Europäische Nachbarschaftspolitik

Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) bezieht sich auf Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Israel, Jordanien, den Libanon, Libyen, Marokko, Moldau, Palästina, Syrien, Tunesien und die Ukraine. Ihr Ziel ist es, den Wohlstand, die Stabilität und die Sicherheit aller zu stärken. Sie basiert auf den Werten der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte und ist eine bilaterale Politik zwischen der EU und dem jeweiligen Partnerland, zu der auch Initiativen der regionalen Zusammenarbeit zählen, namentlich die Östliche Partnerschaft und die Union für den Mittelmeerraum[1].

Rechtsgrundlage

  • Artikel 8 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),
  • Titel V des Vertrags über die Europäische Union (auswärtiges Handeln),
  • Artikel 206-207 (Handel) und 216-219 (Internationale Übereinkünfte) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Allgemeine Ziele

Im Rahmen der ENP bietet die Europäische Union ihren Nachbarn eine privilegierte Partnerschaft auf der Grundlage des beiderseitigen Bekenntnisses zu gemeinsamen Werten (Demokratie und Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Regierungsführung, Grundsätze der Marktwirtschaft und nachhaltige Entwicklung) an. Die ENP umfasst eine politische Koordinierung und eine vertiefte wirtschaftliche Integration sowie verbesserte Mobilität und direkte persönliche Kontakte. Der Umfang der Beziehungen hängt davon ab, inwieweit der jeweilige Partner sich tatsächlich für diese gemeinsamen Werte einsetzt. Die ENP bleibt weiterhin von dem Erweiterungsprozess getrennt, womit der möglichen künftigen Entwicklung der Beziehungen zwischen den Nachbarstaaten und der EU allerdings nicht vorgegriffen wird. Im Jahr 2011 hat die EU infolge der Entwicklungen in arabischen Ländern eine Überarbeitung der ENP vorgenommen und sie stärker auf tiefgreifende und nachhaltige Demokratie und inklusives Wirtschaftswachstum ausgerichtet. Tiefgreifende, nachhaltige Demokratie bedeutet insbesondere freie und faire Wahlen, Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen, Unabhängigkeit der Justiz, demokratische Kontrolle der Streitkräfte sowie Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Außerdem hat die EU die Rolle der Zivilgesellschaft im demokratischen Prozess betont und den Grundsatz „mehr für mehr“ eingeführt, demzufolge die EU stärkere Partnerschaften zu den Nachbarstaaten entwickelt, die größere Fortschritte bei demokratischen Reformen machen. Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) leiteten im März 2015 einen Konsultationsprozess zwecks einer weiteren Überarbeitung der ENP ein. Eines der Hauptziele dieser Überarbeitung war die Anpassung der ENP-Instrumente, um den Bestrebungen der einzelnen Partnerländer besser Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang verabschiedete das Europäische Parlament am 9. Juli 2015 eine Entschließung, in der die Notwendigkeit einer in höherem Maße strategischen, zielgerichteten, flexiblen und kohärenten ENP hervorgehoben wird. Am 18. November 2015 veröffentlichte der EAD und die Kommission eine entsprechende Mitteilung, die sich auf die Ergebnisse der Konsultation stützte.

Am 18. Mai 2017 veröffentlichten der EAD und die Kommission einen Bericht über die Umsetzung der Überprüfung der ENP. In dem Bericht wird hervorgehoben, dass die EU nun einen flexibleren, sensibleren Ansatz verfolgt, was die Zusammenarbeit mit den ENP-Partnern angeht, und dass die entsprechenden Ressourcen effizienter eingesetzt werden. Am 27. März 2019 nahm das Parlament eine Entschließung zum weiteren Vorgehen in der MENA-Region nach dem Arabischen Frühling an, in der eingeräumt wurde, dass in der Region einige demokratische Erfolge verzeichnet werden konnten, in deren Rahmen aber auch weitere wirtschaftliche, demokratische und gesellschaftliche Reformen gefordert wurden. Am 19. Juni 2020 verabschiedete das Parlament eine Empfehlung an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Östlichen Partnerschaft im Vorfeld des Gipfeltreffens im Juni 2020, in der eine Forderung nach einem „fortdauernden Impuls für eine wirksame Zusammenarbeit, eine[m] intensiven Dialog und eine[r] enge[n] Partnerschaft im Rahmen der Östlichen Partnerschaft“ gestellt wurde.

Die gemeinsame Mitteilung mit dem Titel „Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft – Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“ und der dazugehörige „Investitionsplan für die südliche Nachbarschaft“, die am 9. Februar 2021 von der Kommission und dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik veröffentlicht und am 19. April 2021 vom Europäischen Rat angenommen wurden, haben zum Ziel, eine erneuerte Agenda aufzustellen, um die strategische Partnerschaft zwischen der EU und ihren Partnern in der südlichen Nachbarschaft neu zu beleben und zu stärken.

In einer gemeinsamen Erklärung der Vorsitze aller Delegationen des Europäischen Parlaments, die für die Länder der südlichen Nachbarschaft zuständig sind, vom 24. Februar 2021 wird vorgeschlagen, dass die EU und all ihre südlichen Nachbarländer zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen, an dem Vertreter der Zivilgesellschaft und der nationalen Parlamente beteiligt werden sollten, um gemeinsam festzulegen, wie diese Agenda im Sinne einer echten Partnerschaft und gemeinsamen Verantwortung am besten umgesetzt werden kann.

Instrumente

Die ENP baut auf den zwischen der EU und ihren Partnern bestehenden Partnerschafts- und Kooperationsabkommen bzw. den in jüngerer Zeit abgeschlossenen Assoziierungsabkommen auf.

Zentraler Bestandteil der ENP sind die bilateralen Aktionspläne und Partnerschaftsprioritäten, die von der EU und den meisten Partnerländern erstellt wurden. Mit den Aktionsplänen wird die Agenda für politische und wirtschaftliche Reformen, einschließlich der kurz- und mittelfristigen Prioritäten (drei bis fünf Jahre), festgelegt. Die Aktionspläne und Partnerschaftsprioritäten der ENP spiegeln die Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten der EU und der jeweiligen Partnerländer wider. Mit ihnen sollen demokratische, gerechte und inklusive Gesellschaften entwickelt, die wirtschaftliche Integration gefördert und der grenzüberschreitende Personenverkehr verbessert werden.

Die EU unterstützt die Verwirklichung der ENP-Ziele durch finanzielle Zuwendungen sowie durch politische und technische Zusammenarbeit. Mit einer Mittelausstattung von 15,4 Mrd. EUR war das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI) von 2014 bis 2020 das wichtigste Finanzierungsinstrument der EU für die bilaterale Zusammenarbeit mit den südlichen Partnerländern für diesen Zeitraum. Das neue Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt wird den Rahmen für die Zusammenarbeit der EU für den Zeitraum 2021-2027 bilden. Dieses Instrument sieht Finanzhilfen sowie die Kombination von Finanzhilfen der EU mit Darlehen europäischer und internationaler Finanzinstitute vor. Mit einer Mittelausstattung von insgesamt 79,5 Mrd. EUR wird das neue Instrument die Zusammenarbeit der EU mit Nachbarländern und Ländern in Afrika, Asien, Amerika, dem Pazifikraum und der Karibik abdecken. Neben einem Schwerpunkt auf der nachhaltigen Entwicklung wird das Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ wichtige thematische Aspekte der Außenpolitik der EU voranbringen, darunter Programme, die die Menschenrechte, Demokratie und Zivilgesellschaft fördern. Die Mittel aus dem Instrument werden ferner für globale Herausforderungen, einschließlich Klimawandel, Migration, Frieden und Stabilität, sowie die Zusammenarbeit mit strategischen Partnern und die Förderung der eigenen außenpolitischen Initiativen der EU verwendet werden. Am 9. Juni 2021 erteilte das Parlament nach zweieinhalbjährigen Verhandlungen seine endgültige Zustimmung zur Schaffung des neuen Instruments „NDICI/Europa in der Welt“. Das Parlament konnte eine stärkere Beteiligung an der Festlegung der wichtigsten strategischen Ziele des Instruments sowie eine stärkere Rolle bei der Kontrolle der Umsetzung des Instruments im Rahmen eines hochrangigen geopolitischen Dialogs mit der Kommission durchsetzen.

Darüber hinaus wurden im Rahmen der ENP Instrumente entwickelt, um den Marktzugang, insbesondere durch die Verhandlungen über tiefgreifende und umfassende Freihandelszonen, zu erleichtern sowie die Mobilität und Steuerung der Migration zu verbessern. Dementsprechend wurden Mobilitätspartnerschaften und die Erleichterung bzw. Liberalisierung der Ausstellung von Visa in Aussicht gestellt und mit einigen Partnern vereinbart, und im Jahr 2016 wurde dafür ein konkretes Finanzierungsinstrument – die Mobilitätspartnerschaftsfazilität – eingeführt. Darüber hinaus werden in der südlichen Region über die Nordafrika-Komponente des Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika verschiedene regionale und bilaterale Initiativen in den Bereichen Migration und Mobilität finanziert.

Die ENP ist zwar als gemeinsames politisches Instrumentarium gedacht, sie ermöglicht es der EU aber darüber hinaus, ihre Politik an die Besonderheiten des jeweiligen Partners anzupassen und dabei unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen.

Regionale Dimensionen

A. Östliche Partnerschaft

Die Östliche Partnerschaft wurde eingerichtet, um die Beziehungen der EU zu den meisten ihrer östlichen Nachbarn aufzuwerten: Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und die Ukraine. Die Östliche Partnerschaft wurde 2008 vereinbart und 2009 eingeleitet. Sie baut auf der ENP auf.

1. Ziele

Das wesentliche Ziel der Östlichen Partnerschaft ist die „Beschleunigung des politischen Assoziierungsprozesses und die Vertiefung der wirtschaftlichen Integration“ zwischen der EU und ihren östlichen Nachbarländern. Der Umfang der Integration und Kooperation wird von dem Engagement des jeweiligen Partnerstaats in Bezug auf die Werte, Standards und Strukturen der EU sowie von seinen diesbezüglichen Fortschritten bestimmt. Die Östliche Partnerschaft ist auf die Förderung von Demokratie und guter Regierungsführung, die Stärkung der Energieversorgungssicherheit, die Förderung sektoraler Reformen (einschließlich Umweltschutz), die Stärkung direkter persönlicher Kontakte sowie die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ausgerichtet und bietet zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten für Projekte, um die sozioökonomische Ungleichheiten reduzieren und die Stabilität zu erhöhen[2].

2. Strukturen

Alle zwei Jahre finden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft statt, an denen die EU und die Staats- bzw. Regierungschefs der Partnerstaaten sowie Vertreter des Parlaments, der Kommission und des EAD teilnehmen.

Darüber hinaus sind Leitinitiativen ergriffen worden, darunter ein integriertes Grenzschutzprogramm, eine Fazilität für kleine und mittlere Unternehmen, regionale Strommärkte sowie Bemühungen zur Verbesserung der Energieeffizienz, zur Steigerung des Einsatzes von erneuerbaren Energiequellen, zur Förderung einer verantwortungsbewussten Umweltpolitik und zur Verhütung von sowie zur Vorbereitung und Reaktion auf natürliche und vom Menschen verursachte Katastrophen.

Vor dem Hintergrund des 10. Jahrestags der Östlichen Partnerschaft im Jahr 2019 führte die Kommission eine breit angelegte und umfangreiche Konsultation aller Interessenträger durch, um die zukünftigen Prioritäten dieses Projekts zu bestimmen und somit sicherzustellen, dass die Menschen in Europa weiterhin einen spürbaren Nutzen daraus ziehen.

Am 18. März 2020 veröffentlichten die Kommission und der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik eine gemeinsame Mitteilung mit dem Titel „Politik für die Östliche Partnerschaft nach 2020: Stärkung der Resilienz – eine Östliche Partnerschaft, die allen Vorteile bringt“. In der Mitteilung werden fünf langfristige strategische Ziele für die zukünftige Zusammenarbeit hervorgehoben:

  • Eine Partnerschaft, die Konkretes schafft: Die EU und ihre Partnerländer werden für resiliente, nachhaltige und integrierte Volkswirtschaften zusammenarbeiten.
  • Eine Partnerschaft, die schützt: Die EU und ihre Partnerländer werden ihr Engagement für das Fundament ihrer Partnerschaft, insbesondere für rechenschaftspflichtige Institutionen, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit erneuern.
  • Eine Partnerschaft, die für Nachhaltigkeit steht: Die EU und ihre Partnerländer werden für eine widerstandsfähige und nachhaltige Zukunft zusammenarbeiten.
  • Eine Partnerschaft, die verbindet: Die EU wird weiter in den digitalen Wandel in den Partnerländern investieren und die Vorteile des digitalen Binnenmarkts auf die Partnerländer ausweiten.
  • Eine Partnerschaft, die stärkt: Die EU und ihre Partnerländer werden für widerstandsfähige, faire und inklusive Gesellschaften zusammenarbeiten.

Diese Mitteilung bildete die Diskussionsgrundlage für die Videokonferenz der Führungsspitzen der Östlichen Partnerschaft am 18. Juni 2020. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden schweren sozioökonomischen Auswirkungen auf den gesamten Kontinent betonten die Führungsspitzen die strategische Bedeutung der Östlichen Partnerschaft und die Notwendigkeit, ihr Engagement für die Schaffung eines gemeinsamen Raums der Demokratie, des Wohlstands und der Stabilität, beruhend auf ihren gemeinsamen Werten, auf der Grundlage einer regelbasierten Weltordnung und des Völkerrechts fortzusetzen.

Im Anschluss daran wurden im Juli 2021 die Prioritäten der Östlichen Partnerschaft für die Zeit nach 2020 bekannt gegeben. Die Politik der Östlichen Partnerschaft wird weiterhin flexibel sein und eine substanzielle Differenzierung, maßgeschneiderte Ansätze und eine auf Anreizen beruhende verstärkte Zusammenarbeit ermöglichen, die den Ländern mit den größten Reformanstrengungen zugutekommt. Dabei wird Folgendes hervorgehoben:

  • „Gemeinsam für resiliente, nachhaltige und integrierte Volkswirtschaften“;
  • „Gemeinsam für rechenschaftspflichtige Institutionen, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit“;
  • „Gemeinsam für ökologische Resilienz und Klimaresilienz“;
  • „Gemeinsam für eine resiliente digitale Transformation“;
  • „Gemeinsam für resiliente, faire und integrative Gesellschaften“ und
  • hinzu kommt ein übergeordnetes Ziel zur Stärkung der strategischen Kommunikation.

Folglich wird im Programmplanungszeitraum 2021-2027 die Förderung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit weiterhin unterstützt.

Die 2011 eingerichtete Parlamentarische Versammlung EURO-NEST ist die parlamentarische Komponente der Östlichen Partnerschaft und zuständig für die Beratung, Aufsicht und Überwachung der Partnerschaft. Sie dient vornehmlich der Zusammenkunft der Parlamente der Länder der Östlichen Partnerschaft mit dem Europäischen Parlament, damit persönliche Kontakte gestärkt werden, die aktive Teilhabe der Zivilgesellschaft gefördert wird und es zu einem regeren kulturellen Dialog kommt. Die Grundlage dafür sind gemeinsame Interessen und Verpflichtungen sowie die Grundsätze der Differenzierung, der gemeinsamen Trägerschaft und der Verantwortung. Eine der Aufgaben der Parlamentarischen Versammlung besteht darin, die Unterstützung der EU für die Länder der Östlichen Partnerschaft zu kontrollieren. Sie kann auch Empfehlungen bezüglich der zwischenstaatlichen Strukturen der Östlichen Partnerschaft aussprechen, die zu einer vertieften politischen und wirtschaftlichen Integration dieser Länder mit der EU führen sollen.

Bisher fanden zehn ordentliche Tagungen der Parlamentarischen Versammlung statt, zuletzt vom 19. bis 21. Februar 2023 in Chișinău. Ein Höhepunkt der Tagesordnung war eine wichtige Debatte mit dem Titel „What future for the Eastern Partnership policy in the aftermath of Russia’s war of aggression against Ukraine? New regional security context, challenges and opportunities“.

Die Versammlung besteht aus 60 Mitgliedern des Europäischen Parlaments und jeweils zehn Abgeordneten aus den einzelnen Partnerstaaten. Da das Europäische Parlament die Nationalversammlung von Belarus jedoch nicht als demokratisch gewählte Institution anerkennt, nehmen derzeit keine „Parlamentarier“ aus Belarus an EURO-NEST teil. Aufgrund außerordentlicher Umstände waren jedoch Vertreter der demokratischen Kräfte aus Belarus eingeladen, an der neunten und zehnten ordentlichen Tagung teilzunehmen. Die Parlamentarische Versammlung EURO-NEST umfasst vier ständige Ausschüsse: den Ausschuss für politische Angelegenheiten, Menschenrechte und Demokratie, den Ausschuss für wirtschaftliche Integration, Angleichung der Rechtsvorschriften und Konvergenz mit der EU-Politik, den Ausschuss für Energieversorgungssicherheit und den Ausschuss für soziale Angelegenheiten, Beschäftigung, Bildung, Kultur und Zivilgesellschaft. Die Arbeitsgruppe „Geschäftsordnung“, die Arbeitsgruppe „Assoziierungsabkommen“, die Arbeitsgruppe „Belarus“ und ein informelles Frauenforum sind ebenfalls Teil von EURO-NEST.

Darüber hinaus spricht ein Forum der Zivilgesellschaft der Östlichen Partnerschaft[3] Empfehlungen aus, um „Einfluss auf die Organe der EU und die nationalen Regierungen der Östlichen Partnerschaft zu nehmen“.

B. Union für den Mittelmeerraum

Die Union für den Mittelmeerraum besteht aus den 27 Mitgliedstaaten der EU, der Europäischen Union und 15 Mittelmeerstaaten (Ägypten, Albanien, Algerien, Bosnien und Herzegowina, Israel, Jordanien, Libanon, Mauretanien, Marokko, Monaco, Montenegro, Palästina, Syrien (dessen Mitgliedschaft aufgrund des Bürgerkriegs ausgesetzt wurde), Tunesien und die Türkei). Seit 2008 hat die Liga der Arabischen Staaten an allen Zusammenkünften teilgenommen, und Libyen hat einen Beobachterstatus.

1. Ziele

Bei der Union für den Mittelmeerraum handelt es sich um eine zwischenstaatliche Partnerschaft, die einen multilateralen Rahmen für politische, wirtschaftliche und soziale Beziehungen zwischen der EU und den südlichen und östlichen Mittelmeerstaaten bildet. Sie wurde 2008 während des Pariser Gipfels in Fortführung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft, auch als Barcelona-Prozess bekannt, gegründet. Die Ziele der Union für den Mittelmeerraum sind an die Erklärung von Barcelona von 1995 angelehnt, nämlich einen Raum des Friedens, der Stabilität, der Sicherheit und des gemeinsamen wirtschaftlichen Wohlstands zu schaffen, in dem demokratische Grundsätze, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten uneingeschränkt geachtet werden, während gleichzeitig das Verständnis zwischen den Kulturen und Zivilisationen der Region Europa-Mittelmeer gefördert werden soll.

2. Strukturen

Die Union für den Mittelmeerraum untersteht einem gemeinsamen Vorsitz, wodurch die gemeinsame Verantwortung der Gruppe zum Ausdruck kommt. Seit 2012 hat die EU den Vorsitz für die nördlichen Staaten und Jordanien den Vorsitz für die südlichen Staaten inne. Das wesentliche Lenkungsgremium der Union für den Mittelmeerraum ist das Treffen hoher Beamter, das die Tätigkeiten der Union für den Mittelmeerraum beaufsichtigt und koordiniert. Auf dem Treffen hoher Beamter werden auch der Haushalt und das Arbeitsprogramm des Sekretariats verabschiedet, die Außenministertreffen und Treffen anderer Ministerien vorbereitet und der Generalsekretär und seine sechs Stellvertreter benannt. In diesem Gremium werden auch die vom Sekretariat zur Genehmigung und Durchführung vorgelegten Projektvorschläge diskutiert. Die Aufgabe des Sekretariats der Union für den Mittelmeerraum besteht in erster Linie darin, technische Projekte in Bereichen wie Transport, Energie, Wasser, Umweltschutz, Hochschulbildung und Mobilität, Forschung, Soziales, Stärkung der Stellung der Frau in der Gesellschaft und Beschäftigungs- und Unternehmensentwicklung zu bestimmen, durchzuführen, zu fördern und zu koordinieren. Diese dienen einer besseren Zusammenarbeit und nehmen einen direkten Einfluss auf die Lebensverhältnisse der Menschen aus den Ländern der Union für den Mittelmeerraum. Die EU leistet den größten Beitrag zum Haushalt des Sekretariats der Union für den Mittelmeerraum.

Die Parlamentarische Versammlung der Union für den Mittelmeerraum (PV-UfM) baut auf der Arbeit der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer auf und besteht aus 280 Mitgliedern: 132 Mitglieder aus der EU (83 Mitglieder der nationalen Parlamente der EU und 49 Mitglieder des Europäischen Parlaments), acht Mitglieder der Partnerschaft Europa-Mittelmeer (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Monaco und Montenegro), 130 Mitglieder aus den zehn Staaten des südlichen und östlichen Mittelmeerraumes (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Palästina, Syrien (derzeit ausgesetzt), Tunesien und Türkei) und zehn Mitglieder aus Mauretanien.

Die PV-UfM hält jährlich mindestens eine Plenarversammlung ab, zuletzt am 13./14. Februar 2019 in Straßburg. Die Plenarversammlung 2020, die ursprünglich in Antalya (Türkei) am 7./8. März stattfinden sollte, wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt.

Den Vorsitz der PV-UfM hat derzeit Marokko inne (2022-2023). Spanien wird ihn 2023 übernehmen. Die PV-UfM verabschiedet Entschließungen oder Empfehlungen zu allen Themenbereichen der Europa-Mittelmeer-Zusammenarbeit, die die ausführenden Organe der Union für den Mittelmeerraum, den Rat der Europäischen Union, die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen der Partnerländer betreffen.

Die PV-UfM hat fünf ständige Ausschüsse, denen jeweils 56 Mitglieder angehören:

  • Ausschuss für politische Angelegenheiten, Sicherheit und Menschenrechte,
  • Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen, Soziales und Bildung,
  • Ausschuss für die Verbesserung der Lebensqualität, den Austausch zwischen den Zivilgesellschaften und Kultur,
  • Ausschuss für Energie, Umwelt und Wasser,
  • Ausschuss für die Rechte der Frauen in den Mittelmeeranrainerstaaten.

 

[1]Weitere Informationen über die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und den Partnerländern der Östlichen Partnerschaft und der Union für den Mittelmeerraum finden Sie in den Kurzdarstellungen zu diesen Themen (5.5.6, 5.5.7 und 5.5.8).
[2]Weitere Informationen über die Östliche Partnerschaft finden Sie auf der Website des Europäischen Auswärtigen Dienstes.
[3]Weitere Informationen über das Forum der Zivilgesellschaft finden Sie auf der Website des Forums der Zivilgesellschaft.

Florian Carmona / Christos Trapouzanlis / Kirsten Jongberg