Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2023/2840(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : B9-0394/2023

Eingereichte Texte :

B9-0394/2023

Aussprachen :

Abstimmungen :

Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P9_TA(2023)0342

Angenommene Texte
PDF 147kWORD 53k
Mittwoch, 4. Oktober 2023 - Straßburg
Segregation und Diskriminierung von Roma-Kindern im Bildungswesen
P9_TA(2023)0342B9-0394/2023

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2023 zu der Segregation und Diskriminierung von Roma-Kindern im Bildungswesen (2023/2840(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zu der Segregation und Diskriminierung von Roma(1)-Kindern im Bildungswesen (O-000039/2023 – B9-0026/2023),

–  unter Hinweis auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union, Artikel 10 und 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und die Artikel 14, 20, 21, 22 und 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“),

–  unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse)(2),

–  unter Hinweis auf den Beschluss der Kommission, mehrere Vertragsverletzungsverfahren (gegen die Tschechische Republik (2014), die Slowakei (2015) und Ungarn (2016)(3)) einzuleiten und das Verfahren gegen die Slowakei am 19. April 2023 an den Gerichtshof der Europäischen Union zu verweisen, da das Land gegen die in der Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse verankerten Unionsvorschriften verstoßen hat, indem es nicht wirksam gegen das Problem der Segregation von Roma-Kindern im Bildungswesen vorgegangen ist,

–  unter Hinweis auf den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit(4),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 12. März 2021 zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma(5),

–  unter Hinweis auf den strategischen Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma für den Zeitraum 2020-2030 vom 7. Oktober 2020,

–  unter Hinweis auf die Vision für einen europäischen Bildungsraum bis 2025,

–  unter Hinweis auf die Europäische Sozialcharta,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Januar 2023 mit dem Titel „Bewertungsbericht über die nationalen strategischen Rahmen der Mitgliedstaaten für die Roma“ (COM(2023)0007),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. September 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025“ (COM(2020)0565), in dem alle Mitgliedstaaten aufgefordert werden, bis Ende 2022 nationale Aktionspläne gegen Rassismus und Rassendiskriminierung auszuarbeiten und zu verabschieden,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 2020 zur Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma: Bekämpfung der negativen Einstellung gegenüber Menschen mit Roma-Hintergrund in Europa(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Oktober 2022 zur Lage von Roma-Gemeinschaften, die in Siedlungen in der EU leben(7),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. November 2022 zu der Rassengerechtigkeit, dem Diskriminierungsverbot und dem Vorgehen gegen Rassismus in der EU(8),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. April 2023 zur Bekämpfung von Diskriminierung in der EU – die seit Langem erwartete horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. April 2015 anlässlich des Internationalen Roma-Tages – Antiziganismus in Europa und Anerkennung durch die EU des Tags des Gedenkens an den Völkermord an den Roma während des Zweiten Weltkriegs(10),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2021 zu den Rechten des Kindes im Hinblick auf die EU-Kinderrechtsstrategie(11),

–  unter Hinweis auf die allgemeine politische Empfehlung Nr. 13 der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats vom 24. Juni 2011 zur Bekämpfung von Antiziganismus und der Diskriminierung von Roma,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. März 2022 zur Bedeutung von Kultur, Bildung, Medien und Sport für die Bekämpfung von Rassismus(12),

–  unter Hinweis auf die Urteile Nr. 5Cdo/102/2020 und 5Cdo/220/2022 des Obersten Gerichtshofs der Slowakei, in denen die Diskriminierung von Roma-Kindern im Bildungswesen und die diesbezügliche Verantwortung der Gemeinden und des Staates bestätigt werden,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2019 zu der Notwendigkeit eines verstärkten strategischen Rahmens der EU für nationale Strategien zur Integration der Roma und für eine intensivere Bekämpfung des Antiziganismus für die Zeit nach 2020(13),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2011 zur Strategie der EU zur Integration der Roma(14),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes,

–  gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass alle Kinder das Recht haben, ihre Fähigkeiten und Talente zu entfalten und zu entwickeln, indem sie Zugang zu inklusiver und hochwertiger Bildung ohne Segregation haben;

B.  in der Erwägung, dass das Recht auf hochwertige, zugängliche und kostenlose Pflichtschulbildung, einschließlich des Zugangs zu frühkindlicher und vorschulischer Bildung, allen Kindern unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft garantiert werden sollte;

C.  in der Erwägung, dass Tausende von Roma-Schülerinnen und -Schülern, die der größten ethnischen Minderheit in der EU angehören, nach wie vor auf allen Ebenen des Bildungswesens erheblich diskriminiert werden, weil es an politischem Willen mangelt und mehrere Mitgliedstaaten es versäumt haben, Ungleichheiten und deren Ursachen wirksam anzugehen und zu überwinden;

D.  in der Erwägung, dass das Fortbestehen vielfältiger Formen von Diskriminierung, Rassismus und Vorurteilen die Ursache für die weitverbreitete Segregation von Roma-Schülerinnen und -Schülern in Schulen ist, obwohl derartige Praktiken im nationalen und internationalen Rahmen gesetzlich verboten sind;

E.  in der Erwägung, dass eine solche Segregation im Bildungsbereich in der Regel unterschiedliche Formen annimmt: unverhältnismäßig viele Roma-Kinder, die „Sonderschulen“ für Kinder mit geistigen Behinderungen besuchen, gesonderte Klassen oder Bereiche für Roma-Schülerinnen und -Schüler in „gemischten Regelschulen“ sowie die Verbreitung von „Gettoschulen“;

F.  in der Erwägung, dass die Schaffung paralleler Bildungssysteme für Roma-Kinder eine gut funktionierende Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit ernsthaft einschränkt, insbesondere wenn es um den Schutz von Minderheitenrechten geht;

G.  in der Erwägung, dass Roma-Kinder mit Formen sich überschneidender Diskriminierung sowie mit Hindernissen für die gleichberechtigte Beteiligung an der Bildung konfrontiert sind, etwa der Unfähigkeit, für die Kosten im Zusammenhang mit Bildung aufzukommen, räumlicher Segregation, mangelnden Kinderbetreuungseinrichtungen in der Nähe oder dem ungleichen bzw. nicht vorhandenen Zugang zu Online- und/oder Fernunterricht;

H.  in der Erwägung, dass Armut, mangelnder Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und prekäre Verhältnisse starke Auswirkungen auf die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung von Kindern haben und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie die Schule abbrechen und in allen Bereichen ihres Erwachsenenlebens hinterherhinken;

I.  in der Erwägung, dass eine geringe Teilnahme an vorschulischer Bildung eine Hauptursache für die Quoten eines vorzeitigen Schulabbruchs unter Roma ist und dass die Situation durch den späten Beginn der Schulbildung und den unregelmäßigen Schulbesuch zusätzlich verschärft wird; in der Erwägung, dass die Teilnahme von Roma an der Sekundarstufenbildung durch Faktoren wie die Anfahrt und die Segregation im Wohnungswesen sowie schlecht funktionierende Beratungsangebote erschwert wird;

J.  in der Erwägung, dass diskriminierende Behandlung auf strukturellen und institutionellen Vorurteilen gegenüber Roma beruht und häufig durch nationale Bildungssysteme verschärft wird, die nicht für die Arbeit mit Kindern mit unterschiedlichem sozialen und ethnischen Hintergrund und schutzbedürftigen Gruppen geeignet sind;

K.  in der Erwägung, dass Fehldiagnosen, die auf den Ergebnissen von in kultureller und sprachlicher Hinsicht voreingenommenen sowie diskriminierenden und rassistischen Tests und Instrumenten beruhen, den Bildungsweg von Roma-Schülerinnen und Schülern, insbesondere von Schülerinnen und Schülern aus benachteiligten sozioökonomischen Verhältnissen, beeinträchtigen; in der Erwägung, dass diese Tests Roma-Schüler als Schüler mit leichten geistigen Behinderungen einstufen und sie daher systematisch in Sonderschulen für Kinder mit geistigen Behinderungen untergebracht werden;

L.  in der Erwägung, dass diese Kinder nicht integriert und unterstützt werden, sondern eine unterdurchschnittliche Bildung auf der Grundlage von reduzierten Lehrplänen in Sonderschulen und in Regelschulen innerhalb gesonderter Klassen erhalten, die überwiegend oder ausschließlich von Roma-Kindern besucht werden; in der Erwägung, dass dies negative und lebenslange Folgen für diese Kinder und ihre Zukunftsaussichten hat;

M.  in der Erwägung, dass Lehrkräfte und Verwaltungsangestellte eine wichtige Rolle bei der Eingliederung von Roma-Kindern und der Schaffung eines sicheren Umfelds spielen, das frei von Diskriminierung, Stigmatisierung und Mobbing ist, Phänomene, die durch das Geschlecht, die sexuelle Ausrichtung oder eine Behinderung noch verstärkt werden können; in der Erwägung, dass der Mangel an gut ausgebildetem Personal und ausreichenden finanziellen Ressourcen eines der Hindernisse für die Inklusion von Roma-Kindern in Regelschulen ist;

N.  in der Erwägung, dass sich die Situation in den neun Jahren, seit die Kommission das erste Vertragsverletzungsverfahren wegen Segregation und Diskriminierung von Roma-Kindern im Bildungswesen eingeleitet hat, nicht verbessert hat, obwohl ein erheblicher Betrag an EU-Mitteln bereitgestellt wurde, um die betroffenen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung verschiedener Unterstützungsmaßnahmen zu entlasten;

O.  in der Erwägung, dass die verfügbaren Daten aus verschiedenen Quellen auf EU- und nationaler Ebene, darunter die Roma-Erhebung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2021(15) und der Bewertungsbericht der Kommission zu den nationalen strategischen Rahmen der Mitgliedstaaten für die Roma vom Januar 2023, darauf hindeuten, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen von den betroffenen Mitgliedstaaten nicht wirksam und rigoros umgesetzt und überwacht werden und für das Ausmaß der Herausforderungen unzureichend zu sein scheinen;

P.  in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die Diskriminierung von Roma-Kindern verschärft hat, von denen viele aufgrund ihrer Lebensbedingungen und der eingeschränkten Lernmöglichkeiten zu Hause, des Mangels an digitalen Geräten und des begrenzten Zugangs zum Internet oder zu unterstützender und zugänglicher Nachhilfe nicht mit dem raschen Übergang zur digitalen Bildung Schritt halten konnten; in der Erwägung, dass Bildungsunterschiede überdies noch durch die wachsende digitale Kluft zwischen Roma-Kindern und anderen Kindern vergrößert werden;

Q.  in der Erwägung, dass die verbreitete Diskriminierung von Roma in vielen Mitgliedstaaten den Zusammenhalt in der EU behindert, der Stimmung gegen und der Intoleranz gegenüber Roma Vorschub leistet, Rassismus und Radikalisierung in unseren Gesellschaften anheizt und mit Gesetzen, staatlichen Verpflichtungen und den in den EU-Verträgen und der Charta verankerten Normen und Werten unvereinbar ist;

R.  in der Erwägung, dass die Vollstreckung mehrerer wichtiger Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wie seines Urteils vom 13. November 2007 in der Rechtssache D. H. u. a./Tschechische Republik (57325/00) und vom 29. Januar 2013 in der Rechtssache Horváth und Kiss/Ungarn (11146/11), das am 29. April 2013 rechtskräftig wurde, noch anhängig ist oder dass diese Urteile nicht wirksam umgesetzt werden, manchmal mehr als 15 Jahre nach ihrer Verkündung;

1.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Situation von Roma-Kindern im Bildungswesen umgehend umfassend und wirksam anzugehen, und zwar mit geeigneten kurz- und langfristigen Maßnahmen, die durch ausreichende Finanzmittel der EU und der Mitgliedstaaten unterstützt werden; bekräftigt seine Forderung an alle Mitgliedstaaten, ihrer vorrangigen Verantwortung gerecht zu werden und ihren Verpflichtungen nach dem Unionsrecht und dem Völkerrecht nachzukommen, um sicherzustellen, dass alle Kinder, auch Roma-Kinder, in den Genuss gleicher und kostenloser Bildungsmöglichkeiten kommen und das Recht auf Bildung genießen;

2.  bedauert die anhaltende Segregation von Roma-Kindern in Sonderschulen wie auch in den allgemeinen Bildungssystemen; betont, dass standardisierte psychologische Tests, die in einigen Mitgliedstaaten genutzt werden, nicht dazu verwendet werden sollten, Kindern den Eintritt in Regelschulen zu verweigern oder diesen zu verzögern; fordert die Schaffung von Schutzmaßnahmen, um diese Praxis zu verhindern;

3.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Praktiken der fortwährenden Segregation von Roma-Kindern abzuschaffen, umfassende Strategien zur Aufhebung der Segregation mit klaren Zielen, ausreichenden Ressourcen und klaren und ehrgeizigen Zeitplänen zu verwirklichen, inklusive Lernmethoden einzuführen, den uneingeschränkten Zugang von Roma-Kindern zu schulischen Aktivitäten sicherzustellen und Antidiskriminierungskampagnen in Schulen durchzuführen; betont, dass Bildungsreformen in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgern auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, einschließlich Vertretern von Roma-Gemeinschaften, Roma-Eltern und der von Roma geführten Organisationen der Zivilgesellschaft, sowie mit Lehrkräften durchgeführt werden sollten;

4.  ist der Ansicht, dass die Beseitigung von Segregation und Diskriminierung in Schulen mit sozioökonomischen Maßnahmen zur Beseitigung von Armut und sozialer Ausgrenzung und zur Erhöhung des Lebensstandards der Roma-Gemeinschaften einhergehen sollten, wodurch der Teufelskreis der generationenübergreifenden Armut und der eingeschränkten Lernmöglichkeiten zu Hause durchbrochen würde;

5.  fordert die Mitgliedstaaten auf, neue Wege der Inklusion und Einbindung von Roma-Kindern in die digitale Bildung zu beschreiten, einschließlich größerer Investitionen in die Verbesserung der Zugänglichkeit der digitalen Infrastruktur und der digitalen Kompetenzen, um sie auf das digitale Zeitalter vorzubereiten;

6.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bildung von Roma-Frauen und -Mädchen zu unterstützen, wobei besonderes Augenmerk auf die Bedeutung von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) und auf die Verringerung der Zahl der Schulabbrecherinnen gelegt werden sollte; weist darauf hin, dass gegen geschlechtsspezifische Ungleichheiten vorgegangen werden muss und dass dafür gesorgt werden muss, dass Roma-Mädchen nicht von Inklusionsmaßnahmen ausgeschlossen werden;

7.  begrüßt den Beschluss der Kommission, mehrere Vertragsverletzungsverfahren (gegen die Tschechische Republik (2014), die Slowakei (2015) und Ungarn (2016)) wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft einzuleiten und die Slowakei 2023 vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil sie gegen Unionsrecht verstoßen hat, da sie nicht wirksam gegen das Problem der Segregation von Roma-Kindern im Bildungswesen vorgegangen ist; stellt jedoch fest, dass diese Vertragsverletzungsverfahren nicht dazu geführt haben, dass die Ursachen der Diskriminierung wirksam beseitigt wurden und die Situation behoben wurde, da die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen weder umfassend sind noch wirksam umgesetzt wurden;

8.  ist der festen Überzeugung, dass die Kommission alles in ihrer Macht Stehende tun sollte, um Verstöße gegen die Menschenrechte und die Grundwerte der EU zu unterbinden und zu verhindern, angefangen bei der wirksamen Bereitstellung von EU-Mitteln zur Unterstützung diskriminierungsfreier Praktiken in den Mitgliedstaaten, einschließlich im Bildungswesen; bekräftigt daher seine Forderung, einen Frühwarnmechanismus für die Meldung von Risiken des Missbrauchs oder der missbräuchlichen Verwendung von EU-Mitteln, die für die Verbesserung der Situation der Roma vorgesehen sind, einzurichten, und fordert die Kommission auf, die Öffentlichkeit regelmäßig über die Effizienz und die konkreten Ergebnisse ihrer Überwachungsmaßnahmen zu informieren;

9.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um die Beseitigung struktureller und systemischer Diskriminierung zu verstärken, auch im Bildungsbereich, der neben der grundlegenden politischen, sozialen, wirtschaftlichen und historischen Dimension auch bestimmte Normen, Routinen, Einstellungen und Verhaltensweisen aufweist, die rassistischer Natur sein könnten und Hindernisse für die Verwirklichung einer echten Gleichstellung und Chancengleichheit schaffen;

10.  weist darauf hin, dass sich die Teilnahme von Roma-Kindern an frühkindlicher und vorschulischer Bildung positiv auf ihre Entwicklung und ihre schulischen Leistungen, den Erhalt einer menschenwürdigen und hochwertigen Beschäftigung, den Zugang zu Wohnraum und ein Leben ohne Diskriminierung auswirkt und somit den Kreislauf der Marginalisierung und Benachteiligung durchbricht; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Infrastruktur für die frühkindliche und vorschulische Bildung und die Pflichtschulbildung sowie von hochwertigen und inklusiven Dienstleistungen zu verbessern;

11.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Ungleichheiten im Zugang zu Bildung auf allen Ebenen und das Schulabbruchsrisiko systematisch zu überwachen, um rechtzeitig Maßnahmen sowohl in Form von pädagogischer Hilfe und individueller Beratung als auch in Form von außerschulischen Aktivitäten für Kinder und ihre Eltern ergreifen zu können; betont, dass eine sinnvolle Einbindung von Roma-Eltern auch dabei helfen würde, das Risiko des vorzeitigen Schulabbruchs anzugehen;

12.  bedauert, dass die Schulen, die von Roma-Kindern besucht werden, häufig über unzureichende Kapazitäten verfügen, in zwei Schichten betrieben werden, in abgetrennten, heruntergekommenen Gebäuden oder Containern untergebracht sind und eine unterdurchschnittliche Bildungsqualität bieten, bei der Roma-Kinder von ihren nicht der Roma-Bevölkerung angehörenden Gleichaltrigen abgeschnitten werden;

13.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in die Ausbildung von Lehrkräften zu investieren, um sie besser in die Lage zu versetzen, angemessenen Unterricht für Roma-Kinder zu gestalten, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf der Sensibilität für die Kultur und Identität der Roma liegen sollte, und positive Strategien zur Förderung von Toleranz und zur Bekämpfung von diskriminierendem und romafeindlichem Verhalten einzuführen; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Finanzmittel für qualifizierte Hilfslehrkräfte bereitzustellen;

14.  fordert die betroffenen Mitgliedstaaten auf, die Finanzmittel, die im Rahmen verschiedener nationaler und europäischer Finanzinstrumente, einschließlich Erasmus+, des Europäischen Sozialfonds Plus, des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der Aufbau- und Resilienzfazilität, bereitgestellt werden, wirksam zu nutzen, um die Bildungsinfrastruktur und -dienste zu stärken, wodurch auch Roma-Kinder Zugang zu hochwertiger und inklusiver Bildung erhalten würden;

15.  fordert die Kommission auf, die Umweltdiskriminierung von Gebieten, die von Roma-Gemeinschaften bewohnt werden, zu bewerten und sich mit den möglichen Auswirkungen ungünstiger Umweltbedingungen auf die Qualität der Bildung und das Wohlergehen von Roma-Kindern zu befassen;

16.  weist darauf hin, dass eine der Möglichkeiten zur Bekämpfung von Stereotypen und romafeindlicher Stimmung darin besteht, die Öffentlichkeit über die Geschichte der Roma, einschließlich des Holocaust an den Roma, der Bräuche, der Kultur und der Sprache der Roma aufzuklären, um ein besseres Verständnis zu fördern und bewährte Verfahren auszutauschen;

17.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass politische Maßnahmen und universelle Dienstleistungen bei der Politikgestaltung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsversorgung, Wohnungswesen, soziale Dienstleistungen, Verkehr, Mindesteinkommenssysteme und Antidiskriminierungsvorschriften die Roma-Bevölkerung, einschließlich derjenigen, die in abgelegenen ländlichen Gebieten leben, wirksam und diskriminierungsfrei erreichen und einbeziehen;

18.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass bei der Ausarbeitung, Umsetzung und Überwachung nationaler Aktionspläne gegen Rassismus alle Maßnahmen auf zuverlässigen und fundierten hochwertigen Daten beruhen und sich auf diese stützen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Verfügbarkeit von Daten über die Beteiligung von Roma-Kindern an der allgemeinen und beruflichen Bildung zu erhöhen und dabei die nationalen Rechtsrahmen der Mitgliedstaaten und den sensiblen Charakter dieser Daten zu achten(16);

19.  fordert die Kommission auf, die Bildung von Roma-Kindern in ihrer Bewertung im Rahmen der Vision eines Europäischen Bildungsraums bis 2025 zu berücksichtigen, in dem ambitionierte Unionsziele im Bildungsbereich für alle EU-Mitgliedstaaten festgelegt werden, der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Chancengleichheit und Inklusion in der allgemeinen und beruflichen Bildung liegt und das Engagement der Union für die Förderung der Grundfreiheiten und der Toleranz sowie des Diskriminierungsverbots, auch im Bildungswesen, bekräftigt wird;

20.  ersucht die Kommission, die erzielten Fortschritte zu überwachen und zu bewerten, den Austausch bewährter Verfahren zu erleichtern und den betroffenen Mitgliedstaaten Fachwissen, Koordinierung und technische Unterstützung zur Verfügung zu stellen;

21.  ist der Ansicht, dass ein systematisches Versagen bei der Bekämpfung von Diskriminierung eine unmittelbare Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie darstellt und daher im jährlichen Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit sowie im Rahmen anderer EU-Maßnahmen zur Wahrung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit angegangen werden sollte;

22.  weist darauf hin, dass die Nichtumsetzung von Urteilen einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit darstellt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Umsetzung der einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Gerichte der Mitgliedstaaten zu überwachen und die Maßnahmen im Rahmen der Konditionalitätsverordnung(17) einzuleiten, falls eine solche Nichtumsetzung die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union beeinträchtigt oder ernsthaft zu beeinträchtigen droht;

23.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Rat und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) Der Begriff „Roma“ wird als Oberbegriff verwendet und bezeichnet ein breites Spektrum unterschiedlicher Menschen mit Romani-Hintergrund, wie etwa Roma, Sinti, Kalé, Romanichels und Bojash/Rudari. Er umfasst auch Gruppen wie Aschkali, Ägypter, Jenische, Dom, Lom, Rom und Abdal sowie Fahrende, einschließlich ethnischer Fahrender oder Personen, die unter dem Verwaltungsbegriff „gens du voyage“ geführt werden, sowie Menschen, die sich als „Gypsies“, „Tsiganes“ oder „Tziganes“ bezeichnen, ohne dass damit den Gruppen ihre besonderen Merkmale abgesprochen werden sollen.
(2) ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.
(3) Rechtssachen INFR(2015)2025, INFR(2014)2174 und INFR(2015)2206.
(4) ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 55.
(5) ABl. C 93 vom 19.3.2021, S. 1.
(6) ABl. C 385 vom 22.9.2021, S. 104.
(7) ABl. C 132 vom 14.4.2023, S. 29.
(8) ABl. C 161 vom 5.5.2023, S. 10.
(9) Angenommene Texte, P9_TA(2023)0111.
(10) ABl. C 328 vom 6.9.2016, S. 4.
(11) ABl. C 474 vom 24.11.2021, S. 146.
(12) ABl. C 347 vom 9.9.2022, S. 15.
(13) ABl. C 449 vom 23.12.2020, S. 2.
(14) ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 112.
(15) https://fra.europa.eu/en/publication/2022/roma-survey-findings.
(16) „Guidelines on improving the collection and use of equality data“ (Leitlinien zur Verbesserung der Erhebung und Nutzung von Daten zur Gleichstellung), hochrangige Gruppe für Nichtdiskriminierung, Vielfalt und Gleichstellung, Juli 2018. Der Europäische Rechnungshof hatte empfohlen, geeignete Methoden zur Erhebung relevanter Daten über die Inklusion der Roma in allen Mitgliedstaaten zu entwickeln. „Politische Initiativen und finanzielle Unterstützung der EU für die Integration der Roma: Trotz bedeutender Fortschritte in den letzten zehn Jahren bedarf es in der Praxis zusätzlicher Bemühungen“, Sonderbericht Nr. 14/2016.
(17) Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union (ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 1).

Letzte Aktualisierung: 11. Januar 2024Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen