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Verfahren : 2022/2851(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B9-0430/2022

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 06/10/2022 - 5.6
CRE 06/10/2022 - 5.6

Angenommene Texte :

P9_TA(2022)0353

Angenommene Texte
PDF 144kWORD 54k
Donnerstag, 6. Oktober 2022 - Straßburg
Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine
P9_TA(2022)0353RC-B9-0430/2022

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine (2022/2851(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine und zu Russland,

–  unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,

–  unter Hinweis auf die Schlussakte von Helsinki aus dem Jahre 1975,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Mitglieder des Europäischen Rates und der Außenminister der G7-Staaten vom 30. September 2022 zur Ukraine,

–  unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung des Hohen Vertreters vom 28. September 2022 zu den illegalen Scheinreferenden Russlands in den Regionen Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja,

–  unter Hinweis auf die Presseerklärung von Ursula von der Leyen, Präsidentin der Kommission, vom 28. September 2022 zu einem neuen Paket restriktiver Maßnahmen gegen Russland und die Botschaft des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, vom 30. September 2022 zur rechtswidrigen Annexion ukrainischer Regionen durch Russland,

–  unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebenen Erklärungen des Hohen Vertreters vom 22. September 2022 zu den Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 sowie vom 28. September 2022 zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass gemäß der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts alle Staaten souveräne Gleichheit genießen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen müssen; in der Erwägung, dass, jede Annexion des Hoheitsgebiets eines Staates durch einen anderen Staat infolge der Androhung oder Anwendung von Gewalt einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und Grundsätze des Völkerrechts darstellt; in der Erwägung, dass dieser Grundsatz kürzlich von António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, bekräftigt wurde;

B.  in der Erwägung, dass die Russische Föderation als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eine besondere politische Verantwortung für die Wahrung von Frieden und Sicherheit in der Welt trägt, jedoch durch ihre aggressiven Handlungen gegen die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine fortgesetzt gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen verstößt und die internationale Gemeinschaft offen herausgefordert hat, indem sie ihre rechtswidrigen Handlungen, die einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellen, während der Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen ankündigte;

C.  in der Erwägung, dass die Russische Föderation in den vergangenen Monaten ihren rechtswidrigen, unprovozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen die Ukraine fortgesetzt hat; in der Erwägung, dass eine erfolgreiche ukrainische Gegenoffensive, die Anfang September 2022 eingeleitet wurde, dazu geführt hat, dass Russland einen erheblichen Teil des ukrainischen Hoheitsgebiets, das es im Gebiet Charkiw und anderen Gebieten in der Ostukraine und der Südukraine besetzt hatte, wieder verloren hat; in der Erwägung, dass nach der Befreiung dieser Gebietsteile unter anderem in Isjum Massengräber mit mehr als 440 Leichen und mithin neue Beweise für schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen entdeckt wurden, die von den russischen Streitkräften und ihren Hilfstruppen begangen wurden;

D.  in der Erwägung, dass bereits Tausende Zivilisten ermordet und viele weitere gefoltert, schikaniert, sexuell angegriffen, entführt oder vertrieben wurden; in der Erwägung, dass die russischen Streitkräfte und ihre Hilfstruppen das humanitäre Völkerrecht mit ihrem unmenschlichen Vorgehen völlig missachten;

E.  in der Erwägung, dass die russischen Streitkräfte seit Beginn der Invasion Zehntausende von Gefallenen und Vermissten zu beklagen haben und auch sehr viel entsprechendes militärisches Gerät zerstört wurde;

F.  in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft die Ukraine weiterhin mit moderner Ausrüstung, Munition, Ausbildung und dem Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse unterstützt, wobei der Kongress der USA kürzlich ein Gesetz verabschiedet hat, mit dem Hilfsleitungen im Wert von mehr als 12,3 Mrd. USD bereitgestellt werden;

G.  in der Erwägung, dass die ukrainische Armee nach Angaben ukrainischer Amtsträger moderne Hauptkampfpanzer, mehr Boden-Luft- und Boden-Boden-Waffensysteme, gepanzerte Mannschaftstransportwagen sowie zusätzliche Ausbildungszentren und weitere Sachleistungen in Form von Munition benötigt;

H.  in der Erwägung, dass vom 9. bis zum 11. September 2022 in Russland sowie in den rechtswidrig annektierten ukrainischen Verwaltungseinheiten Autonome Republik Krim und Stadt Sewastopol, deren Annexion die Union nicht anerkennt, Regional- und Kommunalwahlen abgehalten wurden;

I.  in der Erwägung, dass zwischen dem 23. und dem 27. September 2022 in den teilweise von Russland besetzten ukrainischen Gebieten Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja eilig organisierte Scheinreferenden stattfanden, an denen auch nach Russland deportierte ukrainische Staatsangehörige aus diesen Gebieten teilnehmen mussten, wobei die russischen Staatsorgane vorher festgelegte und unrealistisch hohe Zahlen in Bezug auf die Wahlbeteiligung und die Zustimmung zur Annexion durch Russland meldeten; in der Erwägung, dass die Abstimmung mit systematischen Menschenrechtsverletzungen und Einschüchterungen einherging, wozu insbesondere die Anwesenheit bewaffneter russischer Soldaten zählte; in der Erwägung, dass die Scheinreferenden an das Referendum erinnerten, das Russland auf der Krim durchgeführt hatte, nachdem es die Halbinsel Anfang 2014 besetzt hatte; in der Erwägung, dass Russland am 30. September 2022 die rechtswidrige Annexion dieser Gebiete förmlich angekündigt hat, die daraufhin durch die Staatsduma und den Föderationsrat einstimmig gebilligt wurden;

J.  in der Erwägung, dass Wladimir Putin am 21. September 2022 die erste Mobilmachung in Russland seit dem Zweiten Weltkrieg verkündet hat; in der Erwägung, dass Medienberichten zufolge die Mobilmachung zwischen 300 000 und 1,2 Millionen Reservisten der russischen Streitkräfte betrifft, die zu den Waffen gerufen wurden; in der Erwägung, dass entgegen der offiziellen Ankündigung, die Behörden würden Staatsangehörige einziehen, die kürzlich in der Armee gedient und Kampferfahrung haben, berichtet wird, dass auch Menschen ohne militärische Erfahrung eingezogen werden, insbesondere Menschen aus ärmeren und entlegenen Gebieten sowie Angehörige ethnischer Minderheiten, und dass die Einberufung als repressive Maßnahme eingesetzt wird, etwa auf der besetzten Krim, wo mehr als 1 500 Krimtataren einberufen wurden; in der Erwägung, dass es auch Berichte über Zwangsmobilmachungen aus den kürzlich rechtswidrig annektierten Gebieten der Ukraine gibt; in der Erwägung, dass es Berichte darüber gibt, dass neue Rekruten fast sofort an die Front geschickt werden;

K.  in der Erwägung, dass die Bekanntgabe der Mobilmachung Russlands zu Protesten geführt hat, wobei die russischen Staatsorgane bislang mehr als 2 400 Demonstranten festgenommen haben; in der Erwägung, dass seit der Ankündigung der Mobilmachung mehrere Hunderttausend Russen aus Russland geflohen sind, um nicht eingezogen zu werden; in der Erwägung, dass die russischen Staatsorgane an mehreren Grenzübergängen Rekrutierungszentren eingerichtet haben, um Mitteilungen über die Einberufung zum Wehrdienst vor Ort zu übergeben und Staatsangehörige davon abzuhalten, das Land zu verlassen;

L.  in der Erwägung, dass die russischen Streitkräfte das Kernkraftwerk Saporischschja weiterhin besetzt halten; in der Erwägung, dass Ihor Muraschow, der Generaldirektor des Kernkraftwerks Saporischschja, am 30. September 2022 von Angehörigen der russischen Streitkräfte verschleppt und später wieder freigelassen wurde; in der Erwägung, dass das Kernkraftwerk Saporischschja das größte in Europa ist und sein letzter Reaktor Anfang September 2022 aufgrund der Kämpfe auf dem Gelände und in der Umgebung des Kernkraftwerks abgeschaltet wurde; in der Erwägung, dass die Gefahr eines Unglücks in dem Kernkraftwer k jedoch nach wie vor besteht;

M.  in der Erwägung, dass Wladimir Putin in einer Fernsehansprache am 21. September 2022 damit gedroht hat, im Fall einer Bedrohung der territorialen Unversehrtheit Russlands – wobei er sich auch auf die rechtswidrig annektierten Gebiete der Ukraine bezog – „mit Sicherheit alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um Russland und unser Volk zu schützen“; in der Erwägung, dass es sich bei den Worten „alle uns zur Verfügung stehenden Mittel“ um einen unverhohlenen Erpressungsversuch mit Kernwaffen handelt;

N.  in der Erwägung, dass an den Erdgasfernleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 am 26. September und 27. September 2022 ein dramatischer Druckabfall infolge von Lecks zu beobachten war, die vermutlich durch absichtliche Unterwasserexplosionen verursacht wurden, die wahrscheinlich von einem staatlichen Akteur herbeigeführt wurden; in der Erwägung, dass die genaue Menge Methan, das in die Atmosphäre entweicht, zwar schwer zu messen ist, diese Menge aber wahrscheinlich sehr groß ist und schädliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wird;

O.  in der Erwägung, dass Präsident Wolodymyr Selenskyj am 30. September 2022 bekannt gegeben hat, dass die Ukraine offiziell die Mitgliedschaft in der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) beantragt hat;

1.  bekräftigt die unverbrüchliche Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine sowie für ihre Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen; verurteilt auf das Allerschärfste den ungerechtfertigten, unprovozierten und rechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine; weist darauf hin, dass Russland die volle Verantwortung für den Krieg trägt und dass es den Krieg umgehend beenden und all seine Streitkräfte und Hilfstruppen aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abziehen muss;

2.  würdigt den großen Mut der Bevölkerung der Ukraine, die mit gewaltigen Opfern bei der Verteidigung des Landes und der europäischen Werte wie Freiheit, Menschenwürde und Demokratie verbunden ist; weist darauf hin, dass die Ukraine gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen das Recht hat, sich gegen Russlands Angriffskrieg zu verteidigen, um wieder die vollständige Kontrolle über ihr gesamtes Hoheitsgebiet innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen zu erlangen; würdigt die ukrainischen Streitkräfte und ihr überaus wirksames Vorgehen sowohl im Kampf als auch unter moralischen Gesichtspunkten und nimmt den bedeutsamen Beitrag zur Kenntnis, den sie für die europäische Sicherheit leisten;

3.  fordert alle Länder auf, den Angriffskrieg Russlands und seine Versuche, sich mit Gewalt und durch Scheinreferenden Gebiete anzueignen, unmissverständlich zu verurteilen; fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, sich mit den zahlreichen Regierungen, die in Bezug auf Russlands Aggression gegen die Ukraine eine neutrale Haltung eingenommen haben, ins Benehmen zu setzen, um einen starken internationalen Widerstand gegen jegliche gewaltsame Veränderungen der Grenzen der Ukraine aufzubauen und das Völkerrecht zu verteidigen;

4.  verurteilt aufs Schärfste die massiven und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die von den russischen Streitkräften, ihren Hilfstruppen und den von Russland eingesetzten Besatzungsbehörden in der Ukraine begangen werden; bekräftigt, dass die verantwortlichen Regierungsbeamten und militärischen Befehlshaber sowie diejenigen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (darunter Völkermord) begehen, zur Rechenschaft gezogen werden müssen;

5.  fordert die Mitgliedstaaten und andere Länder, die die Ukraine unterstützen, auf, ihre Militärhilfe insbesondere in den Bereichen, in denen die Regierung der Ukraine Hilfe anfordert, massiv aufzustocken, damit die Ukraine die vollständige Kontrolle über ihr gesamtes international anerkanntes Hoheitsgebiet wiedererlangen und sich erfolgreich gegen jede weitere Aggression Russlands verteidigen kann; fordert, Überlegungen dazu anzustellen, ob eine Fazilität für Militärhilfe im Rahmen einer Leihe und Miete von Rüstungsgütern bereitgestellt werden könnte; fordert insbesondere die zögerlichen Mitgliedstaaten auf, ihren gerechten Anteil an der Militärhilfe bereitzustellen, die erforderlich ist, um zur Verkürzung der Dauer des Krieges beizutragen; weist darauf hin, dass die zögerliche Haltung einiger Unterstützer der Ukraine den Krieg nur verlängert und unschuldigen Ukrainern das Leben kostet; fordert die Staats- und Regierungsoberhäupter der Union auf, fortwährende Einigkeit unter den Mitgliedstaaten und gleichgesinnten Ländern herzustellen, damit die Ukraine uneingeschränkt und vorbehaltlos gegen Russlands Angriffskrieg unterstützt wird;

6.  fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, Waffenlieferungen über das Clearing-House-Verfahren des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) zu koordinieren, auch im Rahmen einer Initiative der Union zur Lieferung fortgeschrittener Waffensysteme wie der Leopard-Panzer; fordert die Mitgliedstaaten auf, umgehend mit der einschlägigen Ausbildung ukrainischer Soldaten zu beginnen;

7.  verurteilt die Scheinreferenden, die mit vorgehaltener Waffe zwecks Annexion der Gebiete Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja durchgeführt wurden, unmissverständlich als rechtswidrig und unrechtmäßig; weist darauf hin, dass die Referenden unter Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht durchgeführt wurden; verwirft die fingierten Ergebnisse der Referenden und den darauf folgenden Anschluss der genannten Gebiete an Russland und erkennt diese Handlungen nicht an; hält die Ergebnisse der Scheinreferenden für null und nichtig; vertritt die Auffassung, dass die angekündigte Annexion eine gefährliche und unverantwortliche Eskalation und einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen darstellt, in denen der Weltfrieden, die Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit und die Souveränität aller Staaten garantiert ist, und dass diese Handlung von der internationalen Gemeinschaft nicht unbeantwortet bleiben kann und wird;

8.  missbilligt das Dekret des russischen Präsidenten vom 29. September 2022 zur Anerkennung der „Unabhängigkeit“ der ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja sowie die am 30. September 2022 unterzeichneten rechtswidrigen Verträge über die Aufnahme in die Russische Föderation; erklärt seine unerschütterliche Unterstützung für die Politik der Union, die rechtswidrigen Handlungen Russlands gegen die Ukraine, einschließlich der Annexion, nicht anzuerkennen, und fordert den Rat daher auf, als Reaktion auf diese Handlungen weitere strenge Sanktionen zu verhängen;

9.  begrüßt die Vorschläge der Kommission für das achte Sanktionspaket gegen Russland; fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Sanktionspaket rasch zu billigen, auf eigennützige Verzögerungen zu verzichten und die Sanktionen gründlich umzusetzen; fordert, dass die Sanktionen auf neue Bereiche ausgeweitet werden, auch durch den Ausschluss der Banken Gazprombank, Alfa Bank, Rosbank, Tinkoff Bank, Saint Petersburg Bank, Allrussische Bank für regionale Entwicklung (Wserossijski Bank Raswitija Regionow) und Far Eastern Bank aus dem SWIFT-System, sowie die weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Kryptowerte und Kryptowährungen; fordert die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten auf, die Einigkeit in der Union zu wahren und den Druck auf den Kreml unter anderem durch zusätzliche Sanktionspakete zu erhöhen, die ein Ausfuhrverbot für alle Hochtechnologieprodukte und strategischen Güter sowie weitere Sanktionen umfassen, mit denen die Wirtschaft und die industrielle Basis Russlands – insbesondere der militärisch-industrielle Komplex des Landes – strategisch geschwächt werden sollen; unterstützt die Verhängung individueller Sanktionen gegen Personen und Organisationen, die unmittelbar an Deportationen und Zwangsadoptionen ukrainischer Kinder und an der Ausrichtung und Beobachtung der rechtswidrigen Scheinreferenden beteiligt waren, sowie gegen alle Mitglieder der Parteien der Staatsduma, die auf allen Ebenen, auch auf regionaler und kommunaler Ebene, Ämter in gewählten Parlamenten innehaben; fordert die Mitgliedstaaten auf, jedwede Umgehung der Sanktionen mit großem Engagement zu verhindern, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen; fordert die Kommission und die beiden gesetzgebenden Organe auf, die Ausarbeitung der rechtlichen Regelung für die Einziehung von Vermögenswerten, die durch die Sanktionen eingefroren wurden, zügig zu vollenden;

10.  bekräftigt seine Forderung nach einem sofortigen und vollständigen Embargo auf Einfuhren von fossilen Brennstoffen und Uran aus Russland sowie der vollständigen Aufgabe der Erdgasfernleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2, um der Finanzierung von Putins Kriegsmaschinerie durch Gelder der Union ein Ende zu setzen; fordert ein zusätzliches Verbot des Erwerbs, der Einfuhr und der Beförderung von Titan, Aluminium, Kupfer, Nickel, Palladium und Rhodium und von Rohdiamanten und verarbeiteten Diamanten aus Russland oder durch Russland in der bzw. in die Union sowie ein zusätzliches Verbot von Einfuhren von Eisen- und Stahlerzeugnissen, die ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden, einschließlich Eisenerz und Halbzeug, damit Russland auf diesem Wege weniger Einnahmen erwirtschaftet; fordert zudem, den Zugang Russlands zu grundlegenden industriellen Ressourcen, Technologien und Dienstleistungen – insbesondere zu denjenigen, die die Militärindustrie des Aggressorstaats benötigt – zu minimieren;

11.  warnt das Regime von Aljaksandr Lukaschenka davor, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Vorschub zu leisten, auch bei Russlands Mobilmachungsbemühungen und durch die Unterbringung von Wehrpflichtigen auf belarussischem Hoheitsgebiet; fordert die Kommission und den Rat auf, Belarus in die neue Welle von Sanktionen im Zusammenhang mit der Mobilmachung einzubeziehen;

12.  verurteilt die Mobilmachung in Russland und fordert ein sofortiges Ende der Zwangsrekrutierung; verurteilt die Maßnahmen, mit denen die Bewohner der vorübergehend besetzten Gebiete der Ukraine dazu gezwungen werden, in den Streitkräften oder Hilfstruppen Russlands zu dienen, was gemäß dem Vierten Genfer Abkommen verboten ist; appelliert nachdrücklich an die gesamte Bevölkerung Russlands, sich nicht in diesen Krieg hineinziehen zu lassen, der völkerrechtswidrig ist und daher von einer großen Mehrheit der Länder verurteilt wurde, der nur geführt wird, um ein undemokratisches kleptokratisches Regime in Russland an der Macht zu halten, und der letztlich die Wirtschaft Russlands und die Aussichten der Bevölkerung Russlands auf eine sichere und gedeihliche Zukunft zerstören wird; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, russischen Staatsangehörigen, die Schutz benötigen, etwa politisch Verfolgten, humanitäre Visa auszustellen;

13.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Leitlinien der Kommission für die allgemeine Visumerteilung in Bezug auf russische Antragsteller und die Kontrolle russischer Staatsangehöriger an den Außengrenzen in vollem Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht vollständig umzusetzen und zu gewährleisten, dass jeder Asylantrag, der unter anderem von Dissidenten, Deserteuren, Wehrdienstverweigerern und Aktivisten gestellt wird, individuell bearbeitet wird, wobei den Sicherheitsbelangen des Aufnahmemitgliedstaats und dem Asyl-Besitzstand der Union Rechnung zu tragen ist; fordert den Rat und die Kommission auf, die Lage in Bezug auf Visa für russische Staatsangehörige genau zu überwachen;

14.  fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Länder im Südkaukasus und in Zentralasien, in denen derzeit eine beträchtliche Zahl russischer Staatsangehöriger Aufnahme findet, insbesondere Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Armenien und Kirgisistan, stärker zu unterstützen, um die Stabilität in diesen Regionen zu wahren;

15.  verurteilt das Dekret des russischen Präsidenten vom 5. Oktober 2022, in dem das KKW Saporischschja als „föderales Eigentum“ bezeichnet und die russische Regierung angewiesen wird, die Kontrolle darüber zu übernehmen; fordert den sofortigen Abzug des russischen Militärpersonals aus dem Kernkraftwerk Saporischschja und dessen Umgebung sowie die Schaffung einer entmilitarisierten Zone rund um das Kernkraftwerk; weist erneut darauf hin, dass die Kämpfe in der Umgebung des Kernkraftwerks zu einer Katastrophe riesigen Ausmaßes mit unvorstellbaren Folgen führen könnten;

16.  verurteilt die jüngsten Drohungen Russlands mit dem Einsatz von Kernwaffen als unverantwortlich und gefährlich; fordert die Mitgliedstaaten und die internationalen Partner auf, eine rasche und entschlossene Reaktion vorzubereiten, falls Russland die Ukraine mit Kernwaffen angreift; fordert Russland auf, umgehend damit aufzuhören, mit einer nuklearen Eskalation zu drohen, da eine Nuklearkatastrophe über Jahrzehnte hinweg weltweit Auswirkungen auf das menschliche Leben und die Umwelt hätte; weist darauf hin, dass jeder Versuch Russlands, Angriffe auf besetzte Gebiete als Angriff auf Russland und damit als Beweggrund für einen Kernwaffenangriff darzustellen, rechtswidrig und grundlos ist und die Europäische Union nicht davon abhalten wird, die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung weiter zu unterstützen;

17.  fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Zivilgesellschaft und die freien Medien in der Ukraine und in Russland stärker zu unterstützen und enger mit ihnen zusammenzuarbeiten; betont, dass die Widerstandsfähigkeit der Ukraine und ihre Fähigkeit, sich gegen Russlands Angriffskrieg zur Wehr zu setzen, es gebieten, den humanitären Akteuren in der Ukraine mehr Aufmerksamkeit zu widmen und mehr Unterstützung zuteilwerden zu lassen, wobei humanitären Akteuren, die Frauen unterstützen, besonderes Augenmerk gelten sollte; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, in der Union weiterhin Behelfsunterkünfte für Kriegsflüchtlinge bereitzustellen, und bei der Ausstellung befristeter Reisedokumente zu helfen, mit denen ukrainische Staatsangehörige, die ohne ihre Ausweise oder Reisepässe in Russland festsitzen, auf eigenen Wunsch das Land verlassen können; verurteilt die systematischen Versuche Russlands, die Einreise ukrainischer Flüchtlinge in die Union an der Grenze zu Estland bzw. Lettland zu verlangsamen, was bald zu einer schweren humanitären Krise führen könnte; fordert die Mitgliedstaaten und die Grenzkontrollstellen der Mitgliedstaaten auf, solche Flüchtlinge nicht an der Einreise in die Union zu hindern;

18.  fordert die Kommission auf, an einem umfassenden Aufbaupaket für die Ukraine zu arbeiten, dessen Schwerpunkt auf Soforthilfe und mittel- und langfristiger Hilfe für das Land und auf dem Wiederaufbau und der Erholung des Landes liegen sollte, und einen weiteren Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftswachstums zu leisten und unter Umständen sofort damit zu beginnen; weist darauf hin, dass das Aufbaupaket von der Union, internationalen Finanzinstitutionen und gleichgesinnten Partnern gemeinsam auf den Weg gebracht sollte; fordert, dass das Aufbaupaket aus der dafür erforderlichen Haushaltskapazität der Union unterstützt wird;

19.  bekundet den russischen Staatsangehörigen, die den Krieg verurteilen, seine Wertschätzung; verurteilt die Festnahme Tausender friedlicher Demonstranten durch die Staatsorgane Russlands und fordert deren sofortige Freilassung;

20.  fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, Überlegungen dazu anzustellen, wie in Zukunft eine Zusammenarbeit mit Russland gestaltet und das Land dabei unterstützt werden kann, dass ihm ein Übergang von einem autoritären Regime zu einem demokratischen Land, das dem Revisionismus und Imperialismus abschwört, gelingt; ist der Ansicht, dass ein erster Schritt darin bestünde, dass die Unionsorgane mit demokratisch gesinnten Wortführern und der Zivilgesellschaft in Russland zusammenarbeiten und Unterstützung für ihre Agenda für ein demokratisches Russland mobilisieren; unterstützt die Einrichtung eines im Europäischen Parlament angesiedelten Demokratiezentrums für Russland;

21.  weist darauf hin, dass sich die Unterwasserexplosionen an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen gerade zu dem Zeitpunkt ereigneten, als die neue, durch die Ostsee verlaufende Erdgasfernleitung Baltic Pipe, über die Erdgas aus Norwegen über Dänemark nach Polen transportiert wird, eingeweiht wurde; vertritt die Auffassung, dass sich die Unterwasserexplosionen an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen nicht zufällig ereignet haben, sondern dass sich die Spekulationen verdichten, wonach die Explosionen auf koordiniertes und vorsätzliches Handeln eines staatlichen Akteurs zurückzuführen sind; ist der Ansicht, dass die Explosionen an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen zeigen, wie gefährlich die Politik der immer größeren Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland war und dass die Instrumentalisierung von Energie als Waffe mit den Explosionen ein neues Niveau erreicht hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Schutz kritischer europäischer Infrastruktur, wozu auch Offshore-Rohrleitungen und ‑Kabel zählen, zu verstärken und vorrangig zu behandeln, ihre Widerstandsfähigkeit gegen Angriffe von außen zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit der Partner der Union in Osteuropa und im Westbalkanraum weiter zu stärken; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen einer Untersuchung zu ermitteln, wer den Sabotageakt an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen verübt hat; vertritt die Auffassung, dass die vorsätzlich verursachten Unterwasserexplosionen eine Umweltstraftat zum Schaden der Union darstellen;

22.  fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, mit internationalen Gremien zusammenzuarbeiten, um Beweise zu sammeln und die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu den seit dem 20. Februar 2014 im Hoheitsgebiet der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen zu unterstützen;

23.  fordert die Einrichtung eines internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine, vor dem Putin und alle zivilen und militärischen Amtsträger Russlands und ihre Helfershelfer, die für die Planung, den Beginn und die Durchführung des Krieges in der Ukraine verantwortlich sind, strafrechtlich verfolgt werden;

24.  verurteilt die vielschichtige Strategie Russlands, weltweit falsche und verzerrte Darstellungen und die neoimperialistische Ideologie „Russische Welt“ (Russki mir) zu präsentieren, zu verstärken und zu verbreiten; fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, gegen russische Organisationen, Einzelpersonen und andere Helfershelfer, die russische Desinformation verbreiten, Sanktionen zu verhängen und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um dagegen vorzugehen, dass Russland Informationen als Waffe einsetzt;

25.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, der Internationalen Organisation für Migration, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, dem Internationalen Strafgerichtshof, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation und den Staatsorganen von Belarus zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 26. Januar 2023Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen