Rolle, Aufgaben und Möglichkeiten der EU-Ratspräsidentschaft
Hat ein Mitgliedsstaat die EU-Präsidentschaft inne, muss er dafür sorgen, dass die Arbeit des Rates systematisch vorangeht und Entscheidungen gefällt werden. Die Ratspräsidentschaft wechselt unter den Mitgliedsstaaten der EU im Rotationsprinzip alle sechs Monate.
Die EU-Ratspräsidentschaft hat drei Hauptaufgaben:
- Erstens leitet und moderiert sie die Treffen und Arbeiten des Europäischen Rates,
- des Rates der Europäischen Union
und weiterer rund 200 Ausschüsse und Arbeitsgruppen. Zweitens fällt es in den Verantwortungsbereich der Ratspräsidentschaft, die Mitgliedsstaaten in den Beziehungen zu anderen EU-Institutionen, vor allem der Kommission und dem Europäischen Parlament zu vertreten. Drittens repräsentiert die Präsidentschaft die EU gemeinsam mit der Kommission auch auf internationaler Ebene.
Die Präsidentschaft leitet und unterstützt die Arbeit des Rates der Europäischen Union
Die erste Hauptaufgabe der Präsidentschaft besteht darin, die Arbeiten des Europäischen Rates und des Rates der Europäischen Union vorzubereiten und zu leiten. Während des traditionellen Treffens im Januar jeden Jahres hält der Rat immer eine öffentliche Debatte über das Programm für das kommende Jahr ab. Dabei haben vor allem die Staaten, deren Präsidentschaft kurz bevor steht, gute Chancen, ihre Ziele in das Programm einzubringen. Die Präsidenten präsentieren ihre Ziele auch bei den ersten Sitzungen jeder Ratsformation (Außenministerrat, Verkehrsministerrat etc.). Darüber hinaus muss die Ratspräsidentschaft auch die wichtige Rolle des Vermittlers in Streitfällen übernehmen und muss versuchen, Brücken zwischen den EU-Mitgliedern zu schlagen, wenn diese sich nicht allein einigen können.
Entsprechend der Arbeitsteilung der Regierung des Staates, der den Vorsitz innehat, teilen sich deren Minister auch die Vorsitzaufgaben für den Rat der Europäischen Union. Während der deutschen Ratpräsidentschaft sass die deutsche Bundeskanzlerin also dem Europäischen Rat, dem Treffen der Staats- und Regierungschefs, vor, während ihre Kollegen und Kolleginnen die Treffen der Fachressortleiter moderierten. Vorbereitet werden diese Treffen unter anderem durch die Arbeitsgruppen von hohen Beamten der Fachministerien in den Mitgliedsländern, die dann von den Beamten des Präsidentschaftslands koordiniert werden.
Die Präsidentschaft vertritt den Rat der Europäischen Union
Die zweite Hauptaufgabe der Präsidentschaft liegt in der Vertretung des Rates gegenüber den anderen EU-Institutionen, vor allem gegenüber der Kommission und dem EU-Parlament.
Im Parlament legt die vorsitzende Regierung am Beginn ihrer Amtszeit einen Arbeitsplan für die kommenden sechs Monate vor und muss den Abgeordneten am Ende der sechs Monate Bericht über die erreichten Ziele erstatten. Außerdem leitet die Präsidentschaft die möglichen Verhandlungen zwischen Parlament und Rat über legislative Vorhaben. Die Minister der vorsitzenden Regierung werden zum Zweck der guten Kommunikation auch regelmäßig zu Fragestunden ins Parlament eingeladen.
Daneben ist die Präsidentschaft auch für die Beziehungen zur Kommission verantwortlich, was etwa bei Verhandlungen über internationale Handelabkommen besonders wichtig ist. In diesen Fällen nämlich repräsentiert die Kommission mit Zustimmung des Rates die gesamte Europäische Union.
Schließlich gilt es für die Präsidentschaft aber auch, die anderen Institutionen der EU in Kontakt mit dem Rat zu halten. Zum Beispiel wird das Arbeitsprogramm für die Amtszeit nicht nur im Parlament, sondern auch
vorgestellt und Repräsentanten der Präsidentschaft besuchen
Die Präsidentschaft vertritt die Europäische Union auf internationaler Ebene
Der Einfluss der Europäischen Union auf internationaler Ebene ist ständig gewachsen. Die dritte Hauptaufgabe der Präsidentschaft besteht darin, gemeinsam mit dem Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik (bis 2019 Federica Mogherini: https://ec.europa.eu/commission/commissioners/2014-2019/mogherini_en) die Europäische Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zu vertreten. Damit ist die Präsidentschaft auch dafür verantwortlich, dass der Dialog mit Drittstaaten aufrechterhalten und konstruktiv fortgesetzt wird. Des Weiteren bereitet die Präsidentschaft die Sitzungen und Entscheidungen des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vor, der eine der Ratsformationen darstellt und für alle Fragen der Außenbeziehungen und Sicherheit der EU zuständig ist.
Darüber hinaus vertritt die Präsidentschaft die Union und ihre gemeinsamen Positionen in Verhandlungen internationaler Organisationen wie den Vereinten Nationen (UNO) oder - gemeinsam mit der Kommission - in der Welthandelsorganisation (WTO).
Das Rotationsprinzip
Die Aufgabe der Ratspräsidentschaft rotiert unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Takt von sechs Monaten. Die Reihenfolge wird von den Ratsmitgliedern einstimmig beschlossen und ist bereits bis ins Jahr 2030 festgelegt.
Um die Arbeit der unterschiedlichen Ratspräsidentschaften einfacher koordinieren zu können, ist für den Zeitraum bis 2020 auch eine Troika-Organisation geplant. Deutschland war zwar hauptverantwortlich für das Programm im ersten Halbjahr 2007, hatte sich dabei aber eng mit seinen Nachfolgern Portugal und Slowenien abgestimmt.
Deutschland wird das nächste Mal in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2020 die Präsidentschaft übernehmen.
Reihenfolge der EU-Präsidentschaften bis 2030
Deutschland: Juli - Dezember 2020
Portugal: Januar-Juni 2021
Slowenien: Juli-Dezember 2021
Frankreich: Januar-Juni 2022
Tschechische Republik: Juli-Dezember 2022
Schweden: Januar-Juni 2023
Spanien: Juli-Dezember 2023
Belgien: Januar-Juni 2024
Ungarn: Juli-Dezember 2024
Polen: Januar-Juni 2025
Dänemark: Juli- Dezember 2025
Zypern: Januar-Juni 2026
Irland: Juli-Dezember 2026
Litauen: Januar-Juni 2027
Griechenland: Juli-Dezember 2027
Italien: Januar-Juni 2028
Lettland: Juli-Dezember 2028
Luxemburg: Januar-Juni 2029
Niederlande: Juli-Dezember 2029
Slowakei: Januar-Juni 2030
Malta: Juli- Dezember 2030