Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Juli 2023 zur Lage der KMU in der Union (2023/2750(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine neue Industriestrategie für Europa“ (COM(2020)0102),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ (COM(2020)0103),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Mai 2021 mit dem Titel „Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: einen stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas aufbauen“ (COM(2021)0350),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr(1) (Zahlungsverzugsrichtlinie),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2020 zu einer neuen Strategie für europäische KMU(2),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 27. Juni 2023 mit dem Titel „Annual Report on European SMEs 2022/2023 – SME Performance Review 2022/2023“ (Jahresbericht 2022/2023 über KMU in der Union – KMU-Leistungsüberprüfung 2022/2023),
– unter Hinweis auf die Rede zur Lage der Union 2022, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während der Plenartagung des Europäischen Parlaments am 14. September 2022 gehalten hat,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 und Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine die europäischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vor erhebliche Herausforderungen und Schwierigkeiten gestellt haben, zumal beide Ereignisse zu Unterbrechungen der globalen Wertschöpfungsketten und anhaltender Inflation geführt haben;
B. in der Erwägung, dass Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union auf den Binnenmarkt, die nachhaltige Entwicklung und die soziale Marktwirtschaft Bezug nimmt;
C. in der Erwägung, dass KMU das Rückgrat der Wirtschaft der Union bilden, da sie 99 % aller Unternehmen in der Union ausmachen, in ihnen etwa 100 Mio. Menschen beschäftigt sind und sie mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts der Union erwirtschaften;
D. in der Erwägung, dass Kleinstunternehmen einen bedeutenden Anteil der europäischen KMU ausmachen und sehr häufig Schwierigkeiten haben, Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten und sich einen umfassenden Überblick über die ihnen auf europäischer und nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu verschaffen; in der Erwägung, dass auch diese Unternehmenskategorie von der COVID-19-Krise sehr hart getroffen wurde und – unbeschadet der derzeitigen Definition von KMU – mehr Unterstützung verdient und besser gefördert werden sollte;
E. in der Erwägung, dass sich KMU in der gemeinsamen Umfrage der Europäischen Zentralbank und der Kommission vom Oktober 2022 so pessimistisch wie nie zuvor äußerten, was die allgemeinen wirtschaftlichen Aussichten anbelangt; in der Erwägung, dass KMU in Bezug auf den Zugang von Unternehmen zu Finanzmitteln auch deutlich darauf hingewiesen haben, dass die Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe abnimmt und immer weniger Kreditlinien verfügbar sind;
F. in der Erwägung, dass im Jahresbericht 2022/2023 über europäische KMU hervorgehoben wurde, dass die Inflationsraten zu einem Anstieg der Zinssätze geführt haben, wodurch wiederum der Zugang zu öffentlichen und privaten Finanzmitteln erschwert wurde; in der Erwägung, dass in demselben Bericht empfohlen wurde, dass bei den Maßnahmen zur Abmilderung der negativen Auswirkungen der Inflation der Schwerpunkt auf einem verbesserten Zugang von KMU zu Finanzmitteln liegen sollte; in der Erwägung, dass in dem Bericht darauf hingewiesen wurde, dass der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ein Hindernis für KMU in der gesamten Union darstellt;
G. in der Erwägung, dass die Betriebsausgaben der Industrie in der Union im Vergleich zu den globalen Wettbewerbern hoch sind; in der Erwägung, dass diese Ausgaben weitgehend auf hohe Energiepreise sowie einen hohen Regelungsaufwand zurückzuführen sind;
H. in der Erwägung, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Union hinter der Wettbewerbsfähigkeit anderer entwickelter Volkswirtschaften zurückbleibt, wodurch das Potenzial der Union zur Schaffung von Wohlstand und Wohlergehen in Gefahr gerät; in der Erwägung, dass die Rechtsvorschriften der Union in einem ausgewogenen Verhältnis stehen müssen, was die Wachstumsförderung, das Unternehmertum, den Klimaschutz und die Produktivität der Unternehmen betrifft;
I. in der Erwägung, dass der Regelungsaufwand deutlich verringert werden sollte, was auch für die mit der Einhaltung der Vorschriften verbundenen Kosten gilt, die durch Überregulierung und übermäßig komplexe Verwaltungsverfahren und Berichtspflichten verursacht werden;
J. in der Erwägung, dass nur 17 % der KMU digitale Technologien erfolgreich in ihre Unternehmen integriert haben; in der Erwägung, dass die Digitalisierung für ein starkes Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen im Binnenmarkt unentbehrlich ist;
K. in der Erwägung, dass die Marktbedingungen für innovative KMU in der Union erheblich verbessert würden, wenn die Kommission bei der Ausarbeitung neuer Gesetzgebungsvorschläge das Innovationsprinzip anwenden würde, da dadurch ein gesunder Wettbewerb im Binnenmarkt gefördert würde und der grüne und der digitale Wandel in der Union beschleunigt würden;
L. in der Erwägung, dass die Präsidentin der Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union 2022 angekündigt hat, dass die Kommission ein KMU-Entlastungspaket vorschlagen wird; in der Erwägung, dass sie auch angekündigt hat, dass die Zahlungsverzugsrichtlinie überarbeitet wird, da es ungerecht sei, dass jede vierte Insolvenz in der EU darauf zurückzuführen ist, dass Rechnungen nicht fristgerecht beglichen werden;
M. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament, das die Interessen der Unionsbürgerinnen und -bürger vertritt, die entscheidende Rolle von KMU bei der Förderung des Wirtschaftswachstums, der Schaffung von Arbeitsplätzen und des sozialen Zusammenhalts anerkennt;
1. fordert die Kommission auf, eine Gesamtbewertung der kumulativen Auswirkungen der Rechtsvorschriften der Union auf KMU in der Union vorzunehmen, um erforderlichenfalls Vereinfachungen vorzuschlagen und einen Rahmen zu schaffen, mit dem sichergestellt wird, dass die Union im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum der beste Ort für die Gründung von KMU ist;
2. betont, dass übermäßige Bürokratie und Überregulierung verhindert werden müssen und der Verwaltungsaufwand für KMU auf das absolute Mindestmaß reduziert werden muss, gleichzeitig aber die strengsten Normen für den Verbraucher-, Arbeitnehmer-, Gesundheits- und Umweltschutz beibehalten werden müssen;
KMU-Entlastungspaket
3. fordert die dringende Annahme der überarbeiteten Zahlungsverzugsrichtlinie, die KMU einen soliden und vorhersehbaren Rechtsrahmen bietet, um Zahlungsverzögerungen sowohl in den Beziehungen zwischen Unternehmen als auch zwischen Unternehmen und Behörden anzugehen, und dabei für einen ausgewogenen Ansatz sorgt, bei dem die Vertragsfreiheit gewahrt wird;
4. stellt fest, dass Zahlungsverzug nach wie vor eine große Bedrohung für das wirtschaftliche Überleben von KMU darstellt, insbesondere im derzeitigen Umfeld, das von hoher Inflation und steigenden Energiekosten geprägt ist; hebt hervor, dass schätzungsweise eine von vier Insolvenzen in der Union darauf zurückzuführen ist, dass Rechnungen nicht fristgerecht beglichen werden;
5. unterstützt die in der KMU-Strategie angekündigte Einrichtung einer Beobachtungsstelle für Zahlungsverzug, damit Trends und Entwicklungen in Bezug auf die fristgerechte Tätigung von Zahlungen an KMU beobachtet werden können, wobei gleichzeitig sensible Geschäftsinformationen entsprechend respektiert werden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die breite Nutzung digitaler Instrumente, etwa der elektronischen Rechnungsstellung und automatisierter Zahlungsverfahren, zu unterstützen, um die Transparenz, Sicherheit und Effizienz zu erhöhen;
6. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass KMU bei der Umsetzung des Befristeten Rahmens zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels in vollem Umfang einbezogen werden; fordert die Kommission auf, für einen fairen Wettbewerb für KMU zu sorgen und Verzerrungen im Binnenmarkt vorzubeugen, die durch vorübergehend gelockerte Vorschriften über staatliche Beihilfen verursacht werden; fordert die Kommission auf, eine mögliche Überarbeitung der Vorschriften über staatliche Beihilfen zu prüfen, um zu bewerten, wie die Interessen von KMU geschützt werden;
7. betont, dass die derzeitige Definition des KMU-Begriffs bewertet werden muss, um KMU den Zugang zu Risikokapital zu erleichtern, und dass eine einheitliche Bestimmung des Begriffs Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung ausgearbeitet werden muss; bedauert, dass es bei der Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens keinen Vorschlag zur Stärkung des Finanzierungsfensters „KMU“ im Rahmen von InvestEU gibt;
8. begrüßt, dass die Präsidentin der Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union 2022 angekündigt hat, dass im Rahmen des KMU-Entlastungspakets ein Vorschlag für einheitliche Steuervorschriften für in der Union tätige Unternehmen (Business in Europe: Framework for Income Taxation – BEFIT) vorgelegt werden soll; nimmt die Absicht der Kommission zur Kenntnis, den BEFIT-Vorschlag am 12. September 2023 vorzulegen, um ein neues und einheitliches Regelwerk der Union für die Unternehmensbesteuerung zu entwerfen; ist der Ansicht, dass die BEFIT-Initiative eine Gelegenheit bieten sollte, die mit der Einhaltung der Steuervorschriften verbundenen Kosten anzugehen und den Verwaltungsaufwand zu verringern und gleichzeitig dazu beizutragen, aggressive Steuerplanung auf ein Minimum zu reduzieren und gleiche Wettbewerbsbedingungen für KMU zu fördern;
9. stellt fest, dass Unternehmen in einem volatilen Geschäftsumfeld tätig und mit einer zunehmenden Zahl von Steuerrichtlinien der Union konfrontiert sind, insbesondere nach dem Abschluss internationaler Abkommen durch die Mitgliedstaaten; bedauert, dass der effektive Steuersatz für multinationale Unternehmen in der Regel deutlich niedriger ist als der für KMU; ist der Ansicht, dass die Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union(3) dazu beitragen wird, den derzeitigen Unterschied zu verringern,
10. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass den spezifischen Anforderungen von KMU entsprochen wird, indem BEFIT für KMU, insbesondere solche, die keine grenzübergreifende Geschäftstätigkeit ausüben, dauerhaft fakultativ bleibt;
11. nimmt das Vorhaben der Kommission zur Kenntnis, im Rahmen der vorgeschlagenen BEFIT-Vorschriften den KMU, die grenzübergreifend in anderen Mitgliedstaaten tätig sind, zu gestatten, sich der Steuerverwaltung zu unterstellen, mit der sie am besten vertraut sind;
Verbesserter Zugang von KMU zu Finanzmitteln
12. stellt fest, dass KMU, die sich Zugang zu Finanzmitteln verschaffen wollen, infolge der derzeitigen wirtschaftlichen Herausforderungen und der steigenden Zinssätze mit strengeren Bedingungen konfrontiert sind; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen in Bezug auf die Kapitalmarktunion zu verstärken und Finanzmittel für das Wachstum in der Union freizusetzen;
13. begrüßt die Arbeit der Kommission an dem Maßnahmenpaket zur Börsennotierung, mit dem insbesondere für KMU der Zugang zu den Aktienmärkten, verbessert werden soll, indem der mit der Notierung eines Unternehmens an einer Börse verbundene Verwaltungsaufwand verringert wird; begrüßt die Veröffentlichung der Vorschriften für die Notierung an öffentlichen Märkten; erkennt ihr Potenzial an, wenn es gilt, den Zugang von KMU zu Kapital zu erleichtern und ihre Skalierbarkeit zu ermöglichen; erkennt die Gelegenheit an, die Kapitalmarktunion zu stärken, um Investitionen in KMU in der gesamten Union zu steigern, und betont, dass der Eigenkapitalfinanzierung für KMU im Rahmen des Projekts zur Schaffung der Kapitalmarktunion Vorrang eingeräumt werden muss;
14. bekräftigt, dass es wichtig ist, Investitionen so zu lenken, dass sie KMU zugutekommen, um zum Abbau sozialer Ungleichheiten beizutragen;
15. fordert, dass die Arbeit an einer europäischen Strategie für Exportkredite für KMU beschleunigt wird, damit unionsweit für ein einheitliches und wirksames Angebot an Exportkreditgarantien gesorgt ist;
16. betont, dass KMU, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, angemessene finanzielle und nichtfinanzielle Unterstützung erhalten müssen, um eine Insolvenz abzuwenden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz(4) umzusetzen;
17. nimmt den Vorschlag der Kommission für eine Strategie für Kleinanleger zur Kenntnis, in deren Mittelpunkt die Interessen der Verbraucher stehen; bekräftigt, dass es wichtig ist, dafür zu sorgen, dass sich die Finanzierungsmöglichkeiten für KMU durch eine stärkere Beteiligung von Kleinanlegern an den Kapitalmärkten verbessern, was ein Ergebnis dieser Strategie sein sollte;
18. fordert, dass der zweifache Wandel – Dekarbonisierung und Digitalisierung – unterstützt wird, da KMU das Rückgrat der Wirtschaft der Union bilden und damit eine Stütze der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Union sind;
19. weist erneut darauf hin, dass auch im Digitalbereich gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen müssen, mit denen die Interoperabilität und ein diskriminierungsfreier Zugang zu Daten sichergestellt werden, wodurch KMU in einer fairen Datenwirtschaft der Union gedeihen könnten;
20. fordert, dass der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) erleichtert wird, indem die Schaffung von KMU-Bündnissen für KI in strategisch bedeutsamen Wertschöpfungsketten gefördert wird;
21. stellt fest, dass infolge der Klimakrise Millionen von KMU in der Union den Übergang zur Klimaneutralität vollziehen müssen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um die nachhaltige Finanzierung besser auf KMU zuzuschneiden;
22. hält es für wichtig, KMU in spezielle Programme und Ressourcen im Rahmen des Industrieplans zum Grünen Deal einzubinden, insbesondere was die Entwicklung umweltschonender Technologie anbelangt;
23. weist darauf hin, dass der Europäische Innovationsrat (EIC) ein neues und einzigartiges Finanzierungsprogramm der Union ist, das Start-up-Unternehmen mit technologieintensiven Innovationen eine zentrale Anlaufstelle für Finanzierungen bieten soll, damit sie ihre Innovationen von einer anfänglichen Idee zu einem marktfähigen Produkt weiterentwickeln können und ihre Unternehmen expandieren können; begrüßt, dass die Haushaltsmittel für den EIC aufgestockt wurden und im Rahmen des Vorschlags zur Einrichtung der Plattform „Strategische Technologien für Europa“ der Umfang der Aktivitäten des EIC mit Eigenkapital erweitert wurde; fordert die Kommission auf, einen Teil der Mittel der vorgeschlagenen Plattform „Strategische Technologien für Europa“ speziell für KMU vorzusehen;
24. fordert weitere Anreize, um die Beteiligung von KMU an den Finanzierungsaufrufen im Rahmen von Horizont Europa zu fördern, um sicherzustellen, dass die Untersäule KMU im EIC über die Flexibilität verfügt, rasch Mittel zu mobilisieren und ihre Mittel bei Bedarf aufzustocken;
25. fordert, dass innerhalb der Kommission ein einziger Ansprechpartner benannt wird, der KMU klare Orientierungshilfen und Unterstützung bietet; fordert die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors, das als zentrale Anlaufstelle dient und alle einschlägigen finanziellen und nicht finanziellen Unterstützungsleistungen sowie Formulare und Informationen für alle Unternehmen, einschließlich KMU, zusammenführt; fordert, dass alle Berichtspflichten, die sich aus den Unionsvorschriften und aus dem Paket „Fit für 55“ ergeben, in ein einziges Berichterstattungsinstrument aufgenommen werden, das flexibel mit spezifischen Anforderungen und einsatzbereiten wesentlichen Leistungsindikatoren für Unternehmen konzipiert werden kann; betont, dass dieses Instrument auch eine Schnittstelle zu Ausschreibungen und Finanzierungsmöglichkeiten der Union bieten sollte, damit die Unternehmen in die Lage versetzt werden, den digitalen und ökologischen Wandel erfolgreich zu meistern;
26. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich über bewährte Verfahren auszutauschen und auf nationaler Ebene ergänzende Verfahren zu entwickeln, die insbesondere Kleinst- und Kleinunternehmen zugutekommen;
27. spricht sich für die Einführung von Maßnahmen aus, die darauf abzielen, die Beteiligung von KMU an der Vergabe öffentlicher Aufträge zu steigern, darunter vereinfachte Ausschreibungsverfahren und eine verstärkte Nutzung digitaler Instrumente bei der grenzüberschreitenden Auftragsvergabe;
28. fordert, dass Hindernisse, die grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten und Investitionen innerhalb der Union im Wege stehen, dringend beseitigt werden, damit ein vollwertiger Binnenmarkt für alle Wirtschaftstätigkeiten geschaffen wird;
29. fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihrer Zusage Taten folgen zu lassen und den KMU-Beauftragten unverzüglich zu ernennen; ist der Ansicht, dass der KMU-Beauftragte zentral unterhalb des Amtes des Präsidenten der Kommission angesiedelt sein sollte, damit der Umgang mit KMU-Angelegenheiten in allen Generaldirektionen beaufsichtigt werden kann; vertritt die Auffassung, dass eine der Hauptaufgaben des KMU-Beauftragten darin bestehen sollte, gleiche Ausgangsbedingungen für die grenzübergreifende Geschäftstätigkeit zu schaffen und gegen Überregulierung vorzugehen;
30. ist der Ansicht, dass der Ausschuss für Regulierungskontrolle erweitert und mit überwiegend unabhängigen Sachverständigen besetzt werden muss;
31. fordert die Kommission auf, das Aufbau- und Resilienzscoreboard zu aktualisieren, um ein Überwachungssystem zu ermöglichen, mit dem KMU als Begünstigte ermittelt werden können; hält es für sehr wichtig, detaillierte Daten zur Bewertung von KMU in bestimmten Branchen zu erheben;
32. betont, dass in dem Paket „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ auch die Perspektive der KMU berücksichtigt werden muss; fordert die Entwicklung maßgeschneiderter Leitlinien für KMU mit dem Ziel, sie im Zusammenhang mit ihrem beschränkten Zugang zu den Vorteilen des Binnenmarkts zu unterstützen;
33. fordert die Kommission nachdrücklich auf, ein spezielles Instrumentarium für KMU zu veröffentlichen, in dem die Maßnahmen und Instrumente dargelegt sind, mit deren Hilfe die Mitgliedstaaten KMU während der Energiekrise unterstützen können; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich über bewährte Verfahren auszutauschen und dabei insbesondere steuerpolitische Maßnahmen in den Blick zu nehmen, mit denen die Folgen, die die Inflation und Störungen in Wertschöpfungsketten für KMU haben, abgemildert werden;
Politikinstrumente für KMU
34. unterstützt nachdrücklich die Einführung des Check-ups der Wettbewerbsfähigkeit durch die Kommission im Rahmen ihrer Ausarbeitung neuer Rechtsvorschriften; ist der Ansicht, dass dieser Check-up fest in den institutionellen Rahmen der Kommission integriert werden sollte;
35. fordert die Umsetzung und Bewertung des Innovationsgrundsatzes bei allen von der Kommission vorgeschlagenen neuen und überarbeiteten Rechtsakten, um Innovationen zu fördern, die zur Verwirklichung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Ziele der Union beitragen, und um künftige technologische Fortschritte zu antizipieren und zu nutzen; ersucht die Kommission, die potenziellen negativen Auswirkungen neuer vorgeschlagener Gesetzgebungsakte auf die Entwicklung von Innovationen und ihre Markteinführung zu analysieren;
36. fordert, dass der One-in-one-out-Grundsatz angewandt wird, um den Regelungsaufwand in der Union auf dem derzeitigen, wenngleich hohen Niveau zu stabilisieren; fordert die Kommission auf, bewährte Verfahren auf nationaler Ebene zu berücksichtigen, einschließlich der Prüfung einer Verringerung des Regelungsaufwands für KMU um mindestens 30 %, um den Kostendruck zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Verfahren zu straffen und die Grundsätze „einmalige Erfassung“ und „standardmäßig digital“ anzuwenden, um so die Verwaltungsverfahren für KMU zu erleichtern;
37. fordert die konsequente Anwendung des Grundsatzes „Vorfahrt für KMU“ in internen Beratungen und die Stärkung der Mechanismen zur Mitwirkung von KMU, wobei die Gründe für die Nichtberücksichtigung ihrer Beiträge zu erläutern sind, wenn dies hinreichend begründet ist; erkennt die Bedeutung der Konsultationen des KMU-Panels an und bedauert, dass sie aufgrund mangelnder Ressourcen nur eingeschränkt genutzt werden;
38. fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, darauf hinzuarbeiten, den Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften zu verbessern; betont, wie wichtig die Qualifizierung, Weiterqualifizierung und Umschulung von Beschäftigten von KMU ist, insbesondere während des Jahres der Kompetenzen 2023; fordert die Kommission nachdrücklich auf, Maßnahmen zu prüfen, die es KMU ermöglichen, qualifizierte Arbeitskräfte zu halten; betont, dass bei Initiativen wie dem Kompetenzpakt, Kurzlehrgängen zum Thema Digitales, dem Netz von Nachhaltigkeitsberatern und den Zentren für digitale Innovation der Schwerpunkt auf technische Hilfe für KMU und die Schulung ihrer Mitarbeiter gesetzt werden sollte; fordert, dass der Europäische Sozialfonds Plus, der Fonds für einen gerechten Übergang und die Europäische Kompetenzagenda den besonderen Bedürfnissen von KMU in ausreichendem Maß Rechnung tragen; ist der Ansicht, dass digitale Kompetenzen, Kompetenzen im Bereich des öffentlichen Auftragswesens, die Vermittlung von Finanzwissen und Kompetenzen im Bereich des Lieferkettenmanagements von wesentlicher Bedeutung sind, wenn es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit von KMU zu steigern;
39. fordert die Kommission erneut auf, einen Gesetzgebungsvorschlag für einen europäischen Sozialversicherungspass vorzulegen, um die Mobilität der Arbeitskräfte zu erleichtern und die digitale Durchsetzung der Sozialversicherungsansprüche zu verbessern und so den nationalen Behörden und den Sozialpartnern ein in Echtzeit nutzbares Instrument an die Hand zu geben, mit dem sie das innerstaatliche Recht und das Unionsrecht wirksam durchsetzen können, wozu auch die Überprüfung portabler A1-Dokumente gehört;
40. weist darauf hin, wie wichtig es ist, im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte den sozialen Dialog bei der Gestaltung und Umsetzung von KMU-Maßnahmen zu fördern;
41. stellt mit Bedauern fest, dass es nach wie vor eine geschlechtsspezifische Diskrepanz beim Unternehmertum und beim Zugang zu Finanzmitteln durch von Frauen geführte Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen gibt; fordert die Kommission auf, die Hindernisse zu bewerten, die einer umfassenden Freisetzung des unternehmerischen Potenzials von Frauen nach wie vor im Wege stehen, und den Austausch über bewährte Verfahren zu intensivieren, wenn es gilt, die Fähigkeiten und das Selbstvertrauen von Frauen in diesem Bereich zu stärken;
42. betont, dass die Einstellung qualifizierter Drittstaatsangehöriger für KMU vereinfacht und der entsprechende Verwaltungsaufwand verringert werden muss, unter anderem indem die Möglichkeit geprüft wird, es Industrie- oder Wirtschaftsverbänden zu ermöglichen, im Namen der ihnen angehörenden KMU als zertifizierte Arbeitgeber zu handeln;
43. fordert, dass günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden, durch die die Weitergabe von Familienunternehmen unterstützt und der Unternehmergeist der nächsten Generation gefördert wird; fordert nachdrücklich, dass eine gründliche Bewertung der Umsetzung der Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen bzw. die zweite Chance vorgenommen wird; spricht sich dafür aus, dass Maßnahmen zur Förderung von Unternehmensübertragungen in das KMU-Entlastungspaket aufgenommen werden, etwa die Förderung eines unionsweiten Barometers für Unternehmensübertragungen;
44. begrüßt den von der Kommission angekündigten Vorstoß zur Rationalisierung und Vereinfachung der Berichtspflichten für Unternehmen und Verwaltungen durch eine Reduzierung der Berichtspflichten um 25 % als ersten Schritt; weist jedoch darauf hin, dass die Berichtspflichten nur einen kleinen Teil des Regelungsaufwands ausmachen und daher einschneidendere Maßnahmen erforderlich sind; ist der Ansicht, dass die geplante Verringerung der Berichtspflichten sowohl für bestehende als auch für künftige Rechtsvorschriften gelten sollte;
45. vertritt die Auffassung, dass die Union einfache und benutzerfreundliche digitale Instrumente fördern sollte, um KMU in die Lage zu versetzen, sich im Regelungsumfeld der Union zurechtzufinden;
46. fordert die Kommission auf, die Verbreitung bewährter Verfahren und den Zugang zu genauen Daten zu fördern, um die gesicherte Übermittlung und Kontinuität zu unterstützen, insbesondere für Familienunternehmen, bei denen die Kontinuität zwischen den Generationen von größter Bedeutung ist;
47. ist der Ansicht, dass die Union ihren Grundsatz, in großen Angelegenheiten Größe und Ehrgeiz zu zeigen und sich in kleinen Angelegenheiten durch Zurückhaltung und Bescheidenheit auszuzeichnen, stärken muss, damit die Verhältnismäßigkeit und die Subsidiarität besser gewahrt werden und ein gedeihliches Unternehmensumfeld für KMU in der Union geschaffen wird;
48. fordert verbesserte umfassende Folgenabschätzungen mit besonderem Schwerpunkt auf KMU, einschließlich eines verbindlichen KMU-Tests in der Folgenabschätzungsphase, um die wirtschaftlichen Auswirkungen von Gesetzgebungsvorschlägen auf KMU, einschließlich der Befolgungskosten, umfassend zu bewerten; fordert, dass der Test während des gesamten Legislativverfahrens laufend aktualisiert wird; empfiehlt, dass der KMU-Test einer umfassenden Überprüfung unterzogen wird, und dass der Einsatz geeigneter Instrumente, die KMU die Mitwirkung erleichtern, die regelmäßige Überarbeitung von Folgenabschätzungen und eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Größenklassen von KMU eingeführt werden sollten; weist darauf hin, dass belastbare Folgenabschätzungen, bei denen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus der Union berücksichtigt wird, wichtig sind;
49. betont, dass es wichtig ist, in Legislativvorschlägen vereinfachte Anforderungen und zeitliche Puffer für KMU einzuführen, um ihnen die Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern; fordert die Kommission auf, KMU in das Verfahren der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften des Sekundärrechts einzubeziehen;
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50. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) (ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 18).