Die Haushaltsausgaben werden gemeinsam von Rat und Parlament gebilligt. Beim jährlichen EU-Haushaltsplan müssen die im mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vereinbarten Ausgabenobergrenzen für die jeweiligen Haushaltslinien, das heißt die Ausgabenkategorien, etwa für den Binnenmarkt, die Kohäsionspolitik und natürliche Ressourcen, beachtet werden. Durch thematische und nichtthematische besondere Instrumente wird sichergestellt, dass die EU bei unerwartetem Bedarf reagieren kann. Durch den Einsatz von Haushaltsgarantien und Finanzinstrumenten ergibt sich eine Hebelwirkung in Bezug auf die EU-Ausgaben. Zusätzlich zum MFR umfassen die Gesamtausgaben der EU für den Zeitraum 2021-2027 das befristete Aufbauinstrument NextGenerationEU, mit dem der Wirtschaft der EU dabei geholfen werden soll, sich von der COVID-19-Krise zu erholen.

Rechtsgrundlagen

  • Artikel 310-325 und Artikel 352 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 106a, Artikel 171-182 und Artikel 203 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft;
  • Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012;
  • Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 (MFR-Verordnung);
  • Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2024/765 des Rates vom 29. Februar 2024 zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2020/2093 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027;
  • Verordnung (EU) 2020/2094 des Rates vom 14. Dezember 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der Europäischen Union zur Unterstützung der Erholung nach der COVID-19-Krise;
  • Interinstitutionelle Vereinbarung (IIV) vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel.

Ziel

Gesamtziel des EU-Haushalts ist die Finanzierung der Politik der Europäischen Union unter Wahrung der Haushaltsdisziplin und im Einklang mit den geltenden Vorschriften und Verfahren. Der EU-Haushalt ist hauptsächlich für Investitionen bestimmt. Aus diesem Grund nimmt die EU langfristige Ausgabenpläne an, die sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), mit einer Laufzeit von fünf bis sieben Jahren (siehe unten).

Grundprinzipien

Der EU-Haushalt folgt den neun klassischen Haushaltsgrundsätzen gemäß den Artikeln 6 bis 38 der Verordnung über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der EU, nämlich Einheit, Haushaltswahrheit, Jährlichkeit[1], Haushaltsausgleich, Rechnungseinheit (der Euro), Gesamtdeckung, Spezialität (jeder Mittelansatz wird einer bestimmten Ausgabe zugewiesen), Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und Transparenz.

Der Grundsatz der Jährlichkeit muss damit in Einklang gebracht werden, dass es Tätigkeiten zu verwalten gilt, die sich über mehrere Jahre erstrecken und im Haushaltsplan zunehmende Bedeutung erlangt haben. Somit enthält der Haushaltsplan getrennte Mittel, die sich wie folgt zusammensetzen:

  • Mittel für Verpflichtungen, die im laufenden Haushaltsjahr die Gesamtkosten der eingegangenen rechtlichen Verpflichtungen für Tätigkeiten decken, die sich über mehrere Jahre erstrecken,
  • Mittel für Zahlungen zur Deckung der Ausgaben, die bei der Erfüllung der im laufenden Haushaltsjahr oder in früheren Haushaltsjahren eingegangenen Verbindlichkeiten entstehen.

In der IIV vom 16. Dezember 2020 ist festgelegt, dass die Kommission einen Jahresbericht erstellen muss, der einen Überblick über die finanziellen und haushaltsbezogenen Folgen der verschiedenen EU-Tätigkeiten gibt, unabhängig davon, ob sie aus dem EU-Haushalt finanziert werden oder nicht. Dieser Bericht muss Angaben über die Aktiva und Passiva der EU, verschiedene Darlehens- und Anleihetransaktionen – darunter auch den Europäischen Stabilitätsmechanismus und die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (2.6.8) - sowie andere mögliche künftige Mechanismen, enthalten. Darüber hinaus muss der Bericht Angaben über Klimaschutzausgaben, Ausgaben, die zur Eindämmung und Umkehr des Rückgangs der biologischen Vielfalt beitragen, die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und die Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in allen einschlägigen EU-Programmen enthalten.

Struktur und Kategorien der Ausgaben der EU

1. Einzelpläne der Ausgaben der EU

Der Gesamthaushaltsplan umfasst einen Einzelplan pro Organ und Einrichtung, das heißt insgesamt zehn. Während die Einzelpläne der anderen Organe und Einrichtungen im Wesentlichen aus Verwaltungsausgaben bestehen, enthält der Einzelplan der Kommission (Einzelplan III) die operativen Ausgaben sowie die für deren Umsetzung erforderlichen Verwaltungsausgaben (technische Unterstützung, Agenturen und Personalausstattung). Im Jahr 2024 werden die gesamten Verwaltungsausgaben voraussichtlich 6,3 % des Gesamthaushalts in Höhe von 189,28 Mrd. EUR ausmachen.

Die Kommission arbeitet mit einem Eingliederungsplan, in dem die Mittel nach Politikbereich und Programmen geordnet sind, wobei die Programmbereiche an Titeln oder „Programmclustern“ ausgerichtet sind (siehe unten), sodass die Kosten und die Wirksamkeit jedes EU-Politikbereichs leichter beurteilt werden können.

2. Der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) (1.4.3)

Seit 1988 werden die Ausgaben der EU in einen mehrjährigen Rahmen eingeordnet, in dem der Haushaltsplan in Rubriken eingeteilt wird, die weit gefassten Politikbereichen entsprechen, und der Ausgabenobergrenzen aufweist. Der mehrjährige Finanzrahmen gibt die Haushaltsschwerpunkte für den jeweiligen Zeitraum an. Der erste Programmplanungszeitraum dauerte fünf Jahre, die darauffolgenden und der jetzige Zeitraum umfassen je sieben Jahre. In den jährlichen Haushaltsplänen müssen die im mehrjährigen Finanzrahmen festgelegten Obergrenzen beachtet werden.

Der EU-Haushalt unterliegt einem strengen Grundsatz des Gleichgewichts, der in Artikel 310 AEUV und in der Haushaltsordnung verankert ist. Dies bedeutet in der Praxis, dass der EU-Haushalt „ausgabenorientiert“ ist. Mit anderen Worten können die Gesamteinnahmen nur so stark steigen, wie dies aufgrund der bestehenden MFR-Obergrenzen und des Umfangs der besonderen Instrumente über diese Obergrenzen hinaus möglich ist. Gemäß Artikel 4 der MFR-Verordnung unterliegen diese Obergrenzen einer nominalen automatischen Anpassung nach oben von 2 % pro Jahr.[2] Im MFR für den Zeitraum 2021 bis 2027 waren Mittel für Verpflichtungen in Höhe von insgesamt 1 824,3 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 vorgesehen, davon 1 074,3 Mrd. EUR für den MFR und 750 Mrd. EUR für das Aufbauinstrument NextGenerationEU (NGEU), die infolge der programmspezifischen Anpassungen gemäß Artikel 5 der MFR-Verordnung um weitere 11 Mrd. EUR aufgestockt wurden.

Im Anschluss an einen von der Kommission am 20. Juni 2023 vorgelegten Legislativvorschlag erzielten das Parlament und der Rat am 6. Februar 2024 eine Einigung, die den Weg für die erste Halbzeitüberprüfung des MFR ebnete. Diese Einigung wird sich auf die verbleibenden Jahre des laufenden MFR auswirken, indem sie die Überarbeitung der MFR-Obergrenzen sowie den Anwendungsbereich und den Umfang der besonderen Instrumente über diese Obergrenzen hinaus ermöglicht. Konkret sieht die Vereinbarung zusätzliche nominale Nettoausgaben in Höhe von 21 Mrd. EUR (zu Preisen von 2024) vor, darunter 17 Mrd. EUR an Zuschüssen für die Ukraine im Rahmen eines neuen Sonderinstruments über die MFR-Obergrenzen hinaus[3]. Diese Aufstockung entspricht einem Anstieg der maximal zulässigen Ausgaben um 2,8 % für den Rest des laufenden MFR-Zeitraums.

Alles in allem werden die EU-Ausgaben trotz des nominalen Anstiegs der Mittel für Ausgaben aufgrund des Inflationsanstiegs im Zeitraum 2021 bis 2023 real erheblich schrumpfen. In den ersten 2,5 Jahren des derzeitigen MFR 2021-2027 liegt die kumulierte Inflation in der EU bereits bei 23,7 %. Wie aus einer kürzlich vom Parlament in Auftrag gegebenen Studie hervorgeht, dürfte sich das Volumen des MFR als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens der EU unter sonst gleichen Bedingungen bis zum Ende des Zeitraums 2027 um 0,96 % verringern. Dies liegt deutlich unter den 1,05 % des Bruttonationaleinkommens, die der MFR 2021-2027 bei seiner Annahme voraussichtlich ausmachen wird.

In der folgenden Tabelle ist der Haushaltsplan für das Jahr 2021 nach Politikbereichen gemäß dem MFR für den Zeitraum 2021-2027 aufgeschlüsselt.

EU-Haushalt 2024 (in Mio. EUR): Aufschlüsselung der Mittel für Verpflichtungen und Zahlungen nach MFR-Kategorien

MITTELANSÄTZE NACH RUBRIKEN Haushaltsplan 2024
Verpflichtungen Zahlungen
Binnenmarkt, Innovation und Digitales 21 493,4 20 828,0
Zusammenhalt. Resilienz und Werte 74 560,7 33 716,0
Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt 64 665,2 24 155,7
Resilienz und Werte 9 895,5 9 560,3
Natürliche Ressourcen und Umwelt 57 338,6 54 151,4
Marktbezogene Ausgaben und Direktzahlungen 40 517,3 40 505,5
Migration und Grenzschutz 3 892,7 3 249,0
Sicherheit und Verteidigung 2 321,2 2 035,4
Nachbarschaft und die Welt 16 230,0 15 291,2
Europäische öffentliche Verwaltung 11 988,0 11 988,0
Thematische besondere Instrumente 2 221,7 1 734,4
Mittel insgesamt 189 385,4 142 630,3

Quelle: Europäische Kommission. Zahlen zu Preisen von November 2023.

3. Flexibilität und besondere thematische Instrumente

Zusätzlich zu den Ausgaben, die zur Finanzierung der EU-Politikbereiche gemäß mehrjährigen Programmen gedacht sind, werden auch Finanzmittel im EU-Haushaltsplan vorbehalten, um auf unvorhergesehene Krisen und Ereignisse reagieren zu können. Diese besonderen Flexibilitäts- und thematischen Instrumente können im Fall von Wirtschaftskrisen (z. B. der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung – EGF), Naturkatastrophen, Krisen der öffentlichen Gesundheit oder humanitären Notlagen (z. B. die Solidaritäts- und Soforthilfereserve – SEAR) sowie bei einem anderen unerwarteten Bedarf (z. B. das Flexibilitätsinstrument) in EU-Mitgliedstaaten, Bewerberländern oder Drittländern eingesetzt werden. Mit solchen Finanzmitteln kann ein begrenzter außergewöhnlicher finanzieller Bedarf gedeckt werden.

Aufbauinstrument der Europäischen Union - NextGenerationEU (NGEU)

Im Rahmen dieses Instruments wird die Kommission 750 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 mobilisieren, wovon bis zu 390 Mrd. EUR für Finanzhilfen und bis zu 360 Mrd. EUR für die Gewährung von Darlehen zusätzlich zum langfristigen Haushalt 2021-2027 verwendet werden können, um die Erneuerung Europas nach der COVID-19-Pandemie zu unterstützen. Die Kommission wurde gemäß Artikel 5 Absatz 1 des Eigenmittelbeschlusses ermächtigt, für die EU Mittel an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Die Rückzahlung des Kapitalbetrags dieser für Ausgaben verwendeten Mittel (390 Mrd. EUR zu Preisen von 2018) und die dafür fälligen Zinsen müssen aus dem Gesamthaushaltsplan der EU finanziert werden, auch durch ausreichende Einnahmen aus neuen Eigenmitteln, die ab 2021 schrittweise eingeführt werden (1.4.1).

Beim Aufbauinstrument NGEU sollte der Schwerpunkt vor allem auf folgende Maßnahmen gelegt werden: a) Wiederherstellung von Beschäftigungsmöglichkeiten und Schaffung von Arbeitsplätzen, b) Reformen und Investitionen zur Wiederbelebung des Potenzials für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung, um den Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken und ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, c) Maßnahmen für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die von den wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise betroffen sind, und Stärkung des nachhaltigen Wachstums in der EU, einschließlich Direktinvestitionen in Unternehmen, d) Maßnahmen für Forschung und Innovation als Reaktion auf die COVID-19-Krise, e) Verbesserung der Krisenvorsorge und Ermöglichung einer raschen und wirksamen Reaktion der EU auf schwerwiegende Krisensituationen, einschließlich der Bevorratung grundlegender Güter und medizinischer Ausrüstung und die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur für eine rasche Krisenreaktion, f) Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass ein gerechter Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft durch die COVID-19-Krise nicht untergraben wird, g) Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums.

Um die Mitgliedstaaten bei Investitionen und Reformen zu unterstützen, wurde am 12. Februar 2021 eine neue Aufbau- und Resilienzfazilität vereinbart. Ursprünglich sollten den Mitgliedstaaten im Rahmen der Fazilität Darlehen und Zuschüsse in Höhe von 672,5 Mrd. EUR zur Verfügung gestellt werden, die im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne[4] umgesetzt werden sollten. Die Pläne müssen Reformen und Investitionen in wesentlichen Bereichen (sechs Säulen[5]) umfassen, den ökologischen und digitalen Wandel voranbringen und auf die länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters eingehen.

Im Zusammenhang mit der Invasion der Ukraine durch Russland veröffentlichte die Kommission am 18. Mai 2022 die Mitteilung zum Thema „REPowerEU“, in der eine Strategie zur Verringerung der Abhängigkeit der EU von russischen Energieeinfuhren dargelegt wird. Nach Einschätzung der Kommission erfordert diese Strategie zusätzliche Investitionen in Höhe von 210 Mrd. EUR, um erfolgreich zu sein. Vor diesem Hintergrund schlug die Kommission unter anderem[6] vor, die ARF-Verordnung zu ändern, um bis zu 225 Mrd. EUR der verbleibenden Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität umzuschichten und bis zu 7,5 % der im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, des Europäischen Sozialfonds Plus und des Kohäsionsfonds verfügbaren Mittel für REPowerEU-Zwecke bereitzustellen. Darüber hinaus werden bis zu 20 Mrd. EUR zu Preisen von 2022 aus der Versteigerung von Zertifikaten aus dem Emissionshandelssystem gemäß der Richtlinie 2003/87/EG oder aus Übertragungen aus der mit der Verordnung (EU) 2021/1755 eingerichteten Reserve für die Anpassung an den Brexit bereitgestellt. Mit diesen Mitteln wird ein neues Kapitel der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne finanziert, in dem spezifische Maßnahmen zur Diversifizierung der Energieversorgung und zur Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in Form von Darlehen (bis zu 225 Mrd. EUR) und Zuschüssen (bis zu 75 Mrd. EUR) festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten beantragten Darlehen in Höhe von 127,24 Mrd. EUR im Rahmen der überarbeiteten Aufbau- und Resilienzpläne innerhalb der in der REPowerEU-Verordnung festgelegten Frist.

Mit der oben genannten Vereinbarung über die Halbzeitüberprüfung des MFR wird insbesondere ein neuer „Kaskadenmechanismus“ zur Deckung von Überschreitungen im Zusammenhang mit Zinszahlungen im Zusammenhang mit NGEU eingeführt. Dieser Mechanismus kann nur dann als letztes Mittel ein neues thematisches besonderes Aufbauinstrument der Europäischen Union über die MFR-Obergrenzen hinaus mobilisieren, wenn die bereits unter Rubrik 2b bereitgestellten Beträge zusätzlich zu Aufhebungen von Mittelbindungen, Neugewichtungen und Mitteln, die im Rahmen nicht-thematischer besonderer Instrumente zur Verfügung stehen, nicht ausreichen.

Rolle des Europäischen Parlaments

Das Parlament bildet gemeinsam mit dem Rat die Haushaltsbehörde, und die Befugnisse in diesem Bereich gehörten zu den ersten, die den Mitgliedern des Europäischen Parlaments in den 1970er-Jahren eingeräumt wurden (1.2.5). Die Haushaltsbefugnisse betreffen die Festlegung des Gesamtbetrags und der Aufteilung der jährlichen EU-Ausgaben sowie die Kontrolle über die Ausführung des Haushaltsplans.

Der Haushaltsausschuss des Parlaments ist für die Verhandlungen über den MFR und die Annahme des jährlichen Haushaltsplans im Namen des Parlaments zuständig und vertritt die Standpunkte des Parlaments in den Verhandlungen mit dem Rat. Überwiegend ist es ihm gelungen, die sich aus seinen Änderungsanträgen ergebende Aufstockung der Mittel für prioritäre Bereiche durchzusetzen (wenn auch nicht immer in der ursprünglichen Größenordnung).

In den Verhandlungen über den MFR 2021-2027 hat das Parlament insbesondere Folgendes verteidigt und weitgehend sichergestellt: a) eine Anhebung der MFR-Obergrenze und eine Stärkung einer Reihe von richtungsweisenden Programmen, b) die Zusage der Einführung neuer EU-Eigenmittel mit dem Ziel, zumindest die mit dem Aufbauinstrument NGEU verbundenen Kosten (Kapital und Zinsen) zu decken, c) seine Rolle bei der Anwendung des Aufbauinstruments im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Vorgehen, d) die Bedeutung des Beitrags des EU-Haushalts zur Verwirklichung der Klima- und Biodiversitätsziele und zur Gleichstellung der Geschlechter und e) die Einführung eines neuen Mechanismus zum Schutz des EU-Haushalts vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit (1.4.3).

Das Parlament hat auch stets auf Haushaltstransparenz und eine angemessene Kontrolle aller aus dem EU-Haushalt finanzierten Maßnahmen und Instrumente bestanden.

Das Parlament ist die Entlastungsbehörde (Artikel 319 AEUV), für die der Haushaltskontrollausschuss alle Tätigkeiten zur politischen Kontrolle der Ausführung des Haushaltsplans vorbereitet (1.4.5). Jedes Jahr werden im Rahmen des Entlastungsverfahrens am Ende Schlussfolgerungen über die Art und Weise gezogen, wie die Kommission und andere Organe und Einrichtungen den EU-Haushalt verwendet haben. Dadurch soll überprüft werden, ob die Ausführung den einschlägigen Vorschriften entsprach (Regelkonformität), einschließlich der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung (Leistungsbewertung).

Der Haushaltskontrollausschuss des Parlaments organisiert jährliche Treffen mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) (1.3.15) zwecks Kontrolle der Finanztätigkeit der Bank und erstellt einen Jahresbericht, in dem die Leistung und Ergebnisse der EIB des vergangenen Jahres bewertet werden. Der Haushaltsausschuss und der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Parlaments haben beschlossen, einen Jahresbericht zu erstellen, in dem die aktuellen und künftigen Maßnahmen der EIB bewertet werden. Dabei übernehmen sie abwechselnd die Rolle als federführender Ausschuss. Auch wenn das Parlament der Ansicht ist, dass Finanzinstrumente wertvolle Multiplikatoren zur Verstärkung der Wirkung von EU-Mitteln sein können, so betont es gleichzeitig, dass sie nur unter strengen Voraussetzungen eingesetzt werden sollten, damit keine Haushaltsrisiken entstehen. Zu diesem Zweck wurden detaillierte Regeln für den Einsatz von Finanzinstrumenten, die aus dem EU-Haushalt finanziert oder garantiert werden, in die Haushaltsordnung aufgenommen.

Der Haushaltsausschuss und der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Parlaments sind gemeinsam für die Kontrolle der Aufbau- und Resilienzfazilität zuständig, und zwar im Rahmen einer Arbeitsgruppe und zweimonatlicher Dialoge mit der Kommission über das Thema Aufbau und Resilienz.

 

[1]Grundsatz, wonach die in den Haushaltsplan eingesetzten Mittel für ein Haushaltsjahr, das am 1. Januar beginnt und am 31. Dezember endet, bewilligt werden.
[2]Die gleiche automatische Anpassung gilt für die Durchführung der NGEU-spezifischen Programme.
[3]Die Vereinbarung sieht außerdem Back-to-Back-Darlehen in Höhe von 33 Mrd. EUR für die Ukraine im Rahmen der neu vereinbarten Ukraine-Fazilität vor.
[4]Rückblickend und unter Berücksichtigung der aktualisierten nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, die REPowerEU umfassen, entsprechen diese Beträge 648 Mrd. EUR in Preisen von 2022. Mit der geänderten Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität wurden den Mitgliedstaaten zusätzliche Finanzhilfen im Rahmen des Emissionshandelssystems und der Reserve für die Anpassung an den Brexit zur Verfügung gestellt. Daher werden die 357 Mrd. EUR an Zuschüssen nun in 338 Mrd. EUR an ursprünglichen Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, 17,3 Mrd. EUR an Zuschüssen aus dem Emissionshandelssystem und 1,6 Mrd. EUR an Zuschüssen aus der Reserve für die Anpassung an den Brexit aufgeteilt. Darüber hinaus konnten die Mitgliedstaaten bis August 2023 Unterstützung in Form eines Darlehens beantragen. Von den insgesamt verfügbaren Mitteln in Höhe von 385 Mrd. EUR waren bis Ende 2023 fast 291 Mrd. EUR gebunden worden.
[5]Ökologischer Wandel, digitaler Wandel, wirtschaftlicher Zusammenhalt, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, sozialer und territorialer Zusammenhalt, gesundheitliche, wirtschaftliche, soziale und institutionelle Resilienz, Maßnahmen für die nächste Generation.
[6]Im Rahmen von REPowerEU sind auch neue Mittel vorgesehen. So sollen in der Marktstabilitätsreserve befindliche Zertifikate des Emissionshandelssystems (EHS) im Wert von 20 Mrd. EUR genutzt und Mittel aus dem Kohäsionsfonds (bis zu 12,5 % der Zuweisungen der Mitgliedstaaten) und aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) übertragen werden (ebenfalls 12,5 % der Zuweisungen der Mitgliedstaaten).

Francisco Padilla Olivares