Gleichstellung von Männern und Frauen

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eines der Ziele der Europäischen Union. Mit Rechtsvorschriften, der Rechtsprechung und Änderungen der Verträge ist es nach und nach gelungen, diesen Grundsatz zu festigen und ihn in der EU anzuwenden. Das Europäische Parlament hat sich seit jeher mit allem Nachdruck für den Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen starkgemacht.

Rechtsgrundlage

Seit 1957 ist der Grundsatz, dass Männer und Frauen gleiches Entgelt für gleiche Arbeit erhalten sollten, in den EU-Verträgen verankert (aktuell: Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)). Gemäß Artikel 153 AEUV kann die EU generell auf dem Gebiet der Chancengleichheit und Gleichbehandlung im Bereich Beschäftigung tätig werden. Darüber hinaus sind innerhalb dieses Rahmens nach Artikel 157 AEUV positive Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der Frau möglich. Ferner können gemäß Artikel 19 AEUV Rechtsvorschriften zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung, unter anderem aufgrund des Geschlechts, erlassen werden. Auf der Grundlage der Artikel 79 und 83 AEUV wurden EU-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels und insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern erlassen. Mit dem Programm „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ werden unter anderem Maßnahmen finanziert, mit denen auf der Grundlage von Artikel 168 AEUV zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen beigetragen werden soll.

Ziele

Die EU gründet auf einer Reihe von Werten, darunter auch der Gleichheit, und fördert daher die Gleichstellung von Frauen und Männern (Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union). Diese Ziele sind zudem in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert. Darüber hinaus soll die EU nach Artikel 8 AEUV bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirken, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern (auch bekannt unter der Bezeichnung „Gender-Mainstreaming“). In der Erklärung Nr. 19, die der Schlussakte der Regierungskonferenz, auf der der Vertrag von Lissabon angenommen wurde, beigefügt ist, haben sich die EU und die Mitgliedstaaten verpflichtet, „jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen […], solche strafbaren Handlungen zu verhindern und zu ahnden sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen“.

Erfolge

A. Die wichtigsten Rechtsvorschriften

In diesem Zusammenhang wurden unter anderem folgende EU-Rechtsvorschriften angenommen, die meisten davon im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens:

  • Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit;
  • Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz;
  • Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über Teilzeitarbeit;
  • Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse), welche die Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in einer Vielzahl von Bereichen verbietet, darunter Beschäftigung, Sozialschutz und soziale Vergünstigungen, Bildung sowie Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wie Wohnraum;
  • Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf;
  • Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.

Im Jahr 2006 wurden mehrere frühere Rechtsakte aufgehoben und durch folgende ersetzt:

  • Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen;
  • Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG;
  • Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates;
  • Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates;
  • Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung;
  • Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates;
  • Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates.

B. Fortschritte durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)

Der EuGH spielte eine wichtige Rolle bei der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen. In diesem Zusammenhang gab es eine Reihe wichtiger Urteile.

  • Defrenne-II-Urteil vom 8. April 1976 (Rechtssache 43/75): Der EuGH erkannte die unmittelbare Geltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts von Männern und Frauen an und urteilte, dass der Grundsatz nicht nur für den Bereich der öffentlichen Behörden gilt, sondern sich auch auf alle die abhängige Erwerbstätigkeit kollektiv regelnden Tarifverträge erstreckt.
  • Bilka-Urteil vom 13. Mai 1986 (Rechtssache C-170/84): Der EuGH entschied, dass eine Maßnahme, die Teilzeitbeschäftigte von der betrieblichen Altersvorsorge ausschließt, als „mittelbare Diskriminierung“ einen Verstoß gegen den ehemaligen Artikel 119 des Vertrags über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft darstellt, wenn sie wesentlich mehr Frauen als Männer betrifft, außer wenn nachgewiesen werden konnte, dass diese Situation auf Faktoren beruhte, die objektiv gerechtfertigt waren und nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hatten.
  • Barber-Urteil vom 17. Mai 1990 (Rechtssache C-262/88): Der EuGH entschied, dass alle Formen von Betriebsrenten einem Entgelt im Sinne des ehemaligen Artikels 119 gleichzustellen sind und der Grundsatz der Gleichbehandlung daher auf sie anwendbar ist. Der EuGH leitete daraus den Grundsatz ab, dass Arbeitnehmer männlichen Geschlechts ihre Rechte in Bezug auf Alters- und Hinterbliebenenrenten im gleichen Alter wie ihre Kolleginnen geltend machen können.
  • Marschall-Urteil vom 11. November 1997 (Rechtssache C-409/95): Der EuGH erklärte, dass das Gemeinschaftsrecht keiner nationalen Regelung entgegensteht, nach der in Tätigkeitsbereichen, in denen Frauen weniger vertreten sind als Männer, vorrangig weibliche Bewerber zu fördern sind („positive Diskriminierung“), sofern dieser Vorteil nicht automatisch gewährt wird und den männlichen Bewerbern in jedem Einzelfall eine objektive Prüfung ihrer Bewerbung garantiert ist.
  • Test-Achats-Urteil vom 1. März 2011 (Rechtssache C-236/09): Der EuGH erklärte Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2004/113/EG des Rates für ungültig, weil er dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuwiderläuft. Bei der Festlegung von Versicherungsbeiträgen und -leistungen müssen für Männer und Frauen dieselben versicherungsmathematischen Grundsätze zugrunde gelegt werden.
  • Korwin-Mikke-Urteil vom 31. Mai 2018 (Rechtssachen T-770/16 und T-352/17): Der EuGH entschied, dass die Sanktionen gegen den rechtsextremen polnischen Abgeordneten Janusz Korwin-Mikke aufzuheben sind.
  • Violeta-Villar-Láiz-Urteil vom 8. Mai 2019 (Rechtssache C-161/18): Der EuGH stellte fest, dass die spanischen Rechtsvorschriften über die Berechnung der Altersrente von Teilzeitbeschäftigten gegen EU-Recht verstoßen, wenn weibliche Arbeitskräfte dadurch besonders benachteiligt werden.
  • Praxair-Urteil vom 8. Mai 2019 (Rechtssache C-486/18): Der EuGH erklärte, dass die Berechnung der Entlassungsentschädigung und der Zuwendung für die Wiedereingliederung eines Arbeitnehmers, der während eines Elternurlaubs auf Halbzeitbasis arbeitet, auf der Grundlage des Vollzeitgehalts erfolgen muss. Widersprüchliche nationale Rechtsvorschriften führen zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
  • Safeway-Urteil vom 7. Oktober 2019 (Rechtssache C-171/18): Der EuGH entschied über die Angleichung der Rentenleistungen im Rahmen eines betrieblichen Rentensystems.
  • Ortiz-Mesonero-Urteil vom 18. September 2019 (Rechtssache C-366/18): Einem Vater wurde es verweigert, in festen Schichten zu arbeiten, um besser für seine Kinder sorgen zu können. Der EuGH entschied, dass die Richtlinien hier keine Anwendung finden und dass sie keine Bestimmung enthalten, die die Mitgliedstaaten verpflichten würde, einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Antrags auf Elternurlaub ein Recht auf feste Arbeitszeiten einzuräumen, wenn dessen gewöhnlicher Arbeitsrhythmus Schichtarbeit mit variablen Arbeitszeiten vorsieht.
  • Hakelbracht-Urteil vom 20. Juni 2019 (Rechtssache C-404/18): Der EuGH entschied, dass, wenn eine Person geltend macht, aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert zu werden, und eine Beschwerde einreicht, andere Arbeitnehmer, bei denen es sich nicht um diese Person handelt, geschützt werden sollten, da sie von ihrem Arbeitgeber aufgrund der Unterstützung, die sie dem Opfer der mutmaßlichen Diskriminierung formell oder informell entgegengebracht haben, benachteiligt werden könnten.
  • Tesco-Stores-Urteil vom 3. Juni 2021 (Rechtssache C-624/19): In seinem Urteil verwies der EuGH zunächst auf sein Urteil in der Rechtssache Praxair MRC (C-486/18), wonach sich das Verbot diskriminierender Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen auch auf Tarifverträge und Verträge zwischen Privaten zur Regelung des Entgelts erstreckt. Ferner verwies er auf seine sonstige ständige Rechtsprechung, die es Gerichten ermöglicht, andere geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen in Bezug auf das Entgelt auf der Grundlage der strittigen Regelung zu bewerten. Der EuGH kam zu dem Schluss, dass Artikel 157 AEUV dahin auszulegen ist, dass er in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten, in denen ein Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei „gleichwertiger Arbeit“ geltend gemacht wird, unmittelbare horizontale Wirkung entfaltet.
  • Gutachten 1/19 des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2021 über den Beitritt zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul). In dem Gutachten des EuGH werden die Modalitäten des Beitritts der EU zum Übereinkommen von Istanbul und dessen Rechtsgrundlage präzisiert.

C. Jüngste Entwicklungen

Nachstehend wird eine Übersicht über die jüngsten Maßnahmen der EU auf dem Gebiet der Gleichstellung von Männern und Frauen gegeben:

Am 21. März 2023 hatten die Mitglieder des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen des strukturierten Dialogs zwischen dem Parlament und der Kommission einen Meinungsaustausch mit der Kommissarin für Gleichheitspolitik Helena Dalli. Sie behandelten Gleichstellungsthemen, die in den Aufgabenbereich der Kommissarin fallen, darunter eine Aktualisierung der kürzlich von der Kommission angenommenen und der noch zu verabschiedenden Gesetzgebungsinitiativen.

Im Laufe der zweiten Stunde des Treffens konzentrierte sich die Kommissarin Dalli auf den Vorschlag zur Stärkung der Rolle und der Unabhängigkeit von Gleichstellungsstellen, der im Dezember 2022 von der Kommission angenommen wurde,

In der Zwischenzeit hatte die Kommission am 12. April 2023 den Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen für die Jahre 2020-2025 vorgelegt. Die Kommission hat im Rahmen dieser Strategie über 90 Maßnahmen umgesetzt, die von Kommunikationskampagnen über die Einbeziehung der Gleichstellung von LGBTIQ in die Gesetzgebung bis hin zur Bereitstellung spezieller Mittel reichen. Zusätzlich wird im Bericht das jüngste Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen dessen Gesetzen „gegen LGBT-Propaganda“ erwähnt. Das Gesetz verbietet die „Förderung“ von Homosexualität und Transidentität unter Minderjährigen.

Die Kommissarin Dalli hob drei Gesetzgebungsvorschläge hervor, die für die Verteidigung der Rechte von LGBTIQ in der EU von zentraler Bedeutung sind.

  • Der erste Vorschlag ist die Einführung verbindlicher Standards für Gleichstellungsstellen und die Ausweitung ihres Mandats auf die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung, insbesondere im Bereich der Beschäftigung.
  • Der zweite Vorschlag sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten darauf hinarbeiten, die Einstimmigkeit zu erreichen, die erforderlich ist, um die Liste der EU-Straftaten um Hetze und Hassdelikte zu erweitern (Artikel 83 AEUV). Dadurch könnte die Kommission Rechtsvorschriften vorschlagen, die u. a. Straftaten aufgrund der sexuellen Ausrichtung des Opfers als Straftatbestand einstufen.
  • Der dritte Vorschlag ist ein europäisches Elternschaftszertifikat, für das Kommissarin Dalli betonte, wie wichtig es sei, den Weg zu ebnen. Die Anerkennung der Elternschaft ist für Familien mit gleichgeschlechtlichen Partnern von besonderer Bedeutung. Der Fall von „Baby Sara“ fand in den Medien besondere Beachtung. Die bulgarischen Behörden haben sich geweigert, eine Geburtsurkunde für das Kind auszustellen, da das Land – anders als in Spanien – die Elternschaft der beiden Mütter nicht anerkennt. Im Jahr 2021 entschied der EuGH, dass Bulgarien dem Kind einen Reisepass ausstellen muss. 

Übereinkommen von Istanbul

Das Übereinkommen von Istanbul ist das erste Instrument in Europa, dass rechtlich verbindliche Standards setzt, um insbesondere geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen, Opfer von Gewalt zu schützen und Täter zu bestrafen. Nach der Unterzeichnung des Übereinkommens durch die EU im Juni 2017 ist für deren Beitritt zu diesem Übereinkommen die Zustimmung des Parlaments erforderlich.

Am 21. Februar 2023 ersuchte der Rat das Parlament um seine Zustimmung zur Annahme der beiden Beschlüsse über die Ratifizierung des Übereinkommens (für weitere Informationen, siehe unten).

Gleichbehandlungsstellen

Am 8. Dezember 2022 wurde der Kommission ein Vorschlag für eine Richtlinie über Standards für Gleichstellungsstellen vorgelegt.

In diesem Vorschlag werden eine Reihe von verbindlichen Regeln zur Stärkung der Rolle und Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen vorgeschlagen. Ziel des Vorschlags ist es, Standards für Gleichstellungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung von Personen ungeachtet ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, der Gleichbehandlung von Personen in Beschäftigung und Beruf ungeachtet ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Ausrichtung sowie von Frauen und Männern im Bereich der sozialen Sicherheit und des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen festzulegen.

Richtlinie zur Lohntransparenz

Im Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Lohntransparenz, der am 4. März angenommen wurde, werden Maßnahmen eingeführt, um sicherzustellen, dass Frauen und Männer in der EU gleiches Entgelt für gleiche Arbeit erhalten.

Am 30. März 2023 nahm das Parlament die Richtlinie zur Lohntransparenz an. Die neuen Vorschriften sorgen für mehr Transparenz und eine wirksame Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit und verbessern den Zugang zur Justiz für Opfer von Lohndiskriminierung.

Sie sehen vor, dass Ausschreibungen und Funktionen geschlechtsneutral formuliert und die Einstellungsprozesse in einer diskriminierungsfreien Art und Weise durchgeführt werden.

Die Richtlinie sieht unter anderem vor, dass wenn die Gehaltsberichte ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle zwischen Frauen und Männern von mindestens 5% ausweisen, die Arbeitgeber eine gemeinsame Gehaltsbewertung in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern durchführen müssen. Die Mitgliedstaaten müssen wirksame, angemessene und abschreckende Strafen, wie z. B. Geldstrafen, für Arbeitgeber vorsehen, die gegen diese Vorschriften verstoßen. Jeder Arbeitnehmer, der als Folge eines solchen Verstoßes einen Schaden erlitten hat, hat das Recht, Schadenersatz zu verlangen. Zum ersten Mal wurden intersektionelle Diskriminierung und die Rechte nichtbinärer Menschen in den Geltungsbereich der neuen Vorschriften aufgenommen.

Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU 2021-2027

Nach der Zustimmung des Europäischen Parlaments nahm der Rat am 17. Dezember 2020 die Verordnung zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU für den Zeitraum 2021-2027 an. Mit dem neuen MFR wird der durchgängigen Berücksichtigung der Gleichstellung der Geschlechter im EU-Haushalt höhere Priorität eingeräumt.

Zusammen mit dem Aufbauinstrument „NextGenerationEU“ in Höhe von 750 Mrd. EUR wird es der EU ermöglicht, über die nächsten Jahre beispiellose 1,8 Billionen EUR bereitzustellen, um die Erholung von der COVID-19-Pandemie und die langfristigen Prioritäten der EU in verschiedenen Politikbereichen zu unterstützen. Der nächste langfristige Haushalt wird sieben Ausgabenbereiche umfassen. Er wird den Rahmen für die Finanzierung von fast 40 Ausgabenprogrammen der EU für die nächsten sieben Jahre bilden. Im Rahmen des Aufbauinstruments „NextGenerationEU“ wird auch besonderes Augenmerk auf die Gleichstellung der Geschlechter gerichtet. So sollte insbesondere in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen dargelegt werden, wie die im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen voraussichtlich zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Chancengleichheit für alle beitragen werden.

Im April 2021 nahmen der Rat und das Europäische Parlament die beiden Programme an, die als Teil des künftigen MFR für den Zeitraum 2021-2027 den EU-Fonds für Justiz, Rechte und Werte bilden. Mit den Programmen wird dazu beigetragen, die Justiz, die Rechte und die Werte der EU weiter zu fördern, zu stärken und zu schützen. Das Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ (CERV) für den Zeitraum 2021-2027 sieht insbesondere die Zuweisung von Mitteln an Organisationen der Zivilgesellschaft vor, die sich dafür einsetzen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der EU vorzugehen. Das CERV-Programm wird mit einem Gesamthaushalt von bis zu 1,55 Mrd. EUR ausgestattet (wobei sich der Haushalt auf 641,7 Mio. EUR beläuft mit zusätzlichen Mittelzuweisungen von bis zu 912 Mio. EUR). Der Haushalt des Programms „Justiz“ wird sich auf 305 Mio. EUR belaufen.

Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul

Das Übereinkommen von Istanbul, das 2014 in Kraft trat, ist das erste internationale rechtsverbindliche Instrument für die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf internationaler Ebene. Mit ihm wird ein umfassendes Rahmenwerk rechtlicher und strategischer Maßnahmen zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen, zur Unterstützung der Opfer und zur Bestrafung der Täter eingeführt.

Der Rat beschloss, dass der Entwurf eines Beschlusses über die Unterzeichnung des Übereinkommens in zwei Beschlüsse unterteilt werden sollte, von denen der eine die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und der andere das Thema Asyl und den Grundsatz der Nichtzurückweisung zum Gegenstand hatte. Nach der Annahme dieser beiden Beschlüsse im Rat im Mai 2017 unterzeichnete die Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung am 13. Juni 2017 im Namen der EU das Übereinkommen von Istanbul.

Die Unterzeichnung ist der erste Schritt im Prozess des Beitritts der EU zum Übereinkommen. Um diesen abzuschließen, müssen nun die Beschlüsse des Rates angenommen werden. Im Rat wird im Rahmen der Gruppe „Grundrechte, Bürgerrechte und Freizügigkeit“ über Legislativvorschläge in diesem Bereich beraten. In den Aussprachen ging es vorrangig um einen Verhaltenskodex, mit dem festgelegt wird, wie die EU und die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Übereinkommens zusammenarbeiten werden.

In seiner Entschließung vom 4. April 2019 ersuchte das Europäische Parlament den EuGH um ein Gutachten zur Vereinbarkeit der Vorschläge für den Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul mit den Verträgen und über das Verfahren für diesen Beitritt. Der EuGH entschied, dass die „Verträge [...] es dem Rat nicht [verbieten], vor dem Erlass des Beschlusses über den Abschluss des Übereinkommens von Istanbul durch die Union die ,einstimmige Entscheidung‘ der Mitgliedstaaten abzuwarten“. Er stellte ferner fest, dass „dieser Rechtsakt [...] in zwei gesonderte Beschlüsse aufgespalten werden [kann], wenn dafür eine objektive Notwendigkeit besteht“.

Am 21. Februar 2023 beschloss der Rat, sein Ersuchen um die Zustimmung des Parlaments zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul fortzusetzen. Der Rat ersucht das Parlament um Zustimmung zu zwei Entwürfen für Beschlüsse des Rates über den Abschluss des oben genannten Übereinkommens, die wie folgt lauten:

  1. Beschluss des Rates über den Abschluss – im Namen der Europäischen Union – des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Bezug auf die Organe und die öffentliche Verwaltung der Union;
  2. Beschluss des Rates über den Abschluss – im Namen der Europäischen Union – des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen.

 

Martina Schonard