Berès: "Die Krise hat uns gezwungen, drastische Maßnahmen einzuführen"

Am Mittwoch (24.6.) findet im Plenum eine Debatte und Abstimmung über die Bilanz der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU statt. Die französische Berichterstatterin Pervenche Berès (S&D) erklärte im Interview, dass sich hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Steuerung zwei Lager auftun. Die einen sagen, die wirtschaftspolitische Steuerung würde nicht funktionieren, die anderen meinen, die Regeln würden nicht korrekt umgesetzt.

Interview with Prevenche Beres
Interview mit der EU-Abgeordneten Prevenche Berès

Die Europäische Union hat auf die Wirtschafts- und Finanzkrise mit Taten geantwortet und Reformen angestoßen. Hatten diese Erfolg? Was muss noch getan werden?


Die Krise hat uns gezwungen, drastische Maßnahmen einzuführen. Ich bin mir nicht sicher, ob diese immer richtig waren. Wir konnten kurzfristig die bestehenden Probleme lösen, es gelang uns jedoch nicht, über diese Maßnahmen die Wirtschafts- und Währungsunion zu vervollständigen.


Hat die im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung beschlossene Sparpolitik dazu beigetragen, dass die "traditionellen" Parteien in der EU Stimmen an neue Parteien verloren haben?


Auf der einen Seite gibt es die Meinung, dass diese Politik nicht funktioniert hat, nur einen Sparkurs bewirkt hat und deshalb aufgegeben werden muss. Auf der anderen Seite gibt es die Meinung, dass es Europa nicht gut ginge, da diese Politik nicht korrekt umgesetzt worden wäre. Zwischen diesen beiden Lagern herrscht Misstrauen.


Die Herausforderung besteht darin, die Menschen davon zu überzeugen, dass die Dinge geändert werden müssen. Einige der Regeln haben zu Sparpolitik, Deflation und Arbeitslosigkeit geführt und müssen deshalb geändert werden.


Die Tatsache, dass Jean-Claude Juncker zu seinem Amtsantritt einen Investitionsplan vorlegen musste, ist meiner Ansicht nach ein Zeichen dafür, dass mit diesen Regeln etwas nicht stimmt.


Können internationale Gläubiger durch ihr Insistieren auf Reformen und Sparmaßnahmen Griechenland in den Bankrott treiben und aus der Eurozone drängen?

 

Ich kann nicht in die Zukunft schauen und weiß nicht, wie die Verhandlungen ausgehen werden. Ich weiß, dass viel Zeit mit Taktieren verschwendet wurde. Mein größter Wunsch ist, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Dafür müssen sich beide Seiten bewegen.


Wie können die Parlamente besser in den Zyklus des Europäischen Semesters, mit dem die EU-Staaten ihre Haushalts- und Wirtschaftspolitik koordinieren, eingebunden werden?

 

Ich glaube, die Antwort auf die Frage nach der wirtschaftspolitischen Steuerung kann nur eine Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente sein. Das Parlament muss zu Beginn des Europäischen Semesters voll und ganz in die Beurteilung der Eurozone eingebunden sein. Sowohl was die festgestellten Probleme als auch die vorgeschlagenen Richtlinien betrifft.

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Sie können die Abstimmung im Plenum am Mittwoch ab 14.00 Uhr hier live verfolgen. (Der Berès Bericht ist Punkt 4 auf der Tagesordnung.) Nach Annahme der
Empfehlungen werden diese dann einen wichtigen Input für die Tagung des Europäischen Rates am 25. und 26. Juni bilden. Auf der Tagesordnung des EU-Gipfels steht die wirtschaftspolitische Steuerung der Eurozone.


Dieses Interview wurde am 17. Juni 2015 zum ersten Mal veröffentlicht.

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