Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Oktober 2022 zur Zunahme der Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen in Europa angesichts des jüngsten homophoben Mordes in der Slowakei (2022/2894(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union („Charta“),
– unter Hinweis auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union,
– unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI(1) („Opferschutzrichtlinie“),
– unter Hinweis auf die Bewertung der Umsetzung der Opferschutzrichtlinie in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen – Evaluierung (SWD(2022)0180)(2) und deren Zusammenfassung(3) vom 28. Juni 2022,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. November 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020-2025“ (COM(2020)0698),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2021 mit dem Titel „Ein inklusiveres und besser schützendes Europa: Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität“ und ihren Anhang (COM(2021)0777),
– unter Hinweis auf die Ergebnisse der von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) 2019 durchgeführte LGBT-Erhebung in der EU,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2020 zu der Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte(4),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2021 zur Ausrufung der EU zum Freiheitsraum für LGBTIQ-Personen(5),
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten vom 20. Mai 2022 zur Bekämpfung von Hetze (CM/Rec(2022)16)(6),
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten vom 31. März 2010 über Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität (CM/Rec(2010)5)(7) und auf den dazugehörigen Umsetzungsbericht aus dem Jahr 2020(8),
– unter Hinweis auf die allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 15 der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) über die Bekämpfung von Hassrede(9),
– unter Hinweis auf den Länderbericht der ECRI über die Slowakische Republik(10),
– unter Hinweis auf den Menschenrechtskommentar der Menschenrechtskommissarin des Europarats zur Politisierung von Homophobie und Transphobie in Europa („Pride vs. indignity: political manipulation of homophobia and transphobia in Europe“)(11),
– unter Hinweis auf den Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarats im Anschluss an seinen Besuch in der Slowakischen Republik vom 15. bis 19. Juni 2015,
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2022,
– unter Hinweis auf die Studie seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche vom 20. Mai 2022 zum Rechtsextremismus in der EU(12),
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass am Mittwoch, 12. Oktober 2022, im Zentrum von Bratislava (Slowakei) ein rechtsextremer radikalisierter Schütze, der sich an den Terroristen der White-Supremacy-Ideologie orientierte, zwei junge Menschen, Matúš Horváth und Juraj Vankulič, brutal ermordet und eine weitere Person verletzt hat; in der Erwägung, dass die Schüsse vor der bekannten LGBTIQ+-Bar Tepláreň fielen, bei der es sich um einen der äußerst wenigen LGBTIQ+-freundlichen Orte der Stadt handelt; in der Erwägung, dass der Schütze bei dem Anschlag vorsätzlich und geplant vorging und beabsichtigte, mehr Menschen zu töten, darunter auch hochrangige Beamte; in der Erwägung, dass die slowakische Polizei die Tat als Terroranschlag eingestuft hat und die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind; in der Erwägung, dass dies – sofern bestätigt wird, dass es sich um einen Terroranschlag handelte – der erste gegen die LGBTIQ+-Gemeinschaft gerichtete Terroranschlag in der EU wäre;
B. in der Erwägung, dass der Mörder, ein radikalisierter 19-jähriger Student aus Bratislava, nach dem Anschlag stundenlang auf der Flucht war; in der Erwägung, dass er vor, während und nach der Abgabe der Schüsse über verschiedene Kanäle in den sozialen Medien aktiv über die Tat berichtete; in der Erwägung, dass einige Stunden vor der Abgabe der Schüsse auf seinem Nutzerprofil ein judenfeindliches und LGBTIQ+-feindliches Manifest erschien; in der Erwägung, dass auf demselben Nutzerprofil ein Bild von Mitte August 2022 veröffentlicht wurde, das den mutmaßlichen Mörder vor der Bar Tepláreň zeigt; in der Erwägung, dass der Profilinhaber eine halbe Stunde nach dem tödlichen Anschlag auf Twitter die Worte „hatecrime“ (Hassverbrechen), „gaybar“ (Schwulenbar) und „Feeling no regrets“ (keine Reue) veröffentlichte und kurz vor Mitternacht auf dem Profil die Botschaft „tschüss, wir sehen uns auf der anderen Seite“ zu lesen war; in der Erwägung, dass der radikalisierte 19-jährige Student auf Fotos zu sehen ist, die ihn mit der internationalen antifeministischen und frauenfeindlichen „Incel“-Ideologie und ‑Bewegung in Verbindung bringen;
C. in der Erwägung, dass die LGBTIQ+-Gemeinschaft in der Slowakei hetzerischer Rhetorik und Gewalt ausgesetzt ist, was auch von vielen slowakischen Politikern vorangetrieben wird; in der Erwägung, dass es häufig zu verbalen und tätlichen Übergriffen auf die LGBTIQ+-Gemeinschaft in der Slowakei kommt, weswegen sich ihre Mitglieder nicht sicher und von der Gesellschaft nicht akzeptiert fühlen; in der Erwägung, dass im Anschluss an die tragische Tat in sozialen Medien hetzerische Kommentare veröffentlicht wurden, in denen die Morde gerechtfertigt oder ins Lächerliche gezogen wurden;
D. in der Erwägung, dass das Klima von Hass, Intoleranz und Einschüchterung gegenüber der LGBTIQ+-Gemeinschaft in der Slowakei nicht nur durch rechtsextreme und extremistische Bewegungen, sondern auch durch Vertreter der Kirche und der politischen Eliten gefördert wird, die in ihren Erklärungen häufig weitere Einschränkungen für LGBTIQ+-Personen fordern; in der Erwägung, dass der Nationalrat im Juni 2014 die Verfassung des Landes dahin gehend geändert hat, dass gleichgeschlechtlichen Paaren ausdrücklich das Recht auf Eheschließung und der damit einhergehende Rechtsschutz verwehrt wird; in der Erwägung, dass im Februar 2015 ein gegen die LGBTIQ+-Gemeinschaft gerichtetes Referendum stattfand, nachdem die konservative, von der Kirche unterstützte „Allianz für Familie“ 400 000 Unterschriften gesammelt hatte, in denen eine Abstimmung über strengere gegen LGBTIQ+-Personen gerichtete Rechtsvorschriften gefordert wurde; in der Erwägung, dass ein Mitglied der Regierungskoalition im Mai 2022 ein Gesetz vorgeschlagen hat, mit dem die Regenbogenfahne von staatseigenen und öffentlichen Gebäuden verbannt werden soll; in der Erwägung, dass im September von Mitgliedern des Parlaments ein weiterer Gesetzesvorschlag vorgelegt wurde, mit dem jegliche Erwähnung der queeren Gemeinschaft in Schulen, Werbung und Fernsehen verboten werden soll; in der Erwägung, dass es an slowakischen Schulen keine verpflichtende, altersgerechte umfassende Beziehungs- und Sexualerziehung gibt;
E. in der Erwägung, dass am Freitag, 14. Oktober 2022, zahlreiche Menschen, darunter die Präsidentin und der Ministerpräsident der Slowakei, in Bratislava auf die Straße gingen, um den Hass gegen LGBTIQ+-Personen anzuprangern; in der Erwägung, dass im ganzen Land und in mehreren anderen Mitgliedstaaten ähnliche Veranstaltungen organisiert wurden, um für die Rechte der LGBTIQ+-Gemeinschaft in der Slowakei einzutreten; in der Erwägung, dass die slowakische Präsidentin ihre langjährige Forderung wiederholt hat, dass Politiker keinen Hass verbreiten sollen; in der Erwägung, dass auf dem Präsidentenpalais neben der slowakischen Flagge und der Europaflagge erstmals eine Regenbogenfahne gehisst wurde und das Parlamentsbüro zum Gedenken an die Mordopfer die Burg von Bratislava beleuchtet hat;
F. in der Erwägung, dass durch Vorurteile motivierte Verbrechen, die auch als Hassverbrechen oder hassmotivierte Straftaten bezeichnet werden, nicht nur die betroffenen Personen sondern auch die Gemeinschaften und die Gesellschaft als Ganzes betreffen; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, aktiv dafür zu sorgen, dass die Rechte auf Menschenwürde und Integrität sowie das Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe tatsächlich geschützt und durchgesetzt werden;
G. in der Erwägung, dass eine Rhetorik, mit der LGBTIQ+-Personen aufgrund von Vorurteilen ausgeschlossen und stigmatisiert werden, immer normaler wird, was zu noch mehr Gewalt und Herabsetzung ihrer Menschenwürde führt und Straftätern das Gefühl verleiht, schuldfrei und ungehindert zu agieren;
H. in der Erwägung, dass die zweite LGBTI-Erhebung der EU von 2019 ein düsteres Bild im Hinblick auf die Diskriminierung von LGBTIQ+-Personen in der EU zeichnet, wobei in den Jahren seit der ersten LGBTI-Erhebung von 2012 kaum Fortschritte verzeichnet wurden; in der Erwägung, dass 2019 im Vergleich zu 2012 bereits ein Rückgang der Zahl von Personen verzeichnet wurde, die der Polizei Fälle der häufigsten hassmotivierten Tat – tätliche oder sexuelle Übergriffe – meldeten; in der Erwägung, dass jeder zehnte Befragte in der Slowakischen Republik angab, bereits einem hassmotivierten Übergriff ausgesetzt gewesen zu sein; in der Erwägung, dass die ECRI in ihrem Länderbericht über die Slowakische Republik für 2020 erklärt hat, dass Studien zufolge etwa 1-8 % der Bevölkerung in der Slowakischen Republik LGBTI-Personen sind; in der Erwägung, dass die ECRI die Rolle der Politik bei der Stärkung der gegen LGBTIQ+-Personen gerichteten Rhetorik festgestellt hat, insbesondere durch Anti-LGBTIQ+-Kampagnen, eine Verfassungsänderung, die Eheschließungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern verhindert, und andere politische Initiativen, durch die LGBTIQ+-Personen offen diskriminiert werden; in der Erwägung, dass die ECRI in den letzten Jahren mit Bedauern eine negative Dynamik festgestellt hat, die mit den geringen Fortschritten bei der Gleichstellung von LGBTIQ+-Personen einhergeht;
I. in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kürzlich eine Reihe von Urteilen in Bezug auf Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen gefällt hat, und zwar in der Rechtssache Stoyanova/Bulgarien betreffend den grausamen Mord an einem 26-jährigen homosexuellen Mann in einem öffentlichen Park, wobei Bulgarien aufgefordert wurde, sein Strafgesetzbuch zu reformieren, um anzuerkennen, dass bei derartigen Gewaltverbrechen (die durch die wahrgenommene oder tatsächliche sexuelle Ausrichtung motiviert sind) „erschwerende Umstände“ geltend zu machen sind(13), in der Rechtssache Sabalić/Kroatien betreffend ein Hassverbrechen gegen eine homosexuelle Frau, wobei festgestellt wurde, dass durch Vorurteile motivierten Taten mit einer Gleichgültigkeit begegnet wird, die einer offiziellen Duldung oder sogar Billigung von Hassverbrechen gleichkommt, sofern die Behörden nicht entschlossen vorgehen(14), und in der Rechtssache Beizaras und Levickas/Litauen, wobei anerkannt wurde, dass der Staat verpflichtet ist, homophobe Äußerungen im Internet, die eine Aufstachelung zu Hass und Gewalt darstellen, aktiv zu untersuchen(15);
J. in der Erwägung, dass das Ministerkomitee des Europarats 2022 eine Empfehlung zur Bekämpfung von Hetze angenommen hat und derzeit für 2023 eine Empfehlung zur Bekämpfung von Hassverbrechen ausarbeitet; in der Erwägung, dass das Ministerkomitee des Europarats 2010 eine wegweisende Empfehlung an die Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität angenommen hat;
K. in der Erwägung, dass die Menschenrechtskommissarin des Europarats 2021 davor gewarnt hat, dass ultrakonservative und nationalistische Politiker LGBTIQ+-Minderheiten zum Sündenbock machen, um sich gezielt als Verteidiger sogenannter „traditioneller Werte“ darzustellen und so ihren Rückhalt zu stärken und ihre Macht zu erhalten oder auszubauen; in der Erwägung, dass das erhebliche Bedenken hinsichtlich der Rechtfertigung von Hass durch Politiker im Gegenzug für einen möglichen politischen Nutzen aufwirft; in der Erwägung, dass die Tatsache, dass LGBTIQ+-Personen zum Sündenbock gemacht werden, nach Angaben der Menschenrechtskommissarin ein Symptom des weitverbreiteten Widerstands gegen und Angriffs auf die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit ist, wobei es sich um zwei Grundwerte der EU handelt;
L. in der Erwägung, dass sich die Kommission in ihrem im Juli 2022 veröffentlichten Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2022 weiterhin besorgt zeigt hinsichtlich der Finanzierung von Tätigkeiten zivilgesellschaftlicher Organisationen zu Themen im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Geschlechter und den Rechten von LGBTIQ+-Personen, hinsichtlich verbaler Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger in diesen Bereichen und hinsichtlich der Auszahlung von Mitteln im Rahmen öffentlicher Subventionsregelungen, von der Organisationen, die in diesen Bereichen tätig sind, weiterhin ausgeschlossen werden;
M. in der Erwägung, dass Opfer von Hassverbrechen gemäß der Opferschutzrichtlinie eine individuelle Begutachtung erhalten müssen und dass dabei spezifische Schutz- und Unterstützungsbedürfnisse zu ermitteln sind, beispielsweise in Bezug auf ihre sexuelle Ausrichtung, ihre Geschlechtsidentität oder ihren Ausdruck der Geschlechtlichkeit, und dass Opfer von Hassverbrechen gemäß der Opferschutzrichtlinie als besonders schutzbedürftige Opfer gelten;
N. in der Erwägung, dass die Kommission im Dezember 2021 einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufnahme von Hetze und Hasskriminalität in die in Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kodifizierte Liste der EU-Straftatbestände veröffentlicht hat, die Einstimmigkeit im Rat erfordert; in der Erwägung, dass Ungarn, Polen und Tschechien nach wie vor ihre Unterstützung für diese Entscheidung verweigern;
O. in der Erwägung, dass der Unabhängige Experte der Vereinten Nationen für den Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität im Jahr 2020 im Zusammenhang mit der Pandemie festgestellt hat, dass Hetze, die zu Gewalt gegen LGBT Personen aufruft, zugenommen hat, und Staaten nachdrücklich aufgefordert hat, LGBTIQ+-Personen vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen und die Täter strafrechtlich zu verfolgen(16); in der Erwägung, dass in der Strategie und dem Aktionsplan der Vereinten Nationen gegen Hetze von Jahr 2019 Hetze als eine Bedrohung der demokratischen Werte, der sozialen Stabilität und des Friedens(17) bezeichnet wurde;
1. verurteilt aufs Schärfste den feigen Terrorakt gegen die LGBTIQ+-Gemeinschaft und die Ermordung von Matúš Horváth und Juraj Vankulič in der Slowakei; bedauert diesen ideologisch motivierten rechtsextremen Angriff; bekundet den Familien der Opfer sein tief empfundenes Bedauern;
2. würdigt die sofortige, breite und positive Reaktion der slowakischen Zivilgesellschaft und Bürgerinnen und Bürger auf die Morde, die durch die Märsche im ganzen Land und im Ausland zum Ausdruck gebracht wurden, und bekundet seine Solidarität mit der LGBTIQ+-Gemeinschaft im Land;
3. verurteilt aufs Schärfste alle Formen von Hass und Gewalt sowie alle physischen oder verbalen Angriffe gegen Personen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Geschlechtsausdrucks und ihrer Geschlechtsmerkmale in der Slowakei und in der gesamten EU; weist erneut darauf hin, dass in unseren Gesellschaften kein Platz für gegen LGBTIQ+-Personen gerichteten Hass, Rassismus und Diskriminierung ist; ersucht die Kommission, den Europäischen Rat und den Rat darum, energisch und entschieden gegen Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit in Europa vorzugehen;
4. fordert die slowakische Regierung und den Nationalrat der Slowakischen Republik auf, sich ernsthaft dafür einzusetzen, dass beim Schutz von LGBTIQ+-Personen vor jeglicher Form von Hassverbrechen und Homophobie in enger Zusammenarbeit mit der LGBTIQ+-Gemeinschaft wesentliche Fortschritte erzielt werden, und dass sie sich entschieden öffentlich gegen Verletzungen der Menschenrechte von LGBTIQ+-Personen aussprechen;
5. fordert die slowakischen Behörden nachdrücklich auf, die Desinformationskampagnen gegen LGBTIQ+-Personen wirksam zu bekämpfen, die sachliche, objektive und professionelle Berichterstattung der Medien über LGBTIQ+-Personen und Fragen im Zusammenhang mit der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität oder dem Ausdruck der Geschlechtlichkeit und den Geschlechtsmerkmalen zu fördern und die Hassverbrechen und Hetze gegen die in der Slowakei lebenden Mitglieder der LGBTIQ+-Gemeinschaft zu untersuchen;
6. ist zutiefst besorgt über die häufige Verwendung offensiver, aggressiver und homophober Sprache gegenüber der LGBTIQ+-Gemeinschaft in der Slowakei, unter anderem durch ehemalige und derzeitige Regierungsmitglieder und den Nationalrat der Slowakischen Republik sowie einiger ehemaliger Premierminister; fordert, der weiteren gesellschaftlichen Polarisierung in der Slowakei entgegenzuwirken und jegliche Form der Zusammenarbeit mit rechtsextremen Kräften abzulehnen;
7. fordert die slowakische Regierung und den Nationalrat der Slowakischen Republik auf, die Gleichberechtigung der in der Slowakei lebenden LGBTIQ+-Personen auf der Grundlage der Charta sicherzustellen und die Achtung aller Rechte, insbesondere des Privat- und Familienlebens, einschließlich der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare, zu gewährleisten; fordert, die laufenden Gespräche über eine Reform der rechtlichen Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit unter Einhaltung internationaler und europäischer Standards abzuschließen und sie rasch umzusetzen;
8. ist zutiefst besorgt über die Diskriminierung von Regenbogenfamilien und insbesondere von ihren Kindern in der Slowakei, denen aufgrund der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit oder der Geschlechtsmerkmale der Eltern bzw. Partner Rechte verwehrt werden; fordert die Regierung auf, diese Diskriminierung zu unterbinden und alle Hindernisse zu beseitigen, mit denen LGBTIQ+-Personen bei der Ausübung des Grundrechts auf Freizügigkeit innerhalb der EU konfrontiert sind; fordert die Regierung nachdrücklich auf, ihre Verpflichtungen nach internationalem und europäischem Recht einzuhalten und allen Menschen die Grundrechte zu garantieren;
9. nimmt den Länderbericht der ECRI über die Slowakische Republik zur Kenntnis; weist darauf hin, dass die ECRI den slowakischen Behörden mehrere Empfehlungen unterbreitet hat, zum Beispiel die Ausarbeitung und Umsetzung eines Aktionsplans für LGBTIQ+-Personen in enger Abstimmung mit der Zivilgesellschaft, die Annahme eines neuen Aktionsplans zur Verhütung und Bekämpfung von Rassismus, Homophobie und Transphobie, insbesondere in Form von Hetze, die Sicherstellung, dass Internetdienstanbieter und Betreiber sozialer Netzwerke Hetze rasch und systematisch aus ihren Systemen entfernen und die Beweise an die Justizbehörden weiterleiten, und die Überarbeitung des Strafgesetzbuchs, um sicherzustellen, dass rassistische, homophobe oder transphobe Motive in Bezug auf alle gewöhnliche Straftaten „erschwerende Umstände“ darstellen; unterstützt uneingeschränkt die Empfehlungen der ECRI und fordert die slowakischen Behörden auf, die Maßnahmen unverzüglich umzusetzen;
10. ist zutiefst besorgt über die Straflosigkeit, mit der LGBTIQ+-feindliche Gruppen und insbesondere rechtsextremistische Gruppen in einigen Mitgliedstaaten agieren, und betont, dass dieser Eindruck der Straflosigkeit zu den Ursachen für die alarmierende Zunahme der gewalttätigen Handlungen bestimmter rechtsextremer Organisationen und die Zunahme der Drohungen gegen Minderheiten, einschließlich der LGBTIQ+-Gemeinschaft, zählt;
11. ist zutiefst besorgt darüber, dass sich die jüngeren Generationen in Europa und anderswo immer weniger besorgt über die Geschichte des Faschismus zeigen, einschließlich des darin verankerten Hasses und der Diskriminierung von LGBTIQ+-Personen, ethnischen Minderheiten und der jüdischen Bevölkerung; weist darauf hin, dass fundierte Geschichtskenntnisse zu den Grundvoraussetzungen dafür zählen, dass solche Verbrechen in Zukunft verhindert werden, und dass dies ein wichtiger Bestandteil der Erziehung der jüngeren Generationen sein muss; betont die Notwendigkeit, in den Lehrplänen für Geschichte mehr Raum für objektives und sachliches Lernen über verschiedene Ideologien, ihre Formen und ihre Ursprünge, einschließlich des Faschismus, sowie über ihre Folgen und Überbleibsel in der Gegenwart zu schaffen;
12. hebt hervor, dass Hetze und Hasskriminalität in der gesamten EU weitverbreitet sind und in den letzten Jahren zugenommen haben; hebt hervor, dass Hetze durch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, insbesondere durch Politiker, von denjenigen, die Hasskriminalität begehen, als Legitimierung empfunden wird; hält die Bekämpfung dieser Ausdrucksformen, die Hass schüren, verbreiten oder fördern und gegen die Grundsätze einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft verstoßen, für angebracht; ist besorgt über die zunehmende Verbreitung von LGBTIQ+-phober Rhetorik, die von rechtsextremen, alternativrechten und ultrakonservativen Parteien ausgeht; fordert staatliche Stellen und insbesondere die kommunalen Behörden auf, dazu beizutragen, dass die Flut der Intoleranz, die mit diesen und anderen Angriffen einhergeht, gestoppt wird;
13. ist der Ansicht, dass die EU Kampagnen gegen LGBTIQ+-feindliche Narrative, einschließlich Rechtsextremismus, auf EU-Ebene einleiten und langfristige Programme zur Unterstützung lokaler Basisorganisationen und Bürgerinitiativen auf lokaler Ebene entwickeln und finanzieren sollte, um den Widerstand der Bevölkerung gegen Rechtsextremismus zu stärken; fordert die Kommission auf, bei ihren Anstrengungen gegen Desinformation auch der Nachverfolgung von LGBTIQ+-feindlichen Narrativen Vorrang einzuräumen;
14. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um sicherzustellen, dass im Bildungswesen die staatsbürgerlichen Werte Akzeptanz, Toleranz, Vielfalt, Gleichheit und Respekt in Bezug auf Fragen der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, dem Ausdruck der Geschlechtlichkeit und den Geschlechtsmerkmalen gefördert werden, zum Beispiel durch systematische Menschenrechtserziehung und Sensibilisierungskampagnen; betont, dass die Ursachen des Extremismus durch maßgeschneiderte Präventionsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Schulen und Familien angegangen werden müssen;
15. verurteilt aufs Schärfste die Regierungen in Europa, die sich auf die aktive oder passive Unterstützung rechtsextremer und anderer LGBTIQ+-feindlicher politischer Parteien berufen, um an die Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und ihre Ansichten zu rechtfertigen;
16. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Zivilgesellschaft auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu unterstützen, um die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte zu stärken, da sie eine wichtige Rolle spielen, insbesondere in den Mitgliedstaaten, in denen rechtsextreme Ideologie und Hetze zunehmen;
17. fordert die Kommission auf, den Anwendungsbereich des jährlichen Berichts über die Rechtsstaatlichkeit systematisch auf die Grundrechte auszuweiten, zu denen auch die Rechte von LGBTIQ+-Personen zählen;
18. betont, dass die Mitgliedstaaten den Hass gegen LGBTIQ+-Personen mit allen möglichen Mitteln bekämpfen müssen, auch durch die Umsetzung der Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates, in denen seine Mitgliedstaaten aufgefordert werden, für die wirksame und unparteiische Untersuchung solcher Verbrechen sowie die Strafverfolgung der Verantwortlichen zu sorgen, sowie anzuerkennen, dass ein voreingenommenes Motiv im Zusammenhang mit der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität als erschwerende Umstände zu berücksichtigen sind, und sicherzustellen, dass Opfer und Zeugen dazu ermutigt werden, hassmotivierte Vorfälle zu melden, und die Strafverfolgungsbehörden über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, um sie zu unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um gegen das Schüren von Hass im Internet vorzugehen;
19. weist darauf hin, dass die mangelnde Umsetzung von Gerichtsurteilen zu einer Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit führt;
20. fordert den Rat nachdrücklich auf, so bald wie möglich den Beschluss des Rates über die Ausweitung der Liste der EU-Straftatbestände auf Hetze und Hassverbrechen in Artikel 83 Absatz 1 AEUV anzunehmen, fordert Ungarn und Polen nachdrücklich auf, seine Annahme nicht länger zu blockieren, und fordert Tschechien als derzeitigen Inhaber des turnusmäßig wechselnden Ratsvorsitzes nachdrücklich auf, in dieser Angelegenheit weitere Schritte zu unternehmen und so bald wie möglich eine entsprechende Einigung zu erzielen;
21. hebt die individuelle Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Bekämpfung von Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen hervor und lobt diejenigen, die einseitig beschlossen haben, das Schutzniveau zu verbessern, indem sie die sexuelle Ausrichtung, die Geschlechtsidentität und den Ausdruck der Geschlechtlichkeit sowie die Geschlechtsmerkmale ausdrücklich als „erschwerende Umstände“ anerkennen und Fachkräfte im Bereich Opferhilfe, Lehrpersonal, Angehörige von Rechtsberufen und spezialisierte Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf den Umgang mit solchen Straftaten schulen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren auszutauschen und in dieser Angelegenheit mit gutem Beispiel voranzugehen;
22. betont, dass die Opferschutzrichtlinie ein nützliches Instrument ist, um Personen, die Hass und Gewalt erlebt haben, zu helfen; stellt mit Besorgnis fest, dass LGBTIQ+-Opfer aufgrund mangelnder Zusicherungen oder Offenheit seitens der Strafverfolgungsbehörden, des Mangels an geschultem Personal oder der Angst vor Repressalien häufig Straftaten nicht melden, und erkennt an, dass mehr getan werden kann, um das Vertrauen in die Behörden aufzubauen;
23. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Europarat zu übermitteln.
Studie mit dem Titel „Right-wing extremism in the EU“ (Rechtsextremismus in der EU), Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung C – Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten, 20. Mai 2022.