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Verfahren : 2022/2962(RSP)
Werdegang im Plenum
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Eingereichte Texte :

RC-B9-0505/2022

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 24/11/2022 - 5.17

Angenommene Texte :

P9_TA(2022)0426

Angenommene Texte
PDF 146kWORD 51k
Donnerstag, 24. November 2022 - Straßburg
Die Menschenrechtslage in Ägypten
P9_TA(2022)0426RC-B9-0505/2022

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Menschenrechtslage in Ägypten (2022/2962(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf die EU-Nachbarschaftspolitik und die gemeinsame Stellungnahme vom 9. Februar 2021 mit dem Titel „Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft – Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“ (JOIN(2021)0002),

–  unter Hinweis auf das 13. interparlamentarische Treffen EU-Ägypten vom 29. September 2022,

–  unter Hinweis auf die am 15. Juni 2022 in Kairo unterzeichnete Vereinbarung zwischen der EU, Ägypten und Israel über die Zusammenarbeit im Bereich des Handels, der Beförderung und der Ausfuhr von Erdgas in die Europäische Union,

–  unter Hinweis auf die jüngste Erklärung des Sprechers des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen durchgeführte allgemeine regelmäßige Überprüfung zu Ägypten für den Zeitraum 2019-2020,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 8. November 2022, in der die Freilassung von Alla Abd al-Fattah gefordert wird,

–  unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zur Todesstrafe, zu Folter, zur Freiheit der Meinungsäußerung, zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen und zur Förderung der Menschenrechte von LGBTI-Personen,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und die Arabische Charta der Menschenrechte, die allesamt von Ägypten ratifiziert worden sind,

–  unter Hinweis auf die Verfassung Ägyptens, insbesondere auf Artikel 52 zum Verbot aller Formen von Folter, Artikel 73 zur Versammlungsfreiheit und Artikel 93 zur Verbindlichkeit der internationalen Menschenrechtsnormen,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Ägypten Ausrichter der 27. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP 27) in Scharm El-Scheich war; in der Erwägung, dass diese internationale Veranstaltung die innenpolitische Unterdrückung gegen friedliche und legitime Stimmen der Zivilgesellschaft in Ägypten ins Rampenlicht gerückt hat;

B.  in der Erwägung, dass Ägypten 2021 seine nationale Menschenrechtsstrategie und seinen nationalen Dialog eingeleitet hat, die offiziell darauf abgezielt haben, seine Menschenrechtsbilanz zu verbessern und ein integrativeres politisches Umfeld zu schaffen; in der Erwägung, dass im April 2022 der Begnadigungsausschuss des ägyptischen Präsidenten eingesetzt wurde, der mit der Durchführung von Ermittlungen unter der Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen in Fällen von Gefangenen betraut wurde, deren Haftbedingungen internationalen Menschenrechtsnormen nicht entsprechen; in der Erwägung, dass der Ausschuss schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit und in der Gegenwart übersehen hat und dass ein Jahr nach der Einleitung der nationalen Menschenrechtsstrategie und des nationalen Dialogs in Ägypten keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind; in der Erwägung, dass der aus dem Assoziierungsabkommen zwischen Ägypten und der Europäischen Union hervorgegangene Unterausschuss für politische Fragen, Menschenrechte und Demokratie sowie internationale und regionale Fragen als Rahmen für die Erörterung von Menschenrechtsfragen zwischen den beiden Parteien dient; in der Erwägung, dass die nächste Sitzung dieses Unterausschusses für den 8. Dezember 2022 in Kairo anberaumt ist;

C.  in der Erwägung, dass Ägypten vor seiner Ausrichtung der COP 27 keine einschlägigen Rechtsvorschriften geändert hat, auch nicht in Bezug auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit sowie Medienfreiheit, obwohl die Bereitstellung von Raum für die Zivilgesellschaft eine gemeinsame Verpflichtung ist, die in den Prioritäten der Partnerschaft zwischen der EU und Ägypten verankert und in der ägyptischen Verfassung festgeschrieben ist; in der Erwägung, dass der seit 2017 geltende Ausnahmezustand nicht aufgehoben wurde; in der Erwägung, dass Massenprozesse und Masseninhaftierungen fortgesetzt werden, wobei Zehntausende Zivilisten vor Militär- und Notstandsgerichte für Staatssicherheit gestellt werden; in der Erwägung, dass die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, über Menschenrechtsverteidiger und den Schutz der Menschenrechte bei der Bekämpfung des Terrorismus am 8. Juli 2021 gemeinsam ihre Besorgnis über das ägyptische Gesetz über nichtstaatliche Organisationen (NRO) von 2019, das Gesetz zur Bekämpfung der Cyber- und Informationstechnologie-Kriminalität von 2018, das Gesetz über terroristische Einrichtungen von 2015 und das Gesetz über öffentliche Versammlungen und friedliche Demonstrationen von 2013 zum Ausdruck gebracht haben; in der Erwägung, dass die ägyptische Regierung nach Angaben der ägyptischen Kommission für Rechte und Freiheiten zwischen dem 1. Oktober und dem 14. November 2022 nahezu 734 Personen in 18 Gouvernements festgenommen hat;

D.  in der Erwägung, dass der Menschenrechtsverteidiger Alla Abd al-Fattah, der während des letzten Jahrzehnts die meiste Zeit aufgrund unbegründeter Anschuldigungen willkürlich inhaftiert war, im November 2022 seinen im April 2022 begonnenen Hungerstreik abbrach, nachdem er nach einer Nah-Todes-Erfahrung in seiner Gefängniszelle zwangsernährt worden war; in der Erwägung, dass er seit Beginn der COP27 auch kein Trinkwasser mehr zu sich genommen hatte; in der Erwägung, dass Alla Abd al-Fattah nach wie vor keinen konsularischen Zugang zu Beamten des Vereinigten Königreichs hatte, und in der Erwägung, dass seinem Anwalt ein Besuch verweigert wurde; in der Erwägung, dass es der Familie von Alla Abd al-Fattah in der Vergangenheit aufgrund internationalen Drucks sporadisch gestattet wurde, ihn zu besuchen;

E.  in der Erwägung, dass die ägyptische Regierung unabhängige Menschenrechtsgruppen von der Teilnahme an der COP27 ausgeschlossen hat, und zwar durch ein verdecktes, von der Regierung kontrolliertes Registrierungsverfahren, bei dem Gruppen, die der ägyptischen Regierung gegenüber kritisch eingestellt sind, herausgefiltert wurden, unzulässige Einschränkungen des Rechts, sich außerhalb des Veranstaltungsortes der COP27 friedlich zu versammeln, und ungerechtfertigte Verzögerungen bei der Erteilung von Visa für Personen, die aus dem Ausland angereist sind; in der Erwägung, dass nur einige unabhängige Menschenrechtsgruppen und die Menschenrechtsverteidigerin Sanaa Seif dank der Unterstützung internationaler Organisationen teilnehmen konnten;

F.  in der Erwägung, dass Frauenrechtsverteidigerinnen, LGBTIQ+-Personen und Verteidiger der Rechte der koptischen Christen nach wie vor schikaniert, eingeschüchtert, festgenommen und inhaftiert werden, wie etwa im Fall von Patrick George Zaki, der noch immer unter einem Reiseverbot steht und der sich nach Kritik an der Politik seiner Regierung gegenüber den koptischen Christen nach wie vor vor einem staatlichen Notstandsgericht verantworten muss, und im Fall der Influencerinnen Hanin Hossam und Mawadda al-Adham, die im Jahr 2020 aufgrund falscher Anschuldigungen, sich moralischen Fehlverhaltens schuldig gemacht zu haben, zu drei bzw. zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden, nachdem sie in TikTok-Videos lässig getanzt hatten;

G.  in der Erwägung, dass auf der neunten Tagung des Assoziationsrates der EU und Ägyptens vom 20. Juni 2022 und in den am 19. Juni 2022 angenommenen Partnerschaftsprioritäten für den Zeitraum von 2021 bis 2027 das Eintreten beider Parteien für die Förderung der Demokratie, der Grundfreiheiten und der Menschenrechte, der Gleichstellung der Geschlechter und der Chancengleichheit bekräftigt wurde;

H.  in der Erwägung, dass Ägypten schon seit Langem ein strategischer Partner der EU ist und die EU und Ägypten gemeinsam das Ziel verfolgen, im Mittelmeerraum und im Nahen und Mittleren Osten für Stabilität, Frieden und Wohlstand zu sorgen, und in der Erwägung, dass Ägypten eine wichtige Rolle zukommt, wenn es um die Stabilität in der Region geht; in der Erwägung, dass die EU Ägyptens größter Wirtschaftspartner ist und die meisten ausländischen Investitionen in Ägypten aus der EU stammen; in der Erwägung, dass die EU und Ägypten im Juni 2020 Partnerschaftsprioritäten für viele Bereiche, darunter Sicherheit, Terrorismusbekämpfung und Justizreform, angenommen haben; in der Erwägung, dass Ägypten die Resolution der Vereinten Nationen unterstützt, in der die Annexion von Gebieten der Ukraine durch Russland verurteilt wird, und die Bemühungen der EU und der internationalen Gemeinschaft zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine weiterhin fördert; in der Erwägung, dass Ägypten eine Vereinbarung zwischen ihm selbst, der EU und Israel unterzeichnet hat, um die Erdgaseinfuhren aus Russland nach dessen Überfall auf die Ukraine zu verringern; in der Erwägung, dass die Kommission Ägypten 100 Mio. EUR im Rahmen der Nahrungsmittel- und Resilienzfazilität zugewiesen hat, um das Land bei der Bewältigung der durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine verursachten Nahrungsmittelknappheit zu unterstützen;

1.  bedauert zutiefst den anhaltenden Mangel an grundlegenden politischen Rechten und Freiheiten in Ägypten, auch im Zusammenhang mit der Abhaltung der COP 27 in Scharm El-Scheich; bedauert, dass die COP 27 nicht zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage geführt hat;

2.  verurteilt aufs Schärfste die Zensur, Schikanierung und Einschüchterung von Vertretern der ägyptischen Zivilgesellschaft durch die staatlichen Stellen Ägyptens, die auch in internationalen Räumlichkeiten der Vereinten Nationen stattgefunden haben, sowie die neue Welle von Festnahmen und Inhaftierungen im Zusammenhang mit der COP27; bekundet seine Unterstützung für die Regierung Deutschlands, die sich am 13. November 2022 über die staatlichen Stellen Ägyptens wegen der übermäßigen Sicherheitsüberwachung der Teilnehmer an Veranstaltungen im deutschen Pavillon der COP27 beschwert hat; bedauert, dass unabhängigen ägyptischen nichtstaatlichen Organisationen eine einmalige Registrierung bei der COP27 verwehrt wurde und dass es nur einer Handvoll gelungen ist, an der Konferenz teilzunehmen, und dies nur, weil internationale Organisationen ihnen ihre eigenen Ausweise ausgehändigt hatten; bedauert, dass die staatlichen Stellen Ägyptens Organisationen der Zivilgesellschaft ausgewählt haben, die die staatlichen Stellen nicht kritisieren; betont, dass es lokalen Gemeinschaften und nichtstaatlichen Organisationen aus Sinai als legitimen Interessenträgern hätte gestattet werden müssen, an der COP 27 teilzunehmen, da sie in Sinai stattfand; bedauert das geheime Verfahren Ägyptens, bei dem nicht offengelegte Auswahlkriterien angewendet wurden, um kritische nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen auszuschließen; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens nachdrücklich auf, keine Vergeltungsmaßnahmen gegen die ägyptischen Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten zu ergreifen, die während der COP 27 öffentlich ihre Besorgnis über die Menschenrechtsverletzungen in Ägypten zum Ausdruck gebracht haben;

3.  verurteilt nachdrücklich die anhaltende willkürliche Inhaftierung und die willkürliche Untersuchungshaft von Zehntausenden von gewaltlosen politischen Gefangenen in Ägypten, von denen viele unter unmenschlichen Bedingungen ohne Zugang zu einem fairen Prozess oder zu grundlegenden Rechten festgehalten werden, wie dies in den ägyptischen politischen Gefängnissen in Wadi Natrun und Badr der Fall ist; weist darauf hin, dass ein kleiner Teil der politischen Gefangenen in Ägypten im April 2022 durch den Begnadigungsausschuss des ägyptischen Präsidenten freigelassen oder begnadigt wurde, und zwar 800 bis 1 000 Häftlinge, die aus willkürlicher Untersuchungshaft entlassen wurden; betont, dass nach Angaben ägyptischer nichtstaatlicher Organisationen und von Amnesty International seither mindestens 1 953 Ägypter willkürlich verhaftet wurden und festgehalten werden;

4.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens nachdrücklich auf, Mohamed „Oxygen“ Ibrahim, Mohamed Adel, Alaa Abd al‑Fattah, die drei Anwälte Ibrahim Metwalli Hegasi, Mohamed al-Bakr und Hoda Abdelmoniem, die 2020 mit dem Menschenrechtspreis des Rates der Europäischen Anwaltschaften ausgezeichnet wurden, sowie Essat Ghoniem, Ahmed Amascha, Abdel Moneim Abul Fotuh, Mohamed al-Kassas, Siad Abu al-Fadl, Aischa al-Schater, Mohamed Abu-Huraira, Manal Agrama, Marwa Arafa, Hala Fahmi, Safaa al Korbagi, Tawfik Ghanim, Saif Thabit, Safwan Thabit, Scherif al-Rubi, Anas al-Beltagi, Ahmed Duma, Mohamed Adel Fahmi, Nermin Hussein, Hanin Hossam, Mawadda al-Adham, Ismail Iskandarani, Saif Fatin, Hischam Genena, Omar Mohammed Ali, Aymen Mussa, Omar al-Hut, Ahmed Moussa Abdelchaleq und Ahmed Fayes sowie viele andere zu Unrecht Inhaftierte unverzüglich freizulassen; betont, dass es sich bei diesen Frauen und Männern um ägyptische Menschenrechtsverteidiger, Journalisten, friedliche Aktivisten, Politiker, Influencerinnen oder Geschäftsleute handelt, die sich geweigert haben, ihre Vermögenswerte an das Militär zu verkaufen; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, die Reiseverbote gegen Patrick George Zaki und Mahienur al-Masri aufzuheben;

5.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens nachdrücklich auf, den britisch-ägyptischen Menschenrechtsverteidiger und friedlichen Aktivisten Alaa Abd al-Fattah, der mit dem Preis der Deutschen Welle und von Reporter ohne Grenzen ausgezeichnet wurde, unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er wegen seiner friedlichen und legitimen Forderungen nach mehr Rechten und Freiheiten die meiste Zeit des vergangenen Jahrzehnts willkürlich inhaftiert war und keineswegs ein Einzelfall ist, und ihm zu gestatten, unverzüglich in das Vereinigte Königreich auszureisen; hebt hervor, dass sowohl der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz als auch der französische Präsident Emmanuel Macron seine Freilassung gefordert haben;

6.  verurteilt erneut nachdrücklich die weit verbreitete Anwendung von Folter durch den ägyptischen Sicherheitsapparat; weist darauf hin, dass Ägyptens Revolution vom 25. Januar 2011 als öffentliche Entrüstung über die Straffreiheit der Polizei begann, unter anderem nach der Folterung und Ermordung des Bloggers Chalid Said; fordert Ägypten nachdrücklich auf, bei den Ermittlungen der italienischen Behörden im Fall der Ermordung des italienischen Doktoranden Giulio Regeni, der 2016 von Sicherheitsbediensteten zu Tode gefoltert wurde, uneingeschränkt zu kooperieren; bekräftigt insbesondere seine Forderung, General Tariq Sabir, Oberst Athar Kamel Mohamed Ibrahim, Oberst Uhsam Helmi und Major Magdi Ibrahim Abdelal Scharif über das gegen sie eingeleitete Gerichtsverfahren in Italien zu unterrichten; verurteilt aufs Schärfste die Folterung des Wirtschaftswissenschaftlers Aiman Hadhud, der am 5. März 2022 an den Folgen der Folter starb, nachdem er nach Kritik an der Wirtschaftspolitik von Sicherheitsbediensteten gewaltsam verschleppt und inhaftiert worden war, und bedauert zutiefst, dass es keine unabhängige Autopsie und glaubwürdige Untersuchung des Falles durch die ägyptische Staatsanwaltschaft gibt;

7.  fordert Ägypten nachdrücklich auf, alle 21 Journalisten, die sich derzeit, wie Reporter ohne Grenzen und das Komitee zum Schutz von Journalisten dokumentiert haben, wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit im Gefängnis befinden, freizulassen; betont, dass alle Ägypter das Recht auf Zugang zu Informationen ohne die Zensur durch ihre Regierung haben; nimmt die unter Druck zu Beginn der COP27-Konferenz getroffene Entscheidung zur Kenntnis, den Zugang zu einigen Websites nichtstaatlicher Menschenrechtsorganisationen und unabhängiger Zeitungen wie Medium, Mada Masr oder Human Rights Watch zu erlauben; betont jedoch, dass solche Websites auch nach der Konferenz stets für die Ägypter zugänglich bleiben müssen;

8.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens daher nachdrücklich auf, alle Journalisten, die seit November 2022 inhaftiert wurden, freizulassen, namentlich Chalid Abd al-Wahab Radwan, Ahmed Fayes, Alaa Abd al-Fattah, Ismail Alexandrani, Mohamed „Oxygen“ Ibrahim, Ahmed Allaam, Hamdi al-Saim, Tawfik Ghanim, Rabie al-Scheich, Adallah Schuscha, Chalid Sachlub, Bahaa al-Din Ibrahim Nemat Allah, Hischam Abdel Aziz, Mohamed Said Fahmi, Badr Mohamed Badr, Rauf Ebeid, Mostafa Saad, Mohamed Mostafa Mussa, Mahmud Saad Diab und Amr Schnin;

9.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, Diskriminierungen ein Ende zu setzen und für die effektive Gleichheit aller Ägypter vor dem Gesetz und in der Praxis zu sorgen, unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Weltanschauung, wie dies in der Verfassung vorgesehen ist; weist auf die seit langem bestehende Diskriminierung von Minderheiten wie der Kopten und der Angehörigen des Bahaitum hin; fordert Ägypten auf, seine Blasphemiegesetze zu überarbeiten, damit die Gewissensfreiheit und die Rechte religiöser Minderheiten geschützt werden;

10.  fordert Ägypten nachdrücklich auf, grundlegende internationale Standards für die Vereinigungsfreiheit einzuhalten und sein repressives Gesetz 149/2019 über nichtstaatliche Organisationen aufzuheben, durch das alle Aktivitäten der Kontrolle der Regierung unterstellt werden; teilt die von Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen zum Ausdruck gebrachten Bedenken hinsichtlich des Arsenals Ägyptens an rechtlichen Instrumenten, mit dem die Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und das Recht, sich friedlich zu versammeln, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung beschränkt werden können; fordert Ägypten auf, auch das Gesetz zur Bekämpfung von Cyber- und Informationstechnologiedelikten von 2018, das Gesetz über terroristische Vereinigungen von 2015 und das Gesetz über öffentliche Versammlungen und friedliche Demonstrationen von 2013 zu ändern oder aufzuheben; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens erneut auf, die Rechtssache 173/2011, die als „Auslandsfinanzierungsfall“ bekannt ist, zu schließen und alle Reiseverbote gegen 31 Mitarbeiter nichtstaatlicher Menschenrechtsorganisationen sowie das Einfrieren ihrer Vermögenswerte aufzuheben;

11.  fordert das Parlament Ägyptens auf, die Verabschiedung eines umfassenden Gesetzes über Gewalt gegen Frauen, insbesondere Ehrenmorde, zu beschleunigen; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, ihre Ablehnung der Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen zu bekräftigen und diejenigen, die sie weiterhin praktizieren, wirksam strafrechtlich zu verfolgen; empfiehlt den staatlichen Stellen Ägyptens, ihre Zusammenarbeit mit der EU zu verstärken, um neue Wege zum weitergehenden Schutz von Frauen vor sexuellem Missbrauch und geschlechtsspezifischer Gewalt zu finden; verurteilt Tötungsdelikte aus Gründen des Geschlechts aufs Schärfste;

12.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, die Festnahmen wegen einvernehmlicher sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen, einschließlich gleichgeschlechtlicher Beziehungen oder Beziehungen auf der Grundlage des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit, und deren strafrechtliche Verfolgung einzustellen und LGBTIQ+-Personen, die weiterhin willkürlich, oft unter unmenschlichen Bedingungen, inhaftiert sind, umgehend freizulassen;

13.  begrüßt die jüngsten rechtlichen Änderungen, die Ägypten in Bezug auf Kinderarbeit und Kinderheirat vorgenommen hat; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens jedoch auf, die Umsetzung des Gesetzes über Kinderheirat weiter zu stärken und das Schulsystem und die staatlichen Kinderschutzdienste zu stärken, damit Kindesmissbrauch Einhalt geboten bzw. geahndet wird und Kinder besser davor geschützt werden;

14.  fordert Ägypten nachdrücklich auf, die Todesstrafe abzuschaffen und ein sofortiges Moratorium für ihre Anwendung auszusprechen; bedauert, dass Ägypten in den letzten zehn Jahren zu einem der brutalsten Länder der Welt geworden ist, was die Vollstreckung der Todesstrafe angeht, und sogar Minderjährige hingerichtet hat;

15.  fordert alle EU-Mitgliedstaaten und die EU-Delegation erneut auf, an den Gerichtsverfahren gegen ägyptische und ausländische Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Gewerkschaftler teilzunehmen und sie in der Haft zu besuchen;

16.  fordert die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen für einen Überwachungs- und Berichterstattungsmechanismus für schwere Menschenrechtsverletzungen in Ägypten einzusetzen; weist darauf hin, dass die EU Menschenrechtsbelange in ihren gesamten Austausch mit ägyptischen Beamten auf hoher Ebene, einschließlich des Assoziationsrates EU-Ägypten, durchgängig berücksichtigen sollte; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, den Zusammenhang zwischen demokratischer Entwicklung und Wachstum hervorzuheben; fordert die Vereinten Nationen auf, bei künftigen COP-Sitzungen und ähnlichen Konferenzen der Vereinten Nationen Kriterien für die Ausrichtungsländer in Bezug auf den Zugang der Zivilgesellschaft und das Recht auf freie Meinungsäußerung festzulegen;

17.  bekräftigt seine Forderung nach einer eingehenden und umfassenden Überprüfung der Beziehungen der EU zu Ägypten angesichts der sehr begrenzten Fortschritte bei der Menschenrechtsbilanz Ägyptens und des harten Vorgehens gegen abweichende Meinungen, obwohl die europäischen Partner weiterhin Unterstützung leisten; fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik nachdrücklich auf, einen eindeutigen öffentlichen Standpunkt zu der Notwendigkeit einzunehmen, dass Ägypten politische Häftlinge freilässt, eindeutige Fortschritte im Bereich Menschenrechte erzielt, Folter einstellt und dagegen ermittelt und seinen massiven Rückgriff auf missbräuchliche Untersuchungshaft und Reiseverbote, um gegen tatsächliche oder vermeintliche abweichende Meinungen vorzugehen, einstellt; fordert die EU-Mitgliedstaaten erneut auf, die Verhängung gezielter Sanktionen gegen diejenigen in Erwägung zu ziehen, die für die brutalen Repressionen in dem Land am meisten verantwortlich sind; fordert mehr Transparenz bei allen Formen von finanzieller Unterstützung oder Ausbildungsmaßnahmen, die Ägypten von der EU, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Europäischen Investitionsbank bereitgestellt werden;

18.  fordert alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich uneingeschränkt an die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. August 2013 zu halten, in denen die Aussetzung von Ausfuhrgenehmigungen für jegliche Ausrüstung angekündigt wird, die für interne Unterdrückungsmaßnahmen verwendet wird, einschließlich Überwachungstechnologie zum Aufspüren Andersdenkender;

19.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung der Arabischen Republik Ägypten zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 1. März 2023Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen