Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. September 2023 zur Menschenrechtslage in Bangladesch, insbesondere zum Fall Odhikar (2023/2833(RSP))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage in Bangladesch erheblich verschlechtert hat, und zwar unter anderem im Hinblick auf außergerichtliche Tötungen, Verschleppungen, die Meinungsfreiheit und die Arbeitnehmerrechte;
B. in der Erwägung, dass Odhikar, eine führende Menschenrechtsorganisation, seit mehr als einem Jahrzehnt Schikanen und Kriminalisierung ausgesetzt ist und aus dem Register der nichtstaatlichen Organisationen gelöscht wurde; in der Erwägung, dass gegen zwei Führungskräfte von Odhikar, Adilur Rahmen Khan und A. S. M. Nasiruddin Elan, Anklage aufgrund unwahrer Anschuldigungen erhoben wurde und das Urteil am 14. September 2023 gesprochen wurde; in der Erwägung, dass die Tatsache, dass es in diesen Fällen kein ordnungsgemäßes Verfahren gab, umfassend verurteilt wurde;
C. in der Erwägung, dass Gremien der Vereinten Nationen und der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte die Regierung Bangladeschs und die Justiz des Landes verurteilt haben, weil sie Menschenrechtsverteidiger und zivilgesellschaftlich engagierte Bürgerinnen und Bürger andauernd einschüchtern und schikanieren, und zwar auch dann, wenn diese mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten;
1. bekundet seine tiefe Besorgnis über die sich verschlechternde Menschenrechtslage in Bangladesch; fordert die Regierung Bangladeschs auf, ein sicheres und begünstigendes Umfeld für nichtstaatliche Organisationen, Menschenrechtsverteidiger, engagierte Bürgerinnen und Bürger und religiöse Minderheiten zu schaffen und sich an die internationalen Verpflichtungen des Landes, insbesondere aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu halten;
2. bedauert die am 14. September 2023 vom Cyber-Gericht von Dhaka gegen den Sekretär von Odhikar, Adilur Rahman Khan, und den Direktor ASM Nasiruddin Elan verhängte Gefängnisstrafe; fordert die staatlichen Stellen Bangladeschs nachdrücklich auf, dieses Urteil sofort und bedingungslos aufzuheben, Odhikar wieder in das Register aufzunehmen und sicherzustellen, dass Organisationen der Zivilgesellschaft Zugang zu genehmigten Beihilfen aus dem Ausland haben;
3. hält die Regierung Bangladeschs dazu an, mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um einen speziellen Mechanismus zur Untersuchung mutmaßlicher Verschleppungen einzurichten; besteht darauf, dass internationalen Beobachtern gestattet wird, Gerichtsverhandlungen zu beobachten;
4. weist darauf hin, dass derzeit ein Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit mit Bangladesch im Rahmen der Regelung „Alles außer Waffen“ (Everything But Arms – EBA) anhängig ist, da das Land auf schwerwiegende Weise gegen internationale Übereinkommen verstößt; ist besorgt darüber, dass der Fall Odhikar ein bedauerlicher Rückschritt ist, der Konsequenzen bezüglich der weiteren Anwendung der EBA-Präferenzen in Bangladesch nach sich ziehen könnte;
5. ist entsetzt über die gewaltsame Ermordung des Gewerkschafters Shahidul Islam im Juni 2023 und fordert, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;
6. fordert Bangladesch eindringlich auf, die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation einzuhalten und seinen arbeitsrechtlichen Fahrplan im Einklang mit den im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit abgegebenen Zusagen umzusetzen;
7. fordert die staatlichen Stellen Bangladeschs erneut auf, das Gesetz über digitale Sicherheit aufzuheben, und legt ihnen nahe, Cybersicherheitsvorschriften zu erlassen, die uneingeschränkt den internationalen Standards entsprechen;
8. ist besorgt über die Massenfestnahmen von Oppositionsvertretern und den übermäßigen Rückgriff auf Gewalt gegen Demonstrierende in Bangladesch; fordert die Regierung Bangladeschs auf, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die für 2024 vorgesehene Wahl frei, fair und partizipativ ablaufen kann; hebt hervor, dass eine ungehinderte Beobachtung durch nationale und internationale Wahlbeobachter zu den grundlegenden internationalen Standards gehört;
9. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst, die EU-Delegation und die Botschaften der Mitgliedstaaten in Bangladesch auf, auf höchster Ebene Menschenrechtsanliegen zur Sprache zu bringen und ins Visier der staatlichen Stellen geratene Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschafter und Journalisten vor Ort stärker zu unterstützen, indem unter anderem Gerichtsverfahren beobachtet werden;
10. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Regierung und dem Parlament von Bangladesch zu übermitteln.