrem eigenen Hoheitsgebiet zu nutzen, aber auch die Pflicht haben, dies auf verantwortungsvolle Weise zu tun; in der Erwägung, dass die Erforschung und Nutzung der arktischen Ressourcen erhebliche Risiken für die empfindlichen Ökosysteme und die lokale Bevölkerung in der Region mit sich bringen; in der Erwägung, dass 2019 ein Großteil der Ausfuhren von Energie, Metallen, Mineralien und Fisch aus den Arktis-Anrainerstaaten auf die EU und das Vereinigte Königreich entfiel;

R.  in der Erwägung, dass infolge des Abschmelzens des Eises die Nordwestpassage, die Route durch das Nordmeer und die künftige transpolare Seeroute eisfrei sein werden; in der Erwägung, dass die natürlichen Ressourcen der Arktis weitgehend der nationalen Hoheitsgewalt der Arktis-Anrainerstaaten unterliegen und die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf diese Ressourcen unstreitig sind; in der Erwägung, dass die Notwendigkeit, nachhaltige Lösungen für Energieerzeugung und -transport zu entwickeln und zu finden, die weltweite Nachfrage nach Metallen der Seltenen Erden erhöht hat, wodurch die weitgehend ungenutzten natürlichen Ressourcen der Arktis in den Fokus geraten sind; in der Erwägung, dass es in der Arktis riesige Vorkommen Seltener Erden gibt; in der Erwägung, dass derzeit 90 % der weltweit geförderten Seltenen Erden aus China stammen;

S.  in der Erwägung, dass in erster Linie die Staaten des arktischen Raums für die nachhaltige Entwicklung der Arktis verantwortlich sind, wobei jedoch die erheblichen Auswirkungen externer Faktoren nicht übersehen werden können und die internationale Gemeinschaft daher verpflichtet ist, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die arktische Region zu schützen und ihre Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten;

T.  in der Erwägung, dass in den Regionen rund um die Arktis über vier Millionen Menschen leben, darunter mehr als 40 verschiedene indigene Völker und lokale Gemeinschaften sowie eine halbe Million EU-Bürgerinnen und -Bürger; in der Erwägung, dass das einzige anerkannte indigene Volk der EU, die Samen, in den arktischen Regionen Finnlands und Schwedens sowie Norwegens und Russlands lebt; in der Erwägung, dass die indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften bei der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und dem Erhalt der biologischen Vielfalt eine wesentliche Rolle spielen; in der Erwägung, dass die Demografie für die regionale Entwicklung wichtig ist;

U.  in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Forschung heute wichtiger ist denn je, um die mit der schwerwiegenden Verschlechterung der Umwelt und dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen zu bewältigen;

V.  in der Erwägung, dass die EU im Rahmen des Programms Horizont 2020 mehr als 200 Millionen EUR für die Arktisforschung bereitgestellt hat;

W.  in der Erwägung, dass sich die EU verpflichtet hat, im Einklang mit der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union und der EU-Strategie für maritime Sicherheit auf einen offenen und sicheren globalen maritimen Bereich hinzuarbeiten;

X.  in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der EU mit der Arktis auf Geschichte, Geografie, Wirtschaft und Forschung beruht; in der Erwägung, dass die Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung, der Kohäsionspolitik und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit für den Abbau geopolitischer Spannungen hervorgehoben werden sollte; in der Erwägung, dass die EU als globaler Akteur stets ihr Engagement für eine friedliche, umweltfreundliche, kooperative, nachhaltige und wohlhabende Arktis unter Beweis gestellt hat und bestrebt ist, den in der Arktis lebenden Menschen eine nachhaltige Zukunft zu sichern; in der Erwägung, dass die EU eindeutig ihre Bereitschaft bekundet hat, eine noch wichtigere Rolle zu spielen;

Y.  in der Erwägung, dass die EU in der Lage ist, auf vielfältige Weise einen Beitrag zur Lösung potenzieller neu auftretender Herausforderungen und zur Verhütung von Konflikten in der Arktis zu leisten;

Z.  in der Erwägung, dass der von der EU gestellte Antrag auf Aufnahme als vollwertiger Beobachter in den Arktischen Rat, dessen Eingang die Mitglieder des Arktischen Rates im Jahr 2013 bestätigt haben, noch nicht beantwortet wurde; in der Erwägung, dass die endgültige Entscheidung aufgrund des Widerstands einiger Mitglieder des Arktischen Rates verschoben wurde; in der Erwägung, dass sich das Parlament bereits in der Vergangenheit hinter diesen Antrag gestellt hat; in der Erwägung, dass sich die EU aktiv an den Arbeiten der einschlägigen Gruppen, Arbeitsgruppen und Sachverständigengruppen des Arktischen Rates beteiligt; in der Erwägung, dass das breite Spektrum an regionalen Kompetenzen, Fachkenntnissen und bestehenden Initiativen der EU als Rahmen für gemeinsame Projekte dienen kann;

AA.  in der Erwägung, dass Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Polen, Spanien und Italien – allesamt Beobachter im Arktischen Rat – beträchtliches Engagement in der Arktis und großes Interesse an einem künftigen Dialog und einer künftigen Zusammenarbeit mit dem Arktischen Rat zeigen; in der Erwägung, dass Estland und Irland beantragt haben, Beobachter im Arktischen Rat zu werden;

AB.  in der Erwägung, dass Island und Norwegen als engagierte und verlässliche Partner durch den EWR und die Schengener Übereinkommen mit der EU assoziiert sind;

AC.  in der Erwägung, dass die Stabilität der Arktis seit langem im Großen und Ganzen gut erhalten geblieben ist, dass die Region jedoch zunehmend Gegenstand eines wachsenden internationalen Interesses geworden ist und von der sich wandelnden Sicherheitslage, einschließlich der zunehmenden Remilitarisierung der Russischen Föderation in der Region, betroffen ist; in der Erwägung, dass die von der Russischen Föderation getätigten wirtschaftlichen und militärischen Investitionen in der Arktis die Investitionen der übrigen Arktis-Anrainerstaaten bei Weitem übersteigen; in der Erwägung, dass die Russische Föderation neue und modernisierte alte Militärstützpunkte in den nördlichen Regionen errichtet und die Fähigkeit zur Zugangsverweigerung und Absperrung von Gebieten (A2/AD) gestärkt hat, wodurch die Schifffahrtsrechte auf der strategischen Nordmeerroute eingeschränkt werden, die von Russland fälschlicherweise als Binnenwasserstraße geltend gemacht wird; in der Erwägung, dass Russland seine Nordmeerflotte zu einem Militärbezirk aufgewertet und verschiedene Teile seiner Streitkräfte ausgebaut hat, die unter anderem mit neuen U-Booten, nuklear und konventionell angetriebenen Eisbrechern, Kampfradarsystemen und Raketensystemen ausgestattet sind; in der Erwägung, dass Russland das Konzept der Bastionsverteidigung wiederbelebt hat, mit dem seine strategischen Fähigkeiten von der Barentssee bis zur Beringstraße geschützt werden sollen; in der Erwägung, dass Russland auch seine Marine- und Luftpatrouillen, Unterseeboote und seine Taktiken der elektronischen Kriegsführung verstärkt hat, was eine sehr besorgniserregende Entwicklung darstellt; in der Erwägung, dass diese geopolitischen Entwicklungen zu vermehrten Manövern, Truppenstationierungen, Patrouillen und Investitionen in militärische Fähigkeiten im Arktisraum geführt haben; in der Erwägung, dass die Militarisierung des Gebiets dem Geist der Zusammenarbeit zuwiderläuft, von dem die zwischenstaatlichen Beziehungen in der Arktisregion bisher geleitet waren;

AD.  in der Erwägung, dass die Barentssee das wichtigste Testgebiet für ballistische Raketensysteme und Marschflugkörper ist, während das Gebiet östlich von Nowaja Semlja das wichtigste Gebiet für Atomwaffentests ist;

AE.  in der Erwägung, dass Russland die Souveränität und territoriale Integrität seiner friedlichen Nachbarstaaten verletzt hat und gegen die Freiheit der Schifffahrt im Asowschen Meer, im Schwarzen Meer und in der Ostsee verstößt, was bei der Bewertung künftiger Szenarien für die Aufrechterhaltung der derzeitigen friedlichen Koexistenz in der Arktis nicht außer Acht gelassen werden darf;

AF.  in der Erwägung, dass Chinas weitreichende Projekte und Initiativen Anlass zu großer Sorge geben; in der Erwägung, dass China im Januar 2018 sein erstes Weißbuch zur Arktispolitik vorgelegt hat und eine langfristige Strategie zur Stärkung seiner Position in der Arktis verfolgt, sich selbst zu einem „arktisnahen Staat“ erklärt hat und das Ziel verfolgt, eine „Polarmacht“ zu werden sowie seine Zusammenarbeit mit Russland in der Arktis auszubauen; in der Erwägung, dass China als Erweiterung seiner Seidenstraßen-Initiative („Belt and Road Initiative“) eine polare Seidenstraße für Handelswege durch die Arktisregion geschaffen und regionale wissenschaftliche Erkundungsmissionen organisiert hat, wobei Forschungszentren in der Arktis eingerichtet und 24 Satelliten zur Beobachtung der Polarregion entwickelt wurden; in der Erwägung, dass China ein aktiver Teilnehmer im Arktischen Rat ist und eine bilaterale Zusammenarbeit mit einzelnen Anrainerstaaten der Arktis und anderen Interessenträgern betreibt, um Unterstützung für seine Initiativen zu gewinnen;

AG.  in der Erwägung, dass die meisten Akteure in der Arktis ihre Strategien aktualisiert haben, um der sich rasch verändernden Lage in der Arktisregion und der wachsenden wirtschaftlichen und geostrategischen Bedeutung der Region Rechnung zu tragen;

Internationale Zusammenarbeit als Grundlage für eine sichere, stabile, florierende, zugängliche und friedliche Arktis

1.  bekräftigt erneut, dass die Arktis von strategischer und politischer Bedeutung für die EU als Akteur in der Arktis und als globaler Akteur ist, und weist auf das Bestreben der EU hin, ein verantwortungsvoller Akteur zu sein, der sich um die langfristige nachhaltige und friedliche Entwicklung der Region bemüht, indem sie mit internationalen Partnern uneingeschränkt zusammenarbeitet; hält es für entscheidend, dass alle Interessenträger, einschließlich der EU und ihrer Mitgliedstaaten, handeln, um die friedliche und intensive internationale und regionale Zusammenarbeit, wissenschaftliche Forschung, Wohlstand und geringe Spannungen in der Arktis aufrechtzuerhalten und auf die äußerst alarmierenden Auswirkungen und Folgen des Klimawandels in der Region zu reagieren; ist der Auffassung, dass die Arktis einen wesentlichen Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht des Planeten leistet, betrachtet mit Zufriedenheit, dass die Region schon seit langem ein Hort des Friedens und der fruchtbaren internationalen Zusammenarbeit ist und beglückwünscht den Arktischen Rat zum 25. Jubiläum des Bestehens dieses wichtigsten Forums für die Zusammenarbeit in der Arktis, das seine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, einen konstruktiven und positiven Geist der Zusammenarbeit zu bewahren;

2.  unterstützt die Gültigkeit der drei Grundpfeiler der integrierten Politik der EU für die Arktis, nämlich ambitionierte Maßnahmen gegen den Klimawandel und Schutz der Umwelt der Arktis, Förderung der nachhaltigen Entwicklung und Stärkung der internationalen Zusammenarbeit; Hebt die Bedeutung einer ausgewogenen Arktispolitik der EU hervor und ist der Ansicht, dass die EU in einer einzigartig guten Position ist, aus der heraus sie zur Koordinierung und Ergänzung der Arktispolitik der Mitgliedstaaten beitragen kann, und betont daher, dass die Innen- und Außenpolitik der EU in Bezug auf die Arktis kohärenter sein müssen; fordert die EU nachdrücklich auf, eine Arktis-Dimension in ihre sektorspezifischen politischen Maßnahmen aufzunehmen, wann immer dies angebracht ist;

3.  Betont die Bedeutung der Beobachter im Arktischen Rat, die über große Erfahrung verfügen und sich seit langem in der wissenschaftlichen und politischen Zusammenarbeit in der Arktis engagieren; begrüßt in diesem Zusammenhang den laufenden Dialog zwischen den Beobachterstaaten und dem Vorsitz des Arktischen Rates; unterstützt den Antrag der EU auf einen vollwertigen Beobachterstatus im Arktischen Rat und fordert die Mitglieder des Arktischen Rates auf, dem Ersuchen der EU stattzugeben; betont jedoch, dass die EU de facto bereits Beobachterstatus im Arktischen Rat und damit die Möglichkeit hat, zu gleichen Bedingungen wie andere Beobachter mitzuwirken und Beiträge zu leisten;

4.  betont, dass die EU zu einer verbesserten multilateralen Ordnungspolitik in der Arktis beitragen, eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen fördern sowie die Arktis im Einvernehmen mit der einheimischen Bevölkerung schützen und erhalten muss; fordert die EU auf, auch künftig mit Fachwissen und Finanzmitteln zum Arktischen Rat beizutragen, indem sie ihr Engagement in den Arbeitsgruppen und bei den verschiedenen Projekten des Arktischen Rates verstärkt; ist der Ansicht, dass das Nordpolargebiet als Teil der nördlichen Nachbarschaft der EU betrachtet und stärker in bestehende Foren einbezogen werden sollte; betont, dass die Nördliche Dimension als konstruktives Forum für die länderübergreifende Zusammenarbeit dient und ein erfolgreiches Modell für die bereichsbezogene Zusammenarbeit ist, in dem die EU in gleicher Weise wie Russland, Norwegen und Island sowie andere Beobachterstaaten zur gemeinsamen Politik beiträgt; begrüßt die weitere praktische Zusammenarbeit in vielfältigen Bereichen; betont die Zusammenarbeit zwischen lokalen und nationalen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren im Euro-Arktischen Barents-Rat, in dem die EU Vollmitglied ist, bei Themen, die für den Barentsseeraum von besonderer Bedeutung sind; stellt fest, dass der Euro-Arktische Barents-Rat eine wichtige Funktion dabei übernommen hat, Vertrauen und gegenseitiges Verständnis im Norden aufzubauen und gleichzeitig die Zusammenarbeit zwischen arktischen Ländern zu verbessern; stellt fest, dass die EU auch bestrebt sein sollte, in anderen politischen Foren im Zusammenhang mit der Entwicklung der Arktis mitzuwirken;

5.  begrüßt den laufenden Prozess zur Aktualisierung der Arktispolitik der EU, die das Interesse der EU an der Arktis widerspiegeln und die gemeinsamen Herausforderungen der zunehmenden internationalen Aufmerksamkeit, die der Arktis geschenkt wird, und der klimatischen, ökologischen, geopolitischen und geoökonomischen Veränderungen in der Region angehen sollte; ist der Ansicht, dass die Politik neue Akteure wie China umfassen sollte und dass die Sicherheitsdimension der Arktis in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU behandelt werden sollte; ist insbesondere der Ansicht, dass in die aktualisierte Arktispolitik der EU eine umfassende Herangehensweise an die Sicherheit, bei dem die Themen Umwelt und Gesundheit in besonderem Maße berücksichtigt werden, sowie Fragen der maritimen Sicherheit aufgenommen werden sollten; stellt fest, dass eine derart umfassende aktualisierte Politik, die auf einem Konsens zwischen allen Mitgliedstaaten beruht, es der EU ermöglichen wird, in der Region eine wirksame, proaktive und ehrgeizigere Rolle zu spielen, wobei den drängenden Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der zunehmenden geopolitischen Bedeutung der Arktis Rechnung getragen wird, aber auch den Interessen der EU-Bürger, vor allem derjenigen, die in der Arktis leben, und insbesondere den indigenen Völkern, dienen wird; betont, dass eine solche Politik sowohl die interne als auch die externe Dimension der Beziehungen der EU zur Arktis widerspiegeln und eine Dimension der nachhaltigen Konnektivität umfassen sollte, um die zentralen Probleme der Bewohner der Arktis zu lösen, wie etwa die Sicherstellung hochwertiger Internetverbindungen;

6.  ist der Ansicht, dass mit der neuen Politik der EU für die Arktis das Bewusstsein und das Engagement der EU-Bürger, der Wissenschaft und der Unternehmen für arktische Angelegenheiten in breiter angelegter Art und Weise gestärkt werden sollte; fordert die Einrichtung eines zentralen Arktis-Portals, das alle Initiativen und Tätigkeiten der EU-Organe in der Arktis abdeckt;

7.  stellt fest, dass das Interesse an der Arktis und ihren Ressourcen zunimmt; ist zutiefst besorgt über die negativen Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere die rasch schmelzenden Eismassen und der Raubbau an Ressourcen, wodurch neue Elemente und Realitäten für bestimmte Formen der wirtschaftlichen Entwicklung geschaffen und weitere Störungen der zunehmend anfälligen arktischen Ökosysteme bewirkt werden;

8.  betont, dass das umfassende Modell für Ordnungspolitik auf der Grundlage des Völkerrechts allen arktischen Staaten und der Region insgesamt zugutegekommen ist und für Vorhersehbarkeit und Stabilität in der Region gesorgt hat; betont, dass das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten des arktischen Raums durch die bestehenden regionalen Strukturen vorangebracht wurden; betont, dass es in erster Linie Aufgabe der Staaten des arktischen Raums ist, Probleme in ihrem Hoheitsgebiet zu lösen; weist jedoch darauf hin, dass externe Mächte einen maßgeblichen Einfluss auf die derzeitigen und künftigen Herausforderungen für die Region ausüben; bekräftigt, dass das Völkerrecht Eckpfeiler des Rechtsrahmens zur Regelung der internationalen Beziehungen in der Arktis ist, und hebt die Bedeutung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ) als Grundlage für sämtliche meeresbezogenen Tätigkeiten und insbesondere von dessen Artikel XV. hervor, was die friedliche Beilegung von Seerechtsstreitigkeiten und die unterschiedlichen Streitbeilegungsverfahren in Bezug auf die Festlegung der Grenzen auf dem arktischen Festlandsockels sowie die Beilegung von Streitigkeiten um Hoheitsgewässer in der Arktis anbelangt; wiederholt in diesem Zusammenhang seine Forderung an die EU und die Mitgliedstaaten, eine stärkere Rolle bei der wirksamen Umsetzung internationaler Übereinkommen zu spielen, und fordert die USA auf, das SRÜ zu ratifizieren; hebt ferner die Bedeutung der im Rahmen des SRÜ geschaffenen internationalen Gremien hervor, einschließlich der Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels (CLCS), der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) und des Internationalen Seegerichtshofs (ISGH), sowie von Foren wie dem Arktischen Rat, der Konferenz der Parlamentarier des arktischen Raums, dem Euro-Arktischen Barents-Rat, der Nördlichen Dimension und den Vereinten Nationen, und setzt sich weiterhin für eine starke und aktive Beteiligung an der parlamentarischen Zusammenarbeit bei arktischen Angelegenheiten ein;

9.  erkennt den Status der Souveränität der Arktis-Staaten und ihrer Hoheitsrechte im Einklang mit dem Völkerrecht an; ist der Ansicht, dass die Sicherung der Errungenschaften von drei Jahrzehnten friedlicher Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung ist; betont, dass die Fähigkeit der EU, Lösungen für potenzielle die Sicherheit betreffende Herausforderungen anzubieten, voll ausgeschöpft werden sollte; betont, dass angesichts der Vielzahl komplexer und miteinander verflochtener Fragen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen, ökologischen und sicherheitspolitischen Entwicklung der Arktis globale, regionale und lokale Foren für den Dialog über die Sicherheitsbedürfnisse der Region erforderlich sind;

Klimawandel in der Arktis

10.  ist zutiefst besorgt über die Ergebnisse des Sonderberichts des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima, wonach die Erderwärmung in den vergangenen Jahrzehnten zum weitverbreiteten Rückgang der Kryosphäre mit einem massenhaften Verlust bei der Eisdecke und bei Gletschern, einem Rückgang bei der Schneedecke und bei der Ausdehnung und Stärke der arktischen Meereseisdecke sowie einem Anstieg der Temperatur im Permafrost geführt hat; ist zutiefst besorgt über die Folgen für die öffentliche Gesundheit und die Sicherheit, wenn durch das Auftauen des Permafrostes Bakterien und Viren freigelegt werden, die seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden dort schlummerten;

11.  betont, dass die Artenvielfalt in der Arktis in alarmierender Geschwindigkeit abnimmt, und ist zutiefst besorgt über die Ergebnisse des Globalen Sachstandsberichts der zwischenstaatlichen Plattform für biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen (IPBES), auch Weltbiodiversitätsrat genannt; betont, dass der Verlust an Artenvielfalt nicht nur auf den Klimawandel, sondern auch auf den Meeresbodenbergbau zurückzuführen ist, der laut IPBES im arktischen Raum wahrscheinlich zunehmen wird, je mehr Eis dort schmilzt;

12.  ist beunruhigt über Berichte, wonach durch das Auftauen des Permafrostbodens freigesetzte Bakterien klimaschädliches CO2 freisetzen, aber auch – ebenso wie Viren – eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Tieren und des Menschen darstellen können; stellt fest, dass der Klimawandel und das Auftauen der Permafrostböden schädliche Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Region haben, sie zur Zerstörung bzw. Verschlechterung der bestehenden Infrastruktur, Straßen und Gebäude sowie zu einer massiven Zunahme von Arbeits- und Verkehrsunfällen geführt haben und auch Kultur- und Kulturerbestätten sowie die Lebensweise indigener Völker dadurch bedroht werden;

13.  betont, dass die EU eine Politik betreiben sollte, mit der sichergestellt wird, dass die Maßnahmen zur Bewältigung von Umweltproblemen den Interessen der Bevölkerung des arktischen Raumes, einschließlich seiner indigenen Bevölkerungsgruppen, durch den Schutz und die Entwicklung dieser Region Rechnung tragen;

14.  fordert die EU nachdrücklich auf, die Federführung zu übernehmen, wenn es gilt, einen anspruchsvollen Klimaschutzplan für die Arktis auszuarbeiten, der auf die Eindämmung der weltweiten Treibhausgasemissionen und die Anpassung an den Klimawandel ausgerichtet ist und mit dem gleichzeitig innovative Lösungen unterstützt werden, die für die Arktis von Bedeutung sind;

Geopolitische Entwicklungen in der Arktis

15.  begrüßt, dass die Stabilität der Arktis seit langem von Konflikten in anderen Teilen der Welt relativ unbeeinflusst geblieben ist, und betont, wie wichtig es ist, Ausstrahlungseffekte geopolitischer Entwicklungen in anderen Regionen auf die Arktis zu verhindern; stellt jedoch fest, dass sich die sicherheitspolitische und militärische Lage in der Arktis in den letzten Jahren grundlegend geändert hat, und erkennt die strategische Bedeutung der Region an; weist darauf hin, dass eine sichere, stabile, nachhaltige, friedliche und wohlhabende Arktis für die weiter gefasste Sicherheit Europas und sein strategisches Umfeld eine entscheidende Rolle spielt; Betont ferner, dass militärische Aktivitäten in der Arktis vorhersehbar und transparent sowie so durchgeführt werden müssen, dass dadurch die Sicherheit und Stabilität gefördert werden, und dass eine verstärkte Militarisierung in Verbindung mit sich global verschlechternden geopolitischen Beziehungen zu Zwischenfällen und erhöhten Sicherheitsrisiken führen kann; fordert dementsprechend einen verstärkten regionalen Dialog, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Zurückhaltung im militärischen Bereich und regt einen Verhandlungsprozess und vertrauensbildende Maßnahmen an, die auf das langfristige Ziel einer Verringerung der militärischen Ausrüstung in der Region abzielen;

16.  nimmt die besondere geografische Lage der Russischen Föderation zur Kenntnis, deren Hoheitsgewässer und Wirtschaftszonen weit größer als aller anderen arktischen Länder sind; betont in diesem Zusammenhang, dass Russland aufgrund seiner besonderen geografischen Gegebenheiten zwangsläufig ein Gesprächspartner ist, dem Land aufgrund dessen jedoch auch mehr Verantwortung zukommt;

17.  nimmt die herausragende Stellung der Arktis in den militärischen Strategien aller Akteure in der Region zur Kenntnis und fordert sie nachdrücklich auf, ihre Arktispolitik unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts zu betreiben; ist zutiefst besorgt über die fortschreitende militärische Aufrüstung Russlands, die unter den arktischen Anrainerstaaten am stärksten betrieben wird und die Entwicklung von Systemen zur Zugangsverweigerung und Absperrung von Gebieten (A2/AD-Kapazitäten) sowie die Reaktivierung und den Wiederaufbau der nuklearen Seestreitkräfte und einer Eisbrecherflotte umfasst, von denen einige Russland mit Marschflugkörpern und elektronischen Kriegsführersystemen ausstatten will; ist der Ansicht, dass solche Maßnahmen nicht durch die militärische Lage vor Ort gerechtfertigt sind und weit über legitime Verteidigungszwecke hinausgehen, was den Willen Russlands widerspiegelt, eine strategische militärische Überlegenheit in der Region zu erreichen, was zu Instabilität und einem erhöhten Konfrontationsrisiko führen und von der Murmansk-Initiative von 1987 abweichen würde, mit der die Arktis in eine internationale „Friedenszone“ umgewandelt werden sollte; fordert die im Polargebiet gelegenen Länder nachdrücklich auf, keine militärischen Außenposten bzw. keine durch Streitkräfte geschützten wissenschaftlichen Außenposten zu errichten;

18.  bedauert, dass Russland einen viel stärker wettbewerbsorientierten wenn nicht gar konfrontativen Blickwinkel auf die Arktis übernommen hat und diese als Raum der militärischen, territorialen und wirtschaftlichen Expansion sowie als Schauplatz für eigene Großmachtbestrebungen begreift, anstatt die Vorteile eines kooperativen Engagements hervorzuheben;

19.  fordert alle Staaten des arktischen Raums auf, einen konstruktiven und für alle Seiten vorteilhaften Dialog aufzunehmen, bei dem es um sämtliche Fragen geht, angefangen beim Umweltschutz über die Wirtschaftsentwicklung bis hin zu militärischen Einsätzen; weist darauf hin, dass die EU und Russland wesentliche gemeinsame Interessen in einer Reihe von Bereichen haben, die die Arktis betreffen, darunter auf dem Gebiet der maritimen Sicherheit und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Umweltfragen; betont jedoch, dass eine konstruktive Zusammenarbeit dem Grundsatz der selektiven Kooperation folgen sollte, und zwar auch in den Bereichen des Klima- und Umweltschutzes, und den Zweck der Sanktionen und restriktiven Maßnahmen, die infolge des Handelns der russischen Regierung in anderen Teilen der Welt verhängt werden, nicht gefährden darf und mit der Strategie der EU gegenüber der Russischen Föderation im Einklang stehen sollte; merkt an, dass der Arktische Rat als Plattform für die Aufrechterhaltung und Fortführung eines offenen Dialogs mit Russland bei auch für die EU wichtigen Fragen angesehen werden sollte;

20.  Ist der Ansicht, dass die Aufnahme der Arktis in Chinas Programme zur wirtschaftlichen Entwicklung, die auf eine Einbindung der arktischen nördlichen Seeroute in die chinesische Initiative der neuen Seidenstraße (als eine „polare Seidenstraße“) abzielen, von der EU aufmerksam verfolgt und bei der Aktualisierung ihrer Arktispolitik berücksichtigt werden muss, da sie der Betrachtung der Arktis als ein eigenständiges Gebiet, das von der globalen Geopolitik abgeschirmt ist, zuwiderläuft; nimmt in diesem Zusammenhang die Investitionen Chinas in Forschung, neue Eisbrecher und strategische Infrastrukturprojekte in der Arktis zur Kenntnis, die an die Vorgehensweise des Landes in anderen Teilen der Welt erinnern, und weist darauf hin, dass die EU in diesem Bereich nicht an maßgeblichem Einfluss zugunsten von Drittländern einbüßen sollte; zeigt sich besorgt darüber, dass China versucht, in Seehäfen entlang der nördlichen Seeroute zu investieren und sich Rechte zum Abbau von Bodenschätzen zu sichern, um unter anderem seine Präsenz in der Arktis festzuschreiben, und fordert die Staaten des arktischen Raums nachdrücklich auf, ausländische Investitionen in ihre Einrichtungen und Infrastruktur von strategischer Bedeutung sorgfältig zu überprüfen;

Schutz der Freiheit der Schifffahrt

21.  begrüßt die Annahme und das Inkrafttreten des internationalen Verhaltenskodex für in polaren Gewässern verkehrende Schiffe (Polarkodex) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation am 1. Januar 2017;

22.  fordert eine Bewertung der Umsetzung des Polarkodex der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation sowie der Standards und Pflichten gemäß den Übereinkommen SOLAS und MARPOL, damit festgestellt werden kann, ob diese von den in der Arktis tätigen Rechtsträgern vollständig umgesetzt wurden, und damit Lücken und Schwachstellen ermittelt werden können, die es noch zu beheben gilt; fordert alle Anrainerstaaten der Arktis nachdrücklich auf, rasch die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Polarkodex uneingeschränkt durchzusetzen; legt allen nicht dem SOLAS-Übereinkommen unterliegenden Schiffe nahe, freiwillig diese Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen sowie andere Maßnahmen und Leitlinien für eine sichere und umweltfreundliche Schifffahrt und einen sicheren und umweltfreundlichen Einsatz in der Arktis einzuhalten;

23.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, stärker zur Förderung der wirksamen Durchführung internationaler Übereinkünfte beizutragen, wie des Übereinkommens von Paris, des Minamata-Übereinkommens, des Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, des Göteborg-Protokolls, des Stockholmer Übereinkommens, des Polarkodex, des Übereinkommens von Aarhus und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt;

24.  fordert nachdrücklich eine gemeinsame Verantwortung für die Sicherheit des menschlichen Lebens auf See und die Nachhaltigkeit der polaren Umwelt, da die Polarschifffahrt in den kommenden Jahren mengenmäßig wachsen und sich in ihrem Wesen diversifizieren wird; begrüßt in diesem Zusammenhang zusätzlich zum Polarkodex die Maßnahmen im Bereich Schiffswegeführung, die darauf abzielten, die Risiken von Zwischenfällen zu mindern und Sperrzonen einzurichten, um die Schiffsverkehrssicherheit zu verbessern und die fragile und einzigartige Umwelt zu schützen; hebt die Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten hervor, wenn es darum geht, einen Beitrag zur Verhütung und Beilegung von Konflikten in der Arktis, zum Aufbau ziviler Sicherheitsmechanismen sowie zum Ausbau der Krisenmanagementkapazitäten und der Such- und Rettungsinfrastrukturen zu leisten; betont, dass sich die EU mit ihrer Expertise im Bereich der Gefahrenabwehr und Sicherheit im Seeverkehr mit Fähigkeiten und Kenntnissen auf dem Gebiet der Schifffahrt und Navigation einbringen kann; erkennt an, dass es bereits eine substanzielle grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Such- und Rettungseinsätzen gibt; legt der EU nahe, ihre Beiträge zur Notfallverhütung und -vorsorge sowie Katastrophenbewältigung im Arktischen Rat, im Forum der arktischen Küstenwache und im Euro-Arktischen Barents-Rat zu verstärken; nimmt jedoch mit Besorgnis den sich entwickelnden und rasch wachsenden Schiffsverkehr und die Energiegewinnung entlang der nördlichen Seeroute zur Kenntnis, die geopolitischen Spannungen und Umweltbedenken ausgelöst haben; nimmt das wachsende nationale Interesse an der Entwicklung der Nordostpassage, vor allem von Russland und China, zur Kenntnis, als Mittel zur Ankurbelung des eigenen Wirtschaftswachstums und zum Ausbau eines weltweit wettbewerbsfähigen nationalen Verkehrsnetzes; nimmt die Entwicklung von Großprojekten im Energiebereich wie die derzeitige russisch-chinesische Zusammenarbeit bei dem Yamal-LNG-Projekt und dem Projekt „Arktisches LNG 2“ zur Kenntnis und ist besorgt darüber, dass sich durch solche Vorhaben die Frachtmengen über die Nordostpassage erhöhen und einen erheblichen Druck auf das bereits bedrohte Ökosystem der Arktis mit sich bringen werden;

25.  ist sich des großen Vorteils Russlands bei der Zahl seiner Eisbrecher und der Entwicklung von Programmen zum Bau vieler neuer Eisbrecher in China bewusst und fordert die Mitgliedstaaten und andere Partnerländer auf, ihre eigenen Kapazitäten in diesem Bereich aufzubauen; ist der Ansicht, dass die EU den Bau und Einsatz von mehr Eisbrechern und Schiffen mit Eisschutz unter EU-Flagge fördern sollte;

26.  betont, dass die Meeresüberwachung und der Austausch von Informationen in der Arktisregion verbessert werden müssen; unterstützt weitere Investitionen in die Beobachtung und Navigation im Weltraum durch die Satellitennetzwerke Copernicus und Galileo sowie durch In-situ-Informationen des europäischen Meeresbeobachtungs- und Datennetzwerks (EMODNET), um die Notfallmaßnahmen, die sichere Navigation und die Kenntnisse über den Klimawandel zu verbessern; stellt fest, dass die Zunahme der menschlichen Aktivitäten in der Region, einschließlich des zunehmenden Tourismus, Anlass zu ernster Sorge in Bezug auf die menschliche Sicherheit gibt, insbesondere vor dem Hintergrund harter Wetterbedingungen und begrenzter Kapazitäten für Such- und Rettungseinsätze; ist der Ansicht, dass die internationale Zusammenarbeit sowie enge Partnerschaften zwischen dem militärischen, dem öffentlichen und dem nichtstaatlichen Sektor von wesentlicher Bedeutung sind, um für einen angemessenen Zivilschutz in der Region zu sorgen; betont, dass man bewährte Verfahren in Bezug auf Such- und Rettungsaktionen fördern und austauschen sowie die Interoperabilität von Such- und Rettungseinheiten durch gemeinsame Übungen vorantreiben muss; empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Schaffung neuer Projekte der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit in Erwägung zu ziehen, die beispielsweise auf Suche und Rettung oder auf Umweltschutzmaßnahmen ausgerichtet sind oder auf die Stärkung der Fähigkeiten der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der Arktis abzielen; hält die EU und die Mitgliedstaaten dazu an, Übungen durchzuführen, in denen simuliert wird, wie das Katastrophenschutzverfahren der EU in der Arktis breit umgesetzt werden kann;

27.  weist mit Nachdruck darauf hin, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass die Rechte ausländischer Schiffe im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, insbesondere dessen Artikel 17–21 und 37–41, darunter das Recht auf friedliche Durchfahrt, das Recht auf Transitdurchfahrt und die Freiheit der Schifffahrt, in der Arktis uneingeschränkt eingehalten werden; verurteilt die Maßnahmen Russlands, mit denen die Rechte der Seeschifffahrt auf den nördlichen Seewegen beschnitten werden, indem das Land diese als Binnengewässer unter seiner vollständigen souveränen Kontrolle ausweist, regulatorische und administrative Hindernisse entlang der Strecke für die ausländische Schifffahrt schafft und das Erfordernis auferlegt, die Genehmigung Russlands bei der Einreise und Durchquerung seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seiner Küstengewässer einzuholen, und keine ausdrückliche Befreiung für Schiffe mit souveräner Immunität ausstellt; betont, dass jede Maßnahme, mit der die Freiheit der Schifffahrt eingeschränkt wird, mit dem SÜR und dem Völkergewohnheitsrecht im Einklang stehen sollte; fordert die Russische Föderation auf, die im SÜR kodifizierten Normen einzuhalten und den Zusagen nachzukommen, die sie eingegangen sind, indem sie sich den jährlichen Aufforderungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen an die Vertragsstaaten angeschlossen haben, dafür zu sorgen, dass ihre maritimen Ansprüche mit dem SÜR in Einklang stehen;

28.  betont, dass die Entwicklung der nördlichen Verkehrswege nachhaltig sein und zu einem ökologischen Wandel beitragen sollte; stellt fest, dass insbesondere neue Schienenverbindungen im Norden die Volkswirtschaften der nordischen und baltischen Staaten stimulieren und den Marktzugang in der Nord-Süd-Achse verbessern würden; fordert die Kommission daher auf, Fragen des Verkehrs im Norden anzugehen und Möglichkeiten im Rahmen der Verkehrs- und Logistikpartnerschaft der Nördlichen Dimension (NDPTL) zu ermitteln; betont, dass bessere Verbindungen innerhalb der Region der Nördlichen Dimension erforderlich sind, um die Anbindung zu verbessern und die Konnektivität entsprechend der globalen Entwicklung sicherzustellen;

Nachhaltige Entwicklung und Nutzung strategischer Ressourcen

29.  betont die Bedeutung der Arktis für die Energiesicherheit der EU, besteht nachdrücklich auf einer nachhaltigen, wissenschaftlich fundierten Nutzung der Energieressourcen in der Arktis und weist auf die Notwendigkeit einer besseren Politik für in der EU erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen und Energieeffizienz hin, durch die die Abhängigkeit der EU von externen Quellen erheblich verringert und dadurch ihre Position in Bezug auf die Sicherheit verbessert wird; betont, dass Maßnahmen für den Klimaschutz ergriffen werden müssen, indem die Ziele des Übereinkommens von Paris weiter angestrebt werden;

30.  stellt fest, dass sich durch die zunehmende Zugänglichkeit der riesigen Kohlenwasserstoffvorkommen in der Arktis infolge des Klimawandels und der daraus resultierenden Abnahme der Eismassen die geostrategische Bedeutung der Region verändert, was sich möglicherweise auf die internationale Stabilität auswirken wird; fordert die Staaten in der Region auf, weiterhin alle gegenwärtigen oder künftigen Konflikte wegen des Zugangs zu natürlichen Ressourcen in der Arktis im Wege eines konstruktiven Dialogs gemäß dem Völkerreicht, insbesondere dem SÜR, und im Geiste der Erklärung von Ilulissat von 2008 zu lösen;

31.  erkennt das Risiko der Erdöl- und Erdgasförderung in der Arktis für die Umwelt an; betont, dass bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Arktis, insbesondere bei der Exploration und Gewinnung natürlicher Ressourcen in der Arktis, das Völkerrecht sowie entsprechende internationale Übereinkommen und Rollen, sowie strenge vorbeugende Umweltstandards eingehalten werden sollten, und fordert die Festlegung strenger Anforderungen für die Exploration und den Abbau neuer Kohlenwasserstoffvorkommen in der Region; ist in diesem Zusammenhang angesichts der Bestrebungen, insbesondere vonseiten Russlands und von Privatunternehmen aus anderen Ländern, besorgt, weitreichende und mit erheblichen Auswirkungen verbundene Erschließungsprojekte ohne angemessene Prüfung der Umweltfolgen zu verfolgen; fordert daher alle Anrainerstaaten in der Arktis nachdrücklich auf, für eine angemessene vorab durchgeführte Bewertung der Umweltauswirkungen von Erschließungsprojekten zu sorgen, und betont, wie wichtig es ist, Regulierungsstandards einzuhalten;

32.  betont, dass der Umweltschutz und der Umgang mit von Menschen verursachter Verschmutzung ein zentrales Ziel in der Arktis sein sollten; rät davon ab, die Ressourcen in der Arktis auszubeuten, wenn es wissenschaftlich erwiesen ist, dass dadurch für das Ökosystem in der Arktis und darüber hinaus ein nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht;

33.  begrüßt die Anstrengungen des Arktischen Rates gegen Umweltverschmutzung in der Arktis und fordert die EU auf, diesbezüglich eine aktive Rolle zu spielen und Unterstützung zu leisten;

34.  ist zutiefst besorgt über die jüngste Umweltkatastrophe, die durch das russische Unternehmen Nornickel verursacht wurde und zur größten Ölpest im Polargebiet der Arktis geführt hat, aber auch über giftige Abwässer, die aus einem Klärbecken in die Tundra geleitet werden, und über anderen Leckagen, die regelmäßig auftreten, in amtlichen Statistiken jedoch nicht auftauchen; begrüßt die Gerichtsentscheidungen, Bußgelder gegen das für die Umweltkatastrophe verantwortliche Unternehmen zu verhängen, bringt jedoch gleichzeitig seine Besorgnis über den eingeschränkten Zugang von Journalisten und Sachverständigen zu den Unfallorten zum Ausdruck und fordert die russischen Staatsorgane auf, transparente und wirksame Verfahren zur Meldung und Verfolgung solcher Umweltkatastrophen zu entwickeln; bedauert, dass sich solche Unfälle häufig auf dem Land indigener Völker ereignen, was dazu führt, dass sie ihre traditionelle Lebensweise aufgeben müssen; fordert die EU auf, Umweltschützer und Journalisten, die solche Fälle untersuchen, zu unterstützen und ihre eigenen Instrumente wie Copernicus einzusetzen, um solche Fälle der Umweltverschmutzung in der Arktis zu verfolgen und eine gründliche Bewertung der ökologischen und menschlichen Folgen einer ausschließlich gewinnorientierten Ausbeutung vorzunehmen; unterstützt die Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten der Arktis bei der Entwicklung von Systemen der raschen Reaktion auf Umweltkatastrophen, insbesondere Ölverschmutzung, in Echtzeit;

35.  bedauert, dass russische Unternehmen ihre Investitionen in den Umweltschutz und Produktionsanlagen weiterhin auf ein absolutes Minimum reduzieren, um so schnell wie möglich den größtmöglichen Gewinn zu erzielen, was zu anhaltenden Emissionen toxischer Stoffe in die Atmosphäre führt, die nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die meisten Städte in der Arktis wie Norilsk haben, weshalb diese zu den am stärksten verschmutzten Städten der Welt gehören;

36.  ist der Meinung, dass die Arktis im Rahmen der Europäischen Rohstoffallianz eine zentrale Rolle spielen sollte, um die EU-Fördermengen kritischer Mineralien zu erhöhen, bei Metallen der Seltenen Erden weniger abhängig von China zu sein und Möglichkeiten eines ökologischen Wirtschaftswachstums auszubauen, was der Schlüssel für die weitere Entwicklung grüner Technologie und den Kampf gegen den Klimawandel ist, der die größte Bedrohung für die Region darstellt; ist der Ansicht, dass Entscheidungen der lokalen Behörden über den Abbau von Bodenschätzen transparent getroffen werden sollten; begrüßt Initiativen eines nachhaltigen Bergbaus und der Verringerung der Kohlendioxidemissionen in der europäischen Arktis, beispielsweise das weltweit erste Projekt zur Erzeugung von Eisen ohne Einsatz fossiler Energiequellen oder das HYBRIT-Projekt, das der steigenden Nachfrage nach Stahl und den Bedürfnissen einer zunehmend elektrifizierten Gesellschaft Rechnung trägt;

37.  stellt fest, dass die Arktis reich an Bodenschätzen ist, und betont, dass die europäische Arktis eine wichtige Rolle für die Rohstoffversorgung der EU spielt, da unter anderem wesentliche Ressourcen, Technologien und entsprechendes Know-how benötigt werden, um einen grünen und digitalen Wandel herbeizuführen; stellt fest, dass die meisten kritischen Rohstoffe der EU in der Arktis liegen, durch die bei einer ordnungsgemäßen und nachhaltigen Bewirtschaftung die Autonomie der EU gestärkt werden könnte; nimmt den Umstand zur Kenntnis, dass einer der Gründe, weswegen Peking die Kontrolle über die Vorkommen in der Arktis erlangen möchte, in dem Wunsch liegt, eine beherrschende Stellung in Bezug auf die Lieferketten von lebenswichtigen Ressourcen und Schlüsselkomponenten für neue Technologien beizubehalten;

38.  fordert eine Verbesserung der Zugänglichkeit zur digitalen Infrastruktur in der Arktis, damit unternehmerisches Handeln und Innovationen gefördert werden und die wirtschaftliche Entwicklung diversifiziert wird; betont, wie wichtig es ist, die Nutzung erneuerbarer Energien in abgelegenen arktischen Gemeinden zu fördern; fordert weitere Anstrengungen im Hinblick auf innovative Energielösungen und den damit verbundenen Kapazitätsaufbau in der Arktis, die auf den Klimaschutz abzielen, wobei den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen ist; unterstreicht die strategische Bedeutung der Unterseekabel im Nordatlantik, die für über 95 % der internationalen Telekommunikation genutzt werden; weist erneut darauf hin, wie wichtig eine verstärkte transatlantische Zusammenarbeit für den Schutz und die Sicherstellung der Einhaltung der internationalen Instrumente zur Regelung von Unterseekabeln ist, auch was das VN-Seerechtsübereinkommen betrifft; hebt die Rolle hervor, die die Arktis mit ihrem klimatischen und geografischen Wettbewerbsvorteil bei der digitalen Vernetzung zwischen Nordamerika, Europa und Asien sowie als Standort für die Datenspeicherung spielt; stellt fest, dass neue digitale Autobahnen mithilfe der erweiterten Systeme von Lichtleitkabeln und der entsprechenden Infrastruktur auch eine bessere digitale Anbindung der Gemeinden in der Arktis sowie Gesundheits- und Sozialdienste (z. B. Telegesundheitsdienste), Bildungsangebote per Internet und einen insgesamt leichteren Zugang zur Weltwirtschaft ermöglichen dürften;

39.  räumt ein, dass in der Arktis zu wenig Investitionen getätigt werden; ist davon überzeugt, dass die EU zur nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zum Nutzen der Gemeinschaften in der Arktis beitragen kann, insbesondere in den Bereichen Energie, Verkehr und Infrastruktur; ist der Auffassung, dass es in den arktischen Regionen innovative Wirtschaftszweige gibt, die für eine nachhaltige Entwicklung von wesentlicher Bedeutung sind;

40.  betont, dass große Entfernungen, dünn besiedelte Gebiete, harte klimatische Bedingungen und demografische Ungleichgewichte dazu führen, dass der Verbesserung der Konnektivität, Zugänglichkeit und Integration von Gemeinden durch Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Verkehrsinfrastrukturen (Schienen-, See-, Land- und Luftwege) eine entscheidende Bedeutung zukommt, wenn die Produktivität und der Handel innerhalb der Arktis und mit der Außenwelt verbessert werden sollen; vertritt die Auffassung, dass durch eine bessere Verkehrs- und Breitbandanbindung auch die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Mobilität von Arbeitnehmern und Studenten sowie der weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit ausgebaut werden; hebt den Nutzen ortsbezogener Instrumente wie der Strategien für intelligente Spezialisierung und der territorialen Zusammenarbeit zwecks maßgeschneiderter nachhaltiger Investitionen in der Arktis hervor und ist davon überzeugt, dass diese EU-Maßnahmen weiterentwickelt und mit der Arktis-Politik der EU verknüpft werden sollten; fordert die Einrichtung einer besonderen Investitionsplattform, in deren Rahmen eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft der EU und den Volkswirtschaften in der Arktis erleichtert würde, was in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank und dem Europäischen Investitionsfonds erfolgen soll;

41.  weist auf die Rolle der Privatwirtschaft bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Arktis hin; fordert die Kommission auf, Investitionen europäischer Unternehmen in Schlüsselbranchen wie die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, die Logistik und den Ausbau des Stromnetzes zu unterstützen und gleichzeitig Investitionsmöglichkeiten im Rahmen der Investitions- und Finanzierungsinstrumente der EU zu ermitteln, um europäischen Unternehmen den Zugang zum arktischen Markt zu erleichtern; betont, wie wichtig Handel und Investitionen in die digitale Infrastruktur, Innovationen und die wirtschaftliche Entwicklung in der Arktis im Rahmen einer engeren Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Wissenschaft und Wirtschaft sind; fordert die EU auf, technische Handelshemmnisse abzubauen und ihre Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft zu stärken, und spricht sich für eine weitere Unterstützung des Arktischen Wirtschaftsrates aus; betont, dass Unternehmen, die in der EU ansässig bzw. tätig sind, die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte bei all ihren Geschäftstätigkeiten mit der und Beziehungen zur Arktisregion strikt einhalten und für wirksame Due-Diligence-Prozesse im Bereich der Menschenrechte und der Umwelt Sorge tragen müssen; fordert diese Unternehmen auf, wirksame, sinnvolle und in voller Kenntnis der Sachlage durchgeführte Konsultationen in allen Phasen des Verfahrens sowohl mit betroffenen als auch mit potenziell betroffenen Interessenträgern, darunter mit Indigenen, sicherzustellen; betont, dass Wirtschaftstätigkeiten in der Arktis nachhaltig sein und ihre Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf den Klimawandel, sowie ihre sozialen Auswirkungen berücksichtigt werden sollten; betont, dass die nachhaltige regionale Entwicklung zugunsten der Menschen, die in der Arktis leben, Tätigkeiten mit niedrigem CO2-Ausstoß, Kenntnisse und die Kreislaufwirtschaft weiter gefördert werden müssen;

42.  unterstützt grundsätzlich die im Übereinkommen zur Fischerei im zentralen Nordpolarmeer zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass natürliche Ressourcen nur genutzt werden sollten, wenn hinreichende Gewissheit darüber besteht, dass kein Schaden für die Umwelt entsteht, und betont, wie wichtig es ist, bei der Fischerei in der Arktis und der Subarktis in allen Phasen einen Vorsorgeansatz zu verfolgen; betont, wie wichtig Maßnahmen zur Bestandsbewirtschaftung auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten sind, um langfristige Nachhaltigkeit zu gewährleisten; stellt fest, dass sich die Arktisanrainerstaaten auf einen Rahmen für die Verwaltung der Tätigkeiten in der Arktis geeinigt haben, einschließlich der Verpflichtung, Streitigkeiten wegen konkurrierender Ansprüche auf Meeresgebiete beizulegen; unterstützt bestehende regionale Fischereiorganisationen und weltweit geltende Abkommen in Bezug auf Fischerei, Schifffahrt und Meeresumwelt; betont, dass die EU im Einklang mit dem VN-Seerechtsübereinkommen an der Bestandsbewirtschaftung beteiligt werden sollte;

43.  stellt fest, dass ein Großteil der Fischeinfuhren der EU aus der Arktis stammen, und ist sich der Tatsache bewusst, dass sich die Fischereistreitigkeiten verschärfen dürften, die unter anderem auf die Erschöpfung der Bestände in einigen Gebieten und ihre zum Teil durch den Klimawandel bedingte Abwanderung in andere Gebiete zurückzuführen sind; begrüßt daher die Unterzeichnung des Übereinkommens zur Fischerei im zentralen Nordpolarmeer, mit dem eine nachhaltige Entwicklung in der Arktis erzielt werden soll und ein Vorsorgeansatz im Fischereimanagement in den Hochseegebieten des zentralen Nordpolarmeers eingeführt wird, und fordert ein rasches Inkrafttreten des Übereinkommens; erkennt die Bedeutung der Erklärung von Oslo für die Verwirklichung dieses verbindlichen Abkommens an, mit dem eine unregulierte Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer verhindert werden soll; begrüßt die Beteiligung von Vertretern von indigenen Organisationen an den Delegationen; bedauert jedoch, dass sie dabei ebenso wie nichtstaatliche Organisationen ausschließlich einen Beobachterstatus erhielten;

Unterstützung lokaler Gemeinschaften und Wahrung der Rechte indigener Völker

44.  begrüßt die bereits erzielten Erfolge, weist jedoch darauf hin, dass die Durchschnittswerte der Arktis in den meisten nordischen Ländern nach wie vor schlechter als die nationalen Durchschnittswerte ausfallen, was Armut, eine geringe Lebenserwartung und die sehr begrenzte menschliche und wirtschaftliche Entwicklung betrifft; ist sich der Tatsache bewusst, dass sich der technologische Wandel und der Klimawandel auf die herkömmliche Lebensweise und den Lebensstil indigener Völker auswirken, und bekräftigt daher seine Forderung, dass alle Gemeinschaften und Einwohner der Arktis, die über Ortskenntnisse und praktisches Wissen verfügen, und insbesondere die indigenen Völker aktiv einbezogen werden, wenn es um entwicklungspolitische Entscheidungen geht; unterstützt in diesem Zusammenhang nachdrücklich die vollständige und wirksame Umsetzung von Artikel 19 der UNDRIP, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit, die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der indigenen Völker einzuholen, bevor Gesetzgebungs- oder Verwaltungsmaßnahmen angenommen oder umgesetzt oder Entwicklungsprojekte gestartet werden, die sich auf sie auswirken könnten;

45.  erkennt an, dass die Auswirkungen des schmelzenden Eises und der milderen Temperaturen indigene Bevölkerungsgruppen vertreiben und damit deren Lebensweise bedrohen; erkennt den Wunsch der Bewohner und der Regierungen im Arktischen Raum, die hoheitliche Rechte und Pflichten haben, an, die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung fortzusetzen und gleichzeitig die traditionellen Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerungsgruppen und die sehr sensible Natur des arktischen Ökosystems unter Berücksichtigung ihrer Erfahrungen bei der nachhaltigen Nutzung und der Entwicklung der verschiedenen Ressourcen in der Region zu schützen;

46.  betont, dass die Kultur, die Traditionen und die Sprachen indigener Völker erhalten werden müssen, indem Programme zum Kapazitätsaufbau aufgelegt werden, um das Bewusstsein für die Vielfalt, die Geschichte und die Rechte der indigenen Völker zu schärfen, und zwar nicht nur bei indigenen Jugendlichen, sondern auch bei den anderen Bevölkerungsgruppen in der gesamten Region; fordert die EU-Delegationen in den Anrainerstaaten der Arktis auf, einen echten und inklusiven Dialog mit indigenen Völkern auf nationaler und regionaler Ebene aufzunehmen und als Anlaufstellen für Anliegen der indigenen Völker zu fungieren; betont, dass das Personal dieser EU-Delegationen in Bezug auf die Rechte indigener Völker geschult werden muss, wie dies im Rahmen der UNDRIP bekräftigt wurde; begrüßt die zunehmende Anerkennung der Rechte indigener Völker in der Außenpolitik der EU; fordert eine stärkere Kohärenz zwischen der internen und externen Arktispolitik der EU in diesem Bereich;

47.  bekräftigt seine Forderung, dass alle Bewohner der Arktis, die über Ortskenntnisse und praktisches Wissen verfügen, und insbesondere die indigenen Völker aktiv einzubeziehen sind, wenn es um entwicklungspolitische Entscheidungen geht;

48.  äußert sein Bedauern über die Bemühungen der russischen Regierung, die Zivilgesellschaft zu gängeln, was sich sehr negativ auf indigene Völker auswirkt, da dadurch die Autonomie ihrer Vertretungen und Partnerschaften in internationalen Foren eingeschränkt und der Zugang zu externen Mitteln blockiert wird; stellt fest, dass andere nichtstaatliche Organisationen, darunter Umweltaktivisten, in ähnlicher Weise davon betroffen sind;

49.  weist darauf hin, dass bei allen Tätigkeiten in der Arktis, einschließlich der Bewirtschaftung und der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen der Arktis, die Rechte der indigenen Bevölkerung und anderer Bewohner geachtet werden und diese Personengruppen auch davon profitieren sollten; spricht sich in dieser Hinsicht für eine Stärkung der Beziehungen zwischen in der Arktis tätigen Unternehmen und den lokalen Gemeinschaften aus, um Wirtschafts- und Forschungsmöglichkeiten sowie Arbeitsplätze zu schaffen und eine nachhaltige Entwicklung der Ressourcen zu fördern, und unterstützt die Umsetzung von Normen wie dem Investitionsprotokoll für die Arktis und der Initiative „Global Compact“ der Vereinten Nationen; erinnert an die bestehenden internationalen Instrumente, mit denen die Hoheitsbefugnisse, Rechte und Pflichten der Staaten für die Bewirtschaftung und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen festgelegt werden, und besteht darauf, dass diese Instrumente weiterhin uneingeschränkt geachtet werden; betont, wie wichtig es ist, die Zusammenarbeit zwischen den Menschen, den Zugang zu Bildung und Geschäftsmöglichkeiten sowie die Unterstützung junger Menschen in der Arktis sicherzustellen;

50.  betont, wie wichtig es ist, auf die Wünsche, Bedürfnisse und Probleme der örtlichen Bevölkerung einzugehen, vor allem was die Zusammenarbeit zwischen den Menschen, die Konnektivität, den Zugang zum Internet, Bildung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung, insbesondere für junge Menschen und marginalisierte Gruppen, anbelangt; betont, dass bei der aktualisierten Arktis-Politik eine ehrgeizige geschlechtsspezifische Dimension berücksichtigt werden muss; fordert, dass die Finanzierung von Programmen wie „North2North“ und anderer Mobilitätsprogramme, die sich speziell an junge Menschen in der Arktis richten, aufgestockt wird und dass mehr Unterstützung und Ressourcen aufgewendet werden, um den Menschen in der Arktis dabei zu helfen, sich an die tiefgreifenden Veränderungen infolge des Klimawandels anzupassen;

51.  fordert alle Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, erneut auf, das IAO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker unverzüglich zu ratifizieren;

Wissenschaft und Wissen

52.  fordert die Anrainerstaaten der Arktis auf, ihren Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt nachzukommen, insbesondere was die In-situ-Erhaltung betrifft; fordert alle Staaten auf, dafür zu sorgen, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften in der Arktis in die Beratungen und Entscheidungsprozesse der einschlägigen internationalen Foren für Diplomatie in den Bereichen Klima und Biodiversität einbezogen werden; unterstützt die Empfehlung der indigenen Völker, direkten Zugang zu Mitteln des globalen Klimaschutzfonds für ihre Initiativen zur nachhaltigen Eindämmung des und Anpassung an den Klimawandel zu erhalten;

53.  hebt die wichtigen Beiträge der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Polarwissenschaft hervor, die sich als notwendig erweisen werden, um die globalen und lokalen Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen, sowie die Bedeutung von Wissen als Fundament für politische Entscheidungen und die nachhaltige Entwicklung in der Arktis; bekräftigt die Forderung der 14. Konferenz der Parlamentarier des arktischen Raums, die Wissensbasis zu stärken und die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit einer neuen Initiative für ein internationales Polarjahr zu verbessern; unterstützt die internationalen Bemühungen um Wissenschaft, Wissen und Innovation mit einer arktischen Dimension sowie die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung in der Arktis, wie etwa den Abschluss und die Umsetzung des Abkommens zur Verbesserung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Arktis;

54.  stellt fest, dass die EU über Programme wie Horizont 2020 ein wichtiger Geldgeber in der Arktisforschung war; betont, dass die EU-Mittel für Forschung und Entwicklung in der Arktis erhöht werden müssen; fordert, dass die arktisbezogene Forschung und Innovation, auch im Rahmen von Horizont Europa, besser bekannt gemacht und koordiniert werden; ersucht die Kommission darum, einen umfassenden Überblick über die EU-Mittel für die Region und die arktischen Komponenten der Querschnittsprogramme der EU vorzulegen, und fordert die EU nachdrücklich auf, einen ehrgeizigen, zukunftsorientierten und ökologisch nachhaltigen Investitionsplan für die Arktis umzusetzen; ist der Überzeugung, dass mit einem solchen Plan die Finanzierung in Schlüsselbereichen wie der wissenschaftlichen Forschung aufgestockt und mehr Geld für Forschung, Entwicklung und Innovation, Raumfahrt, digitale Infrastruktur und Verkehrsinfrastruktur, Weltraumtechnologien, nachhaltige Schifffahrt, die nachhaltige Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen, erneuerbare Energieträger und andere CO2-arme Tätigkeiten sowie den Tourismus in der Arktis bereitgestellt werden sollte; betont, dass die Synergieeffekte zwischen den bestehenden Finanzierungsinstrumenten verstärkt werden müssen, damit etwaige Überschneidungen verhindert werden und eine möglichst große Wechselwirkung zwischen internen und auswärtigen EU-Programmen erzielt wird;

55.  stellt fest, dass die Arktis ein enormes Potenzial für Innovation und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen bietet, wobei Verfahren entwickelt werden, die anschließend weltweit umgesetzt werden können, und dass sich die Arktis als Testumfeld unter anderem für Geothermie-, Windkraft- und Wasserkraftprojekte, die CO2-freie Stahlerzeugung und eine umweltfreundlichere Batterieherstellung erweist; würdigt den Beitrag der Weltraumprogramme der EU wie Copernicus, Galileo, der Europäischen Erweiterung des geostationären Navigationssystems und der Satellitenkommunikation für den Umweltschutz, die maritime Sicherheit und die Sicherheit der Menschen in der Arktis, mit denen unter anderem die Überwachung der Eisentwicklung, die nachhaltige Bewirtschaftung der Meeresressourcen, die Erkennung von Umweltverschmutzung, Notfallwarnsysteme, die Identifizierung und Nachverfolgung von Bewegungen im Seeverkehr sowie Such- und Rettungsdienste ermöglicht werden; unterstützt kontinuierliche Investitionen in den Ausbau dieser Fähigkeiten und empfiehlt ihre Anwendung in der Arktis in Zusammenarbeit und unter der Führung der Arktisanrainerstaaten, die Mitglieder der EU oder der NATO sind;

Mehr EU in der Arktis, mehr Arktis in der EU

56.  begrüßt, dass 2017 ein Sondergesandter für arktische Angelegenheiten ernannt wurde; unterstützt die Verlängerung seines Mandats und würdigt die Arbeit des derzeitigen Sondergesandten; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) mit Nachdruck auf, die dienststellenübergreifende Zusammenarbeit und die Kohärenz zwischen den verschiedenen Programmen und Investitionen in der Arktis zu verbessern und die Ambitionen der Politik der EU für die Arktis auch durch eine angemessene Mittelausstattung zum Ausdruck zu bringen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine eigene Arbeitsgruppe einzurichten, die sich umfassend mit Nordeuropa und der Arktis befasst; stellt fest, dass die interne Koordinierung der EU in arktischen Angelegenheiten sowohl auf der Ebene der Arbeitsgruppen der Kommission als auch zwischen den einschlägigen EU-Agenturen gestärkt werden sollte; legt der Kommission nahe, einen ihrer Vizepräsidenten mit Koordinierungsaufgaben für die Arktispolitik zu betrauen, damit keine doppelten Zuständigkeiten entstehen; fordert den Rat auf, eine Arbeitsgruppe zu Nordeuropa und der Arktis einzurichten, sowie den EAD, ein ähnliches Referat innerhalb seiner Strukturen einzurichten; ist der Ansicht, dass die Rolle des Parlaments bei der Formulierung und Umsetzung der Politik der EU für die Arktis gestärkt und der Arktis im Parlament einen größeren Stellenwert eingeräumt werden sollte, auch indem eine eigens benannte interparlamentarische Delegation mit besonderer Zuständigkeit für die Zusammenarbeit in der Arktis eingerichtet wird; fordert eine breiter angelegte Debatte über arktische Angelegenheiten in den anderen EU-Organen und in den Mitgliedstaaten;

57.  ist der Überzeugung, dass die Wirksamkeit der derzeitigen politischen Maßnahmen der EU anhand des Verfahrens der Konsultation zur neuen Politik der EU für die Arktis bewertet werden sollte;

58.  vertritt die Auffassung, dass sich die EU als globaler Akteur aktiv am politischen Dialog beteiligen, auf die wachsende strategische Bedeutung der Arktis reagieren und ihre Aufgabe als anerkannter und glaubwürdiger Akteur in der Arktis auch künftig wahrnehmen sollte, wobei sie der einzigartigen Palette an bestehenden Konsultationsforen für die Arktis und den erfolgreichen Mechanismen des Governance-Rahmens Rechnung tragen sollte; ist davon überzeugt, dass die EU als ehrlicher Vermittler Stabilität und Wohlstand in der Region fördern kann; fordert die EU auf, den Dialog und vertrauensbildende Maßnahmen in den bestehenden multilateralen Rahmen fortzusetzen und die Arktis als Priorität in die Globale Strategie der Europäischen Union aufzunehmen; fordert ferner eine arktisspezifische Konnektivitätspolitik (Digitalisierung, Navigation, Logistik, Verkehr); ist der festen Überzeugung, dass der europäische Grüne Deal insbesondere durch eine verstärkte Investitionsagenda für nachhaltiges Wachstum und innovative Initiativen vor Ort eine dringend benötigte langfristige Antwort auf die wachsenden Herausforderungen des Klimawandels bietet und erheblich zur Lösung der strategischen Energieabhängigkeit der EU beitragen wird; fordert vor diesem Hintergrund die Einbeziehung der Politik der EU für die Arktis in den europäischen Grünen Deal, in die Strategische Agenda der EU 2019–2024, in die Globale Strategie der EU, in die Konnektivitätsstrategie der EU und in die Biodiversitätsstrategie der EU;

59.  betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten weiterhin konstruktive Beziehungen zu allen außereuropäischen Staaten des arktischen Raums unterhalten müssen und die EU bei ihrer Zusammenarbeit mit den indigenen Völkern der Arktis einen rechtegestützten Ansatz verfolgen und fördern muss; erachtet es als wichtig, dass die der EU angehörigen Arktisanrainerstaaten in größerem Umfang Informationen über die aktuellen Herausforderungen in der Region austauschen, ihre Fähigkeiten im Bereich der hybriden Kriegsführung verbessern, weiter in die Verteidigung investieren, die Kohärenz hinsichtlich der derzeitigen Tätigkeiten in der Arktis verbessern und gemeinsam Fähigkeiten zu Wasser und in der Luft entwickeln; legt der EU und ihren Mitgliedstaaten nahe, bei arktischen Angelegenheiten in regionalen und internationalen Foren enger zusammenzuarbeiten, und fordert die EU auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften stärker in die Ausarbeitung ihrer die Region betreffenden politischen Maßnahmen einzubeziehen;

60.  ist der Ansicht, dass eine stärkere Abstimmung auf EU-Ebene sowie Konsultationen mit den EWR-Ländern, den USA und Kanada sowie dem Vereinigten Königreich, Japan, der Republik Korea, Indien und anderen Partnern, die sich für die Wahrung der friedlichen Zusammenarbeit und die Freiheit der Schifffahrt in der Arktis einsetzen und mögliche Synergieeffekte optimal nutzen wollen, die beste Antwort auf die zunehmende chinesisch-russische Zusammenarbeit in der Arktis sind;

61.  nimmt die Initiative der USA für die Sicherheit in der Arktis („Arctic Security Initiative“ – ASI) und den Politischen Rahmen Kanadas für die Arktis und den Norden zur Kenntnis und fordert die EU auf, mit ihren gleichgesinnten Verbündeten dort, wo es zweckmäßig ist, zusammenzuarbeiten, um für eine angemessene Koordinierung in der Region zu sorgen; fordert in diesem Zusammenhang einen soliden Dialog zwischen der EU und der Arktis, um die Umsetzung der Politik der EU für die Arktis voranzubringen;

62.  ist der Ansicht, dass Sicherheitsprobleme in der Arktis ebenfalls Teil der Konsultationen und der Zusammenarbeit mit der NATO sein sollten, die den NATO-Russland-Rat als Rahmen zur Klärung von Missverständnissen, zum Abbau von Spannungen und zur Prävention von Krisen nutzen kann; erkennt an, wie wichtig Überwachungs- und Aufklärungsoperationen in der Region und die Einrichtung von Mechanismen zur Verbesserung des Informationsaustauschs sind; vertritt die Auffassung, dass die Transparenz militärischer Aktivitäten in der Region erhöht werden könnte, wenn militärische Übungen in der Arktis vorab bekannt gegeben würden;

63.  stellt fest, dass der Hohe Norden in den Zuständigkeitsbereich des Obersten Alliierten Befehlshabers der NATO in Europa fällt und die Zusammenarbeit mit der NATO notwendig ist, um ein allumfassendes Sicherheitskonzept für die Arktis zu schaffen; begrüßt vor diesem Hintergrund die Schlussfolgerungen der Reflexionsgruppe, die vom Generalsekretär der NATO damit beauftragt wurde, einen vorausschauenden Reflexionsprozess vorzunehmen, um Möglichkeiten zu bewerten, wie die politische Dimension des NATO-Bündnisses gestärkt werden kann, wobei die NATO zugleich ihre Lageerfassung im gesamten Hohen Norden und in der Arktis verbessern und eine Strategie ausarbeiten sollte, die allgemeineren Abschreckungs- und Verteidigungsplänen Rechnung trägt, wozu auch Bestimmungen für die Reaktion auf aggressive Handlungen seitens staatlicher Akteure gehören;

64.  stellt fest, dass bei der Übung „Trident Juncture“ im Jahr 2018, die gezeigt hat, dass die NATO in der Arktis, insbesondere im Hohen Norden (in der Norwegischen See und der Barentssee), operativ tätig ist, ein Höchstmaß an Transparenz sichergestellt wurde; fordert alle Parteien, die in der Arktis militärisch aktiv sind, auf, Verfahren einzuhalten, die mit internationalen Verpflichtungen, darunter mit dem Wiener OSZE-Dokument, im Einklang stehen, sodass Risiken gemindert, mögliche Missverständnisse geklärt und Absichten transparenter werden;

65.  unterstützt die Bemühungen um Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber potenziellem Druck vonseiten Chinas oder anderer Akteure, die umweltfreundlichen und nachhaltigen Methoden der Gewinnung von Bodenschätzen unter Einhaltung internationaler Normen und der Übereinkommen der Vereinten Nationen keinen Vorrang einräumen; fordert die East StratCom Task Force des EAD auf, Kampagnen zu beobachten, durch die die Entscheidungsfindung in Bezug auf die Gewinnung von Bodenschätzen in der Region beeinflusst werden sollen;

66.  betont, dass die EU und die USA gemeinsam die Sicherheit und Stabilität in der Arktis voranbringen müssen, indem sie investieren und ihre ständige wissenschaftliche Präsenz in der Region ausbauen;

67.  fordert, dass die Arktis in den Beratungen über den Strategischen Kompass der EU berücksichtigt wird, und betont, dass man sich beim Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee und bei den Sitzungen des Rates regelmäßig mit der Entwicklung in der Arktis befassen sollte; fordert einen regelmäßigeren Meinungsaustausch über arktische Angelegenheiten, zumal dies ein wichtiger Bereich der Konsultationen zwischen EU und NATO darstellt;

68.  fordert eine bessere Erkennbarkeit der EU in der Arktis und die Einleitung eines verstärkten politischen Dialogs über die bilaterale Zusammenarbeit mit den Färöern und Grönland durch die EU, wobei die EU zusammen mit den dänischen Behörden die Möglichkeit prüfen sollte, EU-Büros in Grönland und auf den Färöern einzurichten;

69.  fordert, dass die Ziele der neuen Strategie für die Arktis in den EU-Programmen mit eigener Finanzierung, Vorhaben und einschlägigen Rechtsvorschriften sowie in der Arbeit der entsprechenden EU-Agenturen zum Ausdruck kommen;

70.  ist der Ansicht, dass die EU-Meeresstrategie aktualisiert werden sollte, um den neuen Chancen und Herausforderungen Rechnung zu tragen; vertritt die Auffassung, dass ähnliche Bewertungen und Überprüfungen in Bezug auf andere Politikbereiche der EU und auch in der EU-Weltraumpolitik durchgeführt werden sollten, um die Ausweitung bestehender Satellitenprogramme auf die spezifischen Bedürfnisse der Arktis zu bewerten, wozu auch gehört, Umweltverschmutzung mithilfe von Copernicus nachzuverfolgen;

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o   o

71.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu übermitteln.

(1) ABl. C 9 E vom 15.1.2010, S. 41.
(2) ABl. C 136 E vom 11.5.2012, S. 71.
(3) ABl. C 378 vom 9.11.2017, S. 174.
(4) ABl. C 263 vom 25.7.2018, S. 136.
(5) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 32.
(6) ABl. C 232 vom 16.6.2021, S. 28.
(7) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 15.
(8) ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 2.


Erfahrungswerte im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschen mit Behinderungen durch Petitionen
PDF 229kWORD 81k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu den Erfahrungswerten im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschen mit Behinderungen durch Petitionen (Petitionen Nr. 2582/2013, 2551/2014, 0074/2015, 0098/2015, 1140/2015, 1305/2015, 1394/2015, 0172/2016, 0857/2016, 1056/2016, 1147/2016, 0535/2017, 1077/2017, 0356/2018, 0367/2018, 0371/2018, 0530/2018, 0724/2018, 0808/2018, 0959/2018, 0756/2019, 0758/2019, 0954/2019, 1124/2019, 1170/2019, 1262/2019, 0294/2020, 0470/2020, 0527/2020, 0608/2020, 0768/2020, 0988/2020, 1052/2020, 1139/2020, 1205/2020, 1299/2020, 0103/2021 und weitere) (2020/2209(INI))
P9_TA(2021)0414A9-0261/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Petitionen, die zu den im Titel dieser Entschließung skizzierten Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderungen eingegangen sind, und auf die Beschlüsse des Petitionsausschusses zu diesen Petitionen,

–  gestützt auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union,

–  gestützt auf die Artikel 19, 48, 67 Absatz 4, 153, 165, 168 und 174 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „die Charta“), insbesondere die Artikel 3, 21, 24, 26, 34, 35, 41 und 47,

–  unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 1, 3, 10 und 17,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden „das Übereinkommen“ und dessen Inkrafttreten am 21. Januar 2011 gemäß dem Beschluss 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft(1),

–  unter Hinweis auf die allgemeinen Bemerkungen zu dem Übereinkommen als maßgebliche Leitlinien für dessen Umsetzung,

–  unter Hinweis auf den Verhaltenskodex zwischen dem Rat, den Mitgliedstaaten und der Kommission zur Festlegung interner Regelungen für die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Union und für die Vertretung der Europäischen Union in Bezug auf das Übereinkommen(2),

–  unter Hinweis auf die abschließenden Bemerkungen, die der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen am 2. Oktober 2015 zum ersten Bericht der Europäischen Union abgegeben hat,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes,

–  unter Hinweis auf die strategische Untersuchung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu der Frage‚ wie die Europäische Kommission sicherstellen kann, dass Menschen mit Behinderungen auf ihre Websites zugreifen können,

–  unter Hinweis auf die Maßnahme des Rates zur Schaffung des überarbeiteten Rahmens der EU gemäß Artikel 33 Absatz 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

–  unter Hinweis auf die strategische Untersuchung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu der Frage, wie die Kommission die Unionsmittel überwacht, die zur Förderung des Rechts von Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben verwendet werden,

–  unter Hinweis auf den Grundrechtebericht 2020 der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses mit dem Titel „Gestaltung der EU-Agenda für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2020–2030“ vom 11. Dezember 2019,

–  unter Hinweis auf den Geschlechtergleichstellungsindex 2020 des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr(3),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen(4),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen(5),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation(6),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates(7),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(8),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030“ (COM(2021)0101),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (COM(2008)0426, „Antidiskriminierungsrichtlinie“) und auf den diesbezüglichen Standpunkt des Parlaments vom 2. April 2009(9),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 4. Juni 1998 über einen Parkausweis für Behinderte(10),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung (EU) 2021/1004 des Rates vom 14. Juni 2021 zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder(11),

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 27. November 2020 mit dem Titel „Evaluierung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010–2020“ (SWD(2020)0291),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen(12),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Juni 2020 zu der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020(13),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2020 zu den Rechten von Menschen mit geistiger Behinderung und von ihren Familien in der COVID-19-Krise(14),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. April 2021 zu der Europäischen Garantie für Kinder(15),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2021 zu der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf unter Berücksichtigung der VN-BRK(16),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. November 2018 zur Situation von Frauen mit Behinderungen(17),

–  unter Hinweis auf seine Studie vom 3. November 2016 mit dem Titel „European Structural and Investment Funds and People with Disabilities in the European Union“ (Europäische Struktur- und Investitionsfonds und Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union),

–  unter Hinweis auf seine Studie vom 15. September 2017 mit dem Titel „Inclusive education for learners with disabilities“ (Inklusive Bildung für Lernende mit Behinderungen),

–  unter Hinweis auf seine Studie vom 9. Oktober 2015 mit dem Titel „The protection role of the Committee on Petitions in the context of the implementation of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities“ (Zur Schutzfunktion des Petitionsausschusses im Zusammenhang mit der Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen) sowie ihre Aktualisierungen von 2016, 2017 und 2018,

–  unter Hinweis auf seine eingehende Analyse vom 15. August 2016 mit dem Titel „The European Accessibility Act“ (Zum europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit),

–  unter Hinweis auf seine Studie vom 8. Mai 2018 mit dem Titel „Transport and tourism for persons with disabilities and persons with reduced mobility“ (Verkehr und Tourismus für Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität),

–  unter Hinweis auf seine Studie vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „The Post-2020 European Disability Strategy“ (Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020),

–  gestützt auf Artikel 54 und Artikel 227 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres;

–  unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Petitionsausschusses (A9‑0261/2021),

A.  in der Erwägung, dass sich etwa 1 % aller Petitionen, die Jahr für Jahr beim Petitionsausschuss eingehen, auf verschiedene Themen im Zusammenhang mit Behinderungen bezieht;

B.  in der Erwägung, dass es in der Union schätzungsweise 87 Mio. Menschen mit Behinderungen gibt(18);

C.  in der Erwägung, dass 37 % der Bevölkerung in der EU im Alter über 15 Jahren (mäßigen oder schweren) körperliche Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen haben(19);

D.  in der Erwägung, dass durch Petitionen zu Themen im Zusammenhang mit Behinderungen aufgezeigt wird, mit welchen Schwierigkeiten Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, dass sie im Alltag Diskriminierung und Hindernissen ausgesetzt sind und dass sie nicht in den Genuss der Grundrechte und der in dem Übereinkommen festgelegten Rechte kommen, etwa in Bezug auf den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, die bauliche Umwelt, den Gebrauch von Gebärdensprachen, die Finanzierung von Bildung und Berufsbildung und den gleichberechtigten Zugang dazu;

E.  in der Erwägung, dass allgemein eingeräumt wird, dass Menschen mit Behinderungen im Alltag nach wie vor auf zahlreiche Hindernisse stoßen und Diskriminierung ausgesetzt sind, wodurch sie daran gehindert werden, die in den einschlägigen Rechtsgrundlagen der Union und der Vereinten Nationen niedergelegten Grundfreiheiten und -rechte in Anspruch zu nehmen; in der Erwägung, dass dazu die fehlende gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in den einzelnen Mitgliedstaaten (wodurch Menschen mit Behinderungen die Freizügigkeit in der Union erschwert wird), der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, die physische, sensorische und kognitive Barrierefreiheit der baulichen Umwelt sowie von Waren, Dienstleistungen und Programmen, der Gebrauch von Gebärdensprachen und allen anderen Mitteln und Arten barrierefreier Kommunikation und barrierefreier Informationen, die Finanzierung von Bildung und Berufsbildung und der gleichberechtigte Zugang dazu, der Zugang zum Arbeitsmarkt, der Zugang zu persönlicher Betreuung und die Eingliederung in die Gemeinschaft sowie die Chancengleichheit und Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gehören;

F.  in der Erwägung, dass alle Menschen mit Behinderungen auf derselben Grundlage wie alle anderen Menschen in allen Lebensbereichen die gleichen Rechte und Anspruch auf unveräußerliche Würde, Gleichbehandlung, eigenständige Lebensführung, Selbstbestimmung und uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft haben und erwarten dürfen, dass ihrem Beitrag zum Fortschritt in den Bereichen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft in der Union Achtung und Wertschätzung entgegengebracht wird;

G.  in der Erwägung, dass Informationen aus Petitionen, die beim Parlament von Menschen mit Behinderungen oder zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderungen eingereicht werden, als Informationsquelle in Bezug auf Lücken bei der Umsetzung des Übereinkommens sowohl in den Mitgliedstaaten als auch auf Unionsebene dienen und zur Gestaltung der Rechtsvorschriften in allen Politikbereichen beitragen können;

H.  in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine Schutzfunktion einnimmt und dabei dafür Sorge trägt, dass sich die Union im Rahmen der politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen auf Unionsebene an das Übereinkommen hält; in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss laut Beschluss des Rates in dessen 3513. Sitzung vom 16. Januar 2017 ersucht wurde, gemeinsam mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und dem Europäischen Behindertenforum den EU-Rahmen zu bilden;

I.  in der Erwägung, dass der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die Bedeutung von Petitionen, die sich auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen beziehen, angesichts der Aufgabe und der Verantwortung des Europäischen Parlaments im Rahmen der Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens hervorgehoben hat;

J.  in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss im Rahmen seiner Aufgaben in besonderem Maße verpflichtet ist, die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Union zu schützen, da die Ausübung ihrer Grundfreiheiten und -rechte durch das Unionsrecht und das Übereinkommen garantiert ist; in der Erwägung, dass die verfügbaren Informationen über diese Rechte nicht ausreichen und nicht hinreichend barrierefrei sind;

K.  in der Erwägung, dass der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die entscheidende Funktion des Petitionsausschusses als Brücke zwischen den Menschen in der Union, dem Parlament und den anderen Organen der Union und als wichtiges Instrument zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in eine partizipative Demokratie außerordentlich schätzt; in der Erwägung, dass das Recht, Petitionen an das Parlament zu richten, eines der Grundrechte jeder Person mit Wohnsitz bzw. jeder Organisation mit Sitz in der Union und gleichzeitig eine unentbehrliche direkte Quelle für Sachinformationen ist;

L.  in der Erwägung, dass das Petitionsrecht und das Petitionsverfahren bekannter und allen Personen und Organisationen in der Union, auch Menschen mit Behinderungen, barrierefrei zugänglich gemacht werden sollte; in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss durch gezielte Informations- und Sensibilisierungskampagnen mit besonderem Fokus auf schutzbedürftige Gruppen, zu denen auch Menschen mit Behinderungen zählen, für mehr Transparenz und ausreichende Informationen in diesem Bereich sorgen sollte; in der Erwägung, dass das Parlament bislang weder einen Index für die Wirksamkeit seines Petitionssystems entwickelt noch statistische Daten über die Bearbeitung von Petitionen erhoben hat;

M.  in der Erwägung, dass das Übereinkommen der erste internationale Menschenrechtsvertrag ist, der von der Union und all ihren Mitgliedstaaten ratifiziert wurde;

N.  in der Erwägung, dass die Union und fünf Mitgliedstaaten das Fakultativprotokoll zu dem Übereinkommen nicht ratifiziert haben;

O.  in der Erwägung, dass eine Union der Gleichheit für alle und in jeder Hinsicht eine der Prioritäten in den politischen Leitlinien der derzeitigen Kommission ist;

P.  in der Erwägung, dass in Petitionen wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass Einschränkungen beim Zugang zu Bildung für Menschen mit Behinderungen bestehen, die zu einer geringeren Beteiligung an Bildungsaktivitäten im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt und infolgedessen zu einem Risiko der sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung führen; in der Erwägung, dass jeder vierte Mensch mit einer Behinderung das Bildungssystem vorzeitig verlässt(20);

Q.  in der Erwägung, dass die Schaffung des Amtes des Kommissionsmitglieds für Gleichheitspolitik im Hinblick auf die Ausarbeitung der neuen Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 von entscheidender Bedeutung war;

R.  in der Erwägung, dass das Parlament die Mitgliedstaaten in seinen Entschließungen wiederholt mit Nachdruck dazu aufgefordert hat, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, damit Menschen mit Behinderungen ihre Rechte in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft uneingeschränkt wahrnehmen können;

S.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die Verantwortung dafür tragen, dass sichergestellt ist, dass alle in der Union das gesetzlich verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht wahrnehmen können und dass alle Menschen die Möglichkeit zu Beratung, Verteidigung und Vertretung haben;

T.  in der Erwägung, dass 24 Mitgliedstaaten im Anschluss an die Auskunftsersuchen, die der Petitionsausschuss zu der Petition Nr. 0535/2017 an die Ständigen Vertretungen aller Mitgliedstaaten gerichtet hatte, umfassend über ihre Fortschritte bei der Umsetzung des Übereinkommens, in dem Barrierefreiheit eines der Grundprinzipien ist, Bericht erstattet haben;

U.  in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Antidiskriminierungsrichtlinie, die durch einen Querschnittsansatz besseren Schutz vor Diskriminierung jeglicher Art bieten soll, nach wie vor im Rat blockiert wird, und in der Erwägung, dass dies seit über zehn Jahren der Fall ist;

V.  in der Erwägung, dass Barrierefreiheit eine Voraussetzung für die gleichberechtigte Ausübung aller anderen in dem Übereinkommen verankerten Rechte ist; in der Erwägung, dass die Kommission mehrere Maßnahmen zur Überwachung der Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit und neue Maßnahmen zur Schaffung einer barrierefreien Union vorgeschlagen hat;

W.   in der Erwägung, dass Initiativen auf Unionsebene wie der Access City Award dafür eintreten, den öffentlichen Raum an die Bedürfnisse von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen anzupassen; in der Erwägung, dass in diesem Wettbewerb Städte ausgezeichnet werden, die sich in ihren politischen Entscheidungsgremien zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen und zur Achtung ihrer Rechte verpflichten, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen eingehen und die einen sozialen Dialog mit Organisationen für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen führen; in der Erwägung, dass durch die Anpassung des öffentlichen Raums nicht nur zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, sondern auch zum Wirtschaftswachstum beigetragen wird;

X.  in der Erwägung, dass in mehreren Petitionen veranschaulicht wird, dass Probleme dabei bestehen und es notwendig ist, für Menschen mit Behinderungen den Zugang zur baulichen Umwelt und zu Verkehrsmitteln sowie zu Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen (IKT-Systemen) und zu sonstigen öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen zu verbessern;

Y.  in der Erwägung, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unbedingt sicherstellen müssen, dass auf ihren Websites die technischen Spezifikationen angewandt werden, die im Hinblick auf die barrierefreie Gestaltung für Menschen mit Behinderungen notwendig sind, damit diese Personen korrekte und unmittelbare Informationen zu allen Angelegenheiten erhalten können, die sie als Bürgerinnen und Bürger betreffen, wobei die Barrierefreiheit von Dokumenten, Videos und Websites verbessert und alternative Kommunikationsmittel gefördert werden sollen;

Z.  in der Erwägung, dass im Parlament eine dienststellenübergreifende Arbeitsgruppe für Gebärdensprache eingerichtet wurde, die Maßnahmen ergreifen soll, um dem Anliegen aus der Petition Nr. 1056/2016 gerecht zu werden, dass Petitionen in den in der Europäischen Union gebräuchlichen nationalen Gebärdensprachen eingereicht werden können;

AA.  in der Erwägung, dass bei den Maßnahmen, die die Regierungen in der außergewöhnlichen und schweren, durch die COVID-19-Pandemie verursachten Gesundheitskrise ergriffen haben, stets die Grundrechte und -freiheiten des Einzelnen gewahrt werden sollten und Bürgerinnen und Bürger mit Behinderungen nicht diskriminiert werden dürfen;

AB.  in der Erwägung, dass in mehreren Petitionen belegt wird, dass sich die Situation der Menschen mit Behinderungen durch die COVID-19-Pandemie verschärft hat, unter anderem durch die Verletzung grundlegender Menschenrechte der Menschen mit Behinderungen, etwa beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, zu Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Krankheit und zu Bildung;

AC.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament sicherstellen muss, dass die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie mit der Grundrechtecharta und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen;

AD.   in der Erwägung, dass infolge der schwierigen Situation während der COVID-19-Krise Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen, etwa Tagespflegeeinrichtungen oder Schulen, gelegentlich vorübergehend geschlossen wurden; in der Erwägung, dass in einer solchen Notlage die Betreuung von Menschen mit geistigen Behinderungen den Familienangehörigen oblag; in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben, die nicht geschlossen worden waren, während der Pandemie sehr stark betroffen waren, weil sie auf den physischen Kontakt mit Pflege- und Betreuungspersonal angewiesen sind, Personal fehlte, es an persönlicher Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln mangelte und infolgedessen sehr viele Krankheitsfälle auftraten und es zu einer erhöhten Zahl von Sterbefällen kam;

AE.  in der Erwägung, dass sich die Ausgangsbeschränkungen auf Menschen mit Behinderungen besonders nachteilig auswirken;

AF.  in der Erwägung, dass in Petitionen immer wieder auf die eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen hingewiesen wurde; in der Erwägung, dass der durchschnittliche Unterschied bei der Beschäftigungsquote von Menschen mit und ohne Behinderungen in der Union 25 % beträgt(21);

AG.  in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote bei Menschen mit Behinderungen niedrig ist und nur 50,6 % gegenüber 74,8 % bei Menschen ohne Behinderungen beträgt; in der Erwägung, dass sich durch die Pandemie, die Sozial- und die Wirtschaftskrise die Ungleichheit zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen vergrößert hat;

AH.  in der Erwägung, dass durch eine Beschäftigung in abgesonderten Einrichtungen die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt nicht erleichtert wird;

AI.  in der Erwägung, dass fast jeder vierte befragte EU-Bürger ein gewisses Maß an funktionellen Einschränkungen aufgrund von Gesundheitsproblemen angibt(22);

AJ.  in der Erwägung, dass der soziale Schutz und die Arbeitnehmerrechte, die Verwendung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds im Einklang mit den Unionsrechtsvorschriften und dem Übereinkommen und andere Themen, die in den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten fallen, zu den Anliegen im Zusammenhang mit der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zählen, auf die in den beim Parlament eingegangenen Petitionen am häufigsten hingewiesen wird;

AK.  in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine Vielzahl von Petitionen erhält, die sich auf die Richtlinie 2000/78/EG beziehen und die fehlende Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beim Zugang zu inklusiver Bildung, zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen betreffen; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die EU das Übereinkommen ratifiziert haben, dessen Artikel 24 vorsieht, dass die Vertragsstaaten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu lebenslangem Lernen, Erwachsenenbildung, Berufsausbildung, allgemeiner Hochschul- und Sekundarschulbildung und einer unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulbildung haben;

AL.  in der Erwägung, dass der Zugang zu hochwertiger Beschäftigung, allgemeiner und beruflicher Bildung, Gesundheitsversorgung, sozialem Schutz, auch länderübergreifend, zu angemessenem Wohnraum und die Unterstützung für eine eigenständige Lebensführung und gleiche Chancen für die Teilnahme an Freizeitaktivitäten und am Gemeinschaftsleben für die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen von wesentlicher Bedeutung sind;

AM.  in der Erwägung, dass die kürzlich vorgestellte Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 ein begrüßenswerter Schritt zur Behandlung der Probleme ist, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, diese Menschen jedoch nach wie vor Hindernissen und Diskriminierung gegenüberstehen; in der Erwägung, dass im Jahr 2019 28,4 % der Menschen mit Behinderungen in der Union (ab 16 Jahren) von sozialer Ausgrenzung oder Armut bedroht waren(23); in der Erwägung, dass in der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 auf diesen Umstand eingegangen werden muss;

AN.  in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen nach Grundsatz 17 der europäischen Säule sozialer Rechte das Recht auf Einkommensbeihilfen, die für sie ein Leben in Würde sicherstellen, auf Dienstleistungen, die ihnen Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, und auf ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Arbeitsumfeld haben;

AO.  in der Erwägung, dass mit Werkstätten für Menschen mit Behinderungen die Eingliederung, die Rehabilitation und der Übergang in den offenen Arbeitsmarkt sichergestellt werden sollte, es sich dabei aber häufig um abgesonderte Umgebungen handelt, in denen Arbeitnehmern mit Behinderungen der Angestelltenstatus oder die Arbeitnehmerrechte verwehrt werden, was eindeutig ein Verstoß gegen das Übereinkommen ist; in der Erwägung, dass durch Inklusionsmodelle für unterstützte Beschäftigung, wenn sie rechtebasiert sind und als Beschäftigung anerkannt werden, die Rechte von Menschen mit Behinderungen geachtet werden und der Übergang zum und die die Eingliederung in den offenen Arbeitsmarkt unterstützt werden kann;

AP.  in der Erwägung, dass die durch die COVID-19-Pandemie verursachte Wirtschaftskrise eine erhebliche Bedrohung für die Volkswirtschaften der Union und die Erhaltung von Arbeitsplätzen darstellt; in der Erwägung, dass Menschen, die benachteiligten Gruppen angehören, insbesondere Menschen mit Behinderungen, besonders stark von der Pandemie betroffen sind; in der Erwägung, dass die COVID-19-Präventionsmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringen, was die Zugänglichkeit und Inklusivität des Arbeitsmarkts anbelangt;

AQ.  in der Erwägung, dass die Union mit dem Aufbauinstrument NextGenerationEU dazu beitragen muss, die Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und die Erholung von der Pandemie unter Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu gestalten; in der Erwägung, dass Organisationen der Zivilgesellschaft und Freiwilligenorganisationen, die im Bereich der Menschen mit Behinderungen tätig sind, während der COVID-19-Krise erneut ihre außerordentliche Bedeutung und Resilienz unter Beweis gestellt haben;

AR.  in der Erwägung, dass durch COVID-19-Präventionsmaßnahmen neue Hindernisse für Menschen mit Behinderungen geschaffen wurden und die bestehende Ausgrenzung in allen Bereichen der Arbeitswelt verschärft wurde; in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre Arbeit verlieren und Schwierigkeiten haben, wieder eine Beschäftigung zu finden; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie negative Auswirkungen auf die Barrierefreiheit und Inklusivität der Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung sowie auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen hat und viele Menschen mit Behinderungen mit den negativen Auswirkungen der Telearbeit konfrontiert sind;

AS.  in der Erwägung, dass 2019 beinahe 18 Millionen Kinder in der Union (22,2 % der Bevölkerung im Kindesalter) von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren; in der Erwägung, dass Kinder mit Behinderungen besondere Benachteiligungen erfahren, weswegen sie besonders schutzbedürftig sind; in der Erwägung, dass hieran deutlich wird, dass bedürftigen Kindern ein unentgeltlicher und konkreter Zugang zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, Bildungsangeboten und schulbezogenen Aktivitäten, mindestens einer gesunden Mahlzeit pro Schultag und Gesundheitsversorgung sowie zu gesunder Ernährung und angemessenem Wohnraum garantiert werden muss, wie es in der Empfehlung des Rates zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder niedergelegt ist;

AT.  in der Erwägung, dass alle Mitgliedstaaten der Union das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes ratifiziert haben und es damit für sie bindend ist, und in der Erwägung, dass in Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union das Ziel der Union festgelegt ist, den Schutz der Rechte des Kindes zu fördern; in der Erwägung, dass in der Charta der Schutz der Rechte des Kindes durch die Institutionen und Mitgliedstaaten der Union bei der Umsetzung des Unionsrechts garantiert ist; in der Erwägung, dass das Parlament seine Entschließung zu einer Europäischen Garantie für Kinder mit großer Mehrheit verabschiedet hat und darin fordert, dass alle Kinder von der frühen Kindheit bis zum Jugendalter Zugang zu inklusiver Bildung haben, insbesondere Roma-Kinder, Kinder mit Behinderungen, staatenlose Kinder, Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder in humanitären Notsituationen;

AU.  in der Erwägung, dass Diskriminierung in Bezug auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen mit dem Fehlen einer inklusiven Bildung und Berufsbildung sowie mit der Absonderung und Diskriminierung in den Bereichen Wohnen und Gesundheitsversorgung und mit der fehlenden Barrierefreiheit von Verkehrsmitteln und anderen Dienstleistungen und Waren zusammenhängt;

AV.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf unter Berücksichtigung der VN-BRK die Mängel der Richtlinie 2000/78/EG aufgezeigt hat;

AW.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie (EU) 2019/1158 prüfen müssen, ob die Bedingungen für den Zugang zu Elternurlaub, Urlaub für pflegende Angehörige und Arbeitnehmer und die entsprechenden detaillierten Regelungen an die spezifischen Bedürfnisse von Eltern in besonders benachteiligten Situationen, wie Eltern mit Behinderungen, Adoptiv-, alleinstehende oder getrennt lebende Eltern von Kindern mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung oder Eltern in schwierigen Lebenslagen, angepasst werden sollten;

AX.  in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen in ihrem Alltag mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert sind, unter anderem bei Versuchen, persönliche Betreuung zu erhalten, in die Gemeinschaft eingegliedert zu werden, angemessenen und bezahlbaren barrierefreien Wohnraum zu finden und eine erschwingliche Gesundheitsversorgung und eine personenorientierte Sozial- und Gesundheitsfürsorge zu erhalten;

AY.  in der Erwägung, dass Arbeitslosigkeit und der Mangel an hochwertigen Dauerarbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen die wesentlichen Faktoren sind, die bei ihnen zu dem hohen Risiko von Armut, sozialer Ausgrenzung und Obdachlosigkeit beitragen;

AZ.  in der Erwägung, dass 2017 ein Drittel der Erwachsenen mit Behinderungen in der Union in Haushalten lebte, deren finanzielle Mittel nicht ausreichten, um die üblichen notwendigen Ausgaben zu decken; in der Erwägung, dass 2019 fast zwei Drittel der Bevölkerung der Union mit einer Beeinträchtigung der Aktivität von Armut bedroht gewesen wären, wenn sie keine Sozialleistungen, Beihilfen oder Rente erhalten würden(24);

BA.  in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen eine vielfältige Gruppe bilden und oft sich überschneidender Diskriminierung ausgesetzt sind, deren Kumulationswirkung die Beschäftigung erheblich beeinträchtigt;

BB.  in der Erwägung, dass die Deinstitutionalisierung in den Mitgliedstaaten unterschiedlich weit gediehen ist und dass trotz der Einführung einschlägiger Strategien und der Zuweisung erheblicher Mittel in der Union noch immer eine Million Menschen in Einrichtungen leben; in der Erwägung, dass mehrere Petitionen zur missbräuchlichen Verwendung von Unionsmitteln im Bereich der Deinstitutionalisierung von Menschen mit Behinderungen eingereicht wurden; in der Erwägung, dass die Europäische Bürgerbeauftragte im Februar 2021 auf eigene Initiative eine Untersuchung über die Rolle der Kommission bei der Sicherstellung der Verwendung von Unionsmitteln durch die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Förderung einer unabhängigen Lebensführung für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen und die Abkehr von stationären Pflegeeinrichtungen eingeleitet hat; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die Deinstitutionalisierung beschleunigen müssen und die Kommission die diesbezüglichen Fortschritte sorgfältig überwachen muss;

BC.  in der Erwägung, dass bei der Erhebung der Bevölkerungsstatistik der Union die Art der Behinderungen einer Person sowie die Anzahl der in Heimen lebenden Menschen mit Behinderungen außer Acht gelassen wird, was die Einhaltung von Artikel 31 des Übereinkommens erschwert;

BD.  in der Erwägung, dass der Katalog der Leistungen und Ansprüche, die sich aus dem Behindertenstatus ergeben, und auch die Rechtsträger, die diese Ansprüche definieren und anerkennen, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sind;

BE.  in der Erwägung, dass die Zahl der Menschen mit Behinderungen und der betreuungs- und pflegebedürftigen Personen in der Union unter anderem aufgrund der demografischen Herausforderungen und der Zunahme chronischer Erkrankungen voraussichtlich drastisch ansteigt; in der Erwägung, dass der Großteil der Langzeitpflege derzeit von informellen, in der Regel unbezahlten und überwiegend weiblichen Pflegekräften erbracht wird; in der Erwägung, dass politische Maßnahmen zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen und zur Deckung des wachsenden Betreuungs- und Pflegebedarfs so gestaltet werden sollten, dass sie nicht zu einem erhöhten Druck auf informelle Pflegekräfte führen;

BF.  in der Erwägung, dass Behinderungen häufig auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen sind oder infolge einer chronischen Erkrankung entstehen, die mit Berufskrankheiten und der Exposition gegenüber Gesundheitsgefahren zusammenhängt;

BG.  in der Erwägung, dass das Engagement für eine bessere Inklusion und den Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen Politikbereichen zum Ausdruck kommen sollte, auch im Prozess des Europäischen Semesters;

BH.  in der Erwägung, dass die Union und die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen zur Umsetzung der in dem Übereinkommen niedergelegten Rechte ergreifen sollten, und geltende Maßnahmen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen, ändern oder abschaffen sollten; in der Erwägung, dass die Union und die Mitgliedstaaten die Grundrechte von Menschen mit Behinderungen in allen Politikbereichen und Programmen schützen und fördern sollten;

BI.  in der Erwägung, dass in der Europäischen Union 46 Millionen Frauen und Mädchen mit Behinderungen leben(25);

BJ.  in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mit intersektioneller Mehrfachdiskriminierung und Problemen konfrontiert sind, die sich aus Überschneidungen von Geschlecht und Behinderung mit sexueller Ausrichtung, Geschlechtsidentität, Ausdruck der Geschlechtlichkeit, Geschlechtsmerkmalen, Herkunftsland, Klasse, Migrationsstatus, Alter oder rassischer oder ethnischer Herkunft ergeben; in der Erwägung, dass Frauen mit Behinderungen, die Minderheiten angehören, aufgrund ihrer prekären Lage viel häufiger dreifach diskriminiert werden; in der Erwägung, dass durch Diskriminierung Hindernisse für ihre Teilhabe in allen Lebensbereichen geschaffen werden, einschließlich sozioökonomischer Benachteiligungen, gesellschaftlicher Isolation, geschlechtsspezifischer Gewalt, Zwangssterilisierung und erzwungener Schwangerschaftsabbrüche, mangelnden Zugangs zu kommunalen Dienstleistungen, Kultur, Sport und Freizeit, schlechter Wohnbedingungen, Heimunterbringung und unzureichender Gesundheitsversorgung; in der Erwägung, dass es wegen dieser Hindernisse weniger wahrscheinlich ist, dass Frauen mit Behinderungen uneingeschränkt und aktiv an der Gesellschaft teilhaben und mitwirken und sich in die Gesellschaft einbringen, auch in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt;

BK.  in der Erwägung, dass im Vergleich zu 28,5 % der Männer mit Behinderungen nur 20,6 % der Frauen mit Behinderungen in der Europäischen Union eine Vollzeitbeschäftigung haben(26); in der Erwägung, dass aus den Zahlen hervorgeht, dass im Durchschnitt 29,5 % der Frauen mit Behinderungen und 27,5 % der Männer mit Behinderungen in der EU von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind(27);

BL.  in der Erwägung, dass in dem Übereinkommen darauf hingewiesen wird, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres häuslichen Umfelds oft in stärkerem Maße durch Gewalt gefährdet sind; in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) noch nicht ratifiziert haben; in der Erwägung, dass durch die Ausweitung der Kriminalitätsbereiche auf bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Gewalt gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV Frauen und Mädchen mit Behinderungen einen besseren Schutz geboten wird;

Politische Steuerung und Durchführung

1.  betont, dass auf allen Ebenen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in dem Übereinkommen verankert sind, sensibilisiert werden muss, um deren Rechte und Würde zu schützen sowie die fruchtbare Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Verfahren unter den Mitgliedstaaten zu fördern; hebt hervor, dass es allgemein akzeptierter Definitionen der Begriffe Behinderung, Deinstitutionalisierung, Leben in der Gemeinschaft, eigenständige Lebensführung und inklusive Bildung bedarf; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Koordinierungsmechanismen zu stärken;

2.  betont, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen in den folgenden vorrangigen Bereichen verstärken sollten: Gesundheit, Bildung, Barrierefreiheit, Beschäftigung und Arbeitsbedingungen, eigenständige Lebensführung, Koordinierung, Lebensbedingungen, Sozialschutz und Sensibilisierung;

3.  fordert alle Mitgliedstaaten, die das Fakultativprotokoll zu dem Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, auf, diesen Schritt umgehend nachzuholen, und fordert die Union auf, es vollständig zu ratifizieren; fordert den Rat auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Beitritt der Union zum Fakultativprotokoll sicherzustellen;

4.  ist der Ansicht, dass das Fakultativprotokoll ein untrennbarer Bestandteil des Übereinkommens ist; weist darauf hin, dass das Fakultativprotokoll den Bürgerinnen und Bürgern ein Forum bietet, um mutmaßliche Verstöße gegen die Bestimmungen des Übereinkommens durch den Vertragsstaat zu melden, und dass es dem Ausschuss der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen ermöglicht, vertrauliche Untersuchungen einzuleiten, wenn er Informationen erhält, die auf einen schweren oder systematischen Verstoß durch einen Vertragsstaat hindeuten;

5.  fordert die Kommission auf, eine umfassende Querschnittsüberprüfung der Rechtsvorschriften und Finanzierungsprogramme der Union mit dem Ziel vorzunehmen, die uneingeschränkte Einhaltung des Übereinkommens zu garantieren, indem Behindertenorganisationen und die Mitglieder des EU-Rahmens für die Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens konstruktiv eingebunden werden;

6.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Strategien und Maßnahmen der Vielfalt und Heterogenität von Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen;

7.  nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die die Mitgliedstaaten bei der wirksamen Umsetzung und Überwachung des Übereinkommens und bei der Anpassung der Maßnahmen für Barrierefreiheit erzielt haben, um den Bestimmungen des Übereinkommens gerecht zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich zuständige Behörden zu benennen, die als Kontaktstellen dienen, und gemäß Artikel 33 des Übereinkommens auf allen Verwaltungsebenen Koordinierungsmechanismen für die Umsetzung und Überwachung einzurichten; betont, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen sollten, dass eine maßgebliche Zahl von Menschen mit Behinderungen in die Arbeit dieser Behörden einbezogen wird;

8.  befürwortet den Vorschlag der Kommission, eine Plattform für Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderungen einzurichten, um die Steuerung der Zusammenarbeit auf Unionsebene in diesem Bereich und der Umsetzung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 sowie der entsprechenden nationalen Strategien zu stärken;

9.  weist darauf hin, dass die neue Unionsplattform für Menschen mit Behinderungen an die Leitlinien im Rahmen der europäischen Säule sozialer Rechte angepasst werden sollte;

10.  fordert die die Mitgliedstaaten auf, nationale Kampagnen zur Sensibilisierung für das Thema Behinderung durchzuführen, mit denen auf das Übereinkommen und die EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 aufmerksam gemacht wird, die für alle barrierefrei zugänglich sind und an denen Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Familienangehörigen und Organisationen beteiligt sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, ambitionierte Zeitpläne für die Umsetzung der Strategie festzulegen; fordert die Kommission auf, in dem künftigen delegierten Rechtsakt zum überarbeiteten sozialpolitischen Scoreboard eine Reihe genauer Indikatoren zu erarbeiten, mit denen die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der Strategie gemessen und sichergestellt wird, dass die in diesen Dokumenten festgehaltenen Verpflichtungen eingehalten werden;

11.  nimmt die Aufforderung der Kommission zur Kenntnis, dass alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen sowie die Delegationen der Union Behindertenbeauftragte benennen sollten; bekräftigt seine Forderung, in allen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union Kontaktstellen einzurichten, auch im Parlament und im Rat, wobei sich die zentrale Kontaktstelle im Generalsekretariat der Kommission befinden und über einen angemessenen interinstitutionellen Mechanismus für Unterstützung gesorgt werden sollte; fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, vorrangig Menschen mit Behinderungen als Behindertenbeauftragte zu benennen;

12.  begrüßt die Pläne der Kommission, die Funktionsweise des EU-Rahmens zur Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens im Jahr 2022 zu prüfen und auf dieser Grundlage Maßnahmen vorzuschlagen; fordert die Kommission auf, den EU-Rahmen und seine Unabhängigkeit zu stärken, vor allem durch eine stärkere Einbindung und Beteiligung von Sachverständigen, nichtstaatlichen Organisationen, Sozialpartnern und insbesondere von Menschen mit Behinderungen, ohne Diskriminierung aufgrund der Art der Behinderung oder sonstiger persönlicher Umstände; betont, dass der EU-Rahmen auf detaillierten, aktuellen, hochwertigen, nach der Art der Behinderung einer Person aufgeschlüsselten Daten beruhen muss und der Arbeit die Bemühungen der Washingtoner Gruppe für behinderungsbezogene Statistiken (Washington Group on Disability Statistics) zugrunde liegen müssen;

13.  fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verpflichtung zu bekräftigen, Menschen mit Behinderungen inkludierend gleichzustellen und das Übereinkommen vollständig umzusetzen, einschließlich Artikel 27 zu Arbeit und Beschäftigung;

14.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, klare Ziele für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen festzulegen und gleichzeitig die Grundsätze der Barrierefreiheit und des Diskriminierungsverbots zu achten sowie in Chancengleichheit und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu investieren;

15.  weist darauf hin, dass dem Petitionsausschuss eine besondere Schutzfunktion zukommt, wenn es sicherzustellen gilt, dass die Union bei der Ausarbeitung von Strategien und bei gesetzgeberischen Maßnahmen das Übereinkommen einhält; weist darauf hin, dass der Ausschuss im Rahmen dieser Zuständigkeit Petitionen zu Anliegen von Menschen mit Behinderungen bearbeitet, Aussprachen, thematische Workshops und öffentliche Anhörungen zu diesem Thema organisiert, Entschließungen und Berichte verfasst und Vor-Ort-Besuche durchführt;

16.  betont, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung und Hilfe haben sollten, die sie benötigen, um Petitionen zu verfassen und einzureichen, die die Zulässigkeitskriterien erfüllen, um so mittels Petitionen an das Parlament einen wirksamen Zugang zur Justiz zu erlangen; fordert, durch stärkere Öffentlichkeitsarbeit sowie die Einbeziehung und Beteiligung von Menschen mit Behinderungen oder ihrer Vertreter bei der Prüfung von Petitionen die Bekanntheit des Petitionsmechanismus zu steigern;

17.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, nationale Aktionspläne auszuarbeiten, mit denen die Mängel beim Zugang zu Informationen über die öffentliche Sicherheit, zum Fern- und Online-Lernen, zu persönlicher Betreuung und zu Pflege- und Unterstützungsdiensten für Menschen mit Behinderungen behoben wird;

18.  fordert den Petitionsausschuss auf, statistische Daten über die Bearbeitung von Petitionen zu erheben und zu veröffentlichen, und betont, dass der Petitionsausschuss, wie es in allen Ausschüssen des Europäischen Parlaments der Fall sein sollte, dafür sorgen muss, dass in Gebärdensprache gedolmetscht werden kann, um den Zugang zu Informationen und die Teilhabe sicherzustellen;

19.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bedeutung barrierefreier und hochwertiger Unterstützungsdienste und -systeme für eine eigenständige Lebensführung stärker zur Kenntnis zu nehmen; erachtet es als sehr wichtig, Strategien und Vorgaben für eine personalisierte, hochwertige Unterstützung für betreuungsbedürftige Menschen mit Behinderungen und ihre Pflegepersonen zu fördern, einschließlich eines verbesserten Sozialschutzes und verschiedener Formen der Unterstützung für informelle Pflegekräfte; fordert die Kommission auf, mit Blick auf die weitere Verbesserung der Qualität des Gesundheitswesens in der Union eine strategische Agenda der Union zu Pflege und Betreuung vorzulegen, die sich auch an Personen richtet, die personenbezogene Dienstleistungen und Haushaltsdienste erbringen; bekräftigt, dass in der Agenda zu Pflege und Betreuung auch die Lage von 100 Millionen informellen Pflegekräften in der Union berücksichtigt werden muss, die 80 % der Langzeitpflege erbringen, für ihre Arbeit aber zumeist keine Anerkennung erfahren;

20.  empfiehlt dem Petitionsausschuss, einen jährlichen Bericht über die in Petitionen aufgezeigten Probleme im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen zu erstellen und Empfehlungen abzugeben;

21.  fordert die Kommission auf, die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 strukturell in den Prozess des Europäischen Semesters einzubinden, da damit Strategien und Ansätze in den Mitgliedstaaten angeregt werden sollten und die Inklusivität der Gesellschaft gestärkt und die Beschäftigung und der soziale Schutz von Menschen mit Behinderungen gefördert werden sollte; fordert die Kommission auf, jährlich zu überprüfen, wie die Angelegenheiten von Menschen mit Behinderungen als Querschnittsthema in den Prozess des Europäischen Semesters einbezogen wurden;

22.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine gemeinsame Definition des Begriffs Behinderung im Einklang mit den im Jahr 2015 angenommenen abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum ersten Bericht der Europäischen Union festzulegen und für die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten zu sorgen, damit die Freizügigkeit für Menschen mit Behinderungen und die ordnungsgemäße Ausübung und Anerkennung ihrer Rechte als Unionsbürger sichergestellt sind;

23.  fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Union und die Mitgliedstaaten alle einschlägigen Verpflichtungen der Union und der Vereinten Nationen im Hinblick auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen, insbesondere das Übereinkommen und die allgemeinen Bemerkungen des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, und die einschlägigen Maßnahmen und Finanzierungsregeln der Union in vollem Umfang einhalten, und fordert die Kommission auf, in diesem Bereich die Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen und Pflegepersonen zu unterstützen und den Austausch bewährter Verfahren zu ermöglichen;

24.  betont, dass es mehr und regelmäßige Schulungen zur Sensibilisierung des Personals der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf Krisenintervention und ‑bewältigung sowie Konflikt-Deeskalation beim Umgang mit Menschen mit besonderen Behinderungen geben muss;

Datenschutz

25.  fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO)(28) ordnungsgemäß umsetzen, und die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die sensiblen Daten von Menschen mit Behinderungen zu schützen;

26.  betont, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten stets vollständig mit der DSGVO im Einklang stehen muss; hebt hervor, dass gemäß der DSGVO die Verarbeitung von genetischen oder biometrischen Daten zum Zwecke der eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person und von Gesundheitsdaten (sensible personenbezogene Daten) verboten ist, sofern dies nicht ausdrücklich in der DSGVO zugelassen ist;

Teilhabe

27.  betont, dass Organisationen für Menschen mit Behinderungen konsultiert und in sämtliche Phasen der Planung, Annahme, Umsetzung und Überwachung aller Arten von Maßnahmen aktiv einbezogen werden müssen, damit mit diesen Maßnahmen die Achtung ihrer Grundrechte tatsächlich vorangebracht wird; begrüßt die Zusage der Kommission, Organisationen für Menschen mit Behinderungen an allen Phasen der Umsetzung der Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 angemessen zu beteiligen;

28.  weist erneut darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen beim Erlass von Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, beispielsweise Aufbau- und Impfplänen, und bei allen zukünftigen potenziellen Krisen konsultiert und einbezogen werden müssen;

29.  betont, dass die uneingeschränkte und wirksame Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft für die Wahrnehmung ihrer Grundrechte von entscheidender Bedeutung ist;

30.  weist darauf hin, dass viele Menschen mit Behinderungen immer noch vom Leben in der Gemeinschaft ausgegrenzt sind und keine Kontrolle über ihr tägliches Leben haben, insbesondere diejenigen, die in Heimen leben, da die COVID-19-Pandemie die Herausforderungen, denen sich diese Menschen gegenübersehen, verdeutlicht und verstärkt hat; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in allen Bereichen Unterstützungsdienste anzubieten, damit Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht auf eine eigenständige Lebensführung genießen und in die Gemeinschaft einbezogen werden können;

31.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinderungen ohne jegliche Einschränkungen in den Prozess der Politikgestaltung einbezogen werden; stellt fest, dass das Übereinkommen volle politische Teilhabe vorsieht, was bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen in der Lage sein müssen, gleichberechtigt mit anderen an Wahlen und Entscheidungsprozessen teilzunehmen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten für Menschen mit Behinderungen eine erleichterte Einbürgerung oder besondere Ausnahmen von Einbürgerungstests vorsehen, damit sie die Staatsbürgerschaft erwerben können;

32.  weist erneut darauf hin, dass sehr vielen Unionsbürgerinnen und -bürgern ihr Recht auf Teilnahme an Wahlen, einschließlich der Wahl zum Europäischen Parlament, aufgrund ihrer Behinderungen oder psychischen Probleme vorenthalten wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinderungen ein echtes Wahlrecht für die Wahl zum Europäischen Parlament genießen;

Freizügigkeit

33.  begrüßt das Vorhaben der Kommission, bis Ende 2023 einen Vorschlag zur Einführung eines EU-Behindertenausweises vorzulegen, der in allen Mitgliedstaaten anerkannt wird, um so die Ergebnisse der Pilotprojekte für einen EU-Behindertenausweis und einen EU-Parkausweis für Menschen mit Behinderungen in die Tat umzusetzen; vertritt die Auffassung, dass ein EU-Behindertenausweis, der in allen Mitgliedstaaten verbindlich sein sollte, ein wichtiges Instrument ist, um Menschen mit Behinderungen bei der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit in einer barrierefreien Union zu unterstützen;

34.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, hinsichtlich des Umfangs der Berechtigungen, die der Ausweis seinen Inhabern garantiert, ehrgeizig zu sein und sicherzustellen, dass er in allen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt wird, nötigenfalls mittels bindender Unionsrechtsvorschriften;

35.  stellt fest, dass es in einigen Mitgliedstaaten, in denen bereits ein Behindertenausweis eingeführt wurde, Meldungen über die missbräuchliche Nutzung gegeben hat, was gelegentlich zu negativen Folgen für tatsächlich Berechtigte geführt hat; hält es daher für sehr wichtig, das Bewusstsein auf allen Ebenen zu schärfen und Maßnahmen zu ergreifen, um die missbräuchliche Nutzung des neuen EU-Behindertenausweises zu verhindern;

36.  fordert die Kommission auf, Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen und Hilfspersonen von der Zahlung von Straßenbenutzungsgebühren in der gesamten Union zu befreien, um ihre Freizügigkeit zu erleichtern, insbesondere wenn mehrere Wegstrecken für ihre medizinische Versorgung bzw. im Interesse ihres Wohlergehens zurückgelegt werden müssen;

37.  fordert die Kommission auf, den Rechtsrahmen für die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am Tourismus weiter zu stärken; stellt fest, dass 25 % der Wahlberechtigten in der Union einen gewissen Grad an Beeinträchtigung oder Behinderung haben(29) und dass der Gesamtbruttoumsatzbeitrag des barrierefreien Tourismus in der Union für Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Jahr 2012 etwa 786 Mrd. EUR betrug(30);

38.  begrüßt nachdrücklich die Einführung stärkerer Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr für Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität, insbesondere die allmähliche Abschaffung der derzeitigen Ausnahmen für die Mitgliedstaaten und die Verkürzung des Ankündigungszeitraums, den Menschen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität, die Hilfe benötigen, einhalten müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, so bald wie möglich kürzere Ankündigungszeiträume für Menschen mit Behinderungen, die beim Reisen Hilfe benötigen, vorzusehen, damit Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ihr Recht auf Freizügigkeit leichter ausüben können, und Zeitrahmen für die Barrierefreiheit festzulegen; fordert, dass die in der Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 festgelegten Regelungen in allen Mitgliedstaaten rasch umgesetzt werden; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zu den Rechten von Fahrgästen mit Behinderungen im Stadt- und Umlandverkehr zu prüfen, mit dem die noch bestehenden Lücken geschlossen werden; fordert die Annahme eines gleichermaßen wirksamen Pakets für den Seeverkehr;

39.  fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf Freizügigkeit, Selbstbestimmung und persönliche Entscheidungen gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen und ein eigenständiges Leben führen können und in die Gemeinschaft einbezogen werden, wie es in Artikel 19 des Übereinkommens festgelegt ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Barrierefreiheit der von der öffentlichen Verwaltung bereitgestellten Informationen durch Nutzung von offenen und barrierefreien Formaten zu verbessern;

Barrierefreiheit

40.  nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, bis 2022 das Ressourcenzentrum „AccessibleEU“ einzurichten; fordert die Kommission auf, eine EU-Agentur für Barrierefreiheit („EU Access Board“) einzurichten, die für die Ausarbeitung technischer Spezifikationen zur Barrierefreiheit zuständig wäre, die als Unterstützung für bestimmte politische Maßnahmen und Rechtsvorschriften der Union dienen, und die Konsultationen mit Rechteinhabern, Interessenträgern und nichtstaatlichen Organisationen durchführt, die Mitgliedstaaten und die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union bei der harmonisierten Umsetzung der Barrierefreiheit im Interesse des Binnenmarkts unterstützt und auf die Bedeutung der Barrierefreiheit für eine gleichberechtigte Gesellschaft aufmerksam macht;

41.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die kognitive, sensorische und physische Barrierefreiheit der Initiativen der Union zur Digitalisierung des Arbeitsmarktes sicherzustellen;

42.  bedauert, dass der barrierefreie Zugang zur baulichen Umwelt und die physische Barrierefreiheit nicht in den Geltungsbereich des europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit aufgenommen wurden; fordert die Kommission auf, den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit als Grundlage für die Annahme eines soliden Unionsrahmens für eine barrierefreie und inklusive Umgebung mit vollständig barrierefreien öffentlichen Räumen und Diensten heranzuziehen, wozu auch der öffentliche Verkehr, die Kommunikation, Verwaltungs- und Finanzdienstleistungen und die bauliche Umwelt zählen; begrüßt die Initiative „Access City Award“ der Kommission;

43.  begrüßt die Ergebnisse des Wettbewerbs „European Access City“; fordert die Mitgliedstaaten auf, ähnliche Wettbewerbe auf nationaler Ebene einzuführen;

44.  weist darauf hin, dass die häufigsten Anliegen der Petentinnen und Petenten in Bezug auf die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen die Barrierefreiheit und den Sozialschutz sowie die Arbeitnehmerrechte und das Recht auf unabhängige Lebensführung in der Gemeinschaft betreffen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, alle Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit, einschließlich der Richtlinie (EU) 2019/882 (Rechtsakt zur Barrierefreiheit) vollständig umzusetzen und die Umsetzung kontinuierlich zu überwachen, damit Barrieren für Arbeitnehmer mit Behinderungen tatsächlich und endgültig abgebaut werden und ihre Wiedererrichtung verhindert wird, sowie die Verfügbarkeit barrierefreier Dienstleistungen und die Angemessenheit der Bedingungen, unter denen diese Dienstleistungen erbracht werden, zu verbessern und sicherzustellen; fordert in dieser Hinsicht die Mitgliedstaaten auf, bei der Umsetzung des Rechtsakts zur Barrierefreiheit in ihre nationalen Rechtsvorschriften den Zusammenhängen zwischen der Barrierefreiheit von Diensten und der Barrierefreiheit der baulichen Umwelt Rechnung zu tragen;

45.  betont, dass die vollständige Barrierefreiheit aller öffentlichen Bereiche in der Union garantiert werden muss; bedauert, dass die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 derzeit in vielerlei Hinsicht missachtet wird und dass es insbesondere zu viele öffentliche Gebäude mit architektonischen Barrieren gibt, die eine unerträgliche Form der Diskriminierung darstellen; fordert die Kommission auf, die Barrierefreiheit in alle Politikbereiche einzubeziehen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die geltenden Rechtsvorschriften vollständig umzusetzen;

46.  bedauert, dass in einigen Mitgliedstaaten Menschen mit Behinderungen nicht mit wesentlichen Unterstützungs- und Notfalldiensten kommunizieren konnten, nur weil die Notrufnummern unerreichbar waren; fordert die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, die Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation gewissenhaft umzusetzen;

47.  fordert die Mitgliedstaaten auf, für die rasche und wirksame Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen auf allen Ebenen zu sorgen und somit sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen auf alle Informationen zugreifen können, die ihnen in einem barrierefreien Format – auch in den nationalen Gebärdensprachen – zur Verfügung stehen müssen; begrüßt die Initiative der Kommission für einen Aktionsplan zur Barrierefreiheit im Netz für alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU, mit der sichergestellt werden soll, dass die Websites der Union und die auf diesen Websites und Online-Plattformen veröffentlichten Unterlagen mit den Barrierefreiheitsanforderungen der Union, die ausgeweitet werden müssen, im Einklang stehen; fordert alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, spätestens 2022 die Barrierefreiheitsanforderungen der Union zu erfüllen;

48.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die längst überfällige Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in nationales Recht vorzunehmen und im Einklang mit Artikel 7 dieser Richtlinie barrierefreie audiovisuelle Mediendienste für Menschen mit Behinderungen zu erbringen;

49.  fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nachdrücklich auf, den Umfang und die Qualität der Barrierefreiheit in all ihren Gebäuden zu verbessern und die vorhandenen Hindernisse auf ihren Websites bzw. in Bezug auf ihre Aussprachen und Unterlagen zu beseitigen, d. h. die erzeugten Informationen barrierefrei zugänglich zu machen, indem beispielsweise Übersetzungen in die Gebärdensprachen der einzelnen Mitgliedstaaten bereitgestellt sowie Dokumente in Braille-Schrift und in bürgernaher Sprache erstellt werden;

50.  erachtet es als sehr wichtig, die Belange der Barrierefreiheit rasch bei allen einschlägigen politischen Maßnahmen und Instrumenten zu berücksichtigen, auch in den Bereichen Vergabe öffentlicher Aufträge und Barrierefreiheit von Petitionen an das Parlament;

51.  fordert die zuständigen Dienststellen des Parlaments nachdrücklich auf, ihre Bemühungen fortzusetzen und das Projekt der dienststellenübergreifenden Arbeitsgruppe für Gebärdensprache in einem möglichst kurzen Zeitrahmen abzuschließen, um den Anträgen aus der Petition Nr. 1056/2016 nachzukommen, damit Petitionen in den in der Union gebräuchlichen internationalen und nationalen Gebärdensprachen eingereicht werden können und Gebärdende das Grundrecht auf Petition besser ausüben können;

52.   hebt hervor, dass Gebärdensprachdolmetschdienste und Übersetzungen in bürgernahe Sprache bereitgestellt werden müssen, damit Ausschusssitzungen, Plenarsitzungen und alle anderen Sitzungen des Europäischen Parlaments für Menschen mit Behinderungen barrierefrei zugänglich sind;

Bekämpfung der Diskriminierung

53.  stellt fest, dass es keine gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in den Mitgliedstaaten gibt; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Geiste gegenseitigen Vertrauens besser zusammenzuarbeiten und den in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannten Status anzuerkennen; unterstreicht, dass die Kommission anstrebt, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um den Umfang der gegenseitigen Anerkennung des Behindertenstatus in Bereichen wie der Mobilität der Arbeitskräfte zu erweitern und die Vorteile in Verbindung mit den Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen auszuweiten; hebt hervor, dass der Leistungsumfang des EU-Behindertenausweises ausgeweitet werden muss, damit gegenseitig anerkannte Leistungen für den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ebenfalls einbezogen werden; betont in diesem Zusammenhang, dass bei der Einführung des EU-Behindertenausweises rasches Handeln geboten ist; weist erneut darauf hin, dass ein gemeinsames Verständnis des Begriffs Deinstitutionalisierung, der Umsetzung der Deinstitutionalisierung und des Begriffs eigenständige Lebensführung in der Gemeinschaft erforderlich ist, damit die Strategien der Mitgliedstaaten und die Vergabe von Mitteln aus den EU-Fonds besser mit dem Übereinkommen in Einklang gebracht werden können;

54.  stellt fest, dass der EU-Behindertenausweis in vielen Bereichen Anwendung finden könnte, sowohl hinsichtlich des diskriminierungsfreien Zugangs zu zahlreichen Dienstleistungen als auch im Hinblick auf die Sicherheit im Gefahren- und Notfall; weist darauf hin, dass mit dem Ausweis sichergestellt werden könnte, dass Menschen mit Behinderungen von den beteiligten Polizeikräften sofort als solche erkannt werden;

55.  bedauert, dass laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Kinder und Erwachsene mit Behinderungen einem höheren Gewaltrisiko als ihre Altersgenossen ohne Behinderungen ausgesetzt sind; hebt insbesondere hervor, dass im Vergleich zu Kindern ohne Behinderungen bei Kindern mit Behinderungen die Wahrscheinlichkeit, dass Gewalttaten an ihnen verübt werden, höher ist, und zwar 3,7-mal höher bei allen Arten von Gewalt, 3,6-mal höher bei körperlicher Gewalt und 2,9-mal höher bei sexueller Gewalt; hebt zudem hervor, dass Kinder mit geistiger Beeinträchtigung oder Intelligenzminderung diesbezüglich offenbar zu den am stärksten gefährdeten Kindern gehören, da bei ihnen ein 4,6-fach höheres Risiko als bei ihren Altersgenossen ohne Behinderungen besteht, dass sexuelle Gewalt an ihnen verübt wird; fordert daher nachdrücklich die Schaffung eines europäischen Rahmens für den Schutz von Menschen mit Behinderungen vor jeglicher Art von Gewalt;

56.  betont, dass dringend Unionsrechtsvorschriften erforderlich sind, mit denen die Bürgerinnen und Bürger vor allen Formen der Diskriminierung in der EU geschützt werden, und hält dies für eine vordringliche Angelegenheit, wenn es gilt, die Maßnahmen des Übereinkommens korrekt umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Querschnittsrichtlinie gegen Diskriminierung, die von der Kommission im Jahr 2008 vorgelegt wurde, zu billigen; fordert die Kommission auf, eine alternative Lösung vorzulegen, um bei der Bekämpfung der Diskriminierung in allen Lebensbereichen in der gesamten EU so schnell wie möglich Fortschritte zu erzielen;

57.  verurteilt jegliche medizinische Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen aufs Schärfste; weist darauf hin, dass die einschlägigen Maßnahmen der Mitgliedstaaten mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen müssen und durch sie ein gleichberechtigter und diskriminierungsfreier Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sozialdiensten sichergestellt sein muss; betont, dass bei der Reaktion auf zukünftige Gesundheitskrisen (von der Vorsorge bis zur Behandlung) sichergestellt sein muss, dass Menschen mit Behinderungen nicht außer Acht gelassen werden; fordert in diesem Zusammenhang die zuständigen Stellen nachdrücklich auf, Menschen mit Behinderungen die gleiche medizinische Behandlung zukommen zu lassen wie allen anderen Menschen, auch medizinische Intensivpflege; bekräftigt, dass die öffentlichen Gesundheitsdienste beim Schutz von Menschen mit Behinderungen stets eine zentrale Funktion übernehmen müssen;

58.  bekräftigt seine Forderung an die Kommission, gemeinsam mit dem Gerichtshof der Europäischen Union an Strategien für Kommunikation und Barrierefreiheit zu arbeiten, damit Menschen mit Behinderungen das Rechtssystem der Union in Anspruch nehmen können, ohne Formen der Diskriminierung ausgesetzt zu sein; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Programme zur Befähigung von Menschen mit Behinderungen fortzusetzen, die es ihnen ermöglichen, Fälle von Diskriminierung gegen sie zu erkennen und zu melden;

59.  verurteilt jedwede Form der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Maßnahmen einzuführen, mit denen auf die Vorbeugung von Mobbing aufgrund von Behinderung abgezielt wird; fordert die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, in Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern Maßnahmen einzuführen, mit denen Cybermobbing von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz vorgebeugt wird;

60.  betont, dass die Inhaftierung von Personen, deren Behinderung mit einer Inhaftnahme unvereinbar ist, verhindert werden muss und dass Alternativen zu Haftstrafen vorgesehen werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Grundprinzipien der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbots, der angemessenen Vorkehrungen und der Barrierefreiheit für Häftlinge mit Behinderungen geachtet werden;

61.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationen und bewährte Verfahren auszutauschen, insbesondere im Hinblick auf den Übergang von der institutionellen Betreuung zu einer eigenständigen Lebensführung, die Bereitstellung von barrierefreiem und erschwinglichem Wohnraum für Menschen mit Behinderungen und die Eingliederung in die Gemeinschaft;

62.  betont, dass angemessene Vorkehrungen, Barrierefreiheit und universelles Design entscheidend sind, um gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen vorzugehen; hebt hervor, dass für einen tatsächlich diskriminierungsfreien Zugang gesorgt werden muss, indem unter anderem die Hindernisse und Barrieren ermittelt und beseitigt werden, durch die Menschen mit Behinderungen der Zugang zu den der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Gütern, Dienstleistungen und Einrichtungen erschwert wird; betont, dass ein wirksamer, diskriminierungsfreier Zugang für Menschen mit Behinderungen nach Möglichkeit zu denselben Bedingungen wie für Menschen ohne Behinderungen gewährt und der Einsatz von Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen mit entsprechendem Bedarf, darunter Mobilitäts- und Zugangshilfen und auch anerkannte Führungshunde und andere Assistenzhunde, gefördert werden sollte(31); weist erneut darauf hin, dass Barrierefreiheitsanforderungen in Absprache mit Menschen mit Behinderungen und den sie vertretenden Organisationen angenommen werden sollten, da deren Fachwissen für die Ermittlung von Zugangsbarrieren von wesentlicher Bedeutung ist; betont, dass angemessene Vorkehrungen, Barrierefreiheit und universelles Design entscheidend sind, um gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen vorzugehen;

63.  hebt die maßgebende Rolle der Personen hervor, die sich um Familienangehörige mit Behinderungen kümmern, indem sie sie in vielen Fällen betreuen und unterstützen; betont deshalb, dass die Familienangehörigen und das Pflegepersonal durch politische Maßnahmen und Strategien der Union und der Mitgliedstaaten nachdrücklich unterstützt werden müssen; hält es für unentbehrlich, ihre Rolle als Pflegepersonen unionsweit gegenseitig anzuerkennen;

64.  erachtet es als sehr wichtig, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, ihre Grundrechte gleichberechtigt auszuüben; hebt hervor, dass anerkannt werden muss, dass Menschen mit Behinderungen im Einklang mit Artikel 12 des Übereinkommens in allen Lebensbereichen die gleiche Rechts- und Geschäftsfähigkeit wie andere Personen genießen; fordert die Mitgliedstaaten auf, rechtzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit allen Arten von Behinderungen einen wirksamen, fairen und inklusiven Zugang zum Justizsystem und zur Strafverfolgung in allen Instanzen zu ermöglichen; betont, dass Einrichtungen und Dienstleistungen barrierefreien Zugang bieten müssen, damit für den gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zugang zur Justiz und zum gesamten Rechtsweg gesorgt ist;

65.  hebt hervor, dass Finanzhilfen bereitgestellt werden müssen, damit Menschen mit Behinderungen Hilfspersonen fest oder zeitweilig anstellen oder Familienangehörige finanziell unterstützen können, da deren Betreuungsleistungen einen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeuten und da dies zur Unterstützung der Menschen mit Behinderungen und ihrer mithelfenden Familienangehörigen unbedingt notwendig ist;

66.  hebt hervor, dass Menschen mit Behinderungen eine gesellschaftliche Randgruppe und vom Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialleben ausgeschlossen sind; bedauert, dass bei Menschen mit Behinderungen, insbesondere solchen mit hohem Unterstützungsbedarf, häufig die Gefahr besteht, dass sie in Einrichtungen untergebracht werden, während die derzeitige finanzielle Unterstützung durch die Mitgliedstaaten nicht ausreicht, insbesondere im Hinblick auf eine gemeinschaftsbasierte, personenzentrierte Unterstützung, mit der die Rechte von Menschen mit Behinderungen geschützt würden(32);

67.  betont, dass in Artikel 19 des Übereinkommens das Recht auf eine eigenständige Lebensführung und die Einbeziehung in die Gemeinschaft festgelegt ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, für ein Verfahren zu sorgen, das eine Veränderung der Lebensumstände von Menschen mit Behinderungen weg von der Unterbringung in Einrichtungen und hin zu einem System vorsieht, das gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und in dem Dienstleistungen in der Gemeinschaft nach dem Willen und Wunsch des Einzelnen erbracht werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Ziele mit klaren Fristen in ihre Deinstitutionalisierungsstrategien aufzunehmen und die Umsetzung dieser Strategien angemessen zu finanzieren;

68.  bedauert, dass Menschen mit Behinderungen und ihre Unterstützungsnetze in der Impfstrategie der Union nicht zu den vorrangigen Gruppen zählten; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dass Menschen mit Behinderungen und ihren Unterstützungsnetzen vorrangiger Zugang zu Impfungen gewährt wird; fordert in diesem Zusammenhang, dass der Erhalt einer Impfung gegen COVID-19 auf der freien und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung der Menschen mit Behinderungen beruhen muss und dass die Autonomie und Rechtsfähigkeit aller Menschen mit Behinderungen, auch von Menschen mit geistiger Behinderung, Menschen mit psychosozialer Behinderung und Menschen mit Autismus, nicht durch Maßnahmen unter Berufung auf das öffentliche Wohl oder das Wohl der betroffenen Person gefährdet werden darf;

69.  fordert, dass auf der Ebene der Union und auf nationaler Ebene untersucht wird, warum die Zahl der COVID-19-Infektions- und Todesfälle in Pflegeheimen, Wohneinrichtungen für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen und anderen sozialen Einrichtungen unverhältnismäßig hoch war, damit die Ursachen erkannt, die Verantwortlichen ermittelt und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um solche Fälle in Zukunft zu verhindern;

70.  fordert, dass Orte, an denen Impfungen durchgeführt werden, physisch barrierefrei zugänglich sind und dass vor Ort Beratung und Hilfe für die Menschen angeboten wird, die sie benötigen; fordert, soweit erforderlich, Programme für unentgeltliche oder kostengünstige gezielte barrierefreie Verkehrsmittel;

Beschäftigung und Soziales

71.  ist besorgt über die hohen Arbeitslosenquoten bei Menschen mit Behinderungen, insbesondere bei Frauen mit Behinderungen, im Vergleich zu anderen Gruppen in der Union; fordert die Mitgliedstaaten auf, einen rechtlichen und politischen Rahmen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und insbesondere von Frauen mit Behinderungen, einschließlich derjenigen mit versteckten Behinderungen, chronischen Krankheiten oder Lernbehinderungen, am Arbeitsmarkt zu schaffen und zu fördern;

72.  fordert die Mitgliedstaaten auf, einen intersektionalen Ansatz zu verfolgen, insbesondere bei ihren Strategien und Maßnahmen zur Schaffung inklusiver Beschäftigung; bedauert, dass Mehrfachdiskriminierung und sich überschneidende Diskriminierung in der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 nicht ausreichend berücksichtigt wird; fordert die Kommission daher auf, bei der Umsetzung der Strategie besonderes Gewicht auf Intersektionalität zu legen und in Bezug auf die Vielfalt am Arbeitsplatz klare, messbare und hochgesteckte Ziele unter Berücksichtigung der Heterogenität von Menschen mit Behinderungen festzulegen, um Mehrfachdiskriminierung und sich überschneidende Diskriminierung zu bekämpfen; erachtet es als sehr wichtig, die Wirksamkeit der Strategie unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und der Organisationen, die sie vertreten, zu überwachen;

73.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Sozialunternehmen zu fördern und zu unterstützen, die sich auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen konzentrieren, da diese Unternehmen ein Multiplikator sind, um die Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsplätzen zu fördern;

74.  legt den Mitgliedstaaten nahe, Menschen mit erheblichen und schweren Behinderungen den frühzeitigen Zugang zu öffentlichen Rentensystemen zu ermöglichen, um das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung im Alter zu bekämpfen;

75.  fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen die Unterausstattung und Unterfinanzierung der öffentlichen Arbeitsagenturen vorzugehen, um die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen zu verbessern; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Verbindungen zwischen öffentlichen Arbeitsagenturen und privaten Arbeitsvermittlungsstellen zu stärken;

76.  hebt hervor, dass den mit den Anforderungen des Übereinkommens im Einklang stehenden Werkstätten für Menschen mit Behinderungen beim Übergang von Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt eine konstruktive Funktion zukommt;

77.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, auf Rechten basierende, inklusive und menschenwürdige Modelle der individuellen Arbeitsvermittlung und Unterstützung („unterstützte Beschäftigung“) als Mittel für den Übergang von Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt, wo dies möglich ist, zu fördern;

78.  fordert die Kommission auf, so schnell wie möglich mit der Überarbeitung der Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zu beginnen, um sie vollständig mit den Bestimmungen des Übereinkommens in Einklang zu bringen und ein Beteiligungsverfahren umzusetzen, mit dem eine unmittelbare und uneingeschränkte Einbeziehung von Organisationen sichergestellt werden soll, die Menschen mit Behinderungen vertreten;

79.  weist darauf hin, dass Beschäftigungsförderungsprogramme, insbesondere im Wege der Mitfinanzierung durch die öffentliche Hand, nicht dazu dienen sollten, die Lohnkosten für Menschen mit Behinderungen zu senken; weist darauf hin, dass die Einstellung von Menschen mit Behinderungen bezüglich der Entlohnung und der Arbeitszeitregelungen auf den Rahmenbedingungen beruhen muss, die für die Beschäftigung anderer Arbeitskräfte gelten, wobei dieser Rahmen an die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen anzupassen ist; ist der Ansicht, dass Menschen mit Behinderungen nicht in den offenen Arbeitsmarkt einbezogen werden können, wenn ein allgemeiner Rahmen für die Regulierung der Beschäftigung und die Förderung von Lohn- und Tarifverhandlungen fehlt;

80.  betont, dass finanzielle Unterstützung erforderlich ist, damit Menschen mit Behinderungen besonders qualifizierte Hilfspersonen fest oder zeitweilig anstellen können;

81.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für eine angemessene Koordinierung der sozialen Sicherheit für Menschen mit Behinderungen zu sorgen, indem sie unter anderem sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen auch dann weiter Unterstützungsleistungen für ihre behinderungsbedingten Zusatzkosten erhalten, wenn sie in den Arbeitsmarkt eintreten oder eine bestimmte Einkommensschwelle überschreiten, damit ihre Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt und dazu beigetragen wird, ihre Würde und Gleichheit zu wahren; ist der Überzeugung, dass dies durch Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und durch Konsultationen mit Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, erfolgen sollte;

82.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationen und bewährte Verfahren auszutauschen, insbesondere im Hinblick auf den Übergang von der institutionellen Betreuung zu einer eigenständigen Lebensführung, die Bereitstellung von barrierefreiem und erschwinglichem Wohnraum für Menschen mit Behinderungen und die Eingliederung in die Gemeinschaft;

83.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur Beseitigung des anhaltenden Beschäftigungsgefälles bei Menschen mit Behinderungen zu verstärken und den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu hochwertigen Dauerarbeitsplätzen zu fördern; begrüßt in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Kommission im Aktionsplan der europäischen Säule sozialer Rechte, das Beschäftigungsgefälle bei Menschen mit Behinderungen in das überarbeitete sozialpolitische Scoreboard aufzunehmen;

84.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vollständig umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Beschäftigungsaussichten für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln, indem sie ihre Umsetzung der Richtlinie, insbesondere von Artikel 5 über angemessene Vorkehrungen, verbessern und Unionsmittel und Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen investieren;

85.  betont, dass die passgenaue Stellenbesetzung, die gezielt ausgerichtete Arbeitsvermittlung, die duale Ausbildung, die berufsbegleitende Einarbeitung und die Unterstützung bei der Ausbildung und Möglichkeiten für die berufliche Entwicklung eine wichtige Funktion dabei haben, Menschen mit Behinderungen zu helfen, eine bezahlte Beschäftigung zu finden und zu sichern;

86.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass der Arbeitsmarkt und das Arbeitsumfeld für Menschen mit Behinderungen offen, inklusiv und barrierefrei sind, die Arbeitsvermittlungsdienste zu unterstützen und das Bewusstsein für die Praxis der Inklusion am Arbeitsplatz auf dem offenen Arbeitsmarkt zu schärfen, angemessene Anreize und Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen, insbesondere Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen, zu schaffen, die Menschen mit Behinderungen einstellen und ausbilden, und dafür zu sorgen, dass allgemeine Programme zur selbstständigen Erwerbstätigkeit für Menschen mit Behinderungen zugänglich und eine Stütze für sie sind;

87.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Anpassungsmaßnahmen am Arbeitsplatz zu fördern und Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz zu ergreifen; fordert die Kommission auf, im künftigen Strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz den Arbeitnehmern mit Behinderungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und ambitionierte Ziele festzulegen;

88.  fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Arbeitsplatzquoten für Menschen mit Behinderungen einzuführen, um Inklusion am Arbeitsplatz zu fördern;

Vergabe öffentlicher Aufträge und Unionsmittel

89.  weist erneut darauf hin, dass Vergabeverfahren in den Mitgliedstaaten so durchgeführt und abgeschlossen werden müssen, dass die Grundrechte der Begünstigten, einschließlich Menschen mit Behinderungen, vollständig gewahrt bleiben; weist darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge an das Übereinkommen halten müssen, insbesondere in Verbindung mit der Auswahl der Kommunikationsmittel, der technischen Spezifikationen, der Vergabekriterien und der Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags;

90.  weist erneut darauf hin, dass eine gute Struktur der öffentlichen Dienste, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, von wesentlicher Bedeutung ist, um die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Unionsmittel zur Verbesserung dieser Dienste und der entsprechenden Infrastruktur zu verwenden, ganz im Sinne der Initiativen „REACT-EU“ und „NextGenerationEU“;

91.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in den endgültigen Inhalt der Partnerschaftsvereinbarungen über die europäischen Struktur- und Investitionsfonds und in die Programme dieser Fonds die Ziele und Ansätze aufzunehmen, mit denen die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen verbessert werden, wobei die Grundsätze der Barrierefreiheit und des Diskriminierungsverbots zu beachten sind, und in Chancengleichheit und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu investieren, unter anderem um den Übergang vom Leben in einer Einrichtung zum Leben in einer Gemeinschaft zu fördern; fordert die Kommission auf, die Verwendung von Unionsmitteln im Einklang mit dem Übereinkommen streng zu überwachen; betont, dass eine graduelle Angleichung der Definitionen von Barrierefreiheit, Teilhabe und Leben in einer Gemeinschaft erforderlich ist, um den Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken;

92.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die durch die entsprechenden Unionsmittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen gebotenen Möglichkeiten zu nutzen, um die uneingeschränkte Barrierefreiheit des öffentlichen Raums und der Infrastruktur sicherzustellen und zu unterstützen; bedauert, dass die Unionsmittel in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiterhin für den Bau neuer abgesonderter Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen verwendet werden;

93.  unterstreicht, dass Mittel in angemessener Höhe für die Vorrichtungen, die Menschen mit Behinderungen benötigen, bereitgestellt werden müssen, damit sie die besten verfügbaren Technologien und Gerätschaften für ihr tägliches Leben, ihre Beschäftigung und ihre gesellschaftliche Teilhabe nutzen können;

94.  betont, dass Unionsmittel keinesfalls dafür verwendet werden sollten, Produkte, Dienstleistungen oder Infrastruktur zu finanzieren, die nicht barrierefrei sind bzw. ist;

95.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Programme und Strategien zur Entwicklung des ländlichen Raums besondere Maßnahmen für im ländlichen Raum lebende Menschen mit Behinderungen enthalten, und diese Menschen mit Behinderungen in die Gestaltung und Umsetzung dieser Programme und Strategien einzubeziehen;

Digitalisierung

96.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die mit der Digitalisierung und digitalen Lösungen verbundenen Möglichkeiten und Potenziale zu erkunden und den Wert unterstützender und adaptiver Technologien für Menschen mit Behinderungen anzuerkennen, wobei der Schutz personenbezogener Daten und ethische Belange gebührend zu berücksichtigen sind; weist darauf hin, dass das Potenzial der Nutzung digitaler Instrumente und unterstützender Technologien davon abhängt, ob Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben, digitale Kompetenzen zu entwickeln; betont, dass Angehörige schutzbedürftiger Gruppen, etwa Menschen mit Behinderungen durch den Erwerb der notwendigen digitalen Kompetenzen und von Kenntnissen im Bereich KI in die Lage versetzt werden können, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen;

97.  weist darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, dass die gesamte Bevölkerung in der Lage sein sollte, ohne Diskriminierung oder Ausgrenzung einen Nutzen aus dem digitalen Wandel zu ziehen; betont, dass IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) für die Mobilität, die Kommunikation und den Zugang zu öffentlichen Diensten besonders wichtig sind; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch die Bereitstellung der entsprechenden Mittel für ihren Zugang zu öffentlichen Online-Diensten konkret zu fördern;

98.  fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, in ihrer Infrastruktur und bei ihren Dienstleistungen und digitalen Diensten die strengsten Vorgaben für die Barrierefreiheit zu befolgen und alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Dokumente im Zusammenhang mit Legislativverfahren in einem nutzungsfreundlichen und barrierefreien Format zu veröffentlichen und sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen ordnungsgemäß und uneingeschränkt Zugang zu ihren Websites und Kontaktformularen haben; legt den Mitgliedstaaten nahe, Programme auszuarbeiten, mit denen Menschen mit Behinderungen durch Sport-, Kunst-, Kultur- und Freizeitaktivitäten in die Gesellschaft integriert und ihre uneingeschränkte Teilhabe am politischen Prozess gefördert werden sollen;

Forschung

99.  fordert die Kommission auf, weitere Forschungsarbeiten in Bezug auf den Einfluss und die gesundheitlichen Auswirkungen von neuen Technologien auf Menschen mit Behinderungen durchführen zu lassen, beispielsweise von LED-Lampen auf lichtempfindliche Personen;

100.   weist erneut darauf hin, dass vergleichbare und zuverlässige Daten aus der Union erforderlich sind, wenn angemessene und wirksame Strategien ausgearbeitet und Lösungen ermittelt werden sollen, die auf die Bedürfnisse aller Menschen mit Behinderungen in der Union zugeschnitten sind; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um einen gemeinsamen Rahmen für unionsweite Statistiken über Einzelpersonen und Haushalte zu verstärken, um verlässliche Daten über die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf den verschiedenen Ebenen und an den verschiedenen Arten von Bildung und Beschäftigung sowie am gesellschaftlichen Leben zu erheben;

101.  betont, dass in den Bereichen Beschäftigung und Unternehmertum von Menschen mit Behinderungen in Innovation und Forschung investiert werden muss, um ihr finanzielles Überleben und ihre Teilhabe am Wirtschaftsleben und am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen;

102.  betont, dass Forschung und Innovation im Bereich barrierefreier Technologien verstärkt werden müssen, um die Inklusivität der Arbeitsmärkte zugunsten von Menschen mit Behinderungen zu stärken; betont, dass IKT für Menschen mit Behinderungen sehr wichtig sind, was Mobilität und Kommunikation sowie den Zugang zu öffentlichen Diensten anbelangt;

Bildung

103.   begrüßt, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, eine inklusive Bildungspolitik zu betreiben; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kapazitäten ihrer Bildungssysteme zu erweitern, um allen Lernenden hochwertige barrierefreie Bildung zur Verfügung zu stellen, und zwar durch die Förderung spezifischer Maßnahmen und personalisierter Unterstützung, z. B. barrierefreie und maßgeschneiderte Lehrpläne und Lernmaterialien, barrierefreie IKT und eine angemessene digitale Bildung; fordert die Kommission auf, der Garantie für Kinder einen höheren Stellenwert beizumessen und Auszeichnungen für barrierefreie Schulen in Erwägung zu ziehen, wenn es darum geht, für die Gleichbehandlung von Kindern mit Behinderungen Sorge zu tragen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften im Hinblick auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu investieren; weist erneut darauf hin, dass durch die Umsetzung und Inanspruchnahme der einschlägigen Finanzierungsprogramme der Union zum Übergang zu einer inklusiven Bildung beigetragen werden sollte; betont, dass Menschen mit Behinderungen der Zugang zu Bildung garantiert werden sollte, auch während Krisen wie der COVID-19-Pandemie, und dass die Mitgliedstaaten gegen alle Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung in diesem Bereich vorgehen sollten; betont, dass die Teilnahme junger Menschen mit Behinderungen an der Ausbildung unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse erhöht werden muss, was ihnen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen würde; stellt fest, dass es für Kinder, die einer sprachlichen Minderheit angehören und besondere pädagogische Bedürfnisse haben, vorteilhaft ist, in der frühen Schulbildung in ihrer Muttersprache zu lernen, wenn es für sie schwierig ist, Sprache zu verwenden und zu kommunizieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, für Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen den Zugang zu Unterricht in Minderheitensprachen sicherzustellen;

104.  weist darauf hin, dass inklusive Programme für die Bildung und Berufsbildung zwei der wichtigsten Voraussetzungen für mehr Inklusion auf dem Arbeitsmarkt sind; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die künftige Herangehensweise der Union an Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit barrierefrei und inklusiv ist und an dieser Herangehensweise deutlich wird, wie die Verwirklichung des Rechts auf Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen verbessert werden kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Chancen zu nutzen, die die verbesserte Jugendgarantie für die Beschäftigung, die Bildung, das Praktikum oder die Ausbildung junger Menschen mit Behinderungen bietet, um den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderungen und die Einführung maßgeschneiderter Maßnahmen sicherzustellen;

105.  betont, dass es für Kinder mit Behinderungen, ihre Eltern und ihre Pflegepersonen wichtig ist, frühzeitig, individuell und umfassend unterstützt zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Kindern mit Behinderungen und besonderen pädagogischen Bedürfnissen besondere Aufmerksamkeit zu schenken;

106.  weist darauf hin, dass Maßnahmen im Bereich der frühkindlichen Bildung wichtig sind und Kinder mit Behinderungen von frühester Kindheit an am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und in die Gesellschaft einbezogen werden müssen; weist darauf hin, dass die Finanzierungsmöglichkeiten für Inklusion in der Bildung – soweit es möglich und ratsam ist – aufgestockt werden müssen, sowohl zur Förderung der inklusiven Bildung für Kinder mit oder ohne Behinderungen als auch zur Finanzierung der Forschung im Bereich der Inklusion in der Bildung; hält es für notwendig, den Einsatz von neuen Technologien – unter anderem von IKT, Mobilitätshilfen, Hilfsmitteln und unterstützenden Technologien, die sich für Menschen mit Behinderungen eignen – zu fördern; betont, dass Bildung von zentraler Bedeutung für die individuelle Entwicklung ist und dass ein barrierefreies Lernumfeld Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit bietet, zu allen Aspekten der Gesellschaft vollumfänglich beizutragen;

107.  betont, dass Menschen mit Behinderungen durch die Förderung inklusiver Bildung und flexibler Beschäftigungsformen, die ihren Anforderungen entsprechen (wie Telearbeit oder flexibles und autonomes Arbeiten), und durch die uneingeschränkte Einbeziehung der Behindertenverbände in die Ausarbeitung von Inklusionsstrategien vollständig in die Arbeitswelt integriert werden müssen;

108.  betont, dass Menschen mit Behinderungen oft über hochentwickelte Kompetenzen und Qualifikationen verfügen, denen wenig Wertschätzung entgegengebracht wird; stellt fest, dass dadurch verhindert wird, dass sie sich verwirklichen können und die Gesellschaft sich den sozialen und wirtschaftlichen Wert ihrer Inklusion erschließt;

109.  vertritt mit Nachdruck die Ansicht, dass die Mitgliedstaaten Kinder mit Behinderungen angemessen unterstützen sollten, damit die öffentliche Bildung zum Rückgrat des individualisierten pädagogischen Paradigmas dieser Kinder werden kann;

110.  stellt fest, dass Schule und Sport von entscheidender Bedeutung dafür sind, wie Kinder mit Behinderungen, insbesondere Kinder mit Autismus, aufwachsen und sich entwickeln; bedauert, dass ihnen diese grundlegenden Aktivitäten während der Pandemie aufgrund des Fernunterrichts verwehrt waren; verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Beschulung dieser Kinder in den Öffnungsstrategien der Mitgliedstaaten Vorrang eingeräumt wird;

111.  schlägt vor, Projekte zur Sensibilisierung für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen auszuarbeiten, bei denen die Kraft kultureller Instrumente, z. B. durch die Förderung von Kulturveranstaltungen, als Teil einer breiteren Bildungsstrategie zur Förderung und zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen konstruktiv genutzt wird;

112.  fordert die Mitgliedstaaten auf, bis 2025 die Leitlinien zu erfüllen, die die Kommission in ihrer Mitteilung über den Europäischen Bildungsraum in Bezug auf die Pflicht der Regierungen vorgelegt hat, Inklusion in der Bildung in allen Bereichen der Aus- und Weiterbildung gemäß den Verpflichtungen des Übereinkommens zu fördern; fordert, dass in der Bildungspolitik auf der Ebene der Union und auf nationaler und regionaler Ebene ein Inklusionssystem umgesetzt wird, das es ermöglicht, Lernende mit Behinderungen in das allgemeine Schulsystem zu integrieren, um Diskriminierung gleich welcher Art zu verhindern;

Schutz der Rechte von Frauen mit Behinderungen

113.  begrüßt die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 und die darin enthaltenen Hinweise auf die besonderen Herausforderungen, mit denen Frauen und Mädchen mit Behinderungen konfrontiert sind; fordert, dass die Überschneidungen zwischen Geschlecht und Behinderung in allen Politikbereichen, Programmen und Initiativen der EU sowie in den nationalen Aktionsplänen der Mitgliedstaaten durchgängig berücksichtigt werden; fordert, dass die bestehenden und künftigen Finanzierungsinstrumente der EU optimiert werden, um Barrierefreiheit und das Diskriminierungsverbot zu fördern;

114.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für die uneingeschränkte Entwicklung, Förderung und Stärkung der Rolle von Frauen mit Behinderungen zu sorgen und ihre Teilhabe an der öffentlichen Entscheidungsfindung zu fördern; weist darauf hin, dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden sollten, damit die Sichtweisen von Frauen mit Behinderungen in vollem Umfang berücksichtigt werden und gemeinsam mit Beratungsgremien für Menschen mit Behinderungen die Beteiligung von Organisationen, die Frauen mit Behinderungen vertreten, gefördert wird;

115.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich dringend des Problems der geschlechtsspezifischen Gewalt anzunehmen, mit der Frauen und Mädchen mit Behinderungen in unverhältnismäßigem Ausmaß konfrontiert sind, und zwar im Rahmen des Übereinkommens von Istanbul und durch die Aufnahme bestimmter Formen geschlechtsspezifischer Gewalt in die in Artikel 83 Absatz 1 AEUV genannten Kriminalitätsbereiche; fordert die Kommission auf, diesen Passus als Rechtsgrundlage heranzuziehen, um bindende Maßnahmen und eine allumfassende Rahmenrichtlinie der Union vorzuschlagen, mit denen bzw. der allen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt vorgebeugt und gegen sie vorgegangen wird; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse von Frauen mit Behinderungen in Initiativen zur Unterstützung der Opfer im Rahmen der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter und der Strategie für die Rechte von Opfern einbezogen werden und dass die Unterstützung der Opfer im Einklang mit dem Grundsatz der Barrierefreiheit gestaltet wird;

116.  bedauert die geschlechtsbezogene Diskriminierung, die Frauen und Mädchen mit körperlichen und kognitiven Behinderungen im medizinischen Bereich erfahren; ist der Ansicht, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen uneingeschränkten und gleichberechtigten Zugang zu medizinischen Behandlungen haben müssen, die ihren besonderen Bedürfnissen entsprechen, und zwar über eine behindertengerechte Gesundheitsversorgung und entsprechende allgemeine Dienstleistungen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass medizinisches Fachpersonal im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen mit Behinderungen weitergebildet wird und dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen alle entsprechenden Informationen erhalten, damit sie Entscheidungen in Bezug auf ihre Gesundheit frei treffen können;

117.  fordert die universelle Achtung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und des Zugangs dazu; bedauert die Rückschritte im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen in einigen Ländern, was Frauen und Mädchen mit Behinderungen besonders schadet, da sie beim Zugang zur Gesundheitsversorgung mit zusätzlichen Hindernissen konfrontiert sind; erachtet es als sehr wichtig, dass die Mitgliedstaaten alle Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um gegen Zwangssterilisierungen vorzugehen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, mit öffentlichen Investitionen den uneingeschränkten Zugang von Frauen und Mädchen mit Behinderungen zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten sicherzustellen; bedauert, dass Mädchen mit Behinderungen die Sexualerziehung oft verwehrt wird; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für eine umfassende und inklusive Sexualerziehung zu sorgen;

118.  fordert die Mitgliedstaaten auf, für ein barrierefreies Bildungssystem zu sorgen, das frei von Stereotypen ist, Maßnahmen für Inklusion in der Bildung enthält, mit denen Frauen und Mädchen mit Behinderungen auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden, wobei der besondere Schwerpunkt auf digitalen Kompetenzen und lebenslangem Lernen liegt, und fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, dafür Sorge zu tragen, dass Mädchen und Frauen mit Behinderungen ihre Fächer wählen können, damit sie in die Lage versetzt werden, einen Beruf entsprechend ihren Wünschen zu wählen, in dem sie sich vollständig verwirklichen können, ohne dass sie durch Barrieren, Vorurteile oder Stereotype darin eingeschränkt werden; stellt fest, dass zwischen Bildung und den anschließenden Beschäftigungschancen ein Zusammenhang besteht; betont, dass ein uneingeschränkter Zugang zu Bildung erforderlich ist, um gegen das geschlechtsbedingte Gefälle bei der Beschäftigung vorzugehen;

119.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, etwas gegen das Beschäftigungsdefizit zu unternehmen, mit dem Frauen mit Behinderungen konfrontiert sind, indem man insbesondere Geschlechterstereotypen bekämpft, die Teilhabe von Frauen mit Behinderungen an der digitalen Wirtschaft stärkt, ihre Vertretung in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Beschäftigung in MINT-Fächern und entsprechenden Berufen erhöht und Hürden bei der Arbeitssuche wie sexuelle Belästigung beseitigt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, mit denen sichergestellt wird, dass Frauen mit Behinderungen durch strenge Auflagen im Bereich der Lohntransparenz an Entscheidungsprozessen teilhaben und gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten, dass etwas gegen ihr hohes Risiko, von Armut trotz Erwerbstätigkeit betroffen zu sein, unternommen wird und dass Arbeitsregelungen wie flexible Arbeitszeit und Elternurlaub an ihre besonderen Bedürfnisse angepasst werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Geschäftsmodelle und Initiativen der Sozialwirtschaft zu unterstützen, mit denen die gesellschaftliche und berufliche Eingliederung von Frauen mit Behinderungen gemäß dem Aktionsplan zur Sozialwirtschaft unterstützt wird;

120.  stellt fest, dass mehr Daten und Informationen erhoben werden müssen, um die Umstände, mit denen Frauen und Mädchen mit Behinderungen konfrontiert sind, besser verstehen zu können; fordert, dass mit einschlägigen, aussagekräftigen und nach Geschlecht und Behinderung aufgeschlüsselten Daten den Herausforderungen Rechnung getragen wird, die sich für Frauen mit Behinderungen insbesondere auf dem Arbeitsmarkt stellen;

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121.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, dem Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 35.
(2) ABl. C 340 vom 15.12.2010, S. 11.
(3) ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14.
(4) ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70.
(5) ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1.
(6) ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36.
(7) ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79.
(8) ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.
(9) ABl. C 137 E vom 27.5.2010, S. 68.
(10) ABl. L 167 vom 12.6.1998, S. 25.
(11) ABl. L 223 vom 22.6.2021, S. 14.
(12) ABl. C 316 vom 6.8.2021, S. 2.
(13) ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 8.
(14) ABl. C 371 vom 15.9.2021, S. 6.
(15) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0161.
(16) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0075.
(17) ABl. C 363 vom 28.10.2020, S. 164.
(18) Einführende Bemerkungen von Kommissionsmitglied Dalli vom 3. März 2021 zu der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030.
(19) Eurostat, „Functional and activity limitations statistics“ (Statistik über funktionelle Einschränkungen und Einschränkungen der Aktivität), Auswertung der Daten im Dezember 2020.
(20) Eurostat: „Archive: Disability statistics – access to education and training“, aufgerufen am 29. Juli 2021.
(21) Anhänge des Vorschlags für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht der Kommission und des Rates vom 17. Dezember 2019 als Begleitunterlage zur Mitteilung der Kommission zur jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 (COM(2019)0653), S. 89.
(22) Eurostat, „Functional and activity limitations statistics“ (Statistik über funktionelle Einschränkungen und Einschränkungen der Aktivität), aufgerufen am 6. Juli 2021.
(23) Eurostat, „Disability: higher risk of poverty or social exclusion“ (Behinderung: höheres Risiko von Armut und Ausgrenzung), aufgerufen am 6. Juli 2021.
(24) Eurostat – „European Union Statistics on Income and Living Conditions“ (Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen), aufgerufen am 2. Juli 2021.
(25) Entschließung des Europäischen Parlaments zur Situation von Frauen mit Behinderungen.
(26) Gleichstellungsindex 2020.
(27) Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020.
(28) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.
(29) Studie des Parlaments vom 1. Oktober 2018 mit dem Titel „2018 Update of the Study on the protection role of the Committee on Petitions in the context of the implementation of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities“ (Aktualisierte Fassung 2018 der Studie zur Schutzfunktion des Petitionsausschusses im Zusammenhang mit der Durchführung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen).
(30) Präsentation der Kommission vom 10. Januar 2014 mit dem Titel „Economic impact and travel patterns of accessible tourism in Europe: Presentation of the key study findings“ (Wirtschaftliche Auswirkungen und Reiseverhalten des barrierefreien Tourismus in Europa – Präsentation der wichtigsten Studienergebnisse).
(31) Petitionen Nr. 1140/2015, 0857/2016, 0535/2017 und 1140/2015 und 0988/2020.
(32) https://www.edf-feph.org/independent-living-and-de-institutionalisation-policy/


Bankenunion – Jahresbericht 2020
PDF 220kWORD 75k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu dem Thema „Bankenunion – Jahresbericht 2020“ (2020/2122(INI))
P9_TA(2021)0415A9-0256/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Juni 2020 zum Thema „Bankenunion – Jahresbericht 2019“(1),

–  unter Hinweis auf die Rückmeldungen der Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) zu der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Juni 2020 zum Thema „Bankenunion – Jahresbericht 2019“,

–  unter Hinweis auf den EZB-Jahresbericht vom 23. März 2021 zur Aufsichtstätigkeit 2020(2),

–  unter Hinweis auf den EZB-Jahresbericht vom 19. März 2020 zur Aufsichtstätigkeit 2019(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2019 zum ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern bei Nominierungen für Positionen im Bereich Wirtschaft und Währung auf EU-Ebene(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission zum digitalen Finanzwesen: neu auftretende Risiken bei Kryptoanlagen – Herausforderungen in Bezug auf Regulierung und Aufsicht im Bereich Finanzdienstleistungen, Finanzinstitute und Finanzmärkte(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 zu der Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion: Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln am Kapitalmarkt, insbesondere durch KMU, und Verbesserung der Beteiligungsmöglichkeiten für Kleinanleger(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zur Stärkung der internationalen Rolle des Euro(7),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2021 zu dem Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2020(8),

–  unter Hinweis auf den Bericht der hochrangigen Task Force des Eurosystems für die digitale Zentralbankwährung vom Oktober 2020 über einen digitalen Euro(9),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rates für Finanzstabilität (FSB) vom 9. Oktober 2020 mit dem Titel „The Use of Supervisory and Regulatory Technology by Authorities and Regulated Institutions – Market developments and financial stability implications“ (Der Einsatz von Aufsichts- und Regulierungstechnologie durch Behörden und regulierte Institute – Marktentwicklungen und Auswirkungen auf die Finanzstabilität)(10),

–  unter Hinweis auf das Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Währung an den Präsidenten der Euro-Gruppe vom 22. Juli 2020,

–  unter Hinweis auf die Reaktion des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB)/der Europäischen Bankenaufsicht vom August 2020 auf die öffentliche Konsultation der Kommission zu einer neuen Strategie zur Digitalisierung des Finanzsektors in Europa/FinTech-Aktionsplan(11),

–  unter Hinweis auf den Bericht der fünf Präsidenten vom 22. Juni 2015 mit dem Titel „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 24. November 2015 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems (COM(2015)0586),

–  unter Hinweis auf die 2010 geschlossene Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung der EZB vom 15. Dezember 2020 zu Dividendenausschüttungen während der COVID-19-Pandemie(12),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Dezember 2020 über den Abbau notleidender Kredite nach der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0822),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) vom Oktober 2020 mit dem Titel „EU Non-bank Financial Intermediation Risk Monitor 2020“ (Risikomonitor für Finanzintermediation durch Nichtbanken in der EU 2020)(13),

–  unter Hinweis auf den Bericht der EBA vom Dezember 2020 mit dem Titel „Risk Assessment of the European Banking System“ (Risikobewertung des Europäischen Bankensystems)(14),

–  unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche im September 2020 veröffentlichte Studie zum Thema „Regulatory Sandboxes and Innovation Hubs for FinTech“(15) (Regulatorische „Sandkästen“ und Drehscheiben für Innovation im FinTech-Bereich),

–  unter Hinweis auf die von der Euro-Gruppe auf ihrer Sitzung vom 30. November 2020 vereinbarte Erklärung,

–  unter Hinweis auf die vom Euro-Gipfel auf seinen Tagungen vom 30. November und 11. Dezember 2020 vereinbarten Erklärungen,

–  unter Hinweis auf die im Rahmen des Euro-Gipfels im inklusiven Format abgegebene Erklärung vom 11. Dezember 2020 zur Reform des ESM und zur frühzeitigen Einführung der Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds,

–  unter Hinweis auf das von der EBA veröffentlichte vierteljährliche Risiko-Dashboard für das vierte Quartal 2020(16),

–  unter Hinweis auf den Financial Stability Review (Finanzstabilitätsbericht) der EZB vom November 2020,

–  unter Hinweis auf den von den Dienststellen der Kommission, der EZB und dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss (SRB) gemeinsam erstellten Monitoringbericht vom November 2020 über Indikatoren für die Risikominderung(17),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Gemeinsamen Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden vom März 2021 über die Risiken und Schwachstellen im EU-Finanzsystem („Joint Committee Report on Risks and Vulnerabilities in the EU Financial System“)(18),

–  unter Hinweis auf den Jahreswirtschaftsbericht 2020 der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich,

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Vereinbarung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zur Schaffung eines Rahmens für die Zusammenarbeit bei der Regulierung von Finanzdienstleistungen,

–  unter Hinweis auf die Briefings vom Januar 2021 mit den Titeln „Review of the bank crisis management and deposit insurance frameworks“ (Überprüfung des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und für die Einlagensicherung) und „Banking Union: Postponed Basel III reforms“ (Bankenunion: Vertagte Basel-III-Reformen) sowie vom Oktober 2020 mit dem Titel „European Parliament’s Banking Union reports in 2015-2019“ (Berichte des Europäischen Parlaments zur Bankenunion im Zeitraum 2015–2019), veröffentlicht vom Referat Unterstützung des wirtschaftspolitischen Handelns seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche,

–  unter Hinweis auf die Konsultation der Kommission zur Überprüfung des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und für die Einlagensicherung(19),

–  unter Hinweis auf den Bericht des SRB vom Dezember 2020 mit dem Titel „Expectations for Banks“ (Erwartungen an die Banken)(20),

–  unter Hinweis auf das EZB-Dokument Nr. 251 der Occasional Paper Series mit dem Titel „Liquidity in resolution: comparing frameworks for liquidity provision across jurisdictions“(21),

–  unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht des deutschen Ratsvorsitzes vom 23. November 2020 über die Stärkung der Bankenunion(22),

–  unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht des kroatischen Ratsvorsitzes vom 29. Mai 2020 über die Stärkung der Bankenunion(23),

–  unter Hinweis auf die Rede der SRB-Vorsitzenden Elke König vom Januar 2021 mit dem Titel „The crisis management framework for banks in the EU: what can be done with small and medium-sized banks?“ (Der Rahmen für das Krisenmanagement im Bankensektor in der EU: Wie ist mit kleinen und mittleren Banken umzugehen?)(24),

–  unter Hinweis auf den Abschlussbericht des FSB vom 1. April 2021 über die Bewertung der Auswirkungen von „too big to fail“-Reformen(25),

–  unter Hinweis auf den Blogeintrag der Vorsitzenden des SRB Elke König zum Ansatz des SRB für Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der Auswirkungen von COVID-19(26) sowie auf ihren Besuch im Ausschuss für Wirtschaft und Währung am 27. Oktober 2020(27),

–  unter Hinweis auf den Aufsichtsblogeintrag von Andrea Enria vom 9. Oktober 2020 mit dem Titel „Fostering the cross-border integration of banking groups in the banking union“ (Förderung der grenzüberschreitenden Integration von Bankengruppen in der Bankenunion)(28),

–  unter Hinweis auf den Bericht der EBA mit dem Titel „Competent authorities’ approaches to the anti-money laundering and countering the financing of terrorism supervision of banks“ (Aufsichtsansätze der zuständigen Behörden zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung)(29),

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan der Kommission für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, der am 7. Mai 2020 veröffentlicht wurde,

–  unter Hinweis auf den Bericht der EBA über den künftigen Rahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der EU(30),

–  unter Hinweis auf den Blogeintrag von Bruegel vom 7. Dezember 2020 mit dem Titel „Can the gap in the Europe’s internal market for banking services be bridged?“ (Kann die Lücke im europäischen Binnenmarkt für Bankdienstleistungen geschlossen werden?)(31),

–  unter Hinweis auf den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Abwicklungsplanung im Rahmen des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus“, der am 14. Januar 2021 veröffentlicht wurde,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0256/2021),

A.  in der Erwägung, dass sich der Bankensektor insgesamt als widerstandsfähig gegenüber der durch COVID-19 ausgelösten Krise erwiesen hat, was auf die seit der weltweiten Finanzkrise vorgenommene regulatorische Überarbeitung zurückzuführen ist, die durch das Einheitliche Europäische Regelwerk und die einheitliche Aufsicht in der Bankenunion gefördert und durch außerordentliche öffentliche Entlastungsmaßnahmen und Kapitalerhaltungsmaßnahmen unterstützt wurde;

B.  in der Erwägung, dass die durch COVID-19 ausgelöste Krise gezeigt hat, dass ein starkes Bankensystem zusammen mit integrierten Kapitalmärkten ein wesentlicher Akteur für die Erholung der europäischen Wirtschaft ist;

C.  in der Erwägung, dass die Bankenunion mit dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) eine vollständige Angleichung zwischen der Aufsicht und dem Management von Bankenkrisen sicherstellt;

D.  in der Erwägung, dass eine stabilere, wettbewerbsfähigere und stärker konvergierende Wirtschafts- und Währungsunion eine solide Bankenunion mit einem europäischen Einlagenversicherungssystem (EDIS) und eine besser entwickelte und sicherere Kapitalmarktunion erfordert, die auch zur internationalen Wahrnehmung des Euro und seiner verstärkten Rolle auf den globalen Märkten beitragen würden;

E.  in der Erwägung, dass die Bankenunion allen Mitgliedstaaten offensteht; in der Erwägung, dass sich Bulgarien und Kroatien dem Europäischen Wechselkursmechanismus (WKM II) angeschlossen haben und der Bankenunion beigetreten sind;

F.  in der Erwägung, dass die Vollendung der Bankenunion über ihre beiden bestehenden Säulen hinaus, und insbesondere die Einrichtung eines EDIS nach wie vor von Vorrang ist; in der Erwägung, dass gezielte Reformen im Bereich der Abwicklung und der Einlagensicherung die Robustheit des Bankensektors weiter erhöhen und die Finanzstabilität insgesamt sichern sollten;

G.  in der Erwägung, dass sowohl die EZB als auch der Einheitliche Abwicklungsausschuss die rasche Vollendung der Bankenunion fordern, und zwar insbesondere durch die Einrichtung eines europäischen Einlagenversicherungssystems;

H.  in der Erwägung, dass die Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds bis 2022 eingeführt wird, das heißt, zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen, womit für ein gemeinsames systemweites Sicherheitsnetz für sich in Abwicklung befindliche Banken gesorgt wird;

I.  in der Erwägung, dass der EU-Bankensektor vor der durch COVID-19 ausgelösten Krise durch strukturelle Ineffizienzen gekennzeichnet war, die sich in niedriger Rentabilität, geringer Kosteneffizienz, niedrigen Zinssätzen, Überkapazitäten und Unsicherheiten hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen widerspiegelten; in der Erwägung, dass einige Probleme nach wie vor unzureichend behandelt werden;

J.  in der Erwägung, dass trotz des allgemeinen Rückgangs der notleidenden Kredite während der letzten Jahre verstärkte Anstrengungen erforderlich sind, um die nach wie vor hohen Anteile notleidender Kredite in einigen Finanzinstituten zu verringern;

K.  in der Erwägung, dass die während der durch COVID-19 ausgelösten Krise festgestellten Mängel bei der Überarbeitung des Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI) und der weiteren Integration des Bankensektors berücksichtigt werden sollten; in der Erwägung, dass die Berücksichtigung der Lehren aus der Pandemie den Weg für eine verbesserte Kosteneffizienz und nachhaltigere Geschäftsmodelle ebnen könnte;

L.  in der Erwägung, dass die Verknüpfung zwischen Staaten und Banken weiterhin besteht und dass der Regulierungsrahmen der EU für die aufsichtliche Behandlung von Staatsanleihen mit internationalen Standards im Einklang stehen sollte; in der Erwägung, dass der Umfang des Kreditengagements gegenüber Staaten bei einer Reihe von Banken zugenommen hat; in der Erwägung, dass innerhalb des aufsichtsrechtlichen Rahmens eine Reihe von nationalen Optionen und Ermessensspielräumen fortbestehen, die die europäische Dimension der Bankenunion untergraben;

M.  in der Erwägung, dass der Klimawandel, die Umweltzerstörung und der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft Faktoren sind, die bei der Bewertung der Nachhaltigkeit der Bilanzen der Banken zu berücksichtigen sind, da sie eine Risikoquelle für Investitionen in allen Regionen und Sektoren darstellen können; in der Erwägung, dass anspruchsvolle Risikomodelle bereits vielen der Risiken Rechnung tragen sollten, die mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen;

N.  in der Erwägung, dass die EZB im Rahmen ihres Projekts zur gezielten Überprüfung interner Modelle (Targeted Review of Internal Models, TRIM) festgestellt hat, dass beaufsichtigte Institute vorbehaltlich aufsichtlicher Maßnahmen weiterhin interne Modelle verwenden können;

O.  in der Erwägung, dass der Antrieb für den technologischen Wandel zunimmt, was die Effizienz der Banken und ihr Streben nach Innovation erhöht, sie aber gleichzeitig den neuen Risiken und Herausforderungen der digitalen Finanzwelt, der Cybersicherheit, der Reputationsrisiken, des Datenschutzes, der Geldwäscherisiken und des Verbraucherschutzes aussetzt;

P.  in der Erwägung, dass der Verbraucher- und Anlegerschutz für die Vertiefung der Kapitalmarktunion von entscheidender Bedeutung ist und dass strenge EU-Verbraucherschutzvorschriften, die eine solide Mindestgrundlage bilden, erforderlich sind; in der Erwägung, dass die einzelstaatlichen Vorschriften über die Umsetzung der entsprechenden Vorschriften über den Verbraucherschutz in der Bankenunion unterschiedlich sind, was zeigt, dass eine Harmonisierung vonnöten ist; in der Erwägung, dass es der Bankenunion immer noch an wirksamen Instrumenten fehlt, um die Probleme zu lösen, mit denen die Verbraucher konfrontiert sind, wie z. B. künstliche Komplexität, unlautere Geschäftspraktiken, Ausschluss schutzbedürftiger Gruppen von der Inanspruchnahme grundlegender Dienstleistungen und geringe Beteiligung der Behörden;

Q.  in der Erwägung, dass die weitere Stärkung und Harmonisierung der Aufsicht und Durchsetzung der Geldwäschebekämpfung in der EU, die zum Schutz der Integrität des EU-Finanzsystems erforderlich sind, eine Priorität darstellen;

R.  in der Erwägung, dass für die aufsichtsrechtliche Regulierung von Banken solide globale Standards und Grundsätze von Bedeutung sind; in der Erwägung, dass die Standards des Basler Ausschusses zeitnah und unter gebührender Berücksichtigung ihrer Ziele in europäisches Recht umgesetzt werden sollten, wobei, wo erforderlich, den Besonderheiten des europäischen Bankensystems sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend Rechnung getragen werden sollte;

S.  in der Erwägung, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zur Verlagerung einiger Bankdienstleistungen in die EU geführt hat; in der Erwägung, dass der SSM durch seine systematische Anleitung im Bereich Notfallvorsorge und die Abstimmung mit bedeutenden Banken über deren Geschäftsmodelle eine entscheidende Steuerungs- und Überwachungsrolle gespielt hat; in der Erwägung, dass die vollständige Bewertung der Wirksamkeit der Vorbereitung des Bankensektors auf die neue Realität erst mittel- und langfristig deutlich werden wird;

T.  in der Erwägung, dass sich die EU und das Vereinigte Königreich derzeit dazu verpflichtet sehen, die Regulierungs- und Aufsichtszusammenarbeit im Bereich der Finanzdienstleistungen aufrechtzuerhalten; in der Erwägung, dass dieser kooperative Ansatz die Grundlage für die langfristigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bilden sollte;

U.  in der Erwägung, dass der derzeitige Rahmen für das Krisenmanagement keinen kohärenten Ansatz für die Bewältigung von Problemen notleidender Banken in den einzelnen Mitgliedstaaten sicherstellt, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass der SRB und die nationalen Abwicklungsbehörden die Bewertung des öffentlichen Interesses (Public Interest Assessment, PIA) unterschiedlich auslegen, dass im Rahmen der nationalen Insolvenzverfahren ähnliche Instrumente zur Verfügung stehen wie die Abwicklungsinstrumente der Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (BRRD)(32) und der Verordnung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus(33) und dass die Anreize bei der Wahl einer Lösung zur Bewältigung des Scheiterns einer Bank aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen für den Zugang zu den für die Abwicklung und die Insolvenz verfügbaren Finanzierungsquellen falsch ausgerichtet sind;

V.  in der Erwägung, dass der CMDI-Rahmen einen kohärenten und effizienten Ansatz für alle Banken, unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Geschäftsmodell, sicherstellen sowie zur Wahrung der Finanzstabilität beitragen, die Verwendung von Steuergeldern auf ein Mindestmaß beschränken und gleiche Wettbewerbsbedingungen in der gesamten EU sicherstellen sollte, wobei das Subsidiaritätsprinzip gebührend zu berücksichtigen ist;

W.  in der Erwägung, dass die Aufsichts- und Abwicklungsvorschriften sowie der Abwicklungsfonds zentralisiert wurden, aber die Einlagensicherungssysteme nach wie vor nationaler Natur sind und sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterscheiden; in der Erwägung, dass die Bestimmungen der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme(34) ein Mindestmaß an Schutz für Einleger vorsehen; in der Erwägung, dass jedoch durch die Einrichtung eines EDIS die Einleger in der gesamten Bankenunion das gleiche Schutzniveau genießen sollten;

Allgemeine Bemerkungen

1.  begrüßt den Beitritt Bulgariens und Kroatiens zur Bankenunion und die Aufnahme des bulgarischen Lew und des kroatischen Kuna in den WKM II; nimmt die Beschlüsse der EZB zur Kenntnis, eine enge Zusammenarbeit mit der bulgarischen Nationalbank und der kroatischen Nationalbank aufzunehmen; hebt hervor, dass die Nationalbanken von Bulgarien und Kroatien in dem Aufsichtsgremium der EZB und in den Plenarsitzungen des SRB sowie seinen erweiterten Sitzungen gebührend vertreten sind und die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Mitglieder haben, einschließlich Stimmrecht;

2.  betont, dass die Teilnahme am WKM und an der Bankenunion untrennbar mit den entsprechenden EU-Standards und -Rechtsvorschriften verbunden ist; ermutigt Bulgarien und Kroatien, ebenfalls erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität zu machen; weist darauf hin, dass vor dem Beitritt zur gemeinsamen Währung eine umfassende Bewertung des Bankensektors, einschließlich der weniger bedeutenden Institute, durchgeführt werden sollte;

3.  begrüßt die Debatten in Dänemark und Schweden über die Möglichkeit, der Bankenunion beizutreten, und betont, dass eine Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden von größter Bedeutung ist, insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Aktivitäten; betont, dass vorhandene und gut funktionierende Geschäftsmodelle in Bezug auf die Finanzstabilität erhalten bleiben müssen;

4.  weist darauf hin, dass die Bankenunion mit dem SSM und dem SRM den institutionellen Rahmen für eine stärkere Marktintegration geschaffen hat, dass aber das EDIS, die dritte Säule der Bankenunion, immer noch aussteht; begrüßt die mögliche Überarbeitung des Abwicklungsrahmens und unterstützt die derzeitigen Überlegungen über eine weitere gezielte Harmonisierung des Insolvenzrechts mit dem Ziel, die Effizienz und Kohärenz des Krisenmanagements von Banken in der EU zu erhöhen, sowie über die Vollendung der dritten Säule der Bankenunion durch ein Einlagenversicherungssystem, das darauf abzielt, das Niveau des Einlagenschutzes zu erhöhen und gleichzeitig das moralische Risiko zu minimieren, die Verbindung zwischen Banken und Staaten zu verringern und allen Einlegern in der Bankenunion den gleichen Schutz zu garantieren;

5.  nimmt die Erklärung des Euro-Gipfels vom 11. Dezember 2020 zur Kenntnis, mit dem die Euro-Gruppe dazu aufgefordert wurde, „auf einvernehmlicher Basis einen mehrstufigen und an Fristen geknüpften Arbeitsplan für alle noch ausstehenden Komponenten, die zur Vollendung der Bankenunion erforderlich sind, zu erstellen“; bedauert, dass Mitgliedstaaten weiterhin außerhalb des Gemeinschaftsrahmens agieren und somit die Rolle des Parlaments als Mitgesetzgeber untergraben; fordert, weiter über die laufenden Debatten auf Ebene der Euro-Gruppe und der hochrangigen Arbeitsgruppe für das EDIS auf dem Laufenden gehalten zu werden; bekräftigt seine Forderung nach einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Euro-Gruppe, insbesondere durch häufigere wirtschaftspolitische Dialoge mit dem Präsidenten der Euro-Gruppe, damit diese dem Modell und dem Rhythmus der währungspolitischen Dialoge entsprechen;

6.  ist der Ansicht, dass die Banken auf die derzeitige Krise mit mehr Resilienz reagieren konnten, da sie mit mehr Eigenkapital ausgestattet waren und einen geringeren Verschuldungsgrad aufwiesen als vor zehn Jahren, was die positiven Auswirkungen der eingerichteten institutionellen Struktur und der Gesetzesreformen nach der Finanzkrise 2008 zeigt; ist dennoch der Auffassung, dass der Bankensektor in Sachen Effizienz bestimmte strukturelle Mängel aufweist, die durch die derzeitige Krise weiter verschärft werden könnten; ist besonders besorgt über das hohe Niveau der notleidenden Altkredite, die viele Institute vor der Pandemie hatten; weist darauf hin, dass der Bestand an notleidenden Krediten seit der Gründung der Bankenunion erheblich zurückgegangen ist und dass sich der Abwärtstrend bei den notleidenden Krediten trotz der COVID-19-Krise im Jahr 2020 fortgesetzt hat; ist der Ansicht, dass die sich verschlechternde Qualität der Vermögenswerte der Banken die sowieso schon verminderte Rentabilität beeinträchtigen und bei Banken, die in den am stärksten betroffenen Wirtschaftszweigen stark engagiert sind, zu Insolvenzfällen führen könnte;

7.  stellt fest, dass die Vollendung der Bankenunion und die Vertiefung der Kapitalmarktunion bessere Bedingungen für die Finanzierung der europäischen Wirtschaft schaffen werden, und zwar sowohl für die Haushalte als auch für die Unternehmen, die immer noch weitgehend auf Bankkredite angewiesen sind, um Investitionen tätigen und Arbeitsplätze schaffen zu können, und dass sie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Märkte weiter verbessern und nachhaltige private Investitionen fördern werden; hebt den stabilisierenden Einfluss hervor, den kleine und mittlere Banken in Krisensituationen auf die Wirtschaft der EU haben; erachtet es als notwendig, bei den regulatorischen Entwicklungen zur Vollendung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion einen verhältnismäßigen Ansatz zu verfolgen;

8.  stellt fest, dass eine vollwertige Bankenunion zusammen mit einer vollständig integrierten und starken Kapitalmarktunion zur Resilienz der europäischen Wirtschaft beitragen, das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion unterstützen und die internationale Rolle des Euro stärken würde; betont, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen erforderlich sind, damit kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beim Zugang zu Finanzmitteln nicht benachteiligt werden, und dass die Emission von verbrieften Produkten sorgfältig überwacht werden muss; ist der Ansicht, dass die gesamte Last der Erholung von der Krise nicht den Banken aufgebürdet werden sollte, sondern vielmehr eine starke Kapitalmarktunion gefördert werden sollte, die zur Reaktivierung und Resilienz der europäischen Wirtschaft beiträgt; ist der Ansicht, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität Impulse für die Vollendung der Bankenunion geben kann, wenn man die entscheidende Rolle des Bankensektors bei der Gewährung des Zugangs zu Krediten und der Weiterleitung der verfügbaren Mittel an die Realwirtschaft, insbesondere für nachhaltige und sozial verantwortliche Investitionen, bedenkt; betont die Rolle, die private Finanzmittel und Investitionen neben öffentlichen Investitionen bei der Unterstützung des Klimawandels spielen, wie im Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa festgelegt; fordert die Kommission auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Finanzmarktaktivitäten besser mit den Nachhaltigkeitszielen und den Kriterien für Umwelt, Soziales und Governance (ESG-Kriterien) in Einklang zu bringen, was auch einen Legislativvorschlag für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsratings auf der Grundlage solcher Kriterien einschließt; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen im Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft fortzusetzen, indem sie die verbleibenden delegierten Rechtsakte im Rahmen der EU-Taxonomieverordnung(35) und der Offenlegungsverordnung(36) erlässt und unter anderem eine solide Methodik zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen anwendet;

9.  ist der Auffassung, dass die guten Beziehungen zwischen dem SSM und dem SRB zwar von Anfang an von grundlegender Bedeutung waren, dass aber im derzeitigen Kontext ein verstärkter Ansatz für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Säulen besonders wichtig ist, um für angemessene und zeitnahe Maßnahmen zu sorgen;

10.  verweist auf den entscheidenden Beitrag von befristeten Maßnahmen zur Bewältigung der Krise, wie öffentlichen Garantiesystemen, Moratorien für Kreditrückzahlungen für Kreditnehmer in finanziellen Schwierigkeiten, Liquiditätsprogrammen der Zentralbanken sowie gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG), Programmen zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und dem Pandemie-Notkaufprogramm (PEPP) der EZB; betont, dass diese außerordentlichen befristeten Maßnahmen mit Maßnahmen zur Abmilderung von Verzerrungen auf den Märkten und in der Wirtschaft einhergehen sollten; hebt außerdem die Bedeutung der von den Regulierungsbehörden an Banken gewährten erweiterten Flexibilität hervor, damit sie unter der Säule-2-Empfehlung und mit geringeren Kapitalanforderungen arbeiten können;

11.  hebt die außerordentliche Natur einer Pandemie und den vorübergehenden Charakter der Abhilfemaßnahmen, die als erste Eindämmungsmaßnahmen zur Begrenzung des wirtschaftlichen Schadens ergriffen werden, hervor; weist darauf hin, dass wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen weiterhin auf die aktuellen und erwarteten wirtschaftlichen Umstände zugeschnitten sein müssen; fordert einen gut durchdachten, schrittweisen und gezielten Übergang von der Abhilfemaßnahme zur Unterstützung des Aufschwungs, einschließlich Reformen in den Mitgliedstaaten im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, da eine verfrühte oder unkoordinierte Einstellung der befristeten Maßnahmen dazu führen könnte, dass die Mängel und Schwachstellen des Bankensektors aus der Zeit vor der Krise wieder auftreten, einschließlich einer Erhöhung des Kreditrisikos der Banken, was sich auf ihre Kapitalposition auswirken und das Wachstum und das Ergebnis des Aufschwungs beeinträchtigen könnte;

12.  begrüßt die gezielten Änderungen an der Eigenmittelverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR), die durch die „schnelle Lösung“ der Eigenmittelverordnung eingeführt wurden, um die Kapazität der Banken zur Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen zu unterstützen(37) und so die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzuschwächen und für eine reibungslose Interaktion des Regulierungsrahmens mit anderen Krisenbewältigungsmaßnahmen zu sorgen;

13.  stellt fest, dass der SSM im Dezember 2020 eine Erklärung herausgegeben hat, in der er seine frühere Empfehlung zu Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen änderte und empfahl, dass Banken, die beabsichtigen, Dividenden zu zahlen oder Aktien zurückzukaufen, rentabel sein und über eine solide Kapitalstruktur verfügen müssen; fordert den SSM auf, eine Schätzung der Ausschüttungen (Dividenden und Aktienrückkäufe) und der variablen Vergütungen vorzulegen, die im ersten und zweiten Quartal 2021 von den in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Bankinstituten vorgenommen wurden, und im Anschluss an diese Schätzung deren Auswirkungen auf die Eigenkapitalposition der Banken zu bewerten; fordert den SSM auf, zu prüfen, ob die Ausschüttungsbeschränkungen über September 2021 hinaus ein nützliches Instrument sein können, solange die grundlegende Ungewissheit über die wirtschaftliche Erholung und die Qualität der Bankvermögenswerte fortbesteht; fordert die Kommission auf, die Einführung eines rechtsverbindlichen Instruments für Dividenden und Aktienrückkäufe als Aufsichtsinstrument in Krisenzeiten zu prüfen;

14.  fordert die Kommission sowie die nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) auf, sich auf eine zu erwartende Verschlechterung der Qualität der Vermögenswerte von Banken vorzubereiten; begrüßt den ersten gemeinsamen Risikobewertungsbericht der ESAs vom März 2021, in dem den Banken empfohlen wird, sich vorzubereiten, indem sie ihre Vorsorgemodelle anpassen, um die rechtzeitige Erkennung eines angemessenen Niveaus von Rückstellungen sicherzustellen, indem sie solide Kreditvergabepraktiken anwenden und Risiken angemessen bepreisen, wobei zu berücksichtigen ist, dass öffentliche Unterstützungsmaßnahmen wie Kreditmoratorien und öffentliche Garantieregelungen auslaufen werden, und indem sie eine konservative Politik bei Dividenden und Aktienrückkäufen verfolgen; nimmt die Warnung der ESAs an die Finanzinstitute zur Kenntnis, dass sie weitere Maßnahmen entwickeln sollen, um sich auf ein langfristig niedriges Zinsumfeld einzustellen;

15.   nimmt mit Besorgnis die uneinheitliche Anwendung des Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS 9) in Bezug auf die während der COVID-19-Pandemie aufgedeckten Rückstellungen für zu erwartende Verluste durch die Institute zur Kenntnis; fordert den SSM auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die einheitliche Anwendung der Rechnungslegungsstandards in allen Einrichtungen in der Bankenunion sicherzustellen;

16.  ist der Auffassung, dass eine integrierte Bankenunion einen gut funktionierenden Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen für Privatkunden voraussetzt; fordert die Kommission auf, die Hindernisse und Barrieren zu bewerten, die sich für Verbraucher bei der Nutzung von Bankprodukten für Privatkunden ergeben, beispielsweise Hypothekarkredite auf grenzüberschreitender Grundlage, und Lösungen vorzuschlagen, damit Verbraucher von Finanzdienstleistungen für Privatkunden auf grenzüberschreitender Grundlage profitieren können; weist darüber hinaus auf die großen Unterschiede bei den Zinssätzen für Hypothekarkredite in der Union hin;

17.  begrüßt das beschleunigte Tempo der Digitalisierung im Bankensektor, das es Banken ermöglicht, Kunden aus der Ferne besser zu bedienen und ihnen neue Produkte anzubieten, und das Chancen für zunehmende Kosteneffizienz eröffnet; betont in diesem Zusammenhang, dass die Digitalisierung im Bankensektor unter uneingeschränkter Wahrung der Verbraucherrechte vorangetrieben werden sollte und die finanzielle Eingliederung insbesondere für schutzbedürftige Gruppen mit geringer digitaler oder finanzieller Kompetenz erhalten bleiben sollte; hebt hervor, dass die Digitalisierung erhebliche Investitionen in IT-Systeme, Forschung und Entwicklung und neue Betriebsmodelle erfordert, wodurch kurzfristig eine geringe Rentabilität auftreten könnte; unterstützt nachdrücklich die neue Strategie der Kommission für das digitale Finanzwesen und begrüßt das von der Kommission im Jahr 2020 eingeführte Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors, das die grenzüberschreitende Verbreitung innovativer Technologien erleichtern und gleichzeitig die Resilienz des Finanzsektors sicherstellen soll; sieht der weiteren Entwicklung der Vorschläge für eine Verordnung und eine Richtlinie über die Betriebsstabilität digitaler Systeme im Finanzsektor (DORA) erwartungsvoll entgegen, die sicherstellen sollen, dass die Finanzinstitute angemessene Schutzmaßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen von IKT-bezogenen Vorfällen abzumildern; ist der Ansicht, dass ihre erfolgreiche Umsetzung von erheblichen öffentlichen und privaten Investitionen und der Zusammenarbeit bei der Innovation in Richtung größerer Sicherheit und Resilienzsysteme begünstigt wird; ist der Ansicht, dass die Digitalisierung des europäischen Bankensektors der Union die Möglichkeit bietet, ausländisches Kapital anzuziehen und auf dem globalen Markt zu konkurrieren; weist in diesem Zusammenhang auf die zunehmende Verflechtung zwischen Banken, Kryptoanlagen und digitalem Finanzwesen hin;

18.  betont, dass die technische Neutralität bei regulatorischen Konzepten und Überwachungsstrategien gewahrt werden muss; betont, dass die Herausforderungen und Chancen, die sich aus dem Einsatz neuer innovativer Technologien im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht und der Überwachung von Zahlungssystemen ergeben, angegangen werden müssen;

19.  begrüßt die Arbeit der EZB in Bezug auf den digitalen Euro, einschließlich ihres Berichts zu diesem Thema und der Ergebnisse ihrer öffentlichen Anhörung; weist darauf hin, dass je nach den genauen Ausgestaltungsmerkmalen eines digitalen Euro die Auswirkungen auf den Bankensektor erheblich sein könnten und Bereiche wie den Zahlungsverkehr, die Fähigkeit der Banken zur Fristentransformation sowie die allgemeine Kreditvergabekapazität und Rentabilität beeinflussen könnten, und fordert die EZB daher auf, eine weitere Analyse der Auswirkungen einer digitalen Währung auf den Bankensektor sowie der potenziellen Auswirkungen auf die Finanzstabilität durchzuführen; begrüßt das Ziel, dass der digitale Euro neben dem Bargeld als sicheres und wettbewerbsfähiges digitales Zahlungsmittel dient, und erkennt die potenziellen Vorteile für die Bürger an; befürwortet die Anstrengungen der EZB, ein hohes Niveau an Datenschutz, Vertraulichkeit von Zahlungsdaten, Cyberresilienz und Sicherheit sicherzustellen; nimmt die Diskussion um eine digitale Währung zur Kenntnis und ist sich des Mehrwerts bewusst, den eine digitale Währung für die Stärkung der internationalen Rolle des Euro bringen könnte;

20.  stellt fest, dass die Gruppe der Notenbankpräsidenten und Leiter der Aufsichtsbehörden (GHOS) den Umsetzungszeitplan für die letzten Elemente des Basel-III-Rahmenwerks im März 2020 überarbeitet hat, um die operative Kapazität der Banken und Aufsichtsbehörden als Reaktion auf die unmittelbaren Folgen der COVID-19-Pandemie zu erhöhen; betont, wie wichtig solide globale Standards für die Bankenregulierung und ihre konsequente und rechtzeitige Umsetzung sind; erwartet den anstehenden Vorschlag der Kommission zur Umsetzung der endgültigen Basel-III-Standards; weist darauf hin, dass bei der Umsetzung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt und gegebenenfalls den Besonderheiten und der Vielfalt des EU-Bankensektors Rechnung getragen werden sollte, wobei gleichzeitig sichergestellt werden sollte, dass die Eigenmittelverordnung der EU im Einklang mit dem Basler Übereinkommen steht; betont, dass bei der derzeitigen Überarbeitung der Grundsatz beachtet werden sollte, dass die Eigenkapitalanforderungen insgesamt nicht wesentlich erhöht werden sollen, während gleichzeitig die allgemeine Finanzlage der europäischen Banken gestärkt wird; verweist auf seine Entschließung vom 23. November 2016 zur Fertigstellung von Basel III(38) und fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung von Legislativvorschlägen auf die darin enthaltenen Empfehlungen einzugehen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Kreditvergabe der Banken an die Realwirtschaft, insbesondere an KMU, zu erhöhen und den Aufschwung sowie den digitalen und ökologischen Wandel in Europa zu finanzieren; betont, dass die EU für die Aufrechterhaltung ihrer wirtschaftspolitischen Souveränität und ihrer strategischen Autonomie stärkere und wettbewerbsfähigere Banken benötigt, damit Unternehmen aller Größenordnungen Bankdienstleistungen für Großkunden angeboten werden können;

21.  hebt hervor, dass der Sektor der Finanzintermediation außerhalb des Bankensektors und der „herkömmliche“ Bankensektor stark miteinander verflochten sind, was Bedenken bezüglich systemischer Risiken aufwirft, da es für den ersteren keine angemessene Aufsicht gibt; hebt hervor, dass der jüngste Schock aufgrund der Pandemie gezeigt hat, dass sich Marktvolatilität und Preisverschiebungen durch den Nichtbankensektor verstärken können, insbesondere wenn die Marktliquidität unter Druck gerät; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob zusätzliche makroprudenzielle Instrumente erforderlich sind, insbesondere die Entwicklung von Ex-ante-Instrumenten für das Liquiditätsmanagement und eine sorgfältige Analyse der bestehenden Maßnahmen für die Verschuldung;

22.  nimmt die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Banken und zentralen Gegenparteien (CCP) zur Kenntnis; weist auf die Zweifel hin, die im Zusammenhang mit der Verantwortung von Banken und CCPs für potenzielle Verluste am Ende der Kette und den Auswirkungen dieser Verantwortung auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen der Banken entstehen; betont in diesem Zusammenhang die Risiken einer übermäßigen Abhängigkeit von CCPs aus dem Vereinigten Königreich und begrüßt die von der Kommission im vergangenen Jahr verabschiedeten Maßnahmen zur Festlegung der Kriterien für die Klassifizierung von CCPs aus Drittländern;

23.  bedauert, dass es in den Finanzinstituten und Einrichtungen der EU nicht gelungen ist, für ein vollständig ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu sorgen, und bedauert insbesondere die Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen im Bereich Banken und Finanzdienstleistungen weiterhin unterrepräsentiert sind; betont, dass ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Vorstand und in der Belegschaft sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt; ist der Auffassung, dass die Auswahl der Bewerber der Finanzinstitute und Einrichtungen der EU auf der Grundlage von Verdienst- und Befähigungskriterien erfolgen sollte, damit das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung so effizient wie möglich arbeiten kann; fordert die Regierungen und alle Organe und Einrichtungen auf, der Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Geschlechtern so bald wie möglich Vorrang einzuräumen, indem sie u. a. für alle künftigen Ernennungen, die der Zustimmung des Parlaments bedürfen, auch bei der EZB und den wichtigsten Finanzinstitutionen der EU, eine nach Geschlechtern ausgewogene Kandidatenliste aufstellen und sich bemühen, mindestens eine Kandidatin und einen Kandidaten pro Nominierungsverfahren aufzustellen; weist auf seine Entschließung vom 14. März 2019(39) hin, die darauf abzielte, eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern auf der künftigen Kandidatenliste für die Ernennungen im Bereich Wirtschaft und Währung der EU sicherzustellen, und bekräftigt seine Zusage, keine Kandidatenlisten zu berücksichtigen, bei denen der Grundsatz der ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern nicht beachtet wurde;

24.  fordert die Kommission auf, die Eignungskriterien auf das Ziel hin zu überprüfen, dass eine größere Zahl von Frauen eine Bewerbung einreicht;

Aufsicht

25.  nimmt die Rolle der europäischen Bankenaufsicht bei der Sicherstellung einer vorübergehenden Kapital- und Betriebserleichterung für Banken als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie zur Kenntnis, damit diese weiterhin Unternehmen und Haushalte finanziell unterstützen und Verluste auffangen können, wobei die hohe Qualität der Aufsicht gewahrt bleibt; nimmt die Bedenken des SSM im Hinblick auf hohe Kosten, geringe Rentabilität, niedrige Marktbewertungen und unzureichende Investitionen in neue Technologien im Bankensektor zur Kenntnis; fordert Leitlinien für den erwarteten Zeitrahmen und die Vorgehensweise beim Wiederaufbau der Puffer;

26.  hebt hervor, wie wichtig es ist, die Transparenz und Voraussagbarkeit der EU-Bankenaufsicht zu verbessern, und begrüßt in dieser Hinsicht die jüngste Praxis der Veröffentlichung von bankspezifischen Anforderungen der Säule 2; vertritt die Auffassung, dass individuelle Anforderungen zu zuverlässigeren SSM-Erwartungen führen und fundiertere Entscheidungen der Investoren erleichtern;

27.  geht davon aus, dass die jüngsten Änderungen an der Organisationsstruktur des SSM nicht nur zu einer Vereinfachung des Systems und zur Einbindung technologischer Innovationen führen, sondern auch die risikobasierte Aufsicht und die interne institutionelle Zusammenarbeit erleichtern;

28.  hält die SSM-Analyse vom November 2020 über die potenziellen Anfälligkeiten des Bankensektors bei verschiedenen Szenarien für sinnvoll, was die Auswirkungen des Schocks auf die Qualität der Vermögenswerte und das Kapital betrifft;

29.  stellt fest, dass eine solide Steuerung des Kreditrisikos eine der Hauptprioritäten des SSM bleiben sollte; teilt die Besorgnis des SSM, dass die Banken ihre Kreditrisikomodelle ändern könnten, und nimmt in diesem Zusammenhang die Erwartungen der Aufsicht des SSM hinsichtlich angemessener operativer Vorbereitungen in Erwartung des Anstiegs der NPL und eines soliden Kreditrisikomanagements zur Kenntnis, wie sie in seinen Schreiben an die Vorstandsvorsitzenden bedeutender Institute und in seiner COVID-19-Kreditrisikostrategie dargelegt sind; befürwortet die verstärkte Überwachung von Märkten mit großer Hebelwirkung durch den SSM; stellt fest, dass nicht alle Banken in der Lage waren, die Erwartungen des SSM an das Kreditrisikomanagement zu erfüllen, was bedeutet, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind;

30.  nimmt zur Kenntnis, dass sich das Risiko einer weiteren Anhäufung notleidender Kredite aufgrund der durch COVID-19 ausgelösten Krise erhöht; weist mit Besorgnis auf die Einschätzung der EZB hin, dass notleidende Kredite in einem schwerwiegenden, aber plausiblen Szenario bis Ende 2022 ein Niveau von bis zu 1,4 Bio. EUR erreichen könnten; betont, dass die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Managements der verschlechterten Qualität der Aktiva in den Bilanzen der Banken von entscheidender Bedeutung sein wird, um kurzfristig eine Anhäufung von NPL zu verhindern; legt den Mitgliedstaaten nahe, weitere Anstrengungen zur Bewältigung dieses Problems zu unternehmen; nimmt in diesem Zusammenhang die Mitteilung der Kommission vom 16. Dezember 2020 über den Abbau notleidender Kredite nach der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0822) zur Kenntnis, die es den Banken ermöglichen soll, Haushalte und Unternehmen in der EU zu unterstützen; erwartet, dass die Überarbeitung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge(40) ein hohes Niveau an Verbraucherschutz sicherstellen wird, insbesondere durch die Festlegung ehrgeizigerer Bestimmungen zum Schutz der Kreditnehmer vor missbräuchlichen Praktiken und durch die Sicherstellung, dass diese Rechte gleichermaßen für bestehende und künftige Kredite gelten; fordert die Überwachung sämtlicher möglicher Klippeneffekte, insbesondere wenn vorübergehende Entlastungsmaßnahmen zurückgenommen werden; fordert die Aufsichtsbehörden auf, die Nebeneffekte weiterhin angemessen zu berücksichtigen, die massive Verkäufe von NPL auf die aufsichtsrechtlichen Bilanzen von Banken haben können, die interne Modelle verwenden;

31.  betont, dass sich Banken an die geltenden Aufsichtsregeln und aufsichtsrechtlichen Leitlinien zu notleidenden Krediten halten und die operative Kapazität aufrechterhalten sollten, um einen vorausschauenden Umgang mit notleidenden Schuldnern zu pflegen und ihre Bilanzen zu steuern, damit uneinbringliche Kredite schneller erkannt werden und sich das Risiko einer geringeren Kreditvergabekapazität in Zeiten großer Nachfrage nach Investitionen im Zusammenhang mit der Erholung verringert; hebt die bestehende Flexibilität bei der Umsetzung des EZB-Leitfadens zu notleidenden Krediten hervor, was auch die Möglichkeit umfasst, Banken mit einem besonders hohen Niveau an notleidenden Krediten mehr Zeit zu gewähren, um ihre Strategien zur Reduzierung der notleidenden Kredite vorzulegen;

32.  weist erneut darauf hin, dass die Risikominderung im Bankensektor zu einer stabileren, stärkeren und auf das Wirtschaftswachstum ausgerichteten Bankenunion beitragen würde; nimmt in diesem Zusammenhang die politische Einigung zur Kenntnis, die über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Kreditdienstleister und Kreditkäufer erzielt wurde, die die Entwicklung von Sekundärmärkten für NPL in der EU fördern und den Banken helfen soll, die Bestände an NPL in ihren Bilanzen zu verringern;

33.  nimmt die Rolle der Banken bei der Unterstützung von Unternehmen und der Realwirtschaft während der Pandemie in einigen Mitgliedstaaten zur Kenntnis; betont, dass die Banken die finanzielle Solidität und Lebensfähigkeit von Unternehmen sorgfältig prüfen, proaktiv mit notleidenden Schuldnern zusammenarbeiten sollten, um deren Risiken zu bewältigen, und lebensfähigen Sektoren und Unternehmen, insbesondere KMU, Finanzierungen und tragfähige Umstrukturierungen oder geeignete Alternativoptionen anbieten sollten, um sicherzustellen, dass Zahlungsausfälle nach Möglichkeit verhindert werden und Unternehmen und Verbraucher nicht von Überschuldung bedroht sind; betont, dass der aufsichtsrechtliche Rahmen konsequent geändert werden sollte, um die Anwendung von Stundungsmaßnahmen für Unternehmen und Haushalte zu ermöglichen und zu fördern, wenn nach Einschätzung der Banken die Aussichten auf eine Erholung weiterhin hoch sind, und fordert die Beseitigung aller regulatorischen Hindernisse für ihre Anwendung; fordert die Banken nachdrücklich auf, als letztes Mittel den strukturierten Marktaustritt nicht tragfähiger Unternehmen in Betracht zu ziehen; ist der Ansicht, dass die Banken angemessene Kreditübertragungen vom Eurosystem an die Realwirtschaft sicherstellen sollten; begrüßt die in der Mitteilung der Kommission vom 24. September 2020 mit dem Titel „Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und die Unternehmen – neuer Aktionsplan“(COM(2020)0590) sowie die im Anhang dargelegten Maßnahmen bezüglich der Verweisung von KMU, deren Kreditantrag abgelehnt wurde, an alternative Geldgeber;

34.  fordert die ESA auf, ihre Befugnisse in vollem Umfang zu nutzen, um ein hohes Maß an Verbraucherschutz sicherzustellen, gegebenenfalls einschließlich Produktinterventionsbefugnissen, wenn Finanz- und Kreditprodukte zu Nachteilen für die Verbraucher geführt haben oder voraussichtlich führen werden;

35.  betont, wie wichtig der Schutz der Verbraucherrechte ist, vor allem in Bezug auf unfaire und aggressive Geschäftsbedingungen und unlautere Praktiken, Bankgebühren, die Transparenz der Produktkosten, Rentabilität und Risiken; weist darauf hin, dass der Bankenunion weiterhin wirksame Instrumente zur Bewältigung der Probleme fehlen, denen Verbraucher gegenüberstehen, wie unlautere Geschäftspraktiken und künstliche Komplexität; fordert die EBA in diesem Zusammenhang auf, sich stärker auf die Erfüllung ihres Mandats zur ordnungsgemäßen Erfassung, Analyse und Berichterstattung der Verbrauchertrends sowie auf die Überprüfung und Koordinierung von finanzieller Kompetenz und Bildungsinitiativen durch die zuständigen Behörden zu konzentrieren; fordert die Kommission auf, die unfairen Klauseln und unlauteren Praktiken, die im Bankensektor in Verbraucherverträgen eingesetzt werden, zu überprüfen und unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel die wirksame und rasche Umsetzung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen(41) durch alle Mitgliedstaaten sicherzustellen;

36.  weist darauf hin, dass die erwarteten Kreditverluste zusammen mit dem derzeitigen Niedrigzinsumfeld die Rentabilität der Banken beeinträchtigen könnten; weist darauf hin, dass Banken ihre Geschäftsmodelle neu auf nachhaltigere, kostensparende und technologisch fortschrittliche Strategien ausrichten sowie die Geschäftsfunktionen strategisch steuern und sorgfältig unter uneingeschränkter Wahrung der Rechte der Verbraucher überwachen müssen; betont, dass es wichtig ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Rückstellungsentscheidungen der Banken zur Stärkung ihrer Darlehenskapazität nicht unangemessen verschoben werden, insbesondere wenn die Kreditnachfrage anzieht;

37.  ist beunruhigt darüber, dass die jüngste Bankenkrise gezeigt hat, dass Kreditinstitute regelmäßig missbräuchlich Anleihen und andere Finanzprodukte an Privatkunden verkauft haben; bedauert, dass die Durchsetzung der Vorschriften aus der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen zum Verbraucherschutz in Bezug auf die Mindestanforderungen an Eigenmittel und förderfähige Verbindlichkeiten (MREL) nur bruchstückhaft erfolgt ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Praxis des irreführenden Vertriebs von Finanzprodukten durch Bankinstitute zu prüfen und auf Grundlage der Feststellungen angemessene Vorschläge auszuarbeiten, auch im Zuge der anstehenden Überarbeitung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen;

38.  ist der Ansicht, dass die möglichen Vorteile einer Bankenkonsolidierung sowohl innerhalb der EU als auch grenzüberschreitend im Hinblick auf die Bewältigung der geringen Rentabilität, der Überkapazitäten und der Fragmentierung des Bankensektors weiter dokumentiert werden sollten; nimmt die Entwicklung im Bankensektor in Richtung eines Mitwirkens an einer Konsolidierung zur Kenntnis und weist in diesem Zusammenhang auf die Leitlinien der EZB zum Überwachungskonzept für Konsolidierungen hin, mit dem gut konzipierte und umgesetzte Geschäftskombinationen unterstützt werden; betont die Vorteile des Schutzes der Vielfalt und Pluralität des Finanzsektors für den Aufbau von Vertrauen in das System und die Aufrechterhaltung der Finanzstabilität; fordert die Kommission auf, die Schlussfolgerungen des Rates für Finanzstabilität aus dem Jahr 2021 zur Bewertung der Auswirkungen der „too big to fail“-Reformen auf das Finanzsystem zu berücksichtigen und weiterzuverfolgen;

39.  bedauert, dass das Thema Herkunftsland-Aufnahmeland weiterhin eine Herausforderung für die Vollendung der Bankenunion bleibt, und betrachtet die Einführung des EDIS als Teil der Lösung, parallel zu weiteren Maßnahmen zur Risikominderung; ist besorgt darüber, dass Herkunfts- und Aufnahmeländer Maßnahmen zum Schutz von Vermögenswerten ergreifen und zu einer erneuten Abschottung übergehen können, wenn der Umfang der NPL zunimmt und zugleich die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen allmählich auslaufen; betont, dass Banken in der Lage sein müssen, grenzüberschreitend tätig zu werden und gleichzeitig ihr Kapital und ihre Liquidität auf konsolidierter Ebene zu verwalten, wobei für die Herkunftsländer in Bezug auf die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Auswirkungen auf die Finanzstabilität glaubwürdige und durchsetzbare Garantien bestehen sollen, damit sie ihre Risiken diversifizieren und einer mangelnden Rentabilität entgegenwirken; ist der Ansicht, dass es in Bereichen, in denen nationale Optionen und Ermessensspielräume gelten, auch im Bereich des Insolvenzrechts, einer schrittweisen Harmonisierung bedarf, damit die Abwicklungsplanung für grenzüberschreitende Bankengruppen innerhalb der Bankenunion erleichtert wird;

40.  ist besorgt, dass mit dem zunehmenden Verkauf von Staatsanleihen durch die Mitgliedstaaten auch der Anteil an Staatsschulden in den Bilanzen der Banken wächst, was der Verbindung zwischen Staat und Bank möglicherweise erheblich schaden könnte; ist der Ansicht, dass die Schaffung von „NextGenerationEU“ zwar hochwertige europäische Vermögenswerte mit geringem Risiko hervorbringen wird, was eine Neugewichtung der Staatsanleihen in den Bilanzen der Banken ermöglichen und dazu beitragen wird, den Teufelskreis zwischen Banken und Staaten zu verringern; weist darauf hin, dass NextGenerationEU eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Erholung spielen wird und als Gelegenheit dienen muss, die Investitionen zu erhöhen und die notwendigen Reformen in jedem einzelnen Mitgliedstaat auf der Grundlage der vereinbarten Kriterien durchzuführen und einen weiteren Beitrag zur Stärkung des europäischen Bankensystems zu leisten;

41.  vertritt die Auffassung, dass die Lösung des Problems der Herkunfts- und Aufnahmeländer, das Lösen der Verbindung zwischen Staat und Banken und die Unterstützung der Bemühungen um eine Bankenkonsolidierung die Einführung eines paneuropäischen Sicherungsnetzes, die Ausarbeitung und Umsetzung gruppeninterner Vereinbarungen für finanzielle Unterstützung als Teil der Bankenaufbaupläne sowie die schrittweise Harmonisierung in Bereichen, in denen nationale Optionen und Ermessensspielräume gelten, auch im Bereich Insolvenz, erfordern würden, wobei weiterhin Anstrengungen zur Verringerung der Risiken unternommen werden sollen;

42.  weist darauf hin, dass der Regulierungsrahmen der EU für die aufsichtliche Behandlung von Staatsanleihen mit internationalen Standards im Einklang stehen sollte;

43.  betont die wichtige Rolle solider interner Verwaltungsstrukturen innerhalb der Banken und weist auf ihre im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) des SSM von 2020 ermittelten Schwachstellen hin, bei dem die Frage im Mittelpunkt stand, wie Banken mit krisenbezogenen Risiken für Kapital und Liquidität umgegangen sind, wobei außergewöhnliche Umstände Berücksichtigung fanden, die einzelne Banken betreffen; würdigt den gezielten Ansatz zur Erhebung von Informationen für die Kapital- und Liquiditätsbewertung; betont, dass bei der Bewertung der Anforderungen an die fachliche Qualifikation und die persönliche Zuverlässigkeit der Vorstandsmitglieder von Banken die höchsten Standards und faire Wettbewerbsbedingungen zur Anwendung kommen müssen, da diese in den Mitgliedstaaten aufgrund der sehr vielfältigen Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinie derzeit unterschiedlich ausgelegt werden; fordert daher eine weitere Harmonisierung in diesem Bereich; besteht darauf, dass eine Bewertung der fachlichen Qualifikation und der persönlichen Zuverlässigkeit durch die zuständigen Behörden immer ex-ante und nicht ex-post durchgeführt werden muss; befürwortet den Plan der EZB, ihren aktuellen Leitfaden für die Bewertung der Anforderungen an die fachliche Qualifikation und die persönliche Zuverlässigkeit im Jahr 2021 zu überarbeiten, um ihre aufsichtsrechtlichen Erwartungen hinsichtlich der Qualität der Vorstandsmitglieder darzulegen; erwartet die Vorschläge der EZB für ein Maßnahmenpaket, mit dem die Überwachung der genannten Anforderungen verbessert werden soll; legt in dieser Hinsicht nahe, eine Aufnahme der Anforderungen an die fachliche Qualifikation und die persönliche Zuverlässigkeit in die Eigenmittelverordnung in Betracht zu ziehen;

44.  weist darauf hin, dass der am 29. Januar 2021 eingeleitete EU-weite Stresstest darauf abzielt, die Kapitalentwicklung von Banken in einer Phase sich verschlechternder Aktivaqualität im Szenario eines niedrigen Zinsumfelds zu testen; fordert die EBA auf, den Umfang künftiger Stresstests zu erweitern, da die Stichprobe von 51 Banken als zu klein angesehen wird; betont, dass die Durchführung von Stresstests und die Überprüfung der Qualität von Vermögenswerten einer rollierenden Stichprobe von weniger bedeutenden Instituten zu einem angemessenen Zeitpunkt wichtige Maßnahmen zur Vertrauensbildung sind;

45.  begrüßt die Bemühungen des SSM, den Banken Leitlinien und Klarheit für die Selbstbewertung und angemessene Meldung von Umwelt- und Klimaschutzrisiken zu bieten; betont, dass durch die Aufsichtsbehörden weiterer Druck auf die Finanzinstitute ausgeübt werden muss, damit diese klima- und umweltbezogene Risiken ordnungsgemäß offenlegen; hält den Stresstest für Klimarisiken des SSM für einen wichtigen Schritt bei der Bewertung der Praktiken der Banken und bei der Ermittlung konkreter Bereiche, in denen Verbesserungen möglich sind; würdigt in diesem Zusammenhang die Empfehlung aus dem EZB-Leitfaden zu klima- und umweltbezogenen Risiken, einen strategischen, umfassenden Ansatz zur Ausräumung der klimabezogenen Risiken zu verbessern; befürwortet die Idee, dass die Banken im Jahr 2021 eine Selbsteinschätzung und Aktionspläne erstellen, denen im Jahr 2022 eine aufsichtliche Überprüfung der Maßnahmen der Banken folgen soll; ist der Ansicht, dass die genannten Selbstbewertungen und Meldungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen und die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Banken nicht beeinträchtigen dürfen; nimmt die Initiative der EBA zur Durchführung eines EU-weiten Pilotprojekts zum Klimarisiko zur Kenntnis und stellt fest, dass die Offenlegung von Übergangsstrategien und Treibhausgasemissionen verbessert werden muss, damit Banken und Aufsichtsbehörden das Klimarisiko genauer bewerten können; weist darauf hin, dass Investitionen in nicht nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten und diesbezügliche Kredite zu gestrandeten Vermögenswerten oder verlorenen Investitionen führen können;

46.  nimmt die Rolle der EBA bei der Anleitung, Koordinierung und Überwachung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch den Finanzsektor der EU zur Kenntnis; begrüßt die Bemühungen der EZB über die letzten zwei Jahre, den Informationsaustausch zwischen dem SSM und den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden zu verbessern, um Aspekte der Bekämpfung von Geldwäsche bei aufsichtsrechtlichen Überwachungsmaßnahmen besser zur berücksichtigen; fordert, dass für diese Verantwortung angemessene Mittel und Ressourcen bereitgestellt werden; begrüßt, dass die EBA die individuelle Umsetzung der Überwachungsbefugnisse zur Bekämpfung von Geldwäsche in den Mitgliedstaaten unterstützt, und fordert weitere Maßnahmen, um eine risikobasierte, verhältnismäßige und wirksame Überwachung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherzustellen; weist auf die Unterschiede bei den Ansätzen zur Überwachung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die nationalen Behörden und bei der Anwendung der EU-Gesetzgebung hin, die zu einer Regulierungsarbitrage führen könnten; befürwortet die teilweise Umwandlung der Bestimmungen der Geldwäscherichtlinie in eine Verordnung; bedauert, dass mehrere Mitgliedstaaten die Geldwäscherichtlinien IV und V noch nicht vollständig umgesetzt haben und dass noch mehr Mitgliedstaaten gravierende Mängel bei der effektiven Umsetzung dieser Richtlinien festgestellt haben; begrüßt es, dass die Kommission mit der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren begonnen hat, und fordert die Kommission auf, Vertragsverletzungsverfahren für die verbleibenden Fälle mangelnder Umsetzung und Durchführung der Geldwäscherichtlinie einzuleiten; nimmt das zweite Mandat der EBA zur Kenntnis, eine Datenbank zur Geldwäschebekämpfung einzurichten, die bis 2021 fertiggestellt sein soll, und die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den europäischen Behörden zu verbessern; betont, dass die Kollegien zur Bekämpfung von Geldwäsche für grenzübergreifend tätige Finanzgruppen, die alle entsprechenden Behörden des gerichtlichen Zuständigkeitsbereichs umfassen, in dem die Gruppe tätig ist, bei der Bewertung, wie die Gruppe bei der Bekämpfung von Geldwäsche abschneidet, eine wichtige Rolle innehaben;

47.  begrüßt den am 7. Mai 2020 veröffentlichten Aktionsplan der Kommission für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung; fordert die Kommission auf, ihr Legislativpaket zur Bekämpfung der Geldwäsche zügig zu verabschieden; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zur Einrichtung einer europäischen Aufsichtsbehörde für die Bekämpfung der Geldwäsche zu unterbreiten; hebt hervor, dass in den Geltungsbereich des Geldwäscherahmenwerks auch Emittenten und Anbieter von Kryptoanlagen einbezogen werden sollten; fordert die Kommission auf, die Einrichtung einer europäischen Zentralmeldestelle für Geldwäsche-Verdachtsanzeigen (FIU) in Erwägung zu ziehen;

48.  hebt die wichtige Rolle des Bankensektors im Kampf gegen Steuervermeidung hervor; bekräftigt die Position des Parlaments, dass bei Transaktionen, die Länder aus Anhang I oder Anhang II der Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke umfassen, zunehmende Prüfungen und Anforderungen an die Feststellung der Kundenidentität angebracht sind;

49.  begrüßt das Paket der Kommission zur Digitalisierung des Finanzsektors; ist der Ansicht, dass die Vorschläge der Kommission zu Märkten für Kryptowährungen und zur digitalen betrieblichen Resilienz zeitnah, sinnvoll und notwendig sind; betont, dass Verbrauchern und Unternehmen durch die Digitalisierung des Finanzsektors zwar mehr Finanzierungsoptionen zur Verfügung stehen, der Verbraucherschutz und die Finanzstabilität jedoch gewahrt werden sollten;

50.  nimmt den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zur Kenntnis; nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die viele bedeutende Banken bei ihren mit dem SSM vereinbarten Betriebsmodellen für die Zeit nach dem Brexit erzielt haben, und unterstützt die Bemühungen des SSM, die Fortschritte bei der Verwirklichung dieser Modelle in den Bereichen Aktiva, Personal und Buchungspraktiken zu überwachen; bekräftigt, dass im Euro-Währungsgebiet Briefkasteninstitute im Zusammenhang mit der Verlagerung von Unternehmen in die EU nicht hinnehmbar sind; ist der Auffassung, dass bestehende Regelungslücken im EU-Rechtsrahmen geschlossen werden sollten, um die Aufsicht zu stärken, und weist darauf hin, dass der SSM seit Inkrafttreten der überarbeiteten Verordnung über Wertpapierfirmen(42) im Juni 2021 die direkte Verantwortung für die Beaufsichtigung systemrelevanter Wertpapierfirmen übernommen hat;

51.  betont, wie wichtig es ist, im Regelungsraum gleiche Wettbewerbsbedingungen zu erhalten und einen regulatorischen Wettlauf nach unten zu verhindern; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Vereinbarung zwischen der EZB und den Behörden des Vereinigten Königreichs, die auf der von der EZB ausgehandelten Vorlage beruht und die Aufsicht außerhalb von Versicherungs- und Altersvorsorgesystemen abdeckt, eine solide Grundlage für die aufsichtsrechtliche Zusammenarbeit zwischen dem SSM und der Aufsichtsbehörde (Prudential Regulation Authority) des Vereinigten Königreichs bildet, wobei der Schwerpunkt auf dem Informationsaustausch und der gegenseitigen Behandlung grenzüberschreitend tätiger Bankengruppen liegt und die gemeinsame Verantwortung für die Beaufsichtigung von Zweigniederlassungen angestrebt wird;

52.  weist darauf hin, dass die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für das Funktionieren der Bankenaufsicht, insbesondere in Bezug auf kleinere Institute, entscheidend ist;

Abwicklung

53.  vertraut darauf, dass die Einführung einer Letztsicherung für den SRF im Jahr 2022, zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen, in Form einer verlängerungsfähigen Kreditlinie aus dem ESM, die ein Sicherheitsnetz für Bankenabwicklungen in der Bankenunion bietet, den Rahmen für das Krisenmanagement stärken wird und ein wichtiger Schritt in Richtung der Vollendung der Bankenunion ist; stellt fest, dass die erhebliche Aufstockung des SRF zusammen mit der gemeinsamen Letztsicherung dem SRB Zugang zu kombinierten Mitteln weit über 100 Mrd. EUR verschaffen wird; weist darauf hin, dass die Risiken in den Bankensystemen parallel zur Einrichtung des EDIS weiter reduziert werden müssen;

54.  besteht darauf, die Banken allein für ihre Leistung verantwortlich zu machen, anstatt die Steuerzahler die Last eines Krisenmanagementrahmens tragen zu lassen;

55.  begrüßt den Umstand, dass der SRB im Jahr 2020 zwar keine Abwicklungsmaßnahmen ergreifen musste, aber bei krisennahen Fällen dennoch akribisch mit dem SSM zusammengearbeitet hat; nimmt die Entlastungsmaßnahmen und die Flexibilität zur Kenntnis, die durch den SRB gewährt werden, um die Zwischenziele für die MREL zu erreichen, ohne die Abwicklungsfähigkeit zu gefährden; betont, dass auf der Website des SRB Informationen zu solchen Maßnahmen weiterhin nur sehr begrenzt verfügbar sind; fordert den SRB nachdrücklich auf, die Transparenz zu erhöhen und insbesondere die von den internen Abwicklungsteams (IRT) bei der Anwendung von COVID-19-bezogenen Abhilfemaßnahmen befolgten Leitlinien zu veröffentlichen; nimmt die vom SRB entwickelte MREL-Politik für 2020 und die spezielle Berichterstattung für MREL im Rahmen der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen zur Kenntnis; würdigt die Fortschritte im Zuge des derzeitigen Abwicklungsplanungszyklus für 2021 und bekräftigt, dass das Umfeld verhältnismäßiger MREL eines der zentralen Elemente für die Verbesserung der Abwicklungsfähigkeit der Banken ist, wobei für eine breiter gefasste Finanzstabilität gesorgt wird;

56.  weist darauf hin, dass die bestehenden Überschneidungen zwischen den Anforderungen für den Einsatz von frühzeitigen Interventionsmaßnahmen und den Standardaufsichtsbefugnissen der EZB die Durchführung von frühzeitigen Interventionsmaßnahmen verhindern können; besteht in diesem Zusammenhang darauf, dass diese Überschneidungen beseitigt werden sollten, und vertraut darauf, dass die Rechtsgrundlage für jedes Instrument geklärt wird, um eine angemessene und schrittweise Anwendung der Maßnahmen sicherzustellen; befürwortet in diesem Zusammenhang, unter Berücksichtigung der Empfehlung des Europäischen Rechnungshofs zu quantifizierten Schwellenwerten für die Auslösung von frühzeitigen Interventionsmaßnahmen, den Einsatz unverzüglicher Aufsichtsmaßnahmen, wobei ein Automatismus vermieden werden sollte;

57.  ist der Auffassung, dass die Liquidation von Banken, bei denen der SRB oder die nationale Abwicklungsbehörde zu dem Schluss kommt, dass kein öffentliches Interesse an einer Abwicklung besteht, erleichtert werden muss; stellt fest, dass die Strategie der Unternehmensveräußerung ein wichtiges Instrument für den SRB sein kann, um die Verluste bei der Abwicklung zu minimieren; stellt fest, dass ein stärker harmonisierter Rahmen für den Marktaustritt bei Insolvenz erforderlich ist, um Schwebezustände zu vermeiden und eine Angleichung im Hinblick auf den Entzug der Zulassung einer Bank sicherzustellen; räumt ein, dass alternative Maßnahmen im Rahmen von Einlagensicherungssystemen (DGS) zur Finanzierung von Einlagenübertragungen in solchen Fällen insbesondere für kleine und mittelgroße Banken eine wichtige Rolle spielen können, sofern sie den Einlegerschutz nicht beeinträchtigen und das DGS ausreichend finanziert ist, um die Beiträge der Steuerzahler und die Wertvernichtung zu minimieren und die Finanzstabilität sicherzustellen, und dass sie in anderen Fällen auch die Lücke zwischen der Voraussetzung einer Gläubigerbeteiligung von 8 % für den Zugang zum Abwicklungsfonds und der tatsächlichen Verlustabsorptionskapazität der Bank überbrücken können, mit Ausnahme der Einlagen, die übertragen werden sollen; hebt hervor, dass bei solchen Eingriffen eine strenge Kostenoptimierungsprüfung durchgeführt werden sollte; fordert die Kommission daher auf, das Prinzip der Kostenoptimierung und die Bedingungen für den Einsatz von Einlagensicherungsfonds klarer zu formulieren;

58.  stellt fest, dass die aktuelle Vielfalt der Insolvenzsysteme eine Quelle der Unsicherheit in Bezug auf das Ergebnis der Liquidationsverfahren ist; ist der Ansicht, dass das Bankeninsolvenzrecht weiter harmonisiert werden muss, damit die Bankenunion effektiv funktionieren kann; ersucht die Kommission, nach eingehender Prüfung und Konsultation der nationalen Behörden und Parlamente Überlegungen zur Förderung der weiteren Harmonisierung bestimmter Aspekte der bestehenden nationalen Insolvenzgesetze sowie der Bedingungen für die Inanspruchnahme externer Finanzmittel anzustellen, um die Angleichung der Anreize und gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen;

59.  hält insbesondere einen gezielten Ansatz zur Harmonisierung der Gläubigerrangfolge in Bankinsolvenzverfahren für sinnvoll, um den Umfang der Finanzierung durch Einlagensicherungssysteme bei der Abwicklung und bei anderen Maßnahmen als Auszahlungen zu erhöhen, sofern die Einlagensicherungssysteme ausreichend finanziert sind;

60.  hält es für notwendig, dass die Abwicklung für mehr Banken funktioniert, was eine Überprüfung der Bewertung des öffentlichen Interesses erfordert, um die Transparenz und die Vorhersehbarkeit des zu erwartenden Ergebnisses zu erhöhen und so die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten auf eine breitere Gruppe von Banken, insbesondere mittelgroßen Banken, zu ermöglichen und die Klarheit zu schaffen, die erforderlich ist, um eine kohärentere und angemessenere Höhe der MREL sicherzustellen; nimmt die laufenden Arbeiten des SRB in dieser Hinsicht zur Kenntnis; fordert, dass die Unstimmigkeiten zwischen den Bewertungen kritischer Funktionen durch die internen Abwicklungsteams, die im Bericht des Rechnungshofs 2021 über die Abwicklungsplanung im SRM erwähnt werden, behoben werden; betont ferner, dass die Vorschriften für staatliche Beihilfen und die Bankenmitteilung der Kommission aus dem Jahr 2013 kohärent überarbeitet werden müssen, um den Fortschritten bei der Umsetzung und Verbesserung des Rahmens für das Krisenmanagement Rechnung zu tragen und Kohärenz mit den Anforderungen der BRRD zu erreichen, wobei die jüngsten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union gebührend berücksichtigt werden müssen; nimmt darüber hinaus die Empfehlung des Europäischen Rechnungshofs aus dem Jahr 2021 zur Kenntnis, dass der SRB das einheitliche Regelwerk einhalten soll, indem er in jedem Abwicklungsplan die wesentlichen Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit festlegt und ein ordnungsgemäßes Verfahren für deren Beseitigung einhält;

61.  unterstützt die Idee, die Rolle von Gruppensanierungs- und -abwicklungsplänen sowie deren praktische Umsetzung im Zusammenhang mit der Überarbeitung des Krisenmanagementrahmens zu prüfen, um einen effizienteren Ansatz zur Bewältigung von Schwierigkeiten in grenzüberschreitenden Bankgeschäften sicherzustellen; nimmt die Vorschläge zur Kenntnis, Bankengruppen die Option anzubieten, dass Tochter- und Muttergesellschaften eine förmliche Vereinbarung schließen, um sich gegenseitig Liquiditätshilfe zu gewähren, und diese Unterstützung an ihre Gruppensanierungspläne zu knüpfen, um die ausgeglichene Anwendung der geltenden Bestimmungen in Bezug auf Herkunfts- und Aufnahmeländer zu erleichtern; ist der Ansicht, dass die zuständigen Behörden bei Bedarf in die Durchsetzung solcher förmlichen Vereinbarungen einbezogen werden sollten; stellt fest, dass diese Gruppensanierungs- und -abwicklungspläne die Justierung der MREL ermöglichen könnten und dass die Beiträge der Banken zu den verschiedenen Sicherheitsnetzen wirklich risikobasiert wären und die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der Inanspruchnahme dieser Sicherheitsnetze im Rahmen der bevorzugten Krisenmanagementstrategie widerspiegeln würden;

Einlagenversicherung

62.  betont, dass es wichtig ist, dass Einleger in der gesamten Bankenunion denselben Schutz für ihre Ersparnisse genießen, unabhängig davon, wo sich ihre Bank befindet; weist darauf hin, dass die Einführung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme, die Bankeinlagen bis zu einem Betrag von 100 000 EUR garantiert, zu einem höheren Niveau der Einlagensicherung beitragen soll; nimmt den Versuch der Kommission zur Kenntnis, das Vertrauen der Bürger in den Einlagenschutz durch die Einführung eines EDIS weiter zu stärken; stellt gleichzeitig fest, dass das EDIS einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Verbindung zwischen Staaten und Banken zu verringern;

63.   betont, dass der Verhältnismäßigkeit des Risikos der Beiträge zum Einlagensicherungssystem große Bedeutung zukommt; warnt davor, dass das Fehlen eines risikobasierten Ansatzes die Gefahr des moralischen Risikos und des Trittbrettfahrens birgt und zu einer Subventionierung spekulativer Geschäftsmodelle durch konservative führt; hebt hervor, dass Beiträge zu einem künftigen EDIS eine Verhältnismäßigkeit zum Risiko aufweisen müssen; weist darauf hin, dass die idiosynkratischen Risiken in den verschiedenen Instituten innerhalb der Bankenunion immer noch unterschiedlich sind; bekräftigt erneut, dass alle Mitglieder der Bankenunion die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme und die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten umsetzen müssen, um eine einheitliche Risikominderung in der gesamten Bankenunion sicherzustellen;

64.  nimmt die Überprüfung des CMDI-Rahmens und die Zwischenoption für ein hybrides EDIS als einen ersten Schritt auf dem Weg zur vollständigen Vollendung des EDIS gemäß dem Kommissionsvorschlag von 2015 zur Kenntnis, der auf der Idee eines neuen zentralen Fonds beruht, der neben den auf der Ebene der nationalen Einlagensicherungssysteme verbleibenden Fonds besteht und mit einer angemessenen Stärkung der Rolle des SRB kombiniert ist; macht auf die starken Verflechtungen zwischen dem Krisenmanagement und dem EDIS sowie die Notwendigkeit, diese gemeinsam anzugehen, um die Renationalisierung der Bankenunion zu vermeiden und weiterhin für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, aufmerksam; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Überarbeitung des CMDI-Rahmens darauf abzielen sollte, die Kohärenz und Konsistenz des Rahmens zu verbessern;

65.  fordert die Kommission auf, weitere Schritte zu unternehmen, um die Verhandlungen über das EDIS durch einen auf einem Fahrplan basierenden Arbeitsplan wieder in Gang zu bringen; fordert die Mitgliedstaaten auf, engagiert und entschlossen auf ein Abkommen hinzuarbeiten, das mit den Interessen der Union als Ganzes vereinbar ist; erklärt, dass es sich verpflichtet, auf eine Einigung über das EDIS hinzuarbeiten, während es gleichzeitig seine Arbeit an risikomindernden Maßnahmen fortzusetzen gedenkt;

66.  fordert die Kommission auf, die Rolle der institutionellen Schutzsysteme für den Schutz und die Stabilisierung der Mitgliedseinrichtungen gebührend zu berücksichtigen;

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o   o

67.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 45.
(2) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/publications/annual-report/pdf/ssm.ar2020~1a59f5757c.en.pdf
(3) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/publications/annual-report/pdf/ssm.ar2019~4851adc406.en.pdf
(4) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 105.
(5) ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 72.
(6) ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 89.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0110.
(8) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0039.
(9) https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/Report_on_a_digital_euro~ 4d7268b458.en.pdf
(10) https://www.fsb.org/wp-content/uploads/P091020.pdf
(11) https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.esbceuropeanbankingsupervisionresponsetoeuropeancommissionpublicconsultationdigitalfinancestrategyeuropefintechactionplan2020~b2e6cd0dc4.en.pdf
(12) https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/en_ecb_2020_62_f_sign~6a404d7d9c.pdf
(13) https://www.esrb.europa.eu/pub/pdf/reports/nbfi_monitor/esrb.202010_eunon-bankfinancialintermediationriskmonitor2020~89c25e1973.en.pdf
(14) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/Risk%20Analysis%20and%20Data/Risk%20Assessment%20Reports/2020/December%202020/961060/Risk%20Assessment_Report_December_2020.pdf
(15) Studie – ‘Regulatory Sandboxes and Innovation Hubs for FinTech: Impact on innovation, financial stability and supervisory convergence“, Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität, September 2020.
(16) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/Risk%20Analysis%20and%20Data/Risk%20dashboard/Q4%202020/972092/EBA%20Dashboard%20-%20Q4%202020.pdf
(17) https://www.consilium.europa.eu/media/46978/joint-risk-reduction-monitoring-report-to-eg_november-2020_for-publication.pdf
(18) https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/jc_2021_27_jc_spring_2021_report_on_risks_and_vulnerabilities.pdf
(19) https://ec.europa.eu/info/consultations/finance-2021-crisis-management-deposit-insurance-review-targeted_en
(20) https://srb.europa.eu/sites/default/files/efb_main_doc_final_web_0.pdf.
(21) https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecb.op251~65a080c5b3.en.pdf
(22) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13091-2020-INIT/de/pdf
(23) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8335-2020-ADD-1/en/pdf
(24) https://srb.europa.eu/en/node/1118
(25) https://www.fsb.org/wp-content/uploads/P010421-1.pdf
(26) https://srb.europa.eu/en/node/967
(27) https://www.europarl.europa.eu/committees/en/product/product-details/20201021CAN58122
(28) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/blog/2020/html/ssm.blog201009~bc7ef4e6f8.en.html
(29) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/News%20and%20Press/Press%20Room/Press%20Releases/2020/EBA%20acts%20to%20improve%20AML/CFT%20supervision%20in%20Europe/Report%20on%20CA%20approaches%20to%20AML%20CFT.pdf
(30) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/Publications/Reports/2020/931093/EBA%20Report%20on%20the%20future%20of%20AML%20CFT%20framework%20in%20the%20EU.pdf
(31) https://www.bruegel.org/2020/12/can-the-gap-in-the-europes-internal-market-for-banking-services-be-bridged/
(32) Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).
(33) Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1).
(34) Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 149).
(35) Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (ABl. L 198 vom 22.6.2020, S. 13).
(36) Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (ABl. L 317 vom 9.12.2019, S. 1).
(37) Verordnung (EU) 2020/873 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Verordnung (EU) 2019/876 aufgrund von Anpassungen infolge der COVID-19-Pandemie (ABl. L 204 vom 26.6.2020, S. 4).
(38) ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 45.
(39) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 105.
(40) Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).
(41) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29.
(42) Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 1).


Reform der EU-Politik im Bereich schädliche Steuerpraktiken (einschließlich der Reform der Gruppe „Verhaltenskodex“)
PDF 215kWORD 68k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu der Reform der EU-Politik im Bereich schädliche Steuerpraktiken (einschließlich der Reform der Gruppe „Verhaltenskodex“) (2020/2258(INI))
P9_TA(2021)0416A9-0245/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Artikel 113, 115 und 116 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997(1) über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, mit dem das Ziel verfolgt wird, den schädlichen Steuerwettbewerb innerhalb der Europäischen Union einzuschränken,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. April 2009 mit dem Titel „Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich“ (COM(2009)0201),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Juni 2015 mit dem Titel „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union: Fünf Aktionsschwerpunkte“ (COM(2015)0302),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. Januar 2016 über eine externe Strategie für effektive Besteuerung (COM(2016)0024),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. März 2016 zum Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung(2),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Juli 2016 über weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (COM(2016)0451), in der Erläuterungen zur Erstellung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke enthalten sind,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. November 2016 über die Kriterien und das Verfahren für die Erstellung einer EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke,

–  unter Hinweis auf das Ergebnis der Sitzung des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 5. Dezember 2017,

–  unter Hinweis auf das Arbeitsprogramm der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ während des portugiesischen Ratsvorsitzes(3) vom 9. Februar 2021,

–  unter Hinweis auf die jüngste Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke durch den Rat am 26. Februar 2021(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“ (COM(2020)0312),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“ (COM(2020)0313),

–  unter Hinweis auf seinen Standpunkt zu dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB)(5) und dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)(6),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2021 mit dem Titel „Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“(COM(2021)0251),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2015 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung(7), seine Entschließung vom 6. Juli 2016 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung(8) und seine Entschließung vom 26. März 2019 zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2015 mit Empfehlungen an die Kommission zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Harmonisierung der Politik im Bereich der Körperschaftsteuer in der Union(10),

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 13. Dezember 2017 an den Rat und die Kommission im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung(11),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zur Überarbeitung der EU-Liste der Steueroasen(12) und auf seine Anfragen an die Kommission und den Rat zur Überarbeitung der EU-Liste der Steueroasen (O-000082/2020 – B9-0002/2021 und O-000081/2020 – B9-0001/2021),

–  unter Hinweis auf die Folgemaßnahmen der Kommission zu den genannten Entschließungen und Empfehlungen des Europäischen Parlaments(13),

–  unter Hinweis auf den Bericht „The Impact of Tax Planning on Forward-Looking Effective Tax Rates“ (Die Auswirkungen der Steuerplanung auf zukunftsorientierte effektive Steuersätze)(14), den das ZEW (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) für die Kommission erstellt hat,

–  unter Hinweis auf den für die Kommission erstellten Bericht mit dem Titel „Aggressive tax planning indicators“ (Indikatoren aggressiver Steuerplanung)(15),

–  unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst des Parlaments am 17. Oktober 2018 veröffentlichte Studie mit dem Titel „An overview of shell companies in the European Union“ (Überblick über Briefkastenfirmen in der Europäischen Union)(16),

–  unter Hinweis auf den Bericht des hochrangigen VN-Ausschusses für internationale finanzielle Rechenschaftspflicht, Transparenz und Integrität für die Verwirklichung der Agenda 2030 (FACTI Panel) vom Februar 2021 mit dem Titel „Financial Integrity for Sustainable Development“ (Finanzielle Integrität für nachhaltige Entwicklung)(17),

–  unter Hinweis auf die laufenden Arbeiten des inklusiven Rahmens der G20/OECD gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) zu den steuerlichen Herausforderungen, die sich aus dem digitalen Wandel ergeben,

–  unter Hinweis auf die Folgenabschätzung in der Anfangsphase mit dem Titel „Steuervermeidung – Bekämpfung der Nutzung von Briefkastenfirmen und Vorkehrungen für steuerliche Zwecke“(18),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Internationalen Währungsfonds mit dem Titel „Taxing Multinationals in Europe“(19),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts („Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung“ oder „ATAD-I-Richtlinie“)(20) und die Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern („ATAD-II-Richtlinie“)(21),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten („Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren“)(22),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 über das gemeinsame Steuersystem für Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten („Mutter-Tochter-Richtlinie“)(23),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG („Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung“ oder „DAC-1-Richtlinie“)(24), die Richtlinie (EU) 2015/2376 des Rates vom 8. Dezember 2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung („DAC-3-Richtlinie“)(25), die Richtlinie (EU) 2016/881 des Rates vom 25. Mai 2016 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung („DAC-4-Richtlinie“)(26) und die Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen („DAC-6-Richtlinie“)(27),

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0245/2021),

A.  in der Erwägung, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung seit 1997 das vorrangige Instrument der Union gegen schädliche Steuermaßnahmen ist; in der Erwägung, dass schädliche Steuermaßnahmen im Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung als Maßnahmen (einschließlich Verwaltungspraktiken) umschrieben werden, die den Standort für wirtschaftliche Aktivitäten in der Union spürbar beeinflussen oder beeinflussen können und die zu einem erheblich niedrigeren Steueraufkommen führen, als es normalerweise in dem jeweiligen Mitgliedstaat erreicht wird;

B.  in der Erwägung, dass gemäß dem Jahresbericht der Kommission über die Besteuerung 2021 in der EU durch Steuerumgehung jährlich geschätzt 36–37 Mrd. EUR an Körperschaftsteuereinnahmen eingebüßt werden(28);

C.  in der Erwägung, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung weltweit und insbesondere in der Union zu einem Rückgang der Sonderregelungen geführt haben; in der Erwägung, dass gemäß Maßnahme 5 des BEPS-Aktionsplans eine Sonderregelung eine Regelung ist, die im Vergleich mit den allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung im entsprechenden Land eine Form der Steuervergünstigung bietet; in der Erwägung, dass eine durch eine Regelung ermöglichte Vergünstigung viele verschiedene Ausprägungen, einschließlich einer Verringerung des Steuersatzes oder der Bemessungsgrundlage oder Sonderkonditionen im Hinblick auf die Zahlung oder Erstattung von Steuern, haben kann(29); in der Erwägung, dass neue Formen schädlicher Steuerpraktiken (harmful tax practices – HTP) entstanden sind, insbesondere durch die Umwandlung von Sonderregelungen in aggressive allgemeine Regelungen;

D.  in der Erwägung, dass aggressive Steuerplanung in der Ausnutzung von formalen Details eines Steuersystems oder der Unstimmigkeiten zwischen zwei oder mehr Steuersystemen zur Senkung der Steuerschuld besteht; in der Erwägung, dass Steuermaßnahmen private Initiativen, die nachhaltiges Wachstum ermöglichen, nicht verhindern sollten; in der Erwägung, dass laut empirischen Untersuchungen die Effektivbesteuerung für große multinationale Konzerne geringer ist als für einheimische KMU(30);

E.  in der Erwägung, dass im Rahmen des Vorgehens der Union gegen HTP Rechtsvorschriften und nicht zwingende Maßnahmen angenommen wurden und eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit vereinbart wurde; in der Erwägung, dass das Parlament im Bereich der direkten Besteuerung konsultiert wird und die Souveränität der Mitgliedstaaten in diesem Bereich achtet;

F.  in der Erwägung, dass in der Union zu Beginn der 1990er Jahre Bedenken hinsichtlich HTP aufkamen und ein Ausschuss unabhängiger Sachverständiger eingerichtet wurde, der einen Bericht mit Empfehlungen zur Unternehmensbesteuerung innerhalb der EU (Ruding-Bericht) erstellte(31); in der Erwägung, dass der Rat der Europäischen Union 1997 einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung erstellt hat; in der Erwägung, dass im Rat eine Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ eingerichtet wurde, um steuerliche Maßnahmen zu bewerten, die in den Anwendungsbereich des Verhaltenskodex fallen könnten; in der Erwägung, dass aus empirischen Untersuchungen(32) hervorgeht, dass die den EU-Mitgliedstaaten insgesamt entgangenen Einnahmen aus Körperschaftsteuer vorwiegend auf andere EU-Mitgliedstaaten und nicht auf Drittländer zurückzuführen sind; in der Erwägung, dass fehlende gesetzgeberische Maßnahmen gegen EU-interne aggressive Steuerpraktiken und schädlichen Steuerwettbewerb die Hauptursache für diese Steuereinbußen sind;

G.  in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ darauf abzielt, die Steuermaßnahmen zu bewerten, die in den Anwendungsbereich des Verhaltenskodex fallen könnten, und als Raum für Zusammenarbeit und die Bewertung potenziell schädlicher Regelungen in der EU im Rahmen eines Peer-Reviews dient; in der Erwägung, dass dem Verhaltenskodex unter den Mitgliedstaaten inzwischen eine gewisse Achtung gezollt wird, wodurch sich ein auf Reformen hinwirkender Gruppendruck aufbaut, der spiegeleffektartig Drittländer zur Zusammenarbeit im Rahmen des Verfahrens zur Erstellung der EU-Liste bewegt;

H.  in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ sich als effizient erwiesen hat, was die Unterbindung von Sondersteuerregelungen angeht; in der Erwägung, dass der Steuerwettbewerb in Europa allem Anschein nach den Rückgang der Körperschaftsteuersätze beeinflusst hat, der dazu führte, dass der durchschnittliche Körperschaftsteuersatz in Europa unter dem Durchschnittssatz der OECD-Länder liegt(33); in der Erwägung, dass der Verhaltenskodex durch die Aufstellung von Grundsätzen für einen fairen Wettbewerb dazu beigetragen hat, einen aggressiven Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern; in der Erwägung, dass es der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ nicht gelungen ist, ungerechte Steuerregelungen, die manche Mitgliedstaaten großen Unternehmen bieten, etwa schädliche Vorabverständigungen („Steuervorbescheide“) und die damit geschaffenen unlauteren Wettbewerbsvorteile, auszumerzen; in der Erwägung, dass bei den neuesten Peer-Reviews der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ der Schwerpunkt auf Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums gelegt wurde; in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ nach wie vor rein zwischenstaatlicher Natur ist;

I.  in der Erwägung, dass beide Säulen des künftigen globalen Abkommens der Vorstellung der Kommission von einem Rahmen für die Unternehmensbesteuerung, die sie in ihrer vor kurzem veröffentlichten Mitteilung mit dem Titel „Business Taxation for the 21st century“ (Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert) dargelegt hat, entsprechen; in der Erwägung, dass die Kommission in dieser Mitteilung einen Vorschlag für eine Richtlinie angekündigt hat, die sich an den OECD-Mustervorschriften orientiert, einschließlich der für die Umsetzung der zweiten Säule, die eine effektive Mindestbesteuerung, erforderlichen Anpassungen;

J.  in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ erfolgreich Gespräche mit Drittstaaten aufgenommen hat, die aufgefordert werden, ihre schädlichen Steuerpraktiken zurückzunehmen, damit sie nicht auf eine EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke („EU-Liste“) gesetzt werden; in der Erwägung, dass die EU-Liste ein Instrument zur Verhinderung schädlicher Steuerpraktiken durch Drittstaaten sein muss, um weltweit einen fairen Steuerwettbewerb zu wahren; in der Erwägung, dass in der derzeitigen EU-Liste lediglich zwölf Drittländer und -gebiete(34) aufgeführt sind und bestimmte berüchtigte Steueroasen leider ausgelassen werden; in der Erwägung, dass die EU-Liste auf der Grundlage der im Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung festgelegten Kriterien erstellt wird;

K.  in der Erwägung, dass die Kriterien für die EU-Liste immer noch von jenen abweichen, die für den Peer-Review bezüglich schädlicher Steuerpraktiken in der EU verwendet werden, wenngleich beide Bewertungen von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ durchgeführt werden; in der Erwägung, dass sechs Mitgliedstaaten länderspezifische Empfehlungen zur Stärkung ihrer Steuersysteme gegenüber der Gefahr einer aggressiven Steuerplanung erhalten haben;

L.  in der Erwägung, dass die Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“ verabschiedet hat und eine Reform des Verhaltenskodex und Verbesserungen der EU-Liste plant;

M.  in der Erwägung, dass die Wirtschaft in der EU durch die COVID-19-Pandemie in die tiefste Rezession in moderner Zeit geraten ist und dass erst kürzlich Anzeichen einer Erholung zu erkennen sind; in der Erwägung, dass Regierungen überall in der Union als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie schnell steuerliche Maßnahmen eingeführt haben, um Liquidität sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte bereitzustellen(35), was zu geringeren Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten geführt hat; in der Erwägung, dass die Unternehmensbesteuerung ein Instrument zur Unterstützung der Erholung durch einfache, stabile und KMU-freundliche Steuerregelungen, die die wirtschaftliche Erholung nicht durch eine übermäßige Steuerlast behindern, sein sollte;

Aktuelle EU-Politik zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken in der Union

1.  stellt fest, dass mehrere Steuerskandale, insbesondere Lux Leaks, die „Panama Papers“, die „Paradise Papers“ und jüngst die OpenLux-Enthüllungen, sowie der Druck der Öffentlichkeit und des Parlaments die politische Agenda der EU bezüglich schädlicher Steuerpraktiken begünstigt haben; betont, dass Steuerhinterziehung und Steuervermeidung dazu führen, dass den Mitgliedstaaten erhebliche Einnahmen in nicht hinnehmbarer Höhe entgehen, die derzeit benötigt werden, um die verheerenden Folgen der Pandemie zu bewältigen; weist erneut auf die konservativen Schätzungen der OECD hin, denen zufolge sich Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung jährlich auf etwa 4 %–10 % der weltweiten Körperschaftssteuereinnahmen bzw. 100 Mrd.–240 Mrd. USD (84–202 Mrd. EUR) belaufen(36); weist darauf hin, dass das Parlament die vermiedene Körperschaftsteuer auf einen Wert zwischen 160 Mrd. und 190 Mrd. EUR schätzt, wenn sowohl Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung als auch andere Steuerregelungen berücksichtigt werden(37); fordert die Kommission auf, regelmäßig eine Bewertung des Umfangs von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung durchzuführen;

2.  begrüßt die bedeutenden Maßnahmen auf Unions- und internationaler Ebene, um die Grundsätze der Steuertransparenz zu stärken, schädlichen steuerlichen Wettbewerb zu bekämpfen und sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken eingehalten werden; begrüßt die interinstitutionelle Einigung, die über die Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU(38) im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen (öffentliche länderbezogene Berichterstattung) erzielt wurde; sieht einer raschen Annahme des Standpunktes des Rats in erster Lesung erwartungsvoll entgegen, damit die Richtlinie so bald wie möglich verabschiedet werden und in Kraft treten kann; hebt hervor, dass eine Vielzahl von EU-Instrumenten zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken innerhalb der Union verabschiedet wurde, darunter die ATAD-I- und die ATAD-II-Richtlinie, die Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren, die Mutter-Tochter-Richtlinie, die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und insbesondere die DAC-3-, DAC-4- und DAC-6-Richtlinien (über Steuervorbescheide, länderspezifische Berichterstattung und verbindliche Offenlegungsregelungen für Finanzintermediäre), die verschiedenen Empfehlungen der Kommission an den Rat, der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und die Empfehlungen des Rates im Rahmen des Europäischen Semesters, die sich mit aggressiver Steuerplanung befassen;

3.  weist darauf hin, dass die Rechtsvorschriften der Union Mindeststandards für kooperative Maßnahmen und den Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung vorsehen; befürwortet Diskussionen der Mitgliedstaaten, um die Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung zu stärken; betont, dass der Schwerpunkt auf die ordnungsgemäße Umsetzung und Überwachung bestehender Regeln gelegt werden sollte; betont, dass angemessene Steuersätze und einfache, klare Steuergesetze innerhalb der sozialen Marktwirtschaft der EU dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen. die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu verbessern und Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zu bekämpfen; erkennt an, dass die Mitgliedstaaten nach freiem Ermessen und wie sie es für zweckmäßig erachten entsprechend ihren eigenen Umständen über ihre Steuerpolitik entscheiden können; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten die Vorschriften des Unionsrechts wahren sollten;

4.  weist darauf hin, dass der Verhaltenskodex auf der Prämisse beruht, dass der Steuerwettbewerb zwischen Ländern zwar nicht per se problematisch ist, es aber gemeinsame Grundsätze geben muss, um zu regeln, inwieweit die Länder Steuerregelungen und Steuerpolitik dafür einsetzen dürfen, Unternehmen und Gewinne anzuziehen; betont, dass die Kommission anerkennt, dass sich sowohl Art als auch Form des Steuerwettbewerbs in den letzten beiden Jahrzehnten wesentlich verändert haben und der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung mit diesen neuen Herausforderungen, die hart an die Grenzen der Fairness gehen, nicht mitgehalten hat(39);

5.  begrüßt die interne und externe Dimension der Arbeiten, die von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ zu schädlichen Steuerpraktiken durchgeführt werden; stellt fest, dass die externe Dimension der schädlichen Steuerpraktiken von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ in erster Linie unter Anwendung des Kriteriums der Steuergerechtigkeit behandelt wird; ist der Ansicht, dass das Verfahren zur Erstellung der EU-Liste reformiert werden muss; empfiehlt, dass dieses Verfahren als EU-Recht formalisiert wird, vor allem im Rahmen eines verbindlichen Instruments; fordert die Kommission auf, zur Bewertung der Kohärenz zwischen den schwachen Kriterien für schädliche Steuerpraktiken, die auf die Mitgliedstaaten angewendet werden, und den strengeren Kriterien, insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Substanz, die auf Drittstaaten bei der Erstellung der einschlägigen Liste angewandt werden, weitere Informationen bereitzustellen; betont, dass das Transparenzkriterium im Einklang mit der Umsetzung der DAC-Richtlinie auch von den Mitgliedstaaten erfüllt werden sollte; merkt an, dass der Einfluss der Union auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und schädlichen Steuerpraktiken weltweit von dem Beispiel abhängt, das sie auf ihrem Gebiet gibt; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung einer Intensivierung des Kampfes gegen den Missbrauch von Briefkastenfirmen und sieht dem Vorschlag zu Substanzvorschriften über Briefkastenfirmen erwartungsvoll entgegen, der in der Mitteilung der Kommission zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert erwähnt wird und darauf abzielt, Möglichkeiten einer aggressiven Steuerplanung, die mit der Nutzung von Unternehmen, die keine oder nur eine minimale substanzielle Präsenz und reale wirtschaftliche Tätigkeit in einem Hoheitsgebiet aufweisen, einzuschränken;

6.  weist darauf hin, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung seit 1997 das vorrangige Instrument der Union gegen einen schädlichen Steuerwettbewerb ist; weist darauf hin, dass 1998 innerhalb der OECD ein Forum zu schädlichen Steuerpraktiken eingerichtet wurde, das mit der Überwachung und Überprüfung von Steuerpraktiken beauftragt wurde, wobei ein Schwerpunkt auf den Merkmalen der Sondersteuerregelungen lag; hebt hervor, dass die Bewertungen des Forums zu schädlichen Steuerpraktiken einen entscheidenden Einfluss auf die Einstufung als schädliche Steuerregelung im Rahmen der Erstellung der EU-Liste haben; fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, bei der Bewertung schädlicher Steuerpraktiken ihre Unabhängigkeit vom Forum zu schädlichen Steuerpraktiken zu wahren;

Empfehlungen für die künftige Arbeit der EU zu schädlichen Steuerpraktiken

7.  hebt die vorgeschlagene Reform der Säule II des inklusiven Rahmens der OECD und der G20 zu Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung hervor, mit der die verbleibenden Probleme im diesem Bereich bewältigt werden sollen und Regeln festgelegt werden sollen, die den Ländern und Gebieten das Recht geben, dort Steuern einzufordern, wo andere Länder und Gebiete ihr primäres Besteuerungsrecht nicht ausgeübt haben oder die Zahlung von Steuern in anderer Weise einer niedrigen effektiven Besteuerung unterliegt, um schädliche Steuerpraktiken zu bekämpfen und einen effektiven Steuersatz einzuführen(40); sieht in diesem Zusammenhang einem weltweit vereinbarten Konsens erwartungsvoll entgegen, der den Interessen der Union mit Blick auf einfache und faire Steuergrundsätze und -standards entspricht;

8.  nimmt die neue Dynamik, die den Verhandlungen im inklusiven Rahmen der G20 und der OECD durch die jüngsten Vorschläge der US-Regierung verliehen wurde, sowie die jüngst erzielte Einigung über den inklusiven Rahmen und das Kommuniqué der Finanzminister, die eine Einigung über die Säule II bis Mitte 2021 ermöglichen könnten, die von über 130 Ländern angenommen werden könnte, zur Kenntnis; teilt das am 13. Juni 2021 zugesagte Engagement der G7 für eine weltweite Mindeststeuer von mindestens 15 % in jedem Land als Grundlage für weitere Verhandlungen, das am 1. Juli 2021 in der Erklärung zu einer Zwei-Säulen-Lösung zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben, bekräftigt wurde;

9.  fordert die Kommission auf, eine Folgenabschätzung zum künftigen Ergebnis der internationalen Steuerverhandlungen vorzulegen; weist darauf hin, dass sich die Kommission unabhängig davon, ob eine Einigung auf Ebene des inklusiven Rahmens der OECD erzielt wird, verpflichtet hat, eine Lösung vorzuschlagen, die jener der zweiten Säule in Bezug auf eine effektive Mindestbesteuerung entspricht;

10.  fordert, dass eine Begriffsbestimmung des „Mindestniveaus der wirtschaftlichen Substanz“ festgelegt wird, die mit dem globalen Standard der OECD und nachfolgenden Maßnahmen in Verbindung mit Maßnahme 5 des BEPS-Aktionsplans vereinbar ist, vorzugsweise auf der Grundlage eines formelhaften Ansatzes, und die sich schrittweise entsprechend den gemeldeten Einkommenssteigerungen entwickeln würde; schlägt vor, ein solches Kriterium für die Bewertung der potenziellen Schädlichkeit einer Steuerregelung zu nutzen; weist darauf hin, dass die Kommission in ihrer Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert mögliche neue Substanzanforderungen und Indikatoren für realwirtschaftliche Aktivitäten in Erwägung zieht; hebt hervor, dass die Anforderung bezüglich der wirtschaftlichen Substanz bereits in das Kriterium der Steuergerechtigkeit der EU-Liste aufgenommen wurde; ist jedoch der Ansicht, dass dieses Kriterium Interpretationsspielraum lässt und noch zu vage ist, da es berüchtigten Steueroasen ermöglicht, nach geringfügigen Reformen von der Liste gestrichen zu werden;

11.  fordert die Kommission auf, Leitlinien dazu auszuarbeiten, wie gerechte und transparente Steueranreize zu gestalten sind, damit sie weniger Risiken einer Verzerrung des Binnenmarktes mit sich bringen, einen fairen Wettbewerb sicherstellen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern, insbesondere mit Blick auf die Art solcher Anreize (gewinn- oder kostengestützt), die zeitliche Dimension (vorübergehend oder dauerhaft), die geografische Begrenzung (Wirtschaftszonen) und die Intensität (vollständige oder teilweise Befreiung); nimmt eine vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss in Auftrag gegebene Studie zur Verringerung der Körperschaftsteuersätze und deren Auswirkung auf Einnahmen und Wachstum zur Kenntnis(41);

12.  begrüßt die Tatsache, dass die Kommission anerkennt, dass ein künftiger weltweiter Mindeststeuerstandard im Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung berücksichtigt werden sollte, und zwar unabhängig davon, ob auf globaler Ebene ein Konsens darüber gefunden wird, damit sichergestellt wird, dass alle Unternehmen einen angemessenen Steuerbetrag zahlen, wenn sie im Binnenmarkt Gewinne erwirtschaften(42); stellt fest, dass die Kommission kürzlich in ihrer Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert die Vorlage von Legislativvorschlägen angekündigt hat, die für die Umsetzung der Säule II auf Unionsebene erforderlich sein werden, einschließlich einer Überarbeitung der ATAD-Richtlinien, um Vorschriften über beherrschte ausländische Unternehmen an die vereinbarte Hinzurechnungsbesteuerung (Income Inclusion Rule) anzupassen, die Neufassung der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren, die Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und die Einbeziehung der Säule II in die für die Bewertung von Drittländern bei der Erstellung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete verwendeten Kriterien; fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, bei der Gestaltung der Regeln für die Durchsetzung eines effektiven Mindeststeuersatzes sicherzustellen, dass diese insbesondere für KMU mit keinen übermäßigen Einhaltungskosten verbunden sind; geht davon aus, dass gemäß der Logik des derzeitigen Säule-II-Vorschlags der nationale Effektivsteuersatz eines Großunternehmens insgesamt nicht unter den Mindestsatz fallen sollte;

13.  weist darauf hin, dass der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren seit 2012 im Rat blockiert wird, insbesondere aufgrund mangelnder Einigkeit über eine Mindestquellensteuer; fordert den Rat und den Ratsvorsitz auf, die diesbezüglichen Verhandlungen wiederaufzunehmen;

14.  betont, dass multinationale Unternehmen auf der Grundlage einer fairen und wirksamen Formel für die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten besteuert werden müssen; bedauert, dass der Rat über die Vorschläge zur GKB und zur GKKB keine Einigung erzielt hat; fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihren Zeitplan für den künftigen Vorschlag eines Rechtsakts zu BEFIT an die internationale Steueragenda anzupassen; ist besorgt darüber, dass es keine klare Strategie gibt, um sicherzustellen, dass der neue Rahmen für die Unternehmensbesteuerung in der Union von den Mitgliedstaaten Unterstützung erhält;

15.  hebt hervor, dass die Einnahmenerhebung durch Körperschaftsteuern in Prozent des BIP laut dem Internationalen Währungsfonds(43) trotz des Abwärtstrends der Körperschaftsteuersätze im Laufe der Zeit unter Berücksichtigung des Konjunkturzyklus bemerkenswert konstant geblieben ist;

16.  fordert nachdrücklich, dass bei der künftigen Einführung neuer EU-Instrumente zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken vornehmlich auf verbindliche Instrumente zurückgegriffen wird und alle durch den AEUV gebotenen Möglichkeiten zur effizienteren Gestaltung der Entscheidungsfindung ausgelotet werden; weist darauf hin, dass das Verfahren nach Artikel 116 AEUV angewendet werden kann, falls schädliche Steuerpraktiken die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verzerren, und dass durch diese Bestimmung im Vertrag die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten nicht verändert wird;

17.  fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit von Lizenzboxen und anderen Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums im Rahmen des neuen Nexus-Ansatzes zu bewerten, der in Aktionspunkt 5 des Aktionsplans zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung mit Blick auf schädliche Steuerpraktiken definiert ist, einschließlich der Auswirkung auf Steuerausfälle; fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, falls aus der Bewertung hervorgeht, dass Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums keine Auswirkung auf reale wirtschaftliche Tätigkeiten haben; stellt fest, dass die US-Regierung vorschlägt, „Foreign Derived Intangible Income (FDII)“ abzuschaffen;

18.  hebt hervor, dass die Steuerpolitik der Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters überwacht wird; vertritt die Ansicht, dass das Europäische Semester zu einem Instrument weiterentwickelt werden könnte, mit dem die Zügelung aggressiver Steuerplanung innerhalb der EU mittels der länderspezifischen Empfehlungen unterstützt wird;

Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung

19.  begrüßt, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ seit ihrer Einrichtung 480 Regelungen bewertet hat, wobei rund 130(44) für schädlich befunden wurden(45); erkennt an, dass die Bewertung nationaler Steuerregelungen mittels Peer-Review im Rahmen des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung zu einer Verringerung des schädlichen steuerlichen Wettbewerbs beigetragen hat und dazu geführt hat, dass Sondersteuerregelungen innerhalb der Union in der Folge abgenommen haben; erwartet potenziell ähnliche Auswirkungen auf globaler Ebene durch die Erstellung der EU-Liste; warnt jedoch vor der Entwicklung schädlicher Nichtpräferenzregelungen; ist deshalb der Ansicht, dass die derzeitigen Kriterien des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung zur Definition von HTP teilweise veraltet sind, da ihr Schwerpunkt auf Präferenzregelungen liegt; betont, dass die Wirksamkeit des Verhaltenskodex im Hinblick auf die jüngsten Steuerskandale und aktuellen Herausforderungen wie die Globalisierung und Digitalisierung sowie die zunehmende Bedeutung von immateriellen Vermögenswerten verbessert werden muss;

20.  fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, den derzeitigen Rahmen ihres Mandats in vollem Umfang auszuschöpfen; fordert den Rat jedoch auf, den Rahmen des Mandats weiterhin umgehend und sofern angemessen zu reformieren und insbesondere in jedem Mitgliedstaat alle Indikatoren für eine aggressive Steuerplanung, einschließlich der allgemeinen Merkmale eines Steuersystems, zu prüfen, um festzustellen, ob seine Rechtsvorschriften schädliche steuerliche Maßnahmen enthalten; fordert den Rat auf, mit Blick auf die Mitteilung der Kommission vom Juli 2020 mit dem Titel „Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“, in der eine Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung befürwortet wurde, um eine gerechte Besteuerung innerhalb der Union sicherzustellen, Folgemaßnahmen zu ergreifen; weist darauf hin, dass dies von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“, insbesondere mit Blick auf Regelungen für einen fiktiven Zinsabzug und Steuerbefreiungen für ausländische Einkünfte, und im Rahmen der Erstellung der EU-Liste bereits zum Teil umgesetzt wird;

21.  hebt hervor, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung ein nicht zwingendes Rechtsinstrument darstellt, das dem Zweck dient, einen EU-Steuerrahmen zu wahren, der auf der Grundlage von Peer-Reviews und Gruppendruck gleiche Wettbewerbsbedingungen ermöglicht; bedauert jedoch, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung nicht verbindlich ist; nimmt zur Kenntnis, dass Mitgliedstaaten die Aufhebung einer schädlichen Regelung verzögern oder eine solche sogar beibehalten könnten, ohne irgendwelche Konsequenzen zu befürchten; besteht darauf, dass die Unterlagen in Bezug auf die Entscheidungsfindung des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung der Öffentlichkeit zugänglich sein sollten;

22.  fordert, dass die Kriterien, die Handhabung und der Anwendungsbereich des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung überarbeitet werden, wozu ein verbindliches Instrument genutzt werden sollte, das auf den derzeitigen zwischenstaatlichen Vereinbarungen aufbaut und einen effizienteren Entscheidungsfindungsprozess umfasst; vertritt die Auffassung, dass die Überarbeitung des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung im Rahmen eines demokratischen, transparenten und rechenschaftspflichtigen Verfahrens und unter Einbeziehung einer Expertengruppe, die sich aus sachkundigen Fachleuten aus der Zivilgesellschaft, der Kommission und dem Parlament zusammensetzt, durchgeführt werden sollte; fordert, dass das überarbeitete Instrument transparenter und wirksamer angewendet wird und eine angemessene Beteiligung des Parlaments an der Ausarbeitung und Verabschiedung neuer Strategien und Kriterien zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken vorsieht;

23.  ist der Ansicht, dass eine Reform der Kriterien des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung dringend erforderlich ist und als ersten Schritt ein Effektivsteuersatzkriterium in Übereinstimmung mit dem künftigen international vereinbarten effektiven Mindeststeuersatz im Rahmen der Säule II des inklusiven Rahmens sowie solide und progressive Anforderungen an die wirtschaftliche Substanz umfassen und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb ermöglichen sollte, was ein ideales mögliches Ergebnis ehrgeiziger Anstrengungen ist und hauptsächlich durch die Union und die USA als ihr wichtigster Partner vorangetrieben wird;

24.  ist der Ansicht, dass eine breite Palette potenzieller Risikofaktoren, etwa die Anzahl der Zweckgesellschaften, die Verlagerung immaterieller Vermögenswerte und ein hohes Niveau passiver Einkommen (Lizenzgebühren, Zinsen, Dividenden usw.), die Gewinnverlagerung unter Umständen erleichtern könnte;

25.  unterstützt die Absicht der Kommission, die sie in ihrem Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie dargelegt hat, den Geltungsbereich des Verhaltenskodex auszuweiten, um weitere Arten von Regelungen und allgemeine Aspekte des nationalen Körperschaftsteuersystems abzudecken; empfiehlt die Einbeziehung präferenzieller Einkommensteuerregelungen, um spezielle Staatsbürgerschaftsregelungen oder Maßnahmen abzudecken, mit denen mobile wohlhabende Personen und digitale Nomaden angezogen werden sollen, da diese zu erheblichen Verzerrungen im Binnenmarkt führen könnten;

26.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen Rechtsrahmen für aggressive Steuerplanungsmodelle und niedrige Steuersätze („Framework on Aggressive Tax Arrangements and Low Rates“, FATAL) nach folgendem Muster zu erwägen, das den derzeitigen Verhaltenskodex ersetzt:

A.  Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Union betrifft dieser Rechtsrahmen die Maßnahmen, die den Standort für wirtschaftliche Aktivitäten und die Verlagerung von Einkommen und Kapital (aufgrund individueller Steuerregelungen) in der Union spürbar beeinflussen oder beeinflussen können.

Die vorgenannten wirtschaftlichen Aktivitäten umfassen auch alle Aktivitäten innerhalb einer Unternehmensgruppe.

Zu den steuerlichen Maßnahmen, auf die sich der Rechtsrahmen bezieht, gehören sowohl Rechts- und Verwaltungsvorschriften als auch Verwaltungspraktiken.

B.  Innerhalb des unter Buchstabe A bezeichneten Anwendungsbereichs sind steuerliche Maßnahmen als potenziell schädlich und daher als unter diesen Kodex fallend anzusehen, die gemessen an den üblicherweise in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Besteuerungsniveaus eine deutlich niedrigere Effektivbesteuerung, einschließlich einer Nullbesteuerung, bewirken oder die unterhalb einer im inklusiven Rahmen zu BEPS oder in internationalen Foren, in denen die EU vertreten ist, vereinbarten Mindesteffektivbesteuerung liegen („Gateway-Kriterium“).

Dies kann sich aus dem Nominalsteuersatz und/oder aus der Besteuerungsgrundlage oder aus anderen einschlägigen Faktoren ergeben, die den effektiven Steuersatz bestimmen.

Bei der Beurteilung der Schädlichkeit dieser Maßnahmen ist unter anderem zu berücksichtigen,

   1. ob die Vorteile ausschließlich Gebietsfremden oder für Umsätze mit Gebietsfremden gewährt werden; oder
   2. ob die Vorteile den Inlandsmarkt nicht berühren, sodass sie sich nicht auf die innerstaatliche Steuergrundlage auswirken; oder
   3. ob die Vorteile gewährt werden, auch ohne dass ihnen eine tatsächliche Wirtschaftstätigkeit und substanzielle wirtschaftliche Präsenz in dem diese steuerlichen Vorteile bietenden Mitgliedstaat zugrunde liegt, wie von der Kommission definiert und auf der Grundlage von proportionalen Substanzanforderungen, die sich progressiv entwickeln, wenn das ausgewiesene Einkommen in dem betreffenden Mitgliedstaat steigt. Besonderes Augenmerk wird in diesem Zusammenhang auf gesetzliche Regelungen des geistigen Eigentums gelegt;
   4. ob die Regeln für die Gewinnermittlung bei Aktivitäten innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe von international allgemein anerkannten Grundsätzen, insbesondere von den von der OECD vereinbarten Regeln, abweichen; oder
   5. ob es den steuerlichen Maßnahmen an Transparenz mangelt, einschließlich der Fälle einer laxeren und undurchsichtigen Handhabung der Rechtsvorschriften auf Verwaltungsebene.

C.  Innerhalb des unter Buchstabe A genannten Anwendungsbereichs sind präferenzielle Einkommen- und Kapitalsteuerregelungen, die gemessen an den üblicherweise in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Besteuerungsniveaus eine deutlich niedrigere Effektivbesteuerung bis hin zur Nullbesteuerung bewirken, als potenziell schädlich anzusehen und fallen daher unter diesen Kodex („Gateway-Kriterium“). Ebenso können allgemeine Einkommen- und Vermögensteuerregelungen, die zu Verzerrungen im Binnenmarkt führen würden, in den Anwendungsbereich fallen und beurteilt werden.

Stillhalte- und Rücknahmeverpflichtung

Stillhalteverpflichtung

D.  Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, keine neuen schädlichen steuerlichen Maßnahmen im Sinne dieses Rechtsrahmens zu treffen. Die Mitgliedstaaten halten daher bei der Gestaltung ihrer künftigen Politik die dem Rechtsrahmen zugrundeliegenden Prinzipien ein und tragen dem Beurteilungsverfahren nach den Buchstaben E bis I bei der Bewertung der Schädlichkeit oder Unschädlichkeit einer neuen steuerlichen Maßnahme gebührend Rechnung.

Rücknahmeverpflichtung

E.  Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre geltenden Vorschriften und Praktiken unter Berücksichtigung der dem Rechtsrahmen zugrundeliegenden Prinzipien und der unter den Buchstaben E bis I beschriebenen Beurteilung zu überprüfen. Die Mitgliedstaaten ändern diese Vorschriften und Praktiken erforderlichenfalls, um schädliche Maßnahmen so bald wie möglich unter Berücksichtigung der im Rat und der Kommission im Anschluss an das Beurteilungsverfahren geführten Diskussionen aufzuheben.

Beurteilungsverfahren

Erteilung einschlägiger Auskünfte

F.  Gemäß den Grundsätzen der Transparenz und der Offenheit unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission über die geltenden oder geplanten steuerlichen Maßnahmen, die in den Geltungsbereich des Rechtsrahmens fallen könnten. Insbesondere sind die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, auf Antrag eines anderen Mitgliedstaats Auskünfte über jegliche steuerliche Maßnahme zu erteilen, die in den Geltungsbereich des Rechtsrahmens zu fallen scheint. Falls die geplanten steuerlichen Maßnahmen der parlamentarischen Zustimmung bedürfen, können die betreffenden Auskünfte auch erst nach der Vorlage im Parlament übermittelt werden. Die Regelungen, die innerhalb des Anwendungsbereichs des Rechtsrahmens beurteilt werden, werden dem Europäischen Parlament zur Information mitgeteilt.

Beurteilung schädlicher Maßnahmen

G.  Jeder Mitgliedstaat kann verlangen, dass steuerliche Maßnahmen eines anderen Mitgliedstaats, die unter den Rechtsrahmen fallen könnten, erörtert und kommentiert werden. Auf diese Weise lässt sich feststellen, ob die betreffenden steuerlichen Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer potenziellen Auswirkungen innerhalb der Union schädlich sind. Bei dieser Beurteilung sind alle unter den Buchstaben B und C aufgeführten Faktoren zu berücksichtigen.

H.  Der Rat unterstreicht ferner, dass bei dieser Beurteilung die Auswirkungen der steuerlichen Maßnahmen auf die anderen Mitgliedstaaten – unter anderem unter Berücksichtigung der effektiven Besteuerung der betreffenden Aktivitäten innerhalb der gesamten Union – sorgfältig geprüft werden müssen.

Soweit die steuerlichen Maßnahmen der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter Gebiete dienen, wird beurteilt, ob sie im Verhältnis zum angestrebten Ziel angemessen und auf dieses ausgerichtet sind. Bei dieser Beurteilung wird den besonderen Merkmalen und Zwängen der Gebiete in äußerster Randlage und der Inseln mit geringer Flächenausdehnung besondere Beachtung geschenkt, ohne dass dabei die Integrität und Kohärenz der Rechtsordnung der Union, die auch den Binnenmarkt und die gemeinsamen Politiken umfasst, ausgehöhlt wird. Eine solche Beurteilung sollte die progressiven Mindestanforderungen an die substanzielle wirtschaftliche Präsenz gemäß Buchstabe B berücksichtigen.

Verfahren

I.  Der Rat und die Kommission setzen gemeinsam eine Gruppe ein, die die steuerlichen Maßnahmen, die unter diesen Rechtsrahmen fallen können, beurteilt und die Erteilung von Auskünften über diese Maßnahmen überwacht. Der Rat ersucht jeden Mitgliedstaat und die Kommission, einen hochrangigen Vertreter und einen Stellvertreter für diese Gruppe zu benennen, in der der Vertreter eines Mitgliedstaats den Vorsitz führt. Die Gruppe, die regelmäßig zusammentritt, nimmt die Auswahl und Beurteilung der steuerlichen Maßnahmen nach Maßgabe der Buchstaben E bis G vor. Die Gruppe erstattet in regelmäßigen Abständen Bericht über die beurteilten Maßnahmen. Diese Berichte werden dem Rat zur Erörterung übermittelt und, sofern dieser es für zweckmäßig hält, veröffentlicht. Die Dokumente sind dem Parlament auf Anfrage zu übermitteln und nach Abschluss des Bewertungsprozesses offenzulegen.

Durchsetzung

J.  Die Mitgliedstaaten sind berechtigt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die Anreize zur Steuervermeidung zu verringern, wenn ein Mitgliedstaat eine Regelung, die im Zusammenhang mit diesem Rechtsrahmen als schädlich eingestuft wurde, nicht innerhalb von zwei Jahren zurücknimmt, und zwar insbesondere:

   a) die Nichtabzugsfähigkeit von Kosten;
   b) Quellensteuermaßnahmen;
   c) die Einschränkung der Beteiligungsbefreiung;
   d) besondere Dokumentationspflichten, insbesondere hinsichtlich der Verrechnungspreise;

Geografische Ausweitung

K.  Nach Auffassung des Rates ist es angezeigt, dass die Grundsätze zur Beseitigung schädlicher steuerlicher Maßnahmen in einem geographisch möglichst weiten Rahmen angenommen werden. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Mitgliedstaaten, die Annahme dieser Grundsätze in den Drittländern zu fördern; ebenso verpflichten sie sich, die Annahme dieser Grundsätze in Gebieten, auf die der Vertrag keine Anwendung findet, zu fördern. In diesem Zusammenhang sollten sich der Rat und die Kommission auf Kriterien betreffend Transparenz im Steuerbereich, Steuergerechtigkeit und Umsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) stützen, um eine EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete zu erstellen. Die Kriterien für eine faire Besteuerung sollten auf den unter den Buchstaben B und C dieses Rechtsrahmens genannten Faktoren beruhen.

L.  Mitgliedstaaten mit abhängigen oder assoziierten Gebieten oder mit besonderen Verantwortlichkeiten oder steuerlichen Vorrechten in Bezug auf andere Gebiete verpflichten sich, im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Bestimmungen die Anwendung dieser Grundsätze in diesen Gebieten zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang geben diese Mitgliedstaaten einen Überblick über den derzeitigen Stand in Form von Berichten an die unter Buchstabe H genannte Gruppe, die diese Berichte im Rahmen des oben beschriebenen Beurteilungsverfahrens auswertet.

Überwachung und Überprüfung

M.  Zur Gewährleistung einer ausgewogenen und wirksamen Anwendung des Rechtsrahmens ersucht der Rat die Kommission, ihm einen jährlichen Bericht über die Anwendung des Kodex und über die Anwendung der staatlichen Beihilfen steuerlicher Art zu unterbreiten. Der Bericht wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Rat und die Mitgliedstaaten überprüfen den Inhalt des Rechtsrahmens zwei Jahre nach seiner Annahme;

27.  begrüßt den Meinungsaustausch mit Lyudmila Petkova, Vorsitzende der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“, am 19. April 2021; fordert die Vorsitzende der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, mindestens einmal im Jahr zu einer öffentlichen Anhörung vor dem Parlament zu erscheinen und dem Rat den Fortschrittsbericht vorzulegen;

28.  begrüßt die Veröffentlichung der halbjährlichen an den Rat gerichteten Berichte der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“; vertritt die Ansicht, dass ein spezielles Online-Instrument geschaffen werden sollte, damit nicht nur auf Schlussfolgerungen des Rates zurückgegriffen wird, wenn es darum geht, grundsätzliche Informationen über die Steuerpolitik auf der Ebene der EU abzurufen; würdigt die Bemühungen um die Veröffentlichung von Schriften und Arbeiten der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“; fordert, dass die öffentlichen Informationen auf einer benutzerfreundlichen Plattform zur Verfügung gestellt werden;

29.  fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, Mitglieder des Europäischen Parlaments einzuladen, den Diskussionen der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ als Beobachter beizuwohnen; fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, einige ihrer Sitzungen, sofern keine vertraulichen Beratungen erforderlich sind, öffentlich per Live-Stream zu übertragen;

o
o   o

30.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) Anhang I der Schlussfolgerungen der Sitzung des Rates (Wirtschafts- und Finanzen) vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik – Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung (ABl. C 2 vom 6.1.1998, S. 2).
(2) https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2016/03/08/ecofin-conclusions-code-conduct-business-taxation/
(3) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6004-2021-INIT/en/pdf
(4) ABl. C 331 vom 7.10.2020, S. 3 und ABl. C 66 vom 26.2.2021, S. 40.
(5) ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 182.
(6) ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 152.
(7) ABl. C 366 vom 27.10.2017, S. 51.
(8) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 79.
(9) ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 8.
(10) ABl. C 399 vom 24.11.2017, S. 74.
(11) ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 132.
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0022.
(13) Siehe die gemeinsamen Folgemaßnahmen zur Entschließung des Europäischen Parlaments (Ausschuss für Wirtschaft und Währung) mit Empfehlungen an die Kommission zur Schaffung von Transparenz, Koordinierung und Konvergenz in der Körperschaftsteuerpolitik in der Union und zur Entschließung des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAXE)) über Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung, die von der Kommission am 16. März 2016 angenommen wurden; die von der Kommission am 16. November 2016 angenommenen Folgemaßnahmen zur Entschließung des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss für Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAX2)) über Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung; die Folgemaßnahmen zur Empfehlung des Europäischen Parlaments (Untersuchungsausschuss zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht und Missständen bei der Anwendung desselben im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA)) vom 12. Dezember 2017 an den Rat und die Kommission im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, die von der Kommission im April 2018 angenommen wurden; die Folgemaßnahmen vom 27. August 2019 zu der Entschließung des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3)) zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.
(14) Taxation Papers, Working Paper Nr. 64, 31. August 2016, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2016-11/taxation_paper_64.pdf
(15) Taxation Papers, Working Paper Nr. 71, Institute for Advanced Studies in consortium with CPB and DONDENA, 2017, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2018-03/taxation_papers_71_atp_.pdf
(16) Kiendl Krišto, I. und Thirion, E.: An overview of shell companies in the European Union, Europäisches Parlament, Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst des Parlaments, Referat Ex-post-Bewertung und Referat Europäischer Mehrwert, 17. Oktober 2018, abrufbar unter: https://www.europarl.europa.eu/cmsdata/155724/EPRS_STUD_627129_Shell%20companies%20in%20the%20EU.pdf
(17) https://www.un.org/pga/75/wp-content/uploads/sites/100/2021/02/FACTI_Panel_Report-compressed.pdf
(18) https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12999-Steuervermeidung-Bekampfung-der-Nutzung-von-Briefkastenfirmen-und-Vorkehrungen-fur-steuerliche-Zwecke_de
(19) Crivelli, E., De Mooij, R., De Vrijer, J.E.J., Hebous, S., Klemm, A.: Taxing Multinationals in Europe, 2021 (https://www.imf.org/en/Publications/Departmental-Papers-Policy-Papers/Issues/2021/05/25/Taxing-Multinationals-in-Europe-50129)
(20) ABl. L 193 vom 19.7.2016, S. 1.
(21) ABl. L 144 vom 7.6.2017, S. 1.
(22) ABl. L 157 vom 26.6.2003, S. 49.
(23) ABl. L 345 vom 29.12.2011, S. 8.
(24) ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1.
(25) ABl. L 332 vom 18.12.2015, S. 1.
(26) ABl. L 146 vom 3.6.2016, S. 8.
(27) ABl. L 139 vom 5.6.2018, S. 1.
(28) Annual Report on Taxation 2021 - Review of taxation policies in the EU Member States (https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/db46de2a-b785-11eb-8aca-01aa75ed71a1/language-en).
(29) OECD (2015): Countering Harmful Tax Practices More Effectively, Taking into Account Transparency and Substance, Action 5 - 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, Paris http://dx.doi.org/10.1787/9789264241190-en
(30) IWF-Bericht mit dem Titel „Taxing Multinationals in Europe“, 2021: https://www.imf.org/en/Publications/Departmental-Papers-Policy-Papers/Issues/2021/05/25/Taxing-Multinationals-in-Europe-50129
(31) Abrufbar unter: https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/0044caf0-58ff-4be6-bc06-be2af6610870
(32) Tørsløv, T., Wier, L. und Zucman, G.: The Missing Profits of Nations, Working Paper, April 2020, abrufbar auf https://missingprofits.world/
(33) IWF, a. a. O., 2021
(34) Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Dominika, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, Amerikanische Jungferninseln, Vanuatu, Seychellen.
(35) Europäische Kommission, Jahresbericht über die Besteuerung 2021.
(36) https://www.oecd.org/tax/beps/
(37) Drover, R., Ferrett, B., Gravino, D., Jones, E. und Merler, S.: Bringing transparency, coordination and convergence to corporate tax policies in the European Union, Europäisches Parlament, Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst, Referat Europäischer Mehrwert, 24. November 2015. Abrufbar unter: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2015/558773/EPRS_STU(2015)558773_EN.pdf
(38) Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
(39) COM(2020)0313.
(40) OECD/G20-Projekt „Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung“, Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar One Blueprint: Inclusive Framework on BEPS, OECD Publishing, Paris, 2020, S. 12. Abrufbar unter: https://www.oecd.org/tax/beps/tax-challenges-arising-from-digitalisation-report-on-pillar-two-blueprint.pdf
(41) Baert, P., Lange. F., Watson, J.: The Role of Taxes on Investment to Increase Jobs in the EU – An Assessment of Recent Policy Developments in the Field of Corporate Taxes, Mai 2019.
(42) COM(2020)0313.
(43) https://www.elibrary.imf.org/view/journals/087/2021/012/article-A001-en.xml
(44) Aussprache vom 19. April 2021 im Unterausschusses für Steuerfragen (FISC) mit Lyudmila Petkova, Vorsitzende der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“.
(45) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9639-2018-REV-4/en/pdf


Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen
PDF 148kWORD 55k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen (2021/2905(RSP))
P9_TA(2021)0417RC-B9-0502/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar und zur Lage der Rohingya, insbesondere die Entschließungen vom 22. November 2012(1), vom 20. April 2012(2), vom 20. Mai 2010(3), vom 25. November 2010(4), vom 7. Juli 2016(5), vom 15. Dezember 2016(6), vom 14. September 2017(7), vom 14. Juni 2018(8), vom 13. September 2018(9), vom 19. September 2019(10) und vom 11. Februar 2021(11),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Februar 2021 zu Myanmar,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 23. März 2021 zur Eskalation der Gewalt in Myanmar und vom 19. April 2021, 30. April 2021, 12. Mai 2021 und 27. Juli 2021 zur Lage in Myanmar,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters im Namen der EU vom 30. April 2021 über die Ergebnisse des ASEAN-Gipfeltreffens,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 3. März 2021 zu anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch das Militär und vom 23. Mai 2021 zu den jüngsten Entwicklungen in Myanmar,

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2021/1000 des Rates vom 21. Juni 2021 zur Änderung des Beschlusses 2013/184/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma(12),

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2021/711 des Rates vom 29. April 2021 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma(13),

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

–  unter Hinweis auf Artikel 34 der Verfassung von Myanmar von 2008, in dem die Religions- und Weltanschauungsfreiheit anerkannt und den Bürgern das „Recht auf ein freies Bekenntnis zu einer Religion und auf freie Religionsausübung“ garantiert wird,

–  unter Hinweis auf den Fünf-Punkte-Konsens des Verbands südostasiatischer Nationen vom 24. April 2021,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 31. August 2021 mit dem Titel „Situation of human rights of Rohingya Muslims and other minorities in Myanmar“ (Lage der Menschenrechte der muslimischen Volksgruppe der Rohingya und anderer Minderheiten in Myanmar),

–  unter Hinweis auf die Resolution 75/287 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Juni 2021 zur Lage in Myanmar,

–  unter Hinweis auf den Bericht der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission der Vereinten Nationen für Myanmar vom 22. August 2019 mit dem Titel „Sexual and gender-based violence in Myanmar and the gendered impact of its ethnic conflicts“ (Sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt in Myanmar und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen seiner ethnischen Konflikte),

–  unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar und des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte sowie auf die Berichte im Rahmen des Aufsichtsmechanismus der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 16. September 2021 zur Menschenrechtslage in Myanmar,

–  unter Hinweis auf die Feststellungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 23. September 2021 zu Myanmar,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zu der Lage der Menschenrechte in Myanmar, Thomas H. Andrews, vom 22. September 2021,

–  unter Hinweis auf die Berichte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen über Myanmar und die Lage der Menschenrechte der Muslime vom Volk der Rohingya und anderer Minderheiten,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar vom 1. Juli 2021,

–  unter Hinweis auf den Abschlussbericht und die Empfehlungen der Beratungskommission zum Rakhaing-Staat (Annan-Bericht),

–  unter Hinweis auf die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 23. Januar 2020 über das Ersuchen der Republik Gambia um die Angabe vorläufiger Maßnahmen in der Rechtssache betreffend die Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Gambia gegen Myanmar),

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,

–  unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die unter dem Namen Tatmadaw bekannten Streitkräfte von Myanmar am 1. Februar 2021 den Präsidenten Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi sowie führende Mitglieder der Regierung festgenommen, durch einen Staatsstreich die Macht über die Legislative, Judikative und Exekutive an sich gerissen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt haben, was ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung des Landes ist; in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing im August 2021 bekanntgab, sich selbst zum Ministerpräsidenten zu ernennen und den Ausnahmezustand bis August 2023 zu verlängern;

B.  in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in Myanmar in einer formellen Erklärung darauf hingewiesen hat, dass die massiven systematischen Angriffe der Militärjunta auf die Bevölkerung von Myanmar wahrscheinlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen nach dem Völkerrecht darstellen; in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen ausdrücklich erklärt hat, dass die Drahtzieher und Ausführenden des Staatsstreichs und die für die Verstöße Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollten;

C.  in der Erwägung, dass die Militärjunta im Mai 2021 erste Schritte unternommen hat, um die Partei von Aung San Suu Kyi aufzulösen, die bis zum Staatsstreich im Februar 2021 an der Regierung war;

D.  in der Erwägung, dass der Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, sowie die Regierung der Nationalen Einheit gebildet wurden, um die demokratischen Bestrebungen des Volkes von Myanmar zu vertreten;

E.  in der Erwägung, dass es als Reaktion auf den Staatsstreich in verschiedenen Städten in Myanmar zu friedlichen Protesten und Demonstrationen gekommen ist; in der Erwägung, dass seit dem 1. Februar 2021 Politiker, Regierungsbeamte, Vertreter der Zivilgesellschaft, religiöse Würdenträger, friedliche Demonstranten und Schriftsteller rechtswidrig festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden; in der Erwägung, dass dem jüngsten Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zufolge seit dem Staatsstreich mehr als 1 120 Menschen getötet wurden und die Militärbehörden über 8 000 Menschen festgenommen haben, darunter Hunderte von Politikern, engagierten Bürgern und Beamten; in der Erwägung, dass die Gerichte 312 Personen schuldig gesprochen und 26 von ihnen zum Tode verurteilt haben, darunter zwei Kinder; in der Erwägung, dass Berichten zufolge mindestens 120 Menschen in der Haft gestorben sind; in der Erwägung, dass die Junta nach Stand vom Juli 2021 mindestens 75 Kinder getötet hat;

F.  in der Erwägung, dass das Militär gleichzeitig immer härter gegen die Medien in Myanmar vorgeht, wobei immer mehr Journalisten willkürlich festgenommen, inhaftiert und angeklagt werden, um die Medien zum Schweigen zu bringen und die Meinungsfreiheit zu beseitigen; in der Erwägung, dass die Junta durch Beschränkungen der Telekommunikation und des Internets zunehmend auf Instrumente der Überwachung und Zensur setzt;

G.  in der Erwägung, dass Personen, die wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen für Demokratie in Gewahrsam genommen wurden, häufig gefoltert werden; in der Erwägung, dass zu den Foltermethoden Schläge, Scheinhinrichtungen mit Schusswaffen, Verbrennungen durch Zigaretten sowie Vergewaltigung und Androhung von Vergewaltigung gehören; in der Erwägung, dass Folter durch die Polizei bereits zuvor in Myanmar ein Problem war, dass das Militär jedoch bei seinen Bemühungen, die Opposition zu unterdrücken, die Androhung von Folter nun systematisch anwendet;

H.  in der Erwägung, dass die Junta zunehmend auf kollektive Bestrafung zurückgreift, einschließlich der Entführung von Familienangehörigen von Personen, gegen die ein Haftbefehl ausgestellt wurde, derer die Polizei und das Militär aber nicht habhaft werden können; in der Erwägung, dass auch Kinder, darunter Kleinkinder, getötet oder entführt wurden, um ihre Eltern mutmaßlich dazu zu zwingen, sich den Staatsorganen zu stellen;

I.  in der Erwägung, dass ethnische Minderheiten Christen (6,3 % der Bevölkerung, vornehmlich Chin, Kachin und Karen), Muslime (2,1 %, vornehmlich Rohingya, Malaien, Bewohner von Jangon und Angehörige anderer Minderheiten) oder Hindus (0,5 %, vornehmlich birmanische Inder) sind;

J.  in der Erwägung, dass an religiösen und ethnischen Minderheiten in Myanmar Verletzungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit und anderer Menschenrechte begangen werden;

K.  in der Erwägung, dass Kirchen beschossen und geplündert und Priester und Pastoren festgenommen wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte zudem Lager in Kirchengebäuden eingerichtet haben, wodurch sie noch weniger als Zufluchtsstätten für Menschen in Not dienen können;

L.  in der Erwägung, dass es in Myanmar zahlreiche ethnische Gruppen gibt; in der Erwägung, dass interne Konflikte in den letzten Jahrzehnten tragischerweise Tausende von Todesopfern gefordert haben;

M.  in der Erwägung, dass im Gesetz über die Staatsbürgerschaft des Landes die Rohingya als „Ausländer“ oder „ausländische Gebietsansässige“ bezeichnet werden und ihnen daher die Staatsbürgerschaft vorenthalten wird, was ihre prekäre Lage weiter verschärft; in der Erwägung, dass die Verfolgung der Minderheit der Rohingya trotz zahlreicher Forderungen der internationalen Gemeinschaft immer noch andauert;

N.  in der Erwägung, dass die rund 600 000 Rohingya, die sich weiterhin im Bundesstaat Rakhine aufhalten, unter anhaltenden diskriminierenden Maßnahmen und Praktiken, systematischen Verletzungen ihrer Grundrechte, willkürlichen Festnahmen, der Internierung in überfüllten Lagern und einem stark eingeschränkten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung leiden; in der Erwägung, dass die den Rohingya auferlegten repressiven Bedingungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen;

O.  in der Erwägung, dass die Rohingya und andere ethnische Minderheiten, insbesondere Frauen und Mädchen, nach wie vor einem erheblichen Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt sind, insbesondere im Zusammenhang mit dem langwierigen Konflikt zwischen dem Militär und der Arakan-Rohingya-Heilsarmee;

P.  in der Erwägung, dass sich die humanitäre Krise in Myanmar zuspitzt, da es dort allein in diesem Jahr mehr als 210 000 Binnenvertriebene und drei Millionen Menschen gibt, die humanitäre Hilfe benötigen – eine Zahl, die sich in den letzten acht Monaten verdreifacht hat – und die Hälfte der Bevölkerung, d. h. etwa 20 Millionen Menschen, unterhalb der Armutsgrenze leben;

Q.  in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen darauf hingewiesen hat, dass die Gefahr eines großen bewaffneten Konflikts einen kollektiven Ansatz erfordere, damit eine multidimensionale Katastrophe im Herzen Südostasiens und darüber hinaus verhindert wird;

R.  in der Erwägung, dass Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge 6,2 Millionen Menschen in ganz Myanmar von Ernährungsunsicherheit und Hunger bedroht sind, im Vergleich zu 2,8 Millionen vor dem Militärputsch;

S.  in der Erwägung, dass sich die humanitäre Lage in Myanmar auch durch die COVID-19-Krise weiter verschlechtert hat; in der Erwägung, dass willkürliche Massenverhaftungen von Demonstranten, überfüllte Gefängnisse und die generelle Vernachlässigung der Gesundheit von Gefangenen ebenfalls zu einem Anstieg der Zahl an COVID-19-Infektionen beigetragen haben;

T.  in der Erwägung, dass das Militär die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie genutzt hat, um gegen prodemokratische Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten vorzugehen; in der Erwägung, dass das Recht auf Gesundheit untergraben wird; in der Erwägung, dass die Junta Krankenhäuser geschlossen und medizinisches Personal ins Visier genommen hat, was zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu einem Zeitpunkt führte, als die COVID-19-Infektionen im ganzen Land sprunghaft angestiegen sind; in der Erwägung, dass die Streitkräfte medizinische Hilfsgüter und Ausrüstung zerstört und Dutzende medizinischer Einrichtungen besetzt haben, weshalb sich die Bevölkerung von Myanmar aus Angst davor, inhaftiert oder beschossen zu werden, von dort fernhält;

U.  in der Erwägung, dass sich das Militär und seine Generäle durch den illegalen Verkauf von Holz, Edelsteinen, Erdgas und Erdöl unrechtmäßig bereichern und mit massiven Korruptionsvorwürfen konfrontiert sind;

V.  in der Erwägung, dass den Vereinten Nationen zufolge bislang nur 46 % der beantragten Mittel für den Plan der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen in Myanmar aus dem Jahr 2021 bereitgestellt wurden und dass humanitäre Maßnahmen erheblichen unterfinanziert sind;

1.  verurteilt aufs Schärfste den Staatsstreich vom 1. Februar 2021, den das Militär unter der Führung von Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing durchgeführt hat; fordert das Militär auf, das Ergebnis der demokratischen Wahlen vom November 2020 uneingeschränkt zu respektieren, die Zivilregierung unverzüglich wiedereinzusetzen, den Ausnahmezustand aufzuheben, Gewalt gegen friedliche Demonstranten einzustellen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit zu achten und allen gewählten Parlamentariern die Ausübung ihres Mandats zu ermöglichen; fordert das Militär von Myanmar auf, alle politischen Gefangenen freizulassen, die Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit aufzuheben und die Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu achten;

2.  fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Präsident Win Myint, Staatsberaterin Aung San Suu Kyi und allen anderen, die aufgrund unbegründeter Anschuldigungen verhaftet wurden; hält die Freilassung aller politischen Führungspersonen und Gefangenen für den ersten wesentlichen Schritt auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung der Krise und zur Wiederherstellung der rechtmäßigen Staatsgewalt;

3.  bringt seine Unterstützung für das Volk von Myanmar in seinem Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zum Ausdruck;

4.  verurteilt die weit verbreitete gewaltsame Reaktion der Streitkräfte auf jede Art von Protest und die schweren Menschenrechtsverletzungen, die sie gegen das Volk von Myanmar, einschließlich ethnischer und religiöser Minderheiten, begangen hat und weiterhin begeht und die einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen; äußert seine tiefe Besorgnis über die häufigen Angriffe auf Kirchen, Moscheen, Schulen und medizinische Einrichtungen sowie über die Verhaftung von religiösen Würdenträgern;

5.  unterstützt den Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, sowie die Regierung der Nationalen Einheit als die einzigen legitimen Vertreter der demokratischen Bestrebungen des Volkes von Myanmar und fordert den Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) und die internationale Gemeinschaft auf, sie in einen echten und umfassenden politischen Dialog und in Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise auf der Grundlage der Achtung der Rechtsstaatlichkeit einzubeziehen und sie daran zu beteiligen;

6.  fordert, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz sofortigen und regelmäßigen Zugang zu den Gefangenen und Gefängnissen erhält, wie dies in den Genfer Konventionen vorgesehen ist; fordert die Militär- und Polizeikräfte auf, den Familien aller Personen, die im Zusammenhang mit den Einsätzen der Sicherheitskräfte in ganz Myanmar vor und nach dem 1. Februar 2021 inhaftiert wurden, vollständige Informationen über ihr Schicksal und ihren Verbleib zu geben;

7.  erinnert an den multiethnischen Charakter Myanmars; fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die unveräußerlichen Rechte jeder Ethnie uneingeschränkt zu respektieren; fordert eine sofortige, strenge, unabhängige und transparente Untersuchung der vom Militär im Land begangenen Verbrechen und fordert, dass die Täter vor Gericht gestellt werden;

8.  ist entsetzt über die Verbrechen der Streitkräfte an ethnischen und religiösen Gruppen in Myanmar; verurteilt aufs Schärfste die Angriffe des Militärs in den Bundesstaaten Kayin, Kayah, Kachin, Shan und Chin, die zu massiven Vertreibungen, dem Tod von Zivilisten, einschließlich Kinder, der Zerstörung religiöser Gebäude und anderen Verstößen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Recht geführt haben;

9.  verurteilt die Verfolgung von Christen in dem Land; fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die Tötung und Verhaftung von Christen einzustellen sowie dem Beschuss und der Plünderung von Kirchen ein Ende zu setzen; unterstreicht die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft ihre tiefe Besorgnis über die gewaltsamen Angriffe auf christliche Gemeinschaften in Myanmar zum Ausdruck gebracht hat;

10.  verurteilt erneut die Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Angriffe gegen die Rohingya-Bevölkerung; betont, dass die EU das Vorgehen der Militärführung gegenüber Minderheiten im Lande, insbesondere den Rohingya, weiterhin genau beobachten wird; fordert die staatlichen Stellen Myanmars erneut auf, Bedingungen und Garantien für die sichere, freiwillige, würdevolle, dauerhafte und unter der Aufsicht der Vereinten Nationen erfolgende Rückkehr derjenigen Rohingya, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, zu schaffen;

11.  verurteilt aufs Schärfste die anhaltende Diskriminierung ethnischer Minderheiten, deren Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist und denen in Myanmar die Grundversorgung vorenthalten wird;

12.  verurteilt jegliche Gewaltanwendung der Junta gegen ihre Bürger sowie andere Formen der Drangsalierung, insbesondere gegen Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Journalisten; fordert die Junta nachdrücklich auf, alle Beschränkungen der Telekommunikation und des Internets, einschließlich der Websites unabhängiger Medien und sozialer Medienplattformen, aufzuheben;

13.  fordert die sofortige Beendigung der Gewalt gegen Arbeiter und Gewerkschaften und den Schutz der Rechte von Gewerkschaften und ihren Mitgliedern, einschließlich des Rechts, frei tätig zu sein;

14.  fordert den sofortigen Zugang von humanitärer Hilfe zu schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen, einschließlich Frauen, Kinder und ethnischer Minderheiten, und deren Unterstützung sowie die Stärkung von Organisationen der Zivilgesellschaft und von Organisationen, die sich auf ethnische Gemeinschaften stützen, um sicherzustellen, dass die humanitäre Hilfe die Bedürftigen tatsächlich erreicht; fordert die Kommission auf, die humanitäre Hilfe, einschließlich der Unterstützung im Bereich der Gesundheitsfürsorge, über grenzüberschreitende Kanäle, lokale humanitäre Netze, ethnische Dienstleistungserbringer sowie gemeindebasierte und zivilgesellschaftliche Organisationen umzuleiten und zu verstärken; ersucht die Kommission darum zu analysieren, wie Entwicklungsprojekte mit diesen Gruppen am besten durchgeführt werden können, und die Entwicklungshilfe entsprechend auszurichten;

15.  stellt mit großer Besorgnis fest, dass sich die humanitäre Krise durch eine dritte Welle von COVID-19 in Myanmar verschärft hat, wobei die Übertragungsraten unter den am stärksten marginalisierten Bevölkerungsgruppen, einschließlich derjenigen in den überfüllten und unhygienischen Gefängnissen des Landes, besonders besorgniserregend sind; fordert die Junta nachdrücklich auf, wieder eine Eindämmungsstrategie und ein System zur Ermittlung von Kontaktpersonen einzuführen und sicherzustellen, dass die Menschen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Impfstoffen haben; ersucht die Kommission darum, ihre diesbezügliche Unterstützung zu verstärken und zu gewährleisten, dass diese Unterstützung die Bürger erreicht, unter anderem durch die Bereitstellung von COVID-19-Impfdosen;

16.  ist entsetzt über die Angriffe, die Schikanen, die Inhaftierung und die Folterung von Mitarbeitern des Gesundheitswesens, insbesondere während der anhaltenden COVID-19-Krise; fordert die Junta auf, die Sicherheit aller im Gesundheitswesen tätigen Personen zu gewährleisten und alle Schikanen und Angriffe gegen diese Personen unverzüglich einzustellen; betont, dass die Behörden Myanmars dafür verantwortlich sind, den uneingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten;

17.  verurteilt die Angriffe der Militärbehörden auf medizinisches Personal und Einrichtungen sowie die Reaktion dieser Behörden auf die COVID-19-Pandemie; betont, dass Gesundheit und der Zugang zu medizinischer Versorgung und Impfungen universelle Menschenrechte sind;

18.  fordert die Streitkräfte auf, der Bevölkerung nicht länger das Recht auf Schutz vor COVID-19 und angemessene Behandlung der Krankheit zu verweigern, was in Myanmar zu erheblichen Verlusten an Menschenleben führen könnte;

19.  fordert die Regierungen der Nachbarländer nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass ihre Behörden niemanden daran hindern, die Grenze zu überqueren, um Zuflucht zu suchen; fordert die Regierungen dieser Länder auf, dafür zu sorgen, dass Hilfsorganisationen und lokale Organisationen der Zivilgesellschaft Zugang zu den Gebieten mit Binnenflüchtlingen entlang ihrer Grenzen zu Myanmar erhalten;

20.  bekräftigt seine Unterstützung für die Zivilgesellschaft und die Mitglieder der Demokratiebewegung in Myanmar und fordert die EU und ihre Organe auf, ihre Bemühungen um Fortschritte im Bereich der Zivilgesellschaft trotz der derzeitigen und möglicherweise andauernden Einschränkungen durch die herrschende Militärregierung fortzusetzen;

21.  fordert den ASEAN, seine Mitglieder und insbesondere seinen Sondergesandten für Myanmar auf, seine besondere Rolle in Myanmar aktiver zu nutzen, mit der Sondergesandten der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten und mit allen beteiligten Parteien, insbesondere mit der Regierung der Nationalen Einheit und Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere den Frauen und den ethnischen Gruppen, in Kontakt zu treten, um zumindest die wirksame und sinnvolle Umsetzung des Fünf-Punkte-Konsenses zu fördern, damit in naher Zukunft eine nachhaltige und demokratische Lösung der derzeitigen Krise erreicht werden kann;

22.  fordert ferner China und Russland auf, sich aktiv an den internationalen diplomatischen Bemühungen zu beteiligen und ihrer Verantwortung als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gerecht zu werden; erwartet von ihnen, dass sie bei der Prüfung der Lage in Myanmar eine konstruktive Rolle spielen;

23.  fordert Myanmar nachdrücklich auf, mit den internationalen Bemühungen um die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht zusammenzuarbeiten, unter anderem dadurch, dass dem Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM) endlich uneingeschränkter Zugang zum Land gewährt wird; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, dafür zu sorgen, dass der IIMM die erforderliche Unterstützung für die Ausübung seines Mandats erhält; weist darauf hin, dass Myanmar verpflichtet ist, der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Internationalen Gerichtshofs Folge zu leisten;

24.  begrüßt die jüngsten Sanktionsrunden, die der Rat gegen Angehörige der Streitkräfte und ihre Unternehmen verhängt hat, und fordert den Rat auf, weiterhin gezielte und strenge Sanktionen zu verhängen, um die Lebensadern der Junta zu kappen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Bevölkerung Myanmars keinen Schaden erleidet; ist der Auffassung, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin zusätzliche Maßnahmen gegen das Militär und seine Führer ergreifen und ihnen Kosten verursachen muss, bis sie ihren Kurs ändern und für eine Rückkehr zur Demokratie sorgen; betont, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Sanktionen gegen alle staatlichen Unternehmen in Myanmar, insbesondere in der Holz- und Edelsteinindustrie, verstärken und durchsetzen müssen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die gegen Mitgliedstaaten und assoziierte Länder verhängten nationalen Bußgelder bei Verstößen gegen EU-Sanktionen wirksam sind; betont, dass dies das Einfrieren von Vermögenswerten und das Verbot internationaler Finanztransfers an die beiden staatlichen Banken, die Myanmar Foreign Trade Bank und die Myanmar Investment and Commercial Bank, über die alle Devisen eingezogen werden, sowie die Aufnahme des staatlichen Öl- und Gasunternehmens Myanmar Oil and Gas Enterprise, das für den größten Devisenzufluss der Junta sorgt, in die Sanktionsliste erfordern würde;

25.  fordert den Rat auf, weiterhin gezielte Sanktionen gegen die für den Staatsstreich im Februar 2021 Verantwortlichen zu verhängen und weitere mögliche Maßnahmen in Erwägung zu ziehen; fordert den Rat nachdrücklich auf, den Staatsverwaltungsrat als Ganzes und nicht seine einzelnen Mitglieder in die Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktiven Maßnahmen gelten, aufzunehmen;

26.  fordert die in der EU ansässigen Unternehmen, die in Myanmar tätig oder dort an Lieferketten beteiligt sind, erneut auf, eine verstärkte Sorgfaltsprüfung in Bezug auf die Menschenrechte durchzuführen und sicherzustellen, dass sie keine Verbindungen zu den Sicherheitskräften Myanmars, ihren einzelnen Mitgliedern oder zu Einrichtungen, die sich in ihrem Besitz befinden oder von ihnen kontrolliert werden, haben und dass sie weder direkt noch indirekt zum brutalen Vorgehen der Junta gegen Demokratie und Menschenrechte beitragen; fordert die in der EU ansässigen Unternehmen auf, ihre Schlussfolgerungen offen zu legen und an einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in ihren Unternehmen in Myanmar zu arbeiten;

27.  bekräftigt seine Forderung, weiterhin gezielte Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die für die Gräueltaten gegen die Rohingya verantwortlich sind;

28.  fordert die Kommission erneut auf, rasch eine Untersuchung der Handelspräferenzen einzuleiten, von denen Myanmar profitiert, insbesondere in Bezug auf Unternehmen, die sich im Besitz von Mitgliedern des Militärs von Myanmar befinden, und das Parlament über die zu ergreifenden Maßnahmen gebührend zu informieren; erkennt an, dass seit der Wiederaufnahme Myanmars in die „Alles außer Waffen“-Regelung im Jahr 2013 Verbesserungen erzielt wurden, beispielsweise die Schaffung von Arbeitsplätzen im Bekleidungssektor, was vor allem Frauen zugutekam; unterstreicht jedoch die Tatsache, dass der Prozess des verstärkten Engagements, der sich auf die Einhaltung der internationalen Menschenrechtskonventionen und der Arbeitnehmerrechte konzentriert, bereits 2018 eingeführt wurde und dass der Staatsstreich die während des Demokratisierungsprozesses erzielten Fortschritte zunichte gemacht und damit die Voraussetzungen für die Gewährung von Präferenzen im Rahmen der „Alles außer Waffen“-Regelung untergraben hat;

29.  fordert die EU-Delegation in Myanmar und die Botschaften der Mitgliedstaaten auf, die Menschenrechts- und Gesundheitssituation in Myanmar sowie die Fälle von politischen Führungspersonen und anderen Personen, die derzeit in Gewahrsam oder Haft gehalten werden, genau zu beobachten;

30.  fordert die Mitgliedstaaten und die assoziierten Länder auf, das Embargo für die direkte und indirekte Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe, einschließlich der Durchfuhr, der Verbringung und der Vermittlung, aller Waffen, Munition und sonstiger militärischer, sicherheitsrelevanter und überwachungsrelevanter Ausrüstungen und Systeme sowie für die Bereitstellung von Ausbildung, Wartung und sonstiger militärischer und sicherheitsrelevanter Unterstützung aufrechtzuerhalten; unterstreicht die Notwendigkeit einer weiteren Untersuchung der Situation durch den Internationalen Strafgerichtshof;

31.  warnt vor der Gefahr einer noch größeren humanitären Notlage als Folge der Eskalation der Gewalt und der schweren Wirtschaftskrise des Landes, der Armut und der Zahl der Vertriebenen; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, ihren finanziellen Verpflichtungen im Rahmen des Plans der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen in Myanmar von 2021 unbedingt nachzukommen;

32.  fordert den HR/VP und die Mitgliedstaaten auf, die Lage in Myanmar energisch anzugehen, und fordert den HR/VP auf, dem Parlament, insbesondere seinem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, regelmäßig Bericht zu erstatten, auch über die Lage der religiösen und ethnischen Gruppen, um einen angemessenen parlamentarischen Dialog über diese wichtige und besorgniserregende Lage zu gewährleisten;

33.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem rechtmäßigen Präsidenten und der Regierung der Nationalen Einheit von Myanmar, dem Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, der Staatsberaterin von Myanmar, der Tatmadaw, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten der Vereinigten Staaten, Bangladeschs, des Vereinigten Königreichs, Japans, Indiens, Australiens, Kanadas, der Mitgliedstaaten des ASEAN, den Regierungen und Parlamenten Russlands und Chinas sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär des ASEAN, der zwischenstaatlichen Menschenrechtskommission des ASEAN, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) ABl. C 419 vom 16.12.2015, S. 189.
(2) ABl. C 258 E vom 7.9.2013, S. 79.
(3) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 154.
(4) ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 120.
(5) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 134.
(6) ABl. C 238 vom 6.7.2018, S. 112.
(7) ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 109.
(8) ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 80.
(9) ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 124.
(10) ABl. C 171 vom 6.5.2021, S. 12.
(11) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0054.
(12) ABl. L 219 I vom 21.6.2021, S. 57.
(13) ABl. L 147 vom 30.4.2021, S. 17.


Der Fall Paul Rusesabagina in Ruanda
PDF 130kWORD 47k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu dem Fall Paul Rusesabagina in Ruanda (2021/2906(RSP))
P9_TA(2021)0418RC-B9-0500/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Ruanda, insbesondere die Entschließung vom 11. Februar 2021 zu Ruanda: der Fall Paul Rusesabagina(1),

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Ruanda im Jahr 1975 ratifiziert hat,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

–  unter Hinweis auf die Grundsätze und Leitlinien für das Recht auf einen fairen Prozess und Rechtsbeistand in Afrika,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

–  unter Hinweis auf die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) in der Fassung von 2015,

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Kampala zu den Haftbedingungen in Afrika,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 25. März 2021 über die allgemeine regelmäßige Überprüfung zu Ruanda,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der internationalen Gemeinschaft wie etwa der belgischen Regierung, des Außenministeriums der USA und der Regierung des Vereinigten Königreichs, in denen Unregelmäßigkeiten angeprangert werden und bemängelt wird, dass es in Ruanda keine fairen Verfahren gibt,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Verbands Europäischer Rechtsanwaltskammern, des Zentrums für Menschenrechte der amerikanischen Anwaltskammer und mehrerer etablierter Menschenrechtsorganisationen,

–  unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

–  unter Hinweis auf die Verfassung von Ruanda,

–  unter Hinweis auf die Instrumente der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Kommission der Menschenrechte und der Rechte der Völker,

–  unter Hinweis auf das Wiener Übereinkommen von 1963 über konsularische Beziehungen,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der in den USA wohnhafte Menschenrechtsverteidiger und belgische Staatsbürger Paul Rusesabagina am 29. September 2021 von der Strafkammer für internationale und grenzübergreifende Verbrechen am Obersten Gericht Ruandas zu 25 Jahren Haft verurteilt worden ist, nachdem er am 31. August 2020 in Kigali festgenommen worden war; in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina neun Anschuldigungen im Zusammenhang mit Terrorismus zur Last gelegt wurden und er strafrechtlich für Aktivitäten zur Verantwortung gezogen wurde, die der Ruandischen Bewegung für demokratischen Wandel / Nationalen Befreiungsfront (MRCD-FLN) – einer Koalition oppositioneller Parteien und ihres militärischen Flügels – zugeschrieben werden;

B.  in der Erwägung, dass die Festnahme von Paul Rusesabagina im August 2020 willkürlich war, unter einem Vorwand vorgenommen wurde und er anschließend unrechtmäßig nach Ruanda verbracht, verschleppt und in Isolationshaft festgehalten wurde; in der Erwägung, dass für seine Festnahme kein Haftbefehl gemäß den Anforderungen des Artikels 37 der ruandischen Strafprozessordnung von 2019 ausgestellt und bis zu seiner Verurteilung keine Anklageschrift vorgelegt wurde, was einen Verstoß gegen Artikel 68 der ruandischen Strafprozessordnung darstellt; in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina mehrmals öffentlich erklärte, er könne nicht in sein Heimatland zurückkehren, weil er Repressalien fürchte;

C.  in der Erwägung, dass der Justizminister Ruandas, Johnston Busingye, die Mitwirkung seiner Regierung an der Verschleppung und Verbringung von Paul Rusesabagina im August 2020, an der Bezahlung des Flugs für die Verbringung und an Verstößen gegen das Recht von Paul Rusesabagina auf ein faires Verfahren eingestanden hat; in der Erwägung, dass das Gericht am 10. März 2021 urteilte, dass die Verbringung von Paul Rusesabagina rechtmäßig war und er nicht entführt worden war;

D.  in der Erwägung, dass während der Urteilsverkündung zusätzliche Beweise, die zuvor weder vom Gericht zur Kenntnis genommen noch während des Verfahrens vorgelegt worden waren, angekündigt wurden, die sich auf den Vorwurf bezogen, Paul Rusesabagina habe Gelder für die bewaffnete Nationale Befreiungsfront FLN beschafft; in der Erwägung, dass einige der angeführten Beweise aus Erklärungen abgeleitet sind, wonach die Aussagen von Paul Rusesabagina unter Zwang und ohne Rechtsbeistand gemacht worden seien;

E.  in der Erwägung, dass das Anwaltsteam, das Paul Rusesabagina anfänglich vertrat, nicht von ihm ausgewählt worden war, und in der Erwägung, dass die Anwälte seiner Wahl, zu denen er im April 2021 endlich Kontakt aufnehmen konnte, sich nicht mit ihm treffen durften, was einen Verstoß gegen Artikel 68 der ruandischen Strafprozessordnung darstellt;

F.  in der Erwägung, dass der Gesundheitszustand von Paul Rusesabagina während der Haft als sehr besorgniserregend beschrieben wurde, da er Krebsüberlebender ist und an einer Störung des Herz-Kreislauf-Systems leidet; in der Erwägung, dass er seinen Anwälten zufolge zwei Krebsvorsorgeuntersuchungen verpasst hat und ihm die Gefängnisbehörden den Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, die er von seinem belgischen Arzt erhalten hatte, verweigert haben, sodass er psychischem und physischem Leid ausgesetzt war, was einen Verstoß gegen die Artikel 12 und 14 der ruandischen Verfassung über das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie auf Schutz vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung darstellt;

G.  in der Erwägung, dass es die staatlichen Stellen Ruandas im September 2020 nach der Festnahme von Paul Rusesabagina versäumten, die belgischen Behörden im Einklang mit dem im Völkerrecht verankerten Grundsatz des konsularischen Beistands über die Festnahme zu unterrichten; in der Erwägung, dass sich der ruandische Justizvollzugsdienst Zugang zu der Kommunikation zwischen Paul Rusesabagina und seinen Anwälten und zu den ausgetauschten Verfahrensunterlagen verschaffte; in der Erwägung, dass die belgische Außenministerin mehrere Verbalnoten an ihren ruandischen Amtskollegen sandte, in denen sie ihn ersuchte, die Rechte von Paul Rusesabagina zu wahren, die ruandische Regierung jedoch jedes einzelne Ersuchen zurückwies;

H.  in der Erwägung, dass die staatlichen Stellen Ruandas laut Berichten vom Juli 2021 die Pegasus-Spähsoftware der NSO Group gegen möglicherweise mehr als 3 500 Aktivisten, Journalisten und Politiker eingesetzt haben; in der Erwägung, dass eine forensische Analyse des Telefons von Carine Kanimba, Paul Rusesabaginas Tochter, ergab, dass mit der Spähsoftware auch ihr Telefon abgehört worden war; in der Erwägung, dass die staatlichen Stellen Ruandas dies abgestritten haben;

I.  in der Erwägung, dass Ruanda zu den Unterzeichnern des Cotonou-Abkommens gehört, in dem festgelegt ist, dass die Achtung der Menschenrechte ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten ist; in der Erwägung, dass die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte die wichtigsten Schwerpunktbereiche der EU-Programme für Ruanda sind;

J.  in der Erwägung, dass am 25./26. Oktober 2021 in Kigali das zweite Ministertreffen zwischen der Afrikanischen Union und der EU stattfinden soll;

1.  weist die ruandische Regierung darauf hin, dass sie nach der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker und anderen internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumenten, einschließlich des Cotonou-Abkommens und insbesondere dessen Artikel 8 und 96, verpflichtet ist, die Wahrung der Grundrechte zu garantieren, wozu auch der Zugang zur Justiz und das Recht auf ein faires Verfahren gehören;

2.  hebt hervor, dass Ruanda die Unabhängigkeit seiner Justiz garantieren und sie kraft seiner Verfassung und seiner Gesetze achten muss, da sämtliche Regierungsbehörden und anderen Institutionen verpflichtet sind, die Unabhängigkeit der Justiz zu achten und zu wahren;

3.  weist darauf hin, dass die Auslieferung eines Verdächtigen an ein anderes Land ausschließlich im Wege eines von unabhängiger Seite beaufsichtigten Auslieferungsverfahrens stattfinden sollte, damit die Rechtmäßigkeit des Auslieferungsersuchens sichergestellt und dafür gesorgt ist, dass das Recht des Verdächtigen auf ein faires Verfahren in dem ersuchenden Land uneingeschränkt gewährleistet wird;

4.  verurteilt daher aufs Schärfste die unrechtmäßige Festnahme, Inhaftnahme und Verurteilung von Paul Rusesabagina, womit gegen internationales und ruandisches Recht verstoßen wurde; hält den Fall von Paul Rusesabagina für beispielhaft für die Menschenrechtsverletzungen in Ruanda und stellt die Fairness des Urteils infrage, bei dem es Berichten zufolge an Garantien für ein faires Verfahren im Einklang mit internationalen bewährten Verfahren für die Vertretung, dem Anspruch auf rechtliches Gehör und der Unschuldsvermutung mangelte;

5.  fordert die umgehende Freilassung von Paul Rusesabagina aus humanitären Gründen und seine Repatriierung unabhängig davon, ob er schuldig oder unschuldig ist; fordert die EU-Delegation in Ruanda und die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten auf, diese Forderung bei ihrem Austausch mit den staatlichen Stellen Ruandas entschlossen zu vertreten;

6.  fordert die Regierung Ruandas auf, die körperliche Unversehrtheit und das psychische Wohlergehen von Paul Rusesabagina unter allen Umständen sicherzustellen und ihm zu ermöglichen, seine üblichen Medikamente einzunehmen; beharrt darauf, dass die staatlichen Stellen Ruandas das Recht der belgischen Regierung achten müssen, Paul Rusesabagina konsularischen Beistand zu leisten, damit für seine Gesundheit und einen ordnungsgemäßen Zugang zu Rechtsbeistand gesorgt ist;

7.  bedauert die Menschenrechtslage in Ruanda generell und insbesondere die gezielte Verfolgung von Menschen, die abweichende Meinungen vertreten; verurteilt politisch motivierte Gerichtsverfahren und die Verfolgung politischer Gegner; fordert die staatlichen Stellen Ruandas eindringlich auf, die Gewaltenteilung und insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen;

8.  fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst, die Kommission und den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, den Menschenrechtsdialog mit Ruanda auf höchster Ebene im Rahmen von Artikel 8 des Cotonou-Abkommens zu stärken, damit sichergestellt ist, dass sich das Land an seine bilateralen und internationalen Verpflichtungen hält; hebt hervor, dass den Menschenrechten, der Rechtsstaatlichkeit sowie einer transparenten und bürgernahen Regierungsführung im Rahmen der internationalen Entwicklungsarbeit in Ruanda ein viel höherer Stellenwert eingeräumt werden sollte;

9.  fordert die Kommission auf, die Unterstützung der EU für die ruandische Regierung und für die staatlichen Institutionen des Landes kritisch zu hinterfragen, damit sichergestellt ist, dass mit dieser Unterstützung die Menschenrechte uneingeschränkt gefördert werden und dass sie sich nicht abträglich auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, den politischen Pluralismus, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft auswirkt;

10.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, dem Präsidenten der Republik Ruanda, dem Präsidenten des ruandischen Parlaments sowie der Afrikanischen Union und ihren Institutionen zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0055.


Das Abtreibungsgesetz im US-Bundesstaat Texas
PDF 244kWORD 55k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zum Abtreibungsgesetz im US-Bundesstaat Texas (2021/2910(RSP))
P9_TA(2021)0419RC-B9-0490/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. November 2020 mit dem Titel „EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) – Eine ambitionierte Agenda für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln der EU“ (JOIN(2020)0017),

–  unter Hinweis auf die Leitlinie der WHO mit dem Titel „Safe abortion: technical and policy guidance for health systems“ (sichere Abtreibung: technische und politische Leitlinien für Gesundheitssysteme),

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1979,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Übereinkommen von Istanbul“),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen von 2006,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 14. September 2021 mit dem Titel „UN experts denounce further attacks against right to safe abortion and Supreme Court complicity“ (Sachverständige der Vereinten Nationen verurteilen weitere Angriffe auf das Recht auf sicheren Schwangerschaftsabbruch und die Mittäterschaft des Obersten Gerichtshofs),

–  gestützt auf die Artikel 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union,

–  unter Hinweis auf die 2015 vereinbarten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und insbesondere die Ziele 3 und 5 zur Förderung der Gesundheit bzw. zur Gleichstellung der Geschlechter,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD), die 1994 in Kairo stattfand, ihr Aktionsprogramm und die Ergebnisse ihrer Überprüfungskonferenzen,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Gipfeltreffens von Nairobi zum 25. Jahrestag der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD25) vom 1. November 2019 zum Thema „Die Erfüllung des Versprechens beschleunigen“ und auf die auf dem Gipfel angekündigten nationalen Zusagen, Zusagen von Partnerstaaten und gemeinschaftlichen Aktionen,

–  unter Hinweis insbesondere auf seine Entschließung vom 24. Juni 2021 zur Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen(1), in der der Zugang zur reproduktiven Gesundheitsfürsorge als Grundpfeiler der Menschenrechte von Frauen und deren Verweigerung zu einer Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen erklärt wurde,

–  unter Hinweis auf die Aktionsplattform von Peking und die Ergebnisse der nachfolgenden Überprüfungskonferenzen,

–  unter Hinweis auf die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika,

–  unter Hinweis auf das Urteil Roe/Wade von 1973, das in den Urteilen Planned Parenthood/Casey und Whole Woman Health/Hellerstedt bekräftigt wurde und womit in den USA das verfassungsmäßige Recht für Schwangere eingeführt wird, vor dem Zeitpunkt, zu dem der Fötus allein lebensfähig ist, zu entscheiden, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen wollen;

–  unter Hinweis auf das Gesetz Nr. 8 des texanischen Senats (SB8) aus dem Jahr 2021 mit dem Titel „Relating to abortion, including abortions after detection of an unborn child’s heartbeat; authorizing a private civil right of action“ (Abtreibung, einschließlich Abtreibungen nach Feststellung des Herzschlags des ungeborenen Kindes, Gewährung eines privaten zivilrechtlichen Klagerechts),

–  unter Hinweis auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten vom 1. September 2021, mit dem die Blockierung des texanischen Gesetzes SB8 abgelehnt wurde,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Bundesstaat Texas am 1. September 2021 das Gesetz SB8 erlassen hat, wonach Frauen keinen Zugang zu Abtreibungsleistungen erhalten dürfen, sobald der Herzschlag des Fötus feststellbar ist, also schon sechs Wochen nach dem letzten Menstruationszyklus, wobei zwei separate Ultraschallscans erforderlich sind, bevor der Eingriff durchgeführt werden darf; in der Erwägung, dass selbst dann, wenn die Schwangerschaft auf Vergewaltigung oder Inzest zurückzuführen ist oder wenn gesundheitliche Probleme des Fötus bestehen, die ein dauerhaftes Überleben nach der Geburt unmöglich machen, keine Ausnahme gilt; in der Erwägung, dass mit dem Gesetz SB8 ein nahezu vollständiges Abtreibungsverbot verhängt wird;

B.  in der Erwägung, dass sowohl die USA als auch die EU den Grundsatz achten müssen, wonach die Menschenrechte unveräußerlich sind und allen Menschen zustehen;

C.  in der Erwägung, dass der grundlegende Charakter der transatlantischen Partnerschaft auf unseren gemeinsamen Werten, einschließlich der Achtung der Menschenrechte, fußt;

D.  in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter, die Stärkung der Rolle aller Frauen und Mädchen, die Gewährleistung eines gesunden Lebens, die Beseitigung der Armut überall und die Förderung des Wohlergehens für alle Menschen aller Altersgruppen grundlegende Ziele sind, die in den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) Nr. 1, 3 und 5 festgelegt sind; in der Erwägung, dass sich alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen dazu verpflichtet haben, die Ziele zu achten und zu fördern, die in den SDG festgelegt sind, einschließlich der Ziele 3.7 und 5.6 im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte;

E.  in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte auf den grundlegenden Menschenrechten beruhen und durch internationale und europäische Menschenrechtsnormen, wie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und die Europäische Menschenrechtskonvention geschützt sind und ein wesentliches Element einer umfassenden Gesundheitsversorgung darstellen;

F.  in der Erwägung, dass der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau und der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen im August 2018 eine gemeinsame Erklärung abgegeben haben, in der sie betonen, dass der Zugang zu Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen sowie zu den damit verbundenen Diensten und Informationen ein wesentlicher Aspekt der reproduktiven Gesundheit von Frauen ist, und in der sie die Länder nachdrücklich auffordern, Beschränkungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen und Mädchen ein Ende zu setzen, da durch diese Beschränkungen ihre Gesundheit und ihr Leben gefährdet werden; in der Erwägung, dass der Zugang zu Abtreibung ein Menschenrecht ist, wohingegen die Verzögerung oder Verweigerung einer Abtreibung eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt ist und Folter und/oder grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkommen kann; in der Erwägung, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte Ziele im Rahmen des SDG 3 und des SDG 5 der Vereinten Nationen sind, und in der Erwägung, dass die Beseitigung geschlechtsbezogener Gewalt und aller schädlichen Praktiken gegen Frauen ein Ziel im Rahmen des SDG 5 ist;

G.  in der Erwägung, dass der Zugang zu umfassender Sexualerziehung und sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte, einschließlich Familienplanung, Verhütungsmethoden und sicherer und legaler Abtreibung, sowie die Autonomie und Fähigkeit jeder Person, freie und unabhängige Entscheidungen über ihren Körper und ihr Leben zu treffen, eine Voraussetzung für ihre Unabhängigkeit sind und daher für die Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens, einschließlich der Teilhabe am Arbeitsmarkt und in der Politik, sowie für die Beseitigung geschlechtsbezogener Gewalt von wesentlicher Bedeutung sind; in der Erwägung, dass der Grundsatz gilt, dass es ihr Körper und somit ihre Entscheidung ist;

H.  in der Erwägung, dass die Einbeziehung von Männern und Jungen in die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sowohl ein Ziel an sich ist als auch eine Voraussetzung dafür, dass eine nachhaltige Gleichstellung erreicht werden kann;

I.  in der Erwägung, dass die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte ein wesentliches Element der Menschenwürde darstellt sowie untrennbar mit der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt verbunden ist; in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter ist, dass Frauen und Mädchen an der Ausarbeitung von Gesetzen und politischen Maßnahmen, die sie und ihre Menschenrechte betreffen, einschließlich in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sowie Schwangerschaftsabbrüche, beteiligt werden, und dass dafür gesorgt ist, dass sie Zugang zu Gerichten und Rechtsbehelfen haben, wenn ihre Rechte verletzt werden;

J.  in der Erwägung, dass dem Recht auf Achtung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit des Menschen in der Charta eine zentrale Bedeutung zukommt;

K.  in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof in der wegweisenden Rechtssache Roe/Wade die Abtreibung in den USA legalisiert hat, womit Schwangeren gemäß der US-Verfassung das Recht zugesprochen wurde, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Fötus allein lebensfähig ist, darüber zu entscheiden, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen wollen; in der Erwägung, dass dies in den Urteilen Planned Parenthood/Casey und Whole Woman Health/Hellerstedt zusätzlich bekräftigt wurde;

L.  in der Erwägung, dass 12 weitere US-Bundesstaaten ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen bereits in frühen Stadien der Schwangerschaft erlassen haben, das Inkrafttreten aller Verbote jedoch verhindert wurde, da sie von den Bundesgerichten für verfassungswidrig erklärt wurden;

M.  in der Erwägung, dass das Gesetz SB8 Abtreibungen etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet; in der Erwägung, dass sich vor dem Erlass des Gesetzes etwa 85 bis 90 % der Frauen, die in Texas eine Abtreibung vornehmen ließen, mindestens in der sechsten Schwangerschaftswoche befanden, sodass das Gesetz zur faktischen Beendigung von Abtreibungsdiensten in dem Bundesstaat führen wird;

N.  in der Erwägung, dass das SB8 darauf ausgelegt ist, Regierungsbeamte von der Aufgabe zu befreien, das Recht durchzusetzen, und dass es stattdessen Privatpersonen finanzielle Anreize dafür bietet, zivilrechtlich gegen Personen vorzugehen, die Abtreibungen durchführen oder jemanden dabei unterstützen, einen solchen Dienst in dem Bundesstaat in Anspruch zu nehmen, was höchstwahrscheinlich zu der legalen Belästigung von Gesundheitsdienstleistern, Frauen, die Abtreibungen benötigen, und allen, die sie dabei unterstützen, einschließlich ihrer Angehörigen, führen wird; in der Erwägung, dass das SB8 in jedem Fall eine abschreckende Wirkung auf Gesundheitsdienstleister haben wird;

O.  in der Erwägung, dass der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau festgestellt hat, dass die Kriminalisierung von Abtreibung keine abschreckende Wirkung hat; in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe zur Diskriminierung von Frauen und Mädchen festgestellt hat, dass bei der gesetzlichen Beschränkung von Abtreibungen der sichere Schwangerschaftsabbruch zu einem Privileg sozioökonomisch begünstigter Frauen wird, während Frauen mit begrenzten Ressourcen gezwungen sind, unsichere und geheime Möglichkeiten der Abtreibung in Anspruch zu nehmen, wodurch ihr Leben und ihre Gesundheit gefährdet werden; in der Erwägung, dass – wie es bereits bei anderen Abtreibungsbeschränkungen der Fall war – Menschen, die bereits Opfer von Diskriminierung oder Hindernissen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung sind, unverhältnismäßig stark von dem Gesetz betroffen sein werden, darunter aufgrund von Rassismus benachteiligte Menschen, ethnische Minderheiten, Frauen ohne Ausweispapiere und Menschen mit niedrigem Einkommen oder Menschen in ländlichen Gebieten, die nicht über die Möglichkeit verfügen, längere Fahrten auf sich zu nehmen, um diese Dienste in Anspruch zu nehmen;

P.  in der Erwägung, dass es zu einer erhöhten Muttersterblichkeit führt, Abtreibungen zu verbieten und Frauen dadurch zu zwingen, unsichere Abtreibungen in Anspruch zu nehmen, und dass diese Todesfälle absolut vermeidbar sind;

Q.  in der Erwägung, dass Texas in den letzten zehn Jahren bereits 26 Einschränkungen des Abtreibungsrechts erlassen hat, darunter das diesjährige Verbot der Abtreibung nach sechs Wochen und ein Abtreibungsverbot, das in Kraft treten würde, falls das Urteil in der Rechtssache Roe/Wade aufgehoben wird; in der Erwägung, dass die Zahl der Abtreibungskliniken in diesem Zeitraum von 46 im Jahr 2011 auf nur 21 Kliniken im Jahr 2017 gesunken ist; in der Erwägung, dass dies bedeutet, dass Frauen keinen Zugang zu der von ihnen benötigten Versorgung haben;

R.  in der Erwägung, dass es in Texas und anderen Regionen der Vereinigten Staaten bereits schwierig war, Zugang zu Abtreibungen zu erhalten, und dass diejenigen, die mit Hindernissen beim Zugang zu medizinischer Versorgung konfrontiert sind, darunter marginalisierte und schutzbedürftige Gruppen, vor allem Menschen mit niedrigerem Einkommen, diejenigen sind, die die Auswirkungen eines Verbots wie des Gesetzes SB8 am stärksten spüren;

S.  in der Erwägung, dass Patienten, da Abtreibungen in Texas praktisch verboten sind, sich an Krankenhäuser für reproduktive Gesundheit in Nachbarstaaten wenden, wodurch die fragile Infrastruktur für Abtreibungen in der Region überfordert wird; in der Erwägung, dass im Bundesstaat Texas jährlich mehr als 56 000 Abtreibungen durchgeführt werden; in der Erwägung, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass die benachbarten Staaten in der Lage wären, ab der Einführung des SB8 alle Patienten aufzunehmen, die normalerweise Abtreibungen durchführen lassen würden;

T.  in der Erwägung, dass bei jungen Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt weltweit die häufigste Todesursache sind; in der Erwägung, dass der Ausschuss für die Rechte des Kindes Länder dringend auffordert, Abtreibungen zu entkriminalisieren und dafür zu sorgen, dass Mädchen Zugang zu sicheren Abtreibungsdiensten haben; in der Erwägung, dass Schwangerschaften im Teenageralter den Kreislauf der Armut verschärfen; in der Erwägung, dass Texas der Bundesstaat mit der siebthöchsten Geburtenrate unter Teenagern in den USA und der Staat mit der höchsten Rate an mehrfachen Geburten unter Teenagern ist; In der Erwägung, dass die Schwangerschaftsrate unter hispano- und afroamerikanischen Teenagern sowie Mädchen mit niedrigem Bildungsabschluss und Mädchen, die in ländlichen Gebieten, in Pflegeeinrichtungen und in Armut leben, besonders hoch ist; in der Erwägung, dass Mütter im Teenageralter mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit ihre Schulbildung abbrechen und arbeitslos werden; in der Erwägung, dass 65 % der Kinder von jungen Eltern in Texas in Armut leben und dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit einen schlechten Gesundheitszustand und ein geringes Bildungsniveau aufweisen;

U.  in der Erwägung, dass SB8 eine der strengsten Abtreibungsmaßnahmen in den USA ist und dadurch Abtreibungen in dem Bundestaat verboten werden, nachdem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, wobei Ausnahmen nur bei medizinischen Notfällen vorgesehen sind, nicht jedoch bei Vergewaltigung, Inzest oder gesundheitlichen Problemen des Fötus, die ein dauerhaftes Überleben nach der Geburt unmöglich machen; in der Erwägung, dass es sich dabei um eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt handelt, die Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen kann;

V.  in der Erwägung, dass das Center for Reproductive Rights und seine Partner am 30. August 2021 beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten einen Eilantrag gestellt haben, um das Inkrafttreten des Gesetzes in Texas zu blockieren;

W.  in der Erwägung, dass die Gesetzesvorlage von mehr als 300 texanischen Anwälten abgelehnt wurde, die erklärt haben, dass sie seit langem bestehende Regeln und Grundsätze des Rechtssystems untergräbt; in der Erwägung, dass mehr als 200 Ärzte in Texas ihre tiefe Besorgnis über ihre Fähigkeit zur Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zum Ausdruck gebracht haben und davor gewarnt haben, dass die Gesetzesvorlage eine „abschreckende Wirkung“ hervorrufen würde, die Ärzte in mehr als 30 Fachgebieten, darunter Primärversorgung, Notfallmedizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe und innere Medizin, daran hindern würde, Patienten Informationen über alle Schwangerschaftsoptionen zur Verfügung zu stellen, weil sie schikanöse Gerichtsverfahren zu befürchten hätten;

X.  in der Erwägung, dass Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen die Annahme des SB8 als alarmierend eingestuft haben und den Schaden, den dieses Verbot für schwangere Frauen in Texas und insbesondere Frauen aus marginalisierten Gemeinschaften, Frauen mit niedrigem Einkommen, Frauen in ländlichen Gebieten und Frauen aus rassischen und ethnischen Minderheiten sowie Migrantinnen, die unverhältnismäßig stark von diesem Verbot betroffen sein werden, verursachen wird, angeprangert haben und die Regierung der Vereinigten Staaten aufgefordert haben, Rückschritte beim Zugang zu Abtreibungen zu verhindern und stattdessen positive Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen zu gewährleisten;

Y.  in der Erwägung, dass sich der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten mit fünf gegen vier Stimmen gegen eine Blockade des texanischen Gesetzes entschieden hat und festgestellt hat, dass die Anfechter auf die „komplexen und neuartigen verfahrenstechnischen Fragen“ nicht ausreichend eingegangen sind;

Z.  in der Erwägung, dass das Justizministerium der Vereinigten Staaten am 9. September 2021 Klage gegen Texas erhoben hat, in der es geltend gemacht hat, dass das Verbot gegen das verfassungsmäßige Recht einer Person auf Abtreibung vor Lebensfähigkeit verstoße, und in der Erwägung, dass der Federal District Court für den 1. Oktober 2021 eine Verhandlung über eine einstweilige Verfügung anberaumt hat;

AA.  in der Erwägung, dass Präsident Biden erklärt hat, dass es sich bei dem Gesetz um einen „beispiellosen Angriff auf die verfassungsmäßigen Rechte von Frauen“ handelt, wobei er eine „regierungsweite Anstrengung“ zugesagt hat, um das Gesetz aufzuheben, und gefordert hat, dass „Frauen in Texas Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen haben“, und in seiner Erklärung bekräftigt hat, dass die Regierung Biden-Harris stets dafür kämpfen wird, den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu schützen und das Recht einer Frau, Entscheidungen über ihren Körper zu treffen und über ihre Zukunft zu bestimmen, zu verteidigen;

AB.  in der Erwägung, dass im Bericht des Guttmacher-Instituts vom September 2019 mit dem Titel „Abortion Incidence and Service Availability in the United States, 2017“ (Häufigkeit von Abtreibungen und Verfügbarkeit von Abtreibungsdiensten in den Vereinigten Staaten, 2017) auf einen besorgniserregenden Aufwärtstrend bei potenziell gefährlichen nichtmedizinischen Versuchen, selbst eine Abtreibung herbeizuführen, in US-Bundesstaaten mit beschränktem Zugang zur reproduktiven Gesundheitsversorgung hingewiesen wird;

1.  schließt sich der entschiedenen Verurteilung der Annahme von SB8 durch die texanische Legislative, die de facto einem vollständigen Verbot von Abtreibungen gleichkommt, wobei keine Ausnahmen für Vergewaltigung, Inzest oder gesundheitliche Probleme des Fötus, die ein dauerhaftes Überleben nach der Geburt unmöglich machen, vorgesehen sind, als starker Angriff auf die Freiheit und die sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte von Frauen, die grundlegende Menschenrechte darstellen, und als Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte von Frauen in den USA an; ist zutiefst besorgt darüber, wie sehr dieses Verbot zu dem Trauma beitragen wird, das Opfer von Vergewaltigung und Inzest durchmachen;

2.  fordert die Regierung des Bundesstaates Texas auf, SB8 rasch aufzuheben, für sichere, legale, kostenlose und hochwertige Abtreibungsdienste im Staat zu sorgen und diese Dienste für alle Frauen und Mädchen leicht zugänglich zu machen;

3.  bekundet seine entschiedene Solidarität mit und Unterstützung für die Frauen in Texas und diejenigen, die an der Bereitstellung von und dem Einsatz für die Gesundheitsversorgung im Zusammenhang mit Abtreibungen unter solchen schwierigen Umständen beteiligt sind;

4.  begrüßt die Bemühungen von Präsident Joe Biden, den Rat und das Büro des Beraters des Weißen Hauses anzuweisen, eine umfassende Regierungsanstrengung einzuleiten, um auf die Entscheidung zu reagieren, damit Frauen in Texas Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen haben, wie sie von Roe gegen Wade geschützt werden; begrüßt es, dass die Regierung von Präsident Joe Biden am Freitag, dem 1. Oktober 2021, einen Richter nachdrücklich aufgefordert hat, das von Texas verhängte Abtreibungsverbot zu blockieren;

5.  bekundet seine uneingeschränkte Unterstützung für und Solidarität mit medizinischen Fachkräften und denjenigen, die rechtliche Schritte gegen SB8 unternehmen, in der Hoffnung, dass ihre Arbeit dazu führen wird, dass das Recht der Frauen in Texas auf reproduktive Gesundheitsversorgung wiederhergestellt wird; erkennt die Rolle von nichtstaatlichen Organisationen als Dienstleister und auch als Verfechter der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in den USA an und bestärkt sie darin, ihre Arbeit als Verfechter dieser Grundrechte fortzusetzen; bekräftigt, dass diese nichtstaatlichen Organisationen für ihre Tätigkeit angemessene Finanzmittel benötigen;

6.  hebt hervor, dass die Sachverständigen der Vereinten Nationen am 14. September 2021 betont haben, dass „die Menschenrechte von Frauen Grundrechte sind, die kulturellen, religiösen oder politischen Erwägungen nicht untergeordnet werden können“, und dass „der Einfluss ideologisch und religiös motivierter Einmischung in Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheit für die Gesundheit und das Wohlergehen von Frauen und Mädchen besonders schädlich ist“;

7.  bedauert zutiefst, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten es in einer sehr knappen Mehrheitsentscheidung (vier zu fünf) abgelehnt hat, die Einführung des beispiellosen SB8 zu blockieren; weist darauf hin, dass dieser Beschluss nicht bedeutet, dass das Gesetz als verfassungsmäßig angesehen wird;

8.  fordert Präsident Joe Biden auf, seine Bemühungen fortzusetzen, um den Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen sicherzustellen; fordert, dass weitere Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass Abtreibung und Empfängnisverhütung in die Bereitstellung umfassender Informationen und Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte integriert werden und dass sie allgemein zugänglich sind, und um den fortgesetzten Zugang in Krisensituationen wie der COVID-19-Pandemie sicherzustellen;

9.  fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, Abtreibung vollständig zu entkriminalisieren, was nicht nur erfordert, dass der Bestrafung von schwangeren Frauen und Mädchen, von Gesundheitsdienstleistern und von anderen Personen für den Zugang zu und die Unterstützung oder Bereitstellung von Abtreibungsdiensten ein Ende gesetzt wird, sondern auch, dass Abtreibungen aus Strafgesetzen gestrichen und alle anderen auf Strafe ausgerichteten Gesetze, Strategien und Praktiken abgeschafft werden;

10.  fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, einen föderalen Rechtsschutz für den universellen Zugang zu Abtreibungen einzuführen; betont, dass die Gesundheit ein Menschenrecht ist und dass der Staat verpflichtet ist, allen zugängliche Gesundheitsversorgung bereitzustellen;

11.  fordert den Kongress der Vereinigten Staaten auf, mit dem Gesetz zum Schutz der Gesundheit von Frauen (Women’s Health Protection Act, WHPA), das kürzlich in einer historischen Abstimmung vom Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten verabschiedet wurde und mit dem verhindert wird, dass auf staatlicher Ebene Abtreibungsverbote und -beschränkungen verhängt werden, föderalen Rechtsschutz für den Zugang zu Abtreibungen zu gewähren;

12.  betont, dass äußerst restriktive Gesetze zum Verbot von Abtreibungen nicht den Bedarf an Abtreibungen verringern, sondern zur Folge haben, dass Frauen heimlich abtreiben, für Abtreibungen verreisen oder ihre Schwangerschaft gegen ihren Willen zu Ende führen, was eine Verletzung der Menschenrechte und eine Form geschlechtsbezogener Gewalt darstellt, die die Rechte von Frauen und Mädchen auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und Gesundheit beeinträchtigt;

13.  betont, dass die Zahl ungewollter Schwangerschaften nur durch Bildung, Informationen und einen allgemeinen Zugang zu Verhütung, die Beseitigung sexueller Gewalt und eine gemeinsame Verantwortung für die Verhütung verringert werden kann; betont, dass einem allgemeinen Zugang zu altersgerechter und nachweisgestützter umfassender Sexualerziehung, zu einer Reihe hochwertiger und allgemein zugänglicher moderner Verhütungsmethoden und Verhütungsmittel, zu Familienplanungsberatung und zu Informationen über Verhütung sowie der Sicherstellung von sicheren und legalen Versorgungsleistungen bei Abtreibungen Vorrang eingeräumt werden sollte;

14.  ist zutiefst besorgt über die unverhältnismäßigen Auswirkungen dieses Gesetzes auf Personen, die sich in einer schwierigen sozioökonomischen Lage befinden, in ländlichen Gebieten leben oder aufgrund von Rassismus benachteiligt werden, LGBTIQ+-Personen und Personen, die zahlreichen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung ausgesetzt sind, insbesondere schutzbedürftige Gruppen von Frauen, die es sich aufgrund finanzieller oder logistischer Hürden nicht leisten können, in Krankenhäuser für reproduktive Gesundheit in Nachbarstaaten zu reisen, wodurch ein größeres Risiko besteht, dass sie sich unsicheren und lebensbedrohlichen Verfahren unterziehen oder gezwungen sind, ihre Schwangerschaft gegen ihren Willen zu Ende zu führen;

15.  stellt nachdrücklich den moralischen Kontext infrage und ist ferner besorgt über die Ausgestaltung dieses Gesetzes, das jedem Privatbürger die Möglichkeit und finanzielle Anreize bietet, Personen, die Frauen möglicherweise zu einer Abtreibung verholfen haben, etwa Anbieter von Abtreibungsdiensten oder Befürworter von Versorgungsleistungen bei Abtreibungen, zu verklagen, womit Abtreibungsgegnern Tür und Tor geöffnet wird für Belästigung und schikanöse Verfahren und die Grundlage für Hexenjagden im 21. Jahrhundert geschaffen wird;

16.  fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, jedem auf Belohnungen beruhenden System der staatlichen oder individuellen Durchsetzung von Abtreibungsverboten, mit denen ein Klima der Angst und Einschüchterung geschaffen wird, ein Ende zu setzen;

17.  ist zutiefst besorgt über die Auswirkungen des Gesetzes von Texas auf andere US-Bundesstaaten, die angeregt durch die Untätigkeit des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten versuchen werden, im ganzen Land Abtreibungsverbote zu verhängen, wie es bereits in Florida zu beobachten ist;

18.  stellt fest, dass dieses Gesetz, das eine der 26 Abtreibungsbeschränkungen ist, die in den letzten zehn Jahren bereits in Texas erlassen wurden, einen weiteren Versuch darstellt, die Rechte von Frauen und ihre reproduktive Freiheit sowie ihr Recht auf Gesundheitsversorgung zu untergraben, und dass weder die verfassungsmäßigen Rechte von Frauen noch der Wille der Bevölkerung berücksichtigt werden;

19.  ist besorgt darüber, dass dieses Gesetz nicht nur dazu führt, dass Abtreibungen faktisch verboten werden, sondern auch auf eklatante Weise und unter vollständiger Missachtung der internationalen Menschenrechtsnormen, einschließlich des Grundsatzes des Rückschrittsverbots, die Menschenrechte von Frauen verletzt und dass es den Zugang zu Gesundheitsversorgung einschränkt, indem die Zahl der Versorgungseinrichtungen, in denen Frauen behandelt werden, verringert wird, was zu einem Gefälle bei der Versorgung von Frauen führt und deren Leben zusätzlich gefährdet;

20.  verurteilt aufs Schärfste die Rückschritte bei den Frauenrechten und der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten in den Vereinigten Staaten und weltweit und fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), die Kommission und alle EU-Mitgliedstaaten auf, alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um ihre Gegenmaßnahmen zu verstärken; weist darauf hin, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte grundlegende Menschenrechte sind, die gestärkt werden sollten und in keiner Weise geschwächt oder entzogen werden dürfen;

21.  hebt hervor, dass im Einklang mit der Aktionsplattform von Peking und dem Aktionsprogramm der ICPD das Recht aller Menschen auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung geschützt werden muss und dass der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, mit denen dieses Recht zur Geltung gebracht wird, sichergestellt werden muss; fordert ein umfassendes Konzept für das grundlegende Paket für sexuelle und reproduktive Gesundheit, einschließlich Maßnahmen zur Prävention und Vermeidung unsicherer Abtreibungen, sowie die Bereitstellung von Betreuung nach einer Abtreibung, die in die nationalen Strategien, die Politik und die Programme der universellen Gesundheitsversorgung aufgenommen werden müssen;

22.  ist besorgt über die bevorstehende Prüfung der Rechtssache Roe/Wade durch den Obersten Gerichtshof und darüber, dass dieses bahnbrechende Urteil, mit dem die Rechte der Frauen sichergestellt werden, in naher Zukunft aufgehoben werden könnte; befürchtet, dass dies schwerwiegende und weitreichende Auswirkungen auf den Zugang zu Gesundheitsversorgung und die Entscheidungsfreiheit von Frauen in anderen Bundesstaaten hätte, da weitere elf Bundesstaaten über sogenannte Auslösegesetze zum Verbot des derzeit geltenden Rechts auf Abtreibung verfügen, die automatisch in Kraft treten, wenn das Urteil in der Rechtssache Roe/Wade aufgehoben wird;

23.  begrüßt, dass die Regierung unter Joe Biden die gegen Abtreibungen gerichtete „Global Gag Rule“ aufgehoben hat und beabsichtigt, die Mittel der Vereinigten Staaten für den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), die Agentur der Vereinten Nationen für sexuelle und reproduktive Gesundheit, wieder einzusetzen; fordert nachdrücklich, dass die Wiedereinsetzung der Mittel unverzüglich in Kraft tritt;

24.  weist darauf hin, dass eine der fünf Säulen des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III) des EAD darin besteht, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu fördern; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Menschenrechtsklauseln, einschließlich des Rechts auf kostenlose und sichere Abtreibungen, geachtet und in allen internationalen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten gefördert werden;

25.  fordert die Delegation der EU in den Vereinigten Staaten auf, die Lage in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in Texas und anderen Bundesstaaten zu überwachen und der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Vereinigten Staaten und bei der Umsetzung des GAP III vor Ort Vorrang einzuräumen;

26.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, Organisationen der Zivilgesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in dem Land schützen und fördern, als Ausdruck ihres universellen Einsatzes für diese Rechte jede mögliche Unterstützung, einschließlich finanzieller Unterstützung, anzubieten; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, allen medizinischen Fachkräften, die aufgrund ihrer rechtmäßigen Arbeit möglicherweise von rechtlichen oder sonstigen Formen der Belästigung bedroht sind, Zuflucht zu bieten; weist darauf hin, dass ein vollständiges Verbot von Abtreibungen oder die Verweigerung von Versorgungsleistungen bei Abtreibungen eine Form geschlechtsbezogener Gewalt darstellen;

27.  fordert den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, diese Verletzung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen in seinem Austausch mit Beamten der Vereinigten Staaten anzuprangern;

28.  fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, diese Verletzung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen und ihres Rechts auf Gesundheitsversorgung in seinem Austausch mit Beamten der Vereinigten Staaten zu verurteilen und anzuprangern;

29.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und seiner Regierung, dem Kongress der Vereinigten Staaten sowie dem Gouverneur und der Legislative des Bundesstaats Texas zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0314.


Die Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung
PDF 163kWORD 55k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung (2021/2881(RSP))
P9_TA(2021)0420RC-B9-0482/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Mai 2021 und 25. Juni 2021 zu Belarus,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 21. Juni 2021 zu Belarus,

–  unter Hinweis auf die Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2021,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) Josep Borrell vom 26. März 2021 zu der Unterstützung der EU für die Internationale Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und vom 15. Juli 2021 zum harten Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft in Belarus sowie auf seine Erklärungen im Namen der EU vom 30. Juli 2021 zur Instrumentalisierung von Migranten und Flüchtlingen durch das Regime und vom 8. August 2021 zu der gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 in Belarus,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 6. Juli 2021 zur Verurteilung von Wiktar Babaryka und zu anderen politischen Prozessen, vom 7. Juli 2021 zur Einschränkung der diplomatischen Präsenz Litauens, vom 30. August 2021 zu den Repressionen gegen Journalisten und Medien und vom 6. September 2021 zur Verurteilung von Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,

–  unter Hinweis auf die Charta von Paris für ein neues Europa der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE),

–  unter Hinweis auf den am 5. Juli 2021 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen abgegebenen Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Lage der Menschenrechte in Belarus, Anaïs Marin,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 über die Lage der Menschenrechte in Belarus,

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 16. September 2021 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Ausrichtung der politischen Beziehungen zwischen der EU und Russland(1),

–  unter Hinweis auf die Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments für geistige Freiheit im Jahre 2020 an die demokratische Opposition in Belarus,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane mehr als ein Jahr nach der sogenannten Wahl vom 9. August 2020 die Unterdrückung des eigenen Volks fortsetzen, wobei viele Bürger schikaniert, festgenommen, gefoltert und verurteilt wurden, weil sie ihre Ablehnung gegenüber dem Regime oder den in Belarus weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck gebracht haben; in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht anerkannt haben;

B.  in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge fast 40 000 Belarussen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegen Protesten gegen das Regime festgenommen wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger Hunderte von Fällen von Folter und Misshandlung dokumentiert haben und dass mehrere Menschen immer noch vermisst werden und weitere Personen inzwischen tot aufgefunden wurden; in der Erwägung, dass unmenschliche Behandlung, Folter und vorsätzliche Verweigerung medizinischer Versorgung in belarussischen Haftanstalten und Gefängnissen nach wie vor an der Tagesordnung sind und dort mehrere Demonstranten zu Tode kamen; in der Erwägung, dass mehrere Fälle von Selbstmordversuchen vor Gericht und in Gefängnissen dokumentiert wurden; in der Erwägung, dass die gesamte Justiz des Landes offenbar zu einem Handlanger des Regimes geworden ist und zur Sicherung seines Überlebens eingesetzt wird; in der Erwägung, dass es in Belarus mehr als 720 politische Gefangene gibt und über 4 600 Strafverfahren gegen belarussische Bürger anhängig sind, wohingegen kein einziges Verfahren gegen die Personen eingeleitet wurde, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich sind oder daran eine Mitschuld tragen; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker, die Zivilgesellschaft, unabhängige Journalisten und weitere Aktivisten systematisch mit gewaltsamer Unterdrückung konfrontiert sind; in der Erwägung, dass sich Tausende von Belarussen gezwungen sahen oder anderweitig genötigt wurden, ihr Heimatland zu verlassen und Zuflucht im Ausland zu suchen;

C.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten, insbesondere Polen und Litauen, Tausenden von Asylsuchenden, die vor der Verfolgung durch Lukaschenka wegen ihrer demokratischen Bestrebungen geflohen sind, Unterkünfte, medizinische Behandlungen und Stipendien zur Verfügung gestellt haben;

D.  in der Erwägung, dass das belarussische Regime eine Unterdrückungskampagne gegen die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger führt, mit der alle verbliebenen unabhängigen Stimmen in Belarus zum Schweigen gebracht werden sollen; in der Erwägung, dass fast 250 Organisationen der Zivilgesellschaft aufgelöst wurden oder das Verfahren zu deren Auflösung noch im Gange ist, etwa das Menschenrechtszentrum Wjasna, gegen das in bislang ungekanntem Ausmaß brutal vorgegangen wird, indem die Führung, die Angestellten und Freiwillige festgenommen und vor Gericht gestellt werden, darunter Ales Bjaljazki, der Vorsitzende von Wjasna, Waljanzin Stefanowitsch, Mitglied des Vorstands von Wjasna und Vizepräsident des Internationalen Menschenrechtsverbands, Marfa Rabkowa, Koordinatorin des Freiwilligennetzes von Wjasna, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und weitere Angestellte und Freiwillige von Wjasna;

E.  in der Erwägung, dass die belarussischen Gerichte über 120 ungerechte und willkürliche Urteile in politisch motivierten Gerichtsverfahren gesprochen haben, die häufig hinter verschlossenen Türen abgehalten wurden und nicht ordnungsgemäß abliefen; in der Erwägung, dass der belarussische Oppositionspolitiker Wiktar Babaryka zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde und die führenden belarussischen Oppositionellen und politischen Gefangenen Maryja Kalesnikawa, Preisträgerin des Sacharow-Preises für geistige Freiheit und Trägerin des Internationalen Preises für Frauen mit Mut (International Women of Courage Award), und Maksim Snak, ein bekannter Anwalt, wegen mutmaßlicher Orchestrierung eines Staatsstreichs zu 11 bzw. 10 Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass fast 500 Journalisten festgenommen wurden und die belarussischen Staatsorgane ihr hartes Vorgehen und ihre Schikanen gegen unabhängige belarussische Journalisten fortsetzen und vorsätzlich versuchen, objektive Berichterstattung zu behindern; in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 27. August 2021 die Auflösung des belarussischen Journalistenverbands, der größten unabhängigen Journalistenorganisation des Landes, die 2004 mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet wurde, angeordnet hat; in der Erwägung, dass zwei Journalistinnen von Belsat, Kazjaryna Andrejewa und Darja Tschulzowa, nach wie vor ihre Haftstrafen in einer Strafkolonie in Belarus verbüßen;

F.  in der Erwägung, dass sich der Druck auf die belarussischen Gewerkschaften in den vergangenen Wochen dramatisch erhöht hat, wobei die Anführer und Mitglieder der Unabhängigen Gewerkschaft von Belarus (BITU) und des belarussischen Kongresses der demokratischen Gewerkschaften (BKDP) festgenommen, mit Geldstrafen belegt und vom KDB/KGB ausspioniert wurden; in der Erwägung, dass Belarus im Global Rights Index des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) im Jahr 2021 als eines der Länder ausgewiesen ist, in denen Arbeitnehmer besonders schlecht behandelt werden;

G.  in der Erwägung, dass Aljaksandr Lukaschenka nach wie vor eine Kampagne gegen die polnische Minderheit führt, wobei Andżelika Borys und Andrzej Poczobut, zwei führende Persönlichkeiten der polnischen Gemeinschaft, inhaftiert wurden, gegen polnischsprachige Schulen vorgegangen wird und eine Propagandakampagne auf der Grundlage falscher historischer Narrative läuft;

H.  in der Erwägung, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die belarussischen Staatsorgane die tausenden seit August 2020 bekannt gewordenen Berichte über Polizeibrutalität oder die Tötung von Demonstranten untersuchen; in der Erwägung, dass die weitverbreitete Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen die verzweifelte Lage der belarussischen Bevölkerung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass der belarussischen Bevölkerung ihr Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wird, da das Rechtsstaatsprinzip in dem Land nicht gilt; in der Erwägung, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, das nach wie vor die Todesstrafe vollstreckt;

I.  in der Erwägung, dass am 23. Mai 2021 der Ryanair-Flug FR4978, ein internationaler Passagierflug zwischen zwei Hauptstädten von Mitgliedstaaten der EU (Athen und Vilnius), auf Anweisung von Aljaksandr Lukaschenka unter dem erfundenen Vorwand einer Bombendrohung und unter Verstoß gegen internationale Übereinkommen gewaltsam nach Minsk umgeleitet wurde, wodurch die Sicherheit der über 170 Fluggäste und Besatzungsmitglieder an Bord der Maschine gefährdet wurde; in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane in Minsk den Fluggast Raman Pratassewitsch, einen belarussischen Journalisten und Aktivisten, und seine Begleiterin Sofja Sapega festnahmen;

J.  in der Erwägung, dass Lukaschenka als Vergeltungsmaßnahme gegen die Sanktionen, die die EU wegen der erzwungenen Umleitung des Ryanair-Flugs FR4978 verhängt hatte, öffentlich damit drohte, die EU und insbesondere die an Belarus grenzenden Länder Litauen und Polen mit Migranten und Drogen zu überfluten; in der Erwägung, dass diese Drohung unter Instrumentalisierung von Migranten zu politischen Zwecken in die Tat umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass das Regime von Lukaschenka ein System geschaffen hat, in dessen Rahmen Migranten aus dem Irak, der Türkei und anderen Ländern nach Minsk gebracht werden und belarussische Grenzschutzbeamte dann Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt der Migranten in die Europäische Union leisten; in der Erwägung, dass etwa 4 000 illegale Migranten nach Litauen, über 1 400 nach Polen und rund 400 nach Lettland gelangten; in der Erwägung, dass Litauen, Lettland und Polen an ihrer jeweiligen Grenze zu Belarus den Notstand ausgerufen haben; in der Erwägung, dass die Zahl der irregulär in die EU einreisenden Personen nach wie vor hoch ist und die Versuche, illegal einzureisen, fortgesetzt werden; in der Erwägung, dass das belarussische Regime Migranten gewaltsam auf das Gebiet der EU drängt, Propaganda und Desinformation betreibt und dabei die EU-Mitgliedstaaten beschuldigt, der illegalen Migration nach Belarus Vorschub zu leisten; in der Erwägung, dass Lukaschenka angedeutet hat, Belarus werde seiner Verpflichtung zur Aufnahme zurückkehrender Migranten nicht mehr nachkommen, und dem belarussischen Parlament einen Gesetzentwurf über die entsprechende Aussetzung dieser Verpflichtung vorgelegt hat; in der Erwägung, dass mindestens fünf Migranten an Unterkühlung und Erschöpfung gestorben sind und mehrere Migranten seit Wochen an der EU-Außengrenze zu Belarus gestrandet sind; in der Erwägung, dass Polen den Zugang von Organisationen der Zivilgesellschaft und Medien in das Grenzgebiet, in dem der Notstand ausgerufen wurde, eingeschränkt hat; in der Erwägung, dass die Lage an der Grenze der EU zu Belarus nach wie vor angespannt ist und dass viele unterschiedliche Provokationen vonseiten belarussischer Offiziere und Soldaten zu verzeichnen sind;

K.  in der Erwägung, dass die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union am 15. September 2021 die Instrumentalisierung von Migranten als hybriden Angriff von Belarus mit dem Ziel der Destabilisierung der EU bezeichnete;

L.  in der Erwägung, dass Wital Schyschou, einer der Gründer des Belarussischen Hauses in der Ukraine – einer Gruppe, die Menschen unterstützt, die Belarus verlassen haben –, am 3. August 2021 in einem Park in Kiew erhängt aufgefunden wurde;

M.  in der Erwägung, dass die belarussische Generalstaatsanwaltschaft am 17. September 2021 die Ermittlungen zum Tod von Raman Bandarenka ausgesetzt hat;

N.  in der Erwägung, dass nach dem tödlichen Schusswechsel in Minsk, bei dem unlängst Andrej Selzer und ein Agent des KDB/KGB ums Leben kamen, über hundert Personen, die sich in den sozialen Medien über das Geschehen äußerten, vom Regime festgenommen und dazu gezwungen wurden, Geständnisse abzulegen;

O.  in der Erwägung, dass die belarussische Leichtathletin Kryszina Zimanouskaja, nachdem sie ihre Trainer kritisiert hatte, gezwungen wurde, die Olympischen Spiele von Tokio vorzeitig zu verlassen, am Flughafen Tokio aus Angst um ihre Sicherheit um Schutz der Polizei ersuchte und ein von Polen ausgestelltes humanitäres Visum akzeptierte; in der Erwägung, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) die belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch von den Olympischen Spielen in Tokio ausgeschlossen und eine Untersuchung eingeleitet hat;

P.  in der Erwägung, dass Russland und Belarus im September 2021 in einer bereits angespannten Gesamtlage das gemeinsame Großmanöver „Sapad-2021“ mit 200 000 Militärangehörigen durchführten und damit den Druck auf die Außengrenze der EU weiter erhöhten; in der Erwägung, dass Russland und Belarus ein gemeinsames Ausbildungszentrum für die Luftwaffe und Luftabwehr in Hrodna eingerichtet haben, einer Stadt, die weniger als 15 km von der Grenze zu Polen entfernt ist; in der Erwägung, dass sich Lukaschenka und Wladimir Putin am 9. September 2021 in Moskau getroffen und die Verabschiedung von 28 weiteren Integrationsprogrammen auf wirtschafts- und steuerpolitischer Ebene und die Schaffung eines „gemeinsamen Verteidigungsraums“ angekündigt haben, was einen weiteren Schritt hin zur Zusammenlegung der belarussischen und russischen Streitkräfte und zur möglichen dauerhaften Stationierung russischer Streitkräfte in Belarus darstellt; in der Erwägung, dass Lukaschenka Pläne verkündete, bis 2025 Waffen im Wert von 1 Mrd. USD von Russland zu erwerben, darunter Raketensysteme vom Typ S‑400; in der Erwägung, dass Lukaschenka und Putin am 9. September 2021 zudem übereingekommen sind, einen einheitlichen Öl- und Gasmarkt zu schaffen und die wirtschaftliche Integration zu vertiefen, wodurch sich die Gefahr erhöht, dass Lukaschenka im Gegenzug für mehr Unterstützung aus Russland die Souveränität von Belarus mehr und mehr preisgibt;

Q.  in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 28. Juni 2021 seine Teilnahme an der Initiative der Östlichen Partnerschaft ausgesetzt hat;

R.  in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime im vergangenen Jahr mehrere Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter der EU und ihrer Mitgliedstaaten des Landes verwiesen hat, wodurch noch mehr diplomatische Kommunikationskanäle geschlossen wurden;

S.  in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) beschlossen hat, Belarus im Rahmen einer Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) im Gegenwert von 650 Mrd. USD an alle IWF-Mitglieder Zugang zu neuen Sonderziehungsrechten im Gegenwert von fast 1 Mrd. USD zu gewähren;

T.  in der Erwägung, dass Belarus den kommerziellen Betrieb seines Kernkraftwerks (KKW) in Astrawez aufgenommen hat, ohne dabei auf alle Sicherheitsempfehlungen einzugehen, die in dem Stresstestbericht der EU aus dem Jahr 2018 aufgeführt sind; in der Erwägung, dass die belarussische Seite nicht transparent handelt und keine vertrauenswürdigen Informationen über die Ereignisse am Standort des KKW bereitstellt, woran sich erneut zeigt, dass es nicht sicher ist und eine ernsthafte Bedrohung für die nukleare Sicherheit darstellt;

U.  in der Erwägung, dass der Rat am 21. Juni 2021 das vierte Paket restriktiver Maßnahmen gegen belarussische Privatpersonen und Unternehmen angenommen hat, nachdem der Ryanair-Flug FR4978 rechtswidrig in Minsk zur Landung gezwungen worden war; in der Erwägung, dass der Rat am 4. Juni 2021 beschlossen hat, belarussischen Luftfahrtunternehmen aller Art die Benutzung des Luftraums der EU und den Zugang zu Flughäfen in der EU zu untersagen; in der Erwägung, dass die Europäische Union bislang Sanktionen gegen 166 Personen, darunter Aljaksandr Lukaschenka, und 15 Organisationen sowie gezielte Wirtschaftssanktionen gegen mehrere Zweige der belarussischen Wirtschaft verhängt hat; in der Erwägung, dass die belarussische Wirtschaft im Jahr 2020 einen Rückgang des realen BIP um 0,9 % verzeichnete und dass für 2021 ein weiterer Rückgang des BIP um 2,7 % prognostiziert wird; in der Erwägung, dass China nach wie vor mit Belarus zusammenarbeitet und in Belarus investiert, insbesondere im chinesisch-belarussischen Industriepark „Großer Stein“ (Kitajska-belaruski industryjalny park „Wjaliki kamen“);

1.  zeigt sich weiterhin entschlossen solidarisch mit dem belarussischen Volk und den friedlichen Demonstranten, die sich nach wie vor für ein freies und demokratisches Belarus einsetzen; weist erneut darauf hin, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl von 2020 wegen massiver Wahlfälschungen nicht anerkannt haben und Aljaksandr Lukaschenka nicht als Präsidenten von Belarus anerkennen;

2.  verurteilt unverändert, dass die friedliche Bevölkerung von Belarus unterdrückt, gefoltert und misshandelt wird, die Medien ausgeschaltet und das Internet gesperrt werden sowie Journalisten, Blogger und andere Personen, die sich unabhängig äußern, in Belarus verprügelt, festgenommen und eingeschüchtert werden; fordert nach wie vor, dass alle politischen Gefangenen und willkürlich festgenommenen Personen umgehend und bedingungslos freigelassen und sämtliche Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden, und fordert das sofortige Ende der Gewalt und Unterdrückung;

3.  besteht darauf, dass die Grundfreiheiten und die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und eine funktionierende unabhängige Justiz in Belarus gewahrt werden und dass jegliche Repression, Verfolgung, Misshandlung, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, Verschleppung und Folter eingestellt und die Todesstrafe umgehend und endgültig abgeschafft wird; fordert, dass Frauen und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, darunter Menschen mit Behinderungen und LGBTQI-Personen, nicht länger diskriminiert werden;

4.  missbilligt die politisch motivierten Gerichtsverfahren gegen die führenden Oppositionellen Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak und andere politische Gefangene und Häftlinge und prangert die harten und ungerechten Gerichtsurteile an, die unlängst gegen sie verhängt wurden; bedauert, dass die Gerichtsverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfanden und nicht ordnungsgemäß abliefen und dass Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten an der Teilnahme an den Verhandlungen gehindert wurden;

5.  verurteilt unverändert die Repressalien der Staatsorgane gegen das Menschenrechtszentrum Wjasna und fordert, dass Ales Bjaljazki, Waljanzin Stefanowitsch, Marfa Rabkowa, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und andere Angestellte und Freiwillige von Wjasna umgehend und bedingungslos freigelassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden;

6.  verurteilt die Repressionen und feindseligen Handlungen der Staatsorgane gegen Vertreter der polnischen Minderheit und polnischsprachige Schulen in Belarus; fordert in diesem Zusammenhang, dass Andżelika Borys, der Journalist Andrzej Poczobut und andere politische Gefangene umgehend und bedingungslos freigelassen werden;

7.  verurteilt das Verhalten der belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch bei den Olympischen Spielen in Tokio; weist erneut darauf hin, dass belarussische Sportler wegen ihrer Beteiligung an friedlichen Protesten strafrechtlich verfolgt werden und dass mutmaßlich Verbindungen zwischen dem belarussischen Eishockeyverband und der Ermordung von Raman Bandarenka bestehen; fordert das IOC und andere internationale Sportverbände und ‑föderationen auf, ihre Ethik- und Verhaltenskodizes einzuhalten, wenn sie mit Vertretern von Belarus in Kontakt treten;

8.  bekräftigt seine Forderung an den EAD, die Kommission und die nationalen diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten der EU in Belarus, die Lage der einzelnen politischen Gefangenen in Belarus genau zu beobachten, dem Europäischen Parlament über ihre Beobachtungstätigkeit Bericht zu erstatten, den politischen Gefangenen Unterstützung anzubieten und sich für ihre Freilassung einzusetzen;

9.  fordert, dass die demokratische Opposition von Belarus uneingeschränkt dabei unterstützt wird, eine freie und faire Wahl zu organisieren, die unter internationaler Aufsicht durch das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE steht und von unabhängigen und freien Medien und einer starken Zivilgesellschaft begleitet wird;

10.  betrachtet die Entführung des Ryanair-Fluges FR4978 und dessen erzwungene Landung in Minsk als Akt des Staatsterrorismus und fordert die EU daher auf, im Interesse der Terrorismusbekämpfung restriktive Maßnahmen gegen die hierfür verantwortlichen Personen und Organisationen in Belarus und Russland zu verhängen;

11.  fordert den Europäischen Rat nachdrücklich auf, sich auf seiner nächsten Tagung am 21./22. Oktober 2021 auf einen umfassenden und strategischen Ansatz für Sanktionen gegen das belarussische Regime zu einigen, in dem eine Umstellung von einem durch einzelne Schritte geprägten Ansatz auf einen entschlosseneren Ansatz vollzogen werden sollte, der sich auf den systemischen Charakter der Unterdrückung und der schweren Menschenrechtsverletzungen stützt;

12.  begrüßt den Beschluss des Rates, das vierte Paket restriktiver Maßnahmen anzunehmen, und fordert den Rat nachdrücklich auf, das fünfte Sanktionspaket mit größter Dringlichkeit zu behandeln und sich dabei auf Personen und Organisationen zu konzentrieren, die am harten Vorgehen und der Unterdrückung in Belarus bzw. am Menschenhandel beteiligt sind, und gegen die Umgehung der bereits geltenden Sanktionen vorzugehen;

13.  bedauert, dass sich die verhängten Wirtschaftssanktionen nur teilweise auf das Lukaschenka-Regime ausgewirkt und wichtige Wirtschaftszweige wie die Kaliindustrie und Erdölerzeugnisse nicht wesentlich beeinträchtigt haben; fordert den Rat auf, die gezielten Wirtschaftssanktionen der EU weiter zu verschärfen und dabei den Schwerpunkt auf wichtige belarussische Wirtschaftszweige und staatliche und private Unternehmen zu legen, die das Lukaschenka-Regime unterstützen und finanzieren, weitere Wirtschaftszweige wie Stahl, Holz und Chemie sowie alle verbleibenden staatlichen Banken und wichtigen Unternehmen wie Belaruskali und Beltelecom in das Paket der Wirtschaftssanktionen aufzunehmen und die Einfuhr von Erzeugnissen zu verbieten, die häufig von Häftlingen in Strafkolonien hergestellt werden; begrüßt die zusätzlichen Sanktionen, die die USA, das Vereinigte Königreich und Kanada anlässlich des ersten Jahrestags der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus verhängt haben; fordert deshalb die EU auf, ihre Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Demokratien abzustimmen;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sämtliche Bediensteten des Komitees für Staatssicherheit der Republik Belarus (KDB bzw. KGB) auf dem Boden der Europäischen Union zu unerwünschten Personen zu erklären; bekräftigt, dass die EU den Finanzströmen aus Belarus besondere Aufmerksamkeit widmen sollte, und fordert die Organe der EU auf, dem Parlament über die Vermögenswerte Bericht zu erstatten, die dem inneren Zirkel um Lukaschenka gehören oder mit den korrupten Oligarchen des Lukaschenka-Regimes in Verbindung gebracht werden können; bekräftigt seine Forderung an die EU, diese Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Ländern abzustimmen;

15.  missbilligt die Ausweisung von Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten aus Belarus, insbesondere des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus sowie der Botschafter und von Diplomaten Litauens, Lettlands und Polens; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Botschafter zu Konsultationen aus Minsk zurückzurufen und damit ein politisches Signal an das Lukaschenka-Regime zu senden und belarussischen Diplomaten die Akkreditierung in der EU zu verweigern; unterstreicht, dass Mitglieder des belarussischen Parlaments und belarussische Amtsträger nicht zu internationalen oder bilateralen Veranstaltungen eingeladen werden sollten; fordert den EAD nachdrücklich auf, seine Arbeitsmethoden zu überprüfen und für eine aktive Rolle des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus, der derzeit nach Brüssel zurückgerufen wurde, zu sorgen und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um für ein sicheres Arbeitsumfeld für Diplomaten der EU und das Personal der EU-Delegation in Minsk und insbesondere den Schutz vor Propagandaangriffen des Lukaschenka-Regimes zu sorgen;

16.  verurteilt auf das Schärfste, dass das Lukaschenka-Regime Menschen instrumentalisiert, um unter Verstoß gegen internationale Normen und die bilateralen Verträge, die Belarus mit seinen Nachbarstaaten in der EU geschlossen hat, politische Ziele zu verfolgen; betont, dass die vom belarussischen Staat organisierte Beihilfe zu illegalen Grenzübertritten an der Außengrenze der EU in Verbindung mit einer Desinformationskampagne eine Form der hybriden Kriegsführung ist, mit der die EU eingeschüchtert und destabilisiert werden soll; bekundet seine nachdrückliche Solidarität mit Litauen, Polen und Lettland sowie mit anderen EU-Mitgliedstaaten, gegen die sich das Vorgehen des belarussischen Regimes richtet; bekräftigt, dass die am stärksten betroffenen Länder die Außengrenze der EU unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des Völkerrechts, insbesondere der Genfer Konvention, sowie des EU-Asylrechts, einschließlich der Grundrechtecharta, wirksam schützen müssen;

17.  begrüßt, dass die Mitgliedstaaten, Norwegen und Einrichtungen und sonstige Stellen der EU, insbesondere Europol, Frontex und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, den Mitgliedstaaten Unterstützung leisten, die von der durch das belarussische Regime verursachten Migrationskrise betroffen sind, und fordert sie auf, ihre Unterstützung fortzusetzen, unter anderem durch Bereitstellung weiterer Soforthilfe der EU, und fordert die Mitgliedstaaten, die diese Soforthilfe noch nicht in Anspruch genommen haben, auf, diesen Schritt nachzuholen; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, sich dringend mit der multidimensionalen Krise an der Grenze zu Belarus zu befassen, den Migranten, die im Grenzgebiet zu Belarus festsitzen, zu helfen und ihnen die erforderliche Unterstützung zukommen zu lassen; ist besorgt über den Mangel an Transparenz hinsichtlich der Lage im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus und fordert die staatlichen Stellen Polens nachdrücklich auf, in transparenter Art und Weise sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften, Strategien und Verfahren, die an der Grenze zwischen Polen und Belarus zur Anwendung kommen, mit dem Unionsrecht im Einklang stehen, Organisationen der Zivilgesellschaft und den Medien Zugang zum Grenzgebiet zu gewähren und mit Frontex zusammenzuarbeiten, um die herrschende Krise gemeinsam zu lösen; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und internationale Organisationen auf, ihre Bemühungen um die Zerschlagung der Strukturen dieses staatlich gesteuerten Menschenhandels zu intensivieren, wozu auch gehört, diplomatischen Druck auf die Herkunftsländer der Migranten auszuüben und Sanktionen gegen die am Menschenhandel beteiligten belarussischen Amtsträger, Personen und Organisationen sowie internationale kriminelle Netzwerke, die auf dem Gebiet der EU tätig sind und für die Beförderung der Migranten an ihren Zielort verantwortlich sind, zu verhängen; hebt hervor, dass Belarus kürzlich seine Visaregelungen mit Pakistan, Jordanien, Ägypten und Südafrika ausgesetzt hat, die jeweils die visumfreie Einreise aus diesen Ländern nach Belarus ermöglichten;

18.  fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, in dieser Lage einen gemeinsamen Ansatz zu beschließen, der auf den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des Völkerrechts, den Grundsätzen der Solidarität, Transparenz und Rechenschaftspflicht und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beruht; fordert die Kommission auf, dringend gezielte Legislativvorschläge vorzulegen, mit denen den Mitgliedstaaten die erforderlichen Absicherungen geboten werden, um rasch und wirksam auf zum Zwecke der Instrumentalisierung der Migration betriebene Kampagnen von Drittländern reagieren zu können, indem insbesondere ein starker und wirksamer Schutz der Außengrenze der EU sichergestellt wird, konkrete Maßnahmen zur Verhinderung irregulärer Grenzübertritte ergriffen werden und Möglichkeiten vorgesehen werden, wie dem Missbrauch des Asylsystems durch feindselige Drittländer oder kriminelle Netzwerke Einhalt geboten werden kann;

19.  ist besorgt darüber, dass Menschen an der Grenze zwischen Belarus und der EU gestorben sind, und bekundet den Familien und Angehörigen der Toten sein Beileid; fordert die staatlichen Stellen Polens, Lettlands, Litauens und der anderen betroffenen Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass das Asyl- und Rückführungsrecht der EU und die internationalen Menschenrechtsnormen auch während des Notstands uneingeschränkt geachtet werden, wozu auch der Zugang zu Asyl und der möglichst uneingeschränkte Zugang von Medien, Organisationen der Zivilgesellschaft und legalen Hilfsdiensten zum Grenzgebiet gehören, und die Leitlinien des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Gremien des Europarats zu berücksichtigen; fordert die Kommission als Hüterin der Verträge auf, für die Einhaltung des geltenden Unionsrechts Sorge zu tragen;

20.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit beim Grenzmanagement, bei der Bekämpfung des Menschenhandels, des Zigarettenschmuggels und anderer vom belarussischen Regime verursachter oder verschärfter sicherheitspolitischer Probleme zu verbessern; unterstützt den Vorschlag der Kommission, bestimmte Artikel des Visaerleichterungsabkommens der EU mit der Republik Belarus auszusetzen, mit dem auf bestimmte Kategorien von Amtsträgern des Lukaschenka-Regimes abgezielt wird, aber keine Auswirkungen auf die einfachen Bürger von Belarus einhergehen; fordert, dass die Liste der betroffenen Personen erweitert wird und bereits in Erwägung gezogen wird, Personengruppen aufzunehmen, gegen die im Rahmen künftiger Sanktionspakete individuelle restriktive Maßnahmen verhängt werden könnten;

21.  bedauert, dass der IWF Belarus vorbehaltslos Sonderziehungsrechte im Gegenwert von 910 Mio. USD zugeteilt hat, was nicht der Bevölkerung des Landes zugutekommen, sondern eher den Interessen des illegitimen Staatschefs dienlich sein dürfte; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich mit internationalen Partnern in multilateralen Organisationen wie dem IWF abzustimmen, um die Auszahlung von Mitteln an das Lukaschenka-Regime einzuschränken und jegliche Zusammenarbeit mit ihm einzustellen; nimmt zur Kenntnis, dass undemokratische Länder, insbesondere Russland und China, weiter in Belarus investieren;

22.  bekräftigt, dass es dringend erforderlich ist, Russlands Unterstützung für das brutale Vorgehen Lukaschenkas gegen die Bevölkerung von Belarus sowie die Verstrickung Russlands in die hybriden Maßnahmen des Lukaschenka-Regimes gegen die EU offenzulegen, zu denen auch der Einsatz von Migranten zu politischen Zwecken zählt, und den Kreml für diese Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen;

23.  nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass das Szenario des Militärmanövers „Sapad-2021“ von Aggression geprägt ist und nur geringe Möglichkeiten zu dessen Beobachtung bestehen; bekräftigt, dass in diesem Manöver und anderen ähnlichen Großmanövern die offensive Haltung Russlands und seine Entschlossenheit, seine Fähigkeiten zu feindseligen Zwecken einzusetzen, deutlich zum Ausdruck kommen; bekräftigt seine Forderung nach strategischer Autonomie der EU und einer echten europäischen Verteidigungsunion als Teil einer gestärkten NATO;

24.  verurteilt die ständigen Absprachen zwischen Lukaschenka und Wladimir Putin, in denen Fahrpläne für eine tiefere Integration zwischen Belarus und Russland einschließlich der zunehmenden Militarisierung von Belarus erstellt werden, und betrachtet dies als Verletzung der Souveränität von Belarus, da dem belarussischen Volk das Recht genommen wird, selbst über die Zukunft des Landes zu bestimmen; betont, dass die Herrschaft Lukaschenkas unrechtmäßig ist, und lehnt sämtliche Vereinbarungen ab, die Lukaschenka im Namen des belarussischen Staates, insbesondere nach Ablauf seiner Amtszeit als Präsident am 5. November 2020, getroffen hat; bekräftigt, dass die EU klarstellen muss, dass sie sich gezwungen sieht, zusätzliche Eindämmungs- und Abschreckungsmaßnahmen gegenüber Russland zu ergreifen, wenn das Land seine derzeitige Strategie gegenüber Belarus fortsetzt; fordert, dass die Organe der EU dem Parlament regelmäßig Bericht über die Einmischung des Kremls in Belarus erstatten, auch über dessen Ausnutzung der Lage im Hinblick auf eine vertiefte politische, militärische und wirtschaftliche Kontrolle von Belarus;

25.  bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass es der EU bisher nicht gelungen ist, eine umfassende Strategie gegenüber dem belarussischen Regime zu entwickeln, und fordert den Rat, die Kommission und den HR/VP nachdrücklich auf, eine schlüssige und umfassende Strategie für Belarus auszuarbeiten, die auf der derzeitigen Soforthilfe für die Opfer von Repressionen, der strategischen und langfristigen politischen, technischen und finanziellen Unterstützung der belarussischen Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, unabhängigen Medien, Gewerkschaften und demokratischen Kräfte im Land und im Ausland, auf der Zusammenarbeit mit Nachbarländern in dringenden humanitären Fragen, einer engen Abstimmung mit internationalen Partnern und einschlägigen multilateralen Organisationen (wie den Vereinten Nationen und der OSZE) und internationalen Gebern sowie gemeinsamen internationalen Maßnahmen gegen die Straflosigkeit beruht; fordert den EAD auf, bei der Koordinierung einer solchen schlüssigen Politik mit den Mitgliedstaaten und anderen Organen der EU eine Führungsrolle zu übernehmen;

26.  fordert die Kommission, den Rat, den HR/VP und die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, die Lage in Belarus in allen einschlägigen europäischen und internationalen Organisationen, insbesondere der OSZE, den Vereinten Nationen und ihren Fachgremien, auch weiterhin zur Sprache zu bringen, um die internationalen Maßnahmen bezüglich der Lage in Belarus auszuweiten und den Widerstand Russlands und anderer Länder gegen solche Maßnahmen zu überwinden;

27.  unterstützt das belarussische Volk weiterhin bei seinen legitimen Forderungen und seinem Streben nach freien und fairen Wahlen, den Grundfreiheiten und Menschenrechten, demokratischer Vertretung und politischer Teilhabe in einem freien und souveränen Belarus;

28.  lobt die systematische und konsequente Arbeit der belarussischen demokratischen Kräfte in Belarus und im Exil, insbesondere der Anführerin der demokratischen Opposition, Swjatlana Zichanouskaja, des Koordinierungsrats und des Krisenmanagementteams des Volkes (Narodnaje antykrysisnaje upraulenne, NAU); bekräftigt, dass die Kontakte und die Zusammenarbeit mit diesen Kräften unbedingt aufrechterhalten und ausgebaut werden müssen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Entscheidung Litauens, der demokratischen Vertretung von Belarus in Vilnius eine offizielle Akkreditierung zu erteilen, und fordert die übrigen Mitgliedstaaten auf, diesem Beispiel zu folgen; fordert die EU auf, die Einrichtung eines Vertretungsbüros eines demokratischen Belarus in Brüssel mit Guten Diensten zu unterstützen;

29.  fordert die EU auf, auf operativer Ebene mit den Vertretern der demokratischen Kräfte von Belarus zusammenzuarbeiten, um die Arbeit an der Annahme eines Fahrplans abzuschließen, mit dem darauf abgezielt wird, einen umfassenden Plan zur wirtschaftlichen Unterstützung eines künftigen demokratischen Belarus mit Mitteln in Höhe von 3 Mrd. EUR umzusetzen, die den demokratischen Kräften von Belarus in Bereichen wie dem Aufbau von Kapazitäten für die Interessenvertretung, von Reformkapazitäten, von Kapazitäten für die Verwaltung von Investitionen und von Kapazitäten für staatliches Handeln zugutekommen; fordert die EU auf, mit den notwendigen Vorbereitungen für den Dialog mit den demokratischen Kräften von Belarus zu beginnen und dem Parlament regelmäßig über die erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten, auch über die Annahme einer Strategie der EU für ihre künftigen Beziehungen zu einem demokratischen Belarus und über ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Vorbereitung der demokratischen Kräfte von Belarus auf die Umsetzung dieses Plans;

30.  bekräftigt seine Forderung, die Vertreter des demokratischen Belarus offiziell zu dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft einzuladen und sie in hochrangige bilaterale und vorbereitende Sitzungen auf der Ebene der Union und nationaler Ebene sowie in parlamentarische Sitzungen und interparlamentarische Treffen mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten einzubinden; hält es nach wie vor für wichtig, offizielle Gruppen für Belarus in allen nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten, der Länder der östlichen Nachbarschaft und der G7-Länder einzurichten; fordert eine stärkere Einbeziehung und Präsenz von Vertretern der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition von Belarus in den multilateralen Gremien der Östlichen Partnerschaft, insbesondere im Forum der Zivilgesellschaft der Östlichen Partnerschaft und in der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST;

31.  weist erneut auf seine vorherige Initiative für eine hochrangige Mission unter Mitwirkung ehemaliger hochrangiger Beamter der Union hin, mit der alle denkbaren Wege erkundet werden sollen, wie der Gewalt Einhalt geboten und die Freilassung der politischen Gefangenen erwirkt werden kann, und mit der dazu beigetragen werden könnte, ein Umfeld zu schaffen, das einem alle Seiten einbeziehenden innerstaatlichen politischen Dialog in Belarus förderlich ist; fordert die Kommission und den HR/VP erneut auf, gemeinsam mit internationalen Partnern eine hochrangige internationale Konferenz zu dem Thema „Zukunft eines demokratischen Belarus“ zu organisieren, auf der die Beilegung der Krise in Belarus erörtert und ein Finanzpaket in Höhe von mehreren Milliarden Euro geschnürt wird, um künftige Reformbemühungen und die Umstrukturierung der belarussischen Wirtschaft zu unterstützen; fordert die Kommission auf, das Parlament über die dabei erzielten Fortschritte zu unterrichten;

32.  betont, dass die Verbrechen des Lukaschenka-Regimes gegen das belarussische Volk und die Morde an Raman Bandarenka und weiteren Bürgern von Belarus umfassend untersucht werden müssen; harrt der Ergebnisse der Ermittlungen der ukrainischen Behörden zum Tod von Wital Schyschou; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit aktiv anzuwenden und Gerichtsverfahren gegen jene belarussischen Amtsträger vorzubereiten, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich sind oder eine Mitschuld daran tragen, auch gegen Aljaksandr Lukaschenka;

33.  bekennt sich zu seiner Aufgabe, das tatsächliche Funktionieren der Plattform des Europäischen Parlaments für die Bekämpfung der Straflosigkeit in Belarus sicherzustellen und eine rasche internationale Reaktion auf die Entwicklungen in Belarus zu koordinieren; fordert die Plattform auf, auf ihrer anstehenden Tagung zu erörtern, wie die EU künftig zu einer Prozessstrategie beitragen und gemeinsam mit Partnern an internationalen Gerichtsverfahren einschließlich der universellen Gerichtsbarkeit mitwirken kann, um Aljaksandr Lukaschenka und die Mitglieder seines Regimes persönlich wegen der in massivem Ausmaß gegen das belarussische Volk begangenen Verbrechen zu verurteilen; fordert insbesondere, dass die Plattform prüft, den Fall Belarus vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen, und zwar auf der Grundlage der vom Lukaschenka-Regime begangenen Verstöße gegen das Abkommen von Chicago, das Übereinkommen von Montreal und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter;

34.  fordert alle in Belarus tätigen Unternehmen aus der EU erneut auf, im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihrer Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nachzukommen; fordert diese Unternehmen auf, von neuen Investitionen abzusehen und bei den belarussischen Staatsorganen öffentlich gegen die anhaltende Unterdrückung von Arbeitnehmern und der Bürger im Allgemeinen zu protestieren;

35.  fordert die Kommission, den EAD und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die direkte Unterstützung für die belarussische Opposition, die Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Medienorganisationen in Belarus und außerhalb des Landes zu verstärken; hält es für wichtig, die Beziehungen zu diesen Personen und Organisationen ungeachtet dessen aufrechtzuerhalten, dass das belarussische Regime angekündigt hat, sich aus der Östlichen Partnerschaft zurückzuziehen; sagt zu, seine eigenen Maßnahmen zur Demokratieförderung zu intensivieren; bekräftigt seine Forderung nach einem gezielten Hilfsprogramm der EU, um die Zivilgesellschaft, unabhängige Medien, Wissenschaftler und die belarussische Opposition im Exil sowie diejenigen zu unterstützen, die politische Repression und polizeiliche Gewalt erfahren haben und vor dem Unterdrückerregime fliehen;

36.  fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, mit internationalen Partnern wie dem Moskauer Mechanismus der OSZE und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft vor Ort uneingeschränkt zu unterstützen, damit Menschenrechtsverletzungen überwacht und dokumentiert werden können und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt; begrüßt und unterstützt die Einrichtung der Internationalen Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, die Tätigkeit der Plattform und die Arbeit des UNHCR und anderer internationaler Initiativen, mit denen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen, zu unterstützen; befürwortet weitere Gespräche über ein mögliches internationales Gericht für Menschenrechtsverletzungen in Belarus, das in Den Haag eingerichtet werden soll;

37.  unterstreicht die herausragende Bedeutung, die der Einrichtung von Volksbotschaften von Belarus weltweit zukommt, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weitere Unterstützung für den Schutz der Rechte und Interessen belarussischer Bürger im Ausland und für die Interessen eines demokratischen Belarus bereitzustellen, indem beispielsweise Möglichkeiten zur Finanzierung der Volksbotschaften von Belarus geprüft werden;

38.  fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die Verfahren zur Beantragung von Visa und eines Aufenthaltsstatus für Personen, die aus politischen Gründen aus Belarus fliehen oder infolge der Gewalt, die ihnen angetan wurde, medizinisch behandelt werden müssen, weiter zu vereinfachen und ihnen und ihren Familien die erforderliche Unterstützung und Hilfe angedeihen zu lassen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, belarussischen Studenten und Wissenschaftlern, die ihrer Universitäten verwiesen und aufgrund ihrer prodemokratischen Haltung inhaftiert wurden, Stipendien anzubieten;

39.  erachtet es als sehr wichtig, die von dem belarussischen Kernkraftwerk in Astrawez ausgehenden Gefahren für die nukleare Sicherheit anzugehen; besteht darauf, dass Belarus sich für die nukleare Sicherheit seines Kernkraftwerks unter Wahrung vollständiger Transparenz einsetzt und sich zur vollständigen Umsetzung der Empfehlungen verpflichtet, die in der von der Gruppe der europäischen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit durchgeführten Peer-Review der Anlage formuliert wurden; unterstützt bis zu deren Umsetzung das Verbot der Einfuhr von Energie aus dem belarussischen Kernkraftwerk in den Binnenmarkt und spricht sich dafür aus, diesem Standpunkt im CO2-Grenzausgleichssystem der EU Rechnung zu tragen;

40.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, den Staatsorganen der Republik Belarus und der Russischen Föderation und den Vertretern der demokratischen Opposition von Belarus zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0383.


Humanitäre Lage in Tigray
PDF 153kWORD 51k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur humanitären Lage in Tigray (2021/2902(RSP))
P9_TA(2021)0421RC-B9-0484/2021

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Lage in Äthiopien(1),

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP), Josep Borrell, und des für Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission, Janez Lenarčič, vom 25. Juni 2021 zur Tötung von drei humanitären Helfern in Tigray,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des HR/VP und des für Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission Janez Lenarčič vom 24. Juni 2021 zu dem Luftangriff in der Region Tigray,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des HR/VP im Namen der Europäischen Union vom 4. Oktober 2021 zur Entscheidung, sieben Bedienstete der Vereinten Nationen auszuweisen,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der EU und der Vereinigten Staaten von Amerika vom 10. Juni 2021 im Anschluss an das Rundtischgespräch zu der humanitären Notlage in Tigray,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) der EU vom 12. Juli 2021 zu Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die Resolution 47/13 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 zur Menschenrechtssituation in der Region Tigray in Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die Resolution 2417 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 24. Mai 2018, in der das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung verurteilt wird und die rechtswidrige Verweigerung des Zugangs der Zivilbevölkerung zu humanitärer Hilfe verurteilt wird,

–  unter Hinweis auf die Anmerkungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 26. August 2021 für die Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Michelle Bachelet vom 13. September 2021,

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Joe Biden, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, vom 17. September 2021 zu der Executive Order zur Krise in Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 30. September 2021 infolge der Ausweisung von sieben Bediensteten der Vereinten Nationen aus Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die Verfassung der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, die am 8. Dezember 1994 angenommen wurde, und insbesondere auf deren Bestimmungen in Kapitel III über Grundrechte und Grundfreiheiten, Menschenrechte und demokratische Rechte,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte,

–  unter Hinweis auf das Genfer Abkommen von 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten sowie die dazugehörigen Zusatzprotokolle von 1977 und 2005,

–  unter Hinweis auf die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967,

–  unter Hinweis auf die Resolution 2286 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 3. Mai 2016 zum Schutz der Verwundeten und Kranken, des Sanitätspersonals und des humanitären Personals in bewaffneten Konflikten,

–  unter Hinweis auf die Resolution 47/13 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 zur Menschenrechtssituation in der Region Tigray in Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die Entschließung der Afrikanischen Kommission für die Menschenrechte und Rechte der Völker vom 12. Mai 2021 zur Erkundungsmission in der Region Tigray in der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien,

–  unter Hinweis auf die zweite Überarbeitung des Cotonou-Abkommens,

–  unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten (AKP-Staaten) und der EU vom 11. März 2021 zu Demokratie und der Achtung der Verfassungen in den EU-Mitgliedstaaten und den AKP-Staaten,

–  unter Hinweis auf den Bericht von Amnesty International vom 10. August 2021 mit dem Titel „‚I don’t know if they realized I was a person‘: Rape and other sexual violence in the conflict in Tigray, Ethiopia“ („Ich weiß nicht, ob ihnen klar war, dass ich ein Mensch bin“: Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt im Konflikt in Tigray (Äthiopien)),

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die einseitige Waffenruhe, die die äthiopische Regierung am 28. Juni 2021 ausgerufen hat, nicht zu einem Ende der Kämpfe geführt hat und die am Konflikt beteiligten Parteien weiterhin neue Offensiven starten; in der Erwägung, dass der Konflikt nun auf die Nachbarregionen Afar und Amhara übergreift und die Gefahr besteht, dass sich die Auswirkungen auf das gesamte Horn von Afrika ausbreiten; in der Erwägung, dass der seit elf Monaten andauernde Konflikt zu einer vom Menschen verursachten Krise geführt hat und dass dieses weitreichende menschliche Leid vollständig vermeidbar ist;

B.  in der Erwägung, dass bereits vor Beginn der Kämpfe 15,2 Millionen Menschen in Äthiopien auf humanitäre Hilfe angewiesen waren, davon zwei Millionen Menschen in der Region Tigray; in der Erwägung, dass fast eine Million Menschen unter Bedingungen lebt, die mit einer Hungersnot vergleichbar sind, und dass von sechs Millionen Menschen in Tigray 5,2 Millionen Menschen als direkte Folge der Gewalt unter akuter Ernährungsunsicherheit leiden; in der Erwägung, dass 91 % der Bevölkerung dringend humanitäre Hilfe benötigen und 100 000 Kinder in den nächsten zwölf Monaten einer lebensbedrohlichen schweren akuten Unterernährung ausgesetzt sein werden; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen bereits im Juni 2021 warnend darauf hingewiesen haben, dass 5,5 Millionen Menschen in Tigray und in den Nachbarregionen Amhara und Afar Nahrungsmittelhilfe benötigten und 350 000 Menschen der Hungertod drohe; in der Erwägung, dass in der Region Tigray 100 000 Binnenvertriebene und 96 000 Flüchtlinge aus Eritrea leben; in der Erwägung, dass es in der Region mehrere große Flüchtlingslager gibt, wobei nach Angaben nichtstaatlicher Organisationen 44 % der dortigen Bewohner Kinder sind; in der Erwägung, dass im Juli 2021 rund 1,9 Millionen Menschen in Tigray durch den Konflikt vertrieben worden waren;

C.  in der Erwägung, dass es mehrere und ernste Berichte über von allen Konfliktparteien begangene mutmaßliche schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Recht und das Flüchtlingsrecht gibt; in der Erwägung, dass diese Berichte unter anderem Angriffe auf Zivilpersonen, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter, Fälle des Verschwindenlassens, Massenverhaftungen, systematische Plünderungen sowie die systematische und vorsätzliche Zerstörung der Grundversorgung und von Wasserversorgungssystemen, Feldfrüchten und Existenzgrundlagen betreffen;

D.  in der Erwägung, dass die Streitkräfte Äthiopiens, Eritreas und der Region Amhara weiterhin in großem Umfang Frauen und Mädchen vergewaltigen oder andere Formen der sexuellen Gewalt gegen sie verüben und zudem Morddrohungen und Beleidigungen auf der Grundlage der ethnischen Zugehörigkeit aussprechen und Menschen unter Bedingungen der sexuellen Sklaverei festhalten, obwohl sich die äthiopische Regierung zur Rechenschaftspflicht in Fällen sexueller Gewalt bekannt hat(2); in der Erwägung, dass Regierungstruppen und Beamte humanitäre Organisationen und nationale Erbringer von Gesundheitsleistungen, die Überlebende sexueller Gewalt unterstützen, schikaniert und bedroht haben;

E.  in der Erwägung, dass es seit Beginn des Konflikts in Tigray mehrere Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen gab, darunter über mutmaßliche Massaker in Mai-Kadra in der Nacht vom 9. November 2020, in Aksum am 28. November 2020 und in Mahbere Dego im Januar 2021; in der Erwägung, dass sudanesische Behörden im August 2021 berichteten, dass im Fluss Tekeze, der an den Westen Tigrays und die Republik Sudan angrenzt, Leichen von etwa 50 Menschen gefunden wurden; in der Erwägung, dass Hinweise auf mehr als 250 mutmaßliche Massaker in Tigray seit dem Beginn des Bürgerkriegs im November 2020 gefunden wurden; in der Erwägung, dass die Volksbefreiungsfront von Tigray Berichten zufolge im August 2021 auch außergerichtliche Hinrichtungen in Tigrays Nachbarregionen – etwa in Chenna und Kobo – vorgenommen hat;

F.  in der Erwägung, dass glaubwürdigen Quellen zufolge sowohl die Volksbefreiungsfront von Tigray als auch die äthiopischen Streitkräfte in Tigray Menschenrechtsverletzungen begangen haben; in der Erwägung, dass die eritreischen Streitkräfte in die Region Tigray und andere Teile Äthiopiens eingedrungen sind und dort ebenfalls schwere Menschenrechtsverletzungen verübt haben; in der Erwägung, dass sich die meisten Vorwürfe auf Verletzungen beziehen, die von den äthiopischen Streitkräften und den eritreischen Streitkräften begangen wurden;

G.  in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Michelle Bachelet am 13. September 2021 erklärte, dass „von allen Parteien“ Verletzungen begangen wurden; in der Erwägung, dass die EU die Arbeit der Hohen Kommissarin Michelle Bachelet stets unterstützt hat;

H.  in der Erwägung, dass der Abschlussbericht zur gemeinsamen Untersuchung des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen und der äthiopischen Menschenrechtskommission zu von allen am Konflikt in Tigray beteiligten Parteien begangenen mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Recht und das Flüchtlingsrecht am 1. November 2021 veröffentlicht wird;

I.  in der Erwägung, dass es nicht nur zu Plünderungen und zur Zerstörung von Feldfrüchten kam, sondern im Südwesten von Mek’ele in Tigray auch Wüstenheuschreckenschwärme zu beobachten waren; in der Erwägung, dass COVID‑19-Präventionsmaßnahmen und ‑Impfungen durch den anhaltenden Konflikt und die humanitäre Lage in vielen Gegenden unmöglich gemacht wurden;

J.  in der Erwägung, dass im vergangenen Monat nur 10 % der humanitären Hilfsgüter für die umkämpfte Region Tigray in das Gebiet transportiert werden durften; in der Erwägung, dass täglich 100 Lastkraftwagen benötigt werden, um Tigray genügend humanitäre Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen; in der Erwägung, dass seit dem 12. Juli 2021 aufgrund der geschlossenen Grenzen, des durch die Streitkräfte kontrollierten Zugangs, der Zerstörung von Infrastruktur wie Brücken, der Unsicherheit für die Fahrer, eines schwerwiegenden Mangels an Kraftstoff und Bargeld für die Rückkehr zu den Versorgungsstellen und längerer Verzögerungen bei der Durchsuchung und Abfertigung humanitärer Hilfsgüter nur 525 Lastkraftwagen nach Tigray gelangt sind;

K.  in der Erwägung, dass gezielte Angriffe auf humanitäre Helfer als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gelten; in der Erwägung, dass am 25. Juni 2021 eine Mitarbeiterin und zwei Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen getötet wurden, während sie Hilfe für die Bedürftigsten geleistet haben; in der Erwägung, dass seit November 2020 in der Region 23 humanitäre Helfer getötet wurden; in der Erwägung, dass äthiopische Regierungstruppen am 22. Juni 2021 Rettungskräfte daran gehindert haben, nach einem Luftangriff auf einen Markt in Togoga den Betroffenen zu Hilfe zu eilen; in der Erwägung, dass eritreische Regierungstruppen Berichten des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) zufolge am 17. Juni 2021 in Asgede Woreda ein Impfteam gestoppt und angegriffen haben; in der Erwägung, dass es Berichten zufolge in Tigray immer wieder zu Plünderungen von Gesundheitseinrichtungen kommt; in der Erwägung, dass Regierungstruppen und Beamte humanitäre Organisationen und nationale Erbringer von Gesundheitsleistungen, die Opfer von sexueller Gewalt unterstützen, schikaniert und bedroht haben;

L.  in der Erwägung, dass mehr als zwei Millionen Menschen aus ihrem Zuhause vertrieben wurden; in der Erwägung, dass Berichten zufolge fast 76 500 Menschen in Afar und schätzungsweise 200 000 Menschen in Amhara vertrieben wurden, nachdem die Streitkräfte von Tigray in diese Regionen eingezogen sind; in der Erwägung, dass Berichten zufolge 55 000 äthiopische Flüchtlinge und Asylsuchende Zuflucht im Sudan suchen;

M.  in der Erwägung, dass einige Flüchtlingslager in Tigray zerstört wurden; in der Erwägung, dass eritreische Flüchtlinge in Tigray entführt und zwangsrückgeführt werden; in der Erwägung, dass es in den Flüchtlingslagern in Tigray keine medizinische Versorgung gibt und sauberes Trinkwasser knapp wird;

N.  in der Erwägung, dass Berichten zufolge von den Kriegsparteien, auch den Streitkräften von Tigray, Kinder für den Konflikt rekrutiert werden; in der Erwägung, dass der Einsatz von Kindersoldaten ein Kriegsverbrechen darstellt;

O.  in der Erwägung, dass die äthiopischen Staatsorgane willkürlich ethnische Tigrayer in der äthiopischen Hauptstadt festnehmen und gewaltsam verschwinden lassen und andere missbräuchliche Handlungen, wie etwa die Schließung von Unternehmen im Besitz von Tigrayern, gegen sie begehen; in der Erwägung, dass in ganz Äthiopien Aufstachelung zu Hass und Diskriminierung und eine zunehmend hetzerische Rhetorik gegen Tigray – auch vonseiten hochrangiger Regierungsbeamter – zu beobachten sind;

P.  in der Erwägung, dass das äthiopische Außenministerium am 30. September 2021 sieben Bedienstete der Vereinten Nationen (von UNICEF, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) und UNOCHA) zu unerwünschten Personen (Persona non grata) in Äthiopien erklärt hat;

Q.  in der Erwägung, dass es in Tigray und den angrenzenden Regionen zeitweilig zu Einschränkungen und Abschaltungen des Internets und von Telekommunikationsverbindungen gekommen ist; in der Erwägung, dass Journalisten angegriffen wurden und mehreren Medienunternehmen die Lizenzen entzogen wurden, was die Überwachung der Lage vor Ort erschwert; in der Erwägung, dass die Grundversorgung, darunter Stromversorgung und Bankdienstleistungen, weiterhin eingeschränkt ist;

R.  in der Erwägung, dass die derzeitige instabile Lage in Äthiopien das Ergebnis einer langen Geschichte ethnischer Spaltungen und ethnischer Spannungen ist;

S.  in der Erwägung, dass die Einheit Äthiopiens als multiethnischer Staat von großer Bedeutung für die Stabilität der Region und des afrikanischen Kontinents insgesamt ist;

T.  in der Erwägung, dass Äthiopien mit einer Bevölkerung von mehr als 110 Millionen Menschen und seiner strategischen Lage am Horn von Afrika ein wichtiges Land auf dem afrikanischen Kontinent und ein potenzieller Partner von strategischer Bedeutung für die EU und ihre Mitgliedstaaten ist;

U.  in der Erwägung, dass sich die EU als weltweit führender Geber humanitärer Hilfe durch die Bereitstellung von Mitteln für humanitäre Zwecke weiterhin solidarisch mit Menschen in Not zeigt; in der Erwägung, dass sich die EU seit Beginn des Konflikts in Äthiopien konsequent für einen uneingeschränkten und ungehinderten Zugang für humanitäre Organisationen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht einsetzt;

V.  in der Erwägung, dass die kürzlich angenommene Mitteilung über humanitäre Maßnahmen der EU eine Stärkung jener Prozesse vorsieht, bei denen die Förderung und Anwendung des humanitären Völkerrechts konsequent in den Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der EU gestellt werden;

W.  in der Erwägung, dass im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt) die menschliche Entwicklung sowie die Staatsführung und Friedenskonsolidierung als vorrangige Handlungsbereiche in Äthiopien ermittelt wurden, sodass 65 % des Mehrjahresrichtprogramms diesen Bereichen gewidmet sind;

X.  in der Erwägung, dass die Kommission im Rahmen der bereits mobilisierten und vergebenen gesamten humanitären Mittel für die Unterstützung von Bedürftigen in Äthiopien im Jahr 2021 (in Höhe von 53,7 Mio. EUR) humanitäre Maßnahmen im Gegenwert von 5 Mio. EUR in Amhara und Afar durchführt, um den jüngsten Entwicklungen der Krise zu begegnen; in der Erwägung, dass 118 Mio. EUR für Hilfe für Flüchtlinge aus Tigray und Äthiopien im Sudan bereitgestellt wurden; in der Erwägung, dass die EU die Auszahlung von Budgethilfe an Äthiopien aufgrund des anhaltenden Konflikts aufgeschoben hat;

Y.  in der Erwägung, dass die EU im September 2021 versucht hat, über die Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe (GD ECHO) der Kommission eine humanitäre Luftbrücke zu organisieren, um dringend benötigte humanitäre Güter in die Region Tigray zu liefern, dabei jedoch von der äthiopischen Regierung in erheblichem Maße behindert wurde; in der Erwägung, dass infolgedessen nur ein einziger humanitärer Luftbrückenflug der EU durchgeführt wurde, bei dem nur ein kleiner Teil der humanitären Fracht geliefert wurde;

Z.  in der Erwägung, dass die EU am 21. Juni 2021 Annette Weber zur neuen EU-Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika ernannt hat; in der Erwägung, dass der finnische Außenminister Pekka Haavisto die Region im Auftrag des HR/VP Anfang des Jahres zweimal besucht hat, um die anhaltende Krise in Äthiopien und ihre regionalen Auswirkungen zu erörtern;

AA.  in der Erwägung, dass die Afrikanische Union am 26. August 2021 den ehemaligen nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo zum Vermittler in dem Konflikt ernannt hat;

AB.  in der Erwägung, dass die damals neu eingesetzte Regierung Äthiopiens im Dezember 2018 die Äthiopische Kommission für Aussöhnung und das Ministerium für Frieden einsetzte; in der Erwägung, dass beide Institutionen ihrem ursprünglichen Mandat, den Frieden zu fördern und bewaffnete Konflikte in Äthiopien zu verhüten und zu lösen, in dem schwierigen Umfeld, in dem sie geschaffen wurden, bisher nicht gerecht geworden sind;

AC.   in der Erwägung, dass sich die Äthiopische Wohlstandspartei unter der Führung von Abiy Ahmed während des anhaltenden Konflikts zum Sieger einer Parlamentswahl erklärt hat, die boykottiert wurde und deren Ergebnis von einigen Oppositionsparteien angeprangert wurde; in der Erwägung, dass es in Tigray keinen Wahlprozess gegeben hat; in der Erwägung, dass die EU keine Wahlbeobachtungsmission entsandt hat;

AD.   in der Erwägung, dass Äthiopien das Cotonou-Abkommen unterzeichnet hat, in dessen Artikel 96 festgelegt ist, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen den AKP-Staaten und der EU ist;

1.  fordert die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten durch alle Parteien, was eine notwendige Voraussetzung für die dringend benötigte Verbesserung der humanitären Lage in Tigray und anderen Regionen, insbesondere in Afar und Amhara, ist; fordert eine sofortige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und die Einrichtung eines Mechanismus zur Überwachung der Waffenruhe;

2.  fordert alle betroffenen nationalen, regionalen und lokalen Akteure auf, den sofortigen und ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer und Hilfsgüter zu den betroffenen Bevölkerungsgruppen in Tigray zu gewähren, die De-facto-Blockade der humanitären Hilfe und der kritischen Versorgungsgüter, einschließlich Nahrungsmitteln, Arzneimitteln und Kraftstoff, zu beenden und die Hilfe für bedürftige Bevölkerungsgruppen in den Regionen Amhara und Afar zu erleichtern;

3.  verurteilt das gezielte Vorgehen aller Kriegsparteien gegen Zivilpersonen, die gemeldete Rekrutierung von Kindern durch Kriegsparteien, einschließlich der Streitkräfte von Tigray, und den fortgesetzten Einsatz von Vergewaltigung und sexueller Gewalt aufs Schärfste; weist darauf hin, dass vorsätzliche Angriffe auf Zivilpersonen und die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten Kriegsverbrechen darstellen;

4.  verurteilt die Tötung von Zivilpersonen, Flüchtlingen sowie humanitären und medizinischen Helfern; fordert die Kräfte auf allen Seiten auf, die internationalen Menschenrechte, das humanitäre Völkerrecht und das Flüchtlingsrecht zu achten und den Schutz der Menschen in den betroffenen Gebieten sicherzustellen; fordert, dass für Verbrechen, die während des anhaltenden Konflikts begangen wurden, Rechenschaft abgelegt wird und dass die Verantwortlichen gefunden und vor Gericht gestellt werden; fordert, dass gegen die Personen, die verdächtigt werden, Vergewaltigungen oder sexuelle Sklaverei begangen zu haben, wegen derartiger Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Folter und Verfolgung ermittelt wird;

5.  fordert die Volksbefreiungsfront von Tigray nachdrücklich auf, ihre Offensive unverzüglich zu beenden und ihre Truppen aus den Regionen Amhara und Afar zurückzuziehen; fordert die Regionalregierung von Amhara auf, ihre Truppen aus Westtigray zurückzuziehen, und fordert die Regierung Eritreas auf, ihre Streitkräfte unverzüglich und dauerhaft aus Äthiopien abzuziehen; fordert die Nachbarländer auf, keine politischen und militärischen Interventionen, die den Konflikt weiter anheizen könnten, zu unternehmen;

6.  fordert eine unabhängige und unparteiische Untersuchungskommission, die die Angriffe auf bestimmte ethnische und religiöse Gruppen untersucht, die darauf abzielen, Gewalt zwischen den Gemeinschaften zu schüren und den Frieden und die Sicherheit der äthiopischen Bevölkerung zu gefährden; fordert die äthiopischen staatlichen Stellen auf, dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;

7.  erinnert daran, dass die äthiopische Regierung für die Sicherheit der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen auf ihrem Hoheitsgebiet verantwortlich ist; fordert die äthiopischen Staatsorgane auf, den Tausenden von eritreischen Flüchtlingen und Asylsuchenden, die aus den Lagern in Tigray vertrieben wurden, sofortigen und angemessenen Schutz und Hilfe zu gewähren und das Schicksal und den Verbleib der Tausenden nicht erfassten eritreischen Flüchtlinge zu klären; bedauert, dass sich hochrangige Beamte einer hasserfüllten und hetzerischen Sprache bedienen, und fordert alle beteiligten Akteure nachdrücklich auf, ihre Worte sorgfältig zu wählen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden und zusätzliches menschliches Leid zu verhindern; fordert, dass die internationalen und regionalen Grenzen geöffnet bleiben, damit Zivilpersonen sicher und frei reisen können; weist darauf hin, dass Äthiopien ein wichtiges Herkunfts-, Transit- und Bestimmungsland von Migranten ist; besteht darauf, dass die Bundesregierung Äthiopiens und die regionalen Behörden die Bevölkerung schützen und ihre Grundrechte garantieren;

8.  fordert die äthiopischen Staatsorgane auf, unverzüglich für alle Fälle des Verschwindenlassens von Zivilpersonen Rechenschaft abzulegen, diejenigen freizulassen, die ohne glaubhafte Beweise für ein Verbrechen inhaftiert sind, und jegliche diskriminierende Behandlung einzustellen; bedauert, dass sich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Hetze bedienen, die Gewalt, Einschüchterung und Diskriminierung gegen Gemeinschaften von Tigray oder andere Gemeinschaften auslösen kann und so Misstrauen verursacht sowie ethnische Konflikte anheizt, und fordert die nationalen, lokalen und regionalen Behörden nachdrücklich auf, einen inklusiveren Dialog zu führen und nicht zur Gewalt anzustiften;

9.  fordert die staatlichen Stellen auf, eine gerichtsähnliche opferorientierte justizielle Instanz einzusetzen und ihr die Aufgabe zu übertragen, den während des Konflikts begangenen Menschenrechtsverletzungen nachzugehen und auch die Umstände, Faktoren und entsprechenden Hintergründe zu untersuchen, sodass den Opfern die Möglichkeit eingeräumt wird, Zeugenaussagen zu machen, und die Fakten aus der Vergangenheit unparteiisch zusammengetragen werden können, und fordert diese Instanz auf, eine Wiedergutmachungspolitik zu konzipieren und Empfehlungen für Maßnahmen abzugeben, mit denen Menschenrechtsverletzungen künftig verhindert werden können;

10.  verurteilt aufs Schärfste alle Angriffe auf humanitäre Helfer und kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen sowie die weit verbreiteten Plünderungen und die Zerstörung humanitärer Hilfsgüter; verurteilt aufs Schärfste die Blockierung des Zugangs für Rettungskräfte, die versuchten, den Verletzten nach den Bombardierungen medizinische Hilfe zu leisten;

11.  bedauert, dass das äthiopische Außenministerium sieben Menschenrechtsverteidiger und humanitäre Helfer der Vereinten Nationen – von Unicef, dem OHCHR, dem OCHA und dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in Äthiopien – zu unerwünschten Personen (Persona non grata) erklärt hat; bringt seine Sorge hinsichtlich der Sicherheit und des Wohlergehens unabhängiger humanitärer Helfer und Menschenrechtsverteidiger in der Region und hinsichtlich der Neutralität bei der Verteilung humanitärer Hilfe in Tigray zum Ausdruck; begrüßt die unmissverständliche Erklärung der EU und ihrer 27 Mitgliedstaaten vom 30. September 2021, in der sie die Ausweisung dieser Personen entschieden verurteilt und die Regierung aufgefordert haben, ihre Entscheidung rückgängig zu machen;

12.  fordert die Regierung Äthiopiens auf, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterzeichnen und zu ratifizieren; fordert die Konfliktparteien auf, für unabhängige Menschenrechtsbeobachter und -ermittler, einschließlich der Ermittler der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union, einen ungehinderten Zugang sicherzustellen;

13.  hebt die wichtige Arbeit der Journalisten in der Region hervor und fordert alle Akteure auf, den freien Zugang zur Presse sicherzustellen und den Journalisten zu ermöglichen, ihre Arbeit in Sicherheit zu verrichten;

14.  fordert, dass grundlegende öffentliche Dienstleistungen wie Stromversorgung und Bankdienstleistungen vollständig wiederhergestellt und die Beschränkungen für Telekommunikation und Internetzugang in Tigray aufgehoben werden; betont, dass es wichtig ist, für die Kinder in Tigray und darüber hinaus den Zugang zu Bildung und Schulen sicherzustellen;

15.  weist auf die Bedeutung Äthiopiens für die Stabilität des Horns von Afrika und des afrikanischen Kontinents insgesamt hin; weist darauf hin, dass die EU und weitere internationale Gesprächspartner angeboten haben, als Vermittler zwischen den Konfliktparteien in Äthiopien zu fungieren, diese Angebote jedoch von Äthiopien nicht angenommen worden sind; fordert alle Konfliktparteien auf, sich ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zu setzen; fordert im Hinblick auf eine Lösung der Krise einen inklusiven nationalen politischen Dialog unter der Führung Äthiopiens, an dem Vertreter aus allen betroffenen Gebieten (Tigray, Amhara, Benishangul-Gumuz, Afar, Oromia, Sidama, Somali, der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker (SNNPR) sowie Gambella) beteiligt sind;

16.  weist darauf hin, dass der Konflikt nur mit friedlichen Mitteln und einem inklusiven Dialog zwischen allen Konfliktparteien, einem wirksamen Waffenstillstand und dem Schutz der Menschenrechte gelöst werden kann;

17.  bekräftigt die Bereitschaft der EU, in enger Abstimmung mit anderen Akteuren einen Dialog zu unterstützen, zu führen und zu organisieren, um den Raum für Dialog offen zu halten und zu versuchen, eine Grundlage für Gespräche zwischen den beiden wichtigsten Konfliktparteien zu schaffen;

18.  bringt seine Unterstützung für regionale Vermittlungsbemühungen wie jene des Vermittlers der Afrikanischen Union, Präsident Obasanjo, zum Ausdruck; begrüßt zudem die unlängst erfolgte Ernennung einer neuen EU-Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika;

19.  bedauert, dass sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bislang nicht mit der Lage in Tigray befasst hat; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, darauf zu bestehen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen regelmäßige öffentliche Treffen zu Tigray abhält und entschlossene Maßnahmen ergreift, um den ungehinderten Zugang humanitärer Organisationen sicherzustellen, für den Schutz der Zivilbevölkerung zu sorgen, schwere Verstöße gegen das Völkerrecht zu beenden und dafür zu sorgen, dass die für Gräueltaten Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, die Entsendung von Friedenstruppen der Vereinten Nationen in die Region in Erwägung zu ziehen;

20.  fordert die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, den HR/VP zu ermutigen, vor Jahresende im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ein Briefing zu Tigray zwischen den Tagungen abzuhalten, um die Ergebnisse des Berichts der gemeinsamen Untersuchung des OHCHR und der äthiopischen Menschenrechtskommission vorzustellen; betont, dass die gemeinsame Untersuchung dazu beitragen sollte, die Grundlage für einen robusten internationalen Untersuchungsmechanismus zu schaffen, der dringend vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingerichtet werden muss;

21.  fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten) der EU auf, rasch, entschlossen und geeint die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um angesichts des Ernstes und der Dringlichkeit der Lage vor Ort in Tigray wirksam zu reagieren;

22.  begrüßt und unterstützt den Beschluss der Kommission vom Dezember 2020, die Auszahlung von Budgethilfe an die äthiopische Regierung aufzuschieben; begrüßt die diplomatischen Bemühungen und die wiederholten Erklärungen des HR/VP und der Kommission, in denen sie nachdrücklich auf die Rechenschaftspflicht und einen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe drängen und Missbräuche durch alle Parteien verurteilen; bekräftigt mit Nachdruck die Unterstützung der EU für die wichtige Arbeit, die von Michelle Bachelet als Hoher Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte geleistet wird;

23.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Annahme von Maßnahmen – beispielsweise im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte – in Erwägung zu ziehen, um die Menschenrechte zu schützen und sicherzustellen, dass diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden;

24.  betont, dass die EU auf der Seite der Bevölkerung Äthiopiens steht; betont seine Bereitschaft, eine friedliche Lösung für den Konflikt zu finden; schlägt jedoch vor, dass die Kommission gegen Mitglieder der Regierung Äthiopiens, der Regierung Eritreas und der Volksbefreiungsfront von Tigray sowie gegen weitere Personen, die für Handlungen verantwortlich sind, die den Konflikt verlängern und die humanitäre Lage von Millionen von Äthiopiern verschlimmern, Sanktionen verhängt, falls sich die humanitäre Lage bis Ende Oktober 2021, insbesondere nach der Bildung einer neuen äthiopischen Regierung, nicht deutlich verbessert hat;

25.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Ausfuhr von Waffen und Überwachungstechnologien nach Äthiopien, die eingesetzt werden, um Angriffe auf Zivilpersonen zu verüben und Menschenrechtsverletzungen zu begehen, einzustellen;

26.  begrüßt die Executive Order der Vereinigten Staaten vom 17. September 2021 zur Krise in Äthiopien, die sich gegen diejenigen richtet, die für die Verlängerung des Konflikts in Äthiopien, die Behinderung des Zugangs für humanitäre Organisationen, die Verhinderung eines Waffenstillstands und die Verübung von Menschenrechtsverletzungen verantwortlich oder daran beteiligt sind; bedauert jedoch, dass die Vereinigten Staaten weiterhin Budgethilfe geleistet haben und ihre Maßnahmen daher weniger wirksam und entschlossen waren als jene der EU;

27.  begrüßt nachdrücklich die lebensrettende Unterstützung, die die Kommission in der Region leistet, und unterstützt, dass diese weiter ausgeweitet wird; fordert die Mobilisierung zusätzlicher Mittel in Höhe von mindestens 30 Mio. EUR aus der Solidaritäts- und Soforthilfereserve der EU, damit der dringlichste Bedarf der von dem Konflikt betroffenen Menschen in Tigray und in den übrigen Regionen, die unmittelbar von der Ausbreitung des Konflikts in Nordäthiopien betroffen sind, gedeckt werden kann, und dass dabei besonderes Augenmerk auf die Grenzregionen Afar und Amhara gelegt wird;

28.  fordert die EU und die Staats- und Regierungschefs ihrer Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Afrikanischen Union und der EU sowie dem bevorstehenden Treffen der Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union und der EU der Lage der Menschenrechte und der humanitären Lage in Tigray und Nordäthiopien Priorität einzuräumen, konkrete Maßnahmen zu ermitteln und eine bessere Koordinierung von Strategien und Kommunikation zu fördern;

29.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Bundesregierung und dem Bundeshaus Äthiopiens, den Behörden der Region Tigray, der Regierung der Republik Sudan, der Regierung des Staates Eritrea, den Regierungen der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung, der Afrikanischen Union und ihren Mitgliedstaaten, dem Panafrikanischen Parlament und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0330.
(2) Erklärung vom 12. August 2021 zum jüngsten Bericht von Amnesty International über mutmaßliche Vergewaltigungen und mutmaßliche andere Formen sexueller Gewalt im Regionalstaat Tigray in der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien.

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