Die Europäische Bürgerinitiative

Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) ist ein wichtiges Instrument der partizipativen Demokratie in der EU. Mithilfe dieses Instruments können eine Million Bürger, die in einem Viertel der Mitgliedstaaten wohnen, die Kommission auffordern, einen Rechtsakt vorzuschlagen, um die EU-Verträge umzusetzen. Seit dem Geltungsbeginn einer Verordnung mit detaillierten Verfahren und Bedingungen für die EBI im Jahr 2011 wurden zehn Initiativen erfolgreich der Kommission vorgelegt. Seit Januar 2020 gelten neue Vorschriften, die den Zugang zur EBI erleichtern sollen.

Rechtsgrundlage

  • Artikel 11 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union (EUV);
  • Artikel 24 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV);
  • Verordnungen (EU) Nr. 211/2011 und (EU) 2019/788;
  • Artikel 222 und 230 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments.

Hintergrund

Bei Bürgerinitiativen handelt es sich um Instrumente, die den Bürgern in einer Mehrheit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene zur Verfügung stehen, sich aber in Bezug auf den Geltungsbereich und das Verfahren erheblich unterscheiden. Das Konzept der Unionsbürgerschaft, in dem die Europäische Bürgerinitiative ihren Ursprung hat, wurde erstmals mit dem Vertrag von Maastricht eingeführt (1.1.3). Die Außenminister Österreichs und Italiens schlugen bereits 1996 im Vorfeld der Regierungskonferenz in Amsterdam vor, dass neben dem Petitionsrecht in Bezug auf das Europäische Parlament das Recht auf die Vorlage derartiger Initiativen geschaffen werden sollte. Der Vorschlag wurde von der Konferenz jedoch nicht aufgegriffen. Bestimmungen für eine Bürgerinitiative, die der derzeitigen Regelung stark ähneln, wurden ursprünglich in den Entwurf des Verfassungsvertrags aufgenommen. Das Präsidium des Konvents lehnte es ab, diese Bestimmungen in den endgültigen Text aufzunehmen, allerdings ermöglichten gemeinsame Anstrengungen zivilgesellschaftlicher Organisationen ihre Beibehaltung. Nachdem das Verfahren zur Ratifizierung des Verfassungsvertrags gescheitert war, wurden bei der Ausarbeitung des Vertrags von Lissabon wieder ähnliche Bestimmungen eingefügt.

Heute ist das Recht auf die Vorlage einer Bürgerinitiative in Titel II des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankert („Bestimmungen über die demokratischen Grundsätze“). In Artikel 11 Absatz 4 EUV wird der grundlegende Rahmen für dieses Recht festgelegt. Die allgemeinen Grundsätze für eine Verordnung über die konkreten Verfahren und genauen Bedingungen sind in Artikel 24 Absatz 1 AEUV niedergelegt. Der Vorschlag für eine Verordnung war das Ergebnis einer umfassenden Konsultation[1]. Die Verhandlungen über und die Einigung auf den endgültigen Text nahmen mehrere Monate in Anspruch – ein Entwurf eines Vorschlags wurde dem Parlament und dem Rat am 31. März 2010 vorgelegt, und am 15. Dezember 2010 wurde eine politische Einigung erzielt, was zur förmlichen Annahme des Textes durch das Parlament und den Rat am 16. Februar 2011 führte. Am 1. April 2011 trat der vom Europäischen Parlament und vom Rat vereinbarte Text als Verordnung (EU) Nr. 211/2011 (EBI-Verordnung) in Kraft. Da auf der Ebene der Mitgliedstaaten eine Reihe technischer Anpassungen zur Einführung eines gestrafften Prüfverfahrens erforderlich war, erlangte die EBI-Verordnung erst ein Jahr später Geltung. Die Kommission wurde verpflichtet, bis zum 1. April 2015 und anschließend alle drei Jahre zu demselben Datum einen Bericht über die Anwendung der EBI-Verordnung im Hinblick auf deren eventuelle Überarbeitung vorzulegen. Die Kommission legte am 31. März 2015 ihren Bericht COM(2015)0145 und am 28. März 2018 ihren Bericht COM(2018)0157 vor. Diese Berichte gaben Auskunft über den aktuellen Stand und enthielten eine Bewertung der Umsetzung der Europäischen Bürgerinitiative. Ferner enthielten sie eine Aufzählung der Probleme, die in den ersten sechs Jahren dieses neuen legislativen und institutionellen Rahmens aufgetreten waren. In den Berichten wurde auf eine Reihe von Mängeln hingewiesen und eine Reihe von Vorschlägen aufgegriffen, die das Parlament in seine Berichte aufgenommen hatte, sowie auf einige der auf Initiative des Parlaments durchgeführten vertieften Forschungsarbeiten[2].

Als die EBI-Verordnung in Kraft trat, wurden erhebliche Bedenken hinsichtlich der Funktionsweise des Instruments geäußert. Das Parlament hat wiederholt eine Überarbeitung der EBI-Verordnung gefordert, um die Verfahren zu vereinfachen und zu straffen. Schließlich legte die Kommission am 13. September 2017 einen Legislativvorschlag zur Überarbeitung der EBI-Verordnung vor. Im Anschluss an interinstitutionelle Verhandlungen, die zwischen September und Dezember 2018 abgehalten wurden, erzielten das Parlament und der Rat am 12. Dezember 2018 eine politische Einigung. Der vereinbarte Text wurde am 12. März 2019 vom Europäischen Parlament und am 9. April 2019 vom Rat angenommen. Der endgültige Rechtsakt wurde am 17. April 2019 unterzeichnet und am 17. Mai 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 130) veröffentlicht.

Mit der seit dem 1. Januar 2020 geltenden neuen Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative wurde die Verordnung (EU) Nr. 211/2011 aufgehoben. Das Recht, eine Europäische Bürgerinitiative vorzulegen, ist eindeutig von dem Recht zu unterscheiden, eine Petition einzureichen, da sich das Verfahren in einigen wesentlichen Punkten vom Petitionsverfahren unterscheidet. Petitionen können von EU-Bürgerinnen und -Bürgern und von natürlichen oder juristischen, in der EU ansässigen Personen (4.1.4) eingereicht werden und müssen Angelegenheiten zum Gegenstand haben, die in den Tätigkeitsbereich der EU fallen und den Petentinnen und Petenten unmittelbar betreffen. Petitionen werden an das Parlament in seiner Eigenschaft als direkte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger auf EU-Ebene gerichtet. Eine Europäische Bürgerinitiative stellt eine direkte Aufforderung zum Erlass eines bestimmten Rechtsinstruments der EU dar und muss gewissen Vorschriften entsprechen. Zudem richtet sie sich letztendlich an die Kommission, die als einziges Organ befugt ist, Legislativvorschläge zu unterbreiten. Insofern ist die Europäische Bürgerinitiative grundsätzlich mit dem Initiativrecht des Parlaments (Artikel 225 AEUV) und des Rates (Artikel 241 AEUV) vergleichbar.

Verfahren

A. Bürgerausschuss

Für eine Initiative einer solchen Größenordnung ist ein gewisses Maß an organisatorischer Struktur erforderlich. Daher ist der erste Schritt bei der Einleitung einer Europäischen Bürgerinitiative die Gründung eines Organisationsausschusses, der „Bürgerausschuss“ genannt wird. Diesem Ausschuss müssen mindestens sieben Personen angehören, die in mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind (aber nicht unbedingt sieben verschiedene Staatsangehörigkeiten haben müssen) und alt genug sind, um an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilzunehmen. Der Ausschuss muss einen Vertreter und einen Stellvertreter bestimmen, die als Kontaktpersonen dieser Europäischen Bürgerinitiative auftreten.

Im Gegensatz zu den Vorschlägen der Kommission und des Parlaments wurde in der neuen EBI-Verordnung das Mindestalter für die Unterstützung einer Europäischen Bürgerinitiative nicht auf 16 Jahre abgesenkt. Es ist aber den Mitgliedstaaten gestattet, das Mindestalter auf 16 Jahre festzulegen, falls sie dies wünschen.

B. Registrierung

Bevor der Ausschuss mit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen seitens der Bürgerinnen und Bürger beginnen kann, muss er die Initiative bei der Kommission registrieren. Diesbezüglich ist ein Dokument mit der Bezeichnung und dem Gegenstand sowie eine kurze Beschreibung der Initiative einzureichen, die Angaben zu der für die Initiative vorgeschlagenen Rechtsgrundlage sowie Informationen über die Ausschussmitglieder und über alle Quellen der Unterstützung für die vorgeschlagene Initiative sowie über alle Finanzierungsquellen enthält. Die Organisatoren können als Anlage ausführlichere Angaben und weitere Materialien, z. B. einen Entwurf des vorgeschlagenen Legislativtextes, vorlegen.

Die Kommission entscheidet innerhalb von zwei Monaten, ob sie die vorgeschlagene Initiative registriert. Die Registrierung wird abgelehnt, wenn die Verfahrenserfordernisse nicht erfüllt sind oder die Initiative außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt zur Anwendung der Verträge vorzulegen. Sie wird ebenfalls abgelehnt, wenn die Initiative offenkundig unseriös, missbräuchlich oder böswillig ist oder den Werten der EU nach Artikel 2 EUV entgegensteht. Gegen die Entscheidung der Kommission können gerichtliche oder außergerichtliche Rechtsbehelfe eingelegt werden. Registrierte Initiativen werden auf dem Internetportal der Kommission veröffentlicht.

Um die Europäische Bürgerinitiative leichter zugänglich zu machen und sicherzustellen, dass so viele Initiativen wie möglich registriert werden, sieht die neue Verordnung auch die Möglichkeit vor, Initiativen teilweise zu registrieren.

C. Sammlung von Unterstützungsbekundungen

Sobald die Initiative registriert worden ist, können die Organisatoren mit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen beginnen. Dazu haben sie ab der Registrierung zwölf Monate Zeit. Unterstützungsbekundungen können in Papierform oder elektronisch gesammelt werden. Werden sie elektronisch gesammelt, müssen die zuständigen nationalen Behörden das Online-Sammelsystem zunächst zertifizieren. Die Einzelvorschriften über die technischen Spezifikationen der Online-Sammelsysteme sind in einer Durchführungsverordnung der Kommission festgelegt (Verordnung (EU) 2019/1799). Für die Prüfung gelten unabhängig davon, ob die Unterstützungsbekundungen in Papierform oder elektronisch gesammelt werden, dieselben Anforderungen, was die erforderlichen Angaben betrifft. Um von der Kommission berücksichtigt zu werden, müssen im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative innerhalb von zwölf Monaten eine Million Unterstützungsbekundungen gesammelt werden.

Die neue EBI-Verordnung ermöglicht es den EU-Bürgerinnen und -Bürgern, eine Europäische Bürgerinitiative unabhängig von ihrem Wohnort zu unterstützen. Außerdem wird mehr Flexibilität bei der Wahl des Zeitpunkts für den Beginn der Frist für die Sammlung von Unterschriften innerhalb der sechs Monate nach der Registrierung eingeführt. Darüber hinaus werden die Anforderungen an die personenbezogenen Daten der Unterzeichner einer Europäischen Bürgerinitiative vereinfacht. Den Mitgliedstaaten ist es jedoch weiterhin gestattet, von Unterzeichnern die Angabe ihrer vollständigen Personalausweisnummer zu verlangen.

Darüber hinaus wird die Kommission durch die neue Verordnung verpflichtet, ein zentrales Online-Sammelsystem einzurichten und zu betreiben und die einzelnen Sammelsysteme ab 2022 schrittweise abzuschaffen.

Schließlich sieht die neue Verordnung auf Drängen des Europäischen Parlaments eine verstärkte Unterstützung für die Organisatoren von Europäischen Bürgerinitiativen durch Kontaktstellen in jedem Mitgliedstaat und eine Online-Kooperationsplattform vor, die Informationen und Unterstützung, praktische Hilfe und eine rechtliche Beratung zu Europäischen Bürgerinitiativen anbieten.

D. Prüfung und Bescheinigung

Sobald sie die erforderliche Anzahl von Unterstützungsbekundungen in einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedstaaten gesammelt haben, müssen die Organisatoren diese bei den zuständigen nationalen Behörden einreichen, die die Aufgabe haben, die Unterstützungsbekundungen zu bescheinigen, die die Kommission anhand der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen zusammengestellt hat. Bei den zuständigen Behörden handelt es sich üblicherweise um das Innenministerium, Wahlkommissionen oder Einwohnermeldeämter. Die nationalen Behörden haben drei Monate Zeit, die Unterstützungsbekundungen zu bescheinigen; sie sind jedoch nicht zur Überprüfung der Unterschriften verpflichtet.

E. Vorlage und Prüfung

In dieser Phase müssen die Organisatoren die entsprechenden Bescheinigungen der nationalen Behörden über die Anzahl der Unterstützungsbekundungen einreichen und sind verpflichtet, Informationen über sämtliche erhaltenen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Grundsätzlich müssen Beiträge über 500 EUR angegeben werden.

Nach Vorlage der Initiative ist die Kommission gehalten, sie unverzüglich in einem Register zu veröffentlichen und sich auf angemessener Ebene mit den Organisatoren zu treffen, damit sie die Einzelheiten ihres Antrags erläutern können. Nach einem Meinungsaustausch mit der Kommission erhalten die Organisatoren Gelegenheit, die Initiative bei einer öffentlichen Anhörung im Parlament vorzustellen. Die Anhörung wird von dem Ausschuss organisiert, der für den Gegenstand der Bürgerinitiative zuständig ist (Artikel 222 der Geschäftsordnung des Parlaments).

In der neuen EBI-Verordnung wurde die Frist, in der die Kommission auf eine gültige Initiative reagieren muss, von drei auf sechs Monate verlängert. In einer Mitteilung, in der die rechtlichen und politischen Schlussfolgerungen zu jeder Initiative dargelegt werden, muss die Kommission eine förmliche Liste der geplanten Maßnahmen und einen klaren Zeitplan für ihre Umsetzung vorlegen. Darüber hinaus sieht die Verordnung vor, dass die Organisatoren regelmäßig über die Finanzierungsquellen und sonstige geleistete Unterstützung Bericht erstatten müssen, um für vollständige Transparenz zu sorgen. Außerdem ist die Kommission verpflichtet, ein Kontaktformular im Register und auf der öffentlichen Website für die Europäische Bürgerinitiative zur Verfügung zu stellen, damit Bürgerinnen und Bürger eine Beschwerde über die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Informationen einreichen können.

Die Rolle des Europäischen Parlaments wird durch die neue EBI-Verordnung und die Änderung seiner Geschäftsordnung weiter gestärkt. Um erfolgreichen Initiativen eine stärkere politische Wirkung zu verleihen, kann das Parlament im Anschluss an die öffentliche Anhörung eine Aussprache im Plenum abhalten und eine Entschließung annehmen, um eine politische Unterstützung der Initiative zu prüfen. Schließlich prüft das Parlament die Maßnahmen, die die Kommission als Reaktion auf die Initiative ergriffen hat und die auch in diesbezüglichen Mitteilungen der Kommission dargelegt werden.

Anhängige Initiativen

Bisher haben zehn Europäische Bürgerinitiativen die erforderliche Anzahl an Unterschriften erreicht („Right2Water“, „Einer von uns“, „Stop vivisection“, „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“, „Minority SafePack – eine Million Unterschriften für die Vielfalt Europas“, „End the Cage Age“, „Bienen und Bauern retten! Eine bienenfreundliche Landwirtschaft für eine gesunde Umwelt“, „Stop Finning – Stop the Trade (Abtrennen von Flossen und Handel damit stoppen)“, „Für den Schutz kosmetischer Mittel ohne Tierquälerei und ein Europa ohne Tierversuche“ und „Fur Free Europe (Pelzfreies Europa)“) und wurden der Kommission übermittelt. Das Parlament hat Anhörungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Initiativen veranstaltet. Die Kommission hat in ihren Antworten zu diesen Initiativen jeweils ihren rechtlichen und politischen Standpunkt dargelegt. Seit der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative hat die Kommission insgesamt 103 Initiativen registriert.

Rolle des Europäischen Parlaments

Das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative ist für das Parlament von großem Interesse. Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon verabschiedete das Parlament eine Entschließung, die einen detaillierten Vorschlag für die Umsetzung der Europäischen Bürgerinitiative enthielt. Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon war das Parlament aktiv an den Verhandlungen über die EBI-Verordnung beteiligt. Das Parlament hat erfolgreich dazu beigetragen, die Europäische Bürgerinitiative zu einem zugänglicheren und bürgerfreundlicheren Instrument der partizipativen Demokratie zu machen. Es hat unter anderem erreicht, dass die Mindestanzahl der Mitgliedstaaten, aus denen die Unterstützungsbekundungen kommen müssen, auf ein Viertel aller Mitgliedstaaten gesenkt wurde, es hat darauf bestanden, dass die Zulässigkeitsprüfung vor der Registrierung erfolgen muss, und es hat sich dafür eingesetzt, dass allen EU-Bürgern und Einwohnern, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, durch die Bestimmungen das Recht eingeräumt wird, eine EBI zu unterzeichnen.

Das Parlament hat eine Reihe von politischen Forderungen zur Vereinfachung und Straffung der Verfahren für die Durchführung einer Europäischen Bürgerinitiative sowie zur Verbesserung ihrer Wirksamkeit vorgebracht. Am 28. Oktober 2015 verabschiedete das Parlament eine Entschließung zur Überprüfung der Europäischen Bürgerinitiative, in der es unter anderem eine Überarbeitung der Verordnung verlangte, um die Anforderungen an die Erhebung personenbezogener Daten zu vereinfachen und finanzielle Hilfen für die Organisation von Europäischen Bürgerinitiativen bereitzustellen. Im Jahr 2017 brachte der Ausschuss für konstitutionelle Fragen einen legislativen Initiativbericht auf den Weg, der genau auf eine solche grundlegende Überarbeitung der EBI-Verordnung abzielte. Auf der Grundlage der Forderungen des Parlaments und einer öffentlichen Konsultation legte die Kommission im September 2017 ihren Vorschlag für eine neue EBI-Verordnung vor. Am 20. Juni 2018 nahm der Ausschuss für konstitutionelle Fragen seinen Bericht über den Vorschlag der Kommission an, woraufhin im Plenum am 5. Juli 2018 darüber abgestimmt wurde, interinstitutionelle Verhandlungen über die neue EBI-Verordnung aufzunehmen.

Am 12. Dezember 2018 erzielten Parlament und Rat eine politische Einigung. Im Anschluss an die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März und die Billigung durch den Rat vom 9. April wurde am 17. April 2019 der endgültige Rechtsakt unterzeichnet und am 17. Mai 2019 im Amtsblatt veröffentlicht. Mit der seit dem 1. Januar 2020 geltenden neuen Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative wurde die Verordnung (EU) Nr. 211/2011 aufgehoben.

Die neue EBI-Verordnung macht die EBI leichter zugänglich, weniger bürokratisch und einfacher für Organisatoren und Unterstützer und stärkt gleichzeitig ihre Weiterverfolgung.

Am 15. Juli 2020 nahmen Parlament und Rat zeitweilige Maßnahmen an, die sich mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die EBI befassen. Die neuen Bestimmungen ermöglichen eine Verlängerung des für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen durch die von der Pandemie betroffenen Bürgerinitiativen vorgesehenen Zeitraums.

Am 3. Juni 2021 nahm die Kommission einen Durchführungsbeschluss an, um den Zeitraum für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen für Europäische Bürgerinitiativen zu verlängern. Die Frist für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen wurde bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Am 13. Juni 2023 nahm das Parlament eine Entschließung zur Durchführung der Verordnungen über die Europäische Bürgerinitiative an.

 

[1]Grünbuch der Kommission (KOM(2009)0622).

Alessandro Davoli