Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2023 zur Einrichtung eines Gerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine (2022/3017(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine und zu Russland, insbesondere die vom 19. Mai 2022 zur Bekämpfung der Straflosigkeit der Kriegsverbrechen in der Ukraine(1) und vom 23. November 2022 zur Anerkennung der Russischen Föderation als dem Terrorismus Vorschub leistender Staat(2),
– unter Hinweis auf die Erklärung von London vom 13. Januar 1942,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen 3314 (XXIX) vom 14. Dezember 1974 zur Definition von Aggression und 377 (V) (Resolution „Vereint für den Frieden“) vom 3. November 1950,
– unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), insbesondere dessen Artikel 8bis und die Änderungen von Kampala von 2010 über das Verbrechen der Aggression und das Abkommen von 2006 zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und der Europäischen Union über Zusammenarbeit und Unterstützung,
– unter Hinweis auf die Resolutionen 2433 (2022), 2436 (2022), 2463 (2022) und 2473 (2022) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates,
– unter Hinweis auf die Verfügung des Internationalen Gerichtshofs vom 16. März 2022 zum mutmaßlichen Völkermord im Sinne der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes,
– unter Hinweis auf die Resolution mit dem Titel „Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und ihre Bevölkerung und die Bedrohung der Sicherheit in der OSZE-Region durch diesen Angriffskrieg“, die auf der 29. Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vom 2. bis 6. Juli 2022 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Außenminister Estlands, Lettlands und Litauens vom 16. Oktober 2022, in der sie die Einrichtung eines Sondergerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine fordern,
– unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 2. März 2022 mit dem Titel „Aggression gegen die Ukraine“ und vom 12. Oktober 2022 mit dem Titel „Territoriale Unversehrtheit der Ukraine: Verteidigung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen“,
– unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 2. November 2022 mit dem Titel „Bericht des Internationalen Strafgerichtshofs“ und vom 14. November 2022 mit dem Titel „Förderung von Rechtsschutz und Wiedergutmachung für die Aggression gegen die Ukraine“,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20. und 21. Oktober 2022 sowie vom 15. Dezember 2022,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vom 30. November 2022 zur Rechenschaftspflicht Russlands und zur Verwendung eingefrorener Vermögenswerte Russlands, in der sie darauf hinweist, dass ein Fachgericht, das von den Vereinten Nationen unterstützt wird, eingerichtet werden muss, um das Verbrechen der Aggression, das Russland gegen die Ukraine verübt, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, und auf die anschließenden hochrangigen Erklärungen Deutschlands, Polens und anderer Länder,
– gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass gemäß der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts alle Staaten die gleiche Souveränität genießen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen haben;
B. in der Erwägung, dass Russland seit Februar 2014 einen unrechtmäßigen, unprovozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, der am 24. Februar 2022 mit einer groß angelegten Invasion in die Ukraine wiederaufgenommen wurde;
C. in der Erwägung, dass der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine einen offenkundigen und eklatanten Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen, die Grundprinzipien des Völkerrechts und verschiedenen internationalen Abkommen wie der Schlussakte von Helsinki, der Charta von Paris für ein neues Europa und dem Budapester Memorandum niedergelegt sind;
D. in der Erwägung, dass die Streitkräfte Russlands in dieser Zeit wahllose Angriffe auf Wohngebiete und zivile Infrastruktur durchgeführt, Tausende ukrainischer Zivilisten getötet und im ganzen Land Terrorakte gegen zivile Infrastruktur verübt haben;
E. in der Erwägung, dass bereits Tausende Zivilisten, einschließlich Kinder, ermordet und viele weitere gefoltert, schikaniert, sexueller Gewalt ausgesetzt, entführt oder vertrieben wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte Russlands und ihre Hilfstruppen das humanitäre Völkerrecht mit ihrem unmenschlichen Vorgehen völlig missachten;
F. in der Erwägung, dass an den aus Butscha, Irpin und vielen anderen ukrainischen Städten während der Besetzung durch Russland gemeldeten Gräueltaten der Streitkräfte Russlands die Brutalität des Angriffskriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine deutlich wird und dass dadurch die Bedeutung koordinierter internationaler Maßnahmen zur Feststellung der Verantwortlichkeit für das Verbrechen der Aggression und für alle Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht hervorgehoben wird;
G. in der Erwägung, dass Russland am 30. September 2022 einseitig die Annexion der teilweise von Russland besetzten ukrainischen Gebiete Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja erklärt hat;
H. in der Erwägung, dass die Russische Föderation vom Europäischen Parlament und vielen nationalen Parlamenten und Versammlungen als dem Terrorismus Vorschub leistender Staat anerkannt wurde;
I. in der Erwägung, dass Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine der ungeheuerlichste Akt der Aggression ist, den die politische Führung eines Landes in Europa seit 1945 begangen hat, und daher eine angemessene rechtliche Reaktion auf internationaler Ebene erfordert; in der Erwägung, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihren Resolutionen(3) anerkannt hat, dass „die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen verstößt, und dass die Russische Föderation für Verstöße gegen das Völkerrecht in der oder gegen die Ukraine, einschließlich ihrer Aggression unter Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen, zur Rechenschaft gezogen werden muss“; in der Erwägung, dass diejenigen, die für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine verantwortlich sind, nicht ungestraft bleiben dürfen;
J. in der Erwägung, dass die Aggression Russlands auch von Vertretern verschiedener Staaten und internationaler Organisationen – wie dem Europarat, der OSZE, der EU, der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO), der Afrikanischen Union, der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten, dem Forum der pazifischen Inseln, der Organisation Amerikanischer Staaten, der Karibischen Gemeinschaft, dem Nordischen Rat und anderen – ausdrücklich verurteilt wurde;
K. in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof am 16. März 2022 angeordnet hat, dass die Russische Föderation ihre militärischen Operationen im Hoheitsgebiet der Ukraine umgehend aussetzen muss;
L. in der Erwägung, dass der Ankläger des IStGH seit dem 2. März 2022 Ermittlungen zur Lage in der Ukraine im Zusammenhang mit früheren und aktuellen Vorwürfen von Verbrechen durchführt, die die Russische Föderation seit dem 21. November 2013 begangen hat, darunter Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit; in der Erwägung, dass die Ukraine zwar keine Vertragspartei des IStGH ist, die Gerichtsbarkeit des IStGH jedoch anerkannt hat und mit ihm zusammenarbeitet;
M. in der Erwägung, dass in der Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 Aggression als „die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat“ definiert und festgestellt wird, dass „[e]in Angriffskrieg […] ein Verbrechen gegen den Weltfrieden [ist]“ und dass „[e]ine Aggression […] zu völkerrechtlicher Verantwortlichkeit [führt]“;in der Erwägung, dass in Artikel 8bis des Römischen Statuts das „Verbrechen der Aggression“ als „die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, durch eine Person, die tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken“ definiert ist; in der Erwägung, dass „Angriffshandlung“ die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat bedeutet; in der Erwägung, dass sich das Verbrechen der Aggression gemäß dem Römischen Statut des IStGH von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit unterscheidet; in der Erwägung, dass das Verbrechen der Aggression in der Regel ein Verbrechen auf Führungsebene ist, das nur durch diejenigen, die tatsächlich in der Lage sind, die Aggressionspolitik eines Staates zu lenken, begangen werden kann; in der Erwägung, dass der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg, dessen Schwerpunkt auf dem Verbrechen der Aggression lag, 1946 entschied, dass es sich bei Aggression um das „höchste internationale Verbrechen“ handelt;
N. in der Erwägung, dass ein Angriffskrieg ein schweres völkerrechtliches Verbrechen ist, insbesondere im Zusammenhang mit dem möglichen Einsatz jeglicher Arten von Massenvernichtungswaffen, was katastrophale Folgen für den Weltfrieden und die Lebensgrundlagen der Menschheit hätte und wodurch schwere und langfristige Schäden an der natürlichen Umwelt und dem Klima herbeigeführt würden;
O. in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof in der Rechtssache Barcelona Traction darauf hingewiesen hat, dass es sich bei den Verpflichtungen, die sich aus dem Verbot von Angriffshandlungen ergeben, um Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft als Ganzes und nicht um Verpflichtungen gegenüber einzelnen Staaten handelt;
P. in der Erwägung, dass nach zwei Ad-hoc-Erklärungen der Ukraine zwar Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verbrechen des Völkermords, die seit November 2013 im Hoheitsgebiet der Ukraine begangen wurden, unter die Gerichtsbarkeit des IStGH fallen, in dieser Situation aber nicht das Verbrechen der Aggression im Sinne von Artikel 8bis des Römischen Statuts und der Änderungen von Kampala, weil weder die Ukraine noch die Russische Föderation das Römische Statut und die Änderungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression ratifiziert haben; in der Erwägung, dass der Ankläger des IStGH seit dem 2. März 2022 eine Ermittlung zur Lage in der Ukraine durchführt; in der Erwägung, dass die Einrichtung eines Sondergerichtshofs für das Verbrechen der Aggression die Gerichtsbarkeit des IStGH in Bezug auf andere Straftaten nicht berührt, sondern vielmehr ergänzt;
Q. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament und die Parlamente Tschechiens, Estlands, Frankreichs, Lettlands, Litauens, der Niederlande und Polens Entschließungen angenommen haben, in denen die Einrichtung eines Ad-hoc-Sondergerichtshofs unterstützt wird;
R. in der Erwägung, dass die Kommission am 30. November 2022 alternative Optionen für die Einführung eines Mechanismus vorgelegt hat, mit dem diejenigen, die das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden sollen; in der Erwägung, dass jeder Beschluss über einen solchen Mechanismus in enger Zusammenarbeit mit der Ukraine gefasst werden sollte;
S. in der Erwägung, dass der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 15. Dezember 2022 weitere Anstrengungen befürwortet hat, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen in vollem Umfang zur Rechenschaft gezogen werden, und um zu gewährleisten, dass die für das Verbrechen der Aggression Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, und dass er die Kommission, den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) und den Rat ersucht hat, diese Arbeiten im Einklang mit dem EU-Recht und dem Völkerrecht voranzubringen, wobei er betont hat, dass die strafrechtliche Verfolgung des Verbrechens der Aggression die internationale Gemeinschaft als Ganzes berührt;
T. in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in Bezug auf die Lage in der Ukraine machtlos ist, da Russland gegen alle wesentlichen Maßnahmen ein Veto einlegen kann; in der Erwägung, dass mit der Resolution 377 (V) der Generalversammlung der Vereinten Nationen ein Präzedenzfall geschaffen wurde, mit dem den Vereinten Nationen ein alternativer Handlungsweg zur Verfügung steht, wenn mindestens ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sein Veto in der Absicht einlegt, den Sicherheitsrat daran zu hindern, seinen Aufgaben gemäß der Charta der Vereinten Nationen nachzukommen;
1. bekräftigt, dass es den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine auf das Allerschärfste verurteilt und dass es die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen unerschütterlich unterstützt, und bekräftigt seine an Russland gerichtete Forderung, alle militärischen Aktivitäten in der Ukraine mit sofortiger Wirkung einzustellen und sämtliche Streitkräfte und das gesamte militärische Gerät bedingungslos aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abzuziehen;
2. betont, dass Russlands Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine einen klaren und unbestrittenen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellt, der im Interesse der globalen Sicherheit und der regelbasierten internationalen Ordnung von der internationalen Gemeinschaft nicht unbeantwortet bleiben darf; fordert die Kommission, den HR/VP und die Mitgliedstaaten erneut auf, sich dafür einzusetzen, dass in Bezug auf alle von Russland und seinen Verbündeten und Helfershelfern während ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine begangenen Verbrechen die Täter uneingeschränkt zur Rechenschaft gezogen werden;
3. erachtet es als zwingend geboten, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit der Ukraine und der internationalen Gemeinschaft, vorzugsweise über die Vereinten Nationen, auf die Einrichtung eines internationalen Sondergerichtshofs drängen, der das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine, das von der politischen und militärischen Führung der Russischen Föderation und ihren Verbündeten begangen wurde, strafrechtlich verfolgt, und einen juristisch tragfähigen gemeinsamen Weg in dieser Angelegenheit finden; vertritt die Auffassung, dass durch die Einrichtung eines solchen Gerichtshofs die große Lücke im derzeitigen institutionellen Gefüge der internationalen Strafjustiz geschlossen würde und er auf den im Römischen Statut festgelegten Normen und Grundsätzen, die für den IStGH gelten, beruhen sollte;
4. fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, in enger Zusammenarbeit mit der Ukraine in der Generalversammlung der Vereinten Nationen und anderen internationalen Foren wie dem Europarat, der OSZE und den G7 politische Unterstützung für die Einrichtung eines Sondergerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine zu erstreben und aufzubauen;
5. ist der Ansicht, dass die Einrichtung des Sondergerichtshofs die Ermittlungsbemühungen des IStGH und seines Anklägers ergänzen würde, da sich der IStGH auf Ermittlungen wegen mutmaßlichen Völkermords und mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine konzentrieren könnte; bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die laufenden Ermittlungen des Anklägers des IStGH zur Lage in der Ukraine; erachtet es als überaus wichtig, dass die Ukraine das Römische Statut des IStGH und seine Änderungen ratifiziert und förmlich Mitglied des IStGH wird;
6. fordert, dass die Union tatkräftig von Public Diplomacy und strategischer Kommunikation Gebrauch macht, um die Einrichtung des Sondergerichtshofs voranzubringen;
7. betont, dass die genaue Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Sondergerichtshofs zwar noch festzulegen sind, aber den höchsten Anforderungen in Bezug auf Transparenz und Unparteilichkeit genügen müssen; ist zudem der Ansicht, dass dem internationalen Sondergerichtshof die Zuständigkeit übertragen werden muss, nicht nur gegen Wladimir Putin und die politische und militärische Führung der Russischen Föderation zu ermitteln, sondern auch gegen Aljaksandr Lukaschenka und die politische und militärische Führung in Belarus, einem dem Verbrechen der Aggression Vorschub leistenden Staat, von dessen Hoheitsgebiet aus und mit dessen logistischer Unterstützung die Russische Föderation ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, was im Sinne von Artikel 8bis des Römischen Statuts ein Verbrechen der Aggression ist;
8. betont, dass die Vorbereitungsarbeiten der EU im Hinblick auf die Einrichtung des Sondergerichtshofs unverzüglich beginnen sollten und in Zusammenarbeit mit der Ukraine vorrangig die Regelungen für den Sondergerichtshof festgelegt und die ukrainischen und internationalen Behörden dabei unterstützt werden sollten, Beweismittel für die spätere Verwendung vor dem künftigen Sondergerichtshof zu sichern;
9. fordert die Organe der EU, insbesondere die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst, auf, in der Zwischenzeit die Einrichtung einer Interimsstaatsanwaltschaft zu unterstützen, und stellt fest, dass die Einrichtung dieser Interimsstaatsanwaltschaft ein sehr wichtiger praktischer Fortschritt bei der Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine durch den künftigen Sondergerichtshof wäre;
10. verurteilt die Praxis Russlands, alle Maßnahmen zu blockieren, die auf der Ebene der Vereinten Nationen erwogen werden, um das Land für den Angriffskrieg gegen die Ukraine zur Rechenschaft zu ziehen;
11. betont, dass einem Sondergerichtshof für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine eine wichtige Funktion dabei zukäme, der Bevölkerung der Ukraine Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, andere internationale Akteure von einer Nachahmung der unrechtmäßigen Aggression Russlands abzuhalten und die Geltendmachung von Reparationen und eine künftige Aussöhnung zu erleichtern;
12. fordert die EU und die Mitgliedstaaten sowie ihre Partner und Verbündeten auf, Gespräche darüber aufzunehmen, wie es rechtlich ermöglicht werden kann, die Vermögenswerte des Staates Russland als Reparationen für Verstöße Russlands gegen das Völkerrecht in der Ukraine heranzuziehen, unter anderem durch die Verweigerung des Schutzes der Staatenimmunität oder die Einschränkung dieses Schutzes aufgrund des groben Charakters dieser Verstöße;
13. ist der festen Überzeugung, dass durch die Einrichtung dieses Sondergerichtshofs für das Verbrechen der Aggression ein sehr klares Signal sowohl an die Gesellschaft in Russland als auch an die internationale Gemeinschaft gesendet würde, dass Putin und die politische und militärische Führung Russlands für das in der Ukraine begangene Verbrechen der Aggression verurteilt werden können; betont, dass die Einrichtung dieses Gerichtshofs auch ein klares Signal an die Elite in Politik und Wirtschaft in Russland und den mit Russland verbündeten Staaten wäre, dass es für die Russische Föderation unter Putins Führung nicht mehr möglich ist, mit dem Westen zum „Business as usual“ zurückzukehren;
14. unterstützt die Empfehlung der Generalversammlung der Vereinten Nationen als ersten Schritt dahin, dass die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Zusammenarbeit mit der Ukraine ein internationales Schadensregister einrichten, das als Verzeichnis im Hinblick auf künftige Reparationen für Schäden, Verluste und Verletzungen bzw. für die langfristigen, weit verbreiteten und schweren Schäden dienen soll, die allen betroffenen natürlichen und juristischen Personen bzw. der natürlichen Umwelt, dem Klima und dem Staat Ukraine infolge der in der Ukraine begangenen oder gegen die Ukraine gerichteten völkerrechtswidrigen Handlungen der Russischen Föderation und seiner Verbündeten entstanden sind, und das die Beweiserhebung und deren Koordinierung erleichtern soll;
15. fordert die EU auf, einen gemeinsamen Standpunkt zum Verbrechen der Aggression und zu den Änderungen von Kampala am Römischen Statut des IStGH zum Verbrechen der Aggression anzunehmen; fordert Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Rumänien und Ungarn auf, die Änderungen von Kampala anzunehmen und zu ratifizieren;
16. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, dem Internationalen Strafgerichtshof, den G7-Staaten, der Afrikanischen Union, der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten, dem Forum der pazifischen Inseln, der Organisation Amerikanischer Staaten, der Karibischen Gemeinschaft, den Staatsorganen von Belarus, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine zu übermitteln.
unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 2. März 2022 mit dem Titel „Aggression gegen die Ukraine“, vom 24. März 2022 mit dem Titel „Humanitäre Folgen der Aggression gegen die Ukraine“ und vom 15. November 2022 mit dem Titel „Förderung von Rechtsschutz und Wiedergutmachung für die Aggression gegen die Ukraine“.