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Verfahren : 2021/2064(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A9-0252/2022

Eingereichte Texte :

A9-0252/2022

Aussprachen :

PV 22/11/2022 - 24
CRE 22/11/2022 - 24

Abstimmungen :

PV 23/11/2022 - 4.6
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P9_TA(2022)0407

Angenommene Texte
PDF 161kWORD 56k
Mittwoch, 23. November 2022 - Straßburg
Lage in Libyen
P9_TA(2022)0407A9-0252/2022

Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 23. November 2022 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Lage in Libyen (2021/2064(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 25. Juni 2021,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 12. Dezember 2019,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) vom 24. Dezember 2021 zu der Verschiebung der Wahlen,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des VP/HR vom 11. März 2021 im Namen der Europäischen Union zur Billigung der neuen Regierung der nationalen Einheit,

–  unter Hinweis auf die Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 und das Protokoll vom 31. Januar 1967 betreffend den Status von Flüchtlingen,

–  unter Hinweis auf den Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika (EUTF Afrika),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 9. Februar 2021 mit dem Titel „„Erneuerte Partnerschaft der EU mit der südlichen Nachbarschaft – Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“ (JOIN(2021)0002),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

–  unter Hinweis auf die Resolution der Vereinten Nationen mit dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, die auf dem Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen am 25. September 2015 in New York verabschiedet wurde (Agenda 2030),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen von Paris, das mit dem Beschluss 1/CP.21 angenommen wurde, auf die 21. Konferenz der Vertragsparteien (COP21) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), sowie auf die 11. Konferenz der Vertragsparteien als Tagung der Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls (CMP11) vom 30. November bis 11. Dezember 2015 in Paris (Frankreich),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung vom 18. September 1997,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen über Streumunition vom 30. Mai 2008,

–  unter Hinweis auf die am 31. Oktober 2000 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angenommene Resolution zu Frauen, Frieden und Sicherheit,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta über die Rechte und das Wohl des Kindes vom 1. Juli 1990,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 26. Februar 2011 und alle nachfolgenden Resolutionen zum Waffenembargo in Libyen

–  unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 29. April 2022, 28. Juli 2022 und 28. Oktober 2022 zu Libyen,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 20. Mai 2022 über die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL),

–  unter Hinweis auf den 23. Bericht des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vom 28. April 2022 gemäß der Resolution 1970 (2011),

–  unter Hinweis auf den Fahrplan der Vereinten Nationen für 2020 mit dem Titel „For the preparation phase of a Comprehensive Solution“ („Für die Vorbereitungsphase einer umfassenden Lösung“),

–  unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zur Einsetzung einer unabhängigen Erkundungsmission zu Libyen vom 22. Juni 2020 und die Verlängerung ihres Mandats um neun Monate vom 8. Juli 2022,

–  unter Hinweis auf die Berichte der unabhängigen Erkundungsmission zu Libyen an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vom 29. November 2021, 23. März 2022, 27. Juni 2022 und 1. Juli 2022,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966,

–  unter Hinweis auf die Entschließung vom 19. Mai 2021 zum Thema „Schutz der Menschenrechte und die externe Migrationspolitik der EU“(1),

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 30. Mai 2018 an den Rat, die Kommission und die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu Libyen(2),

–  gestützt auf Artikel 118 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0252/2022),

A.  in der Erwägung, dass tiefe Spaltungen und Konfrontationen zwischen den wichtigsten libyschen Interessenträgern in den letzten zehn Jahren, die durch die Einmischung ausländischer Akteure noch verschärft wurden, zu anhaltenden Machtkämpfen geführt und den Prozess der nationalen Aussöhnung erheblich behindert haben;

B.  in der Erwägung, dass die UNSMIL im November 2020 die erste Runde des Libyschen Forums für den politischen Dialog ermöglicht hat, das aus 75 libyschen Teilnehmern bestand, die das gesamte soziale und politische Spektrum der libyschen Gesellschaft vertraten; in der Erwägung, dass sich das Libysche Forum für den politischen Dialog auf einen Fahrplan für glaubwürdige, inklusive und demokratische nationale Wahlen geeinigt hat, die am 24. Dezember 2021 stattfinden sollten; in der Erwägung, dass das Libysche Forum für den politischen Dialog im Februar 2021 Abdul Hamid Dbeibeh zum Chef der Übergangsregierung der nationalen Einheit gewählt hat; in der Erwägung, dass mit der Billigung der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit durch das libysche Repräsentantenhaus in Tobruk im März 2021 die festgefahrene politische Situation und das Problem der der umstrittenen Legitimität im Land für eine gewisse Zeit angegangen wurden;

C.  in der Erwägung, dass das Repräsentantenhaus im Januar 2022 erklärt hat, dass das Mandat der Regierung der nationalen Einheit im Dezember 2021 ausgelaufen ist; in der Erwägung, dass das Repräsentantenhaus im Februar 2022 den ehemaligen Innenminister Fathi Baschagha zum Ministerpräsidenten ernannt hat; in der Erwägung, dass die führenden Vertreter der Regierung der nationalen Einheit die Ernennung von Baschagha und die anschließende Bildung einer neuen Regierung abgelehnt haben und nicht zurückgetreten sind; in der Erwägung, dass die Regierung der nationalen Einheit nach wie vor die einzige von der internationalen Gemeinschaft anerkannte Regierung ist;

D.  in der Erwägung, dass sich die Lage in Libyen seit der auf unbestimmte Zeit verschobene Wahl Ende 2021 weiter verschlechtert hat, insbesondere aufgrund der fehlenden vorherigen Einigung über die Rechtsgrundlage für die Wahlen und die Kriterien für die Zulassung von Kandidaten sowie des Versäumnisses, dem Aufbau wesentlicher Garantien für glaubwürdige und transparente Wahlen Vorrang einzuräumen, wodurch der politische Stillstand und die Zersplitterung des Landes vertieft haben;

E.  in der Erwägung, dass die Verschiebung der Wahlen die mehr als 2,8 Millionen libyschen Bürger und insbesondere die junge Wählerschaft enttäuscht hat, die sich zur Stimmabgabe angemeldet hatten, und dass sie dazu beitragen könnte, das Vertrauen in öffentliche Institutionen weiter zu schwächen;

F.  in der Erwägung, dass im Rahmen der von den Vereinten Nationen vermittelten Gesprächen zwischen den gesetzgebenden Organen des libyschen Repräsentantenhauses und des Hohen Staatsrats in Kairo und Genf im Juni 2022 zwar ein noch nie dagewesenes Maß an Konsens in mehreren seit langem bestehenden Fragen – insbesondere in Bezug auf die Verteilung der Sitze in beiden Legislativkammern, die Machtaufteilung zwischen den verschiedenen Exekutivbehörden und die Abgrenzung der Provinzen – erzielt wurde, jedoch keine Einigung in Bezug auf eine von einer breiten Öffentlichkeit akzeptierte Verfassung und einen Rechtsrahmen für Wahlen erreicht werden konnte;

G.  in der Erwägung, dass Wahlen kein Selbstzweck sein können, sondern mit wesentlichen politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Reformen einhergehen sollten; in der Erwägung, dass die Einbeziehung von Frauen, Organisationen der Zivilgesellschaft, Gemeinden und lokalen Interessenträgern von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, einen funktionierenden Staat aufzubauen und eine ordnungsgemäße Regierungsführung in Libyen sicherzustellen; in der Erwägung, dass die libyschen Parteien in einen echten Dialog treten sollten, um etwas gegen die fortdauernde politische Sackgasse zu unternehmen, und keine Gewalt zur Beilegung ihrer Differenzen anzuwenden; in der Erwägung, dass das mangelnde Engagement der Interessenträger des Landes, einen neuen gemeinsamen Fahrplan für die Wahlen aufzustellen, auf ein allgemeines Desinteresse am Aufbau funktionierender und repräsentativer politischer Institutionen hinzudeuten scheint;

H.  in der Erwägung, dass es im Juli 2022 zu Massenprotesten gegen die Misswirtschaft der politischen Institutionen und die Verschlechterung der Lebensbedingungen im ganzen Land gekommen ist, unter anderem in Tripolis, Tobruk, Bengasi und Misrata; in der Erwägung, dass nach der Forderung der Demonstranten unverzüglich Wahlen abgehalten werden sollten;

I.  in der Erwägung, dass der Präsidialrat nach den Protesten einen Aktionsplan vorgeschlagen hat, um Bewegung Sache zu bringen und die Einheit des Landes zu bewahren, wozu Parlaments- und Präsidentschaftswahlen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens gehören, wodurch der politische Stillstand überwunden werden soll;

J.  in der Erwägung, dass bei Zusammenstößen zwischen Milizen, die Dbeibeh unterstützenstehen, und solchen, die hinter Baschagha stehen, in Tripolis mehrere Menschen getötet wurden, darunter Zivilisten, was erneut gezeigt hat, wie fragil die Lage im Land ist;

K.  in der Erwägung, dass Sicherheit und Stabilität in Libyen eng mit der Aussicht auf einen echten demokratischen Übergang verbunden sind, der das Potenzial hat, für alle Menschen in Libyen Ergebnisse zu erzielen; in der Erwägung, dass die lang anhaltende Instabilität und systemische Straflosigkeit wesentliche Faktoren für das Wiederaufflammen der militärischen Auseinandersetzungen sowie für die landesweiten Massendemonstrationen sind; in der Erwägung, dass die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und die Rechenschaftspflicht für Menschenrechtsverletzungen von wesentlicher Bedeutung sind, wenn es gilt, für politische Stabilität und dauerhaften Frieden in Libyen und der gesamten Region zu sorgen;

L.  in der Erwägung, dass es von größter Bedeutung ist, dass die Mitgliedstaaten sich bei ihrem Vorgehen untereinander abstimmen mit einer Stimme sprechen und so die Vermittlungsbemühungen der EU verstärken und die zentrale Rolle der Vereinten Nationen unterstreichen;

M.  in der Erwägung, dass Russland seit Monaten die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen erheblich untergraben hat, indem es sich weigert, sich dem Konsens über Vorschläge für ein längeres Mandat der UNSMIL und die Ernennung eines neuen Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Libyen anzuschließen;

N.  in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres nach neun Monaten politischer Blockade im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 2. September 2022 die Ernennung von Abdoulaye Bathily aus dem Senegal zum Sonderbeauftragten für Libyen und zum Leiter der UNSMIL verkündet hat; in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 28. Oktober 2022 einstimmig für eine Verlängerung des Mandats der UNSMIL bis zum 31. Oktober 2023 gestimmt hat;

O.  in der Erwägung, dass Libyen im November 2019 mit der Türkei eine Vereinbarung über die Abgrenzung der seerechtlichen Zuständigkeitsgebiete im Mittelmeer unterzeichnet hat; in der Erwägung, dass sie die Hoheitsrechte dritter Staaten verletzt, nicht mit dem Seerecht vereinbar ist und keine Rechtswirkung für dritte Staaten entfalten kann, wie es in der Europäische Rat festgestellt hat; in der Erwägung, dass Libyen und die Türkei am 3. Oktober 2022 auf der Grundlage der Vereinbarung zwischen beiden Ländern von 2019 ein Abkommen über Kohlenwasserstoffe unterzeichnet haben;

P.  in der Erwägung, dass die anhaltende Beteiligung lokaler und ausländischer bewaffneter Gruppen wie etwa der russischen Wagner-Gruppe sowie ausländischer Kräfte am Konflikt eine Bedrohung für die Sicherheit Libyens und der gesamten Region darstellt;

Q.  in der Erwägung, dass alle Länder, die an den Berliner Libyen-Konferenzen und an der Internationalen Konferenz für Libyen in Paris teilgenommen haben, darunter Russland und die Türkei, die in Libyen militärisch präsent sind, zugesagt haben, sich nicht in libysche Angelegenheiten einzumischen, und die Umsetzung eines Aktionsplans für den unverzüglichen Abzug von Söldnern, ausländischen Kämpfern und ausländischen Streitkräften aus dem libyschen Hoheitsgebiet unterstützt haben;

R.  in der Erwägung, dass es in jüngster Zeit Versuche von führenden libyschen Militärangehörigen gegeben hat, eine einheitliche libysche Armee wiederherzustellen;

S.  in der Erwägung, dass eine umfassende Reform des Sicherheitssektors von entscheidender Bedeutung ist, um einheitliche, inklusive und rechenschaftspflichtige libysche nationale Sicherheits-, Polizei- und Streitkräfte unter zentraler ziviler Autorität aufzubauen und so zur Verhinderung künftiger Menschenrechtsverletzungen, zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, zur Beendigung der Straflosigkeit und zur Gewährleistung der politischen Stabilität im Land und in der Region beizutragen; in der Erwägung, dass die Entwicklungen von Ende August in dem Land leider in die andere Richtung deuten, da die Kampfhandlungen zunehmen und eine militärische Eskalation unmittelbar bevorsteht;

T.  in der Erwägung, dass die Tatsache, dass eine beträchtliche Anzahl von Landminen und Blindgängern vorhanden sind, nicht nur den Verlust von Menschenleben zur Folge hat, sondern auch ein ernsthaftes Hindernis für den wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau des Landes darstellt;

U.  in der Erwägung, dass die Instabilität durch die Verbreitung von Kleinwaffen, leichten Waffen und zurückgelassenen Munitionsbeständen immer mehr zunimmt, da diese Waffen innerhalb Libyens sowie über die Grenzen des Landes hinweg in falsche Hände geraten, was die regionale und lokale Sicherheit erheblich beeinträchtigt, da lokale bewaffnete Gruppen insbesondere in der Sahelzone dadurch Zugang zu diesen Waffen erhalten;

V.  in der Erwägung, dass Rechtsstaatlichkeit und Rechenschaftspflicht für Menschenrechtsverletzungen von wesentlicher Bedeutung sind, wenn es darum geht, für politische Stabilität und dauerhaften Frieden zu sorgen; in der Erwägung, dass das Fehlen eines soliden Justizsystems, die systematische Verletzung der Rechtsstaatlichkeit, die daraus resultierende weit verbreitete Korruption und die wiederholten Menschenrechtsverletzungen zur Schaffung eines Klimas der Straflosigkeit in dem Land beitragen, das ein erhebliches Hindernis für ein friedliches Zusammenleben und die sichere Rückkehr der Binnenvertriebenen darstellt;

W.  in der Erwägung, dass Libyen das Land mit den größten Ölreserven in Afrika ist sowie Mitglied der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) und einer der Hauptlieferanten von Erdöl auf den Weltmärkten ist; in der Erwägung, dass die libysche Wirtschaft in hohem Maße auf die Erdölbranche angewiesen ist; in der Erwägung, dass die Erdölförderung häufig von verschiedenen Akteuren instrumentalisiert wird, die wiederholt Ölfelder zu politischen Zwecken stillgelegt haben; in der Erwägung, dass die Praxis der Plünderung und der illegalen Ausfuhr von Rohöl und raffinierten Erdölerzeugnissen eine Bedrohung für den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität Libyens darstellt und daher eingestellt werden muss;

X.  in der Erwägung, dass sich durch die seit April 2022 andauernde teilweise Abschaltung der libyschen Erdölanlagen durch die Kräfte, die hinter Feldmarschall Khalifa Haftar stehen, die Produktion des Landes erheblich verringert hat, was zu einem Rückgang der Staatseinnahmen für geführt hat und erhebliche Auswirkungen über die Grenzen Libyens hinaus hat, einschließlich der weiter steigenden Energiepreise, die aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine ohnehin schon hoch waren; in der Erwägung, dass im Juli 2022 eine Einigung zwischen den libyschen Interessenträgern aus dem westlichen und östlichen Teil des Landes über die Wiederaufnahme der Förderung und der Ausfuhr von Erdöl in allen blockierten Ölfeldern und Häfen Libyens erzielt wurde;

Y.  in der Erwägung, dass der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung für Libyen darstellt, das zunehmend unter schweren Dürren und Wasserknappheit leidet; in der Erwägung, dass der Chef des libyschen Präsidialrates Mohammed Menfi in seiner Rede auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen (COP27) in Ägypten erklärte, dass der Klimawandel die Chancen von Entwicklung und Investitionen untergrabe und das Wirtschaftswachstum bremse; in der Erwägung, dass, wie die ehemalige Sonderberaterin des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Libyen, Stephanie Williams, festgestellt hat, die Anfälligkeit Libyens für die Folgen des Klimawandels auch durch die alleinige Abhängigkeit des Landes von fossilen Brennstoffen und durch seine beschädigte Strom- und Wasserinfrastruktur noch verschärft wird;

Z.  in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe „Wirtschaft“ des Internationalen Ausschusses für Folgemaßnahmen zu Libyen, in der die EU, Ägypten, die USA und die UNSMIL gemeinsam den Vorsitz führen, mit den libyschen staatlichen Stellen zusammenarbeitet, um grundlegende Dienstleistungen für das libysche Volk zu erbringen, die Wirtschaftsinstitutionen zu stärken, den Privatsektor neu zu beleben und das Haushaltsverfahren zu verbessern in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe bei der Unterstützung der Zusammenführung der Libyschen Zentralbanken bereits erhebliche Fortschritte erzielt hat; in der Erwägung, dass die Konsultationen zu diesem Thema jedoch kürzlich ausgesetzt wurden;

AA.  in der Erwägung, dass die EU-Mission zur Unterstützung des Grenzschutzes in Libyen (EUBAM) die libyschen staatlichen Stellen seit 2013 bei der Entwicklung des Grenzschutzes und der Schaffung sicherer Verhältnisse in Libyen unterstützt; in der Erwägung, dass das Mandat von EUBAM bis zum 30. Juni 2023 verlängert wurde;

AB.  in der Erwägung, dass die EUBAM in Zusammenarbeit mit dem EU-Sonderbeauftragten für die Sahelzone, der regionalen Beratungs- und Koordinierungszelle und dem Programm zur Terrorismusbekämpfung (CT-JUST) am 22. und 23. November 2022 in Tunis eine regionale Konferenz zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Libyen und den Ländern der Sahelzone mit dem Ziel veranstaltet hat, die regionale Sicherheit und Stabilität zu unterstützen, indem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, einschließlich Terrorismus und organisierter Kriminalität, verbessert wird;

AC.  in der Erwägung, dass die Operation der Seestreitkräfte der Europäischen Union im Mittelmeer Irini (EUNAVFOR MED Irini) am 31. März 2020 begonnen und bis zum 31. März 2023 verlängert wurde; in der Erwägung, dass ihre Hauptaufgabe die Durchsetzung des gemäß der Resolution 1973 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gegen Libyen verhängten Waffenembargos ist; in der Erwägung, dass das Waffenembargo der Vereinten Nationen von einer Reihe von Akteuren mehrfach gebrochen wurde bzw. anhaltend gebrochen wird;

AD.  in der Erwägung, dass Irini und die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) am 15. Januar 2021 eine Arbeitsvereinbarung unterzeichnet haben, wonach sie unter anderem Informationen über grenzüberschreitende Kriminalität wie Waffenhandel und Menschenschmuggel austauschen werden; in der Erwägung, dass Frontex Informationen über tatsächliche oder potenzielle Seenotfälle in der libyschen Such- und Rettungszone mit den zuständigen Behörden und Koordinierungsstellen austauscht, einschließlich der italienischen, maltesischen und tunesischen Seenotleitstellen, sowie der libyschen Seenotleitstelle und der gemeinsamen Rettungsleitstelle, die von der EU über den EUTF Afrika finanziert und von der libyschen Küstenwache und Marine betrieben wird;

AE.  in der Erwägung, dass die Stabilität und Sicherheit Libyens für die Mittelmeerregion im weiteren Sinne von wesentlicher Bedeutung sind;

AF.  in der Erwägung, dass die EU eine erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft eingegangen ist, die sich auf menschliche Entwicklung, verantwortungsvolle Staatsführung und Rechtsstaatlichkeit, Widerstandsfähigkeit, Wohlstand und den digitalen Wandel, Frieden und Sicherheit, Migration und Mobilität sowie auf den grünen Wandel, die Klimaresistenz, Energie und Umwelt konzentriert;

AG.  in der Erwägung, dass die EU im Zeitraum von 2021 bis 2024 jährlich im Durchschnitt 37 Mio. EUR für Bemühungen zum Staatsaufbau, Bedürfnisse der menschlichen Entwicklung und die medizinische Grundversorgung bereitstellt;

AH.  in der Erwägung, dass die libysche Zivilgesellschaft bei der Gestaltung der Zukunft des Landes eine Schlüsselrolle spielen muss; in der Erwägung, dass der zivilgesellschaftliche Raum in den letzten Monaten besorgniserregend schrumpft, was auf zunehmend drakonische Gesetze und Vorschriften zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass viele politische Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger, Mitarbeiter humanitärer Organisationen, Journalisten, Richter und Anwälte bedroht, entführt, willkürlich inhaftiert, gefoltert und getötet wurden; in der Erwägung, dass die Tatsache, dass es kein autonomes und unabhängiges Justizsystems gibt, es den Opfern von Menschenrechtsverletzungen unmöglich macht, Rechtsmittel einzulegen;

AI.  in der Erwägung, dass Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende Opfer von weit verbreiteten und systematischen Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Stellen und bewaffnete Gruppen wie Menschenhandel, willkürlicher Festnahme, Inhaftierung, Erpressung, Versklavung, Entführung zum Zwecke der Erpressung und Ausbeutung sind;

AJ.  in der Erwägung, dass Libyen ein bedeutendes Transitland und Ausgangspunkt für Migranten, insbesondere aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, ist, die versuchen, nach Europa zu gelangen; in der Erwägung, dass Tausende von Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren und Europa zu erreichen, uns Leben gekommen sind;

AK.  in der Erwägung, dass eines der Ziele der Unterstützung des Grenzschutzes in Libyen durch die EU darin besteht, den Tod von Menschen im Mittelmeer zu verhindern; in der Erwägung, dass nichtstaatliche Organisationen häufig eine lobenswerte Rolle bei der Rettung von Menschenleben im Mittelmeerraum spielen; in der Erwägung, dass der drastische Rückgang der Zahl der Schiffe der Such- und Rettungseinsätze tödliche Folgen für Menschen hatte, die sich in Sicherheit bringen wollten; in der Erwägung, dass Schleusernetze den Grundsatz , von dem sich die Such- und Rettungsdienste leiten lassen, dazu nutzen, illegale Profite aus der Lage von Menschen erzielen, die vor Gräueltaten in Libyen fliehen, wodurch menschliches Leid fortdauert und sie sich schwerer Menschenrechtsverletzungen verantwortlich machen; in der Erwägung, dass der Europäische Rat bekräftigt hat, dass alle im Mittelmeer operierenden Schiffe das Völkerrecht und das EU-Recht einhalten müssen; in der Erwägung, dass sowohl Gremien der Vereinten Nationen als auch namhafte nichtstaatliche Organisationen Menschenrechtsverletzungen an Menschen dokumentiert haben, die versuchen, auf dem Seeweg aus Libyen zu fliehen; in der Erwägung, dass Menschen, die von der libyschen Küstenwache abgefangen und nach der Rettung auf See an Land gebracht werden, häufig in Hafteinrichtungen für Einwanderer eingewiesen werden und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass die EU von den libyschen staatlichen Stellen, einschließlich der libyschen Küstenwache, mit der sie zusammenarbeitet, erwartet, dass die Achtung der Menschenrechte und der Würde von Migranten sicherstellen, Fälle von Gewalt untersuchen und für angemessene Folgemaßnahmen gegen die Verantwortlichen sorgen; in der Erwägung, dass diese Verstöße jedoch nach wie vor andauern, insbesondere aufgrund wirkungsloser Überwachungs- und Rechenschaftsmechanismen;

AL.  in der Erwägung, dass rund 160 000 Binnenvertriebene in Libyen nach wie vor nicht ausreichend geschützt und unterstützt werden;

AM.  in der Erwägung, dass Frauen und Kinder einem höheren Risiko von Ausbeutung, Menschenhandel, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, Zwangsprostitution und unrechtmäßiger Festnahme ausgesetzt sind;

AN.  in der Erwägung, dass sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt weit verbreitet ist und durch Straflosigkeit genährt wird; in der Erwägung, dass Überlebende sexueller Gewalt häufig von ihren Familien und Gemeinschaften ausgegrenzt und stigmatisiert werden; in der Erwägung, dass durch den Rechtsrahmen in Libyen der Schutz von Überlebenden sexueller Gewalt nicht angemessen sichergestellt wird;

AO.  in der Erwägung, dass die Unabhängige Erkundungsmission der Vereinten Nationen zu Libyen in ihren Berichten zu dem Schluss gekommen ist, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass in Libyen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen wurden und weiterhin begangen werden; in der Erwägung, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 8. Juli 2022 das Mandat der Mission für einen letzten, nicht verlängerbaren Zeitraum von neun Monaten verlängert hat, damit die abschließenden Empfehlungen in deren Rahmen vorgelegt werden können;

1.  empfiehlt dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, bei der Umsetzung der Politik der EU zu Libyen

   a) sicherzustellen, dass ein von den Vereinten Nationen geleiteter und von Libyen in Eigenverantwortung geleiteter inklusiver nationaler Aussöhnungsprozess die größtmögliche Unterstützung erhält, um längerfristige Stabilität und Sicherheit zu schaffen und die Grundlagen für einen friedlichen und demokratischen Übergang zu schaffen, an dem alle libyschen Interessenträger einschließlich Frauen, Organisationen der Zivilgesellschaft und lokaler Behörden beteiligt sind, damit bei dem Friedensprozess die gesamte libysche Bevölkerung vertreten ist;
   b) weiterhin eng mit der UNSMIL zusammenzuarbeiten und, falls erforderlich, eine weitere Verlängerung ihres Mandats über den 31. Oktober 2023 hinaus aktiv zu unterstützen, um wirksam zum verfassungsmäßigen Prozess und der Organisation der Wahlen beizutragen, einen Waffenstillstand einzurichten, Probleme im Hinblick auf Menschenrechte zu überwachen und libyschen Einrichtungen technische Unterstützung anzubieten; zu betonen, dass angesichts der derzeitigen politischen Sackgasse die Fortsetzung der von den Vereinten Nationen unterstützten Verhandlungen über einen Fahrplan für freie, faire, glaubwürdige und transparente Wahlen nach wie vor von entscheidender Bedeutung ist, und fordert alle libyschen Akteure nachdrücklich auf, in der Vergangenheit begangene Fehler wie das Fehlen von Kriterien für die Überprüfung von Kandidaten zu vermeiden, die Wahlergebnisse zu respektieren und einen friedlichen Machtwechsel zu gewährleisten; eine EU-Wahlbeobachtungsmission zur Beobachtung des Wahlprozesses nach Libyen zu entsenden;
   c) verstärkt diplomatische Kanäle mit internationalen zu nutzen und die Bemühungen zur Vermittlung und zum Erreichen einer einheitlichen internationalen Strategie für ein friedliches, stabiles und vereinigtes Libyen zu intensivieren; die Ausrichtung einer weiteren Libyen-Konferenz in Erwägung zu ziehen und die Anstrengungen der sogenannten „Bürgerdiplomatie“ zu fördern;
   d) die diplomatischen Bemühungen der EU um die Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit im Land zu verstärken und dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten mit einer Stimme sprechen, geschlossener handeln und landesweite, inklusive und kooperative Anstrengungen unterstützen, um den gewünschten politischen Wandel samt der erforderlichen Reformen herbeizuführen; zu diesem Zweck so schnell wie möglich einen EU-Sonderbeauftragten für Libyen zu benennen;
   e) dafür Sorge zu tragen, dass die EU-Delegation in Libyen eine aktivere Rolle spielt und, sobald die Sicherheitslage dies zulässt, und mehr Missionen der EU-Organe nach Libyen, einschließlich des Europäischen Parlaments, den Weg zu ebnen, damit der Dialog zwischen der EU und Libyen weiter vorangetrieben wird;
   f) sicherzustellen, dass alle Abkommen zwischen Libyen und der EU oder ihren Mitgliedstaaten und entsprechende Kooperationsmaßnahmen mit dem Völkerrecht und dem EU-Recht im Einklang stehen;
   g) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, die Vereinbarung zwischen Libyen und der Türkei aus dem Jahr 2019 über die Abgrenzung der seerechtlichen Zuständigkeitsgebiete im Mittelmeer aufzuheben und keine Klausel des am 3. Oktober 2022 unterzeichneten Abkommen über Kohlenwasserstoffe umzusetzen, die illegale Bohrtätigkeiten in den ausschließlichen Wirtschaftszonen von anderen Staaten, einschließlich der von Zypern und Griechenland, vorsieht;
   h) den auf der Libyen-Konferenz in Berlin und Paris geäußerten Aufruf an alle Söldner, ausländischen Kämpfer und ausländischen Streitkräfte zu bekräftigen, aus dem libyschen Hoheitsgebiet abzuziehen; alle beteiligten internationalen Akteure, darunter Russland, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei, nachdrücklich aufzufordern, sich nicht in Libyens Angelegenheiten einzumischen und dieser Aufforderung nachzukommen, davon abzusehen, Spannungen und Kämpfe durch direkte oder unterstützte militärische Intervention zu schüren, und Söldner, die wie die russische Wagner-Gruppe im Land noch präsent sind und eine Bedrohung für die Stabilität Libyens und der gesamten Region darstellen, unverzüglich abzuziehen;
   i) die libyschen staatlichen Stellen bei der Umsetzung einer umfassenden Reform des Sicherheitssektors und von politischen Maßnahmen im Bereich der Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung bewaffneter Gruppen auf der Grundlage einer Zählung der Angehörigen der bewaffneten Gruppen und einer eingehenden Überprüfung mit Hilfe der Vereinten Nationen stärker zu unterstützen; darauf hinzuarbeiten, dass diese politischen Maßnahmen letztlich darauf abzielen, einheitliche, inklusive und rechenschaftspflichtige libysche nationale Sicherheits-, Polizei- und Streitkräfte unter einer Zivilregierung zu schaffen und ehemaligen Kombattanten die Möglichkeit zu geben, ihre Waffen niederzulegen und sich wieder in ihre Gemeinschaften einzugliedern, um so einen stabileren Frieden zu schaffen;
   j) die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, dem Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung und dem Übereinkommen über Streumunition beizutreten; angemessene EU-Mittel für Projekte vorzusehen, die darauf abzielen, Landminen und andere Blindgänger zu entfernen, Bildung zu Risiken von Minen bereitzustellen und Opfer von Minen unter anderem durch die Gewährleistung des Zugangs zu medizinischer Versorgung, Rehabilitation sowie psychologischer und psychosozialer Betreuung zu unterstützen, um Unfälle in der Zukunft zu verhindern und eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu ermöglichen;
   k) sich mit den Folgen der Umlenkung von Kleinwaffen, leichten Waffen und Munition auf den Schwarzmarkt für die menschliche Sicherheit und die regionale Stabilität zu befassen, unter anderem durch Unterstützung bei der Verwahrung von Waffen und Munition und der Reform des Sicherheitssektors auf nationaler und regionaler Ebene;
   l) den libyschen staatlichen Stellen die technische Hilfe zu gewähren, die sie benötigen, um eine umfassende Reform des Justizwesens durchzuführen, mit der auch die strukturelle Straflosigkeit, die im Land herrscht, abgebaut und der Weg für eine dauerhafte Aussöhnung und Frieden geebnet werden soll;
   m) die Verhängung zusätzlicher gezielter restriktiver Maßnahmen in Betracht zu ziehen, unter anderem durch die Verwendung der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte, für Personen und Einrichtungen, deren Tätigkeiten ernste Verletzungen von Menschenrechten und Freiheiten verursachen und die Rechtsstaatlichkeit bedrohen;
   n) alle Akteure aufzufordern, Erdöl nicht als Instrument der politischen Konfrontation einzusetzen und alle Ölquellen und Ölterminals offen zu halten; die Anstrengungen im Rahmen der Arbeitsgruppe „Wirtschaft“ zu verstärken und die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, für eine gerechte, transparente, inklusive und nachhaltige Umverteilung der Öleinnahmen zu sorgen, indem eine Vision des gemeinsamen wirtschaftlichen Wohlstands für alle Menschen im Land verfolgt wird;
   o) Libyens wirtschaftliche Einrichtungen zu unterstützen, die wirtschaftspolitische Steuerung des Landes zu verstärken und die wirtschaftliche Diversifizierung zu fördern;
   p) auf eine stabilere Energiepartnerschaft mit Libyen hinzuarbeiten, die dazu beitragen würde, die Kapazitäten Libyens in diesem Sektor zu erhöhen und die Energiequellen der EU zu diversifizieren; die libyschen staatlichen Stellen dabei mit der notwendigen technischen Unterstützung zur Förderung des Landes in seinem Übergang zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft auszustatten, um die vom Klimawandel dargestellten Risiken zu begrenzen, die das Land schwer beeinträchtigen, im Einklang mit der externen Dimension des europäischen Grünen Deals und des Übereinkommens von Paris;
   q) die wertvolle Tätigkeit von EUBAM und EUNAVFOR MED Irini, zwei Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), zu unterstützen und dadurch zu dauerhaftem Frieden, Sicherheit und Stabilität beizutragen; insbesondere die Hauptaufgabe von Irini, nämlich das von den Vereinten Nationen verhängte Waffenembargo gegen Libyen umzusetzen, weiter zu unterstützen; sicherzustellen, dass diese beiden Missionen ihr volles Potenzial entfalten können, was bis jetzt nicht der Fall ist; Irini mit den erforderlichen technischen Fähigkeiten auszustatten, damit verhindert wird, dass Waffen auf dem Land-, See- oder Luftweg nach Libyen gelangen, und die Bemühungen der EUBAM an der südlichen Grenze Libyens zu verstärken;
   r) erforderlichenfalls das Mandat dieser beiden GSVP-Missionen zu erneuern, um zur Verbesserung der Sicherheitsbedingungen vor Ort beizutragen, unter anderem indem Terroristen, Menschenhändler und bewaffnete Gruppen daran gehindert werden, grenzüberschreitende Handlungen wie illegalen Waffenschmuggel zu begehen; sicherzustellen, dass bei allen Tätigkeiten, die von diesen beiden Missionen durchgeführt oder unterstützt werden, die Menschenrechte geachtet werden und dass sie im Einklang mit dem Völkerrecht und dem EU-Recht stehen, insbesondere mit dem Grundsatz der Nichtzurückweisung, und eine Rechenschaftspflicht für mögliche Verletzungen zu schaffen; die Überwachung der Tätigkeit der EUBAM verstärken, damit Missmanagement bei der Durchführung der Mission verhindert wird; regelmäßige Folgenabschätzungen und Bewertungen von all ihren Tätigkeiten in Bezug auf die Menschenrechte durchzuführen und dem Parlament zur Verfügung zu stellen; zu gewährleisten, dass jede Unterstützung des libyschen Grenzschutzes oder Sicherheitsapparats an die Achtung des Völkerrechts und des EU-Rechts geknüpft ist;
   s) angemessene Ressourcen für Such- und Rettungseinsätze entlang der zentralen Mittelmeerroute sicherzustellen, einschließlich der proaktiven Patrouillentätigkeit durch die EU und ihre Mitgliedstaaten auf dem Meer und in der Luft zu unterstützen, damit der umfassende Schutz von Menschenleben und der Menschenwürde gewährleistet wird; sicherzustellen, dass private Schiffe, die Such- und Rettungseinsätze durchführen, die einschlägigen internationalen und EU-Rechtsvorschriften einhalten, und mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und Frontex zusammenzuarbeiten, damit für die Sicherheit von Menschen in Seenot gesorgt wird; sicherzustellen, dass auf See gerettete Migranten an sicheren Orten ausgeschifft werden und dass die südlichen Mitgliedstaaten mit der Verantwortung für die Ausschiffung und Aufnahme nicht allein gelassen werden;
   t) auf der Grundlage der Überprüfung früherer Programme in dem Land angemessene EU-Mittel im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt) zur Unterstützung der libyschen Demokratisierungsbemühungen und Projekte zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsvollen Staatsführung bereitzustellen, wodurch die Kapazitäten Libyens bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen verbessert und Dezentralisierungsbemühungen unterstützt werden, die Stabilisierung im Land gefördert wird, Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützt werden, die soziale Integration gestärkt wird und Ungleichheiten bekämpft werden, die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung von Frauen und jungen Menschen gefördert, Libyens Gesundheitssystem gestärkt, der Klimawandel bekämpft und das Konzept der Sicherheit für Menschen und des inklusiven, gerechten und nachhaltigen Wachstums gefördert werden; technische Unterstützung für diese Projekte zu leisten und ihre Umsetzung durch internationale Einrichtungen und nichtstaatliche Organisationen mit Erfahrungen mit Tätigkeiten in Libyen sicherzustellen; sicherzustellen, dass diese Projekte mit den Prioritäten der neuen Agenda für den Mittelmeerraum und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen im Einklang stehen und die Kriterien des Ausschusses für Entwicklungshilfe der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dabei eingehalten werden; zu gewährleisten, dass alle EU-Mittel im Rahmen des Instruments NDICI/Europa in der Welt von der Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts abhängig gemacht werden und dass das Parlament über angemessene Befugnisse verfügt, um ihre Verwendung zu kontrollieren und für Rechenschaftspflicht zu sorgen;
   u) weiterhin humanitäre Unterstützung für Libyen bereitzustellen mit einem besonderen Schwerpunkt auf den besonders schutzbedürftigen Gruppen;
   v) die libysche Zivilgesellschaft weiterhin zu unterstützen und aktiv mit ihr zusammenzuarbeiten; die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, die Praxis der gewaltsamen Unterdrückung zivilgesellschaftlicher Organisationen mittels Festnahmen, Inhaftierungen, Verschwindenlassen und Folter einzustellen, die Beschränkungen für Organisationen der Zivilgesellschaft aufzuheben, die weiterhin schwerwiegende Hindernisse für die Meinungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit und die Freiheit der friedlichen Versammlung darstellen, wie es auch im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantiert ist, den Libyen ratifiziert hat;
   w) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, die Visumsbeschränkungen für Vertreter der ausländischen und lokalen Presse aufzuheben und die Sicherheit von Journalisten zu gewährleisten;
   x) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, das Gesetz Nr. 19 von 2001 und den Präsidialerlass Nr. 286 von 2019 aufzuheben, durch die die Möglichkeit der Zivilgesellschaft, sich zu betätigen, eingeschränkt werden, ebenso wie das Gesetz Nr. 76 von 1972 zu Veröffentlichungen, mit dem die Freiheit der Meinungsäußerung beschnitten wird; die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, die Kriminalisierung von Grundfreiheiten unter Zuhilfenahme vage formulierter Artikel des libyschen Strafgesetzbuches, wie Artikel 206 und 207, bei denen die Todesstrafe verhängt werden kann, einzustellen; die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, unverzüglich alle unter diesen Anklagen ungerechtfertigt inhaftierten Menschen freizulassen;
   y) die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, ein Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe einzurichten mit dem Ziel, diese letztlich abzuschaffen;
   z) die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, die uneingeschränkte Repräsentation und Beteiligung von Frauen zu verbessern und sie vor allen Formen der Gewalt zu schützen; Initiativen zu unterstützen, die darauf abzielen, einen nationalen Aktionsplan für Frauen, Frieden und Sicherheit im Einklang mit der Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 31. Oktober 2000 zu erstellen;
   aa) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, Maßnahmen zur Beendigung und Verhinderung von Gewalt gegen Kinder zu entwickeln und umzusetzen, und die Verpflichtungen Libyens einzuhalten, die Rechte von Kindern zu fördern und zu schützen, insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und der Afrikanischen Charta für die Rechte und das Wohl des Kindes;
   ab) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, diskriminierende Gesetze und Praktiken gegen Mitglieder religiöser und ethnischer Minderheiten abzuschaffen;
   ac) die libyschen staatlichen Stellen zu unterstützen, die freiwillige, sichere und würdevolle Rückkehr von Binnenvertriebenen in ihre Heimat sicherzustellen, und alle relevanten Interessenträger bei der Bereitstellung humanitärer Unterstützung für Binnenvertriebene und Rückkehrer zu unterstützen, einschließlich des Zugangs zu einer grundlegenden Gesundheitsversorgung;
   ad) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, eine Kultur der Dezentralisierung und der Achtung der kulturellen, sprachlichen und historischen regionalen Vielfalt zu fördern und Einschränkungen und Hindernisse für die friedliche Äußerung der Anliegen lokaler Gemeinschaften in Bezug auf faire und gleiche Rechte und Pflichten im Rahmen eines vereinigten Libyens zu beseitigen; weiterhin Unterstützung und Mittel für lokale Gemeinschaften bereitzustellen, insbesondere für marginalisierte Gemeinschaften, um eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, den sozialen Zusammenhalt und die Sicherheit der Menschen zu fördern; Partnerschaften mit libyschen Gemeinden weiterzuentwickeln und sie darin zu unterstützen, ihre Systeme der lokalen Regierung zu stärken und grundlegende Dienstleistungen bereitzustellen, unter anderem aber nicht beschränkt auf Bildung und Gesundheitsversorgung;
   ae) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, dafür zu sorgen, dass Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende geschützt werden, und humanitären Organisationen, die diesen schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen Hilfe leisten, uneingeschränkten, sicheren und ungehinderten Zugang zu Ausschiffungsstellen und zu allen Räumen in Hafteinrichtungen zu garantieren; die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, Visabeschränkungen für alle Mitarbeiter internationaler humanitärer Organisationen unabhängig von ihrer Nationalität aufzuheben; diese humanitären Akteure mit angemessenen Finanzmitteln auszustatten, um für eine wirksame humanitäre Reaktion in Hafteinrichtungen und in städtischen Gebieten zu sorgen;
   af) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 zu unterzeichnen und zu ratifizieren, und Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Begleitmaßnahmen anzubieten;
   ag) die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, willkürliche Inhaftierungen bei der Einwanderung zu beenden und menschenrechtsbasierte Alternativen zur Inhaftnahme einzuführen, unter anderem durch die Schließung von Flüchtlingslagern und die Eröffnung von Aufnahmezentren, die Entwicklung von Überprüfungs- und Überweisungsmechanismen und die Bereitstellung von Gemeinschaftswohnraum; zu diesem Zweck Initiativen zur Änderung des libyschen Rechtsrahmens für Migration und Asyl aktiv zu unterstützen und zu finanzieren, um ihn mit dem Völkerrecht und international anerkannten Standards und Prinzipien in Einklang zu bringen;
   ah) die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, dafür zu sorgen, dass weibliche Häftlinge in Einrichtungen mit ausreichend geschultem weiblichem Wachpersonal und Kinder getrennt von Erwachsenen, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis zu den Kindern stehen, untergebracht werden;
   ai) den libyschen staatlichen Stellen weiter nahezulegen, die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern bei der Schaffung sicherer und legaler Migrationswege zu verstärken;
   aj) die libyschen staatlichen Stellen aufzufordern, die Zusammenarbeit mit anderen Ländern und der Internationalen Organisation für Migration im Hinblick auf die freiwillige, sichere und menschenwürdige Rückkehr der in Libyen festsitzenden Migranten in die Herkunftsländer und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaften und Gemeinschaften, die sie aufnehmen, zu verbessern;
   ak) Verhandlungen der EU-Mitgliedstaaten über die Entwicklung einer ambitionierteren Migrations- und Asylpolitik der EU zu unterstützen, damit illegalen Zurückweisungen durch den libyschen Grenzschutz oder Sicherheitsapparat und der Rückführung von Menschen in Lager mit unmenschlichen Zuständen in Libyen nicht indirekt Vorschub geleistet wird, und libysche Akteure, gegen die glaubwürdige Vorwürfe schwerer Verletzungen und der Beteiligung am Menschenhandel erhoben wurden, weder zu finanzieren noch mit ihnen zusammenzuarbeiten; sichere und legale Migrationswege in die EU zu stärken, unter anderem durch die Übernahme bestehender bewährter Verfahren, den Ausbau der Kapazitäten der Nothilfe-Transitmechanismen und die Neuansiedlungszusagen von Mitgliedstaaten;
   al) eine weitere Verlängerung der unabhängigen Erkundungsmission der Vereinten Nationen für Libyen, falls dies als notwendig erachtet wird, und die Umsetzung der Empfehlungen, die in ihren Berichten enthalten sind, aktiv zu unterstützen; sicherzustellen, dass die Mission über ausreichende Ressourcen verfügt, um ihr Aufgabe zu erfüllen, und die libyschen staatlichen Stellen nachdrücklich aufzufordern, uneingeschränkt mit der Mission zusammenzuarbeiten und ihren Mitgliedern uneingeschränkten Zugang zur unverzüglichen Durchführung ihrer Untersuchungen zu gewähren;
   am) weiterhin das Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs und seine Bemühungen zu unterstützen, alle für Gräueltaten Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, wozu Verletzungen des humanitären Völkerrechts, die Rekrutierung und direkte Beteiligung von Kindern an Feindseligkeiten, Verschwindenlassen, außergerichtliche Tötungen und anderer Formen der Gewalt gegen schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen gehören;

2.  beauftragt seine Präsidentin, diese Empfehlung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 70.
(2) ABl. C 76 vom 9.3.2020, S. 206.

Letzte Aktualisierung: 1. März 2023Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen