Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2024/2580(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B9-0163/2024

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 13/03/2024 - 16.7
CRE 13/03/2024 - 16.7
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P9_TA(2024)0158

Angenommene Texte
PDF 150kWORD 53k
Mittwoch, 13. März 2024 - Straßburg
Engere Beziehungen zwischen der EU und Armenien und die Notwendigkeit eines Friedensabkommens zwischen Aserbaidschan und Armenien
P9_TA(2024)0158RC-B9-0163/2024

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. März 2024 zu engeren Beziehungen zwischen der EU und Armenien und zur Notwendigkeit eines Friedensabkommens zwischen Aserbaidschan und Armenien (2024/2580(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Armenien, Aserbaidschan und der Lage in Bergkarabach,

–  unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen, die Schlussakte von Helsinki und die Erklärung von Alma-Ata vom 21. Dezember 1991,

–  unter Hinweis auf das am 1. März 2021 vollständig in Kraft getretene Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits(1) (CEPA),

–  unter Hinweis auf die Rede des armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan im Plenum des Europäischen Parlaments vom 17. Oktober 2023,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des zweiten hochrangigen politischen und sicherheitspolitischen Dialogs zwischen der EU und Armenien vom 15. November 2023,

–  unter Hinweis darauf, dass Armenien seit dem 1. Februar 2024 Vertragspartei des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ist,

–  unter Hinweis auf den Bericht über die Umsetzung der Partnerschaft in Armenien vom 9. Februar 2024,

–  unter Hinweis auf die Ergebnisse der fünften Tagung des Partnerschaftsrates EU-Armenien vom 13. Februar 2024,

–  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Beziehungen zwischen der EU und Armenien auf gemeinsamen Werten wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Grundfreiheiten sowie auf der regionalen Zusammenarbeit und dem tatkräftigen Engagement im Rahmen der Östlichen Partnerschaft beruhen, um so zur regionalen Zusammenarbeit und Stabilität beizutragen;

B.  in der Erwägung, dass der Europäische Rat den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission sowie die Kommission beauftragt hat, nach Möglichkeiten zu suchen, wie die Beziehungen zwischen der EU und Armenien in allen Aspekten gestärkt werden können;

C.  in der Erwägung, dass Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan am 17. Oktober 2023 in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament ein gemeinsames Engagement für die weitere Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und Armenien gefordert und betont hat, dass die Republik Armenien bereit sei, sich so stark an die Europäische Union anzunähern, wie die Europäische Union es für möglich erachte;

D.  in der Erwägung, dass Armeniens Außenminister Ararat Mirsojan am 9. März 2024 öffentlich in Erwägung gezogen hat, einen Antrag Armeniens auf Zuerkennung des Status als Beitrittskandidat der Europäischen Union einzureichen;

E.  in der Erwägung, dass Armenien in den vergangenen Jahren einen tiefgreifenden politischen Wandel vollzogen hat, wobei die Regierung bemüht ist, sowohl das Funktionieren der demokratischen Institutionen sicherzustellen als auch das CEPA EU-Armenien trotz erheblicher Herausforderungen als Blaupause für Reformen zur Modernisierung des Landes heranzuziehen; in der Erwägung, dass Armenien dem Demokratieindex 2023 der Zeitschrift „The Economist“ zufolge die führende Demokratie in der Region ist;

F.  in der Erwägung, dass Armenien dadurch, dass es seine Mitgliedschaft in der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) auf Eis gelegt hat, versucht, seine sicherheitspolitische Abhängigkeit von der Russischen Föderation zu verringern und neue Akteure in seinen Sicherheitsmix einzubeziehen, indem es beispielsweise verstärkt militärisch mit Frankreich, Griechenland und anderen EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet; in der Erwägung, dass Russland nach wie vor Tausende Soldaten auf armenischem Boden stationiert hat; in der Erwägung, dass sich die angebliche Bereitschaft Russlands, die Sicherheit Armeniens zu garantieren, als nicht existent erwiesen hat; in der Erwägung, dass Armenien nach wie vor Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion ist; in der Erwägung, dass Armenien nun Vertragspartei des Römischen Statuts des IStGH ist;

G.  in der Erwägung, dass die Russische Föderation bestrebt ist, die demokratische Legitimation Armeniens zu schwächen, Chaos verbreitet und die Destabilisierung vorantreibt, indem sie kontinuierlich versucht, unter anderem im Wege von Desinformationskampagnen Einfluss zu nehmen;

H.  in der Erwägung, dass die Wirtschaft Armeniens nach wie vor weitgehend von Russland abhängig ist, wobei Russland etwa 35 % des armenischen Außenhandels ausmacht, und diese Abhängigkeit im strategisch wichtigen Energiesektor besonders ausgeprägt ist; in der Erwägung, dass Ministerpräsident Nikol Paschinjan verstärkte Unterstützung im Rahmen des Wirtschafts- und Investitionsplans der EU gefordert hat; in der Erwägung, dass im Rahmen des Wirtschafts- und Investitionsplans bislang rund 500 Mio. EUR an Investitionen in allen Bereichen mobilisiert wurden; in der Erwägung, dass die EU nach wie vor der wichtigste Reformpartner und der größte Hilfe-Geber für Armenien ist; in der Erwägung, dass die Kommission am 5. Oktober 2023 weitere 5,25 Mio. EUR an Soforthilfe, eine Aufstockung der Mittel für das Programm EU4Peace, zusätzliche Jahresprogramme für Budgethilfe und technische Hilfe für die Bewältigung von Problemen in den Bereichen Flug- und Nuklearsicherheit in Aussicht gestellt hat;

I.  in der Erwägung, dass in der neuen Partnerschaftsagenda EU-Armenien, die auf der fünften Tagung des Partnerschaftsrates EU-Armenien vereinbart wurde, auf der Grundlage gemeinsamer Werte der Stärkung der Widerstandsfähigkeit Armeniens und der Diversifizierung seiner Wirtschaft, der Ausweitung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit und der Intensivierung von Investitionen als Schlüssel zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit Vorrang eingeräumt wird;

J.  in der Erwägung, dass in dem vor Kurzem veröffentlichten Bericht über die Umsetzung der Partnerschaft die Fortschritte Armeniens bei der Umsetzung des CEPA – auch im Hinblick auf die Justizreform –, die Korruptionsbekämpfung, die Gründung eines Innenministeriums und die Reform des Polizeidienstes in Armenien mit Unterstützung der EU hervorgehoben werden;

K.  in der Erwägung, dass sich Russland weiterhin Zugang zu Waren aus der EU verschafft, die Beschränkungen unterliegen, und dabei Lieferketten nutzt, die über Drittländer – darunter auch Armenien – laufen; in der Erwägung, dass sich die Ausfuhren aus Armenien nach Russland nach der Verhängung der EU-Sanktionen gegen Russland im Jahr 2022 verdreifacht und sich zwischen Januar und August 2023 verdoppelt haben; in der Erwägung, dass David O’Sullivan, der Internationale Sondergesandte für die Umsetzung von EU-Sanktionen, keine Kritik an der Zusammenarbeit der staatlichen Stellen Armeniens mit der EU bei der Verhinderung der Umgehung von Sanktionen mit der EU geäußert hat und die Zusammenarbeit mit Armenien generell positiv beurteilt;

L.  in der Erwägung, dass Aserbaidschan am 19. September 2023 nach einer neun Monate dauernden unrechtmäßigen Blockade des Latschin-Korridors seine im Waffenstillstandsabkommen vom November 2020 und in der Anordnung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) verankerten Pflichten verletzt und eine Offensive gegen die verbleibenden Teile von Bergkarabach eingeleitet hat, die noch nicht unter seiner Kontrolle waren; in der Erwägung, dass mehr als 100 000 Armenier aus Bergkarabach fliehen mussten und die armenische Bevölkerung damit das Gebiet, in dem sie seit Jahrhunderten ansässig war, fast vollständig verlassen hat; in der Erwägung, dass dies einer ethnischen Säuberung gleichkommen kann; in der Erwägung, dass es die nicht anerkannten De-facto-Behörden von Bergkarabach seit dem 1. Januar 2024 nicht mehr gibt, nachdem sie unter Zwang ihrer Auflösung zugestimmt hatten; in der Erwägung, dass zahlreiche Armenier, darunter auch ehemalige Entscheidungsträger aus Bergkarabach, nach wie vor in Aserbaidschan gefangen gehalten werden; in der Erwägung, dass einige von ihnen entgegen den Genfer Konventionen von 1929 befragt und der öffentlichen Neugier preisgegeben wurden; in der Erwägung, dass armenische Einwohner von Bergkarabach ihr Eigentum und ihr Hab und Gut zurücklassen mussten, als sie vor der Militäroffensive Aserbaidschans geflohen sind, und es seither nicht wiedererlangen konnten;

M.  in der Erwägung, dass die Kommission am 13. Februar 2024 angekündigt hat, zusätzlich zu den im September 2023 angekündigten 12,2 Mio. EUR humanitäre Hilfe in Höhe von 5,5 Mio. EUR zur Unterstützung der aus Bergkarabach vertriebenen Armenier bereitzustellen;

N.  in der Erwägung, dass die EU die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit Armeniens und Aserbaidschans uneingeschränkt unterstützt und die Bemühungen um ein dauerhaftes Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan aktiv vorantreibt, das mit friedlichen Mitteln und unter Achtung der Rechte der betroffenen Bevölkerung erreicht werden muss;

O.  in der Erwägung, dass Armenien und Aserbaidschan direkte Verhandlungen über ein mögliches Friedensabkommen aufgenommen haben, mit dem ein neues Kapitel in den bilateralen Beziehungen aufgeschlagen werden könnte; in der Erwägung, dass es nach wie vor Meinungsverschiedenheiten über Fragen im Zusammenhang mit der Festlegung und Markierung des Grenzverlaufs sowie über die praktischen Modalitäten für die Verkehrsverbindungen zwischen Aserbaidschans Kernland und seiner Exklave Naxçıvan (Nachitschewan) gibt; in der Erwägung, dass Aserbaidschan einen Korridor durch Armenien hindurch fordert, der das aserbaidschanische Kernland mit seiner Exklave Naxçıvan verbinden und vom Grenzschutz Russlands bewacht werden soll, ohne dass Armenien Zoll- oder Grenzkontrollen durchführen dürfte, was eine Missachtung der Souveränität Armeniens wäre; in der Erwägung, dass das von Armenien vorgeschlagene Konzept „Crossroads of Peace“ (Wege zum Frieden) Verbindungen zwischen dem aserbaidschanischen Kernland und Naxçıvan mit armenischen Grenz- und Zollkontrollen vorsieht;

P.  in der Erwägung, dass sich Armenien als Geste des guten Willens nicht gegen die Ausrichtung der COP29 in Baku gestellt hat; in der Erwägung, dass der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan am 28. Januar 2024 die Unterzeichnung eines Nichtangriffspakts mit Aserbaidschan vorgeschlagen hat; in der Erwägung, dass die Sicherheitslage einstweilen angespannt ist, wie der Vorfall vom 13. Februar 2024 zeigt, bei dem vier armenische Soldaten in der südarmenischen Provinz Sjunik durch aserbaidschanische Schüsse getötet wurden und ein weiterer Soldat verwundet wurde;

Q.  in der Erwägung, dass Ministerpräsident Nikol Paschinjan am 15. und 16. Februar 2024 erklärt hat, dass Aserbaidschan die jüngsten Vorschläge Armeniens zur Festlegung und Markierung des Grenzverlaufs abgelehnt habe, und dass sich Aserbaidschan seiner Deutung nach darauf vorbereiten dürfte, in bestimmten Grenzgebieten militärische Operationen einzuleiten, um einen groß angelegten Krieg gegen die Republik Armenien zu entfachen; in der Erwägung, dass am 17. Februar 2024 in München unter Vermittlung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz zum ersten Mal seit dem Angriff Aserbaidschans auf Bergkarabach im September 2023 ein Treffen zwischen dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan und dem aserbaidschanischen Präsidenten İlham Əliyev stattfand;

R.  in der Erwägung, dass es in Bergkarabach zahlreiche Kirchen, Moscheen, Steinkreuze und Friedhöfe gibt; in der Erwägung, dass der IGH in Anbetracht der erheblichen, vorsätzlich von Aserbaidschan herbeigeführten Schäden am armenischen Kulturerbe während des Krieges im Jahr 2020 in seiner Anordnung vom 7. Dezember 2021(2) festgestellt hat, dass Aserbaidschan alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um Akte des Vandalismus und der Schändung zu verhindern und zu ahnden, die sich gegen das armenische Kulturerbe richten, darunter Kirchen und andere Gebetsstätten, Denkmäler, Wahrzeichen, Friedhöfe und Artefakte; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Aserbaidschans in den vergangenen Wochen Denkmäler weggeschafft und für das armenische Kulturerbe symbolträchtige Gebäude in Bergkarabach zerstört haben, darunter auch das Gebäude des Regionalparlaments;

S.  in der Erwägung, dass die Führung Aserbaidschans fortlaufend irredentistische Erklärungen in Bezug auf das Hoheitsgebiet Armeniens abgibt; in der Erwägung, dass die Armee Aserbaidschans nach wie vor etwa 170 km2 des Hoheitsgebiets Armeniens besetzt hält;

T.  in der Erwägung, dass im Februar 2023 im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik die zivile Mission der Europäischen Union in Armenien (EUMA) mit dem Mandat entsandt wurde, die Entwicklungen an der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan zu beobachten und darüber Bericht zu erstatten; in der Erwägung, dass die EUMA nur auf der armenischen Seite der Grenze tätig werden darf, da Aserbaidschan der Mission die Aufnahme ihrer Tätigkeit auf seiner Seite der Grenze verweigert; in der Erwägung, dass die in Armenien stationierten Streitkräfte Russlands der EUMA bei der Umsetzung ihres Mandats bewusst Steine in den Weg legen; in der Erwägung, dass die aserbaidschanischen staatlichen Stellen und die staatlich kontrollierten Medien Unwahrheiten über die EUMA verbreiten; in der Erwägung, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) im Dezember 2023 vereinbart hat, das Personal vor Ort von 138 auf 209 Personen aufzustocken;

U.  in der Erwägung, dass Armenien die EU mehrmals gebeten hat, dem Land Mittel aus der Europäischen Friedensfazilität zu gewähren; in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten beschlossen haben, ihre Unterstützung für Armenien auszuweiten, indem sie Militärhilfe leisten, damit Armenien seine Armee reformieren und von erneuten militärischen Angriffen auf sein international anerkanntes Hoheitsgebiet abschrecken kann;

1.  würdigt und begrüßt, dass Armenien nachdrücklich seinen Wunsch bekundet hat, die Beziehungen zur Europäischen Union zu vertiefen und vorrangig zu behandeln; ist der Ansicht, dass die Europäische Union positiv reagieren, diesen potenziellen geopolitischen Schwenk in vollem Umfang für sich nutzen sowie Armenien dabei unterstützen sollte, sich stärker in der Gemeinschaft der Demokratien zu verankern;

2.  fordert, dass die neu vereinbarte Partnerschaftsagenda EU-Armenien kontinuierlich umgesetzt wird, und betont, dass die ambitionierten gemeinsamen Prioritäten für die Zusammenarbeit tatkräftig verfolgt und verwirklicht werden müssen; ist der Ansicht, dass eine substanzielle Partnerschaft zwischen der EU und Armenien ein logischer Schritt ist, der sich an die Entscheidung Armeniens für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und die Achtung der regelbasierten Weltordnung anschließt;

3.  begrüßt die Zusage Armeniens, das CEPA umzusetzen, und die Fortschritte, die es bei der Durchführung des CEPA-Fahrplans erzielt hat; begrüßt, dass die Regierung Armeniens das CEPA als strategische Blaupause für wichtige Reformen in dem Land anerkennt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit der Ausarbeitung eines Fahrplans für eine ambitionierte Ausweitung der Beziehungen der EU zu Armenien zu beginnen; ist der Ansicht, dass die Erfahrungen aus den Assoziierungsabkommen bzw. den vertieften und umfassenden Freihandelszonen mit der Ukraine, Georgien und der Republik Moldau als gute Grundlage dienen sollten, insbesondere im Hinblick darauf, Armenien schrittweise und sektorbezogen in den Binnenmarkt zu integrieren, was dem Land auf makro- und mikroökonomischer Ebene einen greifbaren Nutzen einbringen sollte;

4.  weist erneut darauf hin, dass gemäß Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union jeder europäische Staat beantragen kann, Mitglied der Europäischen Union zu werden, sofern er sich an die Kopenhagener Kriterien und die Grundsätze der Demokratie hält, die Grundfreiheiten, Menschenrechte und Minderheitenrechte achtet und die Rechtsstaatlichkeit wahrt; ist der Ansicht, dass – das Interesse Armeniens an einem Antrag auf Beitritt zur EU vorausgesetzt – die Voraussetzungen für eine vom Wandel geprägte Phase der Beziehungen zwischen der EU und Armenien geschaffen werden können, wenn Armenien den eingeschlagenen Weg dauerhafter Reformen zur Konsolidierung der Demokratie weiterverfolgt; fordert die Kommission und den Rat auf, Armeniens Wunsch nach verstärkter Zusammenarbeit mit der EU tatkräftig zu unterstützen, und zwar nicht nur mit Blick auf eine Wirtschaftspartnerschaft, sondern auch im politischen Dialog und in den Bereichen Kontakte zwischen den Menschen, sektorbezogene Integration und sicherheitspolitische Zusammenarbeit;

5.  unterstützt Armenien in seinen fortlaufenden Bemühungen um die Umsetzung von Reformen und die Stärkung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvoller Staatsführung; betont, dass der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Reformen eine wichtige Funktion zukommt; fordert Armenien auf, die diesbezügliche Zusammenarbeit mit der EU fortzusetzen, und fordert die EU auf, die Unterstützung in diesen Bereichen insbesondere durch fachliche Unterstützung und die Weitergabe von Fachwissen zu verstärken; fördert das tatkräftige Engagement Armeniens in der Politik der Östlichen Partnerschaft als Mittel zur Förderung gutnachbarlicher Beziehungen im Südkaukasus;

6.  räumt ein, dass die Russische Föderation nach wie vor großen Einfluss auf die Wirtschaft Armeniens ausübt; mahnt Armenien zu Wachsamkeit, was die mögliche Umgehung der Sanktionen der EU in seinem Hoheitsgebiet anbelangt; ist sich voll und ganz des Ausmaßes und der Vielfalt der Drohungen bewusst, die die Russische Föderation gegen Armenien wahr machen könnte, um es für seine autonomen politischen und strategischen Entscheidungen zu bestrafen; ist der Ansicht, dass die EU bereit sein muss, Armenien rasch zu unterstützen, um die negativen Folgen solcher unfreundlichen Handlungen abzumildern;

7.  stellt fest, dass das Volumen des bilateralen Handels zwischen Armenien und der EU in den vergangenen zehn Jahren gestiegen ist; bestärkt Armenien, die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie Unternehmen und Investoren aus der EU darin, die Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen weiter auszubauen; ist sehr erfreut über den Erfolg des Wirtschafts- und Investitionsplans und hält die EU und Armenien dazu an, auch künftig öffentliche und private Investitionen zu mobilisieren, um eine nachhaltige Entwicklung in Armenien zu fördern;

8.  stellt fest, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und Armenien im Bereich Sicherheit und Verteidigung dringend gestärkt werden muss, während Armenien seine Mitgliedschaft in der OVKS überdenkt; fordert die EU auf, der Bitte Armeniens um Unterstützung aus der Europäischen Friedensfazilität nachzukommen und das Militär des Landes zu stärken; stellt fest, dass die regelmäßigen politischen und sicherheitspolitischen Dialoge zwischen der EU und Armenien als übergeordnete Plattform für alle Angelegenheiten mit sicherheitspolitischem Bezug einen Mehrwert aufweisen; fordert, dass eine Umfrage zur Bewertung hybrider Bedrohungen durchgeführt wird, wodurch Armenien dabei unterstützt wird, die größten Schwachstellen zu ermitteln und gezielte Lösungen zu entwickeln; begrüßt, dass mehrere Mitgliedstaaten gehandelt und Armenien militärische Unterstützung für seine Verteidigung zur Verfügung gestellt haben, und fordert auch die anderen Mitgliedstaaten eindringlich auf, ähnliche Initiativen in Erwägung zu ziehen;

9.  begrüßt die Entscheidung Armeniens, seine Mitwirkung in der OVKS auf Eis zu legen, nachdem dieses Bündnis das Land, als es militärisch angegriffen wurde, nicht unterstützt hat, und eine zuverlässigere Sicherheitsarchitektur anzustreben; unterstützt das offizielle Ersuchen Armeniens an die Russische Föderation, die ihrem Föderalen Dienst für Sicherheit angehörigen Grenzschutzbeamten vom internationalen Flughafen des Landes abzuziehen;

10.  stellt fest, dass das Potenzial bei den Kontakten zwischen den Menschen aus der EU und Armenien noch nicht ausgeschöpft ist; fordert, dass die Fortschritte Armeniens bei der Umsetzung des Visaerleichterungs- und des Rückübernahmeabkommens anerkannt werden; ist der Ansicht, dass es an der Zeit ist, mit Armenien einen Dialog über die Visaliberalisierung aufzunehmen;

11.  begrüßt, dass die EU und die Republik Armenien ein Abkommen geschlossen haben, das künftig die Übermittlung operativer personenbezogener Daten zwischen Eurojust und den zuständigen staatlichen Stellen Armeniens im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ermöglicht; erachtet es als sehr wichtig, die Zusammenarbeit zwischen der EU und Armenien bei der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus und beim Schutz der Sicherheit der Union zum beiderseitigen Nutzen weiter zu vertiefen;

12.  unterstützt die Tätigkeiten der EUMA und hebt hervor, dass sie eine wichtige Aufgabe wahrnimmt; fordert, dass ihr Mandat über 2025 hinaus verlängert und ihr Personal weiter aufgestockt wird; bekräftigt seine Enttäuschung über die Weigerung Aserbaidschans, der Mission Einsätze auf seiner Seite der Grenze zu gestatten, und über die ständigen Verleumdungskampagnen aus Aserbaidschan gegen die EUMA; missbilligt, dass in Armenien stationierte Grenzschutzbeamte aus Russland die EUMA daran gehindert haben, in das Dorf Nerkin Hand zu fahren, in dem unlängst – am 13. Februar 2024 – vier armenische Soldaten von Aserbaidschanern getötet wurden, nachdem zuvor ein aserbaidschanischer Soldat verletzt worden sein soll; verurteilt die Hetze aserbaidschanischer Amtsträger gegen die EU, ihre Mitgliedstaaten, die EUMA und die staatlichen Stellen Armeniens;

13.  hebt hervor, dass die EU bereit sein sollte, Sanktionen gegen Personen und Organisationen zu verhängen, die die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit Armeniens bedrohen;

14.  fordert Aserbaidschan auf, einen ernst gemeinten umfassenden und transparenten Dialog mit den Karabach-Armeniern aufzunehmen, um die Achtung ihrer Rechte und ihre Sicherheit zu gewährleisten, einschließlich ihres Rechts, in ihre Wohnungen und Häuser zurückzukehren und dort in Würde und Sicherheit – unter Präsenz internationaler Einheiten – zu leben, ihrer Land- und Eigentumsrechte, der Wahrung ihrer eigenen Identität sowie der uneingeschränkten Wahrnehmung ihrer bürgerlichen, kulturellen, sozialen und religiösen Rechte; fordert Aserbaidschan auf, alle Einwohner Bergkarabachs und Armeniens, die sich noch in aserbaidschanischer Haft befinden, freizulassen und sich zu einer umfassenden Amnestie für sie zu verpflichten; fordert, dass sämtlichen Anordnungen des IGH über die Anwendung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (Armenien gegen Aserbaidschan) uneingeschränkt, umgehend und wirksam nachgekommen wird;

15.  verurteilt erneut, dass Aserbaidschan militärische Übergriffe auf das international anerkannte Hoheitsgebiet Armeniens durchführt und Teile davon besetzt hält; bekräftigt seine Forderung nach einem Rückzug der Streitkräfte Aserbaidschans aus dem gesamten Hoheitsgebiet Armeniens; lehnt die irredentistischen und hetzerischen Äußerungen des Präsidenten und anderer Amtsträger Aserbaidschans ab, in denen Drohungen in Bezug auf die territoriale Unversehrtheit und Souveränität Armeniens ausgesprochen werden, und bringt seine tiefe Besorgnis über diese Äußerungen zum Ausdruck, auch im Zusammenhang mit der Forderung nach einem extraterritorialen Korridor, der Aserbaidschan mit seiner Exklave Naxçıvan verbinden soll; mahnt Aserbaidschan, keine militärischen Abenteuer gegen das Kernland Armeniens zu wagen; betont, dass die Probleme Aserbaidschans bei der Anbindung seiner Exklave Naxçıvan unter uneingeschränkter Achtung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit Armeniens gelöst werden sollten;

16.  bekräftigt, dass die Europäische Union die Souveränität, territoriale Unversehrtheit und Unverletzlichkeit der Grenzen Armeniens unmissverständlich unterstützt; befürwortet nachdrücklich die Normalisierung der Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan auf der Grundlage der Grundsätze der gegenseitigen Anerkennung der territorialen Unversehrtheit und der Unverletzlichkeit der Grenzen auf der Grundlage der Erklärung von Almaty von 1991, die Grenzziehung anhand der einschlägigen Karten des Generalstabs der UdSSR, die beiden Seiten zur Verfügung gestellt wurden, und die Aufhebung der Blockade der regionalen Kommunikation unter Achtung der Souveränität und Hoheit beider Länder auf der Grundlage von Gegenseitigkeit und Gleichheit;

17.  unterstützt die Wiederaufnahme der Gespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan zu sämtlichen offenen Fragen mit dem Ziel, einen Friedensvertrag abzuschließen, und fordert beide Parteien auf, sich weiterhin uneingeschränkt für eine dauerhafte und friedliche Beilegung des langjährigen Konflikts durch Dialog und Verhandlungen einzusetzen; vertritt die Auffassung, dass dieses Abkommen nach Treu und Glauben ausgehandelt werden und auf der Anerkennung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit und auf Gewaltverzicht beruhen muss; fordert, dass sich die EU stärker für die weitere Förderung eines umfassenden und dauerhaften Friedens zum Wohle aller Menschen in der Region engagiert; fordert die Türkei und weitere Verbündete Aserbaidschans auf, das aggressive Gebaren Bakus nicht weiter zu befeuern und ihren Einfluss zugunsten eines raschen Abschlusses der Friedensverhandlungen geltend zu machen; fordert Aserbaidschan nachdrücklich auf, den am 12. April 2021 eingeweihten sogenannten Park der Trophäen in Baku zu schließen, da er die Bemühungen um den Aufbau gegenseitigen Vertrauens zwischen Armenien und Aserbaidschan untergräbt;

18.  ist grundsätzlich nicht einverstanden mit dem Tonfall einiger aktueller Erklärungen von Entscheidungsträgern der Kommission und des Europäischen Rates, die Präsident Əliyev zur Wiederwahl gratuliert haben, ohne darauf hingewiesen zu haben, dass es in Aserbaidschan keine Demokratie gibt, und die Aserbaidschan irreführend als verlässlichen Partner bezeichnet haben; weist darauf hin, dass diese Erklärungen nicht dem Standpunkt der Europäischen Union entsprechen und angesichts der ethnischen Säuberung in Bergkarabach durch Aserbaidschan niemals hätten abgegeben werden dürfen; fordert den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst nachdrücklich auf, die Verhandlungen über ein erneuertes Partnerschaftsabkommen unter Auflagen fortzusetzen, sofern Aserbaidschan seine echte Bereitschaft unter Beweis stellt, die Rechte und Sicherheitsbelange der Karabach-Armenier zu achten, und zu wesentlichen Fortschritten auf dem Weg zu einem umfassenden und dauerhaften Friedensabkommen mit Armenien beiträgt;

19.  ist zutiefst besorgt über das Versäumnis, das kulturelle, religiöse und historische Erbe der armenischen Bevölkerung Bergkarabachs zu schützen, was einen Verstoß gegen die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 7. Dezember 2021 darstellt; verurteilt sämtliche Fälle der Zerstörung, des Vandalismus und der Schändung der Stätten, die Zeugnis von der jahrhundertelangen armenischen Präsenz in Bergkarabach ablegen; fordert die Staatsorgane Aserbaidschans auf, das reiche und vielfältige Erbe der Region zu erhalten, zu schützen und zu fördern; fordert die UNESCO eindringlich auf, sofort Maßnahmen zur Bewahrung und zum Schutz des gefährdeten armenischen Kulturerbes in Bergkarabach zu ergreifen; fordert, dass die Zusammenarbeit zwischen Armenien und der EU bei der Beobachtung der systematischen Zerstörung des armenischen Kulturerbes (Kirchen, Klöster, Friedhöfe, Denkmäler, Paläste usw.) durch Aserbaidschan insbesondere durch die Einbindung des Satellitenzentrums der EU intensiviert wird;

20.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Republik Armenien, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Republik Aserbaidschan, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, den Vereinten Nationen und dem Europarat zu übermitteln.

(1) ABl. L 23 vom 26.1.2018, S. 4.
(2) Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 7. Dezember 2021 über den Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen zur Anwendung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (Armenien gegen Aserbaidschan).

Letzte Aktualisierung: 23. August 2024Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen