Strukturbeihilfen im Fischereisektor
Die Förderung des Fischereisektors ist eine der ältesten Komponenten der Fischereipolitik der EU. Das derzeitige Programm ist der Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF), der sich im Zeitraum 2021-2027 auf 6,108 Mrd. EUR beläuft. Zweck des EMFAF ist es, eine nachhaltige Fischerei zu unterstützen, um Ernährungssicherheit durch die Versorgung mit Meereserzeugnissen, das Wachstum einer nachhaltigen blauen Wirtschaft und gesunde, sichere und nachhaltig bewirtschaftete Meere und Ozeane zu erreichen.
Rechtsgrundlage
- Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere Artikel 42, Artikel 43 Absatz 2, Artikel 91 Absatz 1, Artikel 100 Absatz 2, Artikel 173 Absatz 3, Artikel 175, Artikel 177, Artikel 188, Artikel 192 Absatz 1, Artikel 194 Absatz 2, Artikel 195 Absatz 2, Artikel 322 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 349;
- Verordnung (EU) 2021/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 über den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1004 (EMFAF-Verordnung);
- Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik („Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen“).
Ziele
Das übergeordnete Ziel des EMFAF besteht darin, zur Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) und der Meerespolitik der EU beizutragen. Die finanzielle Unterstützung im Rahmen des EMFAF soll auch dazu beitragen, die Ziele der EU in den Bereichen Umwelt, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu erreichen.
Hintergrund
Eine strukturelle Förderung für den Fischereisektor der EU gab es erstmals 1970 im Rahmen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. Ziel war es, die Produktivität des Sektors zu steigern, vor allem durch Unterstützung der Modernisierung der Fischereiflotte und der Vermarktung von Fischereierzeugnissen. Die Annahme der GFP im Jahr 1983 und ihr Schwerpunkt auf der Erhaltung der Meeresressourcen markierten den Beginn einer schrittweisen Verlagerung der Schwerpunktsetzung von der Steigerung der Produktivität hin zur Anpassung der Fischereiflotte der EU, um eine nachhaltige Ressourcennutzung sicherzustellen.
Die EU schuf 1994 einen spezifischen Rahmen für die Finanzierung der Fischerei, als sie die verschiedenen bestehenden Verordnungen in einem einzigen Instrument zusammenführte: dem Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF). Bei der Finanzierung des FIAF fand eine Abkehr von der ausschließlichen und direkten Verwaltung durch die Kommission statt, indem die geteilte Mittelverwaltung mit den Mitgliedstaaten eingeführt wurde. Nach zwei FIAF-Programmen (1994-1999 und 2000-2006) wurden die Strukturbeihilfen für die Fischerei in den Europäischen Fischereifonds (2007-2013) umgewandelt. Der Großteil der Mittel für diese Programme wurde für Maßnahmen im Zusammenhang mit der EU-Fischereiflotte bereitgestellt. Im Laufe der Zeit sank jedoch der Prozentsatz der Flottenbeihilfen, und es wurden Mittel für ein immer breiteres Spektrum von Maßnahmen bereitgestellt.
Dieser Trend setzte sich mit dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF, 2014-2020) fort. Der EMFF, der parallel zur Reform der GFP von 2013 erörtert und einige Monate später, im Mai 2014, angenommen wurde, ermöglichte es, die Finanzierung an den neu definierten Bedarf der GFP anzupassen. Als wichtige Neuerung hat der EMFF die Finanzierung der Fischerei in ein umfassenderes Paket von strukturpolitischen Maßnahmen integriert und ist Teil der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds). Gleichzeitig wurden die gemeinsamen Vorschriften für alle Fonds in der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 zusammengefasst. Daher basierte der Finanzrahmen für die Fischereipolitik der EU ab diesem Zeitpunkt auf gemeinsamen Bestimmungen für alle ESI-Fonds und auf den fischereispezifischen Bestimmungen des EMFF.
Das aktuelle Finanzierungsprogramm ist der EMFAF, der den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2027 abdeckt. Der Zeitplan ist auf die Dauer des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021-2027 abgestimmt. Im MFR werden die jährlichen Höchstbeträge festgelegt, die die EU in verschiedenen Bereichen ausgeben darf, und ein System für die Finanzplanung und Haushaltsdisziplin, um sicherzustellen, dass die Ausgaben der EU vorhersehbar sind und innerhalb der vereinbarten Grenzen bleiben. Der MFR 2021-2027 ist in sechs Ausgabenkategorien unterteilt, die verschiedenen Tätigkeitsbereichen entsprechen. Der EMFAF fällt unter Rubrik 3, „Natürliche Ressourcen und Umwelt“, die über einen Gesamthaushalt von 325 Mrd. EUR verfügt (siehe Kurzdarstellung zum MFR).
Der Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF)
In der EMFAF-Verordnung sind die Prioritäten des Fonds, sein Haushalt und die spezifischen Vorschriften für die Bereitstellung von Fischereifinanzierungen festgelegt. Da der EMFAF einer der Strukturfonds der EU ist, ergänzen diese spezifischen Vorschriften die allgemeinen Vorschriften, die im Rahmen der derzeitigen Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für den EMFAF gelten.
Der EMFAF verfügt für den Zeitraum 2021-2027 über einen Gesamthaushalt von 6,108 Mrd. EUR. Das Programm ist auf geteilte und direkte und indirekte Mittelverwaltung aufgeteilt.
- Im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung werden 5,311 Mrd. EUR (87 % des Fonds) über nationale Programme bereitgestellt, die aus dem EU-Haushalt und von den Mitgliedstaaten kofinanziert werden. Jedes Land erhält einen Anteil am Gesamthaushalt, der dem gleichen Prozentsatz des Fonds entspricht wie im vorangegangenen Zeitraum 2014-2020. Die Mitgliedstaaten erstellen anschließend ihre operationellen Programme, in denen sie beschreiben, wie sie die Mittel vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission zuweisen werden. Die nationalen Behörden bestimmen, welche Projekte finanziert werden. Sie sind gemeinsam mit der Kommission für die Umsetzung des operationellen Programms verantwortlich. Dieser Teil des EMFAF unterliegt den allgemeinen Vorschriften der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen.
- Im Rahmen der direkten und indirekten Mittelverwaltung werden 797 Mio. EUR (13 % des Fonds) von der Kommission im Rahmen von Arbeitsprogrammen verwaltet, die vom EMFAF-Ausschuss (einer von den Mitgliedstaaten benannten Expertengruppe) angenommen werden. Die Unterstützung im Rahmen der direkten Mittelverwaltung (über Durchführungsrechtsakte der Kommission) und der indirekten Mittelverwaltung (in Form von Finanzhilfen an andere Durchführungsstellen) bezieht sich unter anderem auf die Bereitstellung wissenschaftlicher Gutachten, die Entwicklung des Fischereikontrollsystems der EU, die Sicherstellung des Funktionierens der Beiräte und die Bereitstellung freiwilliger Beiträge an internationale Organisationen.
Im EMFAF sind vier Prioritäten festgelegt, in deren Rahmen der Gesamtumfang der Unterstützung im Einklang mit den Zielen der GFP, der EU-Meerespolitik und der EU-Agenda für die internationale Meerespolitik festgelegt wird. Jede Priorität umfasst spezifische Ziele, die den operativen Umfang der Unterstützung für die verschiedenen Themenbereiche in groben Zügen beschreiben.
Im Rahmen ihrer nationalen EMFAF-Programme entscheiden die Mitgliedstaaten, welche Mittel am besten geeignet sind, um die Ziele im Zusammenhang mit den vier Prioritäten zu erreichen, und verfügen über Flexibilität bei der Festlegung der Förderfähigkeitsregeln. Die EMFAF-Verordnung enthält jedoch eine Liste nicht förderfähiger Maßnahmen, um nachteilige Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit (z. B. Investitionen zur Erhöhung der Fangkapazität) zu vermeiden. Darüber hinaus unterliegen bestimmte Kategorien von Subventionen für die Fischereiflotte spezifischen Förderfähigkeitsregeln, um sicherzustellen, dass sie mit den Erhaltungszielen der GFP im Einklang stehen.
Die vier EMFF-Prioritäten und ihre jeweiligen spezifischen Ziele für die Unterstützung im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung lauten wie folgt:
- Förderung einer nachhaltigen Fischerei und der Wiederherstellung und Erhaltung biologischer aquatischer Ressourcen durch:
- Förderung nachhaltiger Aquakulturtätigkeiten sowie der Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen der Fischerei und Aquakultur, wodurch ein Beitrag zur Ernährungssicherheit in der EU geleistet wird, durch:
- Ermöglichung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in Küsten-, Insel- und Binnengebieten und Förderung der Entwicklung von Fischerei- und Aquakulturgemeinschaften.
- Stärkung der internationalen Meerespolitik und Schaffung sicherer, geschützter, sauberer und nachhaltig bewirtschafteter Meere und Ozeane durch
Im EMFAF wurden mehrere horizontale Bedingungen festgelegt, um Maßnahmen, die einen kollektiven Mehrwert bieten, Vorrang einzuräumen.
- Mindestens 15 % der einem Mitgliedstaat zugewiesenen Haushaltsmittel müssen für die Kontrolle der Fangtätigkeiten und die Erhebung wissenschaftlicher Daten für das Fischereimanagement eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass ausreichende Mittel für die Ziele des Mitgliedstaats zur Verfügung stehen.
- Bestimmte Maßnahmen sind kleineren Fischereifahrzeugen (d. h. mit einer Länge von weniger als 24 m) vorbehalten. Diese Maßnahmen betreffen die Unterstützung junger Fischer beim Erwerb ihres ersten Fischereifahrzeugs, den Austausch oder die Modernisierung von Motoren und die Erhöhung des Schiffsvolumens zur Verbesserung der Sicherheit, der Arbeitsbedingungen oder der Energieeffizienz.
- Bestimmte Kategorien von Investitionen in Fischereifahrzeuge dürfen einen Schwellenwert von 6 Mio. EUR oder 15 % der jedem Mitgliedstaat zugewiesenen Haushaltsmittel nicht überschreiten. Zu diesen Kategorien gehören Maßnahmen für die oben genannten kleineren Schiffe sowie Maßnahmen bezüglich der endgültigen oder vorübergehenden Einstellung der Fangtätigkeit.
Für Vorhaben in Gebieten in äußerster Randlage müssen Portugal, Spanien und Frankreich ihren jeweiligen Regionen einen Mindestbetrag ihrer Haushaltsmittel zuweisen. Dieser Betrag muss sich mindestens auf Folgendes belaufen:
- 102 Mio. EUR für die Azoren und Madeira (26,9 % der Haushaltsmittel für Portugal),
- 82 Mio. EUR für die Kanarischen Inseln (7,3 % der Haushaltsmittel für Spanien), und
- 131 Mio. EUR für Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique, Mayotte, Réunion und Saint-Martin (23,1 % der Haushaltsmittel für Frankreich).
Die GFP-Finanzierung im Rahmen des EMFAF wird durch einen gesonderten Haushalt in Höhe von 890 Mio. EUR ergänzt, der für partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei mit Drittländern und obligatorische Beiträge zu regionalen Fischereiorganisationen bestimmt ist. Diese Mittel werden direkt von der Kommission verwaltet.
Rolle des Europäischen Parlaments
Das Parlament ist seit der Annahme des Vertrags von Lissabon Mitgesetzgeber im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens. Es spielt eine zentrale Rolle bei Entwicklungen im Zusammenhang mit der GFP, einschließlich ihrer Finanzinstrumente. Das Parlament überprüft während seines jährlichen Haushalts- und Entlastungsverfahrens auch die Ausgaben der EU im Rahmen der Strukturfonds.
Das Parlament hat sich an der Ausarbeitung des MFR 2021-2027 und an der Überarbeitung des Fischereifonds, die zum EMFAF führte, beteiligt. Im Rahmen dieses Prozesses hat das Parlament seinen Standpunkt zur künftigen Finanzierung der Fischerei in seiner Entschließung vom 14. März 2018 zum nächsten MFR nach 2020 dargelegt und dabei die Stellungnahme des Fischereiausschusses vom 23. November 2017 berücksichtigt.
In jüngerer Zeit wurde in der Entschließung des Parlaments vom 18. Januar 2024 zum Stand der Umsetzung der GFP und den Zukunftsaussichten die Rolle der Unterstützung aus dem EMFAF für die Verwirklichung eines breiten Spektrums von Zielen hervorgehoben, die unter die GFP fallen, wie etwa die Steigerung der Energieeffizienz von Fischereifahrzeugen, Innovationen zur Verbesserung von schonenden Fanggeräten und die Unterstützung junger Fischer. In der Entschließung werden die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Zugang zu EMFAF-Mitteln für Fachkräfte aus der Industrie zu erleichtern und den EMFAF zu ergänzen, beispielsweise durch den Fonds für einen gerechten Übergang, REPowerEU und Horizont Europa, um einen gerechten ökologischen Wandel zu erleichtern.
Zu den jüngsten Forschungsarbeiten für den Fischereiausschuss im Zusammenhang mit der Finanzierung der Fischerei gehören die folgenden Studien:
- „Policy options for strengthening the competitiveness of the EU fisheries and aquaculture sector“ (Politische Optionen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Fischerei- und Aquakultursektors der EU), worin die Rolle des EMFAF bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche beleuchtet wird;
- „Increasing selectivity in EU fisheries – State of play and best practices“ (Erhöhung der Selektivität in der EU-Fischerei – Sachstand und Best-Practice-Beispiele), einschließlich einer Analyse, wie die Mitgliedstaaten die EMFF-Mittel zur Förderung einer höheren Selektivität verwendet haben;
- „Decarbonisation and circular economy aspects for fisheries“ (Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft für die Fischerei), worin auf die Nutzung des EMFAF zur Unterstützung von Investitionen in Dekarbonisierungs- und Kreislaufwirtschaftslösungen eingegangen wird.
Irina Popescu