Die EU-Politik zur Lebensmittelsicherheit zielt darauf ab, die Gesundheit der Menschen und die Verbraucherinteressen zu schützen und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern. In den letzten Jahren wurden die Ziele der Lebensmittelsicherheit im Rahmen eines Paradigmenwechsels erweitert, um der durch den Klimawandel verursachten Ernährungsunsicherheit Rechnung zu tragen. Die EU sorgt dafür, dass entsprechende Normen für die Bereiche Futtermittel- und Lebensmittelhygiene, Tiergesundheit, Pflanzengesundheit, durch Lebensmittel übertragene Zoonosen und Verhinderung von Lebensmittelkontaminierung eingehalten werden. Darüber hinaus regelt die EU die Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln.

Rechtsgrundlage

Artikel 43, 114, 168 Absatz 4 und Artikel 169 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Hintergrund

Nach mehreren Lebens- und Futtermittelkrisen (etwa des BSE-Ausbruchs oder der Dioxin-Krise) wurde die EU-Politik im Bereich der Lebensmittelsicherheit Anfang der 2000er Jahre grundlegend reformiert. Diese Reform mündete in die Ausarbeitung des Konzepts „Vom Hof auf den Tisch“, mit dem für alle Lebensmittelerzeugnisse, die in der EU vermarktet werden, in allen Phasen der Herstellungs- und Vertriebsabläufe ein hohes Sicherheitsniveau gewahrt werden soll, und zwar unabhängig davon, ob sie in der EU erzeugt oder aus Nicht-EU-Staaten eingeführt werden. Dieses Regelwerk bildet ein komplexes und integriertes System von Vorschriften, die die gesamte Lebensmittelkette erfassen, von Futtermitteln und Tiergesundheit über Pflanzenschutz und Lebensmittelerzeugung bis hin zu Verarbeitung, Lagerung, Transport, Ein- und Ausfuhr sowie Einzelhandel. Die EU hält hohe Standards für die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit aufrecht. Es sind jedoch nach wie vor Vorfälle im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit zu verzeichnen. Die EU verfügt zusammen mit den nationalen Behörden und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) über ein robustes System, um diese Sicherheitsprobleme zu erkennen und darauf zu reagieren. Diese Vorschriften werden auf der Grundlage des Konzepts „Eine Gesundheit“ im Rahmen der von der Kommission veröffentlichten Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ weiterentwickelt. Die Strategie wurde 2020 als Teil des europäischen Grünen Deals vorgelegt und zielt darauf ab, die Lebensmittelproduktion mit dem Umweltschutz in Einklang zu bringen.

Erfolge

A. Allgemeine Gesetzgebung

In einer Rahmenverordnung von 2002 sind unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips (2.5.1) die allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebens- und Futtermittelrechts der EU festgelegt. In der Verordnung werden ein Risikobewertungsansatz und allgemeine Bestimmungen über die Rückverfolgbarkeit von Lebens- und Futtermitteln festgelegt. Mit der Verordnung wurde ein Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel eingeführt, über das die Mitgliedstaaten und die Kommission schnell Informationen austauschen und ihre Maßnahmen gegen von Lebens- oder Futtermitteln ausgehende Gesundheitsgefahren koordinieren können. Außerdem wurde im Wege dieser Verordnung die EFSA errichtet, deren Aufgabe es ist, alle im Zusammenhang mit der Lebensmittelkette bestehenden Gefahren zu beurteilen und darüber zu informieren. Nach Durchführung einer Eignungsprüfung und als Reaktion auf die Europäische Bürgerinitiative zum Verbot von Glyphosat hat die EU ihr allgemeines Lebensmittelrecht überarbeitet, um die Transparenz der Risikobewertungen der EFSA zu erhöhen und die Unabhängigkeit der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Studien sowie die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung von Sachverständigen und Daten zu verbessern. Die Kommission hat zudem zugesagt, andere wichtige Rechtsakte in den Bereichen neuartige Lebensmittel, genetisch veränderte Organismen, Pestizide, Lebensmittelkontaktmaterialien und Lebensmittelzusatzstoffe zu überarbeiten, um sie mit der Überarbeitung des allgemeinen Lebensmittelrechts in Einklang zu bringen und die Transparenz zu erhöhen.

B. Lebensmittelhygiene

Die EU zielt darauf ab, die Lebensmittelhygiene vom Hof bis zum Verbraucher sicherzustellen. Im April 2004 wurde im Rahmen des Konzepts „Vom Hof auf den Tisch“ ein neuer Rechtsrahmen beschlossen, der als „Hygienepaket“ (Verordnung (EG) Nr. 852/2004) bekannt ist und mit dem die Lebensmittelhygiene in Angriff genommen wurde und besondere Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs und eine Unionsrahmenregelung für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs vorgesehen wurden, in der wiederum besondere Regelungen für Frischfleisch, Muscheln, Milch und Milchprodukte festgelegt sind. Mit dem Paket wird die Verantwortung für die Lebensmittelhygiene den verschiedenen Akteuren in der Lebensmittelversorgungskette direkt zugewiesen. Dabei kommt ein Eigenkontrollsystem nach Methode der Gefahrenanalyse und kritischen Kontrollpunkte zum Tragen, das durch amtliche Kontrollen überwacht wird, die von den zuständigen Behörden durchzuführen sind. Die Anhänge der Verordnung wurden im März 2021 aktualisiert. Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 wurde mehrfach geändert, um Verfahren im Bereich der Hygiene durchzusetzen, um Allergene zu verhindern, eine sichere Umverteilung von Lebensmitteln zu erleichtern und das Bewusstsein für die Lebensmittelsicherheit bei den Beschäftigten in Betrieben zu schärfen.

Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 über die allgemeinen Grundsätze des EU-Lebensmittelrechts enthält Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit. Wenn ein Lebensmittel ein Gesundheitsrisiko darstellt, müssen die Unternehmen es unverzüglich vom Markt nehmen, die Verwender informieren und die zuständige Behörde unterrichten.

C. Lebensmittelkontaminierung

Lebensmittelkontaminationen können auf natürliche Weise auftreten oder das Ergebnis von Anbaumethoden oder Herstellungsverfahren sein. Die Verordnung (EU) 2023/915, die die vorherige Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 ersetzt hat, trat im Mai 2023 in Kraft und konzentriert sich auf die Festlegung von Höchstgehalten für verschiedene Kontaminanten in Lebensmitteln. Zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung werden Höchstwerte für in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln enthaltene Kontaminanten – wie etwa Nitrate, Schwermetalle und Dioxine – festgelegt und regelmäßig überprüft. Eine weitere Ursache für Rückstände in Lebensmitteln können der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere sein, die tiermedizinisch behandelt oder Pestiziden oder Bioziden ausgesetzt wurden. Die Rückstandshöchstmengen werden regelmäßig festgelegt und aktualisiert. In der EU dürfen keine Lebensmittel vermarktet werden, die eine inakzeptable Menge an Schadstoffen enthalten.

Für Lebensmittelkontaktmaterialien wie Materialien für den Transport oder die Verarbeitung von Lebensmitteln sowie für Verpackungsmaterialien und Geschirr gelten darüber hinaus eigene Vorschriften. In einer 2019 geändertenRahmenverordnung sind die allgemeinen Anforderungen für alle betroffenen Materialien und Gegenstände festgelegt. Dadurch wird ausgeschlossen, dass deren Bestandteile in gesundheitsgefährdenden Mengen in Lebensmittel übergehen, wobei für die in Anhang I der Rahmenverordnung aufgeführten 17 Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände (alle Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen) Einzelmaßnahmen der EU mit ausführlicheren Bestimmungen erlassen werden können. In der Verordnung (EG) Nr. 2023/2006 sind die Normen der guten Herstellungspraxis für Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, festgelegt. So wird zum Beispiel im Fall von Kunststoff die Verwendung von Bisphenol A in Säuglingsflaschen aus Kunststoff eingeschränkt. 2011 hat die EU ihre Verordnungen über Kunststoffe, die in Lebensmittelkontaktmaterialien verwendet werden, in einem einheitlichen Dokument zusammengeführt (Verordnung (EU) Nr. 10/2011). Im September 2022 nahm die Kommission neue Vorschriften für die Sicherheit von Materialien und Gegenständen aus recyceltem Kunststoff an, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen.

D. Lebensmittelkennzeichnung

Der rechtliche Rahmen für die Lebensmittelkennzeichnung soll den Zugang der Verbraucher zu klaren, verständlichen und zuverlässigen Informationen über Inhalt und Zusammensetzung der Produkte sicherstellen und so ihre Gesundheit und ihre Interessen schützen. So muss auf der Verpackung zum Beispiel deutlich auf Allergene wie Soja, Gluten oder Laktose hingewiesen werden. Die wichtigste Neuerung, die die seit Dezember 2016 geltende neue Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel gebracht hat, besteht darin, dass die Erzeuger Angaben dazu machen müssen, ob unverpackte Lebensmittel, beispielsweise in Restaurants und Kantinen, Allergene enthalten. Darüber hinaus müssen die Erzeuger Angaben zur Herkunft von unverarbeitetem Fleisch (bei bestimmten anderen Arten von Fleisch als Rindfleisch, für das bereits eine Herkunftsbezeichnungspflicht besteht) machen und kennzeichnen, ob Lebensmittelimitate wie pflanzliche Erzeugnisse, die als Käse- oder Fleischersatz dienen, verwendet wurden. In spezifischen Bestimmungen über die Ursprungsangabe werden die Einzelheiten festgelegt und – mit einigen Ausnahmen – die Angabe des Aufzuchts- und des Schlachtorts von frischem, gekühltem und gefrorenem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch in Fertigpackungen verbindlich vorgeschrieben.

Durch die Kennzeichnung, Aufmachung und Bewerbung von Lebensmitteln dürfen Verbraucher nicht irregeführt werden. Für zugelassene nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben (z. B. „fettarm“, „hoher Ballaststoffgehalt“ oder Hinweise auf die Verbindung zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit) gelten eindeutige Vorschriften, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 festgelegt wurden. Diese Angaben müssen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und sind im EU-Register der gesundheitsbezogenen Angaben einsehbar.

In der Verordnung von 2013 über Lebensmittel für besondere Gruppen, die 2021 sowie im März 2023 aktualisiert wurde, wird die weit gefasste Kategorie der diätetischen Lebensmittel zugunsten einzelner Vorschriften für spezielle gefährdete Gruppen von Verbrauchern aufgegeben. Zu diesen Gruppen zählen Säuglinge und Kleinkinder, Menschen mit besonderen Erkrankungen und Menschen, die sich zwecks Gewichtskontrolle kalorienarm ernähren.

E. Lebensmittelzusatzstoffe

Lebensmittelzusätze, -enzyme oder -aromen – auch als Stoffe zur Verbesserung von Lebensmitteln bekannt – sind Stoffe, die Lebensmitteln absichtlich zugesetzt werden, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. So dienen diese Stoffe zum Beispiel dazu, Lebensmittel zu färben, zu süßen oder zu konservieren. Für das Zulassungsverfahren, die Verwendungsbedingungen und die Kennzeichnung dieser Stoffe gelten eigene Vorschriften. Gemäß den EU-Rechtsvorschriften müssen Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen werden, bevor sie in Lebensmitteln verwendet werden. Nach Erhalt der Zulassung werden diese Stoffe in das EU-Register zugelassener Lebensmittelzusatzstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe aufgenommen, in dem auch die Bedingungen für ihre Verwendung festgelegt sind. Mit dieser Verordnung wurde auch eine umfassende Liste der in der EU zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe erstellt, die vollständig in der Verordnung (EU) Nr. 1129/2011 veröffentlicht wurde. Dasselbe gilt für Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralien,die, sofern sie in speziellen Listen der zugelassenen Stoffe und deren zugelassener Quellen aufgeführt sind, Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, um diese anzureichern oder ihren besonderen Charakter hervorzuheben.

F. Tier- und Pflanzengesundheit

Im Interesse der Sicherheit in der Lebensmittelversorgungskette enthalten die Rechtsvorschriften der EU allgemeine Bestimmungen über die Überwachung, Meldung und Behandlung von Infektionskrankheiten und ihrer Vektoren. Mit dem ursprünglich geltenden Rechtsrahmen für die Durchführung amtlicher Kontrollen soll die Überprüfung der Einhaltung des Lebens- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz sichergestellt werden. Im Mai 2013 legte die Kommission ein Legislativpaket vor, das Vorschläge zur Tiergesundheit, zum Pflanzenschutz, zu pflanzlichem Vermehrungsgut und zu amtlichen Kontrollen enthält. In dem Paket wird auf einen stärker risikobasierten Ansatz für den Schutz der Tiergesundheit gesetzt und soll für wirksamere amtliche Kontrollen gesorgt werden, damit Lebensmittelkrisen und Betrugsfälle nach Möglichkeit verhindert werden. Das daraus hervorgegangene neue Tiergesundheitsrecht der EU (Verordnung zu Tierseuchen), das im März 2016 beschlossen wurde und ab April 2021 gilt, hat zum Ziel, Tierseuchen vorzubeugen und diese zu tilgen, indem die Zuständigkeiten eindeutiger geregelt werden und Sorge für die Früherkennung und die Bekämpfung getragen wird. Mit der Verordnung (EU) 2016/429 werden zahlreiche Rechtsvorschriften zur Tiergesundheit in einer einheitlichen Rechtsvorschrift zusammengefasst. Sie enthält Leitlinien für die Prävention und den Umgang mit Krankheiten, die von Tier zu Tier oder vom Tier auf den Menschen übertragen werden können.

Mit der neuen Pflanzenschutzregelung (Verordnung über Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen – Pflanzengesundheitsgesetz) sollen Kulturpflanzen, Obst, Gemüse und Wälder vor dem Eindringen oder der Ausbreitung von Pflanzenschädlingen oder -krankheiten geschützt werden. Sie zielt auch darauf ab, die Einfuhrkontrollen für Pflanzen aus Nicht-EU-Staaten zu verbessern und Pflanzenpässe zu standardisieren und gleichzeitig das Spektrum der Pflanzen, für deren Anpflanzung Pässe erforderlich sind, zu erweitern. Sie gilt im Wesentlichen seit Dezember 2019, ebenso wie die neue Verordnung über amtliche Kontrollen, in der ab diesem Zeitpunkt auch die Pflanzengesundheit und tierische Nebenprodukte erfasst sind.

G. Rechtslage im Bereich Tierfutter und Futtermittelkennzeichnung

Futtermittelunternehmer müssen dafür Sorge tragen, dass alle Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs, die ihrer Kontrolle unterliegen, im Einklang mit den Vorschriften der EU für die Futtermittelhygiene stehen, und die lückenlose Rückverfolgbarkeit sicherstellen. Dies umfasst auch die Einfuhr von Futtermitteln aus Nicht-EU-Staaten und die Ausfuhr von Futtermitteln in Nicht-EU-Staaten. Bei der Fütterung von der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren müssen Landwirte das Risiko einer biologischen, chemischen und physischen Kontamination von Futtermitteln, Tieren und tierischen Erzeugnissen so niedrig wie vernünftigerweise vertretbar halten. Mit einer spezifischen Richtlinie wurden Höchstwerte für unerwünschte Stoffe in der Tierernährung wie Schwermetalle festgelegt und die Verdünnung kontaminierter Futtermittel-Ausgangserzeugnisse verboten. Um für ein hohes Maß an Futtermittelsicherheit zu sorgen und letzten Endes die Gesundheit der Bevölkerung umfassend zu schützen und ausreichende Informationen für Verwender und Verbraucher bereitzustellen, werden Vorschriften über die Kennzeichnung und Vermarktung von Futtermitteln festgelegt. Die Bestimmungen über Tierarzneimittel und Arzneifuttermittel wurden durch die Verordnung (EU) 2019/6 bzw. Verordnung (EU) 2019/4 aktualisiert.

H. Neuartige Lebensmittel

Neuartige Lebensmittel – d. h. Lebensmittel, die vor Mai 1997 in der EU noch nicht in nennenswertem Umfang für den Verzehr verwendet wurden (z. B. alternative Proteine, Nahrungsergänzungsmittel usw.) – sind einer Sicherheitsprüfung zu unterziehen, bevor sie in der EU in Verkehr gebracht werden. Seit 2018 gilt eine neue Verordnung, mit der der Zugang zu innovativen Lebensmitteln bei gleichzeitiger Wahrung eines hohen Maßes an Lebensmittelsicherheit erleichtert wird. Mit ihr wird ein vereinfachtes, zentralisiertes unionsweites Online-Zulassungsverfahren für neuartige Lebensmittel und traditionelle Lebensmittel aus Nicht-EU-Staaten (die in der EU als neuartige Lebensmittel betrachtet werden) eingeführt. Bevor ein Lebensmittel durch die Kommission zugelassen wird, nimmt die EFSA eine zentralisierte wissenschaftliche Sicherheitsbewertung vor, bei der sie die Verwendungsbedingungen, die Bezeichnung als Lebensmittel und die Kennzeichnungsauflagen festlegt. Alle zugelassenen neuartigen Lebensmittel werden in einer Positivliste geführt. Solange noch keine eigenen Rechtsvorschriften für aus geklonten Tieren erzeugte Lebensmittel in Kraft sind, fallen solche Lebensmittel in den Geltungsbereich dieser Verordnung und sollten daher entsprechend gekennzeichnet werden.

I. Genetisch veränderte Organismen (GVO)

Ein genetisch veränderter Organismus (GVO) ist „ein Organismus mit Ausnahme des Menschen, dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“[1]. So können zum Beispiel Pflanzen mithilfe moderner Biotechnologie so verändert werden, dass sie gegen Krankheiten resistent sind oder mehr Ertrag bringen. Im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip hat die EU einen strengen Rechtsrahmen für den Anbau und die Vermarktung von GVO festgelegt, die in Lebens- oder Futtermitteln verwendet werden (Verordnung (EG) Nr. 1829/2003, Verordnung (EG) Nr. 1830/2003, Verordnung (EG) Nr. 65/2004, Verordnung (EG) Nr. 641/2004). Bevor ein GVO in Verkehr gebracht werden darf, nimmt die EFSA gemeinsam mit den wissenschaftlichen Einrichtungen der Mitgliedstaaten eine wissenschaftliche Risikobewertung vor, um Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt auszuschließen. Nach Eingang der Stellungnahme der EFSA arbeitet die Kommission (die nicht an die Stellungnahme gebunden ist) einen Entwurf eines Beschlusses aus, mit dem sie die Zulassung erteilt oder verweigert und über den ein Sachverständigenausschuss aus Vertretern der Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit abstimmt. Wird keine Stellungnahme abgegeben, weil sich weder für noch gegen die Zulassung eine qualifizierte Mehrheit findet, liegt die endgültige Entscheidung bei der Kommission. Alle zugelassenen Lebens- oder Futtermittel, die aus GVO hergestellt wurden oder solche enthalten, müssen rückverfolgbar und eindeutig gekennzeichnet sein, damit die Verbraucher in Kenntnis der Sachlage entscheiden können. Den Mitgliedstaaten ist es gestattet, den Anbau von Kulturen mit GVO auf ihrem Hoheitsgebiet einzuschränken oder zu verbieten, selbst wenn er auf Unionsebene erlaubt ist.

Am 5. Juli 2023 veröffentlichte die Kommission einen Vorschlag zur Regulierung von Pflanzen, die mit bestimmten genomischen Techniken für Lebens- und Futtermittelzwecke geschaffen wurden. Vorausgegangen war ein Prozess, der 2018 eingeleitet wurde, als der Gerichtshof der Europäischen Union entschied, dass mit diesen Techniken entwickelte Organismen gemäß der Richtlinie 2001/18/EG (der bestehenden GVO-Richtlinie der EU) als „GVO“ gelten sollten.

Rolle des Europäischen Parlaments

Nach dem Pferdefleischskandal und anderen Fällen von Lebensmittelbetrug forderte das Parlament insbesondere für Fleisch, das als Zutat in verarbeiteten Lebensmitteln verwendet wird, eine verbindliche Herkunftskennzeichnung. Parlament und Rat einigten sich auf neue Vorschriften zur Verschärfung amtlicher Lebensmittelkontrollen, mit denen die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln verbessert und Betrug bekämpft werden soll. Während der Verhandlungen gelang es dem Parlament, die Rechtsdurchsetzung im Zusammenhang mit betrügerischen oder irreführenden Praktiken zu stärken. Das Parlament ist außerdem besonders wachsam, wenn es um die Gefährdung der Verbrauchergesundheit durch geklonte Tiere und Nanomaterialien oder genetisch veränderte Organismen geht. Es prüft häufig Entwürfe von Vorschlägen für die Zulassung oder die Verlängerung der Zulassung neuer genetisch veränderter Pflanzen wie Mais und Sojabohnen und spricht sich regelmäßig dagegen aus.

Nachdem Bedenken hinsichtlich der Risiken aufgekommen waren, die mit dem Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat in der Landwirtschaft einhergehen, setzte das Parlament 2018 einen Sonderausschuss zur Untersuchung des Genehmigungsverfahrens der EU für Pestizide ein. Während der Überarbeitung des allgemeinen Lebensmittelrechts, die auf mehr Transparenz in der gesamten Lebensmittelkette abzielte, setzte sich das Parlament dafür ein, dass Unbedenklichkeitsstudien veröffentlicht werden, bevor ein Produkt in Verkehr gebracht werden darf.

Das Parlament wies unter anderem in seiner Entschließung vom Oktober 2021 zu der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ erneut darauf hin, dass das Lebensmittelrecht der Union eine wichtige Funktion hat, wenn es gilt, weltweite Lebensmittelsicherheitsvorschriften festzulegen.

Im Jahr 2022 gab das Parlament eine Studie über die Unabhängigkeits- und Transparenzpolitik der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Auftrag.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Website des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI).

 

[1]Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1).

Maria-Mirela Curmei / Christian Kurrer