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Verfahren : 2023/2009(IMM)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A9-0201/2023

Eingereichte Texte :

A9-0201/2023

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 01/06/2023 - 6.1

Angenommene Texte :

P9_TA(2023)0206

Angenommene Texte
PDF 127kWORD 45k
Donnerstag, 1. Juni 2023 - Brüssel
Antrag auf Aufhebung der Immunität von Maria Spyraki
P9_TA(2023)0206A9-0201/2023

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 1. Juni 2023 über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Maria Spyraki (2023/2009(IMM))

Das Europäische Parlament,

–  befasst mit dem von der Europäischen Generalstaatsanwältin übermittelten und am 19. Januar 2023 im Plenum bekannt gegebenen Antrag vom 15. Dezember 2022 auf Aufhebung der Immunität von Maria Spyraki,

–  nach Anhörung von Maria Spyraki gemäß Artikel 9 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Artikel 8 und 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA)(1), insbesondere auf Artikel 29 Absatz 2,

–  unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011, 17. Januar 2013 und 19. Dezember 2019(2),

–  unter Hinweis auf Artikel 62 der Verfassung der Hellenischen Republik,

–  gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A9-0201/2023),

A.  in der Erwägung, dass die Leiterin der Europäischen Staatsanwaltschaft die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Maria Spyraki im Rahmen einer laufenden Ermittlung beantragt hat, die sich auf Tatsachen bezieht, die eine Anstiftung zum Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU gemäß Artikel 4 des griechischen Gesetzes 2803/2000, wie es nach Inkrafttreten der Übergangsbestimmung des Artikel 463 Absatz 2 des griechischen Strafgesetzbuchs (in Kraft seit dem 1. Juli 2019) in Verbindung mit Artikel 46 Absatz 1 und Artikel 98 des griechischen Strafgesetzbuchs Anwendung findet, darstellen könnten;

B.  in der Erwägung, dass der griechische Delegierte Europäische Staatsanwalt im Anschluss an einen von der EUStA am 1. Juli 2021 registrierten Bericht des OLAF die betreffende Untersuchung am 8. September 2021 eingeleitet hat;

C.  in der Erwägung, dass sich die mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten, von denen Maria Spyraki Kenntnis gehabt haben soll, zum einen insbesondere auf die Verstöße eines ihrer akkreditierten parlamentarischen Assistenten (APA) gegen seine Anwesenheitspflichten an seinem Arbeitsplatz zwischen November 2016 und Februar 2020 sowie die Erfüllung seiner Aufgaben und zum anderen auf die Einreichung von Dienstreise- und Kostenerstattungsanträgen sowie auf den Erhalt von Erstattungen für Dienstreisen, die von zwei der APA von Maria Spyraki nicht durchgeführt wurden, im ersten Fall zwischen November 2014 und Februar 2020 und im zweiten Fall zwischen Juli 2014 und Februar 2020 beziehen sollen;

D.  in der Erwägung, dass Maria Spyraki dem Parlament sämtliche zu Unrecht gezahlten Beträge, die bislang ermittelt werden konnten, zurückgezahlt hat; dass die Rückzahlung dieser Beträge keinen Einfluss darauf hat, ob sie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann;

E.  in der Erwägung, dass einerseits das Parlament nicht einem Gericht gleichgesetzt werden kann und dass andererseits das Mitglied des Parlaments im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Aufhebung der Immunität nicht als „Angeklagter“(3) gelten darf;

F.  in der Erwägung, dass die mutmaßliche Straftat keine in Ausübung des Amtes als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgte Äußerung oder abgegebene Stimme im Sinne von Artikel 8 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union betrifft;

G.  in der Erwägung, dass den Mitgliedern des Europäischen Parlaments außerdem gemäß Artikel 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;

H.  in der Erwägung, dass in Artikel 62 der griechischen Verfassung unter anderem festgelegt ist, dass Abgeordnete während der Wahlperiode ohne vorherige Zustimmung des Parlaments nicht strafrechtlich verfolgt, verhaftet, inhaftiert oder anderen Auflagen unterworfen werden dürfen;

I.  in der Erwägung, dass der Zweck der parlamentarischen Immunität darin besteht, das Parlament und seine Mitglieder vor Gerichtsverfahren zu schützen, die sich auf Tätigkeiten beziehen, die sie in Ausübung ihrer parlamentarischen Funktionen ausüben und die untrennbar damit verbunden sind;

J.  in der Erwägung, dass allein das Parlament darüber entscheidet, ob es die Immunität im jeweiligen Fall aufhebt; in der Erwägung, dass das Parlament bei der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität(4) eines Mitglieds der Position dieses Mitglieds in angemessener Weise Rechnung tragen kann;

K.  in der Erwägung, dass das Parlament im vorliegenden Fall nicht nachweisen konnte, dass ein fumus persecutionis vorlag, d. h. Tatsachen, die darauf hindeuten, dass das zugrunde liegende Verfahren von der Absicht getragen ist, der politischen Tätigkeit des Mitglieds und damit dem Europäischen Parlament zu schaden;

1.  beschließt, die Immunität von Maria Spyraki aufzuheben;

2.  beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich der europäischen Staatsanwaltschaft sowie Maria Spyraki zu übermitteln.

(1) ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1.
(2) Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008, Marra/De Gregorio und Clemente, C‑200/07 und C‑201/07, ECLI:EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T‑42/06, ECLI:EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, C‑163/10, ECLI:EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013, Gollnisch/Parlament, T‑346/11 und T‑347/11, ECLI:EU:T:2013:23; Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2019, Junqueras Vies, C‑502/19, ECLI:EU:C:2019:1115.
(3) Urteil des Gerichts vom 30. April 2019, Briois/Parlament, T‑214/18, ECLI:EU:T:2019:266.
(4) Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T‑345/05, ECLI:EU:T:2008:440, Randnr. 28.

Letzte Aktualisierung: 3. Oktober 2023Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen