Mehrjähriger Finanzrahmen
Bislang gab es sechs mehrjährige Finanzrahmen (MFR), einschließlich des derzeitigen für den Zeitraum von 2021 bis 2027. Seit dem Vertrag von Lissabon basiert der MFR nicht mehr auf einer interinstitutionellen Vereinbarung, sondern auf einer Verordnung. Mit dem für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren aufgestellten MFR soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der EU innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Der MFR umfasst Bestimmungen für die Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der EU. In der MFR-Verordnung werden Ausgabenobergrenzen für weit gefasste Ausgabenkategorien festgelegt, die als Rubriken bezeichnet werden. Die Kommission legte nach ihren ursprünglichen Vorschlägen vom 2. Mai 2018 und infolge des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie am 27. Mai 2020 einen Vorschlag für einen Aufbauplan (NextGenerationEU) vor, der überarbeitete Vorschläge für den MFR 2012-2027 und für Eigenmittel enthielt und in dessen Rahmen ein Aufbauinstrument mit einer Finanzausstattung von 750 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) eingerichtet werden sollte. Dieses Paket wurde am 16. Dezember 2020 im Anschluss an interinstitutionelle Verhandlungen angenommen. Angesichts neuer Entwicklungen wurde der MFR im Dezember 2022 und dann im Februar 2024 erneut einer tiefgreifenderen Überarbeitung unterzogen.
Rechtsgrundlage
- Artikel 312 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV);
- Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027;
- Verordnung (EU) 2020/2094 des Rates vom 14. Dezember 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der Europäischen Union zur Unterstützung der Erholung nach der COVID-19-Krise;
- Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission vom 16. Dezember 2020 über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel.
Hintergrund
In den 1980er-Jahren entstand aufgrund eines zunehmenden Ungleichgewichts zwischen den zur Verfügung stehenden Mitteln und dem tatsächlichen Bedarf an Haushaltsmitteln in den Beziehungen zwischen den Organen ein konfliktträchtiges Klima. Mit dem Konzept einer mehrjährigen finanziellen Vorausschau sollten die Konflikte entschärft, die Haushaltsdisziplin gestärkt und der Haushaltsvollzug durch eine gründlichere Planung verbessert werden. Die erste interinstitutionelle Vereinbarung (IIV) zu diesem Zweck wurde 1988 geschlossen. Sie enthielt die Finanzielle Vorausschau für den Zeitraum von 1988 bis 1992 (auch als „Delors-Paket I“ bezeichnet), die darauf ausgerichtet war, die notwendigen Mittel für den Haushaltsvollzug gemäß der Einheitlichen Europäischen Akte bereitzustellen. Am 29. Oktober 1993 wurde eine neue IIV einschließlich der Finanziellen Vorausschau für den Zeitraum 1993-1999 („Delors-Paket II“) beschlossen, in der die Mittel für die Strukturfonds verdoppelt und die Eigenmittelobergrenze (1.4.1) erhöht werden konnten. Die dritte IIV, die sich auf die Finanzielle Vorausschau für den Zeitraum von 2000 bis 2006 bezog und auch als „Agenda 2000“ bezeichnet wurde, wurde am 6. Mai 1999 unterzeichnet. Eines der Hauptziele bestand damals darin, die notwendigen Mittel zur Finanzierung der Erweiterung bereitzustellen. Die vierte IIV, die den Zeitraum von 2007 bis 2013 umfasste, wurde am 17. Mai 2006 vereinbart.
Seit dem Vertrag von Lissabon beruht der MFR nicht mehr auf einer interinstitutionellen Vereinbarung, sondern auf einer Verordnung des Rates, die im Rahmen eines besonderen Legislativverfahrens einstimmig angenommen wird und für die die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist. Im MFR sind laut Artikel 312 AEUV nicht nur die „jährlichen Obergrenzen der Mittel für Verpflichtungen je Ausgabenkategorie und die jährliche Obergrenze der Mittel für Zahlungen“ festzulegen, sondern „auch alle sonstigen für den reibungslosen Ablauf des jährlichen Haushaltsverfahrens sachdienlichen Bestimmungen“.
Der fünfte MFR, der für den Zeitraum 2014-2020 galt, war der erste, bei dem ein realer Rückgang der Gesamtbeträge zu verzeichnen war. Eine der Vorbedingungen des Parlaments für die Annahme des MFR war deshalb eine obligatorische Halbzeitbewertung, um den Bedarf an Haushaltsmitteln während des MFR-Zeitraums neu bewerten und gegebenenfalls anpassen zu können. Mit der Vereinbarung wurde unter anderem eine größere Flexibilität gewährleistet, damit die geplanten Beträge in vollem Umfang genutzt werden können, und eine Verständigung über den Weg zu einem echten EU-Eigenmittelsystem. Am 20. Juni 2017 wurde ein überarbeiteter MFR für den Zeitraum von 2014 bis 2020 angenommen, der zusätzliche Unterstützung für migrationsbezogene Maßnahmen, Arbeitsplätze und Wachstum umfasste. Durch eine Aufstockung des Flexibilitätsinstruments und der Soforthilfereserve können seitdem mehr Mittel einfacher zwischen Haushaltsrubriken und Haushaltsjahren umgeschichtet werden, sodass eine Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Prioritäten erfolgen kann.
Der Mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027
Am 2. Mai 2018 legte die Kommission ihren Legislativvorschlag für den MFR 2021-2027 vor. Die Kommission schlug Mittel für Verpflichtungen in Höhe von 1 134,6 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) vor, was 1,11 % des Bruttonationaleinkommen (BNE) der EU-27 entspricht. In dem Vorschlag waren Aufstockungen für die Bereiche Grenzmanagement, Migration, Sicherheit, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Forschung vorgesehen. Kürzungen wurden insbesondere für die Bereiche Kohäsion und Agrarpolitik vorgeschlagen. Die Gesamtstruktur sollte gestrafft werden (von 58 auf 37 Ausgabenprogramme), und die Kommission schlug eine Reihe von speziellen Instrumenten außerhalb der MFR-Obergrenzen vor, um die Flexibilität der EU-Haushaltsplanung zu verbessern. Der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) sollte in den MFR aufgenommen werden. Darüber hinaus schlug die Kommission vor, durch die Einführung mehrerer neuer Kategorien an Eigenmitteln die Einnahmenseite zu modernisieren.
Das Parlament nahm am 14. März 2018 und am 30. Mai 2018 jeweils eine Entschließung zum MFR 2021-2027 an. Am 14. November 2018 legte das Parlament sein Verhandlungsmandat im Einzelnen dar, das auch Änderungen der Vorschläge für die MFR-Verordnung und die IIV sowie vollständige, nach Rubriken und Programmen aufgeschlüsselte Zahlen umfasste. Darin war festgelegt, dass die Obergrenze des MFR für die Mittel für Verpflichtungen von 1,0 % des BNE der EU-28 auf 1,3 % des BNE der EU-27, d. h. 1 324 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) erhöht werden sollte, eine Erhöhung um 16,7 % gegenüber dem Vorschlag der Kommission. Die Mittelausstattung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik sollte preisbereinigt aufrechterhalten werden, während die Mittelausstattung für verschiedene Prioritäten aufgestockt werden sollte, darunter die Programme Horizont Europa, Erasmus+ und LIFE. Eine neue Garantie für Kinder in Höhe von 5,9 Mrd. EUR und ein neuer Fonds für eine faire Energiewende mit einem Umfang von 4,8 Mrd. EUR sollten geschaffen werden. Die Finanzmittel für die dezentralen, mit Migration und Grenzmanagement befassten Agenturen sollten um mehr als das Vierfache auf über 12 Mrd. EUR aufgestockt werden. Es sollte festgelegt werden, dass sich der Beitrag aus dem EU-Haushalt zur Verwirklichung der Klimaziele im Zeitraum von 2021 bis 2027 auf mindestens 25 % der MFR-Ausgaben belaufen muss, wobei Klimaschutzbelange in allen relevanten Politikbereichen berücksichtigt werden sollten. Dieser Anteil sollte spätestens im Jahr 2027 auf 30 % erhöht werden. Die Halbzeitrevision des MFR sollte verbindlich vorgeschrieben sein.
Am 30. November 2018 und 5. Dezember 2019 hat der Rat den Entwurf einer „Verhandlungsbox“ veröffentlicht, in dem auch horizontale und bereichsspezifische Fragen im Bereich der Ausgabenprogramme, die normalerweise unter das ordentliche Gesetzgebungsverfahren fallen, behandelt werden, was vom Parlament kritisiert wurde, und zwar unter anderem in den Ziffern 14 bis 16 seiner Entschließung vom 10. Oktober 2019. Der Rat sprach sich für einen Gesamtbetrag für den MFR in Höhe von 1 087 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) für Mittel für Verpflichtungen (1,07 % des BNE der EU-27) aus und blieb damit weit hinter den Erwartungen des Parlaments zurück.
Nach der Europawahl aktualisierte das Parlament am 10. Oktober 2019 und am 13. Mai 2020 sein Mandat und forderte die Kommission auf, einen Vorschlag für einen MFR-Notfallplan vorzulegen, in dem ein Sicherheitsnetz zum Schutz der Begünstigten von EU-Programmen vorgesehen ist, falls der aktuelle MFR aufgrund der Uneinigkeit im Rat verlängert werden muss.
Unterdessen legte die Kommission am 14. Januar 2020 einen Vorschlag für einen Fonds für einen gerechten Übergang im Rahmen des europäischen Grünen Deals als zusätzliches Element im Paket der MFR-Vorschläge vor.
Infolge der COVID-19-Krise und der schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen der notwendigen Ausgangsbeschränkungen veröffentlichte die Kommission am 27. Mai 2020 einen Vorschlag für einen MFR in Höhe von 1 100 Mrd. EUR und am 28. Mai 2020 einen Vorschlag für ein zusätzliches Aufbauinstrument mit der Bezeichnung „NextGenerationEU“ (NGEU) in Höhe von 750 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018), davon 500 Mrd. EUR in Form von Zuschüssen und 250 Mrd. EUR als Darlehen. Das Paket umfasste Legislativvorschläge für neue Finanzierungsinstrumente sowie Änderungen an MFR-Programmen, die bereits vorgelegt wurden. Die Finanzierung des zusätzlichen Pakets sollte durch Anleihen auf den Finanzmärkten gesichert werden. Zu diesem Zweck änderte die Kommission auch den Vorschlag für einen Eigenmittelbeschluss, um Anleihen in Höhe von insgesamt bis zu 750 Mrd. EUR zu ermöglichen. Schließlich war im Paket der Kommission im Rahmen des MFR 2014-2020 eine Anhebung der Obergrenze für Verpflichtungen im Jahr 2020 um 11,5 Mrd. EUR vorgesehen, um bereits 2020 vor der Annahme des neuen MFR Unterstützung zu mobilisieren.
Am 21. Juli 2020 nahm der Europäische Rat Schlussfolgerungen zu den Aufbaumaßnahmen (NextGenerationEU), dem MFR 2021-2027 und den Eigenmitteln an. Die Aufbaumaßnahmen in Höhe von 750 Mrd. EUR für die Jahre 2021-2023 wurden gebilligt. Allerdings wurde das Zuschusselement von 500 Mrd. EUR auf 390 Mrd. EUR gekürzt, und das Darlehenselement von 250 Mrd. EUR auf 360 Mrd. EUR erhöht. Der Europäische Rat lehnte die Korrektur des bestehenden MFR für das Jahr 2020 nach oben ab. Die Gesamtobergrenze für Verpflichtungen im MFR 2021-2027 wurde auf 1 074,3 Mrd. EUR festgesetzt. Ferner wurde in den Schlussfolgerungen festgehalten, dass eine Konditionalitätsregelung eingeführt würde, um den Haushalt und das Aufbauinstrument NGEU vor Verstößen gegen die Rechtstaatlichkeit zu schützen. Es wurde eine neue Eigenmittelquelle auf der Grundlage nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff ab 1. Januar 2021 vereinbart. Ferner wurde der Plan gefasst, im Zuge des MFR 2021-2027 auf die Einführung neuer Eigenmittel hinzuarbeiten, die für die vorzeitige Rückzahlung von Krediten im Rahmen des Aufbauinstruments NGEU verwendet werden sollen. Als Rechtsgrundlage für das Aufbauinstrument NGEU wurde Artikel 122 AEUV vorgeschlagen, nach dem es der EU gestattet ist, im Rat mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen zu ergreifen, die der Wirtschaftslage angemessen sind, ohne das Parlament in das Gesetzgebungsverfahren einzubeziehen.
Das Parlament bezog in seiner Entschließung vom 23. Juli 2020 Stellung zu diesen Schlussfolgerungen, indem es die Schaffung des Aufbauinstruments einen historischen Schritt nannte, jedoch die Kürzungen, die an zukunftsorientierten Programmen vorgenommen wurden, bedauerte. Das Europäische Parlament bestand auf gezielten Erhöhungen über die durch den Europäischen Rat vorgeschlagenen Zahlen hinaus und bekräftigte, dass es dem MFR ohne eine Vereinbarung zur Reform des Eigenmittelsystems der EU mit dem Ziel, zumindest die Kosten für das Aufbauinstrument (Hauptforderungen und Zinsen) zu decken, um dessen Glaubwürdigkeit und Tragfähigkeit sicherzustellen, nicht zustimmen werde. Das Parlament forderte zudem, in seiner Eigenschaft als Teil der Haushaltsbehörde in Übereinstimmung mit der Gemeinschaftsmethode beim Aufbauinstrument vollumfänglich einbezogen zu werden.
Trilaterale Gespräche zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission wurden im August 2020 aufgenommen und am 10. November 2020 abgeschlossen. Die Verordnung des Rates zur Festlegung des MFR für die Jahre 2021 bis 2027 wurde am 17. Dezember 2020 nach Einholung der Zustimmung des Parlaments angenommen. Ein neuer Konditionalitätsmechanismus zum Schutz des Haushalts der Union und des Aufbauinstruments NGEU vor Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit, der eine weitere Vorbedingung für die Zustimmung des Parlaments gewesen war, trat am 1. Januar 2021 in Kraft. Alle 27 Mitgliedstaaten ratifizierten den Eigenmittelbeschluss bis 21. Mai 2021, wodurch die EU im Rahmen des Aufbauinstruments NGEU dann Schuldtitel an den Kapitalmärkten begeben konnte.
Mehrjähriger Finanzrahmen (EU-27) (in Mio. EUR, Preise von 2018)
Mittel für Verpflichtungen | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | Insgesamt 2021-2027 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. Binnenmarkt, Innovation und Digitales | 19 712 | 19 666 | 19 133 | 18 633 | 18 518 | 18 646 | 18 473 | 132 781 |
2. Zusammenhalt, Resilienz und Werte | 49 741 | 51 101 | 52 194 | 53 954 | 55 182 | 56 787 | 58 809 | 377 768 |
2a. Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt | 45 411 | 45 951 | 46 493 | 47 130 | 47 770 | 48 414 | 49 066 | 330 235 |
2b. Resilienz und Werte | 4 330 | 5 150 | 5 701 | 6 824 | 7 412 | 8 373 | 9 743 | 47 533 |
3. Natürliche Ressourcen und Umwelt | 55 242 | 52 214 | 51 489 | 50 617 | 49 719 | 48 932 | 48 161 | 356 374 |
davon: Marktbezogene Ausgaben und Direktzahlungen | 38 564 | 38 115 | 37 604 | 36 983 | 36 373 | 35 772 | 35 183 | 258 594 |
4. Migration und Grenzmanagement | 2 324 | 2 811 | 3 164 | 3 282 | 3 672 | 3 682 | 3 736 | 22 671 |
5. Sicherheit und Verteidigung | 1 700 | 1 725 | 1 737 | 1 754 | 1 928 | 2 078 | 2 263 | 13 185 |
6. Nachbarschaft und die Welt | 15 309 | 15 522 | 14 789 | 14 056 | 13 323 | 12 592 | 12 828 | 98 419 |
7. Europäische öffentliche Verwaltung | 10 021 | 10 215 | 10 342 | 10 454 | 10 554 | 10 673 | 10 843 | 73 102 |
davon: Verwaltungsausgaben der Organe | 7 742 | 7 878 | 7 945 | 7 997 | 8 025 | 8 077 | 8 188 | 55 852 |
MITTEL FÜR VERPFLICHTUNGEN INSGESAMT | 154 049 | 153 254 | 152 848 | 152 750 | 152 896 | 153 390 | 155 113 | 1 074 300 |
MITTEL FÜR ZAHLUNGEN INSGESAMT | 156 557 | 154 822 | 149 936 | 149 936 | 149 936 | 149 936 | 149 936 | 1 061 058 |
Dem Parlament ist es gelungen, insbesondere Folgendes durchzusetzen:
- Zuweisung von weiteren 15 Mrd. EUR im Vergleich zu dem Vorschlag vom Juli 2020 für die Leitprogramme Horizont Europa, Erasmus+, EU4Health, InvestEU, das Instrument für Grenzmanagement und Visa, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex), das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt), humanitäre Hilfe, Rechte und Werte und Kreatives Europa;
- ein rechtsverbindlicher Fahrplan für die Einführung von neuen EU-Eigenmitteln;
- eine schrittweise Steigerung der Gesamtobergrenze für den MFR 2021-2027 von 1 074,3 Mrd. EUR auf 1 085,3 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 (Erläuterung siehe unten);
- weitere 1 Mrd. EUR für das Flexibilitätsinstrument;
- ein neuer Verfahrensschritt (das „Haushaltskontrollverfahren“) zur Einrichtung künftiger Krisenmechanismen auf der Grundlage von Artikel 122 AEUV, mit potenziell spürbaren Auswirkungen auf den Haushalt;
- Beteiligung des Parlaments an der Nutzung von externen zweckgebundenen Einnahmen des NGEU, eine allgemeine Neubewertung von externen zweckgebundenen Einnahmen, Anleihen und Darlehen im Rahmen der nächsten Überarbeitung der Haushaltsordnung sowie von Vereinbarungen für die Zusammenarbeit in künftigen MFR-Verhandlungen;
- eine verbesserte Methode zur Verfolgung klimabezogener Ausgaben, um das Ziel zu erreichen, mindestens 30 % der Ausgaben des MFR bzw. von NGEU zur Unterstützung von Klimazielen zu verwenden[1];
- ein neues jährliches Ziel im Hinblick auf die biologische Vielfalt (7,5 % für 2024 und 10 % für 2026 sowie 2027) und die Entwicklung einer Methode zur Messung von Ausgaben, die der Gleichstellung zuträglich sind;
- eine Reform der Erhebung, Qualität und Vergleichbarkeit von Daten zu Begünstigten, um den EU-Haushalt, einschließlich NGEU-Ausgaben, besser schützen zu können.
Weitere Komponenten des MFR 2021-2027 im Einklang mit den Prioritäten des Parlaments sind:
- die Integration des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) in den Haushaltsplan der EU;
- allgemeine Finanzierungsniveaus für den Bereich Landwirtschaft und Zusammenhalt in einer Größenordnung, die mit dem Zeitraum 2014-2020 vergleichbar ist;
- die Schaffung des Fonds für einen gerechten Übergang.
Die zusätzlichen 15 Mrd. EUR beinhalten 11 Mrd. im Rahmen einer schrittweisen Steigerung, die sich hauptsächlich aus einem neuen Mechanismus speist, der mit den von der EU verhängten Geldbußen verknüpft ist und im Zeitraum 2022-2027 automatisch zusätzliche Zuweisungen an die betreffenden Programme zur Folge hat. Die Gesamtobergrenze des siebenjährigen MFR wird daher schrittweise auf 1 085,3 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 ansteigen, d. h. real um 2 Mrd. EUR höher sein als die entsprechende Obergrenze des MFR 2014-2020 (1 083,3 Mrd. EUR zu Preisen von 2018, ohne das Vereinigte Königreich, mit dem EEF). Ergänzende Quellen sind u. a.: Mittel, die innerhalb der vom Europäischen Rat festgelegten Obergrenzen nicht zugewiesen wurden (2,5 Mrd. EUR); Rückflüsse aus der AKP-Investitionsfazilität (EEF) zugunsten von NDICI/Europa in der Welt (1 Mrd. EUR) sowie im Bereich der Forschung zugunsten von Horizont Europa freigegebene Mittel (0,5 Mrd EUR)[2].
Gemäß der IIV wurde 2020 vereinbart, dass Rückzahlungen und Zinsen bei der Einziehung von Schuldforderungen im Rahmen der MFR-Obergrenzen für den Zeitraum von 2021 bis 2027 aus dem EU-Haushalt finanziert werden, auch durch ausreichende Einnahmen aus neuen Eigenmitteln, die nach 2021 eingeführt wurden, wovon der Umgang mit dieser Frage in künftigen MFR, d. h. nach 2028, allerdings unberührt bleibt. Das ausdrückliche Ziel bestand darin, die Programme und Fonds der EU zu erhalten. Am 22. Dezember 2021 legte die Kommission einen Vorschlag für neue Eigenmittel und eine gezielte Änderung der MFR-Verordnung (die in der Folge zurückgezogen wurde) unter anderem mit dem Ziel vor, einen neuen Mechanismus, mit dem eine automatische Anhebung der Obergrenzen ab 2025 ermöglicht würde, einzuführen, damit etwaige zusätzliche Einnahmen aus neuen Eigenmitteln für die vorzeitige Rückzahlung von NextGenerationEU-Schulden verwendet werden können. Das Parlament nahm am 13. September 2022 eine Interimsentschließung zu dieser Änderung an.
Die Kommission erklärte, dass sie bis spätestens 1. Januar 2024 eine Überprüfung der Funktionsweise des MFR und gegebenenfalls Vorschläge für eine Überarbeitung vorlegen würde. In ihrer Mitteilung vom 18. Mai 2022 zur Entlastung und zum Wiederaufbau der Ukraine räumte sie ein, dass „dieser durch einen Krieg in Europa entstandene unvorhergesehene Bedarf [...] die Mittel, die im derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmen zur Verfügung stehen, [deutlich übersteigt]“. Am 19. Mai 2022 forderte das Parlament auf dieser Grundlage, „so bald wie möglich, spätestens jedoch im ersten Quartal 2023, einen Legislativvorschlag für eine umfassende Überarbeitung des MFR vorzulegen“.
In einem ersten Schritt wurde mit der Verordnung (EU, Euratom) 2022/2496 des Rates der MFR im Dezember 2022 im Rahmen eines vom Parlament am 24. November 2022 im Dringlichkeitsverfahren angenommenen Pakets geändert. Damit wurde die bis zu diesem Zeitpunkt für die Darlehen an die Mitgliedstaaten geltende Haushaltsdeckung auf Makrofinanzhilfedarlehen an die Ukraine für die Jahre 2023 und 2024 ausgeweitet: Im Falle eines Ausfalls würden die erforderlichen Beträge über die MFR-Obergrenzen hinaus bis zur Eigenmittelobergrenze – aus dem sogenannten „Spielraum“ – in Anspruch genommen.
Um den Weg für eine weitaus umfassendere Überarbeitung zu ebnen, nahm das Parlament am 15. Dezember 2022 eine Entschließung mit dem Titel „Verstärkung des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027: ein für neue Herausforderungen geeigneter, resilienter EU-Haushaltsplan“ an, in deren Rahmen es seine wesentlichen Forderungen darlegte.
Am 20. Juni 2023 legte die Kommission einen Vorschlag für eine gezielte Überarbeitung vor, die die meisten dieser Forderungen umfasst (sechs Monate früher als ursprünglich geplant):
- eine Reserve von 50 Mrd. EUR für die Bewältigung des Krieges in der Ukraine und der entsprechenden humanitären, wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Folgen (Zuschüsse, Darlehen und Garantien);
- zusätzliche Mittel für Migration, globale Herausforderungen und Naturkatastrophen – mit einer Anhebung der Obergrenzen der Rubriken 4 und 6 um 2 Mrd. EUR bzw. 10,5 Mrd. EUR und einer Aufstockung der Solidaritäts- und Soforthilfereserve um 2,5 Mrd. EUR;
- ein neues Aufbauinstrument der Europäischen Union (EURI), das über die MFR-Obergrenzen hinausgeht, um das Problem im Zusammenhang mit der Rückzahlung der EURI-Schulden vor dem Hintergrund einer starken Beschleunigung der Inflation und der Zinssätze anzugehen;
- eine Plattform „Strategische Technologien für Europa“ (STEP) zur Stärkung der strategischen Autonomie Europas nach Störungen der globalen Lieferkette – mit einer Anhebung der Obergrenzen der Rubriken 1, 3 und 5 um 3,5 Mrd. EUR, 5 Mrd. EUR bzw. 1,5 Mrd. EUR und Aufhebungen von Mittelbindungen für die Forschung, die in Rubrik 1 weiterverwendet werden sollen;
- eine Aufstockung der Mittel für das Flexibilitätsinstrument um 3 Mrd. EUR, um mehr Spielraum für die Reaktion auf unvorhergesehene Umstände zu schaffen;
- zusätzliche Mittel für die Verwaltung (1,9 Mrd. EUR) mit einer entsprechenden Anhebung der Obergrenze der Rubrik 7.
Am 3. Oktober 2023 nahm das Parlament sein Mandat an und betonte, dass der überarbeitete MFR bis zum 1. Januar 2024 in Kraft sein müsse. Die Tagung des Europäischen Rates vom 15. Dezember 2023 endete jedoch mit einer Blockade.
Als schließlich eine politische Einigung erzielt worden war, wurde die Überarbeitung des MFR am 29. Februar 2024 veröffentlicht. Dazu gehören Kürzungen bei Horizont Europa (die nur teilweise durch die Wiederverwendung der aufgehobenen Mittelbindungen für die Forschung im Rahmen des letzten MFR ausgeglichen werden), EU4Health (durch den Mechanismus nach Artikel 5 des MFR abgemildert) und die direkte Verwaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik sowie begrenzte neue Mittel für STEP.
Allerdings kam es hiermit im Rahmen einer Halbzeitüberprüfung des MFR zum ersten Mal zu einer Nettoerhöhung der Ausgabenobergrenzen. Zu den wichtigsten positiven Ergebnissen zählen: 50 Mrd. EUR für die Ukraine für 2024-2027, Aufstockung der Mittel für Migration und auswärtiges Handeln sowie für den Europäischen Verteidigungsfonds (im Rahmen von STEP), eine Aufstockung der Mittel für die Sonderinstrumente (Flexibilitätsinstrument und EU-Solidaritätsreserve für den Wiederaufbau nach extremen Wetterereignissen und Naturkatastrophen, nun getrennt von der Soforthilfereserve für Drittländer) und die Einrichtung eines nicht begrenzten Sonderinstruments des EURI zum Schutz von Programmen vor erheblichen Kürzungen. Ein Teil der Kosten der gemeinsamen Mittelaufnahme der EU soll im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens gedeckt werden (wofür der Europäische Rat einen unverbindlichen Richtwert von 50 % festgelegt hat). Damit das EURI-Sonderinstrument für diese Zwecke genutzt werden kann, muss etwa die Hälfte der Kosten durch Sonderinstrumente oder Umschichtungen aus Programmen gedeckt werden. Letztere erfolgt in zwei Schritten: Der erste Schritt besteht in der Mobilisierung von Mitteln, die dem Betrag der freigegebenen Mittel entsprechen; der zweite Schritt stellt ein „letztes Mittel“ in Form von zusätzlichen nationalen Beiträgen dar.
Weitere Einzelheiten sind der Mitteilung der Kommission über die technische Anpassung des MFR zu entnehmen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Website des Haushaltsausschusses.
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