| Home |

Themenpapier Nr. 33
Das PHARE-Programm und die Erweiterung der Europäischen Union

Die in dieser Veröffentlichung dargelegten Ansichten entsprechen nicht unbedingt der Position des Europäischen Parlaments als Institution.


VIII. DIE HALTUNG DES EUROPÄISCHEN RATES

Am 18. März 1998 hat die Kommission zwei Vorschläge für Verordnungen des Rates über ein Instrument für die Landwirtschaft bzw. über ein strukturpolitisches Instrument angenommen, die der Unterstützung der beitrittswilligen Länder im Rahmen der Heranführungsstrategie gewidmet sind. Ferner nahm sie einen Vorschlag für eine Verordnung zur Koordinierung der Hilfe zwischen den im Rahmen der oben genannten Instrumente abgewickelten Maßnahmen und jenen im Rahmen des PHARE-Programms an (KOM(98)150 endg.). Was das PHARE-Programm anbelangt, so ersuchten die Mitgliedstaaten um eine bessere Festlegung der Anwendungsbereiche der Heranführungsinstrumente sowie um eine Vereinfachung der Koordinierungsverfahren.

Gemäß Dokument KOM(98)150 endg., konzentriert sich das PHARE-Programm künftig auf die wesentlichen Prioritäten im Zusammenhang mit der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands, das sind die Stärkung der Verwaltungsstrukturen und der Verwaltungskapazität in den beitrittswilligen Ländern, sowie auf die Finanzierung von Investitionen, die diesen Ländern eine möglichst rasche Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften ermöglichen sollen. Es ist notwendig, einen Informationsaustausch und eine Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den beitrittswilligen Ländern sowie Kontrollen vor Ort vorzusehen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der EU zu gewährleisten sowie Betrügereien und andere Unregelmäßigkeiten zu bekämpfen.

PHARE-Mittel können auch für die Finanzierung von Maßnahmen in den Bereichen Umwelt, Verkehr sowie landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung eingesetzt werden, die einen bedeutenden Teil der integrierten Programme für industriellen Wiederaufbau oder regionale Entwicklung darstellen.

| Top |


IX. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Das PHARE-Programm hat sich zum größten Einzelgeldgeber entwickelt, der den Know-how-Transfer an die mittel- und osteuropäischen Länder finanziert.

Seine Ziele und Maßnahmen sind in wichtigen Bereichen des Reformprozesses von großer Bedeutung. Insbesondere in Bereichen, an denen andere Geldgeber kaum interessiert sind und die nur beschränkte Mittel erhalten, wie Demokratie und Zivilgesellschaft, Entwicklung von statistischen Diensten und Zollbehörden, grenzübergreifende Programme und Mehrländerprogramme, ist sein Beitrag insgesamt positiv. Das Programm hat sich als bemerkenswert flexibel erwiesen, da es sich an das in einem raschen Wandel begriffene politische und wirtschaftliche Umfeld der Länder anpassen konnte.

Die Bedarfsorientierung des Programms ist seine Stärke und zugleich seine Schwäche; es hat zwar seitens der Partner die Verantwortlichkeit gefördert, jedoch auch zu einer Fragmentierung der Anstrengungen und zu einer Aufsplitterung der Mittel mit nachteiligen Auswirkungen auf die Programmleistung geführt. Das Programm schöpft sein Potential nicht vollständig aus: Seine Wirksamkeit und seine Auswirkungen werden bis zu einem gewissen Grad durch den fehlenden Druck zur Gewährleistung guter Programmleistungen, durch Mängel bei der Projektverwaltung und zeitaufwendige Verfahren auf Kosten des Programmkonzepts und der Programmleistung abgeschwächt.

Der Ansatz der dezentralisierten Durchführung hatte zur Folge, daß die Kommission tendenziell Verträge, die Fachkenntnisse über den Übergangsprozeß voraussetzen, an Dritte vergab und Verträge, die Fachwissen im Zusammenhang mit den finanziellen und administrativen Verfahren erfordern, selbst abgewickelt hat, wodurch sie die Programme hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Auswirkungen nicht mehr im Griff hatte.

Der schnelle Wandel und die schwankende wirtschaftliche und politische Entwicklung in den Partnerländern ist nicht immer einem starken Engagement für Effizienz förderlich.

PHARE ist vorrangig ein technisches Hilfsprogramm, das den Transfer von Qualifikationen und Know-how in den Vordergrund rückt. Sein Hauptinstrument, technische Hilfe, ist effizienter und hat beträchtliche und nachhaltige Auswirkungen, wenn es bestehenden Regierungsstrategien zustatten kommt und wenn die politische Verpflichtung zur Reform im Vordergrund steht. Die Auswirkungen der technischen Hilfe auf lokale Haltungen und kulturelle Gegebenheiten sind dort am größten, wo diese Hilfe auf einer langfristigen Grundlage bereitgestellt wird.

Die anfänglichen Anliegen von PHARE bestanden darin, den Aufbau von Institutionen zu unterstützen, neue Arbeits- und Vernetzungsmöglichkeiten, insbesondere auf lokaler Ebene, zu schaffen, (finanzielle und andere) Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Entwicklung des privaten Sektors und die Umstrukturierung von Unternehmen zu verbessern, und die Qualifikationen durch Ausbildung weiterzuentwickeln.

Die Ausbildung ist in fast allen PHARE-Programmen in jedem Bereich ein sehr wichtiger Faktor. Angesichts des breiten Grabens, der zwischen den verfügbaren Qualifikationen und den Erfordernissen für neue Qualifikationen klaffte, kann man davon ausgehen, daß es gerechtfertigt war, in der Anfangsphase des PHARE-Programms Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen.

Gewöhnlich werden Überlegungen im Zusammenhang mit der finanziellen oder sonstigen Nachhaltigkeit erst während der Programmdurchführung angestellt und nicht von Anfang an. Es besteht die Notwendigkeit, die Auswirkungen der Vorschläge im Hinblick auf ständig wiederkehrende Kosten zu analysieren. Wo neue Institutionen und Programme durch Regierungsbehörden umgesetzt werden, müssen ihre finanziellen Nettokosten ausgerechnet werden. Ferner ist zu untersuchen, wie die Kosten nach Abschluß des PHARE-Programms abgedeckt werden können, um die Rentabilität und Nachhaltigkeit zu verbessern.

| Top |


Anhang

Die folgenden Angaben zur Durchführung von PHARE sind bislang die aktuellsten Zahlen, die vorliegen.

(Quelle: "PHARE: Eine Zwischenbewertung" der Europäischen Kommission).

Für den Zeitraum nach dem Jahr 2000 hat die Kommission vorgeschlagen, daß zusätzlich zu PHARE die Heranführungshilfe durch die jährliche Bereitstellung von zusätzlich 500 Mio ECU (insgesamt für zehn Länder) für die landwirtschaftliche Entwicklung und 1 Mrd ECU (insgesamt für zehn Länder) für strukturelle Prioritäten erhöht werden sollte.

Verteilung der Mittel im Rahmen des PHARE-Programms nach Ländern

Land Im Zeitraum 1990-1996 gebundene PHARE-Mittel insgesamt (Mio ECU) Bevölkerung des Landes (Mio.) Anteil der PHARE-Mittel (%) Anteil der Bevölkerung (%)
Polen 1.388 38,5 30,8 36,6
Ungarn 684 10,3 15,2 9,8
Tschech.Republ. 429 10,3 9,5 9,8
Slowakei 207 5,3 4,6 5,0
Slowenien 91 2,0 2,0 1,9
Rumänien 726 22,7 16,1 22,6
Bulgarien 539 8,4 12,0 8,0
Estland 130 1,5 2,9 1,4
Litauen 179 3,8 4,0 3,6
Lettland 132 2,5 2,9 2,4
Insgesamt 4.505 105,3 100 100

Gebundene, abgerufenen und ausgezahlte PHARE-Mittel pro Jahr (zum 31.12.1996)

gebundene Mittel abgerufene Mittel ausgezahlte Mittel
Mio ECU (%) Mio ECU (%)
1990 494,7 487,1 98 490,6 99
1991 773,6 773,4 100 738,8 96
1992 1.010,1 951,0 94 895,8 89
1993 1.007,2 814,9 81 710,0 70
1994 972,9 611,5 63 514,3 53
1995 1.154,7 412,5 36 282,2 24
1996 1.222,9 251,3 21 95,5 8
1990-1993 3.288,6 3.026,4 92 2.835,2 86
1994-1996 3.350,5 1.273,3 38 892,0 27

PHARE-Mittelzuweisung nach den wichtigsten Sektoren

  1990-1993 1994-1996
Mio ECU % Mio ECU %
Humanitäre, Nahrungsmittel- und Soforthilfe 337,7 10,3 180,0 5,3
Umstrukturierung der Landwirtschaft 392,8 12,0 85,5 2,6
Privatsektor (Umstrukturierung, Privatisierung, KMU, Finanzsektor, Regionalmaßnahmen) 876,4 26,7 611,2 18,2
Bildung, Ausbildung und Forschung 431,0 13,1 443,4 13,2
Soziale Entwicklung, Beschäftigung, Gesundheit 213,8 6,5 108,5 3,2
Umwelt (einschließlich nuklearer Sicherheit) 325,9 9,9 215,0 6,4
Infrastruktur 280,0 8,5 1.208,1 36,1
Verwaltung, öffentliche Einrichtungen, Rechtsangleichung 164,5 5,0 275,2 8,2
Zivilgesellschaft und Demokratisierung 34,0 1,0 66,4 2,0
Andere 229,6 7,0 157,2 4,7
Insgesamt 3.285,7 100,0 3.350,5 100,0

| Home |
© Erweiterung: 4. Dezember 1998