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Angenommene Texte
Donnerstag, 24. November 2022 - Straßburg
Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum von 2021 bis 2027
 Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 im Hinblick auf die Festlegung einer diversifizierten Finanzierungsstrategie als allgemeine Methode für die Mittelaufnahme
 Instrument zur Unterstützung der Ukraine im Jahr 2023 (Makrofinanzhilfe+)
 Nicht-Akzeptanz russischer Reisedokumente, die in der Ukraine und in Georgien ausgestellt werden
 Politikprogramm für 2030 „Weg in die digitale Dekade“
 Keine Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt: befristete Sofortmaßnahmen in Bezug auf die Anforderungen an Sicherheiten
 Keine Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt: Wert für den Clearing-Schwellenwert für Positionen in OTC-Rohstoffderivatekontrakten und sonstigen OTC-Derivatekontrakten
 Die Menschenrechtslage in Afghanistan, insbesondere mit Blick auf die Verschlechterung der Frauenrechte und die Anschläge auf Bildungseinrichtungen
 Die anhaltende Unterdrückung der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus
 Vertreibung von Menschen infolge des eskalierenden Konflikts im Osten der Demokratischen Republik Kongo
 Künftige europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung
 Ergebnis der Modernisierung des Vertrags über die Energiecharta
 Bewertung der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeitsbedingungen durch Ungarn im Rahmen der Konditionalitätsverordnung sowie des Stands des ungarischen Aufbau- und Resilienzplans
 Schutz der Viehwirtschaft und der Großraubtiere in Europa
 Europäisches Jahr der Jugend 2022 – Vermächtnis
 Verbesserung der EU-Vorschriften für wild lebende und exotische Tiere, die in der Europäischen Union als Haustiere gehalten werden, durch eine Positivliste der EU
 Die Menschenrechtslage in Ägypten
 Die Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar

Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum von 2021 bis 2027
PDF 124kWORD 42k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2022 zu dem Entwurf einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 vom zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum von 2021 bis 2027 (14471/2022 – C9-0386/2022 – 2022/0369(APP))

(Besonderes Gesetzgebungsverfahren – Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Verordnung des Rates (14471/2022),

–  unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 312 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9-0386/2022),

–  gestützt auf Artikel 92, Artikel 105 Absätze 1 und 4 und Artikel 163 seiner Geschäftsordnung,

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Entwurf einer Verordnung des Rates;

2.  beauftragt seine Präsidentin, seinen Standpunkt dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 im Hinblick auf die Festlegung einer diversifizierten Finanzierungsstrategie als allgemeine Methode für die Mittelaufnahme
PDF 139kWORD 43k
Entschließung
Text
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 im Hinblick auf die Festlegung einer diversifizierten Finanzierungsstrategie als allgemeine Methode für die Mittelaufnahme (COM(2022)0596 – C9-0374/2022 – 2022/0370(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2022)0596),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 22 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9‑0374/2022),

—  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Rechnungshofs vom 22. November 2022(1),

–  unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 16. November 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf die Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.  beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 24. November 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU, Euratom) 2022/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 im Hinblick auf die Festlegung einer diversifizierten Finanzierungsstrategie als allgemeine Methode für die Mittelaufnahme

P9_TC1-COD(2022)0370


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU, Euratom) 2022/2434.)

(1) Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


Instrument zur Unterstützung der Ukraine im Jahr 2023 (Makrofinanzhilfe+)
PDF 137kWORD 43k
Entschließung
Text
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Instruments zur Unterstützung der Ukraine im Jahr 2023 (Makrofinanzhilfe+) (COM(2022)0597 – C9-0373/2022 – 2022/0371(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2022)0597),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 212 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9‑0373/2022),

—  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 16. November 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf die Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.  beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 24. November 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Instruments zur Unterstützung der Ukraine im Jahr 2023 (Makrofinanzhilfe+)

P9_TC1-COD(2022)0371


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2463.)


Nicht-Akzeptanz russischer Reisedokumente, die in der Ukraine und in Georgien ausgestellt werden
PDF 141kWORD 44k
Entschließung
Text
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nichtanerkennung russischer Reisedokumente, die in besetzten ausländischen Regionen ausgestellt werden (COM(2022)0662 – C9‑0302/2022 – 2022/0274(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2022)0662),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 77 Absatz 2 Buchstaben a und b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9‑0302/2022),

—  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 16. November 2022 gemachte Zusage, den genannten Standpunkt gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf die Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest(1);

2.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.  beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 24. November 2022 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses (EU) 2022/... des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nichtannahme von Reisedokumenten der Russischen Föderation, die in der Ukraine und in Georgien ausgestellt werden

P9_TC1-COD(2022)0274


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2022/2512.)

(1) Dieser Standpunkt ersetzt die am 20. Oktober 2022 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte P9_TA(2022)0370).


Politikprogramm für 2030 „Weg in die digitale Dekade“
PDF 129kWORD 50k
Entschließung
Text
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Politikprogramm für 2030 „Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0574 – C9-0359/2021 – 2021/0293(COD))
P9_TA(2022)0414A9-0159/2022

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0574),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 173 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9‑0359/2021),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 19. Januar 2022(1),

–  nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

–  unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 22. Juli 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und des Ausschusses für Kultur und Bildung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A9‑0159/2022),

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.  beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 24. November 2022 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses (EU) 2022/... des Europäischen Parlaments und des Rates über die Aufstellung des Politikprogramms 2030 für die digitale Dekade

P9_TC1-COD(2021)0293


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2022/2481.)

(1) ABl. C 194 vom 12.5.2022, S. 87.


Keine Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt: befristete Sofortmaßnahmen in Bezug auf die Anforderungen an Sicherheiten
PDF 127kWORD 45k
Beschluss des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung der Kommission vom 21. Oktober 2022 zur Änderung der in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 153/2013 festgelegten technischen Regulierungsstandards durch befristete Sofortmaßnahmen in Bezug auf die Anforderungen an Sicherheiten zu erheben (C(2022)7536 – 2022/2908(DEA))
P9_TA(2022)0415B9-0491/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Delegierte Verordnung der Kommission (C(2022)7536),

–  unter Hinweis auf das Schreiben der Kommission vom 25. Oktober 2022, in dem diese das Parlament ersucht, zu erklären, dass es keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung erheben wird,

–  unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Wirtschaft und Währung vom 17. November 2022 an den Vorsitzenden der Konferenz der Ausschussvorsitze,

–  gestützt auf Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister(1), insbesondere auf Artikel 46 Absatz 3,

–  unter Hinweis auf den Entwurf technischer Regulierungsstandards, der am 14. Oktober 2022 von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) gemäß Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgelegt wurde,

–  gestützt auf Artikel 111 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung für einen Beschluss,

A.  in der Erwägung, dass in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 153/2013 der Kommission(2) gemäß Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 unter anderem die Mindesthöhe der Ersteinschusszahlungen und das Verzeichnis der anerkannten Sicherheiten festgelegt sind;

B.  in der Erwägung, dass die politischen Entwicklungen und die Marktentwicklungen der letzten Zeit einen signifikanten Anstieg der Preise und der Volatilität auf den Energiemärkten ausgelöst haben, was zur Folge hatte, dass zentrale Gegenparteien erhebliche Nachschusszahlungen verlangt haben, um die damit verbundenen Risikopositionen zu decken; in der Erwägung, dass diese Nachschussforderungen bei nichtfinanziellen Gegenparteien, wie Energieunternehmen, die in der Regel über weniger liquide Vermögenswerte verfügen, um Nachschussforderungen nachzukommen, wodurch sie gezwungen sind, entweder ihre Positionen zu verringern oder sie ohne ordnungsgemäße Absicherung zu lassen und dadurch weiteren Preisschwankungen auszusetzen, zu Liquiditätsengpässen geführt haben;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) am 13. September 2022 (mit Schreiben Ares(2022)6980063) aufgefordert hat, zu prüfen, ob die geltenden Bestimmungen der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 153/2013 vorübergehend angepasst werden sollten, um einige Belastungen zu verringern, mit denen Energieunternehmen als nichtfinanzielle Gegenparteien bei der Absicherung ihrer Geschäftstätigkeit auf den Finanzmärkten konfrontiert sind, wobei an dem übergeordneten Ziel der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 , d. h. der Wahrung der Finanzstabilität, festzuhalten ist; in der Erwägung, dass die ESMA am 22. September 2022 (mit Schreiben ESMA24-436-1414) antwortete und darauf hinwies, dass ausschließlich unbesicherte Garantien von Geschäftsbanken für befristete und begrenzte Änderungen unter bestimmten Bedingungen in Betracht gezogen werden sollten; in der Erwägung, dass die ESMA in ihrem Abschlussbericht einen Entwurf technischer Regulierungsstandards vorgeschlagen hat (ESMA91-372-2466), einschließlich Änderungen, um den Pool der anerkannten Sicherheiten vorübergehend um unbesicherte Bankgarantien für nichtfinanzielle Gegenparteien, die Clearingmitglieder sind, und um öffentliche Garantien für alle Arten von Gegenparteien zu erweitern;

D.  in der Erwägung, dass die Kommission daher die Delegierte Verordnung erlassen hat, mit der das Verzeichnis der anerkannten Sicherheiten, die bei zentralen Gegenparteien aus der Union hinterlegt werden können, für einen Zeitraum von zwölf Monaten vorübergehend geändert und um unbesicherte Bankgarantien und öffentliche Garantien erweitert wird;

E.  in der Erwägung, dass die Delegierte Verordnung umgehend in Kraft treten sollte, um den erhöhten Liquiditätsdruck zu verringern, dem nichtfinanzielle Gegenparteien ausgesetzt sind, die auf regulierten Gas- und Strommärkten handeln und deren Clearing über in der Union ansässige zentrale Gegenparteien erfolgt;

1.  erklärt, keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung zu erheben;

2.  beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.
(2) Delegierte Verordnung (EU) Nr. 153/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf technische Regulierungsstandards für Anforderungen an zentrale Gegenparteien (ABl. L 52 vom 23.2.2013, S. 41).


Keine Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt: Wert für den Clearing-Schwellenwert für Positionen in OTC-Rohstoffderivatekontrakten und sonstigen OTC-Derivatekontrakten
PDF 129kWORD 45k
Beschluss des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung der Kommission vom 18. Oktober 2022 zur Änderung der in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 149/2013 festgelegten technischen Regulierungsstandards im Hinblick auf den Wert für den Clearing-Schwellenwert für Positionen in OTC-Rohstoffderivatekontrakten und sonstigen OTC-Derivatekontrakten zu erheben (C(2022)7413 – 2022/2899(DEA))
P9_TA(2022)0416B9-0490/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Delegierte Verordnung der Kommission (C(2022)7413),

–  unter Hinweis auf das Schreiben der Kommission vom 25. Oktober 2022, in dem diese das Parlament ersucht, zu erklären, dass es keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung erheben wird,

–  unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Wirtschaft und Währung vom 17. November 2022 an den Vorsitzenden der Konferenz der Ausschussvorsitze,

–  gestützt auf Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister(1), insbesondere auf Artikel 10 Absatz 4 Unterabsatz 3,

–  unter Hinweis auf die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) am 3. Juni 2022 gemäß Artikel 10 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgelegten Entwürfe für technische Regulierungsstandards,

–  gestützt auf Artikel 111 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung für einen Beschluss,

A.  in der Erwägung, dass in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 149/2013 der Kommission(2) unter anderem die Schwellenwerte für die Clearingpflicht festgelegt sind; in der Erwägung, dass die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) gemäß Artikel 10 Absatz 4 Unterabsatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 regelmäßig die Werte für diese Clearing-Schwellenwerte überprüft und technische Regulierungsstandards zu deren Änderung vorschlägt; in der Erwägung, dass für einige Drittländer noch kein Beschluss über die Gleichwertigkeit angenommen wurde, weshalb Kontrakte, die auf Märkten in diesen Drittländern ausgeführt werden, als OTC gelten und, selbst wenn sie von anerkannten zentralen Gegenparteien gecleart werden, auf die Clearing-Schwellenwerte angerechnet werden;

B.  in der Erwägung, dass die Rohstoffpreise in jüngster Zeit gestiegen sind, was infolge der grundlosen und ungerechtfertigten militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine noch erheblich verstärkt wurde; in der Erwägung, dass steigende Preise und die extreme Volatilität auf den Märkten für Energiederivate in jüngster Zeit dazu geführt haben, dass zentrale Gegenparteien höhere Nachschusszahlungen von Energieunternehmen verlangt haben, um die betreffenden Risikopositionen zu decken; in der Erwägung, dass diese Situation zu Liquiditätsengpässen für nichtfinanzielle Gegenparteien, wie Energieunternehmen, geführt hat, da die an zentrale Gegenparteien in der Union gestellten Sicherheiten in der Regel als liquide Mittel bereitgestellt werden; in der Erwägung, dass Energieunternehmen, die häufig über weniger liquide Vermögenswerte verfügen, um Nachschussforderungen nachzukommen, gezwungen sein könnten, entweder ihre Positionen zu verringern oder sie ohne ordnungsgemäße Absicherung zu lassen, wodurch sie weiteren Preisschwankungen ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass Energieunternehmen ihre finanzielle Leistungsfähigkeit und Liquidität erhalten sollten, um die Versorgung und den Kauf von Energierohstoffen mittelfristig zu sichern und gleichzeitig die Finanzstabilität zu wahren, was Privathaushalten und Unternehmen in der Union zugutekommt;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission die ESMA am 13. September 2022 (mit Schreiben Ares(2022)6980063) aufgefordert hat, zu prüfen, ob die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 149/2013 vorübergehend geändert werden sollte, um einige der genannten Belastungen zu verringern; in der Erwägung, dass die ESMA am 22. September 2022 (mit Schreiben ESMA 24-436-1414) antwortete, dass sie der Kommission am 3. Juni 2022 ihren Entwurf für technische Regulierungsstandards (ESMA 70-451-114) zu den Clearing-Schwellenwerten für Rohstoffderivate übermittelt habe, in der sie eine Anhebung des Clearing-Schwellenwerts für Rohstoffderivate um 1 Mrd. EUR auf 4 Mrd. EUR vorgeschlagen habe; in der Erwägung, dass die ESMA die Angemessenheit der vorgeschlagenen Erhöhung bestätigt und die Kommission aufgefordert hat, diese Maßnahme so bald wie möglich anzunehmen;

D.  in der Erwägung, dass die Kommission daraufhin die Delegierte Verordnung erlassen hat, mit welcher der in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 149/2013 festgelegte Clearing-Schwellenwert für Positionen in OTC-Rohstoffderivaten von 3 Mrd. EUR auf 4 Mrd. EUR angehoben wird;

E.  in der Erwägung, dass die Delegierte Verordnung schnellstens in Kraft treten sollte, um den erhöhten Druck auf die Liquidität von Energieunternehmen zu verringern;

1.  erklärt, keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung zu erheben;

2.  beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.
(2) Delegierte Verordnung (EU) Nr. 149/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für indirekte Clearingvereinbarungen, die Clearingpflicht, das öffentliche Register, den Zugang zu einem Handelsplatz, nichtfinanzielle Gegenparteien und Risikominderungstechniken für nicht durch eine zentrale Gegenpartei geclearte OTC-Derivatekontrakte (ABl. L 52 vom 23.2.2013, S. 11).


Die Menschenrechtslage in Afghanistan, insbesondere mit Blick auf die Verschlechterung der Frauenrechte und die Anschläge auf Bildungseinrichtungen
PDF 142kWORD 51k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Menschenrechtslage in Afghanistan, insbesondere mit Blick auf die Verschlechterung der Frauenrechte und die Anschläge auf Bildungseinrichtungen (2022/2955(RSP))
P9_TA(2022)0417RC-B9-0506/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Afghanistan, insbesondere die Entschließungen vom 16. September 2021(1) und 7. April 2022(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2021 zu dem Thema „Schutz der Menschenrechte und die externe Migrationspolitik der EU“(3),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. November 2022 zu Frauen, Frieden und Sicherheit und vom 15. September 2021 zu Afghanistan, in denen fünf Benchmarks für die Zusammenarbeit der EU mit der De-facto-Regierung unter Führung der Taliban dargelegt werden,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) zu Afghanistan,

–  unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Afghanistan, einschließlich der Resolutionen 2626 (2022), 2596 (2021), 2543 (2020) und 2513 (2020),

–  unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. November 2022 zur Lage in Afghanistan,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 8. Juli 2022 zur Menschenrechtslage von Frauen und Mädchen in Afghanistan,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 9. September 2022 zu der Lage der Menschenrechte in Afghanistan,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) vom 20. Juli 2022, in dem die Menschenrechtslage in Afghanistan in den zehn Monaten seit der Machtübernahme durch die Taliban dargelegt wird,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Taliban vom 7. September 2021 zu der Einsetzung einer Übergangsregierung in Afghanistan,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, die beide von Afghanistan ratifiziert wurden,

–  unter Hinweis auf das am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichnete Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das dazugehörige Protokoll von 1967,

–  unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen vom 18. Februar 2017 über Partnerschaft und Entwicklung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Islamischen Republik Afghanistan andererseits,

–  unter Hinweis auf die thematischen EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, die EU-Leitlinien für die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes und die EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Taliban am 15. August 2021 nach dem Abzug der Truppen der NATO und der Bündnispartner die Macht in Afghanistan ergriffen haben; in der Erwägung, dass sie wieder das Islamische Emirat Afghanistan ausgerufen haben und eine ausschließlich aus Männern bestehende Übergangsregierung ernannt haben, der auch Mitglieder des Taliban-Regimes der Jahre 1996 bis 2001 angehören, von denen manche wegen Terrorismusvorwürfen gesucht werden; in der Erwägung, dass die EU nach wie vor einen entschiedenen Standpunkt vertritt, wonach sie die De-facto-Regierung der Taliban nicht anerkennt;

B.  in der Erwägung, dass die Taliban die in den letzten 20 Jahren erzielten Fortschritte zunichtemachen; in der Erwägung, dass die Taliban das ehemalige Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters wiedereingesetzt und das Ministerium für Frauenangelegenheiten, die Unabhängige Menschenrechtskommission Afghanistans und weitere lokale Strukturen, von denen Frauen und Mädchen Unterstützung erhielten, geschlossen haben sowie Gesetze, die vorher zum Schutz von Frauen durchgesetzt wurden, abgeschafft und die Rechte von Frauen stark eingeschränkt haben; in der Erwägung, dass die Taliban Frauen aus der Verwaltung ausschließen und in ihrer neuen, nicht anerkannten Regierung keine Ämter an Frauen vergeben haben;

C.  in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen seit der Machtübernahme durch die Taliban mit einer zunehmenden Einschränkung ihrer Grundrechte konfrontiert sind, insbesondere beim Zugang zu Bildung und Beschäftigung sowie bei den Möglichkeiten, sich frei zu bewegen; in der Erwägung, dass Frauen eigentlich aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen wurden;

D.  in der Erwägung, dass Mädchen ab dem 12. Lebensjahr in Afghanistan der Zugang zu Bildung verwehrt wird; in der Erwägung, dass die De-facto-Regierung Afghanistans am 15. Januar 2022 zugesagt hatte, dass Mädchen nach Beginn des neuen Schuljahres in der zweiten Märzhälfte 2022 in allen Bildungsstufen in die Schule zurückkehren dürfen; in der Erwägung, dass Mädchen ab der 7. Klasse die Teilnahme am Unterricht untersagt ist; in der Erwägung, dass es sich hierbei um eine Verletzung des Grundrechts auf Bildung für alle Kinder handelt, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert ist; in der Erwägung, dass afghanische Mädchen und Frauen mutig friedliche Proteste in dem Land abgehalten und dabei gefordert haben, dass ihr Recht auf Bildung geachtet wird; in der Erwägung, dass ein starker Anstieg der Kinderehen zu verzeichnen ist;

E.  in der Erwägung, dass die Taliban ihre systematische Unterdrückung von Frauen und Mädchen in letzter Zeit durch eine Welle von Festnahmen von Menschenrechtsverteidigern verstärkt haben; in der Erwägung, dass Alia Azizi, Leiterin des Frauengefängnisses von Herat, seit Oktober 2021 vermisst wird; in der Erwägung, dass Menschenrechtsorganisationen den Verdacht hegen, dass sie verschleppt wurde; in der Erwägung, dass die Taliban am 3. November 2022 eine Pressekonferenz unterbrachen, in der die Gründung der Afghanischen Frauenbewegung für Gleichberechtigung angekündigt wurde, und eine Frau, Zarifa Yaqobi, sowie vier ihrer Kollegen festnahmen; in der Erwägung, dass die Taliban am 11. November 2022 die bekannte Aktivistin Farhat Popalzai, eine der Gründerinnen der Spontanen Bewegung der Frauen Afghanistans, festgenommen haben; in der Erwägung, dass am 13. November 2022 eine weitere Verteidigerin der Frauenrechte, Humaira Yusuf, von den Taliban in Gewahrsam genommen wurde;

F.  in der Erwägung, dass täglich von Menschenrechtsverletzungen berichtet wird, darunter Festnahmen, Inhaftierungen, Entführungen, Folter, Drohungen, Erpressungen, Tötungen und Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger und ihre Familienangehörigen; in der Erwägung, dass es nach wie vor keine Rechenschaftspflicht für solche Verletzungen der Menschenrechte gibt; in der Erwägung, dass die Taliban vor Kurzem Richter angewiesen haben, die Scharia uneingeschränkt so umzusetzen, wie die Taliban sie auslegt, was grausame und unmenschliche Strafen zur Folgen haben könnte und Angst vor weiteren Menschenrechtsverletzungen weckt;

G.  in der Erwägung, dass es infolge der Machtübernahme durch die Taliban zunehmend zu Angriffen auf Minderheiten gekommen ist, insbesondere auf Hazara, Hindus, Sikhs und Christen; in der Erwägung, dass der „Islamische Staat in der Provinz Chorasan“ und weitere Akteure seit der Machtübernahme durch die Taliban zahlreiche Angriffe auf die Hazara, eine überwiegend schiitische Minderheit, verübt haben; in der Erwägung, dass es sich bei diesen Angriffen und der langen Geschichte der Verfolgung der Hazara um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln könnte; in der Erwägung, dass seit August 2021 ihre Gebetsstätten, Bildungseinrichtungen und medizinischen Einrichtungen systematisch angegriffen und die Hazara willkürlich festgenommen, gefoltert, hingerichtet, vertrieben, sozial ausgegrenzt und in einigen Fällen gezwungen wurden, aus dem Land zu fliehen; in der Erwägung, dass 2021 und 2022 Anschläge auf mehrere Bildungseinrichtungen im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi verübt wurden, insbesondere die Bildungseinrichtungen Sayed ul Shuhada, Abdul Rahman Shahid, Mumtaz und Kaaj; in der Erwägung, dass bei den Anschlägen Hunderte von Menschen ums Leben kamen oder verwundet wurden; in der Erwägung, dass die Taliban-Kräfte Berichten zufolge das Feuer eröffneten und physische Gewalt anwandten, um Proteste gegen die Angriffe aufzulösen;

H.  in der Erwägung, dass sich die humanitäre Lage in Afghanistan rasch verschlechtert und Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind; in der Erwägung, dass die Möglichkeiten für Frauen, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, unter anderem als Mitarbeiterinnen der humanitären Hilfe, durch die von der Taliban-Regierung eingeführten neuen Maßnahmen stark eingeschränkt wurden, was sich auch negativ auf die Fähigkeit von Frauen auswirkt, Zugang zu humanitärer Hilfe zu erhalten; in der Erwägung, dass Frauen dadurch, dass sie an der Teilhabe am Erwerbsleben gehindert werden, noch weiter in die Armut gestürzt sind und schätzungsweise 850 000 Mädchen der Gefahr wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung und dem Risiko einer Kinderehe ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass nicht einmal jede vierte Menschenrechtsverteidigerin, die noch in Afghanistan ist, berichtet, dass sie Zugang zu irgendeiner Art von humanitärer Hilfe, finanzieller Unterstützung oder Rechtsberatung hat;

I.  in der Erwägung, dass Schätzungen der UNAMA zufolge im Juli 2022 59 % der Bevölkerung humanitäre Hilfe benötigten, was gegenüber Anfang 2021 einem Anstieg um 6 Millionen Menschen entspricht; in der Erwägung, dass im Jahr 2023 voraussichtlich 28 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen werden, von denen 13 Millionen Kinder sind; in der Erwägung, dass Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge 18,9 Millionen Afghanen unter akuter Ernährungsunsicherheit zu leiden haben; in der Erwägung, dass 4,3 Millionen Afghanen Binnenvertriebene sind und 5,6 Millionen Afghanen in Nachbarländer vertrieben wurden; in der Erwägung, dass der Iran und Pakistan mit insgesamt 2,2 Millionen registrierten afghanischen Flüchtlingen einen großen Teil der afghanischen Flüchtlinge aufnehmen;

J.  in der Erwägung, dass Ostafghanistan im Juni 2022 von einem verheerenden Erdbeben erschüttert wurde, bei dem über 1 000 Menschen getötet und mehr als 6 000 Menschen verletzt wurden; in der Erwägung, dass im August 2022 in mehreren Teilen Afghanistans schwere Regenfälle zu verzeichnen waren, was zu Überschwemmungen, Sturzfluten und Erdrutschen führte, bei denen Medienberichten zufolge mehr als 180 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen verletzt wurden; in der Erwägung, dass Erdbeben, Überschwemmungen, Dürren sowie die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die steigenden Rohstoffpreise infolge der Invasion Russlands in die Ukraine die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage noch verschärft haben;

K.  in der Erwägung, dass die EU im Oktober 2021 ein humanitäres Hilfspaket in Höhe von 1 Mrd. EUR für Afghanistan auf den Weg gebracht hat, um schutzbedürftige Afghanen, die im Land und in der Region leben, zu unterstützen; in der Erwägung, dass die G20 im Rahmen ihres neuen humanitären Hilfspakets in Höhe von 210 Mio. EUR an Nahrungsmittelhilfe für die am schutzbedürftigsten Menschen weltweit plant, 75 Mio. EUR an Afghanistan auszuzahlen, um die dramatische Lage im Hinblick auf die Ernährungssicherheit im Land zu bewältigen;

L.  in der Erwägung, dass der Raum für unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft unter den Taliban drastisch geschrumpft ist; in der Erwägung, dass die journalistische Aktivität durch die von verschiedenen Gremien der Taliban erlassenen Verordnungen massiv eingeschränkt wird und diese Verordnungen zu einer Zunahme willkürlicher Festnahmen von Journalisten geführt haben;

1.  bedauert zutiefst die anhaltende Verschlechterung – vor allem für Frauen und Mädchen – der politischen, wirtschaftlichen und humanitären Lage sowie der Menschenrechts- und Sicherheitslage in Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021; bekräftigt seine unerschütterliche Solidarität mit dem afghanischen Volk und sein uneingeschränktes Engagement ihm gegenüber;

2.  verurteilt die massive Beschneidung der Rechte von Frauen und Mädchen unter den Taliban, eine Situation, die derzeit als Geschlechtsapartheid bezeichnet werden kann; verurteilt die von den Taliban verhängten zusätzlichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Frauen; fordert die De-facto-Behörden Afghanistans auf, dafür zu sorgen, dass alle geschlechtsspezifischen Einschränkungen für Frauen aufgehoben werden und dass Frauen wieder aktiv am öffentlichen Leben in Afghanistan teilnehmen können; betont, dass dies eine wesentliche Voraussetzung für jedwede Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft mit den Taliban sein muss;

3.  verurteilt das entsetzliche Verbot der Sekundarbildung für Mädchen, das einen direkten Verstoß gegen ihr universelles Recht auf Bildung darstellt; erinnert an die Versprechen der Taliban, dass Frauen wieder Zugang zu Bildung erhalten würden; fordert daher, dass die Taliban ihren eigenen Zusagen nachkommen und das Verbot aufheben und dass der Unterricht umgehend wieder aufgenommen wird und die Taliban dafür sorgen, dass die Bildungsziele der UNESCO verwirklicht werden; fordert die EU nachdrücklich auf, afghanische Organisationen, die sich für die Verteidigung der Rechte von Frauen und Mädchen und unter anderem auch für alternative Bildungsmöglichkeiten für Mädchen einsetzen, stärker zu unterstützen und konkrete Hilfs- und Schutzprogramme zu finanzieren, unter anderem indem sie Stipendien finanziert und dafür sorgt, dass afghanischen Studierenden und Akademikern, denen EU-Stipendien gewährt werden, zügiger Visa ausgestellt werden;

4.  verurteilt das unerbittliche Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und andere Akteure der Zivilgesellschaft, LGBTIQ+-Personen, Dissidenten und Richter sowie die brutale Unterdrückung friedlicher Proteste und der Äußerung abweichender Meinungen im ganzen Land; verurteilt die Festnahme von Frauen- und Menschenrechtsverteidigern, darunter Zarifa Yaqobi und ihre Kollegen Farhat Popalzai und Humaira Yusuf, und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung; fordert die EU nachdrücklich auf, afghanische Frauen- und Menschenrechtsverteidiger stärker politisch und finanziell zu unterstützen sowie für ihre Sicherheit zu sorgen, und fordert die EU ferner auf, auch die im Exil lebenden Frauen stärker zu unterstützen, indem sie ihnen hochwertige Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten bietet;

5.  ist entsetzt über die zunehmenden Angriffe auf Minderheitengruppen, unter anderem über den Anschlag vor Kurzem auf das Bildungszentrum Kaaj in Kabul, und die zunehmende soziale Ausgrenzung dieser Gruppen; spricht den Familien der Todesopfer des Anschlags sein Mitgefühl aus und bekundet seine Solidarität mit den Überlebenden; fordert die De-facto-Behörden auf, die für diese Angriffe Verantwortlichen vor Gericht zu stellen und zur Rechenschaft zu ziehen;

6.  ist zutiefst besorgt über die Lage der Hazara, der Hindus, der Sikh, der Christen und weiterer Minderheiten seit der Machtübernahme durch die Taliban sowie über die systematischen Angriffe auf diese Minderheiten, ihre pauschale Diskriminierung und die willkürlichen Festnahmen, die Folter und anderen Misshandlungen, die summarischen Hinrichtungen und Verschleppungen; weist erneut darauf hin, dass die De-facto-Regierung dafür zuständig ist, die Diskriminierung aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften zu verbieten und zu verhindern und ihre Gebetsstätten, Bildungseinrichtungen und medizinischen Zentren zu schützen;

7.  bedauert zutiefst, dass der Zugang zu Informationen seit der Machtübernahme durch die Taliban immer schwieriger geworden ist, die journalistische Unabhängigkeit erheblich eingeschränkt wurde und zivilgesellschaftliche Organisationen von der De-facto-Regierung zunehmend unter Druck gesetzt werden; fordert die Taliban nachdrücklich auf, günstige Rahmenbedingungen für Journalisten, Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft zu schaffen, damit sie ihren Tätigkeiten ohne Behinderung und Angst vor Repressalien nachgehen können;

8.  bekräftigt seine äußerste Besorgnis über die sich verschlechternde humanitäre Lage; fordert die Länder nachdrücklich auf, ihre humanitäre Hilfe zu verstärken und mit den Einrichtungen der Vereinten Nationen und nichtstaatlichen Organisationen abzustimmen; fordert die De-facto-Regierung auf, alle Beschränkungen und Hindernisse für die Bereitstellung humanitärer Hilfe zu beseitigen, und betont, dass den Organisationen, die diese Hilfe leisten, angemessener Zugang gewährt werden muss; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die wirtschaftlichen Faktoren, die der anhaltenden humanitären Krise zugrunde liegen, anzugehen und dazu alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die humanitäre Hilfe aufzustocken, die auch eine geschlechtsspezifische Perspektive umfassen sollte;

9.  ist besorgt über die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung in Afghanistan, das von den Vereinten Nationen auf der Liste der weltweit am stärksten von klimabedingten Gefahren betroffenen Länder auf Rang 6 eingestuft wurde; fordert die internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um die Afghanen bei der Bewältigung dieser dramatischen Situation zu unterstützen, von der schutzbedürftige Gruppen wie Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind;

10.  begrüßt und unterstützt die Arbeit der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan und die Arbeit des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Afghanistan, da es von wesentlicher Bedeutung ist, die Menschenrechtslage im Land zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten; fordert die EU und die internationale Gemeinschaft auf, deren Arbeit stärker politisch und finanziell zu unterstützen;

11.  begrüßt die Wiederaufnahme der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Afghanistan; fordert die EU auf, ihre Unterstützung für den Informationsaustausch, die Forschung, die Überwachung und die Aufsicht im Hinblick auf eine stärkere Rechenschaftspflicht zu verstärken;

12.  weist erneut darauf hin, dass die EU in Bezug auf eine diplomatische Zusammenarbeit mit den Taliban einen entschiedenen Standpunkt vertritt, der sich an fünf thematischen Benchmarks für das Engagement orientiert, die auf den Grundsätzen der Achtung der Menschenrechte aller und der Rechtsstaatlichkeit beruhen; betont, dass sich all diese Benchmarks seit dem 15. August 2021 deutlich verschlechtert haben, was bedeutet, dass eine Legitimierung der Taliban-Behörden nicht gerechtfertigt werden kann; weist darauf hin, dass die derzeitigen Benchmarks aktualisiert werden müssen, um angesichts der derzeitigen Lage und des Versäumnisses der Taliban, ihre ursprünglichen Versprechen einzuhalten, eine langfristige Strategie der EU für Afghanistan festzulegen;

13.  fordert die EU auf, eine Erweiterung der Liste der gezielten Maßnahmen gegen die Taliban-Führung anzustreben, die für die anhaltende Verschlechterung der Menschenrechtslage verantwortlich ist;

14.  fordert die De-facto-Regierung auf, die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich Zwangsehen und Gewalt in Paarbeziehungen, zu ergreifen und die Täter umgehend zur Rechenschaft zu ziehen; fordert die De-facto-Behörden auf, das landesweite System zur Unterstützung von Opfern wieder zu öffnen;

15.  fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), die EU-Delegationen und die Botschaften der Mitgliedstaaten auf, afghanische Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Journalisten innerhalb und außerhalb des Landes stärker zu unterstützen und dazu unter anderem die Umsiedlung von Menschenrechtsverteidigern im Einklang mit den Leitlinien der EU zu diesem Thema zu optimieren;

16.  fordert die Einsetzung einer repräsentativen und gewählten Regierung, die Frauen und Minderheiten auf allen Ebenen in den Entscheidungsprozess einbezieht;

17.  fordert den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen auf, einen ergänzenden Rechenschaftsmechanismus einzuführen, um alle mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen, die Verbrechen nach dem Völkerrecht darstellen, insbesondere Gewalt gegen Frauen und Mädchen, zu untersuchen;

18.  stellt fest, dass weitere internationale Anstrengungen erforderlich sind, um von Frauen geführte innerafghanische Dialoge und afghanische Frauennetzwerke sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes zu unterstützen; fordert den EAD auf, das Parlament und die anderen EU-Organe stärker in das „Afghan Women Leaders Forum“ (Forum für afghanische Frauen in Führungspositionen) einzubeziehen; fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Beteiligung afghanischer Frauen an politischen Dialogen über Afghanistan sicherzustellen;

19.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem Sondergesandten der EU für Afghanistan zu übermitteln.

(1) ABl. C 117 vom 11.3.2022, S. 133.
(2) ABl. C 434 vom 15.11.2022, S. 86.
(3) ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 70.


Die anhaltende Unterdrückung der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus
PDF 145kWORD 53k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu der anhaltenden Unterdrückung der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus (2022/2956(RSP))
P9_TA(2022)0418RC-B9-0508/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Oktober 2020,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 21./22. Oktober 2021,

–  unter Hinweis auf die Berichte internationaler und unabhängiger belarussischer Menschenrechtsorganisationen,

–  unter Hinweis auf die Berichte vom 4. Mai 2021 und 20. Juli 2022 von Anaïs Marin, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in Belarus, für den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und auf die Forderung von Sachverständigen der Vereinten Nationen vom 10. Oktober 2022 nach sofortiger Freilassung eines inhaftierten Nobelpreisträgers und anderer Menschenrechtsverteidiger in Belarus,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 4. März 2022 über die Lage der Menschenrechte in Belarus vor und nach der Präsidentschaftswahl von 2020,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7 vom 4. November 2022,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Vertreters der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für Medienfreiheit vom 13. Juli 2022 zu der anhaltenden Inhaftierung von Journalisten und Medienschaffenden in Belarus,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 7. Oktober 2022 zu einem Gerichtsurteil gegen unabhängige Medienvertreter,

–  gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das belarussische Regime systematisch die Unterdrückung von Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidigern betreibt, mit der alle verbliebenen unabhängigen Stimmen in Belarus zum Schweigen gebracht werden sollen; in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge mehr als 10 000 Belarussen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegen Protesten gegen das Regime festgenommen wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker, Vertreter der Zivilgesellschaft, Künstler, unabhängige Journalisten, die Führungsebene und Mitglieder von Gewerkschaften sowie andere engagierte Bürger systematisch gewaltsamen Repressionen ausgesetzt sind und zur Flucht gezwungen werden;

B.  in der Erwägung, dass die Menschenrechtsverletzungen in Belarus seit August 2020 immer gravierender ausfallen und es Stand November 2022 über 1 400 politische Gefangene gibt, darunter Ales Bjaljazki, der Friedensnobelpreisträger von 2022; in der Erwägung, dass die Liste der Gefangenen Minderjährige, Menschen mit Behinderungen, Rentner und Schwerkranke umfasst; in der Erwägung, dass die Gerichtsverfahren gegen politische Gefangene fortgesetzt wurden, wobei Strafen in bislang ungekanntem Ausmaß verhängt wurden;

C.  in der Erwägung, dass das harte Vorgehen gegen die weithin unterstützte prodemokratische Oppositionsbewegung in Belarus stetig zunimmt; in der Erwägung, dass das Gericht des Gebiets Hrodna im Oktober 2022 gegen den politischen Aktivisten Mikalaj Autuchowitsch auf der Grundlage vollkommen haltloser Anschuldigungen, darunter auch Hochverrat, eine 25-jährige Haftstrafe verhängt hat; in der Erwägung, dass dies die längste Gefängnisstrafe ist, die jemals gegen einen Gegner des Lukaschenka-Regimes verhängt wurde; in der Erwägung, dass Mikalaj Autuchowitsch, der im Sommer in einen Hungerstreik eingetreten ist, seit Beginn seiner Haft ständig geschlagen und gefoltert wurde;

D.  in der Erwägung, dass elf weitere Angeklagte in der Rechtssache zusammen mit Mikalaj Autuchowitsch als „Autuchowitsch-Zwölfergruppe“ bezeichnet und zu Haftstrafen von insgesamt 169,5 Jahren verurteilt wurden, nämlich Pawal Sawa, Halina Dserbysch, Wolha Majorawa, Wiktar Snehur, Uladsimir Hundar, Sjarhej Rasanowitsch, Pawal Rasanowitsch, Ljubou Rawanowitsch, Iryna Melcher, Anton Melcher und Iryna Haratschkina; in der Erwägung, dass einige der Inhaftierten wiederholt in Einzelhaft genommen wurden, nachdem ihre Familien über gewaltsame Behandlung und sogar Folter der Gefangenen durch die Gefängniswärter berichtet hatten;

E.  in der Erwägung, dass die belarussischen Gerichte viele Hunderte unfairer und willkürlicher Urteile in politisch motivierten Gerichtsverfahren im „Rundtanz“-Fall erlassen haben, wobei die Anhörungen oft hinter verschlossenen Türen und ohne ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren abgehalten wurden und Diplomaten der Union keinen Zugang zur Beobachtung der Verfahren hatten;

F.  in der Erwägung, dass das Ermittlungskomitee von Belarus besondere Verfahren in Abwesenheit gegen führende Persönlichkeiten der demokratischen belarussischen Opposition und Mitglieder des Koordinierungsrates eingeleitet hat, nämlich gegen Swjatlana Zichanouskaja, Pawel Latuschka, Wolha Kawalkowa, Maryja Maros, Sjarhej Dyleuski, Dsmitry Nawoscha, Waleryja Zanemonskaja, Daniil Bohdanowitsch, Janina Sasanowitsch, Wolha Wyssozkaja, Aljaksandra Herassimowa, Aljaksandr Apejkin und Dsmitry Salawjou;

G.  in der Erwägung, dass die führenden Politiker und Vertreter der demokratischen Oppositionsparteien, darunter Pawel Sewjarynez, Mikalaj Kaslou, Antanina Kawalewa, Aksana Aljaksejewa, Tazzjana und Dsmitry Kaneuski, Ihar Salawej, Pawel Spiryn, Uladsimir Njapomnjaschtschych, Aljaksandr Ahrajzowitsch, Pawel Belawus, Andrej Kudsik, Mikalaj Sjarhjenka, Ramuald Ulan, Aljaksandr Nahela, Andrej Kabanau, Artur Smaljakou, Andrej Asmalouski, Dsjana Tscharnuschyna, Mikalaj Statkewitsch, Sjarhei Zichanouski, Wiktar Babaryka, Maryja Kalesnikawa, Maksim Snak, Ihar Lossik und Sjarhej Sparysch weiterhin unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert sind;

H.  in der Erwägung, dass das belarussische Regime Tausende von Berichten über Polizeibrutalität nicht untersucht; in der Erwägung, dass es stattdessen diejenigen, die für diese Handlungen verantwortlich sind, fördert und belohnt; in der Erwägung, dass sich durch die weitverbreitete Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen die verzweifelte Lage der belarussischen Bevölkerung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass der belarussischen Bevölkerung ihr Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wird, da das Rechtsstaatsprinzip in dem Land nicht gilt;

I.  in der Erwägung, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, das die Todesstrafe vollstreckt und das Regime unlängst angekündigt hat, politische Gegner tatsächlich hinzurichten; in der Erwägung, dass das belarussische Strafgesetzbuch im Januar 2022 geändert und die Änderung von Lukaschenka im Mai 2022 in Kraft gesetzt wurde, womit die Todesstrafe auf „versuchte terroristische Handlungen“ ausgeweitet wurde, um politische Dissidenten ins Visier zu nehmen und Verfahren in Abwesenheit wegen „Extremismus“ oder „Terrorismus“ einzuleiten;

J.  in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime nach wie vor Folter anwendet und politische Gefangene unverändert davon berichten, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert und sie Erniedrigungen und unmenschlicher und grausamer Behandlung ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass Lukaschenka seine Kampagne gegen Menschenrechtsverteidiger und Journalisten ausgeweitet und Andrzej Poczobut, einen bekannten Journalisten und engagierten Vertreter der polnischen Minderheit in Belarus, festnehmen und in die „Terroristenliste“ des Staates aufnehmen lassen hat; in der Erwägung, dass die inakzeptable Verfolgung der Angehörigen der polnischen Minderheit und anderer Minderheiten zugenommen hat, wozu auch die jüngsten Entscheidungen der belarussischen Staatsorgane zählen, Bildungsangebote in polnischer und litauischer Sprache abzuschaffen, Hausdurchsuchungen bei führenden Vertretern der polnischen Minderheit durchzuführen und polnische Friedhöfe sowie die Gräber von polnischen Dichtern, Schriftstellern, Aufständischen und Soldaten der Heimatarmee zu zerstören; in der Erwägung, dass die Staatsorgane den Vertrag über die unentgeltliche Nutzung der Roten Katholischen Kirche mit der Gemeinschaft „Römisch-Katholische Gemeinde des Hl. Simon und der Hl. Helena“ aufgekündigt haben und die Gemeinde verpflichtet wurde, ihr Eigentum aus der Kirche zu entfernen;

K.  in der Erwägung, dass nach Angaben des Sonderberichterstatters über die Lage der Menschenrechte in Belarus Hochschulstudenten willkürlich festgenommen und unrechtmäßig exmatrikuliert und vom Studium ausgeschlossen werden, wodurch die Wahrnehnung ihrer akademischen Freiheit eindeutig gefährdet ist;

L.  in der Erwägung, dass Belarus sich von dem Übereinkommen von Aarhus zurückgezogen hat, mit dem erhebliche Erfolge bei der Stärkung der Zugangsrechte, der nachhaltigen Entwicklung und der Umweltdemokratie erzielt werden konnten;

M.  in der Erwägung, dass die Behörden häufig auf Überwachung, Online-Zensur und Desinformation zurückgreifen und Technologien einsetzen, um Kontrolle über die Bevölkerung auszuüben; in der Erwägung, dass diese repressive Praxis einen weiteren Schritt hin zu digitalem Autoritarismus und zur Unterdrückung der Ausübung der digitalen Rechte von Personen in Belarus darstellt, was dazu führt, dass die Bürger immer stärker eingeschüchtert werden und der Raum für die Zivilgesellschaft immer kleiner wird; in der Erwägung, dass infolgedessen das Recht auf freie Meinungsäußerung faktisch nicht mehr gilt;

N.  in der Erwägung, dass unabhängige Medien am 14. November 2022 über die strafrechtliche Verfolgung von Irena Waljus und Renata Dsemantschuk, führenden Vertreterinnen der Union der Polen in Belarus, berichtet haben;

O.  in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime in Belarus nach wie vor den ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine unterstützt, indem es Russland gestattet, belarussisches Hoheitsgebiet für militärische Angriffe gegen die Ukraine zu nutzen;

P.  in der Erwägung, dass Belarussen, die sich der Antikriegsbewegung angeschlossen haben, von repressiven Maßnahmen betroffen sind, sich in Verwaltungshaft befinden oder strafrechtlich verfolgt werden, darunter der Rechtsanwalt Aljaksandr Danilewitsch, der im Zusammenhang mit der Unterzeichnung einer öffentlichen Petition gegen den Krieg in der Ukraine strafrechtlich verfolgt wird, und die drei belarussischen Bürger Dsjanis Dsikun, Dsmitry Rawitsch und Aleh Maltschanau, gegen die wegen Sabotage an der Eisenbahninfrastruktur, womit sie den Transport russischen militärischen Geräts verhindern wollten, Anklage wegen Terrorismus erhoben werden soll;

Q.  in der Erwägung, dass im Fall des Menschenrechtszentrums Wjasna eine Reihe strafrechtlicher Ermittlungen und Anklagen im Gange sind, unter anderem gegen Ales Bjaljazki, Waljanzin Stefanowitsch, Uladsimir Labkowitsch, Marfa Rabkowa, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza und Andrej Tshapjuk;

R.  in der Erwägung, dass über 600 nichtstaatliche Organisationen aufgelöst wurden oder werden, darunter praktisch alle Menschenrechtsgruppen, die im Land tätig sind; in der Erwägung, dass die Verfolgung unabhängiger Gewerkschaften fortgesetzt wird und dass ihre Führungspersönlichkeiten und besonders engagierte Gewerkschafter weiter in Haft sitzen, darunter Aljaksandr Jaraschuk, Henads Fjadynitsch, Sjarhej Antussewitsch, Michail Hromau, Iryna But-Hussaim, Janina Malasch, Wassil Berasnjou, Sinaida Michnjuk, Aljaksandr Mischuk, Ihar Powarau, Jauhen Howar, Arzjom Schernak und Daniil Tscheunakou; in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof von Belarus im Juli den belarussischen Kongress der Demokratischen Gewerkschaften aufgelöst hat, eine Dachorganisation unabhängiger Gewerkschaften, wodurch alle unabhängigen Gewerkschaften faktisch verboten wurden;

S.  in der Erwägung, dass Journalisten, darunter Kazjaryna Andrejewa, Iryna Slaunikawa, Sjarhej Sazuk, Ihar Lossik, Ksenia Luzkina, Andrej Kusnetschyk und andere Journalisten, nach wie vor zu den Gruppen gehören, die das Regime vorrangig ins Visier nimmt; in der Erwägung, dass das Gericht des Gebiets Minsk am 6. Oktober 2022 drei Journalisten des verbotenen unabhängigen Medienunternehmens BelaPAN, nämlich Iryna Leuschyna, Chefredakteurin, Dsmitry Nawaschylau, Direktor, Andrei Aljaksandrau, stellvertretender Direktor, sowie die unabhängige Journalistin Iryna Slobina zu Haftstrafen von vier bis 14 Jahren verurteilt hat;

T.  in der Erwägung, dass das Recht, sich friedlich zu versammeln, ständig verletzt wird; in der Erwägung, dass seit dem Betrug bei der Präsidentschaftswahl im August 2020 keine Demonstrationen der Opposition mehr genehmigt wurden;

U.  in der Erwägung, dass Lukaschenka seine Politik der Russifizierung von Belarus fortsetzt und dabei auf die Marginalisierung und Zerstörung von Ausprägungen der belarussischen nationalen Identität einschließlich Sprache, Bildung und Kultur hinwirkt, indem er auf willkürliche Festnahmen, Verhaftungen und insbesondere den brutalen Umgang mit Persönlichkeiten aus dem Kulturleben setzt;

1.  zeigt sich unverändert entschlossen solidarisch mit der Bevölkerung von Belarus und den Mitgliedern der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft, die sich nach wie vor für ein freies, souveränes und demokratisches Belarus einsetzen;

2.  weist erneut darauf hin, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl von 2020 wegen massiver Wahlfälschungen nicht anerkannt haben und Aljaksandr Lukaschenka nicht als Präsidenten von Belarus anerkennen; fordert, dass die demokratische Opposition in Belarus und die unabhängige Zivilgesellschaft, der auch Mitglieder der europäischen politischen Strömungen angehören, auch künftig unterstützt werden; begrüßt die Bildung des von Swjatlana Zichanouskaja geleiteten Vereinigten Übergangskabinetts von Belarus im Anschluss an die Gründung des Koordinierungsrates und des Krisenmanagementteams des Volkes (Narodnaje antykrysisnaje upraulenne, NAU); fordert die Kräfte der demokratischen Opposition auf, ihre Einheit auf der Grundlage des Ziels eines freien, demokratischen und unabhängigen Belarus zu wahren und zu fördern; weist darauf hin, dass viele Menschen in Belarus in Swjatlana Zichanouskaja die Gewinnerin der Präsidentschaftswahl 2020 sehen;

3.  bekräftigt seine unerschütterliche Unterstützung für die demokratische Opposition und die Zivilgesellschaft in Belarus und fordert sie auf, weiterhin im Interesse der Bevölkerung des Landes zu handeln und einen Plan zur Reform des Landes auszuarbeiten; stellt fest, dass durch einen Sieg der Ukraine der demokratische Wandel in Belarus beschleunigt werden dürfte; bekräftigt, dass im Einklang mit den Grundsätzen der OSZE den legitimen Forderungen der Bevölkerung von Belarus nach Demokratie auf der Grundlage der Menschenrechte und Grundfreiheiten, des Wohlstands, der Souveränität und der Sicherheit entsprochen werden muss; bekräftigt seine früheren Forderungen nach einer freien und fairen Neuwahl unter internationaler Beobachtung durch das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE;

4.  verurteilt aufs Schärfste die ungerechtfertigten und politisch motivierten Urteile, die gegen die sogenannte Autuchowitsch-Zwölfergruppe sowie gegen die über 1400 politischen Gefangenen verhängt wurden; fordert ein sofortiges Ende der Gewalt und Repression und die bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen und aller Personen, die aus politisch motivierten Gründen willkürlich inhaftiert, festgenommen oder verurteilt wurden, und fordert, dass alle gegen sie erhobenen Anklagepunkte fallengelassen werden; fordert zudem ihre vollständige Rehabilitierung und eine finanzielle Entschädigung für die Schäden, die ihnen durch ihre unrechtmäßige Haft entstanden sind; betont, dass in der Zwischenzeit Informationen über ihren Haftort und ihre Haftbedingungen bereitgestellt werden müssen, dass sie Zugang zu Rechtsanwälten ihrer Wahl und medizinischer Unterstützung erhalten müssen und dass ihre Kommunikation mit Familienangehörigen sichergestellt werden muss; fordert, dass das Lukaschenka-Regime es ermöglicht, die Gerichtsverfahren gegen alle politischen Gefangenen, zu denen prodemokratische Aktivisten, Mitglieder der demokratischen Opposition, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Gewerkschafter zählen, zu beobachten und zu überwachen;

5.  verurteilt auf das Schärfste die Verstrickung von Belarus in den ungerechtfertigten und unprovozierten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine; verurteilt, dass erneut russische Streitkräfte in Belarus stationiert wurden; verurteilt, dass sich belarussische Amtsträger kriegstreiberisch gegenüber der Ukraine äußern und Drohungen gegen die Ukraine aussprechen; stellt fest, dass Lukaschenka und die eng mit ihm verbundenen Personen gleichermaßen für die Kriegsverbrechen in der Ukraine verantwortlich sind und vor dem Internationalen Gerichtshof und dem Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden sollten;

6.  fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, mit internationalen Partnern wie dem Moskauer Mechanismus der OSZE und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft vor Ort uneingeschränkt zu unterstützen, damit Menschenrechtsverletzungen überwacht und dokumentiert werden können und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt; begrüßt und unterstützt die Einrichtung der Internationalen Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus; bekräftigt, dass es sehr wichtig es ist, Belarus diplomatisch weiter zu isolieren, die diplomatische Präsenz der Union und ihrer Mitgliedstaaten in dem Land zu verringern und es auch in internationalen Organisationen weiter zu isolieren;

7.  fordert die belarussischen Staatsorgane nachdrücklich auf, jegliche Unterdrückung, Verfolgung, Folter und Misshandlung der Bevölkerung des Landes, einschließlich der Gewalt gegen Frauen und schutzbedürftige Gruppen und des Verschwindenlassens, einzustellen; verurteilt nach wie vor die unmenschlichen Haftbedingungen und die unablässige Erniedrigung der politischen Gefangenen und die Verschlechterung ihres Gesundheitszustands;

8.  ist besorgt darüber, dass Zulieferer großer Unternehmen mit Sitz in der Union Häftlinge in belarussischen Strafkolonien Zwangsarbeit verrichten lassen; fordert alle in der Union ansässigen Unternehmen auf, besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihre Beziehungen zu belarussischen Zulieferern zu beenden, die Zwangsarbeit in ihren Lieferketten einsetzen, ihre Beschäftigten an der Ausübung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte hindern oder das Gewaltregime offen unterstützen; fordert den Rat auf, Sanktionen gegen in Belarus tätige belarussische oder internationale Unternehmen zu verhängen, die Zwangsarbeit in ihren Lieferketten einsetzen, ihre Beschäftigten an der Ausübung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte hindern oder das Gewaltregime offen unterstützen; fordert das Lukaschenka-Regime nachdrücklich auf, seine Praxis, in Strafkolonien Zwangsarbeit verrichten zu lassen, einzustellen;

9.  verurteilt die Bemühungen Lukaschenkas, die belarussische Kultur und die Kulturen der Minderheiten des Landes zu zerstören und die belarussische Nation zu russifizieren; fordert die Union auf, unabhängige belarussische Kultureinrichtungen wie Theater, Chöre und Schulen sowie unabhängige belarussische Folkloregruppen und Künstler zu unterstützen; missbilligt den Beschluss des belarussischen Innenministeriums, das patriotische Motto des Landes „Schywe Belarus!“ („Es lebe Belarus!“) als angebliches Nazi-Motto zu brandmarken;

10.  verurteilt entschieden, dass das russische Militär belarussisches Hoheitsgebiet für seine Aggression gegen die Ukraine nutzt; begrüßt die Maßnahmen aus der belarussischen Gesellschaft, mit denen Widerstand dagegen geleistet wird, das Hoheitsgebiet von Belarus für den Einmarsch Russlands in die Ukraine zu nutzen; bekundet dem Kastus-Kalinouski-Regiment und dem Pahonja-Regiment, die die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen den Angriffskrieg Russlands unterstützen, seine Unterstützung; unterstützt den Standpunkt der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft von Belarus, dass das Land als besetztes oder de facto besetztes Gebiet anerkannt werden sollte, und schließt sich deren Forderung nach dem sofortigen Abzug der russischen Streitkräfte aus Belarus und der Ukraine an;

11.  fordert den Rat und die Kommission erneut auf, die Umgehung von Sanktionen zu verhindern, und fordert, dass sämtliche gegen Russland verhängten Sanktionen in genau gleicher Weise auch gegen Belarus verhängt werden, auch in künftigen Sanktionsrunden; fordert die Kommission, die Mitgesetzgeber und die Mitgliedstaaten auf, die rechtliche Regelung zu vervollständigen, auf deren Grundlage durch die Union eingefrorene Vermögenswerte eingezogen werden können, was auch die Einziehung der Vermögenswerte von Lukaschenka, seiner Familie und des inneren Kreises der Unterstützer des Regimes ermöglichen würde, dem Richter, Staatsanwälte und Propagandisten sowie Mitglieder der Milizen, des KDB und der Sicherheitsorgane angehören, die an Repressionen, Verurteilungen, unrechtmäßiger Inhaftierung und Folter beteiligt sind, und diese Mittel dafür zu verwenden, die Opfer des Regimes und die demokratische Opposition in Belarus zu unterstützen;

12.  begrüßt, dass der Friedensnobelpreis 2022 dem Menschenrechtsverteidiger, Gründer des Menschenrechtszentrums Wjasna und Sacharow-Preisträger 2020, Ales Bjaljazki, verliehen wurde; missbilligt, dass Ales Bjaliatski, Waljanzin Stefanowitsch und Uladsimir Labkowitsch noch immer inhaftiert sind, dass der Grund für ihre Haft politisch motivierte Vorwürfe – Schmuggel und die Finanzierung gemeinschaftlich begangener Verstöße gegen die öffentliche Ordnung – sind, und dass sie zu Freiheitsstrafen von bis zu 12 Jahren verurteilt wurden, und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung; schließt sich der Forderung des Vorsitzes des norwegischen Nobelkomitees an das Lukaschenka-Regime an, dafür zu sorgen, dass Ales Bjaljazki vor der Verleihung des Friedensnobelpreises am 10. Dezember 2022 freigelassen wird;

13.  begrüßt, dass im Europarat in Zusammenarbeit mit den demokratischen Kräften und der Zivilgesellschaft von Belarus eine Kontaktgruppe eingerichtet wurde; fordert die Organe der Union, die Mitgliedstaaten und internationale Organisationen auf, die systematische Zusammenarbeit mit den demokratischen Vertretern von Belarus zu verbessern;

14.  begrüßt, dass die Union und die Mitgliedstaaten, insbesondere Polen und Litauen, Belarussen Unterstützung und Schutz gewähren, die gezwungen sind, aus dem Land zu fliehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Solidarität mit den Menschen, die aus Belarus fliehen, aufrechtzuerhalten, und fordert die Kommission auf, diese Bemühungen weiter zu unterstützen;

15.  begrüßt den umfassenden Plan der Kommission zur wirtschaftlichen Unterstützung für ein demokratisches Belarus, fordert jedoch, dass diese Mittel sofort abrufbar sind, um die wesentliche Arbeit der Zivilgesellschaft, der unabhängigen Medien, der Gewerkschaften und der belarussischen Opposition im Exil sowie derjenigen zu unterstützen, die vor dem Unterdrückungsregime fliehen; fordert die europäischen politischen Parteien und Stiftungen auf, die Mitglieder ihrer belarussischen Partnerparteien und generell die Opposition unmittelbar zu unterstützen; fordert die Kommission auf, unabhängige Nachrichtenmedien, insbesondere neue Medien wie Nexta, die trotz eines großen Publikums in Belarus keine finanzielle Unterstützung der Union erhalten haben, künftig zu unterstützen;

16.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die demokratische Opposition, die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschaftsvertreter und unabhängige Medien, die in Belarus und jenseits der Grenzen des Landes tätig sind, weiter zu unterstützen, um den künftigen demokratischen Wandel des Landes vorzubereiten; lobt den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) dafür, dass er Swjatlana Zichanouskaja regelmäßig zu den Tagungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) einlädt, auch zu dem Rundtischgespräch am 14. November 2022; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einrichtung der Mission für ein demokratisches Belarus in Brüssel;

17.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Regeln und Verfahren für den Umgang mit Fällen auszuarbeiten, in denen Menschenrechtsverteidigern und anderen politisch engagierten Angehörigen der Zivilgesellschaft ihre belarussische Staatsbürgerschaft entzogen wird, und in der Union wohnhafte belarussische Staatsangehörige zu unterstützen, bei denen die Gültigkeit ihrer Ausweispapiere bald abläuft und die – da sie nicht nach Belarus zurückkehren können – keine Möglichkeit haben, sie verlängern zu lassen;

18.  fordert den Rat und den HR/VP auf, über die Sanktionen hinaus weitere Maßnahmen zu prüfen und einen schlüssigen und umfassenden langfristigen Ansatz gegenüber Belarus zu entwickeln, der eng mit gleichgesinnten Ländern und internationalen Organisationen abgestimmt ist; fordert den EAD auf, bei der Koordinierung einer schlüssigen Politik mit den Mitgliedstaaten und anderen Organen der Union eine Führungsrolle zu übernehmen;

19.  missbilligt den Beschluss von Belarus, sich aus dem Übereinkommen von Aarhus zurückzuziehen, insbesondere im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Astrawez, ohne die Empfehlungen aus den Stresstests vollständig umzusetzen, und bedauert weitere Nachlässigkeiten in Bezug auf die Einhaltung der strengsten Vorschriften im Bereich der nuklearen Sicherheit am Standort des Kernkraftwerks Astrawez; verurteilt, dass das belarussische Regime Umweltschützer, Menschenrechtsverteidiger und nichtstaatliche Organisationen, die Fragen der nuklearen Sicherheit ansprechen, brutal verfolgen lässt;

20.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, den Staatsorganen der Republik Belarus und der Russischen Föderation und den Vertretern der demokratischen Opposition von Belarus zu übermitteln.


Vertreibung von Menschen infolge des eskalierenden Konflikts im Osten der Demokratischen Republik Kongo
PDF 133kWORD 47k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Vertreibung von Menschen infolge des eskalierenden Konflikts im Osten der Demokratischen Republik Kongo (2022/2957(RSP))
P9_TA(2022)0419RC-B9-0507/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Demokratischen Republik Kongo,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 10. Oktober 2022 über Kinder und den bewaffneten Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

–  unter Hinweis auf das IV. Genfer Abkommen von 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten sowie die dazugehörigen Zusatzprotokolle von 1977 und 2005,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) und der Stabilisierungsmission der Organisation der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO) vom Juli 2020 mit dem Titel „Report on violations of human rights and international humanitarian law by the Allied Democratic Forces armed group and by members of the defence and security forces in Beni territory, North Kivu province and Irumu and Mambasa territories, Ituri province, between 1 January 2019 and 31 January 2020“ (Bericht über Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht durch die bewaffnete Gruppe der Alliierten Demokratischen Kräfte und Mitglieder der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte im Territorium Beni in der Provinz Nord-Kivu und in den Territorien Irumu und Mambasa in der Provinz Ituri zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Januar 2020),

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, vom 4. Juli 2022 zur Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten(1),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/947 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juni 2021 zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt(2),

–  unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) insbesondere im Nordosten des Landes wegen bewaffneter ausländischer und inländischer Gruppen, darunter die M23 mit Verbindungen nach Ruanda, weiter verschlechtert; in der Erwägung, dass einige Rebellengruppen Verbindungen nach Uganda und Burundi unterhalten und Berichten zufolge dem IS nahestehen und an zahlreichen Massakern beteiligt waren, durch die Tausende Zivilisten vertrieben wurden, und dass Berichten zufolge bewaffnete Gruppen Kinder rekrutieren und in großem Umfang sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt ausüben;

B.  in der Erwägung, dass seit dem 20. Oktober 2022 Vorstöße der M23 zur Vertreibung von Tausenden von Menschen aus Rutshuru nach Kanyaruchinya und Kibati, nördlich der Stadt Goma, sowie in das Territorium Lubero geführt haben, zusätzlich zu den sechs Millionen Menschen, die bereits innerhalb des Landes vertrieben worden sind;

C.  in der Erwägung, dass seit dem 20. Oktober 2022 schätzungsweise 183 000 Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, vertrieben worden sind, wodurch sich die Gesamtzahl der Vertriebenen im östlichen Teil des Landes auf mehr als 232 000 Zivilisten erhöht hat; in der Erwägung, dass 2,4 Millionen kongolesische Kinder unter fünf Jahren an akuter Unterernährung leiden; in der Erwägung, dass bei der Flucht der Menschen vor Rebellenangriffen viele Kinder von ihren Eltern bzw. Erziehungsberechtigten getrennt worden sind; in der Erwägung, dass derzeit schätzungsweise 7,5 Millionen Menschen Hilfe benötigen und keinen Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen haben;

D.  in der Erwägung, dass die östlichen Provinzen Ituri und Kivu in der DRK zwei Jahrzehnte lang unter einem zyklischen Konflikt gelitten haben, der durch Massaker an der Zivilbevölkerung und Gewalt durch bewaffnete Gruppen gekennzeichnet war, und dass die Regierungsbehörden es versäumt haben, nichtstaatliche Gruppen für frühere Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen;

E.  in der Erwägung, dass im Oktober 2022 berichtet wurde, dass Einheiten der kongolesischen Armee und ihre Verbündeten im jüngsten Konflikt mit M23-Rebellen für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zeichneten; in der Erwägung, dass auch über schwere Vergehen wie Kinderarbeit berichtet wurde;

F.  in der Erwägung, dass Journalisten, die über den Konflikt berichten, zunehmend Schikanen, Drohungen und Festnahmen ausgesetzt sind;

G.  in der Erwägung, dass der von Angola geförderte Luanda-Prozess darauf abzielt, zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda in Bezug auf den Konflikt im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu vermitteln; in der Erwägung, dass die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC), der die Demokratische Republik Kongo im März 2022 beigetreten ist, einen zweigleisigen Prozess eingeleitet hat, der darauf abzielt, der Instabilität im Osten des Kongo ein Ende zu setzen und politische Gespräche mit Rebellengruppen, die ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht haben, die Kämpfe einzustellen und ihre Waffen abzugeben, sowie die Entsendung eines ostafrikanischen Militärkontingents umfasst;

1.  ist zutiefst besorgt über die Eskalation der Gewalt und die alarmierende und sich verschlechternde humanitäre Lage in der Demokratischen Republik Kongo, die insbesondere durch die bewaffneten Konflikte in den östlichen Provinzen verursacht wurde; bedauert die Todesfälle und äußert sein Mitgefühl mit dem Volk der Demokratischen Republik Kongo; bedauert, dass aufgrund des Konflikts schätzungsweise 27 Millionen Kongolesen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und dass die Zahl der Binnenvertriebenen in der Demokratischen Republik Kongo steigt, wobei Schätzungen zufolge bislang bis zu sechs Millionen Menschen vertrieben wurden, darunter 515 000 Flüchtlinge;

2.  fordert die EU und andere internationale Partner auf, der Region humanitäre Hilfe zu leisten; besteht darauf, dass die von der EU finanzierte humanitäre Hilfe darauf ausgerichtet sein sollte, schutzbedürftigen Menschen wie Überlebenden sexueller Gewalt zu helfen und die sozialen Faktoren für die Gesundheit zu verbessern; fordert die EU auf, ihre Mittel für Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe für die Demokratische Republik Kongo im Programmplanungszeitraum 2021-2027 weiter aufzustocken; fordert alle Seiten nachdrücklich auf, allen Bedürftigen den Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen und zu erleichtern und die freiwillige und sichere Rückkehr von Vertriebenen zu ermöglichen;

3.  verurteilt die anhaltende brutale Aggression seitens bewaffneter Gruppen aufs Schärfste; fordert die bewaffnete Gruppe M23 auf, sich von ihren Positionen zurückzuziehen und die Waffen niederzulegen, und fordert, dass alle bewaffneten Gruppen in der Region wieder am interkongolesischen Dialog (Nairobi-Prozess) teilnehmen, um die Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung in die Gemeinschaft vorzubereiten; fordert alle staatlichen Akteure in der Region auf, jegliche Zusammenarbeit mit der M23 und anderen bewaffneten Gruppen in der Region einzustellen; fordert alle betroffenen Regierungen nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass eine politische Lösung keine Amnestie für diejenigen umfasst, die für schwere internationale Verbrechen verantwortlich sind, und dass nicht gestattet wird, dass die Befehlshaber der M23, die für Übergriffe verantwortlich sind, in die Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo aufgenommen werden;

4.  fordert Ruanda nachdrücklich auf, die Rebellen der M23 nicht zu unterstützen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der globalen Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die im Osten der Demokratischen Republik Kongo Menschenrechtsverletzungen begangen haben; fordert, dass die Sanktionen gegen hochrangige Befehlshaber der M23 aufrechterhalten und auf diejenigen ausgeweitet werden, die neuerdings für schwere Übergriffe verantwortlich gemacht wurden, sowie gegen hochrangige Beamte aus der gesamten Region, die an den Übergriffen der bewaffneten Gruppe beteiligt waren;

5.  ist zutiefst besorgt über das gesamte Spektrum von Bedrohungen, Menschenrechtsverletzungen und Übergriffen, denen Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten ausgesetzt sind, und erkennt an, dass Frauen und Mädchen besonders gefährdet sind, da sie häufig gezielt ins Visier genommen werden und in Konflikt- und Postkonfliktsituationen stärker von Gewalt bedroht sind, wodurch ihre Beteiligung an Friedensprozessen verhindert wird; fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zur Beseitigung der Geißel sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt in bewaffneten Konflikten im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu beschleunigen, die Opfer zu schützen, der Straflosigkeit für die Täter ein Ende zu setzen und den Zugang zur Justiz, zur Wiedergutmachung und zur Entschädigung für die Überlebenden zu gewährleisten;

6.  fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, konkrete Schritte zur Beendigung der anhaltenden Gewalt zu unternehmen, insbesondere durch die Förderung des Dialogs und gewaltfreier Lösungen sowie durch die Unterstützung des regionalen Vermittlungsprozesses (Luanda-Prozess), der vom angolanischen Präsidenten João Lourenço initiiert wurde; betont, dass alle Vertragsstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) und der Internationalen Konferenz über die Region der Großen Seen die im Rahmen der Versammlung der ostafrikanischen Staatschefs und des Luanda-Prozesses vereinbarten Grundsätze einhalten müssen; betont nachdrücklich die Notwendigkeit einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit in der afrikanischen Region der Großen Seen;

7.  fordert die Einrichtung eines förmlichen Überprüfungsmechanismus als Teil der umfassenderen Bemühungen um eine Reform des Sicherheitssektors, um Personen zu ermitteln, die entlassen werden sollten, und sicherzustellen, dass die Sicherheitskräfte im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen und den Normen des humanitären Rechts handeln;

8.  fordert die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die anstehende EU-Strategie für die afrikanische Region der Großen Seen den zahlreichen und schwerwiegenden Herausforderungen im Bereich der Menschenrechte und der humanitären Hilfe sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo, angemessen Rechnung trägt;

9.  fordert die Nachbarländer der Demokratischen Republik Kongo auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung des Schmuggels von Mineralien aus Konfliktgebieten über ihre Länder und des illegalen Handels mit natürlichen Ressourcen, der den Konflikt anheizt, zu verstärken; betont, wie wichtig es ist, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Finanzierung bewaffneter Gruppen, die am illegalen Handel mit natürlichen Ressourcen, einschließlich Gold und Erzeugnissen aus wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, beteiligt sind, zu unterbinden; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen und die Effizienz der Verordnung (EU) 2017/821 bei ihrer Überprüfung der Funktionsweise und Wirksamkeit dieser Verordnung zu bewerten;

10.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Afrikanischen Union, dem AKP-EU-Ministerrat, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Regierung und dem Parlament der Demokratischen Republik Kongo sowie den Regierungen und Parlamenten anderer Länder der Ostafrikanischen Gemeinschaft zu übermitteln.

(1) ABl. L 130 vom 19.5.2017, S. 1.
(2) ABl. L 209 vom 14.6.2021, S. 1.


Künftige europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung
PDF 187kWORD 64k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur künftigen europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung (2021/2252(INI))
P9_TA(2022)0420A9-0270/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission vom 30. Januar 2008 mit dem Titel: „Der europäische Konsens über die Entwicklungspolitik“(1),

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 30. April 2014 mit dem Titel „Tool-box – A right-based approach, encompassing all human rights for EU development Cooperation“ (Toolbox – An Rechtsnormen orientierter, alle Menschenrechte einschließender Ansatz für die Entwicklungszusammenarbeit) (SWD(2014)0152),

–  unter Hinweis auf die Resolution der Vereinten Nationen vom 21. Oktober 2015 mit dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, die auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung am 25. September 2015 in New York verabschiedet wurde, sowie die 17 Nachhaltigkeitsziele (SDG),

–  unter Hinweis auf die dritte Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung, die vom 13. bis 16. Juli 2015 in Addis Abeba stattfand, und die Aktionsagenda von Addis Abeba,

–  unter Hinweis auf das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP 21) geschlossene Übereinkommen (Übereinkommen von Paris),

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Parlaments, des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 30. Juni 2017 über den neuen europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik – Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft(2),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Hochrangigen Gruppe der Weisen zur europäischen Finanzarchitektur für Entwicklung mit dem Titel „Europe in the World – The future of the European Architecture for Development“ (Europa in der Welt – Die Zukunft der europäischen Architektur zur Förderung der Entwicklung) vom Oktober 2019,

–  unter Hinweis auf die Durchführbarkeitsstudie des Rates vom 14. April 2021 über Optionen zur Stärkung der künftigen europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Juni 2021 zur Erweiterung der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung,

–  unter Hinweis auf den Fahrplan der Europäischen Kommission für eine verbesserte europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung und Fortschrittsbericht 2021 vom 24. März 2022 (COM(2022)0139) ,

–  unter Hinweis auf den gemeinsamen Bericht der EIB und der EBWE vom 25. November 2021 über die im Rahmen der Schlussfolgerungen des Rates zur Stärkung der Europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung (EFAD) ergriffenen Maßnahmen,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Rechnungshofs Nr. 7/2020 zum Bericht der Kommission über die Durchführung des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) vom 11. September 2020,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 mit dem Titel „Eine neue Strategie EU-Afrika – eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung“(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die EU-Treuhandfonds und die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei(4),

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 1. Dezember 2021 mit dem Titel „Global Gateway“ (JOIN(2021)0030),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/947 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juni 2021 zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses Nr. 466/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) 2017/1601 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 480/2009 des Rates(5),

–  unter Hinweis auf das sechste Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Afrikanischen Union (AU) vom 17./18. Februar 2022 und die dazugehörige Abschlusserklärung mit dem Titel: „Eine gemeinsame Vision für 2030“,

–  gestützt auf Artikel 209 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und die Satzung der Europäischen Investitionsbank (EIB), die den Verträgen beigefügt ist und vorsieht, dass die EIB die Finanzierungsinstitution der Europäischen Union und sich im ausschließlichen Besitz aller 27 Mitgliedstaaten der EU befindet und die Aufgabe hat, zur Umsetzung der Entwicklungspolitik der EU beizutragen,

–  gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Entwicklungsausschusses (A9-0270/2022)),

A.  in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die bereits beträchtliche SDG-Finanzierungslücke vergrößert und einen Rückgang der Mittel um insgesamt 700 Mrd. USD und gleichzeitig einen Anstieg des Bedarfs um 1 Billion USD verursacht hat, was einen Schereneffekt zur Folge hat, sodass zu erwarten ist, dass der Betrag der jährlichen Finanzierungslücke der SDG in den Entwicklungsländern, der vor der Pandemie 2,5 Billionen USD betrug, in der Zeit nach der COVID-19-Pandemie um 70 %, d. h. auf 4,2 Billionen USD (3,7 Billionen EUR), ansteigen wird(6);

B.  in der Erwägung, dass in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen eine jährliche Finanzierungslücke von 148 Mrd. USD im Hinblick auf die Verwirklichung des Nachhaltigkeitsziels Nr. 4 besteht; in der Erwägung, dass die zusätzlichen Kosten aufgrund von COVID-19-bedingten Schulschließungen diese Finanzierungslücke um bis zu einem Drittel vergrößern können;

C.  in der Erwägung, dass die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine die Situation der SDG in der Ukraine und ihren Nachbarländern drastisch verschärft hat; in der Erwägung, dass die derzeitige russische militärische Aggression gegen die Ukraine die weltweite Umsetzung der SDG beeinträchtigen wird, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung von Armut und Hunger, wodurch die Gefahr zunehmender ziviler Unruhen, Konflikte und irregulärer Migration steigt; in der Erwägung, dass die durch den verbrecherischen Akt von Putins Krieg verursachten destruktiven Folgen die ohnehin knappen Mittel der Entwicklungshilfe erheblich beeinträchtigen; in der Erwägung, dass die langfristigen Folgen dieses Krieges noch nicht bekannt sind; in der Erwägung, dass das große Defizit bei der Finanzierung der SDG und die Folgen der COVID-19-Pandemie, die in den Entwicklungsländern verheerende Auswirkungen hatte, eine außerordentliche und nachhaltige Reaktion aller EU-Akteure und eine systemweite Überprüfung der EFAD erfordern;

D.  in der Erwägung, dass die derzeitige politische und finanzielle Führungsrolle und die Bemühungen der EU nicht ausreichen, um die Nachhaltigkeitsziele (SDG) und die Ziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen und andere akute globale Herausforderungen anzugehen, insbesondere die Verschärfung des Klimawandels, die dramatisch gestiegene Schuldenlast der Partnerländer, die Folgen von COVID-19 und gewaltsame Konflikte, und deshalb ein gemeinsames Engagement auf internationaler Ebene erforderlich ist, damit im Rahmen der Europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung auf diese entstehenden Herausforderungen reagiert werden kann;

E.  in der Erwägung, dass für die tatsächliche Verwirklichung der SDG und die Überwindung der COVID-19-Pandemie politische Kohärenz und eine enge Zusammenarbeit zwischen allen offiziellen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen, ihren staatlichen Gesellschaftern, den EU-Institutionen und allen anderen bestehenden Partnern dringend erforderlich sind, damit die knappen öffentlichen Gelder so effektiv und effizient wie möglich eingesetzt werden; in der Erwägung, dass die erfolgreiche Mobilisierung von weiterem, sowohl privaten als auch öffentlichen Kapital – zusätzlich zur öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) und zu anderen bestehenden Formen von Entwicklungsfinanzierung – von wesentlicher Bedeutung ist, jedoch mit den entwicklungspolitischen Zielen in Einklang gebracht werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung von Ungleichheiten und die Armutsbekämpfung als erstes Ziel der Agenda 2030;

F.  in der Erwägung, dass es auch im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung des globalen Südens von größter Bedeutung ist, dass die weltweiten Energieströme in Zukunft neu geordnet werden und der afrikanische Kontinent dabei eine wichtige Rolle spielt; in der Erwägung, dass die Stärkung ihrer Rolle im Hinblick auf eine nachhaltige Energieerzeugung, -nutzung und -ausfuhr die Chance für eine zukunftsorientierte und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung bieten wird und die Lebensbedingungen für die breite Mehrheit der Bevölkerung verbessern könnte;

G.  in der Erwägung, dass die Ernährungsunsicherheit ein erhebliches Hindernis für die Verwirklichung der SDG darstellt, insbesondere in Afrika, wo zwei von zehn Menschen unterernährt sind; in der Erwägung, dass sich diese Herausforderung aufgrund des Bevölkerungswachstums nur noch verschärfen wird; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der EU mit den Partnerländern diese Herausforderung wirksam und nachhaltig angehen muss;

H.  in der Erwägung, dass die EU-Institutionen und die 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen der größte Geber für die Entwicklungsländer sind und für etwa 46 % der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe aller OECD-Mitglieder für die Entwicklungsländer verantwortlich sind;

I.  in der Erwägung, dass die Entwicklung eines „Team-Europa“-Ansatzes als globale Reaktion der EU auf COVID-19 dazu beitragen könnte, einen einzigen, strategischen Rahmen zur Koordinierung der externen Maßnahmen der EU in Reaktion auf die Pandemie und andere größere Herausforderungen, etwa die Folgen der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine, einzurichten, der durch die Partnerländer unterstützt wird; in der Erwägung, dass dieser Ansatz ein vielversprechender Prozess ist, der eine weitere Zusammenarbeit zwischen den EU-Organen, den Mitgliedstaaten und den europäischen bilateralen und multilateralen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen, der EIB und der EBWE ermöglicht und die kollektive Wirksamkeit und Sichtbarkeit der EU kontinuierlich erhöht;

J.  in der Erwägung, dass das Inkrafttreten des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt) mit einem Gesamtbudget von 79,5 Mrd. EUR einen historischen Wandel in der Außen- und Entwicklungspolitik der EU darstellt, der zu einer Rationalisierung und Konsolidierung der EU-Entwicklungsausgaben führt und der verstärkten Zusammenarbeit zwischen den europäischen Entwicklungsakteuren neue Impulse verleiht; in der Erwägung, dass das Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ den Rahmen für Auslandsinvestitionen erheblich verändert, indem es Mischfinanzierungen und Garantien im Rahmen des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung plus (EFSD+) und der Garantie für Außenmaßnahmen (EAG) zusammenführt; in der Erwägung, dass der EFSD+ den geografischen Anwendungsbereich und die finanzielle Ausstattung seines Vorgängers, des EFSD, erheblich erweitert und in der Lage sein wird, über die EAG Garantien in Höhe von bis zu 53,4 Mrd. EUR zu übernehmen; in der Erwägung, dass der Grundsatz „Politik an erster Stelle“, der den Kern des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ bildet, eine Verlagerung hin zu einer auf politische Ziele ausgerichteten Zusammenarbeit darstellt und sicherstellt, dass der Einsatz von EU-Haushaltsgarantien vom Planungsprozess abgedeckt ist;

K.  in der Erwägung, dass der EFSD+, der im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ eingerichtet wurde, Finanzmittel für Mischfinanzierungen und Haushaltsgarantiemaßnahmen bereitstellt, die von den förderfähigen Partnern in einem offenen und kooperativen Ansatz durchgeführt werden;

L.  in der Erwägung, dass in Artikel 36 der Verordnung über das Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ die spezifische Rolle festgelegt wird, die die EIB im Rahmen dieses Instruments hat;

M.  in der Erwägung, dass die Unternehmen und Finanzierungsinstitutionen der EU, die in der letzten Dekade in den Entwicklungsländern tätig waren, zunehmend unlauterem Wettbewerb durch globale Akteure ausgesetzt waren, deren Unternehmen außerhalb des multilateralen Entwicklungsfinanzierungssystems tätig sind, das ein internationales Regelwerk mit spezifischen Anforderungen an die öffentliche Entwicklungshilfe, öffentlich unterstützte Kredite, nachhaltige Kreditvergabe und Schuldentragfähigkeit, verbotene Ausfuhrsubventionen und internationale Standards zur Bekämpfung von Bestechung und Korruption vorsieht;

N.  in der Erwägung, dass eine gut funktionierende Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (PKE) und die Mobilisierung inländischer Einnahmen integraler Bestandteil einer wirtschaftlichen Haushaltsführung sind und darauf abzielen, die Wirksamkeit der Hilfe durch konkrete Initiativen wie die Unterstützung der Korruptionsbekämpfung und der Entwicklung progressiver Steuersysteme zu erhöhen und Steuervermeidung und -hinterziehung zu bekämpfen;

O.  in der Erwägung, dass der im Oktober 2019 veröffentlichte Bericht der Hochrangigen Gruppe der Weisen unter anderem die Einrichtung einer Europäischen Bank für Klima und nachhaltige Entwicklung (ECSDB) empfiehlt, eine Option, die von den Mitgliedstaaten sofort als zu kostspielig und zu langwierig für die Umsetzung innerhalb des neuen Haushaltszeitraums abgelehnt wurde; in der Erwägung, dass sich der Rat stattdessen für eine alternative Option zu den von der Hochrangigen Gruppe der Weisen vorgeschlagenen Optionen entschieden hat, die als „Status Quo+“ bezeichnet wird und bei der die bestehenden Strukturen nicht grundlegend verändert, sondern verbessert werden sollen; in der Erwägung, dass die Option „Status Quo+“ die folgenden Verbesserungen ohne zusätzliche Kosten für die Mitgliedstaaten vorsieht: Verbesserung der Präsenz der EIB vor Ort und Änderung ihres Geschäftsmodells hin zu einer stärker entwicklungsorientierten Bank, schrittweise Ausweitung des Tätigkeitsbereichs der EBWE auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara und Ausbau der Kapazitäten der Kommission, des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) und der EU-Delegationen;

P.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die europäischen Entwicklungsbanken und Finanzinstitutionen aufforderten, ihre Zusammenarbeit und Koordinierung sowohl untereinander als auch mit anderen multilateralen und internationalen Finanzinstitutionen zu verstärken und dabei auf den Stärken und dem Fachwissen der einzelnen Institutionen aufzubauen, um so die Effizienz, die Sichtbarkeit und die Wirkung der EFAD zu erhöhen, wobei weiter die Mobilisierung aus dem Privatsektor gefördert und das Engagement des öffentlichen Sektors weiterhin ergänzt und unterstützt werden sollte;

Grundsätze und Ziele der der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung

1.  nimmt die Schlussfolgerungen des Rates zur Stärkung der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung und den Fahrplan der Kommission für eine verbesserte europäische Finanzarchitektur und Fortschrittsbericht 2021 vom 24. März 2022 (COM(2022)0139) zur Kenntnis; betont die Schlüsselrolle des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“, des EFSD+ und der Garantie für Außenmaßnahmen bei der Schaffung eines strategischen Rahmens für Mischfinanzierungen, Investitionen zur Risikominderung und Garantien und bei der Mobilisierung von Mitteln des Privatsektors mit Unterstützung aus dem EU-Haushalt, insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden geopolitischen und wirtschaftlichen Wettbewerbs;

2.  betont, dass im Rahmen der EFAD eine effiziente, effektive, kohärente und integrative Architektur geschaffen werden sollte, die auf dem Grundsatz „Politik an erster Stelle“ als Rückgrat der EFAD-Struktur beruht und im Einklang mit den strategischen Interessen und Werten der EU steht; besteht darauf, dass alle Durchführungspartner, die der EFAD angehören und im Rahmen des EFSD+ Zugang zu EU-Haushaltsmitteln haben, die gesamte Bandbreite der EU-Standards, -Strategien und -Verfahren in den Bereichen Soziales, Menschenrechte, Beschaffung, Transparenz, Umwelt und Rechtstaatlichkeit anwenden; fordert die Kommission auf, die Einhaltung dieser EU-Vorschriften zu bewerten, zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten; hebt hervor, dass die EFAD gemäß dem Grundsatz „Politik an erster Stelle“ von den Grundsätzen und Zielen geleitet werden sollte, die in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, dem Übereinkommen von Paris und der Aktionsagenda von Addis Abeba festgelegt wurden, und zur Verwirklichung der SDG beitragen sollte; betont, dass die Projekte, an denen EFAD-Akteure beteiligt sind, einer Prüfung der klima-, umwelt- und sozialpolitischen Nachhaltigkeit unterzogen werden, um mögliche nachteilige Auswirkungen zu minimieren und den Nutzen für das Klima, die Umwelt und den sozialen Bereich im Einklang mit den Verpflichtungen der EU und der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c des Übereinkommens von Paris zu maximieren; besteht nachdrücklich darauf, dass die Maßnahmen im Rahmen der neuen EFAD zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen; besteht in diesem Zusammenhang ferner darauf, dass mit Maßnahmen, an denen EFAD-Akteure beteiligt sind, keine Sektoren finanziert werden, die die Klimakrise verstärken, sondern stattdessen zum Übergang zu einer nachhaltigen Energieerzeugung beitragen; weist darauf hin, dass das politische Engagement der EU in ihrem mehrjährigen Finanzrahmen verankert und in ihrer europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung voll zum Tragen kommen sollte;

3.  besteht mit Nachdruck darauf, dass die strategischen Partnerschaften zwischen der Europäischen Union und ihren globalen Entwicklungspartnern durch die EFAD gestärkt werden müssen; bekräftigt, dass diese Partnerschaften immer auf gegenseitigem Respekt, Würde und geteilten Interessen und Werten, insbesondere den Menschenrechten, der Gleichstellung der Geschlechter, der Verantwortung für Umwelt, Soziales und Klima, der Gesundheit und der Sicherheit, gegründet sein sollten, um Ungleichheiten und Armut zu reduzieren; weist erneut darauf hin, dass diese Partnerschaften stets im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung und in dem Bestreben, die Nachhaltigkeitsziele zu verwirklichen, aufgebaut werden sollten; weist in diesem Zusammenhang auf den mehrdimensionalen Einfluss und die Unterstützung des Putin-Regimes durch den afrikanischen Kontinent hin und fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sich an diese afrikanischen Partnerländer zu wenden und verlässliche Partnerschaften aufzubauen; fordert die Kommission auf, Organisationen der Zivilgesellschaft und nichtstaatliche Organisationen, einschließlich lokaler Organisationen, in den Aufbau und die Umsetzung dieser Partnerschaften einzubeziehen; betont, dass eine Voraussetzung für die im Rahmen der EFAD finanzierten Partnerschaftsprojekte darin besteht, die Entwicklung und finanzielle Zusätzlichkeit sowie die Eigenverantwortung der Länder und die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit sicherzustellen; spricht sich dafür aus, dass die EU-Politik und -Initiativen die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Entwicklungspolitik unterstützen und die EU-Maßnahmen die Initiativen der Mitgliedstaaten ergänzen und unterstützen; betont, dass die Beseitigung der Armut (SDG 1), die Förderung von Gesundheit und Wohlergehen (SDG 3), die Sicherstellung des Zugangs zu hochwertiger Bildung für alle (SDG 4), der Abbau von Ungleichheiten (SDG 10) und die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen (SDG 13) – mit besonderem Schwerpunkt auf den am stärksten ausgegrenzten Gruppen und dem Grundsatz, niemanden zurückzulassen – in der heutigen Welt besonders akute Herausforderungen sind; besteht ferner darauf, dass mehr Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Investitionsbedarf für eine nachhaltige Meeresindustrie zu decken, da das SDG 14 „Leben unter Wasser“ eines der am stärksten unterfinanzierten SDG ist;

4.  betont die wechselseitige Verbindung zwischen humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Frieden; betont den Stellenwert der Entwicklung bei der Verhinderung von Konflikten, indem sie dauerhafte Auswege aus Konflikten und eine Unterstützung des Krisenmanagements sicherstellt; betont, dass die Weiterentwicklung eines maßgeschneiderten Dreifachzusammenhangs, der auf eine auf die Menschen ausgerichtete, strukturelle und nachhaltige langfristige Erholung ausgerichtet ist, bei der Bewältigung der Komplexität langwieriger und vorhersehbarer Krisen und Gewaltsituationen von besonderer Bedeutung ist; weist darauf hin, dass ohne Frieden und Sicherheit Entwicklung und die Beseitigung der Armut nicht möglich sind, während ohne Entwicklung und die Beseitigung der Armut weder dauerhafter Frieden noch Sicherheit für Menschen und Staaten hergestellt werden kann; stellt ferner fest, dass mangelnde Sicherheit die bereits bestehenden Schwachstellen in den Entwicklungsländern noch verschärfen und die Finanzierungslücke für die Verwirklichung der SDG vergrößern; nimmt zur Kenntnis, dass Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und widerstandsfähige Institutionen für Investitionen und nachhaltige Entwicklung von wesentlicher Bedeutung sind; nimmt die Tätigkeiten lokaler Interessenträger, einschließlich lokaler Regierungsstellen, zivilgesellschaftlicher Organisationen, Sozialpartner und religiöser Organisationen im Bereich der Konfliktlösung und -bewältigung zur Kenntnis, die zu Frieden und Sicherheit beitragen; weist darauf hin, dass die öffentliche Entwicklungshilfe stets im Einklang mit den international vereinbarten Entwicklungszielen und dem Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ verwendet werden sollte;

5.  betont die wichtige Rolle eines gemeinsamen, kohärenten Ansatzes der EU, der von allen EU-Mitgliedstaaten unterstützt und hochgehalten wird, politisch versiert und auf die Besonderheiten des Partnerlandes zugeschnitten ist und wirksam dazu beitragen könnte, die Ausweitung von Sozialschutzsystemen, die im Einklang mit den einschlägigen IAO-Übereinkommen stehen, und grundlegender öffentlicher Dienstleistungen in den Entwicklungsländern zu fördern; weist darauf hin, dass ein solcher Ansatz der EU dazu beitragen würde, den Sozialschutz zu einer der Grundlagen des Sozialvertrags zu machen, und so den Weg für mehr Resilienz ebnen würde; ist der Ansicht, dass Mischfinanzierung eine Option des Instrumentariums für die Entwicklungsfinanzierung ist, die öffentliche Investitionen angesichts von Haushaltszwängen ergänzen könnte; fordert, dass Mischfinanzierungsmaßnahmen auf Bereiche beschränkt werden, in denen sie einen Mehrwert für die lokale Wirtschaft schaffen können, und fordert in diesem Zusammenhang eine sorgfältige Bewertung, insbesondere im Hinblick auf die am wenigsten entwickelten Länder, um die Schuldenlast zu begrenzen, grundlegende öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung und Sozialschutz zu sichern und bestehende Ungleichheiten nicht zu vergrößern;

6.  betont, dass Konsistenz bei allen Politikbereichen, Strategien, Initiativen und Finanzierungsinstrumenten der EU, insbesondere dem neuen Instrument „NDICI/Europa in der Welt, der Team-Europa-Initiative und der neuen Global-Gateway-Strategie, sowie eine enge Abstimmung mit der PKE-Strategie der EU und der Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung von wesentlicher Bedeutung dafür sind, die globale Antwort der EU in Bezug auf nachhaltiges Wachstum, Entwicklung und Frieden zu verstärken; ist der Ansicht, dass die EFAD die Sichtbarkeit der EU und die Wirkung ihrer Entwicklungsfinanzierung in der Welt verbessern sollte, um sicherzustellen, dass die wahrgenommene Rolle der EU in der Welt dem Umfang ihrer Unterstützung entspricht;

7.  ist über die langjährigen strukturellen Treiber von Ungleichheiten im Gesundheitsbereich beunruhigt, die durch die COVID-19-Pandemie offen zutage traten; ist der Ansicht, dass die EFAD zu Investitionen in widerstandsfähige öffentliche Gesundheitssysteme, Gesundheitsversorgung und Gesundheitsdienste sowie in die Erforschung und Entwicklung neuer Gesundheitstechnologien sowie von Impfstoffen und Behandlungen beitragen und den Schwerpunkt auf Krankheiten legen sollte, die in Entwicklungsländern immer wieder auftreten; fordert, dass die Möglichkeit geprüft wird, eine Plattform für den Austausch von Innovationen, allgemeiner und beruflicher Bildung, Wissen und Fachkenntnissen zu schaffen, mit der Multi-Stakeholder-Partnerschaften unterstützt, der Dialog zwischen öffentlichem und privatem Sektor gefördert und innovative Unternehmenslösungen zur Beschleunigung einer nachhaltigen Entwicklung ausgelotet werden; betont den Stellenwert öffentlicher und privater Investitionen und öffentlich-privater Partnerschaften und hebt hervor, dass der Mobilisierung inländischer Ressourcen in den Partnerländern und einer effizienteren Verwendung von EU-Mitteln bei der Schließung der Finanzierungslücke in Höhe von 2,5 Billionen USD, die für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 ermittelt wurde, bei gleichzeitiger Stärkung der verantwortungsvollen Staatsführung und Bekämpfung der Korruption große Bedeutung zukommt;

Zu bewältigende Herausforderungen

8.  hebt hervor, dass die Entwicklungsländer und die Industrieländer eine gemeinsame Verantwortung für die Verwirklichung der SDG tragen; betont, dass der finanzielle Beitrag der EU zur nachhaltigen Entwicklung in den Partnerländern die Partnerländer in die Lage versetzen sollte, zu ihrer eigenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beizutragen und die SDG zu erreichen; unterstreicht, dass die Eigenverantwortung der Partnerländer in diesem Zusammenhang von überragender Bedeutung ist; hebt hervor, dass die EFAD und die lang erwartete EU-Strategie zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele (SDG) ein koordiniertes Paket interner und externer EU-Maßnahmen und Verpflichtungen widerspiegeln und seine Umsetzung erleichtern müssen, auch durch das Spektrum der bestehenden entwicklungspolitischen Instrumente; betont, dass die öffentliche und private Finanzierung mit den SDG und dem Übereinkommen von Paris in Einklang gebracht werden muss; bedauert in diesem Zusammenhang, dass die Kommission noch keine integrierte und ganzheitliche Strategie für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele erarbeitet hat, was eine große Herausforderung für die angestrebte politische Kohärenz darstellt, da es an klaren, messbaren und zeitgebundenen EU-weiten Zielvorgaben für alle SDG als Benchmark für die Berichterstattung mangelt;

9.  ist der Ansicht, dass sich die EFAD auf das Fachwissen und die bestehenden Netzwerke all ihrer verschiedenen Akteure (d. h. der EIB, der EBWE, der europäischen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen und anderer) stützen sollte; erkennt die Fortschritte und Verbesserungen an, die seit den Schlussfolgerungen des Rates in Bezug auf die künftige europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung erzielt wurden, stellt jedoch fest, dass der derzeitige Status quo immer noch durch einen Mangel an politischer Steuerung, Koordinierung sowie Zersplitterung, Überschneidungen und einen wenig hilfreichen Wettbewerb zwischen den genannten Akteuren gekennzeichnet ist; fordert weitere Anstrengungen für eine bessere Koordinierung und Zusammenarbeit, um das derzeitige System effizienter und kooperativer zu gestalten und eine optimale Nutzung der Ressourcen sicherzustellen, bei der das einschlägige geografische, sektorale und finanzielle Fachwissen der wichtigsten Partner genutzt wird, um eine bessere Rendite für das Geld der EU-Steuerzahler und eine stärkere Entwicklungswirkung zu erzielen;

10.  stellt fest, dass der institutionelle Rahmen der EU gestärkt und verbessert und sein „Defizit bei der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit“ angegangen werden muss, komplizierte bürokratische Anforderungen verringert und die Flexibilität der Institutionen verstärkt werden müssen, um das Potenzial der EFAD zu maximieren und damit die Auswirkungen auf die Entwicklung zu erhöhen;

11.  fordert die Kommission auf, an einer wirksamen Steuerung der Strategie „Global Gateway“ zu arbeiten, die unter der Gesamtleitung der Präsidentin der Kommission vorangebracht werden muss, und sich in dieser Hinsicht eng mit dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem Rat und dem Europäischen Parlament abzustimmen; betont, dass die Strategie mit der EFAD im Einklang stehen sollte und dass ein Rückgriff auf das Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ für die Finanzierung nicht angemessen ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, zusätzliche Informationen über ihre Berechnung der Verschuldungsquote für Anlagegeschäfte des kürzlich angekündigten Global Gateway der EU vorzulegen;

12.  ist besorgt darüber, dass Schlüsselmerkmale des Grundsatzes der Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung in den Regulierungsinitiativen der EU systematisch fehlen; betont, dass mehr Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Grundsätze der Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung einzuhalten, um die Ziele der Wirksamkeit der Hilfe zu verwirklichen; beharrt darauf, dass die Mechanismen zur Sicherstellung der Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung in der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung (EFAD) verankert sein müssen; fordert mehr Ex-ante-Folgenabschätzungen und die Einrichtung eines Frühwarnsystems für politische Inkohärenzen bei den EU-Delegationen; empfiehlt, dass die Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung von allen einschlägigen EU-Organen und Mitgliedstaaten, auch auf höchster politischer Ebene, systematischer und effizienter genutzt und bei der Gestaltung und Umsetzung aller verschiedenen Politikbereiche der EU durchgängig berücksichtigt werden sollte, damit die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung nicht negativ beeinflusst werden; betont, dass die Mechanismen der Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung auch von der EIB, der EBWE, den Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen und ihren zwischengeschalteten Instituten umgesetzt werden sollten; betont, dass die Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung insbesondere in die Außenpolitik der EU einbezogen und angegangen werden muss, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen;

13.  würdigt die Bemühungen der Kommission um eine bessere Rechtsetzung mit dem Ziel, langfristig nachhaltige Investitionen zu schaffen, die die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen und des gesamten Planeten fördern und die Menschenrechte schützen; fordert, dass die EFAD im Einklang mit den künftigen EU-Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht und Unternehmensverantwortung festgelegt werden muss und die Einhaltung der Menschenrechtsstandards und der regulatorischen Entwicklungen durch die Unternehmen, die obligatorische Sorgfaltspflicht sowie die internationalen Verpflichtungen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte sicherstellt; betont, dass die EFAD die höchsten Standards in Bezug auf Transparenz und Rechenschaftspflicht erfüllen muss; fordert die EFAD-Mitglieder auf, die Sorgfaltspflicht bei ihren Operationen zu verstärken, eine sinnvolle Konsultation der lokalen Bevölkerung während der gesamten Projektdurchführung sicherzustellen, ihre Entwicklungsexpertise und ihre zugewiesenen Kapazitäten und Personalbereiche vor Ort weiter auszubauen, die Gleichstellung der Geschlechter durchgängig zu berücksichtigen und die Menschenrechte bei allen Operationen zu schützen, über solide Mechanismen zur Rechenschaftslegung gegenüber den betroffenen Gemeinschaften zu verfügen und die Mängel ihrer Beteiligung und die Rolle ihrer Vermittler bei Projekten, die sich negativ auf die lokale Bevölkerung in Entwicklungsländern auswirken, genau zu überwachen und darüber zu berichten;

14.  bekräftigt, dass alle Durchführungspartner und Finanzintermediäre, die an Projekten beteiligt sind, die mit EU-Garantien in Verbindung stehen oder aus dem EU-Haushalt finanziert werden, die EU-Standards, -Strategien, -Vorschriften und -Verfahren in den Bereichen Soziales, Umwelt, Steuern, Transparenz, Betrugsbekämpfung und Korruptionsbekämpfung uneingeschränkt einhalten müssen; fordert den Europäischen Rechnungshof auf, die durch Garantien aus dem EU-Haushalt unterstützten Maßnahmen umfassend zu prüfen und regelmäßig darüber Bericht zu erstatten und dabei alle Mängel in seinen Arbeitsmethoden zu beheben, die ihn derzeit daran hindern; betont, dass eine rechtzeitige unabhängige Bewertung des EFSD+ und des Konzepts „Team Europa“ von besonderer Bedeutung ist, um ihre Wirksamkeit, Leistung und Entwicklungswirkung zu bewerten;

15.  stellt fest, dass der „Team-Europa“-Ansatz als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie entstanden ist; ist der Auffassung, dass der „Team-Europa“-Ansatz eine zentrale Rolle bei der weiteren Verbesserung der strategischen Zusammenarbeit, der globalen Koordinierung und der Kohärenz und Wirksamkeit der Entwicklungsbemühungen spielen sollte, insbesondere auf der Ebene der Partnerländer sowie auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten, einschließlich der Ebene der Regionalregierungen; fordert eine stärkere politische Ausrichtung und Fokussierung sowie stärkere Mechanismen für Kommunikation und Sichtbarkeit im Hinblick auf das Instrument EFSD+/NDICI/Europa in der Welt; beharrt ferner auf einer angemessenen Umsetzung des Kontrollmechanismus für das Europäische Parlament, um die demokratische Legitimität der Aktivitäten von Team Europa sicherzustellen;

16.  fordert die Kommission auf, eine starke politische Ausrichtung der EU auf die Entwicklungspolitik vorzugeben und die EFAD so zu koordinieren, dass die Tätigkeiten der Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen der EU im Rahmen der neuen offenen, kooperativen, transparenten und inklusiven Architektur weiter aufeinander abgestimmt werden können, um die Ziele der EU-Entwicklungspolitik zu erreichen, enge Partnerschaften mit den Regionen zu stärken und zu deren Entwicklung beizutragen;

17.  betont, dass im Rahmen des Planungsprozesses des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ die Gelegenheit geboten ist, die Verwendung der EU-Haushaltsgarantien, insbesondere des EFSD+, zu verbessern; betont, dass die künftige Finanzarchitektur es allen interessierten Akteuren der Entwicklungsfinanzierung ermöglichen sollte, sich zu beteiligen, einschließlich kleiner und mittlerer Akteure sowie Entwicklungsbanken und -akteuren außerhalb der EU; fordert in diesem Zusammenhang ein solides Umfeld mit gleichen Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf die Verwaltung des EFSD+ und den Zugang zu EU-Mitteln; betont, dass ein angemessener Risikomanagementrahmen, ein effektives Management und eine wirksame Aufsicht über die Durchführung der Entwicklungsfinanzierungsinstrumente von großer Bedeutung sind; fordert die Kommission auf, ihre Ressourcen in Bezug auf das Fachwissen im Bankensektor und ihre finanziellen und technischen Kapazitäten wirksamer zu nutzen;

18.  begrüßt die Veröffentlichung des ersten Fahrplans der Kommission für eine verbesserte europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung und des Fortschrittsberichts 2021; weist darauf hin, dass das Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ vorsieht, dass die Kommission dem Rat und dem Parlament die Zusammensetzung, das Mandat und die Geschäftsordnung der technischen Bewertungsgruppe offenlegt und die Unparteilichkeit und die Abwesenheit von Interessenkonflikten ihrer Mitglieder sicherstellt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Transparenz und Unparteilichkeit der hochrangigen Expertengruppe sicherzustellen, die der Kommission Empfehlungen zur weiteren Beschleunigung des Flusses privaten Kapitals in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen geben wird;

19.  fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass durch die EFAD das Ziel verfolgt wird, das multilaterale System zur Entwicklungsfinanzierung wiederherzustellen, um den nicht nachhaltigen Kreditvergabepraktiken einiger Länder ein Ende zu setzen, die außerhalb dieses multilateralen Systems agieren, die nicht nur gleiche Wettbewerbsbedingungen für die EU und andere konforme Länder bedrohen, sondern auch die bereits hohe Auslandsverschuldung vieler Entwicklungsländer, die durch die COVID-19-Pandemie noch anfälliger geworden sind, drastisch erhöhen; betont vor diesem Hintergrund, dass die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine die Schuldenlast in vielen Entwicklungsländern weiter verschärft; hebt hervor, dass die am wenigsten entwickelten Länder nicht in der Lage sind, die Entwicklungsziele ohne finanzielle Unterstützung umzusetzen, und fordert daher nachdrücklich Schuldenerleichterungsmaßnahmen im Einklang mit den Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit;

20.  ist der Ansicht, dass die EU-Taxonomie zur Neuausrichtung der Kapitalströme auf nachhaltige Investitionen beitragen und darin die Nachhaltigkeit als Kriterium für das Risikomanagement aufgenommen werden sollte; fordert die Kommission auf, die EU-Taxonomie weiterzuentwickeln und sowohl die Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten als auch private Akteure, die im Bereich der Entwicklung tätig sind, zu ermutigen, ihre Tätigkeiten, insbesondere in den Entwicklungsländern, an den Zielen für nachhaltige Entwicklung und den Zielen des Übereinkommens von Paris auszurichten;

Europäische und nationale Finanzinstitute

21.  erklärt erneut, dass die EIB – wie in Artikel 209 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und in Artikel 36 des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit/Europa in der Welt festgelegt – eine besondere Rolle innerhalb Europas und global innehat; hebt hervor, dass der EIB bei der Bereitstellung von EU-Investitionen und der Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Umsetzung der Global-Gateway-Strategie besondere Bedeutung zukommt;

22.  stellt fest, dass die EIB im europäischen Grünen Deal und in der nachhaltigen blauen Wirtschaft durch ihren wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie eine Vorreiterrolle eingenommen hat; fordert die EU auf, das Potenzial, über das die EIB als Instrument zur Mobilisierung der strategischen Autonomie der EU und zur Förderung ihrer außenpolitischen Interessen und Prioritäten in seinen Beziehungen zu Nicht-EU-Ländern verfügt, weiter auszubauen; fordert die EIB auf, ihre Politik, ihre Verfahren und ihre Transparenz zu verbessern, insbesondere durch die Umsetzung der von der Europäischen Bürgerbeauftragten formulierten Empfehlungen, mehrere Transparenzmaßnahmen zu ergreifen, damit die Öffentlichkeit die potenziellen Umweltauswirkungen der von ihr finanzierten Projekte leichter erkennen kann, wie in den Fällen 1065/2020/PB, 1251/2020/PB und 1252/2020/PB dargelegt;

23.  begrüßt die Einrichtung von EIB Global, die laut EIB eine speziell der Entwicklungspolitik gewidmete Direktion innerhalb der EIB-Gruppe ist, die ihren Betrieb am 1. Januar 2022 aufgenommen hat; fordert die EIB auf, ihre Präsenz in diesem Bereich zu verstärken und dabei mögliche Synergien mit dem EAD, den EU-Delegationen, der EBWE und anderen europäischen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen zu nutzen; weist darauf hin, dass der Mangel an Informationen über die Finanzierung der EIB Global ihr Mandat von Anfang an gefährdet, auch im Hinblick auf die Verpflichtungen dieser neuen Einrichtung in Bezug auf die Entwicklungsziele; fordert daher ein konkretes und starkes Entwicklungsmandat für die neue EIB Global; fordert, dass diese neue Struktur und ihr Beirat, ihre Ziele und Haushaltsbestimmungen, die organisatorische Funktionsweise und die spezifischen Ziele der Direktion sowie ihre Mechanismen zur Koordinierung mit anderen Einrichtungen der Finanzentwicklung vollständig transparent sind, unter anderem durch die proaktive Veröffentlichung von Dokumenten, die Sicherstellung einer sinnvollen Vertretung der Empfängerländer, einen regelmäßigen Austausch mit dem Europäischen Parlament und einen offenen Dialog mit den Interessenträgern, insbesondere Organisationen der Zivilgesellschaft und lokalen Akteuren;

24.  legt der EIB nahe, sich – zusammen mit den EU-Delegationen und durch die Kofinanzierung mit Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen – auf Landesebene weiterhin aktiv an der Planung, Überwachung und Bewertung von Entwicklungsprojekten zu beteiligen; fordert eine stärkere Koordinierung zwischen der Kommission und dem EAD und den EU-Delegationen, um Diskussionen und die Zusammenarbeit mit den einschlägigen Akteuren vor Ort zu erleichtern, um Projekte zu ermitteln, die die Ziele der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit am besten erfüllen;

25.  fordert die EIB und die EBWE auf, ihre Komplementarität und ihre Geschäftsmodelle durch Initiativen für ein stärkeres gegenseitiges Vertrauen weiter zu stärken, da der Bedarf größer ist als ihre gemeinsamen Mittel; fordert die EIB und die EBWE auf, ihre Arbeit an verschiedenen Zielpfaden zu koordinieren und ihre Arbeitsteilung zu klären, um jede Bank dabei zu unterstützen, sich auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen zu konzentrieren und so Doppelarbeit und Unterbietung zu vermeiden; stellt fest, dass die Arbeitsmethoden und Instrumente der EIB und der EBWE an den Investitionsbedarf in Afrika angepasst werden müssen, insbesondere um Großinvestitionen zu erleichtern und gleichzeitig die Unterstützung der EU für kleinere lokale Projekte aufrechtzuerhalten; weist darauf hin, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass europäische Investitionen von einer sichtbaren Präsenz der EU und einem kontinuierlichen politischen Dialog begleitet werden; stellt fest, dass die EFAD die Vorteile der unterschiedlichen strukturellen Hintergründe und Arbeitsmethoden der bestehenden europäischen Entwicklungsbanken und Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen maximieren muss, um die Effizienz des EU-Beitrags zur nachhaltigen Entwicklung zu erhöhen; fordert, dass die EIB, die EBWE und andere europäische Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen sicherstellen und Nachweise in Form von Ex-ante-Folgenabschätzungen vorlegen, dass jedes Projekt und insbesondere Mischfinanzierungsprojekte zu den Entwicklungszielen der EU beitragen, auch in Bezug auf die am wenigsten entwickelten Länder, und die internationalen Menschenrechtsnormen erfüllen; fordert die Kommission, die EIB, die EBWE und die europäischen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen auf, dafür zu sorgen, dass ihre Berater und technischen Hilfsteams für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der inklusiven Entwicklung gerüstet sind;

26.  fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten, die EIB, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die anderen europäischen Entwicklungsbanken und Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen, einschließlich kleinerer Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen, auf, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, insbesondere im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ und seiner Ziele sowie bei der weltweiten Verwirklichung der Ziele der Agenda 2030, und die Ressourcen und Finanzierungen zu bündeln und die Koordinierung und Kommunikation im Rahmen gemeinsamer Projekte zu verbessern, indem sie sich auf ihr jeweiliges Finanzwissen stützen; fordert die Kommission auf, eine stärkere Rolle bei der Bereitstellung technischer Hilfe für Projekte und bei der Unterstützung der Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen und anderer Entwicklungsakteure bei der Koordinierung zu spielen; fordert einen integrativen Ansatz für die kleineren Entwicklungsfinanzierungsinstitute der Mitgliedstaaten beim Zugang zu Finanzmitteln im Rahmen der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung;

27.  betont, dass es wichtig ist, Synergien effizienter zu nutzen und die Finanzierungsinitiativen der EBWE, der EIB und anderer Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen, die auf europäische Nachbarländer ausgerichtet sind, besser zu harmonisieren und dabei Bewerberländer besonders in den Blick zu nehmen; weist vor dem Hintergrund des anhaltenden Kriegs in der Ukraine nochmals darauf hin, dass die europäische Finanzierung in den Nachbarschafts- und Bewerberländern ein unabdingbarer Bestandteil der Reformen ist, die für die Erfüllung der Beitrittskriterien notwendig sind und auch im Einklang mit den außenpolitischen Interessen der EU stehen;

28.  fordert die EIB auf, enger mit der Afrikanischen Entwicklungsbank zusammenzuarbeiten und die Vorteile der Einrichtung einer gemeinsamen Tochtergesellschaft im Anschluss an die Umsetzung des laufenden Aktionsplans für die Partnerschaft zwischen der EIB und der Afrikanischen Entwicklungsbank zu bewerten; fordert die EIB auf, dem Parlament über die nächsten Schritte Bericht zu erstatten; betont, dass langfristige Investitionen finanziert werden müssen, mit denen eine nachhaltige Entwicklung gefördert wird, und dass auf der bisherigen Zusammenarbeit aufgebaut werden muss, um weitere nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten für den afrikanischen Kontinent zu entwickeln; fordert die Einrichtung von Projekt- und Beratungszentren, die von der EIB und der Afrikanischen Entwicklungsbank gemeinsam betrieben werden, um wirksame Anlaufstellen für die Beratung und Projektanbahnung für lokale Akteure zu schaffen und dem Entwicklungsbedarf vor Ort besser gerecht zu werden sowie die lokale Eigenverantwortung für gemeinsame Entwicklungsprojekte zu stärken; fordert in diesem Zusammenhang die Unterstützung der Entwicklung des lokalen Privatsektors in Afrika, insbesondere durch die Bereitstellung von mehr Mitteln für afrikanische Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen;

29.  betont in diesem Zusammenhang, dass im Allgemeinen lokale Eigenverantwortung und ein kooperativer und inklusiver Ansatz notwendig sind, die mit einem starken Rahmen für systematische lokale Konsultationen der Interessenträger und Begünstigten einhergehen sollten, um eine dauerhafte Auswirkung auf die Entwicklung zu erzielen; fordert die Kommission auf, zu prüfen, wie der Rahmen für systematische lokale Konsultationen der Interessenträger und Empfänger weiter verbessert werden könnte;

30.  fordert die Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen der Mitgliedstaaten auf, die finanzielle Eingliederung weiter auszubauen und so den Zugang zu nachhaltigen Finanzmitteln für die Bedürftigsten, einschließlich Frauen, zu fördern, da dies zu ihrer wirtschaftlichen Selbstbestimmung beiträgt; fordert in diesem Zusammenhang, dass die europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung einen Beitrag zur vollständigen Umsetzung des dritten Aktionsplans der EU für die Gleichstellung der Geschlechter leistet; weist auf das Ziel hin, dass mindestens 85 % der Maßnahmen die Gleichstellung der Geschlechter zu einem wesentlichen bzw. bedeutenden Ziel haben und mindestens 5 % davon die Gleichstellung der Geschlechter sowie die Rechte und die Teilhabe von Frauen und Mädchen als Hauptziel verfolgen sollten; fordert, dass bei allen Maßnahmen der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten erhoben und eine Ex-ante- sowie eine Ex-post-Bewertung der geschlechterspezifischen Auswirkungen durchgeführt werden müssen;

31.  legt es allen Entwicklungsbanken und -institutionen nahe, nachhaltige Verpflichtungen einzugehen und mutige Investitionen zu tätigen, die mit den entwicklungspolitischen Zielen in Einklang stehen, insbesondere mit der Verringerung von Ungleichheiten und der Beseitigung der Armut, und nicht mit Investitionsrendite; erkennt daher an, dass die Förderung risikoreicherer Investitionen in schwierigeren Entwicklungsumgebungen wie fragilen oder von Konflikten betroffenen Ländern und nicht so gut abgedeckten Bereichen wie Klima, biologische Vielfalt, Bildung und Gesundheit besonders wichtig ist; betont gleichzeitig, dass alle damit verbundenen Risiken für den EU-Haushalt wie die gestiegene Nachfrage nach EU-Haushaltsgarantien minimiert werden müssen und die gute Bonitätsbewertung der EIB gewahrt werden muss; bestärkt die Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen darin, in ihren Investitionsprogrammen mehr Risiken über den EFSD+ einzugehen, damit auch die fragilsten Volkswirtschaften erreicht werden; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, einen größeren Beitrag zu leisten, wenn es darum geht, messbare und zusätzliche Auswirkungen auf die Entwicklung zu erzielen, ohne den lokalen Markt zu verzerren oder die lokalen wirtschaftlichen Kräfte in eine ungerechte Wettbewerbssituation zu zwingen, und bei der Entwicklung der Angebotsseite von Projekten zu helfen, indem die Projektvorbereitung unterstützt und die Koordinierung der Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen erleichtert und gleichzeitig die Integration kleinerer Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen sichergestellt wird;

32.  stellt fest, dass die Entwicklungsbanken der Mitgliedstaaten für die europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung wesentlich sind, und nimmt das Potenzial zur Kenntnis, über das sie im Rahmen der EFAD verfügen; ist jedoch besorgt über die Rolle der Intermediäre, die mit den Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen zusammenarbeiten, insbesondere im Hinblick auf gemeldete Menschenrechtsverletzungen; hebt die bedeutende Rolle, die die Entwicklung des lokalen Privatsektors im Afrika südlich der Sahara wahrnehmen kann, um die Partnerländer in die Lage zu versetzen, sich auf den Weg der nachhaltigen Entwicklung zu begeben;

33.  fordert die Kommission auf, jährlich über „Team-Europa“-Initiativen auf der Grundlage quantitativer und qualitativer Indikatoren im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ zu berichten und die mobilisierten Mittel, die Entwicklungsplanung und die Auswirkungen, die Harmonisierung und die Anwendung der EU-Normen, die EU-Integrationsperspektive und die Beteiligung der Mitgliedstaaten zu bewerten; besteht darauf, dass diese Berichte dem Parlament übermittelt und veröffentlicht werden; betont, dass dem Parlament eine Schlüsselrolle bei der Prüfung der politischen Ziele und der erwarteten Ergebnisse der „Team-Europa“-Initiativen sowohl auf allgemeiner Ebene als auch auf Projektebene zukommt, um sicherzustellen, dass die „Team-Europa“-Initiativen neben den bestehenden Mechanismen funktionieren und die Mehrjahresrichtprogramme ergänzen, anstatt sie zu vervollständigen;

34.  bekräftigt, dass die demokratische Debatte durch institutionelle Kontrolle und Überwachung von EU-Mitteln verstärkt wird und dass durch diese Mechanismen die Glaubwürdigkeit und Transparenz der EU erhöht werden; hebt in diesem Zusammenhang die wichtige Funktion des Parlaments und seine Kontrollfunktion im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ hervor; fordert verpflichtende Auflagen, durch die eine angemessene Sichtbarkeit der Maßnahmen zur Umsetzung der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung sichergestellt wird; fordert die Kommission auf, Maßnahmen angemessen und zeitnah zu ergreifen, wenn diese Verpflichtungen nicht erfüllt werden; fordert den Europäischen Rechnungshof auf, regelmäßige Berichte über die Umsetzung der EFAD zu erstellen, die veröffentlicht werden und zu politischen Empfehlungen führen sollen, einschließlich Maßnahmen zur Verbesserung; bedauert, dass die Öffentlichkeit nicht ausreichend über die Rolle der EU bei der Unterstützung der lokalen Gemeinschaften informiert wird, und spricht sich für eine bessere Kommunikation mit der Öffentlichkeit aus;

35.  fordert die Kommission und die Einrichtungen der europäischen Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung auf, bei ihren Vergabeverfahren die Transparenz zu fördern; weist darauf hin, dass die EU-Unternehmen in der Lage sein sollten, unter gleichen Bedingungen mit Unternehmen mit Sitz in Drittländern zu konkurrieren;

36.  betont, dass die rechtzeitige Erlangung relevanter, einheitlicher und vergleichbarer Informationen wesentlich ist, um den Fortschritt und die tatsächlichen Ergebnisse zu messen und zu ermitteln, ob die EU-Entwicklungsfinanzierung effizient und zusätzlich zu anderer Finanzierung geleistet wurde; bedauert, dass für den EFSD+ kein vereinheitlichter Rahmen zur Berichterstattung und Messung der Ergebnisse mit vergleichbaren Indikatoren existiert; bestärkt die Kommission darin, einen solchen Rahmen zu entwickeln, um eine Harmonisierung des Ergebnismanagements zu ermöglichen; fordert die Kommission auf, das Parlament über den Inhalt und die Umsetzung dieses Rahmens auf dem neuesten Stand zu halten;

37.  sieht dem Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs über die Programmierung der Entwicklungshilfe, in dem beurteilt werden soll, ob die EU-Entwicklungshilfe für 2021–2027 gemäß einer gut definierten Strategie bereitgestellt wurde, erwartungsvoll entgegen; betont, dass es wichtig es ist, die Zusätzlichkeit der Mischfinanzierungen zu beurteilen, um die Wirksamkeit dieser Instrumente beim Erreichen von Entwicklungsergebnissen und auf EU-Werten basierenden politischen Zielen zu ermitteln; fordert den Europäischen Rechnungshof auf, eine solche Beurteilung vorzunehmen;

Entwicklungsfinanzierung

38.  besteht darauf, dass die Mitgliedstaaten ihre Zusage einhalten, 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) bereitzustellen; ist beunruhigt darüber, dass die öffentliche Entwicklungshilfe der fortgeschrittenen Volkswirtschaften im Jahr 2020 durchschnittlich nur 0,32 % ihres BNE betrug – weniger als die Hälfte der Verpflichtung von 0,7 %, die nur von vier Mitgliedstaaten erreicht wurde; betont, dass durch die Auswirkungen der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine auf die Staatsausgaben weltweit weiterer Druck auf die bereits niedrigen Hilfsbudgets ausgeübt wird; stellt fest, dass die Mitgliedstaaten, die der EU nach 2002 beigetreten sind, sich verpflichtet haben, sich um die Erhöhung ihrer öffentlichen Entwicklungshilfe im Verhältnis zum BNE auf 0,33 % zu bemühen; begrüßt die Anstrengungen, die diese und andere Mitgliedstaaten bisher unternommen haben, um ihre ODA-Ausgaben schrittweise zu erhöhen; fordert sie auf, diesen Weg weiter zu gehen; hebt den wichtigen Stellenwert der ODA als Katalysator für den Wandel und Hebel für die Mobilisierung weiterer Ressourcen hervor; ist der Ansicht, dass die EU bestrebt sein sollte, ihre Position als weltweit führender Akteur im Bereich der öffentlichen Entwicklungshilfe beizubehalten; weist darauf hin, dass mindestens 93 % der Ausgaben im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ die Kriterien für öffentliche Entwicklungshilfe erfüllen müssen;

39.  betont, dass die Verpflichtung der EU, finanzielle Ressourcen für Klimamaßnahmen zu mobilisieren, von wesentlicher Bedeutung ist und dass die EIB und andere EFAD-Mitglieder eine wichtige Rolle für Fortschritte in diesem Bereich spielen; weist auf die Verpflichtung des Rates hin, die europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung so zu lenken, dass die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die Ziele für nachhaltige Entwicklung und das Übereinkommen von Paris eingehalten werden, damit die Erderwärmung auf 1,5° C begrenzt werden kann; verweist auf das Ausgabenziel des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ von 30 % für die Verstärkung der Klimamaßnahmen und das im mehrjährigen Finanzrahmen festgelegte Ziel, bis 2024 7,5 % des BIP für die biologische Vielfalt auszugeben; bedauert, dass die Kommission in ihrem Fahrplan keine konkreteren Verpflichtungen im Hinblick auf die klimapolitischen Ziele eingegangen ist, und erwartet, dass dies in einem der nächsten Programmplanungsdokumente geändert wird; fordert ein Verbot sämtlicher Maßnahmen zur Finanzierung von Wirtschaftszweigen – insbesondere der Industrie für fossile Brennstoffe –, die zur Klimakrise beitragen; stellt fest, dass die EFAD für alle Regionen und Partnerländer inklusiv sein sollte, räumt jedoch ein, dass ein erheblicher Teil der Investitionen in den westlichen Balkan und die östliche und südliche Nachbarschaft fließen wird;

40.  erkennt die Rolle von lokalen Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen, Genossenschaften, integrativen Geschäftsmodellen und Forschungsinstituten als Motoren für Wachstum, Beschäftigung und Innovationen vor Ort an, die zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele beitragen werden; betont, dass der Zugang zu Finanzmitteln vereinfacht, die Inklusivität gestärkt und kleinere Akteure unterstützt werden müssen, unter anderem durch die Verbesserung des Zugangs zu einschlägigen öffentlich zugänglichen Daten; hebt hervor, dass lokale KMU daher einen einfachen Zugang zu Finanzdienstleistungen im Rahmen der EFAD benötigen; stellt fest, dass die Maßnahmen der EU die Zusammenarbeit von Unternehmen und Betrieben, insbesondere von KMU, fördern muss, damit diese eine aktive Rolle bei Initiativen spielen, die zur nachhaltigen Entwicklung in Entwicklungsländern beitragen;

41.  fordert die Kommission auf, im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ eine Verbindung zwischen möglichen Maßnahmen zur Verringerung des Investitionsrisikos und der finanziellen Unterstützung herzustellen, wenn es um den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung und insbesondere die Schaffung einer angemessenen Infrastruktur und Ausbildung für Lehrkräfte geht, um die Verwirklichung des Nachhaltigkeitsziels 4 zu erleichtern;

42.  stellt fest, dass EU-Investitionen im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft, einschließlich agrarökologischer Verfahren, in denen es an privaten und öffentlichen Investitionen mangelt, besonders wichtig sind; betont, dass lokale Landwirte, Kleinbauern und landwirtschaftliche Familienbetriebe Zugang zu Finanzdienstleistungen und insbesondere zu Mikrofinanzierung haben müssen;

43.  stellt fest, dass der fehlende Marktzugang aufgrund von Konnektivitätsproblemen eines der größten Hindernisse für die Ernährungssicherheit in vielen Regionen Afrikas ist; ist der Ansicht, dass EU-Investitionen in diesem Bereich eine starke Wirkung haben könnten;

44.  nimmt die Zwei-Säulen-Lösung für die steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung und Globalisierung zur Kenntnis, die von den Mitgliedern des inklusiven Rahmenwerks der OECD/G20 zur Bekämpfung der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung vereinbart wurde; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass der vereinbarte globale Mindestkörperschaftssteuersatz von 15 % für multinationale Unternehmen tatsächlich angewendet wird; betont, dass diese Mindeststeuer jährlich schätzungsweise 150 Mrd. USD an zusätzlichen globalen Steuereinnahmen generieren wird;

45.  fordert die Kommission auf, die internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen zu fördern, um Steuerhinterziehung, illegale Finanzströme und Korruption zu bekämpfen und so eine zielgerichtete und nachhaltige Entwicklungsfinanzierung zu unterstützen, die zur Verringerung von Ungleichheiten und Armut beiträgt;

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o   o

46.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und den Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) ABl. C 25 vom 30.1.2008, S. 1.
(2) ABl. C 210 vom 30.6.2017, S. 1.
(3) ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 80.
(4) ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 88.
(5) ABl. L 209 vom 14.6.2021, S. 1.
(6) ABl. L 209 vom 14.6.2021, S. 1.


Ergebnis der Modernisierung des Vertrags über die Energiecharta
PDF 147kWORD 53k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu dem Ergebnis der Modernisierung des Vertrags über die Energiecharta (2022/2934(RSP))
P9_TA(2022)0421RC-B9-0498/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Vertrag über die Energiecharta (ECV), der 1994 unterzeichnet wurde und 1998 in Kraft getreten ist,

–  unter Hinweis auf den 2017 eingeleiteten Prozess zur Modernisierung des Vertrags über die Energiecharta und den diesbezüglichen Vorschlag der Union,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen, das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen in Paris geschlossen wurde (im Folgenden „Übereinkommen von Paris“),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 (im Folgenden „Europäisches Klimagesetz“)(1),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung (EU) 2021/1749 der Kommission vom 28. September 2021 zum Thema „Energieeffizienz an erster Stelle: von den Grundsätzen zur Praxis“(2) und die beigefügten Leitlinien,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Richtlinie über Energie aus erneuerbaren Quellen)(3),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz(4),

–  unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, insbesondere sein Gutachten 2/15 vom 16. Mai 2017 zum Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur(5), sein Urteil vom 6. März 2018 in der Rechtssache C‑284/16 (Vorabentscheidungsverfahren Slowakische Republik/Achmea BV)(6), sein Gutachten 1/17 vom 30. April 2019 zum Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten(7), sein Urteil vom 2. September 2021 in der Rechtssache C‑741/19 (Vorabentscheidungsverfahren Republik Moldau/Komstroy LLC)(8) und sein Urteil vom 26. Oktober 2021 in der Rechtssache C‑109/20 (Vorabentscheidungsverfahren Republik Polen/PL Holdings Sàrl)(9),

–  unter Hinweis auf das Mandat, das 2017 der Arbeitsgruppe III der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) erteilt wurde, um an einer Reform der Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) zu arbeiten,

–  unter Hinweis auf die Entscheidung Italiens, mit Wirkung vom 1. Januar 2016 von dem ECV zurückzutreten,

−  unter Hinweis auf den Entwurf eines Gesetzes zur Kündigung des ECV, das von der polnischen Regierung am 10. August 2022 angenommen und am 25. August 2022 an das polnische Parlament überwiesen wurde,

−  unter Hinweis auf die Ankündigungen der spanischen Regierung vom 12. Oktober 2022, der niederländischen Regierung vom 19. Oktober 2022, der französischen Regierung vom 21. Oktober 2022, der slowenischen Regierung vom 10. November 2022, der deutschen Regierung vom 11. November 2022 und der luxemburgischen Regierung vom 18. November 2022, dass sie beabsichtigen, vom ECV zurückzutreten,

–  unter Hinweis auf das am 5. Mai 2020 unterzeichnete Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union(10),

−  unter Hinweis auf seine jüngsten Entschließungen, insbesondere die Entschließungen vom 23. Juni 2022 zur Zukunft der Auslandsinvestitionspolitik der EU(11), und vom 20. Oktober 2022 zu der Klimaschutzkonferenz 2022 der Vereinten Nationen (COP 27) in Scharm el-Scheich (Ägypten)(12),

−  unter Hinweis darauf, dass es im Rat nicht gelungen ist, eine qualifizierte Mehrheit für die Modernisierung des Vertrags über die Energiecharta als Grundlage für den Standpunkt der Union auf der 33. Tagung der Energiechartakonferenz zu erreichen,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Oktober 2022 über eine Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Auslegung des Energiechartavertrags (COM(2022)0523),

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der ECV ein internationales Abkommen ist; in der Erwägung, dass der Vertrag im Dezember 1994 unterzeichnet wurde und im April 1998 in Kraft getreten ist; in der Erwägung, dass es 53 Unterzeichner und Vertragsparteien des ECV gibt, darunter die Europäische Union sowie Euratom und all ihre Mitgliedstaaten mit Ausnahme Italiens, das 2016 von dem Vertrag zurückgetreten ist; in der Erwägung, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder des ECV stellen;

B.  in der Erwägung, dass das ursprüngliche Ziel des ECV darin bestand, ein Forum für die politische Zusammenarbeit zwischen Ost und West in den Bereichen Energie, Investitionsschutz, Handel und Transit zu schaffen; in der Erwägung, dass die Investitionsschutzbestimmungen des Vertrags seit den 1990er-Jahren nicht aktualisiert wurden und im Vergleich zu den neuen Standards, die durch das reformierte Konzept der Union für die Investitionspolitik gesetzt wurden, veraltet sind; in der Erwägung, dass bis 2018 kein Versuch unternommen wurde, die Dringlichkeit der Minderung des Klimawandels und des schrittweisen Ausstiegs aus Investitionen in fossile Brennstoffe zu berücksichtigen;

C.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten vor dem Vertrag von Lissabon etwa 1 500 bilaterale Investitionsabkommen ratifiziert haben, die nach wie vor Investitionen in fossile Brennstoffe schützen, das alte Modell der Investor-Staat-Streitbeilegung vorsehen und veraltete Bestimmungen und Mechanismen enthalten, die mit den Werten und Rechtsgrundsätzen der Union unvereinbar sind; in der Erwägung, dass keines der neuen Investitionsabkommen, die seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon von der Union ausgehandelt wurden und auf einem modernen Ansatz beruhen, in Kraft getreten ist;

D.  in der Erwägung, dass die Abwendung schwerer Klimakrisen und der Schutz der Energieversorgungssicherheit in der Union eine Beschleunigung des schrittweisen Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen und einen raschen Übergang zu erneuerbaren Energien erfordert;

E.  in der Erwägung, dass der europäische Grüne Deal darauf abzielt, auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung zu reagieren; in der Erwägung, dass alle politischen Maßnahmen der Union, einschließlich der Investitionspolitik, zu diesem Ziel beitragen müssen;

F.  in der Erwägung, dass der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen in seinem Bericht 2022 über den Klimaschutz, der im April 2022 veröffentlicht wurde, den ECV als erhebliches Hindernis für den Klimaschutz bezeichnet hat;

G.  in der Erwägung, dass die Energiewende eine Beschleunigung der weltweiten Investitionen in saubere Energie und Anreize für europäische Energieunternehmen erfordert, in Energie aus erneuerbaren Quellen zu investieren;

H.  in der Erwägung, dass im November 2018 angesichts der zunehmenden rechtlichen und politischen Bedenken hinsichtlich des ECV ein von der Union und ihren Mitgliedstaaten vorangetriebener Modernisierungsprozess eingeleitet wurde, wobei der Fokus auf Investitionsschutzstandards sowie auf die Beschränkung des Schutzes fossiler Brennstoffe und auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung gelegt wurde; in der Erwägung, dass die Energiechartakonferenz am 27. November 2018 die Liste der Themen für die Modernisierung gebilligt hat; in der Erwägung, dass der Rat der Kommission im Juli 2019 ein Mandat zur Verhandlung über die Modernisierung des ECV erteilt hat; in der Erwägung, dass die Union im Mai 2020 einen Vorschlag zur Modernisierung des ECV vorgelegt hat; in der Erwägung, dass die Union dem Sekretariat des Vertrags über die Energiecharta am 15. Februar 2021 einen zusätzlichen Vorschlag vorgelegt hat, mit dem die Frage der Definition des Begriffs Wirtschaftstätigkeit im Energiebereich angegangen werden soll und der auch als Ausnahmeregelung in Bezug auf fossile Brennstoffe bekannt ist;

I.  in der Erwägung, dass die Vertragsparteien am 24. Juni 2022 eine grundsätzliche Einigung über die Modernisierung des ECV erzielt haben; in der Erwägung, dass die Änderungen am Vertrag Modifikationen der Investitionsschutzstandards im Rahmen des ECV sowie einen Verweis auf das Recht der Staaten umfassen, aus Gründen des Umwelt- oder Klimaschutzes regulierend tätig zu werden;

J.  in der Erwägung, dass der Rechtstext des endgültigen Abkommens noch nicht förmlich veröffentlicht wurde, was nicht dem Maß an Transparenz bei anderen Handels- und Investitionsabkommen der Union entspricht;

K.  in der Erwägung, dass seit dem Abschluss der Verhandlungen Deutschland, Frankreich, Spanien, die Niederlande, Polen, Slowenien und Luxemburg, die zusammen mehr als 70 % der Bevölkerung der Union repräsentieren, ihre Absicht bekundet haben, aus dem ECV zurückzutreten; in der Erwägung, dass Italien 2016 von dem ECV zurückgetreten ist; in der Erwägung, dass andere Mitgliedstaaten noch die Möglichkeit prüfen, von dem ECV zurückzutreten;

L.  in der Erwägung, dass es dem Rat nicht gelungen ist, eine qualifizierte Mehrheit für die Modernisierung des ECV als Grundlage für die Annahme der Modernisierung im Rahmen der Energiechartakonferenz vom November 2022 zu erreichen; in der Erwägung, dass die Modernisierung infolgedessen von der Tagesordnung der Energiechartakonferenz gestrichen wurde;

M.  in der Erwägung, dass die Union über eine Anzahl von Stimmen verfügt, die der Zahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien des ECV sind; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten ihr Stimmrecht nur dann ausüben dürfen, wenn die Union von ihrem Stimmrecht nicht Gebrauch macht; in der Erwägung, dass die Ratifizierung durch diejenigen Mitgliedstaaten der Union, die Vertragsparteien des ECV sind, im Einklang mit ihren nationalen Ratifizierungsvorschriften und der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten erfolgen müsste;

N.  in der Erwägung, dass das Parlament der Modernisierung des ECV zustimmen müsste, bevor die Union im Einklang mit den politischen Leitlinien der Kommission mit der vorläufigen Anwendung des modernisierten Vertrags beginnen könnte; in der Erwägung, dass das Parlament dem Austritt der Union aus dem ECV zustimmen müsste;

O.  in der Erwägung, dass sich eine alarmierende Anzahl von Investitionsklagen gegen Umweltmaßnahmen richtet; in der Erwägung, dass mehrere Länder, darunter auch Mitgliedstaaten der Union, im Zusammenhang mit der Klimaschutzpolitik oder dem gerechten Übergang verklagt werden; in der Erwägung, dass der ECV das Investitionsschutzabkommen ist, zu dem es die meisten Schiedsstreitigkeiten gibt; in der Erwägung, dass derzeit über 40 EU-interne Investitionsschiedsverfahren anhängig sind; in der Erwägung, dass nach Angaben des Sekretariats der Energiecharta bis zum 1. Juni 2022 mindestens 150 Investitionsschiedsverfahren im Rahmen des ECV eingeleitet worden sind, davon ein Drittel im Zusammenhang mit Investitionen in fossile Brennstoffe und 70 % unionsinterne Investitionsschiedsverfahren auf der Grundlage des ECV;

P.  in der Erwägung, dass der ECV derzeit nicht mit den EU-Verträgen vereinbar ist, da er es den Investitionsgerichten ermöglicht, das Unionsrecht auszulegen und anzuwenden, ohne die notwendigen Garantien einzuführen, die die Regelungsautonomie der Union wahren, und da er das Funktionieren der Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union im Einklang mit dem konstitutionellen Rahmen der Union beeinträchtigt;

Q.  in der Erwägung, dass der EuGH in seinem Urteil vom 6. März 2018 in der Rechtssache C‑284/16 (Vorabentscheidungsverfahren Slowakische Republik/Achmea BV) entschieden hat, dass Investor-Staat-Schiedsklauseln in zwischen den Mitgliedstaaten der Union geschlossenen internationalen Abkommen gegen die EU-Verträge verstoßen und deshalb nicht mehr angewandt werden können, sobald die letzte Vertragspartei eines bilateralen EU-internen Investitionsabkommens ein Mitgliedstaat der Union geworden ist; in der Erwägung, dass der EuGH unter Anwendung derselben Grundsätze in seinem Urteil vom 2. September 2021 in der Rechtssache C‑741/19 (Vorabentscheidungsverfahren Republik Moldau/Komstroy LLC) entschieden hat, dass Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe c ECV so auszulegen ist, dass er nicht auf Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat der Union und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat der Union über eine Investition anwendbar ist, die Letzterer in dem erstgenannten Mitgliedstaat getätigt hat; in der Erwägung, dass Urteile des EuGH nach ständiger Rechtsprechung ex tunc gelten; in der Erwägung, dass Schiedsgerichte diese Urteile des EuGH bei ihren Beratungen ignoriert haben;

R.  in der Erwägung, dass die Union bei der Reform der Investitionspolitik weltweit die Führung übernommen hat; in der Erwägung, dass die Union seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon auf Drängen und mit Unterstützung des Parlaments ein reformiertes Investitionsschutzmodell angenommen und beschlossen hat, die Investor-Staat-Streitbeilegung durch das Investitionsgerichtssystem zu ersetzen, Verhandlungen über einen multilateralen Investitionsgerichtshof aufgenommen hat, Rechtsvorschriften zur Regulierung drittstaatlicher Subventionen, die den Binnenmarkt verzerren, angenommen hat und Rechtsvorschriften zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union erlassen hat; in der Erwägung, dass diese Entwicklungen wichtige Schritte in die richtige Richtung für eine modernisierte und nachhaltige Investitionspolitik sind; in der Erwägung, dass noch viel mehr getan werden muss, um diese Reformagenda voranzubringen;

S.  in der Erwägung, dass die Union die laufenden Verhandlungen in der Arbeitsgruppe III der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) und die Einrichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs unterstützt;

1.  stellt fest, dass der ECV als Hindernis für den Übergang zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und beim Schutz der Energiesicherheit in der Union und den Mitgliedstaaten heftig kritisiert wird; hält den derzeitigen ECV für ein überholtes Instrument, das nicht mehr dem Interesse der Europäischen Union dient, insbesondere im Hinblick auf das Ziel, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen;

2.  begrüßt die Bemühungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten, den Modernisierungsprozess des ECV voranzutreiben; würdigt, dass die Kommission bestrebt war, die Verhandlungen über den ECV nach Maßgabe des Mandats, das sie vom Rat erhalten hat, zu gestalten, damit die Union auch künftig in der Lage ist, Maßnahmen der öffentlichen Ordnung auszuarbeiten, die mit dem Übereinkommen von Paris, den Zielen des europäischen Grünen Deals und den Prioritäten des Europäischen Parlaments im Einklang stehen;

3.  stellt fest, dass der modernisierte ECV als Reaktion auf die starken Forderungen ausgehandelt wurde, die die Mitgliedstaaten der Union seit November 2018 erhoben haben; hebt hervor, dass für eine Änderung des ECV ein einstimmiger Beschluss aller Vertragsparteien erforderlich ist, die auf der ECV-Jahreskonferenz abstimmen;

4.  bekräftigt seine Besorgnis darüber, dass viele Vertragsparteien, auch industrialisierte Länder mit hohem Einkommen, die Ambitionen der Union zur Modernisierung des ECV, beim Klimaschutz, bei der Förderung der nachhaltigen Entwicklung und bei der Unterstützung der Energiewende nicht zu teilen scheinen, obwohl sie allesamt auch Unterzeichner des Übereinkommens von Paris sind;

5.  unterstreicht, dass im endgültigen Text des modernisierten ECV zwar Elemente aus dem der Kommission erteilten Verhandlungsmandat aufscheinen, er aber inhaltlich weder mit dem Übereinkommen von Paris noch mit dem Europäischen Klimagesetz oder den Zielen des europäischen Grünen Deals und auch nicht mit den Zielen im Einklang steht, die das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 23. Juni 2022 zur Zukunft der internationalen Investitionspolitik der EU niedergelegt hat, darunter insbesondere das sofortige Verbot, dass jene, die in fossile Brennstoffe investieren, Vertragsparteien verklagen, die im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen Maßnahmen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verfolgen, die deutliche Verkürzung des Zeitrahmens für das Auslaufen des Schutzes bestehender Investitionen in fossile Brennstoffe und die Abschaffung des ISDS-Mechanismus; betont, dass es bereits seinen Standpunkt zum Ausdruck gebracht hat, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten keine neuen Investitionsschutzabkommen unterzeichnen sollten, die einen ISDS-Mechanismus umfassen; bekräftigt, dass ein multilateraler Investitionsgerichthof, sobald er eingerichtet ist, unmittelbar für alle bestehenden bilateralen und multilateralen Investitionsabkommen der an ihm beteiligten Staaten – also auch für den ECV – zuständig wäre;

6.  begrüßt die Absicht der Union und des Vereinigten Königreichs, Investitionen in fossile Brennstoffe vom Schutz im Rahmen des ECV auszunehmen; begrüßt, dass in der Union und ihren Mitgliedstaaten für die meisten neuen Investitionen in fossile Brennstoffe ab dem 15. August 2023 kein Schutz mehr gelten soll;

7.  stellt fest, dass in dem Vorschlag für einen modernisierten ECV der Schutz bestehender Investitionen in fossile Brennstoffe mindestens zehn Jahre lang aufrechterhalten wird; stellt fest, dass mit der Zählung der zehn Jahre ab dem Tag des Inkrafttretens des modernisierten ECV begonnen würde, also am 15. August 2023, wenn die Union, die Mitgliedstaaten und andere Vertragsparteien sich darauf einigen würden, das Abkommen vorläufig anzuwenden, oder andernfalls erst nach der Ratifizierung durch drei Viertel der Vertragsparteien, wodurch der Schutz für Investitionen in fossile Brennstoffe um einen Zeitraum verlängert würde, der dem in der Verfallsklausel des ECV vorgesehenen Zeitraum von 20 Jahren nahekommt; stellt fest, dass im modernisierten ECV das Jahr 2040 als Zeitpunkt festgelegt ist, bis zu dem der Schutz für alle Investitionen in fossile Brennstoffe spätestens auslaufen muss, wenn sich Vertragsparteien an der Ausnahmeregelung beteiligen; ist sehr besorgt darüber, dass dieser Zeitplan im Widerspruch zu den derzeitigen Erkenntnissen darüber steht, welche Geschwindigkeit beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen erforderlich ist, um die globale Erwärmung auf 1,5 ºC über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, und dass die Klimaziele der Union durch den Zeitplan gefährdet sind; weist erneut darauf hin, dass es den Standpunkt angenommen hat, gemäß dem ECV solle es Investoren, die in fossile Brennstoffe investieren, mit sofortiger Wirkung untersagt sein, Vertragsparteien zu verklagen, die Maßnahmen zum allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen im Einklang mit ihren Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens von Paris ergreifen; stellt fest, dass die Begriffsbestimmung für bestehende Investitionen Projekte in der Explorationsphase und ihre potenzielle künftige Nutzung abdeckt;

8.  bedauert, dass die meisten Vertragsparteien des modernisierten ECV beschlossen haben, den Schutz von Investitionen in fossile Brennstoffe auf unbestimmte Zeit beizubehalten;

9.  betont, dass der modernisierte ECV nur dann als Grundlage für neue Ansprüche herangezogen werden kann, wenn er vollständig in Kraft getreten ist und wenn sowohl der Heimatstaat des Investors als auch der beklagte Staat den modernisierten ECV vorläufig anwenden; bedauert zutiefst, dass durch diese Situation ein Mangel an Klarheit entsteht, da sie zu einer fragmentarischen Umsetzung und Verzögerungen führt und die Gefahr birgt, dass sich der Anwendungszeitraum des nicht reformierten ECV verlängert;

10.  begrüßt, dass in den modernisierten ECV neue Bestimmungen aufgenommen wurden, die als Richtschnur für die Auslegung des Vertrags dienen, insbesondere Bestimmungen über das Recht auf Regulierung im Interesse legitimer Ziele der öffentlichen Ordnung, die dringend notwendige wirksame Bekämpfung des Klimawandels, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Rahmen multilateraler Umwelt- und Arbeitsübereinkommen einschließlich des Übereinkommens von Paris, ihre Verpflichtung zur Förderung von Energieinvestitionen auf eine zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragenden Art und Weise und ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln; nimmt die Aufnahme eines Schlichtungsmechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung zur Kenntnis;

11.  weist erneut auf seinen Standpunkt hin, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten keine neuen Investitionsschutzabkommen unterzeichnen sollten, die den ISDS-Mechanismus umfassen; bedauert, dass im modernisierten ECV der veraltete Streitbeilegungsmechanismus beibehalten wurde, und betont, dass bedeutende Belege dafür vorliegen, dass Investitionsschiedsgerichte die Absicht der Staaten, ihre Ziele der öffentlichen Ordnung zu schützen, missachten, insbesondere wenn es um die allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen oder um den Umweltschutz geht;

12.  unterstützt die laufenden Verhandlungen in der Arbeitsgruppe III der UNCITRAL, in der die Union und ihre Mitgliedstaaten die Einrichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs anstreben, der zu ihrem zuständigen Entscheidungsgremium für die Beilegung internationaler Investitionsstreitigkeiten werden könnte; weist darauf hin, dass ein multilateraler Investitionsgerichthof, sobald er eingerichtet ist, unmittelbar für alle bestehenden bilateralen und multilateralen Investitionsabkommen der an ihm beteiligten Staaten – also auch für den ECV – zuständig wäre; weist darauf hin, dass das System eines multilateralen Investitionsgerichtshofs gemäß Artikel 30 Absatz 3 des Wiener Übereinkommens von 1969 über das Recht der Verträge für die Länder, die diesem System beitreten, Vorrang vor ISDS-Mechanismen hätte; fordert die Kommission auf, die Verhandlungen der Arbeitsgruppe III der UNICITRAL so bald wie möglich erfolgreich abzuschließen;

13.  fordert die Kommission auf, auch im Rahmen des UNICITRAL-Prozesses ausdrücklich einen Mechanismus zu unterstützen, mit dem Staaten ihre Zustimmung zu in ihren Verträgen vorgesehenen ISDS wirksam widerrufen oder ihre Verträge aufkündigen können;

14.  ist besorgt darüber, dass im modernisierten Text die 20-jährige Verfallsklausel im Fall eines Rücktritts von dem Vertrag unverändert bleibt, und bedauert, dass eine entsprechende Änderung nicht Teil des Verhandlungsmandats der Union war, wodurch den Ländern, die Vertragspartei des ECV bleiben, auch künftig die Möglichkeit genommen wird, den Vertrag ohne Weiteres zu verlassen, falls die Schiedsgerichte die Fähigkeit der Staaten zu regulatorischem Handeln weiterhin schwächen; betont, dass Vertragsparteien, die von dem ECV zurücktreten, der 20-jährigen Verfallsklausel des ECV unterworfen wären, wonach alle bestehenden Investitionen, die nicht unter ein Inter-se-Abkommen fallen, weiterhin gemäß den Bestimmungen des nicht modernisierten ECV geschützt wären; begrüßt jedoch, dass der Schutz für alle neuen Investitionen unmittelbar nach dem Rücktritt von dem ECV enden würde; stellt fest, dass die meisten neuen Investitionen in fossile Brennstoffe im Rahmen eines modernisierten ECV ab dem 15. August 2023 nicht mehr geschützt wären;

15.  bedauert, dass im modernisierten ECV die kritische Frage der Bewertungsverfahren nicht angegangen wird, mit denen die Gewährung von Entschädigungen ermöglicht wird, die die investierten Beträge weithin übersteigen; stellt fest, dass die vorgeschlagenen Änderungen an den Bestimmungen über Schadenersatzleistungen kaum Auswirkungen hätten, da die Schiedsgerichte dazu neigen, den Begriff „Verlust“ sehr weit auszulegen und auch die erwarteten künftigen Gewinne darunter zu fassen; stellt fest, dass diese Methoden aufgrund ihres sehr großen Ermessensspielraums und des Rückgriffs auf hochkomplexe und inhärent spekulative Annahmen sehr umstritten sind;

16.  begrüßt die Klarstellung des Gerichtshofs, wonach ISDS-Bestimmungen im ECV im Fall von EU-internen Streitigkeiten nicht anwendbar sind, und begrüßt, dass in den modernisierten ECV der Grundsatz aufgenommen wurde, wonach ISDS-Bestimmungen zwischen Mitgliedern derselben Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration (REIO) nicht anwendbar sind; ist jedoch besorgt darüber, dass die Schiedsgerichte nach wie vor die Möglichkeit haben, sich mit EU-internen Streitigkeiten zu befassen, und dass Fälle, die unter die Regeln des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten fallen, immer noch vor Gerichten anderer Länder vollstreckt werden können; stellt mit Besorgnis fest, dass die Schiedsgerichte durch das Achmea-Urteil nicht davon abgehalten wurden, es wiederholt zu ignorieren und sich mit EU-internen Streitigkeiten zu befassen; begrüßt den Entwurf der Kommission für ein Inter-se-Abkommen, in dem klargestellt wird, dass der ECV und seine Verfallsklausel EU-intern nicht anwendbar sind und nie anwendbar waren; fordert alle Mitgliedstaaten auf, derlei Abkommen so rasch wie möglich zu ratifizieren; fordert die Kommission auf, sich an die Partnerländer zu wenden und ein zweites Abkommen vorzuschlagen, das es rücktrittswilligen und nicht der Union angehörenden Vertragsparteien des ECV ermöglicht, die Verfallsklausel auf der Grundlage des Grundsatzes der Gegenseitigkeit aufzuheben;

17.  nimmt zur Kenntnis, dass es keine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten der Union gibt, die bereit sind, die Modernisierung des ECV zu unterstützen, was dazu geführt hat, dass die Modernisierungsbemühungen fehlgeschlagen sind; ist der Ansicht, dass weder die Union noch ihre Mitgliedstaaten Vertragspartei des derzeitigen ECV bleiben können, da er mit dem Unionsrecht und der Politik der Union unvereinbar ist;

18.  bekräftigt, dass das Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, mit der Vorbereitung eines koordinierten Rücktritts von dem ECV und der Ausarbeitung eines Abkommens zu beginnen, das die Anwendung der Verfallsklausel zwischen den Vertragsparteien ausschließt, die zu diesem Schritt bereit sind; weist erneut darauf hin, dass die Union den modernisierten ECV nur mit der endgültigen Zustimmung des Parlaments ratifizieren kann und dass das Parlament seine früheren Standpunkte und die Mängel bei der Modernisierung in Betracht ziehen wird, wenn es diesbezüglich um Zustimmung ersucht wird; vertritt den Standpunkt, dass es den koordinierten Rücktritt der Union von dem ECV unterstützt, wenn es diesbezüglich um Zustimmung ersucht wird;

19.  begrüßt, dass die Regierungen Polens, Spaniens, der Niederlande, Frankreichs, Sloweniens, Deutschlands und Luxemburgs ihre Absicht bekannt gegeben haben, von dem ECV zurückzutreten, und stellt fest, dass der einschlägige Beschluss in den meisten Fällen auf der Grundlage des Ergebnisses des Modernisierungsprozesses gefasst wurde;

20.  betont, dass koordiniert gehandelt werden muss, um in den Verhandlungen über den Rücktritt von dem ECV stärker aufzutreten, die negativen Auswirkungen der Verfallsklausel zu begrenzen und EU-interne Streitigkeiten wirksam zu verhindern; fordert die Kommission nachdrücklich auf, umgehend das Verfahren für einen koordinierten Rücktritt der Union von dem ECV einzuleiten, und fordert den Rat auf, diesen Vorschlag zu unterstützen; hält diesen Schritt für die beste Option für die Union, um Rechtssicherheit herbeizuführen und zu verhindern, dass die Ambitionen der Union in den Bereichen Klimaschutz und Energiesicherheit weiter durch den ECV gefährdet werden;

21.  betont, dass die Kommission trotz seiner mehrmals erhobenen Forderungen seit Beginn der Modernisierungsverhandlungen weder an dem koordinierten Rücktritt von dem ECV – als Alternative für den Fall unbefriedigender Ergebnisse oder des Scheiterns des Modernisierungsprozesses – gearbeitet noch diesbezügliche Informationen weitergegeben hat;

22.  weist auf die mangelnde Kohärenz zwischen den Standpunkten einiger Mitgliedstaaten zum ECV und ihren bilateralen Investitionsabkommen hin, mit denen nach wie vor Investitionen in fossile Brennstoffe geschützt werden und die veraltete Bestimmungen enthalten, die den Zielen und Werten der Union zuwiderlaufen;

23.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Sekretariat des Vertrags über die Energiecharta und den Regierungen der Mitgliedsländer des Vertrags über die Energiecharta zu übermitteln.

(1) ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1.
(2) ABl. L 350 vom 4.10.2021, S. 9.
(3) ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82.
(4) ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 210.
(5) Gutachten vom 16. Mai 2017, EU:C:2017:376.
(6) Urteil vom 6. März 2018, Republik Slowakei/Achmea BV, C‑284/16, EU:C:2018:158.
(7) Gutachten vom 30. April 2019, EU:C:2019:341.
(8) Urteil vom 2. September 2021, Republik Moldau/Komstroy LLC, C‑741/19, EU:C:2021:655.
(9) Urteil vom 26. Oktober 2021, Republik Polen/PL Holdings Sàrl, C‑109/20, EU:C:2021:875.
(10) ABl. L 169 vom 29.5.2020, S. 1.
(11) Angenommene Texte, P9_TA(2022)0268.
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2022)0373.


Bewertung der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeitsbedingungen durch Ungarn im Rahmen der Konditionalitätsverordnung sowie des Stands des ungarischen Aufbau- und Resilienzplans
PDF 137kWORD 48k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Bewertung der Einhaltung der in der Konditionalitätsverordnung niedergelegten Rechtsstaatlichkeitsbedingungen durch Ungarn und zum Stand des ungarischen Aufbau- und Resilienzplans (2022/2935(RSP))
P9_TA(2022)0422B9-0511/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf Artikel 2, Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 7 Absatz 1,

–  unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die dazugehörigen Protokolle,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf die internationalen Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen und des Europarates,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union(1) (Konditionalitätsverordnung),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität(2),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Festlegung der gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visa(3),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 3. Juni 2021 in der Rechtssache C-650/18 über die Abweisung der Klage Ungarns gegen die Entschließung des Parlaments vom 12. September 2018, mit der das Verfahren eingeleitet wurde, um festzustellen, ob eine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte, auf die sich die Europäische Union gründet, durch einen Mitgliedstaat besteht(4),

–  unter Hinweis auf die Ungarn betreffenden Länderkapitel in den jährlichen Berichten der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit, insbesondere in den Berichten von 2021 und 2022,

–  unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere die Entschließungen vom 15. September 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zur Feststellung der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte, auf die sich die Union gründet, durch Ungarn(5), vom 9. Juni 2022 zur Rechtsstaatlichkeit und zur möglichen Billigung des polnischen nationalen Aufbauplans (ARF)(6), vom 5. Mai 2022 zu den laufenden Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zu Polen und Ungarn(7), vom 10. März 2022 zur Rechtsstaatlichkeit und den Konsequenzen des Urteils des EuGH(8), vom 8. Juli 2021 zu Verstößen gegen das EU-Recht und die Rechte von LGBTIQ-Bürgern in Ungarn infolge der im ungarischen Parlament angenommenen Gesetzesänderungen(9) und vom 10. Juni 2021 zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union und Anwendung der Konditionalitätsverordnung (EU, Euratom) 2020/2092(10),

–  unter Hinweis auf die schriftliche Mitteilung, die am 27. April 2022 von der Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Konditionalitätsverordnung an die ungarische Regierung übermittelt wurde,

–  unter Hinweis auf die Abhilfemaßnahmen, über die die ungarische Regierung die Kommission mit Schreiben vom 22. August 2022 in Kenntnis gesetzt hat,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 18. September 2022 für einen Durchführungsbeschluss des Rates über Maßnahmen zum Schutz des Haushalts der Union vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn (COM(2022)0485),

–  unter Hinweis darauf, dass Ungarn im Jahr 2022 im Rechtsstaatlichkeitsindex des World Justice Project auf Platz 73 von 140 Ländern liegt und in der Ländergruppe EU, Europäische Freihandelsassoziation und Nordamerika am schlechtesten abschneidet,

–  gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass sich die Union auf die Werte der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, gründet, die in Artikel 2 EUV festgelegt sind, in der Charta zum Ausdruck kommen und in internationalen Menschenrechtsübereinkommen verankert sind; in der Erwägung, dass diese Werte, die allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind und zu denen sich alle Mitgliedstaaten aus freien Stücken bekannt haben, die Grundlage der Rechte darstellen, die allen in der Union lebenden Personen zustehen;

B.  in der Erwägung, dass die in der Konditionalitätsverordnung vorgesehenen Maßnahmen von der Kommission umgesetzt werden können, wenn Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit die wirtschaftliche Haushaltsführung der Union unmittelbar beeinträchtigen oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission am 18. September 2022 Maßnahmen zum Schutz des Haushalts gemäß der Konditionalitätsverordnung in die Wege geleitet hat, und zwar mithilfe eines Vorschlags für einen Durchführungsbeschluss des Rates zur Gewährleistung des Schutzes der finanziellen Interessen der EU vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, der Folgendes vorsieht: die Aussetzung von 65 % der Mittelbindungen für drei Programme im Rahmen der Kohäsionspolitik bzw. die Aussetzung der Genehmigung der betreffenden drei Programme sowie – in Bezug auf Programme mit direkter und indirekter Mittelverwaltung – ein Verbot, neue rechtliche Verpflichtungen mit Trusts von öffentlichem Interesse und von diesen unterhaltenen Einrichtungen einzugehen;

D.  in der Erwägung, dass die von der ungarischen Regierung ergriffenen Abhilfemaßnahmen nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn die wirtschaftliche Führung des Haushalts der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union nicht mehr beeinträchtigen oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen, und dass sie nicht ausreichen, um die begrenzte Anzahl von Mängeln zu beheben, die von der Kommission ausgewählt wurden und im Entwurf des Durchführungsbeschlusses des Rates behandelt werden, sowie in der Erwägung, dass selbst die vollständige Umsetzung dieser Maßnahmen wahrscheinlich nicht geeignet wäre, den Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit, die die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der EU in Ungarn beeinträchtigen oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen, abzuhelfen; in der Erwägung, dass diese Abhilfemaßnahmen nicht geeignet wären, andere Verstöße gegen den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, die über den Anwendungsbereich der Verordnung hinausgehen, zu beheben;

E.  in der Erwägung, dass Ungarn entschieden hat, sich nicht an der verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft zu beteiligen;

1.  begrüßt die Entscheidung, im Falle Ungarns den in der Konditionalitätsverordnung vorgesehenen Mechanismus in Gang zu setzen, auch wenn diese Entscheidung sehr spät getroffen wurde und nicht weit genug geht;

2.  vertritt die Auffassung, dass die 17 von der Kommission und der ungarischen Regierung ausgehandelten Maßnahmen nicht ausreichen, um dem bestehenden systemischen Risiko für die finanziellen Interessen der EU entgegenzuwirken;

3.  fordert die Kommission auf, in ihrer Bewertung auf das anhaltende Risiko hinzuweisen und an der Notwendigkeit von Abhilfemaßnahmen festzuhalten, damit der Vorschlag der Kommission vom 18. September 2022 für einen Durchführungsbeschluss des Rates über Maßnahmen zum Schutz des Haushalts der Union vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn vom Rat mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden kann;

4.  fordert den Rat auf, die von der Kommission am 18. September 2022 vorgeschlagenen Maßnahmen auf der Grundlage der Konditionalitätsverordnung anzunehmen und die angenommenen Maßnahmen erst dann aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Annahme nachweislich nicht mehr erfüllt sind, d. h. wenn sich die von der ungarischen Regierung ergriffenen Abhilfemaßnahmen nachhaltig in der Praxis niedergeschlagen haben und insbesondere keine Rückschritte bei bereits angenommenen Maßnahmen festgestellt wurden; betont, dass die Union im Fall einer künftigen Aufhebung dieser Maßnahmen Finanzkorrekturen vornehmen sollte;

5.  fordert die Kommission auf, im Rahmen der Konditionalitätsverordnung Sofortmaßnahmen in Bezug auf andere Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zu ergreifen, insbesondere im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit der Justiz und sonstigen Aspekten, die in dem Schreiben der Kommission an Ungarn vom 19. November 2021 aufgeführt werden;

6.  bedauert, dass die ungarische Regierung das Einstimmigkeitserfordernis in der EU immer wieder missbraucht, um wichtige Entscheidungen zu blockieren und die Kommission und den Rat zu drängen, EU-Mittel freizugeben, was zu Verzögerungen bei der Verabschiedung des Hilfspakets für die Ukraine in Höhe von 18 Mrd. EUR sowie bei der Umsetzung des weltweiten Mindeststeuersatzes für Unternehmen führt; fordert die Kommission und den Rat auf, dafür zu sorgen, dass dies keine Auswirkungen auf ihre Beschlüsse im Zusammenhand mit der Aufbau- und Resilienzfazilität und dem Rechtsstaatlichkeitsmechanismus hat;

7.  bekräftigt seine Forderung an die Kommission, dafür zu sorgen, dass den Endempfängern oder Begünstigten von EU-Mitteln die betreffenden Mittel nicht vorenthalten werden, wenn im Rahmen des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus Maßnahmen gemäß Artikel 5 Absätze 4 und 5 der Konditionalitätsverordnung ergriffen werden; fordert die Kommission auf, Wege zu finden, wie EU-Mittel über lokale Gebietskörperschaften und nichtstaatliche Organisationen verteilt werden können, wenn die jeweilige Regierung in Bezug auf Mängel auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit nicht kooperiert;

8.  weist darauf hin, dass der Zweck der Aufbau- und Resilienzfazilität darin besteht, die Erholung und die Widerstandskraft der EU und ihrer Mitgliedstaaten, einschließlich Ungarns, zu unterstützen; bedauert, dass die Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität infolge des Gebarens der ungarischen Regierung noch nicht bei den Menschen, Regionen, Lokalregierungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Ungarn angekommen sind, wohingegen die 26 anderen Aufbau- und Resilienzpläne genehmigt wurden; stellt fest, dass die Gefahr eines Missbrauchs von Mitteln aus der Aufbau- und Resilienzfazilität besteht, und fordert die Kommission erneut auf, den Plan Ungarns solange nicht positiv zu bewerten, bis das Land allen Empfehlungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit vollständig nachgekommen ist und alle einschlägigen Urteile des EuGH und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umgesetzt hat; erwartet, dass die Kommission alle Risiken von Programmen im Rahmen der Kohäsionspolitik ausschließt, die zum Missbrauch von EU-Mitteln oder zu Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit beitragen, bevor sie Partnerschaftsabkommen und kohäsionspolitische Programme genehmigt;

9.  bedauert, dass dem Parlament nicht genügend Informationen zur Verfügung gestellt wurden, was die Verhandlungen zwischen der Kommission und der ungarischen Regierung betrifft; erwartet, dass die Kommission das Parlament zeitnah und regelmäßig über alle einschlägigen Entwicklungen unterrichtet; weist darauf hin, wie wichtig Transparenz auch für die Unionsbürger ist, auch für die ungarischen Bürger, für die unglaublich viel auf dem Spiel steht;

10.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 1.
(2) ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17.
(3) ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159.
(4) Urteil vom 3. Juni 2021, Ungarn/Europäisches Parlament, C-650/18, ECLI:EU:C:2021:426.
(5) Angenommene Texte, P9_TA(2022)0324.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2022)0240.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2022)0204.
(8) ABl. C 347 vom 9.9.2022, S. 168.
(9) ABl. C 99 vom 1.3.2022, S. 218.
(10) ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 86.


Schutz der Viehwirtschaft und der Großraubtiere in Europa
PDF 152kWORD 52k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zum Schutz der Viehwirtschaft und der Großraubtiere in Europa (2022/2952(RSP))
P9_TA(2022)0423RC-B9-0503/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2021 zu dem Thema „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2017 zu einem Aktionsplan für Menschen, Natur und Wirtschaft(2),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Habitat-Richtlinie)(3),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Übereinkommen von Bern)(4),

–  unter Hinweis auf das Programm der Kommission zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. Oktober 2021 mit dem Titel „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie“ (C(2021)7301),

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in vielen Teilen Europas bestimmte große Raubtiere, insbesondere Wölfe und Bären, die seit geraumer Zeit in diesen Gebieten nicht vorkamen, ihr Verbreitungsgebiet ausweiten oder sich in diesen Gebieten wieder ansiedeln, was sie in Konflikt mit menschlichen Aktivitäten bringt, insbesondere mit der extensiven Beweidung durch Schafe und Rinder; in der Erwägung, dass den Weidewirtschaft betreibenden Landwirten erhebliche Kosten entstehen, die durch den Raubfraß bei ihren Herden und die großen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen in Bezug auf Maßnahmen und in einigen Fällen fehlende Maßnahmen zur Unterstützung ihrer Landwirte sowie im Hinblick auf öffentliche Mittel, die sie für Entschädigungs- und Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, verursacht werden;

B.  in der Erwägung, dass legislative Maßnahmen wie die Habitat-Richtlinie und internationale Verträge wie das Übereinkommen von Bern zur Erholung der Großraubtierpopulationen, einschließlich des Wolfs, des Braunbären, des Eurasischen Luchses und des Vielfraßes, beigetragen haben; in der Erwägung, dass die Anzahl der Großraubtiere in Kontinentaleuropa 2012 9000 Eurasische Luchse, 17 000 Braunbären, 1250 Vielfraße und 12 000 Wölfe umfasste; in der Erwägung, dass die Anzahl der Wölfe einer Bewertung aus dem Jahr 2018 zufolge 17 000 betrug und damit in den letzten zehn Jahren erheblich gestiegen ist(5), und die Zahlen für andere Arten ähnlich sind; in der Erwägung, dass ferner die Gesamtzahl der Wölfe in der EU-27 auf der Grundlage der besten verfügbaren Daten 2022 in der Größenordnung von 19 000 liegen dürfte und im geografischen Europa wahrscheinlich mehr als 21 500 beträgt(6); in der Erwägung, dass nach einer Bewertung des Erhaltungszustands des Wolfs (Canis lupus) in Europa in den letzten zehn Jahren in Europa ein Anstieg der Wolfspopulation um mehr als 25 % gemeldet wurde(7); in der Erwägung, dass die Weltnaturschutzunion drei von neun Wolfspopulationen, drei von zehn Braunbärpopulationen und drei von elf Eurasischen Luchspopulationen in Europa als nicht gefährdet eingestuft hat; in der Erwägung, dass beide Vielfraßpopulationen in Europa nach wie vor bedroht sind und der Pardelluchs nach wie vor gefährdet ist;

C.  in der Erwägung, dass Wolfspopulationen das Potenzial besitzen, jährlich exponentiell um ungefähr 30 % anzuwachsen;

D.  in der Erwägung, dass die negativen Auswirkungen der Angriffe auf Nutztiere durch die wachsende Wolfspopulation zunehmen; in der Erwägung, dass Wölfe, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, zunehmend in die Nähe des Menschen kommen;

E.  in der Erwägung, dass allein in Österreich die Zahl der von Wölfen gerissenen Nutztiere 2021 um 230 % auf 680 angestiegen ist; in der Erwägung, dass eine ähnliche Entwicklung der Angriffe von Wölfen auch in anderen Mitgliedstaaten zu beobachten ist, dass sich nämlich 2020 die Zahl der gerissenen Nutztiere in Frankreich auf 11 849, in Deutschland auf 3 959, in Tschechien auf 616, in Belgien auf 139 und in der italienischen Region Südtirol auf 98 belief;

F.  in der Erwägung, dass das schnelle Anwachsen der Wolfspopulationen und die schnelle Zunahme ihrer Angriffe auf Nutztiere es den nationalen Verwaltungen erschwert, mit den ihnen gegenwärtig zur Verfügung stehenden Instrumenten wirksam und entschieden zu handeln;

G.  in der Erwägung, dass Landwirte angesichts dessen, dass sie selbst von Großraubtieren angegriffen werden, verzweifelt sind und sich missverstanden und machtlos fühlen; in der Erwägung, dass den Angriffen von Großraubtieren bereits Menschen zum Opfer gefallen sind;

H.  in der Erwägung, dass die meisten Populationen von Großraubtieren in Europa grenzüberschreitend sind; in der Erwägung, dass einzelne Populationen große geografische Verbreitungen in verschiedenen Ländern innerhalb und außerhalb der EU abdecken können, was zu Situationen führt, in denen für ein und dieselbe Population in einer Region ein günstiger Erhaltungszustand festgestellt wird, während sie in einer Nachbarregion nach wie vor streng geschützt werden muss;

I.  in der Erwägung, dass die Überwachungsansätze sehr unterschiedlich sind, was zu einer uneinheitlichen Qualität und Quantität der Daten zu Populationen von Großraubtieren führt;

J.  in der Erwägung, dass im Rahmen des LIFE-Programms bereits zahlreiche Projekte zur Entschärfung von Konflikten mit Wildtieren und zur Förderung der langfristigen Koexistenz mit Großraubtieren finanziert wurden; in der Erwägung, dass zwischen 1992 und 2019 durchschnittlich 3,6 Mio. EUR pro Jahr für Projekte ausgegeben wurden, die sich im Rahmen des LIFE-Programms auf Maßnahmen zur Begrenzung der Schäden durch Großraubtiere konzentrieren, und weitere 36 Mio. EUR für laufende Projekte bereitgestellt wurden sowie kontextspezifische Leitlinien zur Wirksamkeit von Minderungsmaßnahmen wie Elektrozäune, aktive Schafhut und der Einsatz von Herdenschutzhunden in vielen verschiedenen Regionen der EU; in der Erwägung, dass es zusätzlicher Projekte in Regionen und zu Großraubtierarten bedarf, die im Rahmen der bisherigen Projekte noch nicht abgedeckt wurden;

K.  in der Erwägung, dass Nutztiere, insbesondere, wenn sie auf eingezäunten und offenen Weiden gehalten werden, aufgrund der zunehmenden Präsenz von Großraubtieren (je nach den ergriffenen Maßnahmen und ihrer Wirksamkeit) einem höheren Risiko von Raubfraß ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass dies insbesondere in Berggebieten und dünn besiedelten Regionen der Fall ist, in denen die Beweidung erforderlich ist, um diesen prioritären Lebensraum zu erhalten; in der Erwägung, dass in einigen dicht besiedelten Gebieten mit wenigen natürlichen Beutearten für Großraubtiere auch ein größeres Risiko für Nutztiere bestehen könnte;

L.  in der Erwägung, dass die Einstellung der Öffentlichkeit zu Großraubtieren von Land zu Land und von Interessengruppe zu Interessengruppe sehr unterschiedlich ist, insbesondere in Regionen, in denen Großraubtiere seit längerer Zeit nicht mehr vorkamen; in der Erwägung, dass die Angst vor Angriffen und das Fehlen einer ausreichenden Unterstützung durch die Behörden im Hinblick auf die Verhinderung von Schäden zur rechtswidrigen Tötung geschützter Arten führen könnten;

M.  in der Erwägung, dass die Schaf- und Ziegenhaltung, die am stärksten durch Angriffe durch Großraubtiere gefährdet ist, bereits seit mehreren Jahrzehnten aufgrund allgemeinerer sozioökonomischer Gründe wirtschaftlich unter Druck geraten ist; in der Erwägung, dass diese anfällige Branche durch extensive Beweidung einen ökologischen Mehrwert erbringen kann, indem sie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in offenen Landschaften in vielen Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen oder geringer Fruchtbarkeit, wie z. B. Almen, und zur Bekämpfung von Phänomenen wie Erosion und Waldbränden beiträgt;

N.  in der Erwägung, dass traditionelle Alm- und Weidesysteme aufgrund ökologischer, landwirtschaftlicher und sozioökonomischer Herausforderungen zunehmend aufgegeben werden;

O.  in der Erwägung, dass im Rahmen von LIFE-Projekten in einigen Regionen der EU vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Konflikten aufgrund der Koexistenz von Menschen und Großraubtieren als erfolgreiche Methoden zur Verringerung der Schäden durch Großraubtiere gemeldet wurden; in der Erwägung, dass die Wirksamkeit dieser Maßnahmen jedoch durch die geografischen Gegebenheiten und die Bedingungen vor Ort beeinträchtigt werden könnte; in der Erwägung, dass diese Maßnahmen zu einem Anstieg des Arbeitsaufwands und zu höheren Kosten für die Landwirte führen können, insbesondere in Regionen, in die Großraubtiere zurückkehren oder in die sie sich ausbreiten; in der Erwägung, dass vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Konflikten aufgrund der Koexistenz von Menschen und Großraubtieren kombiniert werden können, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen; in der Erwägung, dass die Entschädigungszahlungen, die auf nationaler Ebene geregelt sind, innerhalb der EU unterschiedlich sind und nicht immer eine vollständige Entschädigung für den erlittenen Schaden bieten;

P.  in der Erwägung, dass der Verlust und die Verletzung von Nutztieren aufgrund von Angriffen durch Großraubtiere nicht nur wirtschaftliche Schäden für Landwirte und Züchter verursacht, sondern auch erhebliche emotionale Folgen für die jeweiligen Eigentümer hat;

Q.  in der Erwägung, dass traditionelle Verfahren der Viehwirtschaft mit einem hohen Schutz der Tiere vor Raubtieren, wie der Einsatz von Schäfern und Herdenschutzhunden und die Unterbringung in Nachtunterkünften, um eine unmittelbare und kontinuierliche Überwachung des Weideviehs zu sicherzustellen, in Europa jahrhundertelang angewandt wurden, aber aufgrund der stark gesunkenen Zahl der Raubtierangriffe schrittweise aufgegeben worden sind; in der Erwägung, dass es sich in einigen Regionen aufgrund der Landnutzungsänderungen mit einem stärker multifunktionalen Ansatz in landwirtschaftlichen Gebieten, der zunehmenden Bedeutung des Tourismus und des derzeitigen sozioökonomischen Drucks, dem die Landwirtschaft in der EU ausgesetzt ist, mit einem deutlichen Rückgang der Zahl der Landwirte und unterdurchschnittlichen Löhnen, als schwierig erweisen könnte, auf diese alten Verfahren in großem Umfang zurückzugreifen; in der Erwägung, dass innovative Lösungen gefunden werden müssen, um die moderne Landwirtschaft an das Vorkommen von Wölfen zu gewöhnen;

R.  in der Erwägung, dass es einer konstruktiven Koexistenz von Großraubtieren und Viehzucht bedarf, wo sich der Erhaltungszustand von Großraubtieren weiter positiv entwickeln kann, während den Landwirten Instrumente und ausreichende Finanzmittel zur Verfügung gestellt würden, um Angriffe auf Nutztiere zu bekämpfen und zu verhindern; in der Erwägung, dass alle Bewirtschaftungsentscheidungen auf wissenschaftlichen und soliden Daten beruhen und ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Perspektiven Rechnung tragen sollten; in der Erwägung, dass weitere Gespräche zwischen Interessenträgern und Landwirten in Gebieten erforderlich sein werden, in denen Großraubtiere mehrere Jahrzehnte lang nicht mehr vorkamen, und dass weitere Anstrengungen im Hinblick auf den Austausch bewährter Verfahren erforderlich sein werden, um die Einführung von vorbeugenden Maßnahmen zu unterstützen und Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten; stellt fest, dass das zunehmende Vorkommen von Großraubtieren positive Auswirkungen auf das Funktionieren und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und ökologische Prozesse haben kann, was unter anderem zur Regulierung der Populationen wildlebender Huftiere beiträgt; betont ferner, dass insbesondere in Nationalparks das Vorkommen von Großraubtieren zum Erholungswert von Wäldern und zu einem stetig wachsenden Naturtourismus beiträgt;

S.  in der Erwägung, dass die Kommission im Oktober 2021 einen neuen Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie (Habitat-Richtlinie) herausgegeben hat, was auch Wölfe einschließt, mit dem die Mitgliedstaaten der EU dabei unterstützt werden sollen, die Umsetzung der Habitat-Richtlinie vor Ort zu verbessern und insbesondere für die vollständige, klare und genaue Umsetzung von Artikel 16 der Habitat-Richtlinie zu sorgen;

1.  nimmt die positiven Ergebnisse von Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Bezug auf die Wiederherstellung von Großraubtierarten in der EU zur Kenntnis sowie ihre Auswirkungen auf das Funktionieren und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der ökologischen Prozesse und die Viehzucht; betont, wie wichtig es ist, für eine ausgewogene Koexistenz von Mensch, Vieh und Großraubtieren zu sorgen, insbesondere in ländlichen Gebieten, und betont, dass anerkannt werden muss, dass Veränderungen in der Population bestimmter Arten zu einer Reihe ökologischer, landwirtschaftlicher und sozioökonomischer Herausforderungen führen können; erkennt an, dass Artikel 2 Absatz 3 der Habitat-Richtlinie bereits ein ausreichendes Maß an Flexibilität für den Umgang mit diesen Synergien und Kompromissen vorsieht und als zweckmäßig erachtet wird; stellt fest, dass diese Flexibilitätsregelungen weiter geprüft werden sollten;

2.  bedauert die Auswirkungen, die Angriffe von Großraubtieren auf das Wohlergehen der Tiere haben, darunter Verletzungen, Aborte, eine verminderte Fruchtbarkeit, der Verlust von Tieren oder ganzen Herden sowie der Tod von Schutzhunden, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zu verhindern, dass Nutztiere leiden und ihnen geschadet wird;

3.  fordert die Kommission auf, die Fortschritte bei der Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands für Arten auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin zu bewerten, um das Verbreitungsgebiet und die Größe der Großraubtiere, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die Natur und die biologische Vielfalt, ordnungsgemäß zu bewerten und zu überwachen; betont, dass der hohen grenzüberschreitenden Mobilität von Arten Rechnung getragen werden muss, da der Erhaltungszustand der verschiedenen Populationen derselben Art von Region zu Region unterschiedlich sein kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter zu intensivieren, und betont, dass die Überwachung durch eine harmonisierte Methodik koordiniert werden sollte, bei der gegebenenfalls transnationale Populationen und (bio-)geografische Regionen berücksichtigt werden; fordert die Kommission auf, Mittel für Studien zur biologischen Vielfalt bereitzustellen, zum Beispiel im Rahmen von Horizont Europa, anhand derer die Karten über die Verbreitung und Populationsdichte von Großraubtieren aktualisiert werden sollen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten geeignete Überwachungsmethoden für jede der verschiedenen Großraubtierarten Vielfalt anwenden, die die Zusammenstellung hochwertiger, vergleichbarer und standardisierter Daten für eine wirksame Bewertung der Populationszahlen ermöglichen;

4.  begrüßt, dass ein Änderungsvorschlag zur Herabstufung des Wolfes (Canis lupus) von Anhang II in Anhang III des Übereinkommens in die Tagesordnung der 42. Tagung des Ständigen Ausschusses des Berner Übereinkommens aufgenommen wurde; betont, dass der Erhaltungszustand des Wolfs auf gesamteuropäischer Ebene eine Herabstufung des Schutzstatus und folglich die Annahme der vorgeschlagenen Änderung rechtfertigt;

5.  erkennt an, dass die Angriffe von Großraubtieren in ganz Europa zunehmen, dass sie bereits menschliche Opfer gefordert haben und sich negativ auf die Viehzüchter ausgewirkt haben; betont, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten auch Informationen über Schäden aufgrund von Großraubtierangriffen sammeln und darüber Bericht erstatten; betont, dass eine gute Überwachung der Entwicklung des Schadensaufkommens für die Tierhalter eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Politik ist, wobei die Mitgliedstaaten jedoch unterschiedliche Erhebungs- und Überwachungsmethoden anwenden; unterstreicht die Bedeutung standardisierter Berichtsformate und betont, dass dies gleichermaßen für die Überwachung der Wirksamkeit der Programme zur Minderung von Schäden, einschließlich Entschädigung und Prävention, gelten sollte; fordert, dass die Ergebnisse der Überwachung und die verwendete Methodik zeitnah und transparent veröffentlicht werden; betont, dass die Kommission die Datenerhebung koordinieren und die Analysen durchführen sollte;

6.  betont, wie wichtig es ist, die Überwachung der Gesundheit wildlebender Tier- und Pflanzenarten zu verbessern, insbesondere in Bezug auf die Hybridisierung von Wolf und Hund, die frühzeitig proaktiv erkannt werden sollte; fordert eine standardisierte Strategie zur Erfassung von Wolfshybriden und einen transparenten Ansatz, auch durch einen allgemeinen grenzüberschreitenden Austausch von DNA-Proben von Wölfen zwischen Forschungseinrichtungen;

7.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Regionen, in denen es Konflikte gibt, die sich durch diese Koexistenz ergeben, bei der Klärung der Frage zu unterstützen, wie die in Artikel 16 Absatz 1 der Habitat-Richtlinie vorgesehene Flexibilität angemessen und verantwortungsvoll genutzt werden kann; nimmt Kenntnis von dem aktualisierten Leitfaden der Kommission zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie, der am 12. Oktober 2021 veröffentlicht wurde(8); betont, dass es in der Verantwortung der Kommission liegt, die bestehenden Leitlinien zu präzisieren und ihre Leitlinien gegebenenfalls auch zur Auslegung der Artikel 12 und 16 auf dem neuesten Stand zu halten, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die bestehenden Leitlinien besser zu nutzen und wirksam zu handeln, um Schäden, die von Großraubtieren verursacht werden, unter Berücksichtigung grenzüberschreitender Populationen zu verhindern, zu mindern und auszugleichen und einen wirksamen rechtlichen und institutionellen Rahmen zu schaffen, um Landwirte und Züchter dabei zu unterstützen, diese Koexistenz zu ermöglichen;

8.  fordert die Kommission auf, die wissenschaftlichen Daten regelmäßig auszuwerten, damit der Schutzstatus von Arten geändert werden kann, sobald der gewünschte Erhaltungszustand gemäß Artikel 19 der Habitat-Richtlinie erreicht ist;

9.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Möglichkeiten für verschiedene Interessenträger, einschließlich ländlicher Akteure, zu organisieren, um die Auswirkungen von Großraubtieren zu erörtern; fordert sie nachdrücklich auf, Informationen über praktische Lösungen und Finanzierungsmöglichkeiten für Präventivmaßnahmen gegen Angriffe auf Nutztiere bereitzustellen und eine klare Sensibilisierungskampagne durchzuführen; betont, wie wichtig es ist, Plattformen zu entwickeln für Interessenträger, die sich mit der Koexistenz mit Großraubtieren auf EU-, nationaler und lokaler Ebene befassen, wie die EU-Plattform für die Koexistenz von Menschen und Großraubtieren, und den Dialog, den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit bei der Bewältigung von Konflikten zwischen Menschen und geschützten Arten zu fördern; fordert die Kommission auf, die Entwicklung koordinierter Ansätze in allen Mitgliedstaaten zu unterstützen;

10.  fordert die Kommission auf, über die Auswirkungen der Präsenz von Großraubtieren in Europa auf die Lebensfähigkeit der Viehzucht, die biologische Vielfalt, die ländliche Bevölkerung und den ländlichen Tourismus, einschließlich des Generationenwechsels in der Landwirtschaft, im Zusammenhang mit den sozioökonomischen Faktoren, die sich auf die Lebensfähigkeit der Viehzucht auswirken, Bericht zu erstatten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Auswirkungen zu bewerten, die Angriffe von Großraubtieren auf das Wohlergehen der Tiere sowie auf das Wohlergehen, das Einkommen und die höheren Arbeits- und Materialkosten der Landwirte haben, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob Präventivmaßnahmen umgesetzt wurden und wie wirksam sie waren;

11.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine solide und umfassende Bewertung aller relevanten Bedrohungen und Belastungen für jede Großraubtierart und ihre Lebensräume auf europäischer Ebene und in jedem Mitgliedstaat zu entwickeln, sei es durch natürliche Ursachen oder durch von den Menschen verursachte Faktoren; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, auch vorrangige Korridore für Großraubtiere zu kartieren und die wichtigsten ökologischen Korridore, Ermittlung von Ausbreitungshindernissen, Straßenabschnitten mit hoher Sterblichkeit und anderen wichtigen Landschaftsmerkmalen im Zusammenhang mit der verstreuten Verbreitung von Großraubtieren zu ermitteln, um eine Zersplitterung des Lebensraums zu vermeiden;

12.  betont, dass Viehzuchtbetriebe in Berggebieten, insbesondere im Alpenraum, besonders anfällig für zunehmende Schäden durch Großraubtiere sind; weist darauf hin, dass die Betriebe in diesen Gebieten oft klein und mit hohen Mehrkosten verbunden sind, dass sie jedoch geschützt und gefördert werden sollten, da sie zum Schutz der Berglandschaft und zum Schutz der biologischen Vielfalt in unwirtlichen Gebieten beitragen; weist darauf hin, dass Ökosysteme wie artenreiches Nardusgrassland auf kieselhaltigen Substraten in Berggebieten sowie alpine und subalpine Kalkrasen gemäß der Habitat-Richtlinie besonders erhaltenswert sind; stellt fest, dass diese Lebensräume in Anwesenheit wilder Raubtiere geschaffen wurden, und weist darauf hin, dass ein wesentlicher Faktor für die Erhaltung dieser Gebiete die extensive Beweidung ist, z. B. durch Rinder und Pferde oder durch von Schäfer überwachte Herden; fordert die Kommission auf, traditionelle landwirtschaftliche Verfahren wie die Weidewirtschaft, die beaufsichtigte Beweidung, die von der UNESCO anerkannte Wandertierhaltung und die Lebensweise der Weidelandwirte durch konkrete Lösungen zu schützen und zu erhalten; stellt fest, dass einige dieser Verfahren von der vorgeschlagenen Liste potenzieller landwirtschaftlicher Verfahren erfasst werden können, die im Rahmen von Öko-Regelungen finanziert werden;

13.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, anzuerkennen, dass die derzeit verfügbaren Präventivmaßnahmen, einschließlich Zäunen und Schutzhunden, die in einigen Regionen der EU erfolgreich sind, zusätzliche finanzielle und arbeitsbedingte Belastungen für die Landwirte mit sich bringen können, nicht immer durch EU- oder nationale Mittel unterstützt werden und je nach den örtlichen Gegebenheiten ein unterschiedliches Maß an Effizienz und Wirksamkeit aufweisen (9)(10); betont in diesem Zusammenhang, dass die finanzielle Unterstützung für Präventivmaßnahmen mit beratender Unterstützung einhergehen sollte, um deren umfassende und rechtzeitige Umsetzung sicherzustellen; hebt hervor, dass die Beschaffenheit des Geländes, die geografischen Gegebenheiten, die bisherige Koexistenz mit Großraubtieren und andere vorherrschende Faktoren wie der Tourismus, der für die betreffenden Gebiete oft von entscheidender Bedeutung ist, bei der Umsetzung von Präventivmaßnahmen und der Erwägung von Ausnahmeregelungen berücksichtigt werden müssen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einzuräumen, dass auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse proaktiv Strategien zur Schadensbegrenzung im Einklang mit der Habitat-Richtlinie entwickelt und angewandt werden müssen, wenn die Populationen von Großraubtieren zunehmen;

14.  fordert die Kommission auf, die Fortschritte bei der Verwirklichung eines bestimmten Erhaltungszustands von Arten auf Ebene biogeografischer Regionen und/oder EU-weiter Populationen regelmäßig zu überprüfen, und beharrt darauf, dass die Kommission entsprechend Artikel 19 der Habitat-Richtlinie unverzüglich ein Überprüfungsverfahren entwickelt, damit der Schutzstatus von Populationen in bestimmten Regionen geändert werden kann, sobald der gewünschte Erhaltungszustand erreicht ist;

15.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die besten Präventivmaßnahmen zur Verringerung von Angriffen und Schäden durch Großraubtiere wissenschaftlich zu ermitteln und zu unterstützen, wobei die regionalen und lokalen Besonderheiten der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind, und die Landwirte bei der Beantragung dieser Präventivmaßnahmen zu unterstützen, um erfolgreiche Ansätze zu multiplizieren und zu verbreiten; fordert ferner, dass sie wirksam in Beratungs- und Auskunftsdienste einbezogen werden; fordert eine Aufstockung der LIFE-Mittel für Projekte, die darauf abzielen, die Koexistenz mit Großraubtieren zu erreichen und gleichzeitig die Mittel für den Artenschutz aufrechtzuerhalten; fordert, dass kleinen Projekten Vorrang eingeräumt wird, die auf den Austausch und die Entwicklung bewährter Verfahren für die Koexistenz mit großen Raubtieren abzielen, und fordert die Kommission auf, geeignete Anforderungen für die Messung und Berichterstattung über die Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen festzulegen, die in von der EU finanzierten Projekten, wie etwa im Rahmen des LIFE-Programms, untersucht wurden, wobei objektiven und quantitativen Bewertungsmethoden Vorrang einzuräumen ist;

16.  fordert die Mitgliedstaaten auf, umfassende Artenaktionspläne oder Erhaltungs- und/oder Bewirtschaftungspläne zu erstellen und umzusetzen, sofern noch keine vorhanden sind, wobei die menschliche Dichte, Landschaftsstrukturen, Viehzucht, der Erhaltungszustand, andere relevante menschliche Tätigkeiten und wild lebende Huftiere zu berücksichtigen sind;

17.  betont, dass die Populationen von Großraubtieren regelmäßig überwacht werden müssen, um Erhaltungsmaßnahmen strategisch zu planen, Präventivmaßnahmen zur Verringerung von Konflikten anzuwenden und die Ergebnisse aller Maßnahmen zu bewerten; weist darauf hin, dass die Überwachung auf einer soliden Methodik beruhen, die Beteiligung verschiedener Interessenträger fördern und erleichtern sollte und dass ihre Ergebnisse regelmäßig der Gesellschaft und den wichtigsten Interessengruppen mitgeteilt werden sollten;

18.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, angemessene und langfristige Finanzierungsmöglichkeiten für geeignete Präventivmaßnahmen und eine angemessene Entschädigung der Landwirte zu ermitteln, und zwar nicht nur für Verluste und Kosten, die ihnen infolge der Angriffe durch Großraubtiere entstehen, sondern auch für die ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen, um die Koexistenz von Großraubtieren und nachhaltigen Tierhaltungsmethoden sicherzustellen; betont, dass Entschädigungsregelungen, die so konzipiert sind, dass die Viehzucht und das Vorkommen von Großraubtieren keinen Gewinnausfall für die Landwirte zur Folge haben, direkte und indirekte Kosten im Zusammenhang mit Raubtierangriffen decken und im Sinne größtmöglicher Effizienz mit Präventivmaßnahmen einhergehen sollten; hebt hervor, dass sämtliche Verluste von Nutztieren, die durch Großraubtiere, einschließlich Wolfshybriden, verursacht werden, angemessen und umfassend ausgeglichen werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten und die Regionen auf, den Zugang zu finanziellen Entschädigungen zu verbessern; fordert die Kommission auf, anzuerkennen, dass die steigende Zahl der Angriffe von Großraubtieren dazu führt, dass auch die Mittel für den Schutz von Haustieren und die Auszahlung von Entschädigungen zunehmen; bedauert, dass sich die Höhe der Entschädigungen, die Tierhaltern nach einem Angriff gezahlt werden, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterscheiden; fordert die Kommission auf, eine Änderung ihrer Agrarleitlinien in Erwägung zu ziehen, um den Ausgleich von Schäden durch große Raubtiere als staatliche Beihilfe zu erleichtern;

19.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.

(1) ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.
(2) ABl. C 356 vom 4.10.2018, S. 38.
(3) ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7.
(4) ABl. L 38 vom 10.2.1982, S. 3.
(5) Rote Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion, „Canis lupus (Wolf)“, abgerufen am 23. November 2022.
(6) Sachverständigengruppe „Initiative für die großen Fleischfresser Europas“ der Species Survival Commission der Weltnaturschutzunion für den Ständigen Ausschusses des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, „Assessment of the Conservation status of the Wolf (Canis lupus) in Europe“, 2. September 2022.
(7) https://rm.coe.int/inf45e-2022-wolf-assessment-bern-convention-2791-5979-4182-1-2/1680a7fa47 Ebenda, S. 2.
(8) Mitteilung der Kommission vom 12. Oktober 2021 mit dem Titel „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie“ (C(2021)7301).
(9) Cortés, Y. u. a., „A decade of use of damage prevention measures in Spain and Portugal“, Carnivore Damage Prevention News, 2020.
(10) Oliveira, T. u. a., „The contribution of the LIFE program to mitigating damages caused by large carnivores in Europe“, Global Ecology and Conservation, Bd. 31, 2021.


Europäisches Jahr der Jugend 2022 – Vermächtnis
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu dem Thema „Europäisches Jahr der Jugend 2022 – Vermächtnis“ (2022/2953(RSP))
P9_TA(2022)0424B9-0512/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf Artikel 165 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)(1),

–  unter Hinweis auf Artikel 165 Absatz 4 und Artikel 166 Absatz 4 AEUV,

–  unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2021/2316 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Dezember 2021 über ein Europäisches Jahr der Jugend (2022)(2),

–  unter Hinweis auf den Bratislava-Fahrplan vom 16. September 2016,

–  unter Hinweis auf die Erklärung von Rom vom 25. März 2017,

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte vom 4. März 2021,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Europarates CM/Res(2017)4 vom 31. Mai 2017 zu Jugendarbeit,

–  unter Hinweis auf die Jugendbereich-Strategie 2030 des Europarates vom 23. Januar 2020,

–  unter Hinweis auf die Revidierte Europäische Charta der Beteiligung der Jugend am Leben der Gemeinde und der Region des Europarates,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2019)4 des Europarates über die Unterstützung junger Flüchtlinge beim Übergang ins Erwachsenenalter,

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Rates der Europäischen Union und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zu einem Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa: die EU-Jugendstrategie 2019-2027(3),

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan der Kommission für den europäischen Bildungsraum vom 30. September 2020,

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan der Kommission für digitale Bildung (2021-2027),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zur Gestaltung der Politik im Bereich digitale Bildung(4),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 7. Dezember 2017 zur smarten Jugendarbeit(5),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 5. Juni 2019 zum Thema Junge Menschen und die Zukunft der Arbeit(6),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 3. Oktober 2019 zur digitalen Jugendarbeit(7),

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zu dem Rahmen für die Festlegung einer Europäischen Jugendarbeitsagenda(8) und ihre Umsetzung im Rahmen des sogenannten Bonn-Prozesses,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 zu der Jugendgarantie(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zu einem starken sozialen Europa für gerechte Übergänge(10),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2021 zu den Auswirkungen von COVID-19 auf junge Menschen und Sport(11),

–  unter Hinweis auf die Rede der Präsidentin der Kommission zur Lage der Union vom 15. September 2021,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten(12),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum EU-Jugendtest,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Konferenz zur Zukunft Europas in Bezug auf Bildung und Jugend,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Europäische Jahr der Jugend von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union vom 15. September 2021 angekündigt wurde, in der sie die Bedeutung der jungen Europäer für den Aufbau einer besseren – umweltverträglicheren, integrativeren, nachhaltigen und digitalen – Zukunft hervorhob und betonte, dass ihnen mehr und bessere Möglichkeiten geboten werden müssen, indem dafür gesorgt wird, dass sie mit ihren Anliegen Gehör finden, und indem sie nach der COVID-19-Pandemie ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden;

B.  in der Erwägung, dass das Europäische Jahr der Jugend konzipiert wurde, um die vier allgemeinen Ziele zu erreichen, nämlich die positiven Perspektiven für junge Menschen zu erneuern und ihnen dabei zu helfen, die Auswirkungen der Pandemie auf ihr Leben zu überwinden, sie zu unterstützten und zu befähigen, aktive und engagierte Bürger zu werden, die jungen Generationen besser über die Möglichkeiten zu informieren, die ihnen die Politik auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene bietet, und die Jugendpolitik in allen relevanten Politikbereichen der Union durchgängig zu berücksichtigen;

C.  in der Erwägung, dass diese Ziele auf einer Reihe bereits bestehender politischer Initiativen der EU aufbauen, von der Europäischen Jugendgarantie bis hin zur EU-Jugendstrategie und ihrem EU-Jugenddialog, der Europäischen Jugendarbeitsagenda, den Perspektiven für einen europäischen Bildungsraum und anderem mehr; in der Erwägung, dass in diesen Politikbereichen unbedingt erforderliche und dringende Ziele ermittelt wurden, um die Lebens-, Lern- und Arbeitsbedingungen für alle jungen Menschen wirksam zu verbessern, ihre Umsetzung jedoch nach wie vor weitgehend fragmentiert und unvollständig ist; in der Erwägung, dass das Europäische Jahr der Jugend deshalb als Katalysator für die vollständige Umsetzung dieser politischen Maßnahmen durch einen koordinierten Ansatz, eine solide Methodik und ein solides Verfahren dienen und jungen Menschen mehr und bessere Möglichkeiten zur Teilhabe als Träger des Wandels in der Gesellschaft bieten soll;

D.  in der Erwägung, dass die gängigste Erwartung junger Menschen an das Europäische Jahr der Jugend in Bezug auf die Demokratie darin besteht, dass die Entscheidungsträger stärker auf ihre Forderungen eingehen und besser darauf reagieren (72 %) und dass sie die persönliche, soziale und berufliche Entwicklung der jungen Menschen unterstützen (71 %)(13);

E.  in der Erwägung, dass Jugendorganisationen zu den wichtigsten Instrumenten für die Teilhabe junger Menschen am öffentlichen Leben und für den Zugang zu Entwicklungsmöglichkeiten durch Mobilität und nichtformale und informelle Lernangebote gehören; in der Erwägung, dass der zivilgesellschaftliche Raum für viele Jugendorganisationen in mehreren EU-Mitgliedstaaten immer kleiner wird(14);

F.  in der Erwägung, dass zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb von ihnen nach wie vor Unterschiede bestehen, die sich häufig negativ auf junge Menschen mit geringeren Chancen aus ländlichen oder abgelegenen Gebieten und aus allen Arten von Minderheiten auswirken, was Bildungs-, Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten angeht; in der Erwägung, dass sich zu viele junge Menschen in Europa unter prekären Lebensbedingungen leiden und großen finanziellen Risiken ausgesetzt sind, wenn sie ein Studium absolvieren und die Fähigkeiten und Erfahrungen erwerben wollen, die sie benötigen, um gut ins Arbeitsleben zu starten;

G.  in der Erwägung, dass junge Menschen am stärksten von den wirtschaftlichen, psychologischen und sozialen Nebenwirkungen der COVID-19-Pandemie und den wirtschaftlichen und politischen Spannungen betroffen sind, die durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verursacht wurden, einschließlich steigender Rechnungen infolge der verheerenden Energiekrise und der düsteren Aussichten angesichts der zunehmenden Umweltzerstörung, wodurch ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden gefährdet wird;

H.  in der Erwägung, dass die bestehenden Instrumente und Ressourcen für junge Menschen und ihre Einbeziehung in die Politikgestaltung häufig nicht für alle verfügbar und sichtbar sind und dass infolgedessen viele junge Menschen und von jungen Menschen geleitete Organisationen sie nicht kennen oder von den Entscheidungsträgern nicht ausreichend konsultiert oder nicht hinreichend in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden;

I.  in der Erwägung, dass der Erfolg des Europäischen Jahres der Jugend in diesem Zusammenhang anhand der Zahl der organisierten Veranstaltungen oder der Teilnahme an ihnen gemessen werden sollte, sondern auch anhand der Mechanismen und Maßnahmen, die eingeleitet oder vorangetrieben wurden, um die Stellung und die Rolle junger Menschen in der Gesellschaft positiv zu beeinflussen;

J.  in der Erwägung, dass die übereilte Annahme des Beschlusses die EU-Organe und die Interessenträger vor große Schwierigkeiten gestellt hat, als es galt, das Europäische Jahr der Jugend angemessen und mit dem Ziel vorzubereiten, die gesetzten Zielvorgaben zu erreichen; in der Erwägung, dass dies umso bedauerlicher ist, als es dringend notwendig ist, das Leben junger Menschen in Europa zu verbessern; in der Erwägung, dass die verfügbare Zeit unter diesen Umständen nicht ausreichte, um ein sinnvolles und wirkungsvolles Europäisches Jahr der Jugend zu organisieren; in der Erwägung, dass aus diesen Erfahrungen für künftige Europäische Jahre der Jugend Lehren gezogen werden sollten;

K.  in der Erwägung, dass sich das Europäische Jahr der Jugend bereits dem Ende zuneigt und Vorbereitungen laufen, um seine dauerhafte Wirkung sicherzustellen;

Bedingungen für die Einrichtung und Durchführung Europäischer Jahre der Jugend

1.  begrüßt das Europäische Jahr der Jugend 2022 als Zeichen des starken Engagements der EU für die jungen und künftigen Generationen; betont, dass junge Menschen während der COVID-19-Pandemie am stärksten von den Hygienemaßnahmen betroffen waren, die ihren Zugang zum sozialen und kulturellen Leben beeinträchtigten und ihren Zugang zu Bildung erschwerten;

2.  bedauert zutiefst die Bedingungen, unter denen das Europäische Jahr der Jugend anlief, insbesondere die knappe Frist für die Annahme des Regelwerks, wodurch sich die Umsetzung und Finanzierung vieler Projekte verzögert hat; bedauert ferner, dass sich das auf die Bekanntmachung des Europäischen Jahres der Jugend in den Mitgliedstaaten sowie bei Jugendorganisationen und unter jungen Menschen selbst negativ ausgewirkt hat; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, das Jahr unbeschadet des Beginns des Europäischen Jahres der Kompetenzen bis zum nächsten Europatag am 9. Mai 2023 zu verlängern;

3.  bedauert, dass Entscheidungen über künftige Europäische Jahre der Jugend nach wie vor Gegenstand verspäteter Ankündigungen sein können, und fordert die Kommission auf, die einschlägigen Institutionen und die betroffene Zivilgesellschaft rechtzeitig vor Beginn eines jeden künftigen Europäischen Jahres der Jugend umfassend einzubeziehen, um die Wirkung ihrer Tätigkeit zu maximieren; betont, dass die Ankündigung von Europäischen Jahren der Jugend nur wenige Monate vor ihrem geplanten Beginn nicht zu einer neuen Norm werden kann, da dies die Wirksamkeit des gesamten Projekts untergräbt; fordert die Kommission auf, künftig dafür zu sorgen, dass die Europäischen Jahre der Jugend rechtzeitig für alle Interessenträger vorbereitet werden können;

4.  begrüßt die interinstitutionelle Abschlusskonferenz zum Europäischen Jahr der Jugend mit dem Titel „Claim the Future“ am 6. Dezember 2022; begrüßt ferner, dass die Inhalte von jungen Menschen vorgeschlagen wurden, die auch an der Organisation beteiligt waren; nimmt zur Kenntnis, dass sich die ausgewählten Themen auf ein integratives Europa durch Bildung, ein digitales Europa durch Bildung, Wohlergehen in Europa durch breite Aufmerksamkeit für die psychische Gesundheit und Wohlergehen in Europa durch zugängliche Versorgung im Bereich der psychischen Gesundheit konzentrieren; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, diese Themen und die anstehenden Schlussfolgerungen in das Vermächtnis des Europäischen Jahres aufzunehmen und zu berücksichtigen;

5.  fordert die Kommission auf, eine Mitteilung vorzuschlagen, in der die Folgemaßnahmen zum Europäischen Jahr der Jugend dargelegt werden, um dessen vier Ziele zu erreichen, neue Initiativen zu unterstützen und deren Entwicklung zu ermöglichen, die EU-Jugendpolitik in allen Politikbereichen vollständig und durchgängig zu berücksichtigen, eine Bewertung des konkreten Beitrags des Europäischen Jahres der Jugend zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie 2019-2027 und der EU-Jugendarbeitsagenda vorzunehmen und dem Parlament darüber Bericht zu erstatten;

6.  betont, dass ein greifbares und konkretes Vermächtnis einerseits in der Umsetzung einer Methodik für die Einbeziehung und Anhörung junger Menschen in der gesamten EU und andererseits in der Umsetzung neuer politischer Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene bestehen sollte, die sich unmittelbar aus den Ergebnissen des Jahres ergeben;

7.  begrüßt die finanziellen Beiträge und die Initiativen der verschiedenen Generaldirektionen der Kommission; weist jedoch darauf hin, dass einige der beschriebenen Aktivitäten in jedem Fall stattgefunden hätten oder nur wenig mit den Zielen des Europäischen Jahres der Jugend zu tun hatten; fordert die Kommission auf, klarzustellen, welche Projekte im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend neu initiiert wurden und welche bereits bestanden und für die Zwecke des Europäischen Jahres lediglich eine neue Bezeichnung erhalten haben; besteht darauf, ein klares Bild von der genauen Finanzierung des Europäischen Jahres durch die Kommission und die Mitgliedstaaten zu erhalten;

Sicherstellung eines sinnvollen Engagements junger Menschen und ihrer Einbeziehung in Politikgestaltung und Entscheidungsfindung

8.  hebt hervor, dass ein Drittel der Teilnehmer der Bürgerkonferenz der Konferenz zur Zukunft Europas junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren waren; unterstützt die vom Plenum der Konferenz zur Zukunft Europas am 9. Mai 2022 unterbreiteten Vorschläge, insbesondere diejenigen, in denen direkt oder indirekt die Förderung von schwerpunktmäßig jugendbezogenen Maßnahmen gefordert wurde;

9.  fordert die Kommission auf, einen vollwertigen „EU-Jugendtest“ anzunehmen, um eine sinnvolles Engagement sowie die Beteiligung und den Einsatz junger Menschen bei der Vorbereitung sämtlicher politischer Maßnahmen der Union sicherzustellen und eine systematische Folgenabschätzung der diesbezüglichen Vorschläge durchzuführen, um sicherzustellen, dass sie die Bedürfnisse junger Menschen fördern und widerspiegeln, und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn sie negative Auswirkungen haben; ist der Ansicht, dass ein solcher Prozess von wesentlicher Bedeutung ist, wenn es gilt, die Meinungen junger Menschen zu berücksichtigen, die positiven Auswirkungen der EU-Politik auf sie zu verbessern und diese für sie deutlich sichtbar zu machen, da die nächste Generation unmittelbar von der heutigen Politikgestaltung betroffen ist; betont, dass der EU-Jugendtest nicht nur eine bürokratische Checkliste werden darf, sondern die Menschen ganzheitlich einbeziehen sollte, um sein Ziel zu erreichen; ist der Ansicht, dass die Ergebnisse des Tests in bereits bestehende Prozesse wie den EU-Jugenddialog einfließen und mit diesen verknüpft werden sollten;

10.  schlägt vor, im Anschluss an das Europäische Jahr einen regelmäßigen strukturierten Dialog mit jungen Menschen in seinem Ausschuss für Kultur und Bildung zu führen, um eine demokratische Plattform für die offene und integrative Beteiligung junger Menschen am politischen Entscheidungsprozess auf EU-Ebene zu schaffen;

11.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut auf, Module zur Welt- und Unionsbürgerschaft zu entwickeln und in die nationalen Lehrpläne und Lernmobilitätserfahrungen zu integrieren, um zu einer aktiveren und partizipativeren Bürgerschaft und einem politischen System beizutragen, das die Jugend stärker einbezieht, und Rassismus in all seinen Formen, Diskriminierung und geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen, mit dem Ziel, Vorurteile zu entkräften und integrative Gesellschaften ohne strukturellen Rassismus aufzubauen, die Toleranz, Vielfalt und Geschlechtergleichheit fördern; fordert die Kommission auf, Lehrkräften die notwendigen Instrumente und Möglichkeiten zu bieten, sich aktiv an der Schaffung eines gemeinsamen EU-Rahmens für politische Bildung zu beteiligen, beispielsweise durch Lehrakademien im Rahmen von Erasmus+ oder die Jean-Monnet-Lehrkräfteausbildung;

12.  sieht ein großes Potenzial in dezentralen Veranstaltungen, um jungen Menschen die Union näher zu bringen, und schlägt vor, ein jährliches EU-Kultur- und Ideenfestival zu veranstalten, das lokale Debatten und kulturelle Aktivitäten zu allen von jungen Menschen rund um das symbolische Datum des 9. Mai ausgewählten aktuellen Themen fördert;

Verstärkung von Maßnahmen zur Förderung des Wohlergehens junger Menschen

13.  betont den Zusammenhang zwischen dem Wohlergehen junger Menschen und den Lern- und Arbeitsmöglichkeiten und -kapazitäten sowie dem Lebensstandard, die ihnen in ihrem Wohnsitzland zur Verfügung stehen; stellt mit Besorgnis fest, dass junge Menschen unter zunehmenden Ängsten und psychischen Belastungen leiden, die unter anderem durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, die gestiegenen Lebenshaltungskosten und Energiearmut und den Klimanotstand verursacht werden;

14.  bekräftigt seine Forderung an die Kommission und die Mitgliedstaaten, einen europäischen Plan für den Schutz der psychischen Gesundheit in der allgemeinen und beruflichen Bildung, einschließlich des informellen und nichtformalen Lernens, auszuarbeiten, um das Wohlergehen der jüngeren Generation in der Union in all seinen Formen sicherzustellen; betont, wie wichtig es ist, Lernende, Lehrkräfte und Erzieher als Teil des Bildungssystems regelmäßig psychologisch zu betreuen; spricht sich für eine Intensivierung der Verbindungen zwischen Bildungseinrichtungen und Kultur-, Jugend- und Sportorganisationen sowie Netzwerken psychologischer Berater aus, um außerschulische Aktivitäten anzubieten und so das soziale Engagement junger Menschen zu verstärken;

15.  ist besorgt über die schwerwiegenden Auswirkungen der Inflation, der steigenden Preise für Wohn- und Versorgungsleistungen und des Mangels an Wohnraum in einigen Zielländern auf die Mobilität junger Menschen, wodurch insbesondere Menschen mit geringeren Chancen benachteiligt werden; betont, wie wichtig es ist, dafür zu sorgen, dass im Rahmen der EU-Programme junge Menschen und von jungen Menschen geleitete Organisationen ausreichend finanziell unterstützt werden, damit sie Mobilitätserfahrungen machen können, sei es zu Lern-, Ausbildungs- oder Solidaritätszwecken; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die Höhe der finanziellen Unterstützung, die jungen Menschen für Mobilitätserfahrungen gewährt wird, sorgfältig anzupassen, um die sozial inklusive Dimension der EU-Programme sicherzustellen;

Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse bei jungen Menschen und Sicherstellung eines guten Einstiegs ins Arbeitsleben

16.  fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, die Garantie für Kinder umzusetzen, um sicherzustellen, dass jedes bedürftige Kind Zugang zu kostenloser und wirksamer frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, zu hochwertiger Bildung einschließlich schulischer Aktivitäten, zur Gesundheitsversorgung und zu einem wirksamen Zugang zu gesunder Ernährung und angemessenem Wohnraum hat; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, die verstärkte Jugendgarantie umzusetzen und dafür zu sorgen, dass jeder junge Mensch ein hochwertiges Angebot für eine Beschäftigung, eine Weiterbildung, eine Lehrstelle und ein Praktikum erhält, das seinem Bedarf entspricht; begrüßt die diesbezüglichen Maßnahmen der Kommission zur Erleichterung des Austauschs bewährter Verfahren und der Koordinierung der nationalen Aktionspläne und fordert sie auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, bis die Ziele vollständig erreicht sind;

17.  betont die wesentliche Rolle der Jugendarbeit bei der Bewältigung der Herausforderungen, mit denen junge Menschen konfrontiert sind, insbesondere in Bezug auf ihren Beitrag zur persönlichen Entwicklung, zum Wohlbefinden und zur Selbstverwirklichung; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Wert der Jugendarbeit besser anzuerkennen und die Strukturen der Jugendarbeit nachhaltig wiederherzustellen und zu stärken, wo immer dies erforderlich ist;

18.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen gemeinsamen Rechtsrahmen vorzuschlagen, mit dem eine gerechte Vergütung für Praktika und Ausbildungsplätze sichergestellt wird; besteht darauf, dass allen Praktikanten menschenwürdige Arbeitsbedingungen und eine faire Vergütung garantiert werden sollten, um ausbeuterische Praktiken entgegenzuwirken;

19.  betont, dass der Übergang von der Schule ins Berufsleben in hohem Maße von der Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse, Qualifikationen oder Lernzeiten junger Menschen abhängt; bedauert, dass in diesem Bereich nach wie vor Hindernisse bestehen, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Anerkennung automatisch zu gestalten und dabei insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, neben der formalen Bildung in der gesamten Union und außerhalb von ihr auch die Kompetenzen und Fähigkeiten zu validieren und anzuerkennen, die durch nichtformale und informelle Lernerfahrungen und Jugendarbeit in der gesamten Union und außerhalb von ihr erworben wurden; weist erneut darauf hin, dass dadurch das Recht auf eine hochwertige Hochschulbildung nicht untergraben werden sollte;

Bildungsinvestitionen in die nächste Generation

20.  betont, dass Investitionen in Lernangebote für junge Menschen nicht nur direkte Auswirkungen auf ihr künftiges Leben als Individuum haben, sondern auch auf die positive Wirtschaftsentwicklung und den Zusammenhalt der Gesellschaft insgesamt; betont, dass die Herausforderungen angegangen werden müssen, mit denen junge Menschen, die diskriminiert werden oder weniger Chancen haben, beim Zugang zu verschiedenen Ebenen formaler, informeller und nichtformaler Bildungsrahmen konfrontiert sind, darunter junge Frauen, junge Mitglieder der LGBTIQ+-Gemeinschaften, junge Migranten, junge Asylsuchende und Flüchtlinge sowie Lernende mit Behinderungen und Beeinträchtigungen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, die öffentlichen Ausgaben für Bildung, einschließlich digitaler Bildung, Berufsbildung, Weiterbildung und Umschulung, erheblich aufzustocken; fordert die Kommission auf, gemeinsame Indikatoren zu fördern, um die Auswirkungen von Investitionen, einschließlich NextGenerationEU, und Reformen zur Förderung spezieller Jugend- und Bildungsmaßnahmen zu bewerten;

21.  fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, den europäischen Bildungsraum bis 2025 vollständig umzusetzen; begrüßt daher die in einigen Mitgliedstaaten bereits erzielten Fortschritte; fordert die Mitgliedstaaten auf, die angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um ihre digitale Infrastruktur, Konnektivität und Lehrpläne zu stärken, Lehrkräfte und Erzieher angemessen zu schulen und Leitlinien zur Förderung der digitalen Kompetenz bereitzustellen, um neue Lehrmethoden zu fördern und junge Menschen in die Lage zu versetzen, wirksam auf Informationen zuzugreifen, Desinformation zu bekämpfen und gegen Online-Gewalt wie Aufstachelung zu Hass, Rassismus, sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet, geschlechtsspezifische Gewalt, Cybermobbing und Ghosting vorzugehen; weist erneut auf das bestehende geschlechtsspezifische Bildungsgefälle in den Bereichen Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften, Kunst und Technologie (MINKT) und die Notwendigkeit von Korrekturmaßnahmen hin, um diese Lücke zu schließen; sieht der Halbzeitüberprüfung des Aktionsplans für digitale Bildung (2012-2027) durch die Kommission erwartungsvoll entgegen;

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22.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 47.
(2) ABl. L 462 vom 28.12.2021, S. 1.
(3) ABl. C 456 vom 18.12.2018, S. 1.
(4) ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 2.
(5) ABl. C 418 vom 7.12.2017, S. 2.
(6) ABl. C 189 vom 5.6.2019, S. 28.
(7) ABl. C 414 vom 10.12.2019, S. 2.
(8) ABl. C 415 vom 1.12.2020, S. 1.
(9) ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 101.
(10) ABl. C 445 vom 29.10.2021, S. 75.
(11) ABl. C 465 vom 17.11.2021, S. 82.
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2022)0359.
(13) Eurobarometer 2022 zum Europäischen Jahr der Jugend der Jugend, veröffentlicht am 6. Mai 2022.
(14)Shrinking space for civil society: its impact on young people and their organisations (Der Raum für die Zivilgesellschaft schrumpft: Die Auswirkungen auf junge Menschen und ihre Organisationen) Resolution on Combating shrinking space with expanding opportunities for youth organisations, national youth councils and international non-governmental youth organisations (Entschließung zum Kampf gegen die Einengung des Handlungsspielraums und für die Erweiterung der Möglichkeiten von Jugendorganisationen, nationalen Jugendräten und internationalen nichtstaatlichen Jugendorganisationen) Voicify: Part of Europe (Voicify: Teil Europas)


Verbesserung der EU-Vorschriften für wild lebende und exotische Tiere, die in der Europäischen Union als Haustiere gehalten werden, durch eine Positivliste der EU
PDF 144kWORD 52k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Verbesserung der EU-Vorschriften für wild lebende und exotische Tiere, die in der Europäischen Union als Haustiere gehalten werden, durch eine Positivliste der EU (2022/2809(RSP))
P9_TA(2022)0425B9-0489/2022

Europäisches Parlament,

–  unter Hinweis auf die Petitionen Nr. 0697/2020, Nr. 0744/2020 und Nr. 0786/2020,

–  unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 114, 191 und 192,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES),

–  unter Hinweis auf den Gesundheitskodex für Landtiere und den Gesundheitskodex für Wassertiere der als Internationales Tierseuchenamt (OIE) gegründeten Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH),

–  unter Hinweis auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren und die Entschließung des Europarates zur Haltung wild lebender Tiere als Haustiere,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2021 zu dem Thema „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2020 zum Schutz des EU-Binnenmarkts und der Verbraucherrechte vor den negativen Auswirkungen des illegalen Handels mit Heimtieren(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. September 2016 zu den strategischen Zielen der Europäischen Union für die 17. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) vom 24. September bis 5. Oktober 2016 in Johannesburg (Südafrika)(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. November 2016 zu dem EU‑Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 – Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. Februar 2016 mit dem Titel „Aktionsplan der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels“ (COM(2016)0087) und die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2016 zum Aktionsplan der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels(5) und auf die Verordnung (EG) Nr. 865/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels(6),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“)(7),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten(8) (Verordnung über invasive Arten),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003(9),

–  gestützt auf Artikel 227 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in den beim Petitionsausschuss eingegangenen Petitionen Nr. 0697/2020, Nr. 0744/2020 und Nr. 0786/2020 Bedenken hinsichtlich der Risiken für das Tierwohl und die Gesundheit im Zusammenhang mit dem Handel mit wild lebenden und exotischen Tieren in der EU geäußert werden und gefordert wird, dass eine EU-weite Positivliste angenommen wird, in der festgelegt wird, welche Tiere als Haustiere gehalten werden dürfen;

B.  in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt ein wesentlicher Bestandteil des Welterbes ist; in der Erwägung, dass in dem Grundsatz „Eine Gesundheit“ die Tatsache zum Ausdruck kommt, dass die Gesundheit des Menschen, die Tiere und die Umwelt miteinander verknüpft sind; in der Erwägung, dass aus aktuellen Informationen hervorgeht, dass die COVID-19-Pandemie möglicherweise ihren Ursprung in einer Tierquelle hat(10), was zeigt, dass dem Handel mit exotischen Tieren größere Aufmerksamkeit zukommen muss, zumal er mit erheblichen Gesundheitsrisiken für die gesamte Bevölkerung im Zusammenhang steht;

C.  in der Erwägung, dass 70 % der Krankheitserreger, die beim Menschen Krankheiten verursachen, tierischen Ursprungs sind und dass diese Krankheiten, sogenannte Zoonosen, von Haustieren oder wild lebenden Tieren übertragen werden können(11); in der Erwägung, dass Menschen und Tiere durch den Handel mit wild lebenden Tieren häufiger miteinander in Berührung kommen und er erheblich dazu beiträgt, dass es zu Übersprungseffekten kommen kann, und damit zur Folge hat, dass Viruskrankheiten einschließlich neuartiger Krankheiten auf den Menschen übertragen werden;

D.  in der Erwägung, dass in Europa Schätzungen zufolge über 100 Millionen Tiere als Haustiere gehalten werden, darunter kleine Säugetiere, Vögel, Reptilien, Fische und Amphibien(12); in der Erwägung, dass viele dieser Arten in freier Wildbahn gefangen wurden, wodurch natürliche Populationen erschöpft wurden;

E.  in der Erwägung, dass wild lebende Arten besondere Bedürfnisse haben und stark leiden, wenn sie gefangen, transportiert und in Gefangenschaft gehalten werden; in der Erwägung, dass aktuellen Daten zufolge eine beträchtliche Zahl wild lebender und exotischer Tiere das erste Jahr, in dem sie als Haustier gehalten werden, nicht überlebt, wobei die überwiegende Mehrheit auf dem Transportweg erstickt, einer Krankheit erliegt, verhungert oder an Dehydration stirbt, wie auch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen berichtet;

F.  in der Erwägung, dass die Öffentlichkeit unbedingt für das Wohlergehen wildlebender und exotischer Tiere, die als Haustiere gehalten werden, sensibilisiert werden muss, unter anderem für die Probleme besorgniserregenden Ausmaßes in den Bereichen Gesundheit, Verhalten und Tiermedizin;

G.  in der Erwägung, dass Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) zufolge jede vierte Säugetierart und jede achte Vogelart stark vom Aussterben bedroht ist sowie jede dritte Amphibie gefährdet ist; in der Erwägung, dass gut dokumentierte Belege bestätigen, dass der Handel mit exotischen Haustieren eine der größten Bedrohungen für das Überleben dieser Arten ist;

H.  in der Erwägung, dass invasive gebietsfremde Arten in Europa und weltweit eine der fünf häufigsten Ursachen für den Verlust an biologischer Vielfalt sind; in der Erwägung, dass sich die Kosten für die Beherrschung und Bewältigung der in der EU durch invasive Arten verursachten Schäden Schätzungen der Kommission zufolge auf jährlich 12 Mrd. EUR belaufen; in der Erwägung, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten unter Verstoß gegen EU-Recht immer noch kein uneingeschränkt funktionsfähiges Überwachungs- und Kontrollsystem zur Überwachung invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung eingerichtet haben, was die Kommission dazu veranlasst hat, Vertragsverletzungsverfahren gegen sie einzuleiten;

I.  in der Erwägung, dass zahlreiche wild lebende und exotische Tiere, die als Haustiere gehalten werden, aufgrund ihres natürliches Verhaltens, das aggressive Eigenschaften oder Raubtieren eigene Merkmale aufweist, und durch den Stress, dem sie in Gefangenschaft ausgesetzt sind, noch verstärkt wird, eine erhebliche Bedrohung für die Sicherheit der Menschen sind;

J.  in der Erwägung, dass sich die einzelstaatlichen Vorschriften, mit denen die Haltung exotischer Haustiere eingeschränkt wird, in den Mitgliedstaaten erheblich voneinander unterscheiden und in einigen Fällen widersprüchlich sind, wodurch es für die Mitgliedstaaten sehr schwierig ist, in diesem Bereich auf europäischer Ebene eine kohärente Politik zu verfolgen, und in der Erwägung, dass die geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über exotische Haustiere zudem Lücken aufweisen(13); in der Erwägung, dass durch Rechtsvorschriften entweder die Haltung bestimmter Tierarten untersagt (Negativliste oder Schwarze Liste) oder ausschließlich die Haltung bestimmter Arten gestattet werden kann (positive oder Weiße Liste), wobei die Negativliste das am häufigsten verwendete System ist, wenn es um die Regelung der Haltung exotischer Haustiere geht;

K.  in der Erwägung, dass durch die derzeitige Lage bestehende Hindernisse aufrechterhalten werden, der EU-Binnenmarkt fragmentiert wird und erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, deren Rechtsvorschriften eine Positivliste enthalten, und denjenigen, deren Rechtsvorschriften keine derartige Liste enthalten, entstehen; in der Erwägung, dass sich selbst die Positivlisten einiger Mitgliedstaaten unterscheiden, unter anderem in Bezug auf die Auflistung von Arten, das Schutzniveau und die Art der Risikobewertung;

L.  in der Erwägung, dass es in der Natur des Ansatzes der Negativliste liegt, dass reagiert und am wenigsten vorgesorgt wird, da jedes Tier, das nicht auf einer Negativliste geführt wird, standardmäßig gehalten werden darf, weshalb die Liste ziemlich lang sein muss; in der Erwägung, dass je nach aktuellem Trend immer wieder andere Arten gehandelt werden und Negativlisten daher regelmäßig aktualisiert werden müssen;

M.  in der Erwägung, dass die Wissenschaft mit Besorgnis darauf hingewiesen hat, dass die in der Verordnung über invasive Arten vorgesehene EU-Liste verbotener invasiver gebietsfremder Arten unzulänglich ist, um dem Ausmaß der Bedrohung gerecht zu werden, das von invasiven gebietsfremden Arten für die biologische Vielfalt in der EU ausgeht;

N.  in der Erwägung, dass das Fehlen einer EU-weiten Positivliste von Tieren, die als Haustiere gehalten werden dürfen, das Wohlergehen und die Gesundheit von Mensch und Tier untergräbt und eine Bedrohung für die biologische Vielfalt ist;

O.  in der Erwägung, dass ein angemessenes Bewusstsein für die verantwortungsvolle Haltung von Haustieren erforderlich wäre, um die Wirksamkeit einer Positivliste zu erhöhen und das Wohlergehen der Haustiere und ihrer Halter zu verbessern;

P.  in der Erwägung, dass 19 Mitgliedstaaten das Positionspapier im Namen Zyperns, Litauens, Luxemburgs und Maltas zu einem neuen EU-Rechtsrahmen für eine EU-Positivliste der als Haustiere zugelassenen Tiere, das auf der Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) vom 24. Mai 2022 vorgelegt wurde, unterstützen;

1.  bekräftigt, dass der Prävention als der kosteneffizientesten, humansten und ökologisch wünschenswertesten Maßnahme höchste Priorität eingeräumt werden sollte; weist darauf hin, dass die EU die Chance nutzen und die aus der COVID-19-Krise gezogenen Lehren in ihre politischen Maßnahmen einfließen lassen sollte; betont, dass der Kommission eine wichtige Funktion zukommt, wenn es darum geht, das Konzept „Eine Gesundheit“ in der EU zu koordinieren und zu unterstützen;

2.  betont, dass der Handel mit exotischen Tieren aufgrund möglicher Zoonosen das Tierwohl sowie die Gesundheit des Menschen gefährden kann und dass die EU daher kohärente Rechtsvorschriften erlassen muss, mit denen potenzielle Krankheiten dieser Art, durch die Probleme im Bereich der öffentlichen Gesundheit verursacht werden können, verhindert werden;

3.  weist darauf hin, dass der Handel mit exotischen wild lebenden Tieren bereits gezeigt hat, dass er einen Rückgang der biologischen Vielfalt zur Folge haben kann, und zwar sowohl im ursprünglichen Lebensraum der Art als auch in den Ökosystemen der EU; betont, dass durch die europäische Handelspolitik dafür gesorgt werden muss, dass die Praktiken im Handel mit Haustieren weder das Wohlergehen wild lebender und exotischer Tiere beeinträchtigen noch zum Verlust an biologischer Vielfalt beitragen und dass durch die Haltung dieser Tiere als Haustiere weder das Wohlergehen der Tiere noch das des Halters gefährdet wird;

4.  erklärt sich besorgt angesichts der Tatsache, dass die derzeitigen Vorschriften der Mitgliedstaaten über den Handel mit wild lebenden und exotischen Tieren und die Haltung dieser Tiere fragmentiert und nicht kohärent sind und oft nicht das gesamte Tierreich umfassen, da sie hauptsächlich Säugetiere zum Gegenstand haben, während Vögel, Reptilien, Amphibien, Insekten und Zierfische, die große Gruppen sind und derzeit im Handel mit Haustieren eine große Rolle spielen, außer Acht gelassen werden, und erklärt sich ferner besorgt darüber, dass von den Tieren im Fall der Freilassung eine Gefahr für einheimische Arten und Ökosysteme ausgehen kann;

5.  betont, dass uneinheitliche Rechtsvorschriften die Erhebung genauer Daten erschweren; betont, dass in den Datenbanken der EU, mit denen die Einfuhr von Tieren in die Mitgliedstaaten sowie der Handel mit ihnen zwischen den Mitgliedstaaten nachverfolgt werden soll, die Herkunft der Tiere nicht erfasst wird und es im CITES lediglich um den verhältnismäßig geringen Anteil geht, den die in seinen Anhängen aufgeführten Tierarten ausmachen;

6.  hebt hervor, dass mehrere europäische Länder bereits Positivlisten eingeführt haben, die auf mehreren Kriterien beruhen, darunter das Tierwohl, die Umwelt, die Gesundheit des Menschen, die Anforderungen an die Haltung und Unterbringung sowie der Grundsatz der Vorsorge; begrüßt ferner, dass weitere europäische Länder Positivlisten erarbeiten oder Untersuchungen zu Positivlisten durchführen;

7.  stellt mit Bedauern fest, dass die Bestimmungen des EU-Rechts derzeit nicht ausreichen, um das Tierwohl und die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung sicherzustellen und die Risiken in Bezug auf die Invasivität zu bewältigen, die mit dem Handel mit wild lebenden und exotischen Tieren und ihrer Haltung als Haustiere einhergehen; betont, dass das EU-Tiergesundheitsrecht nicht für den Handel mit exotischen Haustieren konzipiert wurde und dass das Wohlergehen der Tiere, die im EU-Binnenmarkt als Haustiere gehalten und gehandelt werden, in keinem der EU-Rechtsakte im Zusammenhang mit dem Tierwohl geregelt ist;

8.  betont, dass es sich bei Positivlisten in der Regel um kürzere, eigenständige Listen handelt, die Vorsorgecharakter haben und Klarheit darüber bieten, welche Arten in einem Land gehalten werden dürfen; weist darauf hin, dass eine Positivliste des Weiteren viel leichter aktualisiert werden kann als eine Negativliste, da die Haltung sämtlicher Arten, die nicht in der Liste aufgeführt sind, von vornherein untersagt ist, was zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene und zur Verringerung der Verwaltungskosten beiträgt; betont, dass Untersuchungen des Ansatzes von Positivlisten zeigen, dass durch ihn wirksam dafür gesorgt wird, dass der Handel mit wild lebenden und exotischen Tieren abnimmt und die Öffentlichkeit besser sensibilisiert wird(14);

9.  wägt die Vorteile einer europäischen Positivliste ab, durch die, wie in den beim Petitionsausschuss eingegangenen Petitionen dargelegt wird, der Handel mit wild lebenden und exotischen Tieren reguliert und ihre Haltung als Haustiere eingeschränkt würde; nimmt zur Kenntnis, dass einige Mitgliedstaaten eine EU-weite Positivliste fordern, bei der angemessenen Bedingungen in Bezug auf das Tierwohl Rechnung getragen wird; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, eine Folgenabschätzung durchzuführen, bei der der Mehrwert und die Durchführbarkeit der Aufstellung einer derartigen Liste geprüft wird, wobei wissenschaftlich fundierte Kriterien angewandt werden sollten, um zu ermitteln, welche Arten als Haustiere geeignet sind, und eine sorgfältige Analyse der verschiedenen Kriterien, die in nationalen Positivlisten bereits verwendet werden, durchgeführt werden sollte, um zu ermitteln, welche Kriterien am wirksamsten sind und auf der Grundlage der bewährten Verfahren, bisherigen Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnisse der Mitgliedstaaten möglicherweise in eine EU-weite Positivliste aufgenommen werden könnten; fordert die Kommission auf, eine Studie auf den Weg zu bringen, in der dieses Problem im Zusammenhang mit der genauen und rechtzeitigen Umsetzung des Aktionsplans der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels untersucht wird;

10.  betont, dass es für den Schutz der Gesundheit des Menschen und die Umwelt von größter Bedeutung ist, dass sämtliche Mitgliedstaaten umgehend wirksame Aktionspläne aufstellen und umsetzen, mit denen gegen die invasivsten gebietsfremden Arten von unionsweiter Bedeutung vorgegangen wird, wobei sicherzustellen ist, dass voll funktionsfähige Strukturen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 eingerichtet werden, damit angemessene Kontrollen zur Verhütung der vorsätzlichen und nicht vorsätzlichen Einbringung invasiver gebietsfremder Arten in die Union und ihrer dortige Ausbreitung durchgeführt werden können;

11.  nimmt zur Kenntnis, dass die Haltung von Haustieren nicht auf EU-Ebene, sondern auf einzelstaatlicher Ebene geregelt ist und dass einige Mitgliedstaaten Positivlisten von Tierarten erstellt haben; betont, dass dem internationalen Handel mit wild lebenden Tieren und den entsprechenden Rechtsvorschriften zu seiner Regulierung wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde liegen sollten;

12.  vertritt die Ansicht, dass die Überarbeitung des Aktionsplans der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels bewirken sollte, dass für den illegalen Handel sensibilisiert wird, und dass sich die Überarbeitung positiv auf das Tierwohl und das Wohlergehen exotischer und wild lebender Tiere, die in der EU als Haustiere gehalten werden dürfen, auswirken sollte;

13.  betont, dass die in einer Positivliste aufgeführten Tiere keine besondere Gefahr für die Gesundheit des Menschen darstellen dürfen, leicht zu handhaben sein und unter Bedingungen gehalten werden müssen, die ihren wesentlichen physiologischen, ethologischen und ökologischen Bedürfnissen entsprechen; betont, dass Arten exotischer und wild lebende Tiere nicht in die Liste aufgenommen werden sollten, wenn es eindeutige Anzeichen dafür gibt, dass sie im Falle ihres Entkommens oder ihrer Freilassung in der Lage wären, in der Natur zu überleben, und von ihnen daher eine Risiko für die einheimischen Ökosysteme ausgeht, wobei sie die Lebensgrundlage der einheimischen Arten verändern würden, indem sie zu invasiven Arten würden, sobald sie in der natürlichen Umwelt freigelassen werden;

14.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.
(2) ABl. C 294 vom 23.7.2021, S. 40.
(3) ABl. C 204 vom 13.6.2018, S. 136.
(4) ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 117.
(5) ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1.
(6) ABl. L 166 vom 19.6.2006, S. 1.
(7) ABl. L 84 vom 31.3.2016, S. 1.
(8) ABl. L 317 vom 4.11.2014, S. 35.
(9) ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 1.
(10) Briefing mit dem Titel „Coronavirus and the trade in wildlife“ (Das Coronavirus und der Handel mit wild lebenden Tieren), Europäisches Parlament, Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst, 4. Mai 2020.
(11) WOAH, „The ‚One Health‘ Concept“ (Das Konzept „Eine Gesundheit“), 14. Januar 2013.
(12) Rat der EU, „Position paper on a new EU legislative framework for an EU Positive List for the keeping of companion animals on behalf of Cyprus, Lithuania, Luxembourg and Malta“ (Positionspapier im Namen Zyperns, Litauens, Luxemburgs und Maltas zu einem neuen EU-Rechtsrahmen für eine EU-Positivliste der als Haustiere zugelassenen Tiere), 16. Mai 2022.
(13) Wie in der im Juni 2020 von der Organisation „Eurogroup for Animals“ veröffentlichten Studie mit dem Titel „Analysis of national legislation related to the keeping and sale of exotic pets in Europe“ (Analyse der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Haltung und den Verkauf exotischer Haustiere in Europa) aufgezeigt wird.
(14) World Animal Protection, „Think positive – An overview of national and international Positive Lists“ (Positiv denken – Ein Überblick über nationale und internationale Positivlisten), September 2020.


Die Menschenrechtslage in Ägypten
PDF 146kWORD 51k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Menschenrechtslage in Ägypten (2022/2962(RSP))
P9_TA(2022)0426RC-B9-0505/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf die EU-Nachbarschaftspolitik und die gemeinsame Stellungnahme vom 9. Februar 2021 mit dem Titel „Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft – Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“ (JOIN(2021)0002),

–  unter Hinweis auf das 13. interparlamentarische Treffen EU-Ägypten vom 29. September 2022,

–  unter Hinweis auf die am 15. Juni 2022 in Kairo unterzeichnete Vereinbarung zwischen der EU, Ägypten und Israel über die Zusammenarbeit im Bereich des Handels, der Beförderung und der Ausfuhr von Erdgas in die Europäische Union,

–  unter Hinweis auf die jüngste Erklärung des Sprechers des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen durchgeführte allgemeine regelmäßige Überprüfung zu Ägypten für den Zeitraum 2019-2020,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 8. November 2022, in der die Freilassung von Alla Abd al-Fattah gefordert wird,

–  unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zur Todesstrafe, zu Folter, zur Freiheit der Meinungsäußerung, zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen und zur Förderung der Menschenrechte von LGBTI-Personen,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und die Arabische Charta der Menschenrechte, die allesamt von Ägypten ratifiziert worden sind,

–  unter Hinweis auf die Verfassung Ägyptens, insbesondere auf Artikel 52 zum Verbot aller Formen von Folter, Artikel 73 zur Versammlungsfreiheit und Artikel 93 zur Verbindlichkeit der internationalen Menschenrechtsnormen,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Ägypten Ausrichter der 27. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP 27) in Scharm El-Scheich war; in der Erwägung, dass diese internationale Veranstaltung die innenpolitische Unterdrückung gegen friedliche und legitime Stimmen der Zivilgesellschaft in Ägypten ins Rampenlicht gerückt hat;

B.  in der Erwägung, dass Ägypten 2021 seine nationale Menschenrechtsstrategie und seinen nationalen Dialog eingeleitet hat, die offiziell darauf abgezielt haben, seine Menschenrechtsbilanz zu verbessern und ein integrativeres politisches Umfeld zu schaffen; in der Erwägung, dass im April 2022 der Begnadigungsausschuss des ägyptischen Präsidenten eingesetzt wurde, der mit der Durchführung von Ermittlungen unter der Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen in Fällen von Gefangenen betraut wurde, deren Haftbedingungen internationalen Menschenrechtsnormen nicht entsprechen; in der Erwägung, dass der Ausschuss schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit und in der Gegenwart übersehen hat und dass ein Jahr nach der Einleitung der nationalen Menschenrechtsstrategie und des nationalen Dialogs in Ägypten keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind; in der Erwägung, dass der aus dem Assoziierungsabkommen zwischen Ägypten und der Europäischen Union hervorgegangene Unterausschuss für politische Fragen, Menschenrechte und Demokratie sowie internationale und regionale Fragen als Rahmen für die Erörterung von Menschenrechtsfragen zwischen den beiden Parteien dient; in der Erwägung, dass die nächste Sitzung dieses Unterausschusses für den 8. Dezember 2022 in Kairo anberaumt ist;

C.  in der Erwägung, dass Ägypten vor seiner Ausrichtung der COP 27 keine einschlägigen Rechtsvorschriften geändert hat, auch nicht in Bezug auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit sowie Medienfreiheit, obwohl die Bereitstellung von Raum für die Zivilgesellschaft eine gemeinsame Verpflichtung ist, die in den Prioritäten der Partnerschaft zwischen der EU und Ägypten verankert und in der ägyptischen Verfassung festgeschrieben ist; in der Erwägung, dass der seit 2017 geltende Ausnahmezustand nicht aufgehoben wurde; in der Erwägung, dass Massenprozesse und Masseninhaftierungen fortgesetzt werden, wobei Zehntausende Zivilisten vor Militär- und Notstandsgerichte für Staatssicherheit gestellt werden; in der Erwägung, dass die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, über Menschenrechtsverteidiger und den Schutz der Menschenrechte bei der Bekämpfung des Terrorismus am 8. Juli 2021 gemeinsam ihre Besorgnis über das ägyptische Gesetz über nichtstaatliche Organisationen (NRO) von 2019, das Gesetz zur Bekämpfung der Cyber- und Informationstechnologie-Kriminalität von 2018, das Gesetz über terroristische Einrichtungen von 2015 und das Gesetz über öffentliche Versammlungen und friedliche Demonstrationen von 2013 zum Ausdruck gebracht haben; in der Erwägung, dass die ägyptische Regierung nach Angaben der ägyptischen Kommission für Rechte und Freiheiten zwischen dem 1. Oktober und dem 14. November 2022 nahezu 734 Personen in 18 Gouvernements festgenommen hat;

D.  in der Erwägung, dass der Menschenrechtsverteidiger Alla Abd al-Fattah, der während des letzten Jahrzehnts die meiste Zeit aufgrund unbegründeter Anschuldigungen willkürlich inhaftiert war, im November 2022 seinen im April 2022 begonnenen Hungerstreik abbrach, nachdem er nach einer Nah-Todes-Erfahrung in seiner Gefängniszelle zwangsernährt worden war; in der Erwägung, dass er seit Beginn der COP27 auch kein Trinkwasser mehr zu sich genommen hatte; in der Erwägung, dass Alla Abd al-Fattah nach wie vor keinen konsularischen Zugang zu Beamten des Vereinigten Königreichs hatte, und in der Erwägung, dass seinem Anwalt ein Besuch verweigert wurde; in der Erwägung, dass es der Familie von Alla Abd al-Fattah in der Vergangenheit aufgrund internationalen Drucks sporadisch gestattet wurde, ihn zu besuchen;

E.  in der Erwägung, dass die ägyptische Regierung unabhängige Menschenrechtsgruppen von der Teilnahme an der COP27 ausgeschlossen hat, und zwar durch ein verdecktes, von der Regierung kontrolliertes Registrierungsverfahren, bei dem Gruppen, die der ägyptischen Regierung gegenüber kritisch eingestellt sind, herausgefiltert wurden, unzulässige Einschränkungen des Rechts, sich außerhalb des Veranstaltungsortes der COP27 friedlich zu versammeln, und ungerechtfertigte Verzögerungen bei der Erteilung von Visa für Personen, die aus dem Ausland angereist sind; in der Erwägung, dass nur einige unabhängige Menschenrechtsgruppen und die Menschenrechtsverteidigerin Sanaa Seif dank der Unterstützung internationaler Organisationen teilnehmen konnten;

F.  in der Erwägung, dass Frauenrechtsverteidigerinnen, LGBTIQ+-Personen und Verteidiger der Rechte der koptischen Christen nach wie vor schikaniert, eingeschüchtert, festgenommen und inhaftiert werden, wie etwa im Fall von Patrick George Zaki, der noch immer unter einem Reiseverbot steht und der sich nach Kritik an der Politik seiner Regierung gegenüber den koptischen Christen nach wie vor vor einem staatlichen Notstandsgericht verantworten muss, und im Fall der Influencerinnen Hanin Hossam und Mawadda al-Adham, die im Jahr 2020 aufgrund falscher Anschuldigungen, sich moralischen Fehlverhaltens schuldig gemacht zu haben, zu drei bzw. zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden, nachdem sie in TikTok-Videos lässig getanzt hatten;

G.  in der Erwägung, dass auf der neunten Tagung des Assoziationsrates der EU und Ägyptens vom 20. Juni 2022 und in den am 19. Juni 2022 angenommenen Partnerschaftsprioritäten für den Zeitraum von 2021 bis 2027 das Eintreten beider Parteien für die Förderung der Demokratie, der Grundfreiheiten und der Menschenrechte, der Gleichstellung der Geschlechter und der Chancengleichheit bekräftigt wurde;

H.  in der Erwägung, dass Ägypten schon seit Langem ein strategischer Partner der EU ist und die EU und Ägypten gemeinsam das Ziel verfolgen, im Mittelmeerraum und im Nahen und Mittleren Osten für Stabilität, Frieden und Wohlstand zu sorgen, und in der Erwägung, dass Ägypten eine wichtige Rolle zukommt, wenn es um die Stabilität in der Region geht; in der Erwägung, dass die EU Ägyptens größter Wirtschaftspartner ist und die meisten ausländischen Investitionen in Ägypten aus der EU stammen; in der Erwägung, dass die EU und Ägypten im Juni 2020 Partnerschaftsprioritäten für viele Bereiche, darunter Sicherheit, Terrorismusbekämpfung und Justizreform, angenommen haben; in der Erwägung, dass Ägypten die Resolution der Vereinten Nationen unterstützt, in der die Annexion von Gebieten der Ukraine durch Russland verurteilt wird, und die Bemühungen der EU und der internationalen Gemeinschaft zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine weiterhin fördert; in der Erwägung, dass Ägypten eine Vereinbarung zwischen ihm selbst, der EU und Israel unterzeichnet hat, um die Erdgaseinfuhren aus Russland nach dessen Überfall auf die Ukraine zu verringern; in der Erwägung, dass die Kommission Ägypten 100 Mio. EUR im Rahmen der Nahrungsmittel- und Resilienzfazilität zugewiesen hat, um das Land bei der Bewältigung der durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine verursachten Nahrungsmittelknappheit zu unterstützen;

1.  bedauert zutiefst den anhaltenden Mangel an grundlegenden politischen Rechten und Freiheiten in Ägypten, auch im Zusammenhang mit der Abhaltung der COP 27 in Scharm El-Scheich; bedauert, dass die COP 27 nicht zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage geführt hat;

2.  verurteilt aufs Schärfste die Zensur, Schikanierung und Einschüchterung von Vertretern der ägyptischen Zivilgesellschaft durch die staatlichen Stellen Ägyptens, die auch in internationalen Räumlichkeiten der Vereinten Nationen stattgefunden haben, sowie die neue Welle von Festnahmen und Inhaftierungen im Zusammenhang mit der COP27; bekundet seine Unterstützung für die Regierung Deutschlands, die sich am 13. November 2022 über die staatlichen Stellen Ägyptens wegen der übermäßigen Sicherheitsüberwachung der Teilnehmer an Veranstaltungen im deutschen Pavillon der COP27 beschwert hat; bedauert, dass unabhängigen ägyptischen nichtstaatlichen Organisationen eine einmalige Registrierung bei der COP27 verwehrt wurde und dass es nur einer Handvoll gelungen ist, an der Konferenz teilzunehmen, und dies nur, weil internationale Organisationen ihnen ihre eigenen Ausweise ausgehändigt hatten; bedauert, dass die staatlichen Stellen Ägyptens Organisationen der Zivilgesellschaft ausgewählt haben, die die staatlichen Stellen nicht kritisieren; betont, dass es lokalen Gemeinschaften und nichtstaatlichen Organisationen aus Sinai als legitimen Interessenträgern hätte gestattet werden müssen, an der COP 27 teilzunehmen, da sie in Sinai stattfand; bedauert das geheime Verfahren Ägyptens, bei dem nicht offengelegte Auswahlkriterien angewendet wurden, um kritische nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen auszuschließen; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens nachdrücklich auf, keine Vergeltungsmaßnahmen gegen die ägyptischen Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten zu ergreifen, die während der COP 27 öffentlich ihre Besorgnis über die Menschenrechtsverletzungen in Ägypten zum Ausdruck gebracht haben;

3.  verurteilt nachdrücklich die anhaltende willkürliche Inhaftierung und die willkürliche Untersuchungshaft von Zehntausenden von gewaltlosen politischen Gefangenen in Ägypten, von denen viele unter unmenschlichen Bedingungen ohne Zugang zu einem fairen Prozess oder zu grundlegenden Rechten festgehalten werden, wie dies in den ägyptischen politischen Gefängnissen in Wadi Natrun und Badr der Fall ist; weist darauf hin, dass ein kleiner Teil der politischen Gefangenen in Ägypten im April 2022 durch den Begnadigungsausschuss des ägyptischen Präsidenten freigelassen oder begnadigt wurde, und zwar 800 bis 1 000 Häftlinge, die aus willkürlicher Untersuchungshaft entlassen wurden; betont, dass nach Angaben ägyptischer nichtstaatlicher Organisationen und von Amnesty International seither mindestens 1 953 Ägypter willkürlich verhaftet wurden und festgehalten werden;

4.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens nachdrücklich auf, Mohamed „Oxygen“ Ibrahim, Mohamed Adel, Alaa Abd al‑Fattah, die drei Anwälte Ibrahim Metwalli Hegasi, Mohamed al-Bakr und Hoda Abdelmoniem, die 2020 mit dem Menschenrechtspreis des Rates der Europäischen Anwaltschaften ausgezeichnet wurden, sowie Essat Ghoniem, Ahmed Amascha, Abdel Moneim Abul Fotuh, Mohamed al-Kassas, Siad Abu al-Fadl, Aischa al-Schater, Mohamed Abu-Huraira, Manal Agrama, Marwa Arafa, Hala Fahmi, Safaa al Korbagi, Tawfik Ghanim, Saif Thabit, Safwan Thabit, Scherif al-Rubi, Anas al-Beltagi, Ahmed Duma, Mohamed Adel Fahmi, Nermin Hussein, Hanin Hossam, Mawadda al-Adham, Ismail Iskandarani, Saif Fatin, Hischam Genena, Omar Mohammed Ali, Aymen Mussa, Omar al-Hut, Ahmed Moussa Abdelchaleq und Ahmed Fayes sowie viele andere zu Unrecht Inhaftierte unverzüglich freizulassen; betont, dass es sich bei diesen Frauen und Männern um ägyptische Menschenrechtsverteidiger, Journalisten, friedliche Aktivisten, Politiker, Influencerinnen oder Geschäftsleute handelt, die sich geweigert haben, ihre Vermögenswerte an das Militär zu verkaufen; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, die Reiseverbote gegen Patrick George Zaki und Mahienur al-Masri aufzuheben;

5.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens nachdrücklich auf, den britisch-ägyptischen Menschenrechtsverteidiger und friedlichen Aktivisten Alaa Abd al-Fattah, der mit dem Preis der Deutschen Welle und von Reporter ohne Grenzen ausgezeichnet wurde, unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er wegen seiner friedlichen und legitimen Forderungen nach mehr Rechten und Freiheiten die meiste Zeit des vergangenen Jahrzehnts willkürlich inhaftiert war und keineswegs ein Einzelfall ist, und ihm zu gestatten, unverzüglich in das Vereinigte Königreich auszureisen; hebt hervor, dass sowohl der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz als auch der französische Präsident Emmanuel Macron seine Freilassung gefordert haben;

6.  verurteilt erneut nachdrücklich die weit verbreitete Anwendung von Folter durch den ägyptischen Sicherheitsapparat; weist darauf hin, dass Ägyptens Revolution vom 25. Januar 2011 als öffentliche Entrüstung über die Straffreiheit der Polizei begann, unter anderem nach der Folterung und Ermordung des Bloggers Chalid Said; fordert Ägypten nachdrücklich auf, bei den Ermittlungen der italienischen Behörden im Fall der Ermordung des italienischen Doktoranden Giulio Regeni, der 2016 von Sicherheitsbediensteten zu Tode gefoltert wurde, uneingeschränkt zu kooperieren; bekräftigt insbesondere seine Forderung, General Tariq Sabir, Oberst Athar Kamel Mohamed Ibrahim, Oberst Uhsam Helmi und Major Magdi Ibrahim Abdelal Scharif über das gegen sie eingeleitete Gerichtsverfahren in Italien zu unterrichten; verurteilt aufs Schärfste die Folterung des Wirtschaftswissenschaftlers Aiman Hadhud, der am 5. März 2022 an den Folgen der Folter starb, nachdem er nach Kritik an der Wirtschaftspolitik von Sicherheitsbediensteten gewaltsam verschleppt und inhaftiert worden war, und bedauert zutiefst, dass es keine unabhängige Autopsie und glaubwürdige Untersuchung des Falles durch die ägyptische Staatsanwaltschaft gibt;

7.  fordert Ägypten nachdrücklich auf, alle 21 Journalisten, die sich derzeit, wie Reporter ohne Grenzen und das Komitee zum Schutz von Journalisten dokumentiert haben, wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit im Gefängnis befinden, freizulassen; betont, dass alle Ägypter das Recht auf Zugang zu Informationen ohne die Zensur durch ihre Regierung haben; nimmt die unter Druck zu Beginn der COP27-Konferenz getroffene Entscheidung zur Kenntnis, den Zugang zu einigen Websites nichtstaatlicher Menschenrechtsorganisationen und unabhängiger Zeitungen wie Medium, Mada Masr oder Human Rights Watch zu erlauben; betont jedoch, dass solche Websites auch nach der Konferenz stets für die Ägypter zugänglich bleiben müssen;

8.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens daher nachdrücklich auf, alle Journalisten, die seit November 2022 inhaftiert wurden, freizulassen, namentlich Chalid Abd al-Wahab Radwan, Ahmed Fayes, Alaa Abd al-Fattah, Ismail Alexandrani, Mohamed „Oxygen“ Ibrahim, Ahmed Allaam, Hamdi al-Saim, Tawfik Ghanim, Rabie al-Scheich, Adallah Schuscha, Chalid Sachlub, Bahaa al-Din Ibrahim Nemat Allah, Hischam Abdel Aziz, Mohamed Said Fahmi, Badr Mohamed Badr, Rauf Ebeid, Mostafa Saad, Mohamed Mostafa Mussa, Mahmud Saad Diab und Amr Schnin;

9.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, Diskriminierungen ein Ende zu setzen und für die effektive Gleichheit aller Ägypter vor dem Gesetz und in der Praxis zu sorgen, unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Weltanschauung, wie dies in der Verfassung vorgesehen ist; weist auf die seit langem bestehende Diskriminierung von Minderheiten wie der Kopten und der Angehörigen des Bahaitum hin; fordert Ägypten auf, seine Blasphemiegesetze zu überarbeiten, damit die Gewissensfreiheit und die Rechte religiöser Minderheiten geschützt werden;

10.  fordert Ägypten nachdrücklich auf, grundlegende internationale Standards für die Vereinigungsfreiheit einzuhalten und sein repressives Gesetz 149/2019 über nichtstaatliche Organisationen aufzuheben, durch das alle Aktivitäten der Kontrolle der Regierung unterstellt werden; teilt die von Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen zum Ausdruck gebrachten Bedenken hinsichtlich des Arsenals Ägyptens an rechtlichen Instrumenten, mit dem die Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und das Recht, sich friedlich zu versammeln, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung beschränkt werden können; fordert Ägypten auf, auch das Gesetz zur Bekämpfung von Cyber- und Informationstechnologiedelikten von 2018, das Gesetz über terroristische Vereinigungen von 2015 und das Gesetz über öffentliche Versammlungen und friedliche Demonstrationen von 2013 zu ändern oder aufzuheben; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens erneut auf, die Rechtssache 173/2011, die als „Auslandsfinanzierungsfall“ bekannt ist, zu schließen und alle Reiseverbote gegen 31 Mitarbeiter nichtstaatlicher Menschenrechtsorganisationen sowie das Einfrieren ihrer Vermögenswerte aufzuheben;

11.  fordert das Parlament Ägyptens auf, die Verabschiedung eines umfassenden Gesetzes über Gewalt gegen Frauen, insbesondere Ehrenmorde, zu beschleunigen; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, ihre Ablehnung der Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen zu bekräftigen und diejenigen, die sie weiterhin praktizieren, wirksam strafrechtlich zu verfolgen; empfiehlt den staatlichen Stellen Ägyptens, ihre Zusammenarbeit mit der EU zu verstärken, um neue Wege zum weitergehenden Schutz von Frauen vor sexuellem Missbrauch und geschlechtsspezifischer Gewalt zu finden; verurteilt Tötungsdelikte aus Gründen des Geschlechts aufs Schärfste;

12.  fordert die staatlichen Stellen Ägyptens auf, die Festnahmen wegen einvernehmlicher sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen, einschließlich gleichgeschlechtlicher Beziehungen oder Beziehungen auf der Grundlage des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit, und deren strafrechtliche Verfolgung einzustellen und LGBTIQ+-Personen, die weiterhin willkürlich, oft unter unmenschlichen Bedingungen, inhaftiert sind, umgehend freizulassen;

13.  begrüßt die jüngsten rechtlichen Änderungen, die Ägypten in Bezug auf Kinderarbeit und Kinderheirat vorgenommen hat; fordert die staatlichen Stellen Ägyptens jedoch auf, die Umsetzung des Gesetzes über Kinderheirat weiter zu stärken und das Schulsystem und die staatlichen Kinderschutzdienste zu stärken, damit Kindesmissbrauch Einhalt geboten bzw. geahndet wird und Kinder besser davor geschützt werden;

14.  fordert Ägypten nachdrücklich auf, die Todesstrafe abzuschaffen und ein sofortiges Moratorium für ihre Anwendung auszusprechen; bedauert, dass Ägypten in den letzten zehn Jahren zu einem der brutalsten Länder der Welt geworden ist, was die Vollstreckung der Todesstrafe angeht, und sogar Minderjährige hingerichtet hat;

15.  fordert alle EU-Mitgliedstaaten und die EU-Delegation erneut auf, an den Gerichtsverfahren gegen ägyptische und ausländische Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Gewerkschaftler teilzunehmen und sie in der Haft zu besuchen;

16.  fordert die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen für einen Überwachungs- und Berichterstattungsmechanismus für schwere Menschenrechtsverletzungen in Ägypten einzusetzen; weist darauf hin, dass die EU Menschenrechtsbelange in ihren gesamten Austausch mit ägyptischen Beamten auf hoher Ebene, einschließlich des Assoziationsrates EU-Ägypten, durchgängig berücksichtigen sollte; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, den Zusammenhang zwischen demokratischer Entwicklung und Wachstum hervorzuheben; fordert die Vereinten Nationen auf, bei künftigen COP-Sitzungen und ähnlichen Konferenzen der Vereinten Nationen Kriterien für die Ausrichtungsländer in Bezug auf den Zugang der Zivilgesellschaft und das Recht auf freie Meinungsäußerung festzulegen;

17.  bekräftigt seine Forderung nach einer eingehenden und umfassenden Überprüfung der Beziehungen der EU zu Ägypten angesichts der sehr begrenzten Fortschritte bei der Menschenrechtsbilanz Ägyptens und des harten Vorgehens gegen abweichende Meinungen, obwohl die europäischen Partner weiterhin Unterstützung leisten; fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik nachdrücklich auf, einen eindeutigen öffentlichen Standpunkt zu der Notwendigkeit einzunehmen, dass Ägypten politische Häftlinge freilässt, eindeutige Fortschritte im Bereich Menschenrechte erzielt, Folter einstellt und dagegen ermittelt und seinen massiven Rückgriff auf missbräuchliche Untersuchungshaft und Reiseverbote, um gegen tatsächliche oder vermeintliche abweichende Meinungen vorzugehen, einstellt; fordert die EU-Mitgliedstaaten erneut auf, die Verhängung gezielter Sanktionen gegen diejenigen in Erwägung zu ziehen, die für die brutalen Repressionen in dem Land am meisten verantwortlich sind; fordert mehr Transparenz bei allen Formen von finanzieller Unterstützung oder Ausbildungsmaßnahmen, die Ägypten von der EU, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Europäischen Investitionsbank bereitgestellt werden;

18.  fordert alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich uneingeschränkt an die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. August 2013 zu halten, in denen die Aussetzung von Ausfuhrgenehmigungen für jegliche Ausrüstung angekündigt wird, die für interne Unterdrückungsmaßnahmen verwendet wird, einschließlich Überwachungstechnologie zum Aufspüren Andersdenkender;

19.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung der Arabischen Republik Ägypten zu übermitteln.


Die Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zur Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar (2022/2948(RSP))
P9_TA(2022)0427RC-B9-0538/2022

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2022 zu einer strategischen Partnerschaft mit der Golfregion,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 18. Mai 2022 mit dem Titel „Eine strategische Partnerschaft mit der Golfregion“ (JOIN(2022)0013),

–  unter Hinweis auf den 4. Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Katar, der am 12. September 2022 in Brüssel stattfand,

–  unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen zwischen der EU und Katar vom 7. März 2018,

–  unter Hinweis auf die Internationale Konvention der Vereinten Nationen über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen vom 18. Dezember 1990,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Internationalen Föderation des Verbandsfußballs (FIFA) vom 2. Dezember 2010 zur Auswahl Katars als Ausrichter der Fußballweltmeisterschaft 2022,

–  unter Hinweis auf die von der katarischen Regierung im Jahr 2020 verabschiedeten Gesetze Nr. 17, 18 und 19 über die Freizügigkeit und über einen Mindestlohn für Arbeitsmigranten,

–  unter Hinweis auf den Bericht von Human Rights Watch vom 24. Oktober 2022 mit dem Titel „Qatar: Security Forces Arrest, Abuse LGBT People“ („Katar: Festnahme und Misshandlung von LGBT-Personen durch die Sicherheitskräfte“),

–  unter Hinweis auf Artikel 285 des Strafgesetzbuchs von Katar und das Gesetz Nr. 17 von 2002 über den Schutz der Gemeinschaft,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984,

–  unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zur Todesstrafe,

–  unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht über das Programm für technische Zusammenarbeit zwischen der Regierung Katars und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) vom 31. Oktober 2022,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der am 21. Mai 2018 von Katar ratifiziert wurde,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Katar und insbesondere auf die vom 21. November 2013 mit dem Titel „ Katar und die Lage der Wanderarbeitnehmer“(1),

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Katar das erste Land in der Region ist, in dem die FIFA-Weltmeisterschaft stattfindet; in der Erwägung, dass die FIFA im Jahr 2010 die Weltmeisterschaft an Katar vergeben hat, ohne die Menschenrechts- oder Umweltlage sorgfältig zu prüfen oder Bedingungen für den Schutz von Arbeitsmigranten festzulegen; in der Erwägung, dass Katars erfolgreiche Bewerbung für die FIFA-Weltmeisterschaft von glaubwürdigen Vorwürfen der Bestechung und Korruption begleitet war, die zu gerichtlichen Untersuchungen führte;

B.  in der Erwägung, dass in Katar nach Schätzungen mehr als zwei Millionen ausländische Staatsangehörige leben, die fast 94 % der Arbeitskräfte des Landes ausmachen; in der Erwägung, dass Arbeitsmigranten hauptsächlich auf dem Bau, im Dienstleistungsgewerbe und als Hausangestellte beschäftigt sind; in der Erwägung, dass Berichten zufolge die Arbeitnehmerrechte in diesen Bereichen verletzt wurden; in der Erwägung, dass Katar somit weltweit den höchsten Anteil an Wanderarbeitnehmern an der Gesamtbevölkerung gegenüber der einheimischen Bevölkerung aufweist;

C.  in der Erwägung, dass viele Arbeitnehmer, um in Katar zu arbeiten, von Einstellungsunternehmen in Schulden getrieben wurden, die ihnen rechtswidrig Gebühren in Rechnung stellten, und dass viele von ihnen Lohndiebstahl erlitten haben und bei extremer Hitze zermürbenden Arbeitsbedingungen und damit dem Risiko von Krankheit, Verletzung und Tod ausgesetzt waren;

D.  in der Erwägung, dass Berichten zufolge Tausende von Arbeitsmigranten bei Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft in Katar ums Leben kamen und viele weitere verletzt wurden;

E.  in der Erwägung, dass sich nach Angaben der IAO einige europäische Unternehmen geweigert haben, sich an den Gemeinsamen Ausschüssen zu beteiligen, deren Ziel darin besteht, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter zusammenzubringen, um Konflikte am Arbeitsplatz zu erörtern, zu verhüten und zu lösen;

F.  in der Erwägung, dass vor den in Katar eingeleiteten Reformen der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) 2014 bei der IAO Beschwerde gegen Katar wegen Nichteinhaltung des Übereinkommens über Zwangsarbeit von 1930 und des Übereinkommens über die Arbeitsaufsicht von 1947 eingereicht hatte; in der Erwägung, dass dem IGB zufolge die Gesetze in Katar geändert wurden und das Land bei der Umsetzung dieser Änderungen weiter voranschreitet;

G.  in der Erwägung, dass Katar das erste Land im Golf-Kooperationsrat ist, das ein ständiges Büro der IAO eröffnet hat; in der Erwägung, dass Katar eine Reihe von Partnerschaften mit der IAO, Organisationen der Vereinten Nationen und EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet hat, darunter Absichtserklärungen mit Schweden im Januar 2020 und mit Frankreich im März 2022, um die Arbeitnehmerrechte zu verbessern; in der Erwägung, dass die IAO in den fünf Jahren vor der FIFA-Weltmeisterschaft 2022 spürbare Fortschritte festgestellt hat, insbesondere in den Bereichen der Steuerung der Arbeitsmigration, bei der Durchsetzung des Arbeitsrechts und dem Zugang zur Justiz sowie der Stärkung der Stimme der Arbeitnehmer und des sozialen Dialogs; in der Erwägung, dass es nach Angaben der IAO nach wie vor nicht legal ist, dass Arbeitsmigranten Gewerkschaften beitreten oder gründen;

H.  in der Erwägung, dass Arbeitnehmer in Katar zuvor die Erlaubnis ihrer Arbeitgeber benötigen, ihren Arbeitsplatz zu wechseln oder das Land zu verlassen; in der Erwägung, dass diese Anforderungen die problematischsten Merkmale des Kafala-Systems darstellten, da sie die Arbeitnehmer übermäßig von ihren Arbeitgebern abhängig machten und dadurch Möglichkeiten für Ausbeutung und Zwangsarbeit schufen; in der Erwägung, dass das Arbeitsministerium infolge dieser Änderungen in den beiden Jahren seit der Einführung dieser Reformen rund 420 000 Anträge von Arbeitsmigranten auf einen Arbeitsplatzwechsel genehmigt hat; in der Erwägung, dass viele Arbeitnehmer jedoch nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert sind, wenn es darum geht, ihren Arbeitsplatz zu verlassen und einen neuen zu finden, z. B. in Form von Vergeltungsmaßnahmen ihrer Arbeitgeber;

I.  in der Erwägung, dass Katar im März 2021 als erstes Land in der Golfregion einen diskriminierungsfreien Mindestlohn eingeführt hat, der für alle Arbeitnehmer aller Nationalitäten in allen Bereichen, einschließlich der Arbeit als Hausangestellte, gilt; in der Erwägung, dass nach Angaben der IAO seit der Einführung der neuen Rechtsvorschriften für insgesamt 13 % der Beschäftigten – 280 000 Menschen – die Löhne auf die neue Mindestschwelle angehoben wurden;

J.  in der Erwägung, dass die neuen Rechtsvorschriften den Arbeitnehmern in Katar einen besseren Schutz vor Hitzestress bieten;

K.  in der Erwägung, dass Katar Schritte unternommen hat, um den Zugang der Arbeitnehmer zur Justiz zu verbessern, indem es eine neue Online-Plattform eingerichtet hat, über die Arbeitnehmer Beschwerden einreichen können, und indem es neue Arbeitsgerichte zur Beilegung von Streitigkeiten geschaffen hat;

L.  in der Erwägung, dass Berichten zufolge jedoch einige der diskriminierenden Praktiken im Zusammenhang mit ausländischen Arbeitnehmern in Katar und anderen Ländern des Golf-Kooperationsrates weiterhin andauern, etwa willkürliche Lohnkürzungen, die Nichtzahlung von Löhnen und die Einbehaltung von Reisedokumenten;

M.  in der Erwägung, dass in Artikel 285 des Strafgesetzbuchs von Katar außerehelicher Geschlechtsverkehr, einschließlich in gleichgeschlechtlichen Beziehungen, mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft wird; in der Erwägung, dass Berichten zufolge willkürliche Festnahmen von LGBTQ+-Personen auf das Gesetz Nr. 17 von 2002 über den Schutz der Gemeinschaft gestützt wurden, das laut Human Rights Watch eine Untersuchungshaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren für bis zu sechs Monate zulässt, wenn „triftige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Angeklagte möglicherweise ein Verbrechen begangen hat“, einschließlich der „Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit“, was häufig zu Misshandlungen von LGBTQ+-Personen führt; in der Erwägung, dass ein Botschafter der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar eine öffentlich homophobe Erklärung verbreitet hat; in der Erwägung, dass sieben Fußballverbände, darunter auch europäische Verbände, beschlossen haben, dass ihre Spieler die regenbogenfarbene „One-Love“-Armbinde tragen dürfen; in der Erwägung, dass die FIFA jedoch entschieden hat, dass Spieler wegen des Tragens dieser Armbande eine gelbe Karte erhalten oder vom Spiel ausgeschlossen werden können, da es sich dabei um eine vermeintlich politische Aussage handelt;

N.  in der Erwägung, dass die FIFA im Jahr 2016 die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte unterzeichnet hat, aufgrund derer die FIFA Verstöße gegen die Menschenrechte zu unterlassen und die negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf die Menschenrechte zu beheben hat;

O.  in der Erwägung, dass die EU in einer Zeit der Unsicherheit und erheblicher Herausforderungen für die regelbasierte internationale Ordnung sowohl in Europa als auch in der Golfregion und angesichts der Folgen der russischen Aggression gegen die Ukraine und der COVID-19-Pandemie sowie der dringenden Notwendigkeit des grünen und digitalen Wandels von einer stärkeren und strategischeren Partnerschaft mit dem Golf-Kooperationsrat (GCC) und seinen Mitgliedstaaten, einschließlich Katar, nur profitieren kann; in der Erwägung, dass 2021 die diplomatischen Beziehungen zwischen Katar und Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Ägypten wiederhergestellt wurden;

P.  in der Erwägung, dass die 2018 unterzeichnete Kooperationsvereinbarung zwischen der EU und Katar einen Rahmen für politische und sektorspezifische Konsultationen in Bereichen von beiderseitigem Interesse bietet; in der Erwägung, dass Katar ein wichtiger Partner der EU ist und die Beziehungen der beiden Partner eine Vielzahl wichtiger Bereiche abdecken; in der Erwägung, dass Katar bei der Durchführung der Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung eine Schlüsselrolle zukommt; in der Erwägung, dass sich die Zusammenarbeit zwischen der EU und Katar erheblich vertieft hat, was zur Einrichtung einer EU-Delegation in Doha im Jahr 2022 geführt hat; in der Erwägung, dass Katar im Februar 2022 Mitverfasser einer Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen war, in der Russland aufgefordert wurde, sich aus der Ukraine zurückzuziehen, und für Resolutionen gestimmt hat, in denen Russlands Einmarsch in die Ukraine verurteilt wird;

Q.  in der Erwägung, dass am 12. September 2022 der vierte Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Katar stattfand; in der Erwägung, dass der Menschenrechtsdialog ein entscheidender Moment des Engagements für die Förderung der Menschenrechte ist;

1.  bedauert den Tod Tausender Arbeitsmigranten und die Verletzungen, die Arbeiter bei der Vorbereitung der Weltmeisterschaft erlitten haben; spricht den Familien dieser Arbeiter sein Beileid aus und fordert Rechenschaft;

2.  fordert Katar nachdrücklich auf, seine neuen Rechtsvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmerrechte vollständig umzusetzen und die verbleibenden Elemente des auf Bürgschaften beruhenden Kafala-Systems, wie Strafen für untergetauchte Arbeitnehmer, zu beseitigen;

3.  betont, dass sich die EU verpflichtet hat, die Menschenrechte in ihren Beziehungen zu Katar zu fördern, auch in Bezug auf die im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft aufgeworfenen Fragen; ist besorgt über Berichte, wonach Hunderttausende Arbeitsmigranten in Katar immer noch diskriminierenden Gesetzen und Praktiken unterliegen; bedauert den Mangel an Transparenz und das offensichtliche Fehlen einer verantwortungsvollen Risikobewertung bei der Vergabe der FIFA-Weltmeisterschaft an Katar im Jahr 2010; bekräftigt seine langjährige Auffassung, dass in der FIFA ungezügelte, systemische und tief verwurzelte Korruption herrscht, und ist weiterhin der Ansicht, dass die Organisation das Image und die Integrität des Weltfußballs – trotz Reformversuchen, wie der Einführung von Menschenrechtsanforderungen – ernsthaft beschädigt hat;

4.  fordert Behörden, Sportverbände und Sportorganisationen nachdrücklich auf, bei der Vergabe des Gastgeberstatus für große Sportveranstaltungen sowie bei der Wahl der Sponsoren den universellen Werten wie Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Geltung zu verschaffen; fordert in diesem Zusammenhang eindeutige Kriterien und eine Charta mit unverbrüchlichen Werten; fordert, dass besonderes Augenmerk nicht nur auf die Vergabe solch großer Sportveranstaltungen, sondern auch auf den Schutz der Arbeitnehmerrechte, der Gleichstellung und der Diskriminierungsfreiheit sowie auf die Durchführung unabhängiger und glaubwürdiger Umweltverträglichkeitsprüfungen gerichtet wird;

5.  fordert die EU-Mitgliedstaaten, insbesondere diejenigen mit großen nationalen Fußballligen, wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, auf, Druck auf die UEFA und die FIFA auszuüben, damit letztere sich für eine grundlegende Reformen einsetzt, einschließlich der Einführung demokratischer und transparenter Verfahren bei der Vergabe von Fußballweltmeisterschaften und der strikten Anwendung von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskriterien auf Gastgeberländer; fordert dringend, dass Verletzungen der Grundrechte und der Menschenrechte, insbesondere offensichtliche systematische geschlechtsspezifische Gewalt, als verbindliches Ausschlusskriterium für die Vergabe internationaler Sportveranstaltungen festgelegt werden, damit Sportler und Fans geschützt werden und dem „Sportswashing“ ein Ende gesetzt wird; fordert, dass die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der korruptionsbehafteten Vergabe von Weltmeisterschaften fortgesetzt werden; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu archivierten Informationen über die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 zu gewähren;

6.  nimmt den wichtigen Beitrag von Arbeitsmigranten zur Wirtschaft Katars und zur FIFA-Weltmeisterschaft 2022 zur Kenntnis; fordert die katarischen Staatsorgane nachdrücklich auf, eine umfassende Untersuchung des Todes der Arbeitsmigranten durchzuführen, den Tod von Arbeitsmigranten zu bescheinigen und Familien zu entschädigen, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer Arbeitsbedingungen gestorben sind; unterstützt die Bemühungen Katars zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Achtung der Arbeitsnehmerrechte in dem Land, die die internationale Gemeinschaft zur Sprache gebracht hat; fordert die vollständige Umsetzung der verabschiedeten Reformen; begrüßt die Zusammenarbeit Katars mit der IAO; fordert Katar auf, in Bezug auf Reformen weiterhin mit der IAO zusammenzuarbeiten; betont, dass die soziale Verantwortung von Unternehmen, auch von europäischen Unternehmen, erfordert, dass die Arbeitnehmerrechte geachtet werden und die gleichen Normen in Bezug auf die Sorgfaltspflicht gelten, die auch in der EU vorgeschrieben sind;

7.  erkennt jedoch an, dass die IAO und der IGB die in Katar durchgeführten Reformen als beispielhaft für die Golfregion erachten;

8.  betont, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen rechtliche Möglichkeiten haben, um ihre Rechte geltend zu machen und Unternehmen mit Sitz in der EU gemäß den in einigen Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften über die Sorgfaltspflicht zur Rechenschaft zu ziehen; nimmt die laufenden Arbeiten auf EU-Ebene an der Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zur Kenntnis, mit denen diese rechtlichen Möglichkeiten weiter ausgebaut werden sollen; ist der Ansicht, dass die betreffenden Unternehmen ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie 2014/95/EU(2) und den Verpflichtungen, die sich aus den international anerkannten Menschenrechtsübereinkommen ergeben, nicht in vollem Umfang nachgekommen sind;

9.  verurteilt aufs Schärfste die Beteiligung europäischer Unternehmen an Verletzungen der Rechte von Arbeitsmigranten insbesondere im Bau- und Finanzsektor im Zuge der Vorbereitungen für die FIFA-Weltmeisterschaft 2022, gleich ob die Unternehmen diese Verletzungen verursacht, zu ihnen beigetragen oder von ihnen profitiert haben;

10.  begrüßt, dass die katarische Regierung nach Angaben der IAO den Opfern von Lohnmissbrauch über den Fonds für die Unterstützung und Versicherung von Arbeitnehmern 320 Mio. USD erstattet hat; bedauert jedoch, dass der Fonds erst 2018 aktiviert wurde, was dazu geführt hat, dass Millionen von Arbeitnehmern und ihre Familien von seiner Anwendung ausgeschlossen bleiben; fordert Katar nachdrücklich auf, eine gründliche Überprüfung seiner Datenerhebungs- und Untersuchungsnormen in Fällen von arbeitsbedingten Verletzungen oder Todesfällen vorzunehmen; fordert, dass der Fonds ausgeweitet wird, damit alle Opfer seit Beginn der Arbeiten im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft 2022 einbezogen werden, einschließlich aller Todesfälle und anderer Verstöße gegen die Menschenrechte von Arbeitern im Zusammenhang mit den Vorbereitungen auf die Weltmeisterschaft, etwa Lohndiebstahl, Verletzungen sowie alle nicht ermittelten und nicht entschädigten Todesfälle; fordert die FIFA auf, als Entschädigung für die erlittenen Arbeitsbedingungen einen Beitrag zu einem umfassenden Kompensationsprogramm für die Familien der Arbeiter zu leisten;

11.  begrüßt die Reformen, die die katarischen Staatsorgane in Abstimmung mit der IAO eingeleitet haben, um die Steuerung der Arbeitsmigration anzugehen, das Arbeitsrecht durchzusetzen, den Zugang zur Justiz zu ermöglichen und die Stimme der Arbeitnehmer und den sozialen Dialog zu stärken; stellt fest, dass diese Änderungen bereits die Arbeits- und Lebensbedingungen von Hunderttausenden von Arbeitnehmern verbessert haben; bedauert jedoch, dass viele Arbeitskräfte noch immer nicht von diesen Reformen profitieren, da sie mit Hindernissen beim Zugang zu diesen Verbesserungen und Vergeltungsmaßnahmen vonseiten ihrer Arbeitgeber konfrontiert sind; nimmt mit Besorgnis die dokumentierten und wiederholten Vorwürfe zur Kenntnis, wonach Arbeitsmigranten, die als Hausangestellte arbeiten, missbraucht und ausgebeutet werden;

12.  fordert Katar auf, sämtliche Rechtsvorschriften abzuschaffen, die es Unternehmen ermöglichen, von ausländischen Arbeitskräften Anwerbungsgebühren zu erheben;

13.  begrüßt die neuen Rechtsvorschriften Katars gegen Hitze auf Baustellen; fordert alle Länder des Golf-Kooperationsrates auf, ähnliche Rechtsvorschriften zu erlassen und uneingeschränkt anzuwenden;

14.  fordert Katar erneut auf, die Internationale Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu ratifizieren;

15.  fordert Katar nachdrücklich auf, in Zusammenarbeit mit der IAO dafür zu sorgen, dass die Reformen des Kafala-Sysytems zur Arbeitskräftemobilität allen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugutekommt, den Zugang zur Justiz und die Einforderung fälliger Löhne zu straffen und das Gesetz über die Rechte von Hausangestellten vollständig umzusetzen; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass über 420 000 Arbeitnehmer in Katar ihren Arbeitsplatz gewechselt haben und mehr als 300 000 von der Einführung des Mindestlohns profitieren;

16.  weist darauf hin, dass allen Arbeitnehmern, also auch Arbeitsmigranten, das Recht auf Vereinigungsfreiheit und auf Selbstorganisation gewährt werden sollte; fordert die katarische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitnehmer das Recht haben, sich frei und ohne Vergeltungsmaßnahmen zu vereinigen und einen sicheren und gesicherten Zugang zur Justiz zu erhalten, auch durch den Beitritt zu und die Bildung von nationalen Gewerkschaften;

17.  begrüßt die anhaltende Zusammenarbeit der EU mit Katar im Bereich der Menschenrechte, unter anderem im Rahmen des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und Katar, der vertieft werden sollte, und durch die Stärkung des institutionellen Rahmens für die Zusammenarbeit zwischen der EU und Katar; betont, dass der Nationale Menschenrechtsausschuss Katars regelmäßige Gespräche mit den EU-Organen eingerichtet hat und dass Katar den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte eingeladen hat, das Land zu besuchen; betont, dass die Rechte von Arbeitsmigranten, Arbeitsmarktreformen, Frauenrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung wiederkehrende Themen sind;

18.  fordert die Mitgliedstaaten und die EU-Delegation in Katar auf, die Sozialreformen Katars genau zu überwachen und dabei besonderes Augenmerk auf die konkrete Anwendung der Rechtsvorschriften des Landes, auch durch europäische Unternehmen in Katar, zu richten, und fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, das Parlament regelmäßig über die Fortschritte bei diesen Reformen zu unterrichten; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass der katarische Arbeitsminister Ali Bin Samich al-Marri in Bezug auf die laufenden Reformen und die Schließung verbleibender Lücken mit dem Unterausschuss Menschenrechte des Parlaments zusammenarbeitet, und nimmt seine Zusage zur Kenntnis, dass alle Arbeitnehmer bzw. ihre Familien, die nicht das erhalten haben, was ihnen zusteht, entschädigt werden;

19.  fordert die katarischen Staatsorgane auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, um dafür Sorge zu tragen, dass der Nationale Menschenrechtsausschuss die Grundsätze des Status der nationalen Institutionen für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte uneingeschränkt achtet und dass der Ausschuss in der Lage ist, sein Mandat umfassend, wirksam und unabhängig auszuüben, unter anderem durch die Förderung des Pluralismus und der Vielfalt seiner Mitglieder und Bediensteten;

20.  fordert die katarischen Staatsorgane auf, die bestehenden Rechtsvorschriften, die Folter und Misshandlung verbieten, uneingeschränkt durchzusetzen;

21.  erinnert an sein Engagement für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe und fordert die katarischen Staatsorgane auf, in dieser Angelegenheit ein Moratorium zu beschließen;

22.  fordert die katarischen Staatsorgane nachdrücklich auf, die Maßnahmen zur Gewährleistung der Gleichstellung der Geschlechter zu verstärken, unter anderem, indem die Überreste der Vormundschaft von Frauen abgeschafft werden, und gleichzeitig ihre Bemühungen um eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen auf dem formellen Arbeitsmarkt, in der Öffentlichkeit und in der Politik, auch in der Schura und den Exekutivorganen, insbesondere in Entscheidungspositionen, zu verstärken und Frauen und Männer als Familienvorstände gleich zu behandeln; fordert die katarischen Staatsorgane auf, das Staatsangehörigkeitsgesetz zu ändern, um dafür zu sorgen, dass katarische Frauen und Männer gleichermaßen das Recht haben, ihre Staatsangehörigkeit an ihre Kinder und ihre ausländischen Ehepartner weiterzugeben; fordert Katar auf, dafür zu sorgen, dass Daten über Gewalt gegen Frauen erhoben werden, dass alle Fälle von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, gründlich untersucht werden und dass die Täter strafrechtlich verfolgt und, falls sie verurteilt werden, mit angemessenen Sanktionen belegt werden/angemessene Strafen erhalten?;

23.  stellt fest, dass weltweit ein Trend zur Entkriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen zu verzeichnen ist; fordert Katar auf, Artikel 285 seines Strafgesetzbuchs und alle anderen damit zusammenhängenden Rechtsvorschriften, mit denen einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen unter Strafe gestellt werden, aufzuheben und Rechtsvorschriften gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität oder des Ausdrucks der Geschlechtszugehörigkeit einzuführen; bedauert die Berichte über Übergriffe auf die LGBTQ+-Gemeinschaft durch die Kräfte der Abteilung für präventive Sicherheit Katars und deren Rückgriff auf das Gesetz Nr. 17 von 2002 über den Schutz des Gemeinwesen, das eine bis zu sechsmonatige Untersuchungshaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren erlaubt; ist in diesem Zusammenhang entsetzt über die Entscheidung der FIFA in Bezug auf die One-Love-Binden;

24.  fordert die katarischen Staatsorgane auf, die Achtung der Menschenrechte aller Besucher der Weltmeisterschaft 2022, einschließlich der internationalen Gäste und der im Land lebenden Menschen, auch im Hinblick auf ihre Religions- und Weltanschauungsfreiheit, zu gewährleisten;

25.  nimmt zur Kenntnis und begrüßt, dass Katar angesichts des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine seine tiefe Besorgnis zum Ausdruck gebracht hat; begrüßt die wichtigen Beschlüsse Katars, im Gegensatz zu mehreren anderen Mitgliedern des Golf-Kooperationsrates für alle einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen zu diesem Thema zu stimmen;

26.  begrüßt die Zusammenarbeit und den Dialog zwischen der EU und Katar sowie mit anderen Golfstaaten, die für die Verwirklichung der wichtigsten Ziele der EU von wesentlicher Bedeutung sind, insbesondere Frieden und Wohlstand in der Golfregion und im Nahen und Mittleren Osten, ein starker Wirtschaftsaufschwung, eine nachhaltige, erschwingliche und sichere Energieversorgung, eine enge Zusammenarbeit beim ökologischen Wandel und eine entschlossene Reaktion auf den weltweiten Bedarf an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe; begrüßt in diesem Zusammenhang die Normalisierung der Beziehungen zwischen Katar und seinen Nachbarn; würdigt die Rolle Katars bei der Unterstützung der Evakuierung von Zehntausenden Menschen aus Afghanistan nach der gewaltsamen Machtübernahme durch die Taliban im September 2021;

27.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament des Staates Katar, der Internationalen Föderation des Verbandsfußballs, der Vereinigung Europäischer Fußballverbände, der Internationalen Arbeitsorganisation und dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu übermitteln.

(1) ABl. C 436 vom 24.11.2016, S. 42.
(2) Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen (ABl. L 330 vom 15.11.2014, S. 1).

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